Einträge nach Montat filtern

BGH, Urteil vom 19. April 1971 – II ZR 98/68

§ 181 BGB, § 818 BGB, § 13 GmbHG, § 35 GmbHG

BGB § 818 gilt nicht für  Rechtsgeschäfte des geschäftsführenden Alleingesellschafters einer GmbH mit sich selbst (Abweichung von BGH 1960-10-06 II ZR 215/58 = BGHZ 33, 189 = JR 1961, 19).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Oldenburg vom 22. Mai 1968 und der 1. Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht Osnabrück vom 3. November 1967 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als den Klägern mehr als 34.417,30 DM mit 7 1/2 % Zinsen von 33.467,30 DM seit dem 1. Januar 1966 und 5 % Zinsen von 950,– DM seit dem 1. Oktober 1966 zugesprochen worden sind. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges werden zu 1/9 den Klägern und zu 8/9 der Beklagten, die Kosten der Berufungsinstanz zu 1/15 den Klägern und zu 14/15 der Beklagten und die Kosten der Revisionsinstanz zu 1/14 den Klägern und zu 13/14 der Beklagten auferlegt.

Tatbestand

Der Erblasser der Kläger, der 1967 verstorbene Kaufmann H K, war zusammen mit seinem am 5. Juli 1962 verstorbenen Bruder G Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft P & K (im folgenden: P & K). Diese war Inhaberin sämtlicher Geschäftsanteile der beklagten GmbH. Nach dem Tod seines Bruders G führte H K die Gesellschaft P & K zunächst mit seiner Ehefrau als Kommanditistin fort; seither führte er auch die Geschäfte der Beklagten. Mit Wirkung vom 1. Januar 1964 erwarb er den Kommanditanteil seiner Ehefrau und betrieb fortan das Handelsgeschäft P & K allein weiter. Durch notariellen Vertrag vom 30. Juni 1966 veräußerte H K den Geschäftsanteil von P & K an der Beklagten an deren jetzige Gesellschafter.

Die Kläger fordern von der Beklagten die Auszahlung eines Guthabens von 35.977,55 DM, mit dem es sich folgendermaßen verhält: Nach einem Gewinnausschlußvertrag vom 1. Oktober 1955 hatte die Beklagte ihren jährlichen Reingewinn an P & K abzuführen; andererseits waren ihre Verluste von P & K zu übernehmen. Am 28. Juni 1963 kündigte H K im Namen von P & K den Gewinnausschlußvertrag zum 31. Dezember 1963. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich für P & K aus dem Vertrag ein Guthaben angesammelt, das auf einer bei der Beklagten geführten Kontokarte „P & K Verrechnungskonto“ verbucht war. Für die Folgezeit wurde das Konto unter der Bezeichnung „H K Kto. II“ weitergeführt. Wie schon in den Vorjahren (seit 1962) wurden dem jeweils darauf vermerkten Guthaben Zinsen in Höhe von jährlich 7 1/2 % zugeschlagen; es verminderte sich andererseits vor allem durch Entnahmen Hans K. Zum 30. Juni 1966 ist ein Guthabenstand von 35.977,35 DM ausgewiesen.

Die Kläger beanspruchen dieses Guthaben mit der Begründung, es handele sich um eine Darlehensforderung ihres Erblassers gegen die Beklagte, die aus dem ursprünglich für P & K stehen gebliebenen Gewinnguthaben entstanden sei. Unter Hinzurechnung einer weiteren (in dieser Instanz nicht mehr interessierenden) Forderung haben sie beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 38.734,85 DM mit Zinsen zu verurteilen.

Die Beklagte hat mit ihrem Antrag auf Klagabweisung geltend gemacht, das Guthaben aus dem Gewinnausschlußvertrag sei zweckgebunden gewesen und niemals in ein privates Darlehen umgewandelt worden. H K habe nicht als Geschäftsführer der Beklagten mit sich selbst als persönlich haftendem Gesellschafter und späterem Alleininhaber von P & K einen Darlehensvertrag wirksam abschließen können. Zudem habe er durch sein Verhalten zu erkennen gegeben, daß er nach der Veräußerung seines Geschäftsanteils keine Ansprüche auf das Guthaben erheben werde. Das sei ihm auch deshalb verwehrt gewesen, weil er den Erwerbern des Anteils die Verluste der Beklagten im ersten Halbjahr 1966 erheblich zu niedrig angegeben habe.

Beide Vorinstanzen haben die Beklagte verurteilt, an die Kläger 36.927,35 DM mit 7 1/2 % Zinsen von 35.977,35 DM seit dem 1. Januar 1966 und 5 % Zinsen von 950,– DM seit dem 1. Oktober 1966 zu zahlen. Mit der Revision, um deren Zurückweisung die Kläger bitten, erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage, soweit den Klägern mehr als 950,– DM mit Zinsen zugesprochen worden sind.

Entscheidungsgründe

I. In Übereinstimmung mit dem Landgericht folgert das Berufungsgericht aus der Tatsache, daß H K nach der Kündigung des Gewinnausschlußvertrages vom 1. Oktober 1955 das für P & K ausgewiesene Guthaben bei der Beklagten stehen ließ, in Verbindung mit den von ihm verfügten Eintragungen auf der Kontokarte, das Guthaben sei durch Vereinbarung in ein H K persönlich zustehendes und mit 7 1/2 % verzinsliches Darlehen umgewandelt worden. Dabei geht es davon aus, daß die zum 31. Dezember 1963 ausgesprochene Kündigung wirksam war.

Das bezweifelt die Revision, weil bei Ausspruch der Kündigung am 28. Juni 1963 die P & K noch eine Kommanditgesellschaft war und H K damals sowohl diese Gesellschaft als auch die Beklagte vertrat; deshalb stelle sich von beiden Seiten her die Frage des verbotenen Insichgeschäfts (§ 181 BGB). Das ist zwar richtig, kann aber der Revision im Ergebnis nicht zum Erfolg verhelfen, wenn später durch eine wirksame Vereinbarung mit der Beklagten der Anspruch von P & K auf Gewinnabführung mit Wirkung vom 1. Januar 1964 an in eine Darlehensforderung H K umgewandelt worden ist. Dann wäre nämlich der Gewinnausschlußvertrag, wenn er nicht schon vorher durch Kündigung aufgelöst worden war, spätestens durch diese Vereinbarung beendet worden, so daß die Beklagte keine Rechte oder Einwendungen mehr aus ihm herleiten und insbesondere nicht geltend machen kann, P & K habe nach diesem Vertrag auch die ihr nach dem 1. Januar 1964 entstandenen Verluste tragen müssen.

II. Es kommt daher entscheidend darauf an, ob H K, nachdem er am 1. Januar 1964 alleiniger Inhaber des Handelsgeschäfts P & K und damit als Rechtsnachfolger der Kommanditgesellschaft einziger Gesellschafter der Beklagten geworden war, als deren Geschäftsführer durch Vertrag mit sich selbst das Guthaben aus dem gekündigten Gewinnausschlußvertrag in eine ihm persönlich zustehende Darlehensforderung umgewandelt hat. In tatsächlicher Hinsicht ist es nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht dem Sachverhalt einen solchen Vertragsabschluß entnimmt. Zwar sind, wie noch auszuführen sein wird, an die Erkennbarkeit und den Nachweis eines Insichgeschäfts unter den vorliegenden Umständen besonders strenge Anforderungen zu stellen. Diesen Anforderungen ist hier aber dadurch genügt, daß H K nach dem 31. Dezember 1963 das bis dahin mit „P & K Verrechnungskonto“ bezeichnete Gewinnabführungskonto auf „H K Kto. II“ ändern, das zugunsten von P & K ausgewiesene Guthaben mit einer Verzinsung von 7 1/2 % für sich als Gläubiger weiterführen und in den Erläuterungen zum Jahresabschluß der Beklagten für 1965 vermerken ließ: „Das Verrechnungskonto P & K wurde im Berichtsjahr aufgelöst. Der Vortrag wurde auf das Konto II H K übertragen. Der Ausweis des Kontos erfolgt unter Position ‚Sonstige kurzfristige Verbindlichkeiten'“.

III. Damit stellt sich die Frage, ob H K als geschäftsführender Alleingesellschafter der Beklagten bei dem mit sich selbst als Inhaber von P & K abgeschlossenen Geschäft den Beschränkungen des § 181 BGB unterlag. Das Berufungsgericht verneint dies. Es teilt nicht den älteren Standpunkt des Reichsgerichts (RGZ 68, 172, 175 ff u. a. m.), der Einmann-Gesellschafter sei durch § 181 BGB gehindert, namens der GmbH mit sich selbst zu kontrahieren oder sich das Selbstkontrahieren zu gestatten, sondern hält unter Berufung auf RG JW 1934, 974 ein solches Geschäft nach dem Sinn und Zweck des § 181 BGB für zulässig.

