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BGH, Urteil vom 18. Januar 1996 – III ZR 121/95

§ 164 Abs 1 BGB, § 179 Abs 1 BGB

Eine Haftung nach BGB § 179 tritt nicht ein, wenn der Vertreter zwar namens einer nichtexistierenden Scheinfirma handelt, hinter dieser Firma jedoch ein tatsächlicher Träger des Unternehmens steht, der als wirklicher Vertragspartner gewollt ist und dem Vertreter Vollmacht erteilt hat.

Richtig ist, daß vollmachtloser Vertreter im Sinne des § 179 Abs. 1 BGB nicht nur derjenige ist, der ohne rechtsgeschäftliche oder gesetzliche Vertretungsmacht im Namen eines Dritten tätig wird. Die Vorschrift ist vielmehr auch dann entsprechend anzuwenden, wenn jemand im Namen einer nicht vorhandenen Person vertragliche Vereinbarungen trifft, der angeblich Vertretene also gar nicht existiert (BGHZ 105, 283, 285 m.w.N.).

Hiervon sind jedoch diejenigen Fälle zu unterscheiden, in denen der Vertreter für eine tatsächlich existierende Person als Trägerin eines bestimmten Unternehmens mit deren Vollmacht handelt und die von ihm vertretene Partei in dem Vertrag lediglich unrichtig bezeichnet wird. Bei derartigen unternehmensbezogenen Geschäften geht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, daß der wahre Betriebsinhaber Vertragspartner werden soll (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 13. Oktober 1994 – IX ZR 25/94 = NJW 1995, 43, 44 m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn der Geschäftspartner den Vertreter für den Betriebsinhaber hält oder sonst unrichtige Vorstellungen über die Person des Betriebsinhabers hat (BGHZ 62, 216, 221; 64, 11, 15; 91, 148, 152/153; 92, 259, 268; Palandt/Heinrichs, BGB, 55. Aufl. 1996, § 164 Rn. 2). Eben dies war hier nach dem dem Revisionsverfahren zugrundezulegenden Sachvortrag der Beklagten der Fall: In der Vertragsurkunde war eindeutig und auch seitens der Klägerin unbestritten zum Ausdruck gebracht, daß die Beklagten nicht im eigenen Namen, sondern namens der Treuhänderin tätig wurden. Tatsächlicher Träger des Treuhandunternehmens war nach dem Vorbringen der Beklagten der Devisenhändler V. S., der den von der Klägerin eingezahlten Betrag auch für diese anlegen sollte. Dementsprechend sind die Beklagten als bloße Bevollmächtigte des wahren Unternehmensträgers nicht selbst verpflichtet worden (§ 164 Abs. 1 BGB). Wegen der bloßen Fehlbezeichnung kommt dann eine Haftung der Beklagten auch nach § 179 BGB nicht in Betracht. Die benannte amerikanische Firma als juristische Person existierte zwar nicht, wohl aber der als Vertragspartner der Klägerin gewollte Träger des Handelsgeschäfts. Auf Fälle dieser Art den § 179 BGB auszudehnen und damit dem Gläubiger einen zusätzlichen Schuldner zum Geschäftsinhaber zu geben, besteht kein Grund (vgl. zu diesen Grundsätzen insbesondere BGHZ 91, 148, 153, betreffend die Vertreterhaftung für eine nicht existierende GmbH in Gründung). Unterstrichen wird dies im vorliegenden Fall auch dadurch, daß die Klägerin in beiden Vorinstanzen durchgängig vorgetragen hat, bei der Anlageberatung durch den Beklagten zu 1 hätten weder die Person des V. S. noch die angebliche Treuhandgesellschaft eine Rolle gespielt. Daraus ist nämlich zu entnehmen, daß die Anlageentscheidung der Klägerin nicht etwa durch ein besonderes Vertrauen gerade in die Existenz der Treuhänderin als ausländischer juristischer Person mitbeeinflußt worden ist. Das Risiko, daß V. S. als Inhaber des Unternehmens die ihm treuhänderisch überlassene Einlage möglicherweise veruntreut und die Treuhänderin nur vorgeschoben hat, um nicht selbst Vertragspartner der Anleger zu werden, liegt außerhalb des Schutzbereichs der Vertreterhaftung nach § 179 BGB.

Schlagworte: Rechtsscheinhaftung