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BGH, Urteil vom 19. September 1996 – IX ZR 249/95

§ 32a Abs 1 GmbHG, § 32a KO

1. Ob ein Darlehen als eigenkapitalersetzend anzusehen ist, beurteilt sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der verbindlichen Kreditzusage, sofern die Leistung später gewährt wird.

2. Hat die Darlehensgewährung, bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Zusage, kapitalersetzenden Charakter, entgeht der Gesellschafter der Rechtsfolge des GmbHG § 32a nicht schon dadurch, daß er die Auszahlung erst nach Stellung des Konkursantrags vornimmt.

3. Eine Finanzierungshilfe, die ein Gesellschafter der konkursreifen Gesellschaft gewährt, hat auch dann kapitalersetzenden Charakter, wenn sie nicht der Sanierung, sondern lediglich der Durchführung eines bestimmten Rechtsgeschäfts dienen soll.

4. Hat die Gesellschaft dem Gesellschafter für eine kapitalersetzende Leistung ein Recht sicherungshalber übertragen, kann der Konkursverwalter gegenüber dem Anspruch auf abgesonderte Befriedigung unmittelbar den Einwand aus GmbHG § 32a erheben; der Anfechtungseinrede bedarf es nicht.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25. Juli 1995 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 13. Mai 1994 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der H. GmbH (fortan: Gemeinschuldnerin), über deren Vermögen am 31. August 1993 das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Verwalter bestellt wurde. Die Parteien streiten darum, ob der Klägerin eine ihr von der Gemeinschuldnerin am 4. Juni 1993 abgetretene Forderung zusteht.

Die K. GmbH hatte der Gemeinschuldnerin für vier Bestückungsautomaten sowie zusätzliche Arbeiten am 23./24. Mai 1993 insgesamt 353.360,65 DM in Rechnung gestellt. Sie machte die Auslieferung der letzten zwei Automaten davon abhängig, daß die Gemeinschuldnerin diese Rechnung bezahlte oder eine Bürgschaft stellte. Da die Gemeinschuldnerin die Automaten zur Belieferung ihrer Kunden benötigte, selbst jedoch nur 100.000 DM aufzubringen vermochte, vereinbarte sie mit der Klägerin am 4. Juni 1993, daß diese den Restbetrag von 253.360,65 DM an die Lieferantin überwies. Zugleich trat die Gemeinschuldnerin auf Verlangen der Klägerin an sie in derselben Höhe eine Forderung gegen die A. GmbH ab, die einen der Automaten erhalten sollte.

Die Klägerin unterrichtete die A. von der Abtretung und bezahlte am 2. Juli 1993 den vereinbarten Restbetrag an die Lieferantin. Bereits einen Tag zuvor hatte die Gemeinschuldnerin den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt. Sie erhielt die zwei Automaten und belieferte am 2. August 1993 die A. Diese zahlte am 17. August 1993 insgesamt 292.966,33 DM, davon den streitbefangenen Teil im Einvernehmen mit den Parteien auf ein Anderkonto des Beklagten.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Auszahlung von 253.360,65 DM sowie der auf dem Anderkonto angefallenen Zinsen. Der Beklagte hat eingewandt, bei der von der Klägerin erbrachten Leistung handele es sich um ein eigenkapitalersetzendes Darlehen; die Gemeinschuldnerin sei bereits Ende Mai 1993 konkursreif gewesen. Der Beklagte hat die Abtretung nach §§ 30, 31, 32 a KO angefochten. Das Berufungsgericht hat der vom Landgericht abgewiesenen Klage mit Ausnahme eines Teils der Zinsen stattgegeben. Der Beklagte begehrt mit der Revision die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg; der geltend gemachte Anspruch auf abgesonderte Befriedigung (§ 48 KO) ist nicht begründet.

I.

Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin mit der Gemeinschuldnerin am 4. Juni 1993 getroffene Vereinbarung in dem Sinne ausgelegt, daß die Klägerin sich verpflichtete, einen Kredit in Höhe von 253.360,65 DM zu gewähren und die Gemeinschuldnerin ihr dafür zur Sicherheit eine Forderung gegen die A. in gleicher Höhe abtrat. Das ergebe sich eindeutig aus dem der Abrede unmittelbar vorausgegangenen Schriftwechsel zwischen der Klägerin und der Gemeinschuldnerin. Diese habe die Klägerin darum gebeten, die von der K. GmbH geforderte Bürgschaft zu übernehmen. Statt dessen habe sich die Klägerin in einem Telefax vom 4. Juni 1993 bereit erklärt, den fehlenden Betrag von 253.360,65 DM unmittelbar an K. zu leisten und „als Sicherung unserer Zahlung“ die Abtretung von drei näher bezeichneten Forderungen – darunter auch die gegen die A. – im Gesamtbetrag von 667.925,60 DM verlangt. Wenn die Klägerin sich gleichwohl am selben Tage mit der Abtretung der streitgegenständlichen Forderung begnügt habe, so folge daraus nicht, daß sie mit der Gemeinschuldnerin ein kaufähnliches Austauschgeschäft vereinbart habe. Vielmehr habe der Zweck des Rechtsgeschäfts darin bestanden, die von der Gemeinschuldnerin dringend benötigte Finanzierung der Kaufpreisschuld gegenüber K. durchzuführen und dafür eine Sicherung zu erhalten. Diese Erwägungen sind rechtlich haltbar und daher für den Senat bindend (§ 561 ZPO).

Die Auslegung eines Individualvertrages ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Hat, wie im Streitfall, keine Partei eine den Anforderungen des § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO genügende Verfahrensrüge erhoben, so prüft das Revisionsgericht lediglich nach, ob gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde (ständige Rechtsprechung; vgl. BGH, Urt. v. 14. Oktober 1994 – V ZR 196/93, BGHR ZPO § 559 Abs. 2 Auslegungsgrundsätze 2 m.w.N.). In dieser Hinsicht gibt das angefochtene Urteil zu keinen Beanstandungen Anlaß. Für die Auslegung des Berufungsgerichts sprechen vor allem zwei Tatsachen: Die Klägerin hat in dem am 4. Juni 1993, kurz vor Abschluß der Vereinbarung, verfaßten Telefax selbst von einer Sicherung gesprochen. Die Abtretungsurkunde enthält zudem keinen Hinweis dafür, daß die Klägerin mit der Forderung gegen die A. endgültig abgefunden sein, ihr also kein Anspruch mehr gegen die Gemeinschuldnerin zustehen sollte, falls sich die abgetretene Forderung wider Erwarten nicht als werthaltig erwies. Schon deshalb ist die Auslegung des Berufungsgerichts, das den maßgeblichen Prozeßstoff vollständig berücksichtigt hat, jedenfalls vertretbar.

II.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts erfüllte die Darlehensgewährung den Tatbestand des § 32 a Abs. 1 GmbHG. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob der Zeitpunkt der Leistungszusage gegenüber der K. GmbH (7. Juni 1993) oder der Tag der Auszahlung (2. Juli 1993 – ein Tag nach Einreichung des Konkursantrags) als maßgeblich angesehen werde; denn die Gemeinschuldnerin sei schon Anfang Juni 1993 kreditunwürdig gewesen. Zwar hätten kurzfristige Überbrückungskredite nicht die Bedeutung kapitalersetzender Darlehen. Etwas anderes gelte jedoch dann, wenn die Leistung – wie hier – erst zu einem Zeitpunkt erbracht werde, in dem eine aussichtslose Krisensituation bestehe.

Diesen Erwägungen ist im Ergebnis zuzustimmen; die Leistung der Klägerin hatte kapitalersetzenden Charakter.

1. Nach § 32 a Abs. 1 GmbHG darf der Gesellschafter im Konkurs der Gesellschaft den Anspruch auf Rückgewähr eines Darlehens nicht geltend machen, welches er der Gesellschaft im Zustand ihrer Kreditunwürdigkeit gegeben hat. Bei endgültiger Überschuldung der Gesellschaft ist der Zeitpunkt, zu dem der Kredit haftendes Kapital ersetzt, stets eingetreten (BGHZ 109, 55, 59; 127, 1, 5 f; BGH, Urt. v. 4. Dezember 1995 – II ZR 281/94, ZIP 1996, 275, 277). Kann die Gesellschaft ohne weitere Unterstützung ihres Gesellschafters nicht mehr am Leben erhalten werden, so muß er ihr entweder jede Hilfe versagen und die Liquidation herbeiführen, oder er hat, wenn er ihr statt des objektiv gebotenen Eigenkapitals eine andere Finanzierungshilfe gewährt, diese den Gläubigern bis zur anderweitigen Deckung des Stammkapitals zu belassen (BGHZ 81, 252, 257; 311, 317; 90, 381, 389; 109, 55, 57 f; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 7. Aufl. §§ 32 a, 32 b Rdnr. 41, 43; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 8. Aufl. §§ 32 a, 32 b Rdnr. 35, 37). Als die Vereinbarung vom 4. Juni 1993 getroffen wurde, war die Gemeinschuldnerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Parteien nicht angegriffen haben, zahlungsunfähig, also konkursreif (§ 102 KO).

2. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung, ob das Darlehen eine kapitalersetzende Leistung darstellt, ist der Zeitpunkt, zu dem sich die Klägerin rechtsverbindlich verpflichtet hat, nicht derjenige der Zahlung am 2. Juli 1993.

a) Schon die bindende Zusage, die kurzfristig benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen, ermöglicht es der Gesellschaft, den Geschäftsbetrieb vorläufig aufrechtzuerhalten statt sogleich die Liquidation einzuleiten. Die Gesellschaft wird dadurch beispielsweise in die Lage versetzt, bestimmte Waren bei Lieferanten abzunehmen und auf diesem Wege eigene Pflichten gegenüber ihren Kunden zu erfüllen oder neue Verträge abzuschließen. Bereits die schuldrechtliche Vereinbarung kann bei Dritten den Eindruck erwecken, die Gesellschaft sei noch lebensfähig, und sich damit wirtschaftlich ähnlich wie die Übernahme einer Bürgschaft oder die Einräumung einer Kreditlinie auswirken. Der auf diese Weise entstandene Anschein beruht auf der Finanzierungsverantwortung des Gesellschafters, die den tragenden Grund bildet für die Gleichsetzung der erbrachten Leistung mit haftendem Eigenkapital (vgl. BGHZ 81, 252, 257; 90, 381, 388 f; 105, 168, 175 f; 109, 55, 57 f). Der dem § 32 a GmbHG zugrunde liegende Normzweck rechtfertigt es daher, für die Entscheidung, ob die Finanzierungshilfe die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift erfüllt, auf den Zeitpunkt des Darlehensversprechens abzustellen.

b) Dies ist indessen nur gerechtfertigt, sofern die Finanzierungshilfe, zu der sich der Gesellschafter verpflichtet hat, tatsächlich zugunsten der Gesellschaft geflossen ist; denn § 32 a GmbHG setzt voraus, daß der Gesellschafter das Darlehen gewährt oder die diesem wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung vollzogen hat. Die Vorschrift begründet ein Rückzahlungsverbot, nicht jedoch eine Verpflichtung, zugesagte, bisher nicht gewährte Leistungen im Konkursfall nachzuschießen (OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
GmbHR 1994, 184, 185; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14. Aufl. §§ 32 a/b Rdnr. 75; Priester DB 1993, 1173, 1175). Hat die Gesellschaft dagegen die Zuwendung erhalten, ist deren Zeitpunkt unmaßgeblich, weil es nach dem Zweck der Eigenkapitalersatzregeln darauf ankommt, ab wann der Gesellschafter durch ein ihm zuzurechnendes Handeln den Anschein ausreichender Kapitalausstattung hervorgerufen hat. Daher greifen die Rechtsfolgen des § 32 a GmbHG durch, obwohl die Klägerin die am 4. Juni 1993 vereinbarte Erfüllung des Lieferantenanspruchs erst nach Eingang des Konkursantrags getätigt hat. Auch nach der überwiegenden Meinung im Schrifttum ist für die Anwendung des § 32 a GmbHG auf die im Zeitpunkt der verbindlichen Darlehenszusage gegebenen Voraussetzungen abzustellen, wenn die Leistung später gewährt wird (Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 32 a, b Rdnr. 24; Roth, GmbHG 2. Aufl. § 32 a, b Anm. 2.4; Rowedder, GmbHG 2. Aufl. § 32 a Rdnr. 24; Wiedemann/Hermanns, ZIP 1994, 997, 1001). Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes, der in dieser Sache um Stellungnahme gebeten wurde, hat erklärt, daß er diese Auffassung teile.

