Einträge nach Montat filtern

BGH, Urteil vom 19. Februar 2008 – II ZR 170/07

§ 823 Abs 2 BGB, § 826 BGB, § 32 Abs 2 Nr 1 WpHG vom 09.09.1998

a) § 32 Abs. 2 Nr. 1 WpHG ist kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen ist die Eigenhaftung des Vertreters im Rahmen vertraglicher Sonderverbindungen auf Ausnahmefälle beschränkt und an sehr hohe Voraussetzungen geknüpft. § 311 Abs. 3 BGB und § 826 BGB machen dies deutlich. Die strikte Beschränkung der Eigenhaftung des Vertreters im Bürgerlichen Recht würde im Anwendungsbereich des § 32 Abs. 2 Nr. 1 WpHG ausgehebelt, wenn jede fahrlässige Verletzung einer Beratungspflicht über § 823 Abs. 2 BGB zu einer haftung des Organs oder des Angestellten eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens führen würde. Die Haftungsvoraussetzungen für den Vertreter und den Vertragspartner als Vertretenen wären anders als bei allen Beratungspflichtverletzungen außerhalb des Anwendungsbereichs des WpHG identisch. Auch der nur leicht fahrlässig handelnde Angestellte eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens würde bei einer Pflichtverletzung gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 WpHG ohne weiteres stets neben dem Unternehmen als Gesamtschuldner haften. Es würde also eine eigene, über die vorhandenen zivilrechtlichen Haftungstatbestände hinausgehende schadensersatzrechtliche Anspruchsgrundlage geschaffen. Nichts spricht dafür, dass der Gesetzgeber dies zu Lasten von einfachen Angestellten gewollt hat. Bereits in seinem Urteil vom 19. Dezember 2006 hat der Senat dementsprechend ausgeführt, den in erster Linie aufsichtsrechtlichen Regeln des WpHG komme keine eigenständige schadensersatzrechtliche Bedeutung zu (BGHZ 170, 226, 232, Tz. 18 m.w.Nachw.).

b) Der für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen handelnde Anlageberater, der vorsätzlich eine anleger- und objektwidrige Empfehlung abgibt und die Schädigung des Anlegers zumindest billigend in Kauf nimmt, ist diesem nach § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.

Ein Anlageberater, der vorsätzlich eine anleger- und objektwidrige Empfehlung abgibt und die Schädigung des um Rat fragenden Anlegers zumindest billigend in Kauf nimmt, ist dem Anleger wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zum Schadensersatz verpflichtet (vgl. BGH, Urteile vom 22. Juni 1992 – II ZR 178/90, WM 1992, 1812, 1823 und vom 13. Juli 2004 – VI ZR 136/03, WM 2004, 1768, 1769; KK-WpHG/Möllers § 32 Rdn. 100 m.w.Nachw.). Wird die Empfehlung aufgrund grob fahrlässigen Verhaltens leichtfertig in unrichtiger Weise abgegeben, ist sie dann als sittenwidrig zu werten, wenn sie erkennbar für die Entschließung des Anlegers von Bedeutung ist und in Verfolgung eigener Interessen in dem Bewusstsein einer möglichen Schädigung des Anlegers abgegeben wird (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 1992 – II ZR 178/90, WM 1992, 1812, 1823 m.w.Nachw.).

Schlagworte: Anlageberatung und Prospekthaftung, Anlageberatung und Warenterminoption, Haftung wegen sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB