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BGH, Urteil vom 19. November 2013 – VI ZR 336/12

§ 31 BGB, § 826 BGB, § 840 Abs 1  BGB

a) Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Beklagten ( eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH und ein Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer) haften den Klägern aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 840 Abs. 1, § 31 BGB.

b) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 124/12, z.V.b.; vom 4. Juni 2013 – VI ZR 288/12, VersR 2013, 1144 Rn. 14; vom 20. November 2012 – VI ZR 268/11, VersR 2013, 200 Rn. 25; BGH, Urteil vom 9. Juli 2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670; Katzenmeier in Dauner-Lieb/Langen, BGB, 2. Aufl., § 826 Rn. 2 f.; Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 826 Rn. 4, jeweils mwN). Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 124/12, z.V.b.; BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670; vom 19. Oktober 1987 – II ZR 9/87, BGHZ 102, 68, 77 f.; Palandt/Sprau, BGB, aaO, jeweils mwN).

Im Bereich der Expertenhaftung für unrichtige (Wert-)Gutachten und Testate kommt ein Sittenverstoß bei einer besonders schwer wiegenden Verletzung der einen Experten treffenden Sorgfaltspflichten in Betracht. Als Sittenwidrig ist dabei zu beurteilen, dass der Auskunfterteilende aufgrund des Expertenstatus ein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch nimmt, selbst aber nicht im Mindesten den an einen Experten zu richtenden Maßstäben genügt (vgl. Staudinger/Oechsler, BGB, Neubearb. 2009, § 826 Rn. 207 f.). Der Sittenverstoß setzt ein leichtfertiges und gewissenloses Verhalten des Auskunftgebers voraus. Es genügt nicht ein bloßer Fehler des Gutachtens, sondern es geht darum, dass sich der Gutachter durch nachlässige Erledigung, z. B. durch nachlässige Ermittlungen oder gar durch Angaben ins Blaue hinein der Gutachtenaufgabe entledigt und dabei eine Rücksichtslosigkeit an den Tag legt, die angesichts der Bedeutung des Gutachtens für die Entscheidung Dritter als gewissenlos erscheint (vgl. Senatsurteile vom 21. April 1970 – VI ZR 246/68, WM 1970, 878, 879; vom 12. Dezember 1978 – VI ZR 132/77, VersR 1979, 283, 284; vom 24. September 1991 – VI ZR 293/90, NJW 1991, 3282; BGH, Urteil vom 18. Juni 1962 – VII ZR 237/60, VersR 1962, 803, 804 f.; Staudinger/Oechsler, aaO Rn. 213).

Diese anerkannten Grundsätze der Expertenhaftung sind zwar im Streitfall nicht unmittelbar anwendbar, weil dem Beklagten zu 2 nicht angelastet wird, ein unrichtiges (Wert-) Gutachten oder Testat erteilt zu haben. Sein Verhalten ist jedoch gleichwohl als Sittenwidrig zu beurteilen. Denn der Beklagte zu 2 stellte sich mit seinem Expertenstatus in den Dienst der von ihm geprüften kapitalsuchenden E-Gruppe und lieferte den Vertriebsmitarbeitern irreführende Verkaufsargumente. Hierdurch setzte er sich rücksichtslos über die interessen potentieller Anlageinteressenten hinweg, die mit seinen Äußerungen zwangsläufig in Berührung kamen und diese im Vertrauen auf seine berufliche Integrität und seine fachliche Autorität zur Grundlage ihrer Entscheidung machten (vgl. Staudinger/Oechsler, aaO Rn. 210 und 214 zum Wertgutachten).

Der Hinweis des Beklagten zu 2, die E-Gruppe verfüge über ein „ausgezeichnetes Eigenkapital“, das es erlaube, ihre Aktien als „Blue Chips“ einzuordnen, war falsch und geeignet, die Adressaten über die wirtschaftliche Situation der Unternehmen der E-Gruppe zu täuschen.

Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte zu 2 im Rahmen von Veranstaltungen auf Malta und in Würzburg in den Jahren 1999 bzw. Anfang 2000 vor Vertriebsmitarbeitern der E-Gruppe Vorträge gehalten, in denen er insbesondere eine (im Vergleich zu DAX-Unternehmen) ausgezeichnete Eigenkapitalausstattung der von ihm geprüften Unternehmen der E-Gruppe hervorhob und Aktien der Anlagegesellschaften mit „Blue Chips“ verglich. Dadurch hat er einen Eindruck der Werthaltigkeit von Beteiligungen an diesen Unternehmen vermittelt, der objektiv unzutreffend war. Denn für die Werthaltigkeit der Beteiligungen an Unternehmen der E-Gruppe waren nicht nur eine hohe Eigenkapitalquote entscheidend, sondern auch die vorhandenen Aktiva. Insoweit konnten die Unternehmen der E-Gruppe in ihrer Kapitalqualität und Risikostruktur aber nicht ansatzweise mit „Blue Chip-Unternehmen“ wie etwa großen Aktiengesellschaften mit hoher Marktkapitalisierung verglichen werden, welche typischerweise auf der Aktivseite die gesamte Vielfalt der Asset-Klassen des § 266 Abs. 2 HGB aufweisen. Das Aktivvermögen der E-Gruppe-Unternehmen bestand demgegenüber – auch nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten – nahezu ausschließlich aus den Forderungen gegen die einzelnen Anleger aus deren Beteiligung als atypisch stille Gesellschafter. Das Anlagekapital stand den Unternehmen der E-Gruppe auch nicht in liquider Form sofort zur Verfügung, sondern sollte von über 95 % der Anleger – wiederum nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten – in monatlich fällig werdenden, mehr oder weniger kleinen Raten über einen Zeitraum von bis zu 30 Jahren erbracht werden. Dabei wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei der E-Gruppe ein ernsthaftes Forderungsmanagement nicht betrieben, vielmehr stand es in der Praxis im Belieben der Anleger, ob sie den eingegangenen Zahlungsverpflichtungen nachkamen oder nicht. Auf der anderen Seite mussten sofort Vertriebsprovisionen gezahlt werden, welche sich jeweils an der gesamten Anlagesumme orientierten, obwohl die gezeichneten Beträge im Wesentlichen nur in relativ geringfügigen monatlichen Raten eingingen.

Da auf der Aktivseite der Unternehmen im Wesentlichen lediglich noch nicht fällige Forderungen gegen die Anleger standen, deren Qualität mit der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit der Anleger stand und fiel, hat das Berufungsgericht ferner mit Recht von einem „gebündelten Risiko“ gesprochen.

Fehl geht die Rüge der Revision, es fehle an Feststellungen, dass „auch nur ein Anleger vom Verhalten eines anderen Anlegers erfuhr, der seine Einlage nicht beglich“, weshalb im Hinblick auf die einseitige Mittelherkunft auch nicht von einem gebündelten Risiko gesprochen werden könne. Die Revisionserwiderung weist mit Recht darauf hin, dass eine interne Abstimmung unter den Anlegern weder nach den Denkgesetzen noch nach der Lebenserfahrung erforderlich war, um die Gefahr zu begründen, dass Anleger in erheblicher Anzahl ihre Einlage nicht erbringen würden, weil die Stimmung insbesondere auf dem Kapitalmarkt etwa wegen negativer Pressemeldungen zum Nachteil der E-Gruppe umschlagen konnte und etliche Anleger gleichzeitig, aber unabhängig voneinander veranlasst werden konnten, ihre Zahlungen einzustellen.

Unerheblich ist auch der Einwand der Revision, dass sich einige Unternehmen der E-Gruppe zum Zeitpunkt der Äußerungen des Beklagten zu 2 auf Malta und in Würzburg kurz vor oder in der Gründungsphase befanden, denn nach den Feststellungen bezogen sich die Äußerungen generell auf die Unternehmen der E-Gruppe, die sich in ihrer Struktur vollständig geglichen hätten.

Ohne Erfolg rügt die Revision, der Beklagte zu 2 habe nicht eingeräumt, sowohl auf Veranstaltungen für Mitarbeiter der E-Gruppe auf Malta im Jahr 1999 als auch in Würzburg Anfang des Jahres 2000 neben Hinweisen auf ein besonderes Eigenkapital das Wort „Blue Chips“ verwendet zu haben. Die Beweiskraft dieser tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts wird – entgegen der Auffassung der Revision – nicht gemäß § 314 Satz 2 ZPO durch die Bezugnahme auf das Sitzungsprotokoll vom 23. April 2012 entkräftet, denn dem Protokoll ist nicht zu entnehmen, dass der Beklagte zu 2 nur auf Malta und nicht auch in Würzburg den Begriff „Blue Chips“ verwandt hat. Die protokollierte Äußerung des Beklagten zu 2, die Eigenkapitalfinanzierung habe er nicht nur auf Malta, sondern in jedem seiner Vorträge, die er vor Vermittlern gehalten habe, so vorgetragen, lässt die Auslegung zu, dass er auch in Würzburg den Vergleich mit „Blue Chips“ gezogen hat. Im Übrigen würde schon die einmalige Verwendung des Vergleichs mit „Blue Chips“ auf Malta, welcher der streitgegenständlichen Beteiligung vorausgegangen ist, die Beurteilung des Berufungsgerichts rechtfertigen.

Darüber hinaus hat sich das Berufungsgericht – wie die Revision selbst sieht – auch auf Zeugenaussagen in einem der Parallelverfahren gestützt. Soweit die Revision diesbezüglich beanstandet, das Berufungsgericht habe die Aussage aus dem Parallelverfahren nur als Urkunde würdigen und keine Einschätzung zur persönlichen Glaubwürdigkeit abgeben dürfen, übersieht sie, dass das Parallelverfahren und das vorliegende Berufungsverfahren bei demselben Einzelrichter anhängig gewesen sind und dieser die Zeugen im Parallelverfahren selbst vernommen hat. Da auch die jeweiligen Prozessbevollmächtigten der Parteien in beiden Verfahren identisch waren und der vom Einzelrichter angekündigten Verwertung der Aussagen im vorliegenden Verfahren nicht widersprochen haben, sind hinsichtlich der Verwertung der Aussagen keine Verfahrensfehler ersichtlich. Im Übrigen sind in die hier maßgebliche Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zu den objektiven Falschangaben des Beklagten zu 2 keine Glaubwürdigkeits-, sondern Plausibilitätserwägungen eingeflossen.

Der Beklagte zu 2 nahm für die vorbezeichneten irreführenden Angaben – wie bereits ausgeführt – seinen Expertenstatus als Wirtschaftsprüfer und seine Stellung als Abschlussprüfer der Gesellschaften der E-Gruppe in Anspruch. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde er den Vertriebsmitarbeitern als Wirtschaftsprüfer vorgestellt und referierte über Erkenntnisse, die er in seiner Funktion als Abschlussprüfer (angeblich) gewonnen hatte. Er reklamierte damit für sich nicht nur die Sachkunde und Seriosität, die einem Wirtschaftsprüfer als besonderen Standesregeln unterliegendem und unabhängigem Berufsträger allgemein zugewiesen werden (vgl. § 43 Abs. 1 WPO). Vielmehr nahm er für sich darüber hinausgehend das besondere Vertrauen in Anspruch, das dem Abschlussprüfer im Hinblick auf seine gesetzlich vorgesehene Objektivität gegenüber der geprüften Gesellschaft (vgl. zur Unparteilichkeit § 323 Abs. 1 HGB) sowie auf die im Rahmen der Prüfung gewonnenen besonderen Einblicke in die Struktur der geprüften Gesellschaft entgegengebracht wird. Mit dieser Autorität ist es bereits schwer vereinbar, sich – wie es der Beklagte zu 2 tat – in exponierter Position einseitig für die Vertriebsinteressen der geprüften Gesellschaftsgruppe einzusetzen.

Die Expertenäußerungen des Beklagten zu 2 vor den Vertriebsmitarbeitern der E-Gruppe waren, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, darauf ausgerichtet, an die Anlageinteressenten weitergegeben zu werden.

Die Angaben des Beklagten zu 2 hatten für die von den Mitarbeitern der Strukturvertriebe angesprochenen Anlageinteressenten – hier die Kläger – große Bedeutung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war bei den Beratungsgesprächen das hohe Eigenkapital immer ein maßgebendes Verkaufsargument, wobei sich der jeweilige Vertriebsmitarbeiter auf den Beklagten zu 2 berief.

Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass dem Beklagten zu 2 klar war, dass seine Informationen gerade dazu bestimmt waren, an die Anlageinteressenten weitergegeben zu werden. Ihm war auch ohne weiteres ersichtlich, dass seine Aussagen zur Eigenkapitalausstattung der E-Gruppe jedenfalls grob unvollständig und damit irreführend waren.

Das Berufungsgericht hat sich – entgegen der Auffassung der Revision – rechtsfehlerfrei die Überzeugung gebildet, dass die weitergegebenen Äußerungen des Beklagten zu 2 zur Qualität und Bonität der Unternehmen der E-Gruppe für die Anlageentscheidung im Streitfall kausal geworden sind.

Erfolglos rügt die Revision, das Berufungsgericht habe erforderliche Feststellungen zur Kausalität der Äußerungen des Beklagten zu 2 für die Anlageentscheidung der Kläger nicht getroffen, weil im Bereich der kapitalmarktrechtlichen Informationsdeliktshaftung auf einen konkreten Kausalitätsnachweis für den Willensentschluss des Anlegers nicht verzichtet werden könne. Das Berufungsgericht hat sich in tatrichterlicher Würdigung aufgrund der Zeugenaussage des maßgebenden Anlagevermittlers die Überzeugung gebildet, dass gerade der Hinweis des Vermittlers auf die Einschaltung eines Wirtschaftsprüfers und dessen Bonitätsbekundungen in allen geführten Beratungsgesprächen die erstrebte Wirkung erzielt hätten, die Kläger zur Zeichnung der Anlagen zu veranlassen. Damit bedurfte es – entgegen der Auffassung der Revision – keiner weitergehenden Feststellungen. Die von den Beklagten angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in den sog. COMROAD-Fällen (vgl. etwa BGH, Urteile vom 3. März 2008 – II ZR 310/06, WM 2008, 790 – COMROAD VIII und vom 4. Juni 2007 – II ZR 173/05, WM 2007, 1560 – COMROAD V) betreffen anders gelagerte Fälle, denen falsche ad-hoc-Mitteilungen zugrunde lagen, bei denen keine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass eine dadurch ausgelöste Anlagestimmung kausal war für die getroffenen Anlageentscheidungen. Im Streitfall haben die Kläger ihre Anlageentscheidung nicht nur aufgrund einer von ihnen behaupteten, durch eine falsche ad-hoc-Mitteilung ausgelösten Anlagestimmung getroffen, sondern aufgrund einer persönlichen Beratung durch einen Anlagevermittler, der sich die irreführenden Äußerungen des Beklagten zu 2 über ein besonderes Eigenkapital unter Vergleich mit hochwertigen großen Unternehmen zu Nutze machte.

Soweit die Revision meint, dass die Kläger die Anlagen vielleicht auch dann gezeichnet hätten, wenn die Aussagen zur Eigenkapitalqualität nicht gemacht worden wären, betrifft dies einen Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens, für den die Beklagten darlegungs- und beweisbelastet sind. Die Revision zeigt hierzu jedoch keinen – vom Berufungsgericht übergangenen – Sachvortrag der Beklagten auf, der den Einwand ausfüllen könnte.

Ohne Erfolg zieht die Revision schließlich einen Schaden der Kläger und den Rechtswidrigkeitszusammenhang mit den Äußerungen des Beklagten zu 2 in Zweifel.

In Fällen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dient der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Ausgleich jeder nachteiligen Einwirkung durch das sittenwidrige Verhalten auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten. Vielmehr muss dieser sich auch von einer „ungewollten“ Verpflichtung wieder befreien können. Schon eine solche Verpflichtung kann einen gemäß § 826 BGB zu ersetzenden Schaden darstellen. Insoweit bewirkt die Norm einen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 – VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361, 367 f.).