Demgegenüber verweist die Revision auf das vom Berufungsgericht nicht angeführte Urteil BGHZ 33, 189. In diesem Urteil hat der Senat den Standpunkt vertreten, § 181 BGB gelte auch für den Einmann-Gesellschafter. Dieser könne sich das Selbstkontrahieren nicht durch einfache Entschließung gemäß § 47 GmbHG, sondern nur im Wege der Satzungsänderung gestatten.

Diese Auffassung ist, wie schon die frühere Rechtsprechung des Reichsgerichts, im Schrifttum auf nahezu einhellige Ablehnung gestoßen (vgl. die Nachweise bei Plander, Die Geschäfte des Gesellschafter-Geschäftsführers der Einmann-GmbH mit sich selbst, 1969 S. 5 ff, 10 ff). Der Senat hält an ihr nach erneuter Prüfung nicht mehr fest.

1. Stellt man das Vertretungsorgan einer juristischen Person, wie es grundsätzlich geboten ist, einem Vertreter im Sinne des § 181 BGB gleich, so erfaßt diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach auch den Fall, daß der einzige Gesellschafter als Geschäftsführer der GmbH mit sich im eigenen Namen ein Rechtsgeschäft abschließt. Für die Auslegung und Anwendung des Gesetzes ist jedoch nicht allein der Wortlaut maßgebend; hier wie allgemein kommt es vielmehr wesentlich auf den Zweck der Vorschrift an.

§ 181 BGB will verhindern, daß verschiedene und einander widerstreitende Interessen durch ein und dieselbe Person vertreten werden, soweit dies nicht durch Gesetz oder Vollmacht gestattet ist, weil ein solches Selbstkontrahieren stets die Gefahr eines Interessenkonflikts und damit einer Schädigung des einen oder anderen Teils mit sich bringt (BGHZ 51, 209, 215; RGZ 56, 104 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Dieser Gesichtspunkt scheidet für Geschäfte des Einmann-Gesellschafters mit sich selbst allgemein aus. Denn da bei der Einmann-GmbH die Willensbildung der Gesellschaft mit der des Gesellschafters zusammenfällt, decken sich ungeachtet ihrer rechtlichen Selbständigkeit auch die Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Interessen der Gesellschaft
, abgestellt auf den hier allein maßgeblichen Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses (so zutreffend Boesebeck, NJW 1961, 481, 484 gegen RGZ 68, 172, 178), subjektiv stets mit dem Interesse des Gesellschafters (vgl. statt vieler Winkler, DNotZ 1970, 476, 478 f m. w. N.).

2. Freilich hat der Gesetzgeber die Unzulässigkeit des Selbstkontrahierens nicht allgemein davon abhängig gemacht, ob im Einzelfall ein Interessenwiderstreit und damit die Gefahr eines Mißbrauchs der Vertretungsmacht gegeben ist oder nicht. Er hat vielmehr um der Rechtssicherheit willen den Ausschluß der Vertretungsmacht an den leicht erkennbaren äußeren Tatbestand des Insichgeschäfts überhaupt geknüpft und lediglich zwei typische Fallgruppen, bei denen ihm ein Schutz des Vertretenen für den Regelfall nicht angebracht erschien – die Gestattung und die Erfüllung einer Verbindlichkeit –, generell ausgenommen. Mit Rücksicht hierauf ist § 181 BGB auch als „formale Ordnungsvorschrift“ bezeichnet worden, bei der ein Interessengegensatz zwar gesetzgeberisches Motiv, für eine Anwendung der Vorschrift aber grundsätzlich weder erforderlich noch ausreichend sei (vgl. BGHZ 50, 8, 11 m. w. N.). Dieser Gedanke tritt in einigen Entscheidungen des Reichsgerichts stark in den Vordergrund. So wird betont, § 181 BGB könne „nur auf die Art des Zustandekommens der Rechtsgeschäfte, nicht auf die zugrunde liegenden interessen bezogen werden“ (RGZ 108, 405, 407); die Vorschrift wolle nur „den aus dem Wesen der Willenserklärung sich ergebenden Zweifel … lösen, ob und inwieweit Erklärungen des Vertreters an sich selbst wirksam sind“ (RGZ 103, 417, 418). Auf diese Weise wurde über der äußeren Ausgestaltung der Vorschrift der für ihre Einführung wesentliche Gesichtspunkt, der Schutz des Vertretenen, aus dem Auge verloren, was dazu führte, daß nicht nur Insichgeschäfte, bei denen ein Interessengegensatz nach der Sachlage von vornherein ausschied, gleichwohl dem § 181 BGB unterworfen, sondern andererseits auch z. B. Umgehungsgeschäfte wie die Bestellung eines Unterbevollmächtigten für zulässig erachtet wurden (Nachweise bei Boesebeck, NJW 1961, 481, 484).

