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BGH, Urteil vom 17. Februar 1997 – II ZR 41/96

GmbHG § 29; AktG §§ 241, 242, 243, 248, 249

a) Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH sind nur unter den einschränkenden Voraussetzungen der für Hauptversammlungsbeschlüsse maßgebenden §§ 241 f., 249 AktG nichtig.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH nur unter den einschränkenden Voraussetzungen der für Hauptversammlungsbeschlüsse einer AG maßgebenden §§ 241 f., 249 AktG nichtig (BGHZ 51, 209, 210 f. m.w.N. aus der Senatsrechtsprechung). Der bloße Verstoß gegen eine Satzungsbestimmung macht einen Gesellschafterbeschluß nach diesen Vorschriften nicht nichtig.

b) Nichtigkeits- und AnfechtungsklageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Anfechtungsklage
Nichtigkeits- und Anfechtungsklage
verfolgen mit der richterlichen Klärung der Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen mit Wirkung für und gegen jedermann dasselbe materielle Ziel (Abweichung BGH, 1960-05-23, II ZR 89/58, BGHZ 32, 318, 322).

Der Entscheidung dieser Frage durch das Revisionsgericht steht nicht entgegen, daß das Berufungsgericht nur über den Antrag, die Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses festzustellen, entschieden hat, nicht aber auch über den hilfsweise gestellten Antrag, den Beschluß für nichtig zu erklären. Beide Anträge stehen nicht in einem Eventualverhältnis. Vielmehr schließt der Nichtigkeitsantrag den Anfechtungsantrag ein. Zwar hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit wiederholt angenommen, die auf Feststellung gerichtete Nichtigkeits- und die auf Rechtsgestaltung gerichtete Anfechtungsklage verfolgten verschiedene Rechtschutzziele (RGZ 170, 83, 87 f.; BGHZ 32, 318, 322; BGH, Urt. v. 27. Oktober 1951 – II ZR 44/50, NJW 1952, 98). Im Schrifttum wird diese Ansicht jedoch zu Recht einhellig abgelehnt. Beide Klagen verfolgen dasselbe materielle Ziel, nämlich die richterliche Klärung der Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses mit Wirkung für und gegen jedermann (Hüffer, AktG, 2. Aufl., § 246 Rdn. 13 ff.; ders. in: Baumbach/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, § 246 Rdn. 19 f.; Schilling in: GroßKomm. z. AktG, 3. Aufl., § 246 Anm. 5; K. Schmidt in: GroßKomm. z. AktG, 4. Aufl., § 249 Rdn. 21; KK/Zöllner, § 246 Rdn. 47 ff.; Scholz/ K. Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 45 Rdn. 48, 152; Hachenburg/Raiser, GmbHG, 8. Aufl., Anh. § 47 Rdn. 195; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 16. Aufl., Anh. § 47 Rdn. 83). Soweit ihnen wie im vorliegenden Fall – beide gleichzeitig binnen eines Monats seit der Beschlußfassung erhobenen Klagen richten sich mit identischer Begründung gegen denselben Gesellschafterbeschluß – derselbe Streitgegenstand zugrunde liegt und die Anfechtungsklage nicht verspätet ist (vgl. dazu zuletzt BGH, Urt. v. 13. Oktober 1992 – II ZR 268/91, ZIP 1992, 1622, 1623), ist es eine vom Gericht durch Subsumtion zu beantwortende, revisionsgerichtlicher Entscheidung zugängliche Rechtsfrage, ob die Vorschrift des § 248 AktG oder die des § 249 AktG Anwendung findet (Hüffer in: Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff aaO, § 246 Rdn. 20). Diese rechtliche Beurteilung wird auch durch die Rechtskraftwirkungen des auf eine Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage hin ergehenden Urteils bestätigt. Wird eine dieser Klagen rechtskräftig als unbegründet abgewiesen, ist die Erhebung einer weiteren Klage mit identischem Streitgegenstand – gleichgültig in welcher Form – unzulässig. Wird einer solchen Klage stattgegeben, so ist die Erhebung einer erneuten derartigen Klage – auch bei Wechsel der Klageart – ebenfalls ausgeschlossen (Hüffer, AktG aaO, § 246 Rdn. 15; ders. in: Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff aaO, § 246 Rdn. 24; K. Schmidt in: GroßKomm. z. AktG aaO, § 248 Rdn. 15).

c) Zur Auslegung einer gesellschaftsvertraglichen Regelung über die Verwendung des Bilanzgewinns.