Bereits deshalb sind auch – entgegen der Auffassung der Revision – in diesem Zusammenhang die Gründe, die letztendlich zur Insolvenz der Unternehmen der E-Gruppe geführt haben, unerheblich. Der gemäß § 249 Abs. 1 BGB begründete Anspruch eines Anlegers auf Rückgängigmachung der Beteiligung, die ihm unter Verletzung seines wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts aufgedrängt wurde, geht nicht verloren, wenn sich die Anlage aus Gründen nachteilig entwickelt, die vom Gegenstand der Fehlinformation verschieden sind (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 – II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 113 f.). Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die von den Klägern erworbenen Beteiligungen weder so hochwertig noch so risikoarm waren, wie sie der Beklagte zu 2 beschrieben hatte, sind die Kläger bereits durch die Zeichnung der Anlagen unmittelbar geschädigt worden.

Nach diesen Grundsätzen ist die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, dass das Eigenkapital der Anlagegesellschaft nicht ausgereicht habe oder gar negativ gewesen sei, ebenso unerheblich wie die weiteren Rügen fehlender Feststellungen des Berufungsgerichts bezüglich der Durchsetzbarkeit der Forderungen gegen die Anleger.

Letztendlich ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts, dass der Beklagte zu 2 Kenntnis von den die Sittenwidrigkeit prägenden Umständen sowie Schädigungsvorsatz hatte.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war dem Beklagten zu 2 klar, dass seine Äußerungen als Wirtschaftsprüfer zur exzellenten Eigenkapitalausstattung der E-Gruppe und zum Charakter ihrer Aktien als „Blue Chips“ die Anleger erreichen würden und geeignet waren, sie dadurch zur Zeichnung einer Anlage zu motivieren, indem sie die wirtschaftliche Potenz der Unternehmensgruppe falsch einschätzten.

Darüber hinaus besaß er auch Schädigungsvorsatz. § 826 BGB setzt insoweit keine Schädigungsabsicht im Sinne eines Beweggrundes oder Zieles voraus, sondern es genügt bedingter VorsatzBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Vorsatz
hinsichtlich der für möglich gehaltenen Schadensfolgen, wobei dieser nicht den konkreten Kausalverlauf und den genauen Umfang des Schadens, sondern nur Art und Richtung des Schadens umfassen muss; es reicht dabei jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage einschließlich der sittenwidrigen Belastung fremden Vermögens mit einem Verlustrisiko aus (vgl. etwa BGH, Urteil vom 13. September 2004 – II ZR 276/02, WM 2004, 2150, 2155).

Da der Beklagte zu 2 seine Äußerungen bei Vorträgen und Veranstaltungen mit Vertriebsmitarbeitern getätigt hat, nahm er billigend in Kauf, dass die von ihm gegebenen Informationen auch im Vertrieb zur Bewerbung der Beteiligungen verwandt werden, um Interessenten zur Zeichnung einer Anlage zu veranlassen, die nicht den erweckten Vorstellungen entsprach. Soweit die Revision dies anders sehen will, setzt sie lediglich in revisionsrechtlich unzulässiger Weise ihre eigene Würdigung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts, ohne relevante Verfahrensfehler aufzuzeigen. Da der Schaden – wie oben ausgeführt – bereits in dem Erwerb der Beteiligung liegt, musste sich der bedingte Vorsatz des Beklagten zu 2 lediglich darauf beziehen, dass seine unzutreffenden Äußerungen als Abschluss- und Wirtschaftsprüfer und das ihm entgegengebrachte Vertrauen des Publikums für die Anlageentscheidung ursächlich werden konnten. Dies war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall.

Das Berufungsgericht hat auch mit Recht und insoweit von der Revision unangegriffen eine Haftung der Beklagten zu 1 für das deliktische Verhalten ihres Geschäftsführers nach § 31 BGB bejaht, weil der Beklagte zu 2 die haftungsbegründenden Äußerungen nicht als Privatperson, sondern zur Erläuterung der im Rahmen der Abschlussprüfungen gewonnenen Erkenntnisse und damit in Ausübung seiner Organstellung getätigt hat.

Schlagworte: Expertenhaftung, Expertenstatus, Haftung wegen sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB, Inanspruchnahme besonderen Vertrauens, Kausalität, Pflichtverletzung und Kausalität, Rechtswidrigkeitszusammenhang, Schädigungsvorsatz, Sittenwidrigkeit