Demgegenüber hält der Senat eine vom Zweck der Vorschrift völlig losgelöste, ausschließlich formale Betrachtungsweise nicht für angängig, da sie anerkannten Grundsätzen der Gesetzesauslegung und -anwendung widerspricht; schon in seinem Urteil BGHZ 33, 189 hat er es wesentlich auch auf andere Erwägungen abgestellt (vgl. Fischer, Anm. zu LM BGB § 181 Nr. 8).

3. Es kommt daher darauf an, ob § 181 BGB neben dem hier allgemein nicht in Betracht kommenden Schutz des Vertretenen noch weitere Ziele verfolgt, die gefährdet würden, wenn dem Einmann-Gesellschafter-Geschäftsführer das Selbstkontrahieren unbeschränkt gestattet wäre.

a) Daß die Vorschrift mit ihrer formalen Ausgestaltung auch der Rechtssicherheit dienen will, ist nicht zu verkennen. Darum kann ihre Anwendbarkeit nicht jeweils von der unbestimmten und für einen Dritten schwer erkennbaren Voraussetzung abhängen, daß im Einzelfall tatsächlich ein Interessenkonflikt besteht (BGHZ 21, 229, 231); daran ist unbedingt festzuhalten. Das schließt aber nicht aus, für einen ganzen, in sich abgegrenzten Rechtsbereich wie die Einmann-GmbH das Selbstkontrahieren allgemein als erlaubt anzusehen, wenn nach der Rechts- und Interessenlage, wie sie dort typischerweise besteht, die Zielsetzung des § 181 BGB niemals zum Zuge kommen kann. Denn auf solche Weise wird die Wirksamkeit des Insichgeschäfts nicht „von einem Moment abhängig gemacht, welches durch seine Unbestimmtheit und durch die Unerkennbarkeit für Dritte die Verkehrssicherheit gefährde“ (Prot. I 174, 175), sondern der Anwendungsbereich des § 181 BGB wird nach einem objektiven und einwandfrei feststellbaren Merkmal für eine in sich geschlossene Fallgruppe generell beschränkt.

b) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob das Insichgeschäft selbst nach außen genügend erkennbar ist. Dieser Gesichtspunkt darf nicht mit der Frage vermengt werden, ob das Geschäft erlaubt und die Erlaubnis für den außenstehenden Rechtsverkehr feststellbar ist. Der Gesetzgeber hat Insichgeschäfte, obwohl sie unter Umständen schwer erkennbar sind, nicht schlechthin verboten, sondern sie namentlich bei Gestattung durch Gesetz oder durch den Vertretenen zugelassen; dabei ist das Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale eines Insichgeschäfts vorausgesetzt.

c) Bedenken gegen die unbeschränkte Zulassung von Insichgeschäften des Einmann-Gesellschafters lassen sich auch nicht daraus herleiten, daß hierdurch die Vornahme solcher Geschäfte gerade dort, wo besondere Vorsicht geboten sei, noch erleichtert werde (so Winkler, DNotZ 1970, 476, 481 ff). Gewiß würde etwa die Notwendigkeit, die Befugnis zum Selbstkontrahieren durch Aufnahme in die Satzung offenkundig zu machen, manchen Alleingesellschafter zur Zurückhaltung veranlassen (BGHZ 33, 189, 192). § 181 BGB ist aber kein Mittel, um die Geschäftstätigkeit von Einmanngesellschaften, weil sie unerwünscht sei, zu beschneiden. Die Einmann-GmbH ist heute rechtlich allgemein anerkannt (BGHZ 21, 378, 384). Sie muß ebenso wie andere Rechtspersonen grundsätzlich die Möglichkeit haben, sich ungehindert im Rechtsverkehr zu betätigen, soweit dies für ihre wirtschaftliche Entfaltung notwendig ist; dazu kann auch der Abschluß von Geschäften mit dem Alleingesellschafter gehören (BGHZ 33, 189, 194). Solche Geschäfte durch das Erfordernis der Satzungsänderung zu erschweren, geht über die Zielsetzung des § 181 BGB hinaus.