Da § 12 Abs. 1 und 2 eine gesellschaftsvertragliche Regelung körperschaftsrechtlicher Art enthält, ist die vom Berufungsgericht unterlassene Auslegung durch das Revisionsgericht nach den Grundsätzen der sog. objektiven Satzungsauslegung (vgl. dazu zuletzt BGHZ 116, 359, 364; 123, 347, 350 f.) vorzunehmen. Sie ergibt, daß die getroffene Regelung nicht im Sinne eines Vollausschüttungsgebotes verstanden werden kann.

Urteil im Wortlaut

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. Januar 1996 aufgehoben.

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 3. Juni 1993 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klageanträge I.4 und II.4 richtet.

Die Kosten der Revisionsinstanz tragen die Kläger.

Tatbestand

Die Kläger sind Gesellschafter der verklagten GmbH, einer Familiengesellschaft. Sie gehören zu der Minderheitengruppe, die über 49,3 % der Gesellschaftsanteile verfügt. Zwischen ihr und der Mehrheitsgruppe, die seit 1989 50,7 % der Anteile repräsentiert und die beide Geschäftsführer stellt, bestehen unter anderem Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die in den Tochtergesellschaften der Beklagten erwirtschafteten Jahresüberschüsse dem Vollausschüttungsgebot des § 29 Abs. 1 GmbHG a.F. unterliegen. Ein Antrag des Klägers zu 5, die Geschäftsführer der Beklagten anzuweisen, für eine vollständige Abführung der in den Tochter- und Enkelgesellschaften erzielten Gewinne an die Beklagte durch entsprechende Beschlußfassung zu sorgen, ist in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 16. November 1992 mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafter abgelehnt worden.

Die Kläger sind der Ansicht, dieser Beschluß verstoße gegen § 12 Abs. 1 und 2 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten. Diese Bestimmung enthalte ein Vollausschüttungsgebot, das auch für die Tochter- und Enkelgesellschaften der Beklagten gelte. Die Vorschrift lautet wie folgt:

„Die Geschäftsführer sollen innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres den Jahresabschluß (Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung) aufstellen und ihn zusammen mit dem Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns dem Beirat vorlegen. Der Beirat hat diese Vorlagen innerhalb eines weiteren Monats zu prüfen und über das Ergebnis der Prüfung schriftlich an die Gesellschafterversammlung zu berichten.

Der Jahresabschluß, der Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns und der Bericht des Beirats sind einer alsbald nach Ablauf dieser Fristen einzuberufenden Gesellschafterversammlung zur Beschlußfassung über die Genehmigung des Jahresabschlusses, über die Verteilung des Bilanzgewinns sowie … vorzulegen.“

Die Kläger erstreben die Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise die Nichtigerklärung des Gesellschafterbeschlusses.

Das Landgericht hat die – noch weitere Anträge umfassende – Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat durch Teilurteil die Nichtigkeit des Beschlusses, der Gegenstand des Klagantrages zu I.4 ist, festgestellt. Mit der – zugelassenen – Revision erstrebt die Beklagte insoweit die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hält den Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 16. November 1996, mit dem der zu Top 9 gestellte Antrag des Klägers zu 5 abgelehnt worden ist, für nichtig.

Die Voraussetzungen für eine Nichtigkeit sind jedoch nicht erfüllt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH nur unter den einschränkenden Voraussetzungen der für Hauptversammlungsbeschlüsse einer AG maßgebenden §§ 241 f., 249 AktG nichtig (BGHZ 51, 209, 210 f. m.w.N. aus der Senatsrechtsprechung). Der bloße Verstoß gegen eine Satzungsbestimmung macht einen Gesellschafterbeschluß nach diesen Vorschriften nicht nichtig.

II.

Das Berufungsurteil kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt der BeschlußAnfechtung wegen Verletzung der Satzung der Beklagten (§ 243 Abs. 1 AktG) aufrechterhalten werden (§ 563 ZPO). Das Landgericht hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen.

1. Der Entscheidung dieser Frage durch das Revisionsgericht steht nicht entgegen, daß das Berufungsgericht nur über den Antrag, die Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses festzustellen, entschieden hat, nicht aber auch über den hilfsweise gestellten Antrag, den Beschluß für nichtig zu erklären. Beide Anträge stehen nicht in einem Eventualverhältnis. Vielmehr schließt der Nichtigkeitsantrag den Anfechtungsantrag ein.

