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BGH, Urteil vom 18. April 2013 – I ZR 66/12

ZPO § 139 Abs. 1

Ein richterlicher Hinweis erfüllt nur dann seinen Zweck, Unklarheiten, Unvollständigkeiten und Irrtümer auszuräumen, wenn er rechtzeitig erteilt wird und gezielt den fehlenden Sachvortrag anspricht, den das Gericht als entscheidungserheblich ansieht.

Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht gemäß § 139 Abs. 1 ZPO nicht, wenn es vor der mündlichen Verhandlung lediglich allgemeine und pauschale Hinweise erteilt. Es muss die Parteien vielmehr auf den fehlenden Sachvortrag, den es als entscheidungserheblich ansieht, unmissverständlich hinweisen und ihnen die Möglichkeit eröffnen, ihren Vortrag sachdienlich zu ergänzen (BGH, Urteil vom 11. Februar 1999 – VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, 371; Urteil vom 25. Juni 2002 – X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, 3320; Beschluss vom 9. Juni 2005 – V ZR 271/04, NJW 2005, 2624; MünchKomm.ZPO/Wagner, 4. Aufl., § 139 Rn. 20; Prütting in Prütting/Gehrlein, ZPO, 4. Aufl., § 139 Rn. 8). Ein richterlicher Hinweis erfüllt nur dann seinen Zweck, Unklarheiten, Unvollständigkeiten und Irrtümer auszuräumen, wenn er gezielt und konkret den einzelnen Mangel anspricht.

Diesen Anforderungen wird der gerichtliche Hinweis laut Verfügung vom 7./20. Dezember 2011, der sich an die Beklagte richtete und auf den das Berufungsgericht im angefochtenen Urteil ausdrücklich Bezug genommen hat, nicht gerecht. Dort heißt es lediglich, dass

bisher nicht ausreichend dargetan ist, dass die Etikettierung und Verpackung der Fleischblöcke den Bedingungen, die in dem Schreiben der VET Service (Anlage B 26) und den „veterinärsanitären Anforderungen beim Import von Fleisch …“ (Anlage K 28.11) beschrieben sind, genügt haben.

Diesem allgemein gehaltenen Hinweis konnte die Beklagte nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, welche Angaben zur ordnungsgemäßen Kennzeichnung und Verpackung des Fleisches nach Ansicht des Gerichts noch fehlten. Das Berufungsgericht hätte die Beklagte konkret darauf hinweisen müssen, dass es nach dem von der Beklagten bis zur gerichtlichen Verfügung gehaltenen Vortrag davon ausging, dass das Fleisch in Russland nicht verkäuflich gewesen wäre, weil auf den zur Darlegung der erfolgten Kennzeichnung vorgelegten Etiketten (Anlagen B 4 und B 5) die ES-Nummern (Nummer des Schlachtbetriebs) fehlten.

Hätte das Berufungsgericht rechtzeitig auf seine konkreten Bedenken hinsichtlich der Verkäuflichkeit des Fleisches in Russland hingewiesen, hätte die Beklagte darauf – wie die Revision dargelegt hat – mit hinreichend substantiiertem Vortrag reagiert. Die Beklagte hätte danach vorgetragen und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, dass der auf dem Etikett anzubringende Herkunftsnachweis nicht auch die ES-Nummer nennen müsse, wenn die EZ-Nummer (Nummer des Zerlegungsbetriebs) genannt sei, weil in einem solchen Fall jeder erkennen könne, wo das Fleisch eine tier-ärztliche Kontrolle durchlaufen habe. Darüber hinaus hätte die Beklagte vorgetragen und ebenso unter Beweis gestellt, dass Fleisch in Russland auch dann veräußert werden dürfe, wenn die Kennzeichnung nur die EZ-Nummer aufführe.

Schlagworte: Richterlicher Hinweis