d) Hinzu kommt, daß sich eine Offenlegung der Verhältnisse auf diesem Weg ohnehin nicht erzwingen ließe, weil der Alleingesellschafter, unterläge er den Beschränkungen des § 181 BGB, auf eine Satzungsänderung gar nicht angewiesen wäre, sondern den gewünschten Erfolg auch auf andere Weise durch die Bestellung eines von ihm abhängigen Geschäftsführers erreichen könnte. Erst recht entfiele jeder Anstoß zu einer aus den Registerakten ersichtlichen generellen Regelung, wie sie der Senat mit seinem Urteil BGHZ 33, 189 im Auge hatte, wenn man es sogar für zulässig erachtet, daß ein Alleingesellschafter, der selber durch § 181 BGB an der Vertretung der Gesellschaft verhindert ist, für das beabsichtigte Geschäft eigens einen Bevollmächtigten bestellt (so BGHZ 49, 117, 120; dagegen Blomeyer, NJW 1969, 127 ff m. w. N.).

4. Als ein Gesichtspunkt, der einer allgemeinen Befreiung des Einmann-Gesellschafters von dem Hindernis des § 181 BGB entgegenstehen könnte, kommt schließlich der Gläubigerschutz in Betracht. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß die Sicherung des Rechtsverkehrs, die § 181 BGB mit anstrebt, diesen Gesichtspunkt jedenfalls einschließt. Der Senat ist jedoch nunmehr zu der Auffassung gekommen, daß eine Anwendung des § 181 BGB auf Insichgeschäfte des Einmann-Gesellschafters für den Schutz der Gläubiger keine wesentliche Bedeutung hat.

Je nachdem, ob es sich um einen Gläubiger der Gesellschaft oder des Alleingesellschafters handelt, und ob dieser der Gesellschaft etwas zuwenden will (z. B. eine erhöhte Stammeinlage) oder umgekehrt, kann ein Gläubiger an dem Insichgeschäft und seinem rechtlichen Bestand interessiert sein oder nicht. Für Gläubiger der Gesellschaft mag die Gefahr, durch ein Verschieben von Vermögenswerten benachteiligt zu werden, besonders groß sein. Als Mittel gegen diese Gefahr ist aber eine Beschränkung von Insichgeschäften des Alleingesellschafters im Wege des § 181 BGB allgemein weder erforderlich noch geeignet. Denn einerseits bleibt es dem Gesellschafter auch bei unbeschränkter Zulassung solcher Geschäfte nicht erspart, für den maßgeblichen Zeitpunkt den Geschäftsabschluß und, wenn nötig, auch seine alleinige Gesellschafterstellung auf Verlangen einwandfrei nachweisen zu müssen. An diesen Nachweis sind besonders strenge Anforderungen zu stellen, wenn eine Benachteiligung der Gläubiger oder, wie hier, von Anteilserwerbern in Betracht kommt, weil dann nach der Lebenserfahrung der Gedanke an ein nachträglich vorgetäuschtes oder manipuliertes Geschäft naheliegt; mindestens wird eine ordnungsmäßige Verbuchung gefordert werden müssen (vgl. BFH WM 1968, 341; Plander, aaO S. 68 ff, 71 m. w. N.).

Andererseits bedeutet eine Anwendung des Grundsatzes des § 181 BGB, wie schon erwähnt, ohnehin kein ernstliches Hindernis für Geschäfte des Einmann-Gesellschafters mit sich selbst. Den typischen Gefahren, die gerade mit der Vereinigung von Gesellschafts- und Gesellschafterinteressen in einer Hand bei Verschiedenheit des Rechtsträgers für die Gläubiger verbunden sind, läßt sich vielmehr nur auf anderen Wegen wirksam begegnen, wie etwa über die §§ 30, 31 GmbHG, die Bestimmungen des Anfechtungsgesetzes und der §§ 29 ff KO oder die Grundsätze über die Durchgriffshaftung (BGHZ 22, 226; zum Gläubigerschutz im einzelnen vgl. Plander, aaO S. 62 ff).

5. Da sich hiernach eine Anwendung des § 181 BGB auf Insichgeschäfte des Einmann-Gesellschafters unter keinem Gesichtspunkt aus dem Gesetzeszweck rechtfertigen läßt und andererseits das Verkehrsbedürfnis, dem die Vorschrift ebenfalls Rechnung trägt, den Abschluß solcher Geschäfte erfordern kann, erscheint es als eine folgerichtige und auch dem Gebot der Rechtssicherheit entsprechende Lösung, sie von den Beschränkungen des § 181 BGB überhaupt auszunehmen. Damit erledigt sich die in BGHZ 33, 189 verneinte, im Schrifttum gleichfalls überwiegend anders beurteilte Frage, ob sich der Einmann-Gesellschafter das Selbstkontrahieren durch einfachen Beschluß gem. § 47 GmbHG gestatten könnte.