Zwar hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit wiederholt angenommen, die auf Feststellung gerichtete Nichtigkeits- und die auf Rechtsgestaltung gerichtete Anfechtungsklage verfolgten verschiedene Rechtschutzziele (RGZ 170, 83, 87 f.; BGHZ 32, 318, 322; BGH, Urt. v. 27. Oktober 1951 – II ZR 44/50, NJW 1952, 98). Im Schrifttum wird diese Ansicht jedoch zu Recht einhellig abgelehnt. Beide Klagen verfolgen dasselbe materielle Ziel, nämlich die richterliche Klärung der Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses mit Wirkung für und gegen jedermann (Hüffer, AktG, 2. Aufl., § 246 Rdn. 13 ff.; ders. in: Baumbach/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, § 246 Rdn. 19 f.; Schilling in: GroßKomm. z. AktG, 3. Aufl., § 246 Anm. 5; K. Schmidt in: GroßKomm. z. AktG, 4. Aufl., § 249 Rdn. 21; KK/Zöllner, § 246 Rdn. 47 ff.; Scholz/ K. Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 45 Rdn. 48, 152; Hachenburg/Raiser, GmbHG, 8. Aufl., Anh. § 47 Rdn. 195; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 16. Aufl., Anh. § 47 Rdn. 83). Soweit ihnen wie im vorliegenden Fall – beide gleichzeitig binnen eines Monats seit der Beschlußfassung erhobenen Klagen richten sich mit identischer Begründung gegen denselben Gesellschafterbeschluß – derselbe Streitgegenstand zugrunde liegt und die Anfechtungsklage nicht verspätet ist (vgl. dazu zuletzt BGH, Urt. v. 13. Oktober 1992 – II ZR 268/91, ZIP 1992, 1622, 1623), ist es eine vom Gericht durch Subsumtion zu beantwortende, revisionsgerichtlicher Entscheidung zugängliche Rechtsfrage, ob die Vorschrift des § 248 AktG oder die des § 249 AktG Anwendung findet (Hüffer in: Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff aaO, § 246 Rdn. 20). Diese rechtliche Beurteilung wird auch durch die Rechtskraftwirkungen des auf eine Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage hin ergehenden Urteils bestätigt. Wird eine dieser Klagen rechtskräftig als unbegründet abgewiesen, ist die Erhebung einer weiteren Klage mit identischem Streitgegenstand – gleichgültig in welcher Form – unzulässig. Wird einer solchen Klage stattgegeben, so ist die Erhebung einer erneuten derartigen Klage – auch bei Wechsel der Klageart – ebenfalls ausgeschlossen (Hüffer, AktG aaO, § 246 Rdn. 15; ders. in: Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff aaO, § 246 Rdn. 24; K. Schmidt in: GroßKomm. z. AktG aaO, § 248 Rdn. 15).

2. a) Das Berufungsgericht ist ohne die gebotene Auslegung der SatzungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auslegung
Auslegung der Satzung
Satzung
der Beklagten verfahrensfehlerhaft davon ausgegangen, die dort in § 12 Abs. 1 und 2 getroffene Regelung enthalte ein Vollausschüttungsgebot, wie es auch in § 29 Abs. 1 a.F. GmbHG bei Fehlen einer anderweitigen Satzungsregelung vorgesehen war. Dies beruht darauf, daß das Gericht das Bestehen eines Vollausschüttungsgebotes als unstreitig angesehen hat. Die Revision weist jedoch zu Recht darauf hin, daß die Beklagte schon in erster Instanz nur von einem „vermeintlichen Vollausschüttungsgebot“ spricht. In der Berufungserwiderung hat sie ausgeführt, der Registerrichter des Amtsgerichts K. habe das Bestehen einer Registersperre mit der Begründung verneint, § 12 der Satzung der Beklagten enthalte kein Vollausschüttungsgebot. Diese Ausführungen seien zutreffend und würden zum Gegenstand des Vortrags der Beklagten gemacht. Damit steht der Vortrag der Beklagten in eindeutigem Widerspruch zu demjenigen der Kläger, die insbesondere unter Hinweis auf das Urteil des Landgerichts K. vom 11. Juni 1992 – 83 O 122/90 – die Vorschrift im Sinne eines Vollausschüttungsgebots verstanden wissen möchten.

b) Da § 12 Abs. 1 und 2 eine gesellschaftsvertragliche Regelung körperschaftsrechtlicher Art enthält, ist die vom Berufungsgericht unterlassene Auslegung durch das Revisionsgericht nach den Grundsätzen der sog. objektiven Satzungsauslegung (vgl. dazu zuletzt BGHZ 116, 359, 364; 123, 347, 350 f.) vorzunehmen. Sie ergibt, daß die getroffene Regelung nicht im Sinne eines Vollausschüttungsgebotes verstanden werden kann.