IV. Zu Unrecht meint die Revision ferner, H K sei als zur Sorgfalt verpflichteter Geschäftsführer der Beklagten (§ 43 Abs. 1 GmbHG) gehindert gewesen, zu ihrem Nachteil den Gewinnausschlußvertrag gerade in einem Augenblick durch ein – sogar rückwirkend – verzinsliches Darlehen zu ersetzen, als er sich wegen der Verluste der Beklagten erstmals günstig für sie auszuwirken begann. Hat der Geschäftsführer auf Weisung der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschafter
Weisung
Weisung der Gesellschafter
gehandelt oder war er, wie hier, der einzige Gesellschafter, so kann ihm die Gesellschaft, abgesehen von den gesetzlich geregelten Fällen der §§ 30 ff, 64 Abs.2 GmbHG, nicht entgegenhalten, er habe sie pflichtwidrig geschädigt (BGHZ 31, 258, 278). Das gilt auch dann, wenn die Geschäftsanteile später in andere Hände übergehen.

V. Ebenfalls unbegründet ist der Vorwurf der Revision, das Berufungsgericht habe nicht geprüft, ob es mit Treu und Glauben vereinbar sei, Ansprüche geltend zu machen, mit denen nach dem Verhalten und den Äußerungen des Erblassers der Kläger weder die Beklagte noch deren heutige Gesellschafter hätten rechnen können. Das Berufungsgericht stellt rechtlich fehlerfrei fest, ein Erlaß der Darlehensforderung sei weder dem Anteilsveräußerungsvertrag vom 30. Juni 1966 noch den sonst vorgetragenen Umständen zu entnehmen. Die Beklagte kann auch nicht einwenden, sie habe von der Darlehensforderung nichts gewußt, da sie sich das Wissen ihres früheren Geschäftsführers zurechnen lassen muß; der spätere Gesellschafter- und Geschäftsführerwechsel ändert hieran nichts. Was aber das Verhalten H K gegenüber den heutigen Gesellschaftern der Beklagten anlangt, so können nach der zutreffenden Auffassung des Berufungsgerichts allenfalls diese selbst als Partner des Anteilveräußerungsvertrages, aber nicht die Beklagte Rechte oder Einwendungen daraus herleiten.

VI. Schließlich wendet sich die Revision gegen die Verurteilung der Beklagten auch der Höhe nach insoweit, als die Vorinstanzen in den mit 7 1/2 % zu verzinsenden Betrag die Zinsen für das erste Halbjahr 1966 eingerechnet und gleichwohl den Beginn der Verzinsung bereits auf den 1. Januar 1966 bestimmt haben. Diese Rüge ist begründet. Randnummer28

Unstreitig wies das „Kto. II H K“ zum 30. Juni 1966, dem Tag, an dem der Erblasser der Kläger seinen Geschäftsanteil veräußerte und das Geschäftsführeramt niederlegte, ein Guthaben von 35.977,35 DM aus. Aus den von der Beklagten vorgelegten Kontokarten, auf die sich die Kläger bezogen und deren Inhalt sie damit zum Gegenstand ihres Vortrags gemacht haben, ergibt sich, daß in diesem Betrag 2.510,05 DM Zinsen für das erste Halbjahr 1966 schon enthalten sind, so daß für den gleichen Zeitraum nicht noch einmal Zinsen berechnet werden durften. Da diese Zinsen außerdem frühestens mit Ablauf des 30. Juni 1966 fällig geworden sein können (eine abweichende Vereinbarung ist nicht behauptet) und vor diesem Zeitpunkt eine Zinseszinsabrede, auch unter Kaufleuten (§ 353 HGB), nach § 248 Abs. 1 BGB insoweit nicht wirksam getroffen werden konnte, haben die Vorinstanzen den Klägern zu Unrecht von den 2.510,05 DM noch einmal 7 1/2 % Zinsen zugesprochen. Bei Zinsbeginn am 1. Januar 1966 ist vielmehr die Urteilssumme um den in der Zinsforderung bereits enthaltenen Betrag von 2.510,05 DM zu kürzen und insoweit die Klage entgegen den Entscheidungen der Vorinstanzen abzuweisen.

Schlagworte: Alleingesellschafter, Befreiung vom Verbot des § 181 BGB