Nach Abs. 1 Satz 1 gehört es zu dem Aufgabenbereich der Geschäftsführer, den Jahresabschluß (Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen und ihn mit dem Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns dem Beirat vorzulegen. Die Regelung zeigt, daß sich die Gesellschafter die genaue Kenntnis der Geschäftsführer über die wirtschaftliche und finanzielle Situation des Unternehmens zunutze machen möchten, um aufgrund sachkundiger Beratung über die Verwendung der Erträge befinden zu können. Ein solcher Vorschlag kann darin bestehen, daß der gesamte Bilanzgewinn ausgeschüttet werden soll, wenn die Situation der Gesellschaft es erlaubt, er kann aber auch dahin lauten, den gesamten Gewinn oder einen Teil davon zur Rücklagenbildung zu verwenden oder als Gewinn vorzutragen, soweit es nach Einschätzung der Geschäftsführer die Situation der Gesellschaft oder die Verfolgung bestimmter, mit Investitionen verbundener unternehmerischer Ziele gebieten. Genau diesem Ziel, die Gesellschafter über derartige Erkenntnisse umfassend zu unterrichten, um der Gesellschafterversammlung sachgerechte Entscheidungen über die Verwendung des Bilanzgewinns zu ermöglichen, dient auch die Regelung des Satzes 2, daß der Beirat Jahresabschluß und Gewinnverwendungsvorschlag der Geschäftsführer prüft und über das Ergebnis der Prüfung der Gesellschafterversammlung schriftlich berichtet.

Zwar kann es auch bei Bestehen eines Vollausschüttungsgebotes nicht als vollkommen sinnlos angesehen werden, im Interesse einer sachgerechten Unterrichtung der Gesellschafter den Geschäftsführern die Erarbeitung eines Gewinnverwendungsvorschlags aufzuerlegen und den Beirat mit dessen Prüfung und der Berichterstattung dazu zu betrauen. Denn auch in diesem Falle müssen die Gesellschafter – allerdings durch einstimmig gefaßten Beschluß – darüber entscheiden, ob sie der Gesellschaft zur Sicherung ihrer Existenz oder zur Finanzierung von Investitionsvorhaben erwirtschaftete Gewinne belassen und von einer Gewinnausschüttung ganz oder teilweise absehen. Aus der Regelung des § 12 Abs. 1 der Satzung ist jedoch nicht ersichtlich, daß dem Vorschlag der Geschäftsführer und dem Bericht des Beirats nur ein derart eingeschränkter Zweck zukommen soll. Ein solches Verständnis würde auch den nach dem Gesellschaftsvertrag für den Gewinnverwendungsbeschluß erforderlichen Mehrheitsverhältnissen widersprechen. Nach § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages erfolgt die Beschlußfassung in der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit, soweit Gesetz oder Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorschreiben. Das Gesetz sieht für den Beschluß über die Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
Feststellung des Jahresabschlusses
und die Verwendung des Ergebnisses (§ 46 Nr. 1 GmbHG) einfache Mehrheit vor (§ 47 Abs. 1 GmbHG). Der Gesellschaftsvertrag regelt die Beschlußfassung unter anderem über die Genehmigung des Jahresabschlusses und die Verteilung des Bilanzgewinns in § 12 Abs. 2 der Satzung. Das Erfordernis einer bestimmten qualifizierten Mehrheit oder der Einstimmigkeit ist dafür nicht vorgesehen. Maßgebend ist somit nach § 9 Abs. 1 der Satzung die einfache Mehrheit. Da diese nur genügt, wenn die Bestimmung des § 12 Abs. 2 kein Vollausschüttungsgebot enthält, sondern die Möglichkeit der Bildung von Gewinnrücklagen oder eines Gewinnvortrags offenhält, entspricht die Regelung über die für den Gewinnverwendungsbeschluß erforderlichen Mehrheitsverhältnisse dem vorstehend dargelegten Verständnis des Inhalts des Vorschlagsrechts der Geschäftsführer und des Beirats, nach dem die Geschäftsführer die Gewinnausschüttung zugunsten der Bildung von Gewinnrücklagen und des Gewinnvortrags beschränken können. Daraus wird hinreichend deutlich, daß das Vollausschüttungsgebot des § 29 Abs. 1 GmbHG a.F. durch § 12 des Gesellschaftsvertrags abbedungen worden ist. Das stimmt im Ergebnis mit der Ansicht überein, die im Schreiben des Registerrichters des Amtsgerichts K. vom 23. Juni 1993 zum Ausdruck gekommen ist. Dieser hat sich auf den Standpunkt gestellt, § 12 des Gesellschaftsvertrages enthalte kein Vollausschüttungsgebot, so daß eine Registersperre – für die Eintragung von Satzungsänderungen nach Art. 12 § 7 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und andere handelsrechtliche Vorschriften vom 4. Juli 1980 (BGBl. I S. 836) i.d.F. des Bilanzrichtliniengesetzes vom 19. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2355) – nicht bestehe. Soweit im Urteil des Landgerichts K. vom 11. Juni 1992 – 83 O 122/90, auf das sich die Kläger stützen, ausgeführt wird, die Eintragung der Änderung, die § 8 der Satzung erfahren habe, in das Handelsregister habe zugleich eine Beschlußfassung über die Regelung zur Gewinnverwendung erforderlich gemacht und dem sei mit dem Beschluß entsprochen worden, § 12 Abs. 2 der Satzung – der nach Ansicht dieses Gerichtes ein Vollausschüttungsgebot enthält – werde beibehalten, beruht das auf einer Verkennung des Art. 12 § 7 Abs. 2 GmbHÄndGes.

4. Da der Gesellschaftsvertrag der Beklagten somit kein Vollausschüttungsgebot enthält, kann bereits deswegen für die Tochter- und Enkelgesellschaften der Beklagten keine Verpflichtung bestehen, den jeweils gesamten durch sie erwirtschafteten Jahresüberschuß an die Beklagte als Muttergesellschaft auszuschütten. Auf die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen eine solche Pflicht bejaht wird, kommt es für die Entscheidung nicht an.

III.

Die Klage war daher in dem Umfang, in dem sie in das Revisionsverfahren gebracht worden ist, abzuweisen.

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Schlagworte: Analoge Anwendung von §§ 241 242 und 249 AktG, Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Auslegung des Gesellschaftsvertrages, Außerprozessual Anfechtungsgründe, Außerprozessual Nichtigkeitsgründe, Außerprozessuale Geltendmachung von Nichtigkeits- und Anfechtungsgründen, Beschlussmängel, Beschlussmängelklage, Bilanzgewinn, Eingliedriger Streitgegenstandsbegriff, Einheitlicher Streitgegenstand, Ergebnisverwendung, Errichtung der GmbH, gerichtet auf richterliche Klärung der Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses mit Wirkung für und gegen jedermann (inter omnes- Wirkung), Gesellschaftsvertrag, Gewinnverwendung, Gründung, Identischer Streitgegenstand, Inhalt und Auslegung des Gesellschaftsvertrags, Keine Einschränkung des Katalogs der Nichtigkeitsgründe, Keine Erweiterung des Katalogs der Nichtigkeitsgründe, Klageanträge bei Nichtigkeits- und Anfechtungsklage, Körperschaftsrechtlicher Charakter, Korporative Regelungen, Mangelnde Einberufungsbefugnis, Materielle Rechtskraft auf alles, Nichtigkeits- und Anfechtungsklage, Nichtigkeitsfeststellungsklage/Nichtigkeitsklage, Nichtigkeitsgründe, Prüfung Nichtigkeit und Anfechtbarkeit, Rechtskraftwirkung auf Nichtigkeit und Anfechtbarkeit, Sonstige zur Nichtigkeit führende Beschlussmängel, soweit keine Besonderheiten der GmbH im Vergleich zur AG, Teilurteil unzulässig, Unterschiedlicher Urteilstenor, Unterschiedlicher Urteilstenor unterschiedliche Urteilswirkungen, Verhältnis von Feststellungs- Nichtigkeits- und Anfechtungsklage, Wechsel von Nichtigerklärung zur Feststellung der Nichtigkeit möglich, Wirkung für und gegen jedermann