3. Die Revision macht geltend, der Kredit sei deshalb keine kapitalersetzende Leistung gewesen, weil er von vornherein nicht dazu gedient habe, den Konkurs abzuwenden, sondern der Gemeinschuldnerin lediglich die Durchführung eines einzelnen Geschäftes habe ermöglichen sollen. Mit dieser Erwägung kann eine Leistung der Klägerin im Sinne des § 32 a Abs. 1 GmbHG indessen nicht verneint werden.

Das Darlehen wurde erst gewährt, als eine aussichtslose Krisensituation bestand. Ist der Konkurs unvermeidbar, begründet selbst ein der Deckung eines lediglich vorübergehenden Geldbedarfs dienender Überbrückungskredit keinen Rückforderungsanspruch (vgl. BGHZ 76, 320, 330; BGH, Urt. v. 27. November 1989 – II ZR 320/88, ZIP 1990, 95, 97). Der Gesellschafter kann die in der Krise erbrachte Finanzierungsleistung der Rechtsfolge des § 32 a GmbHG auch nicht dadurch entziehen, daß er keine Sanierung der Gesellschaft, sondern lediglich deren Unterstützung für ein bestimmtes Geschäft bezweckt. Ob eine Finanzhilfe des Gesellschafters als eigenkapitalersetzend zu werten ist, richtet sich grundsätzlich allein nach den dafür maßgeblichen objektiven Voraussetzungen; auf die Beweggründe des Gesellschafters kommt es nicht an (BGHZ 75, 334, 337 f; 81, 311, 315; 121, 31, 41). Eine Privilegierung solcher projektbezogenen Einzelmaßnahmen ist zudem deshalb nicht gerechtfertigt, weil sie die Interessen der Gläubiger, deren Schutz § 32 a GmbHG bezweckt, in gleicher Weise gefährden können. Der Umstand, daß der Kredit von vornherein darauf angelegt war, nur den zur Befriedigung der Ansprüche der K. GmbH benötigten Geldbedarf zu decken, und mittels der Abtretung binnen verhältnismäßig kurzer Zeit getilgt werden sollte, ist daher rechtlich ohne Bedeutung, weil die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft schon am 4. Juni 1993 aussichtslos war.

III.

Trotzdem hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Auch die Konkursanfechtung nach § 32 a KO setze eine Gläubigerbenachteiligung voraus. Daran fehle es, weil der Beklagte nicht nachgewiesen habe, daß die Konkursmasse besser gestellt wäre, wenn die Klägerin keine Zahlung an die K. GmbH geleistet hätte. Er habe den Einwand der Klägerin nicht widerlegen können, ohne ihre Finanzierung hätten sowohl die Lieferanten als auch die Kunden der Gemeinschuldnerin möglicherweise gemäß § 326 Abs. 1 BGB die Vertragserfüllung abgelehnt, bevor der Beklagte in der Lage gewesen wäre, sein Wahlrecht nach § 17 KO auszuüben.

Gegen diese Erwägungen wendet sich die Revision mit Erfolg.

Die Unbegründetheit des erhobenen Anspruchs folgt schon daraus, daß die Darlehensgewährung den Tatbestand des § 32 a Abs. 1 GmbHG erfüllt und die Klägerin demzufolge den Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Konkursverwalter nicht geltend machen kann. Ist die Forderung, deren Durchsetzung die Abtretung dienen sollte, nicht begründet, so kann der Gesellschafter auf die Sicherheit nicht zugreifen; ein Absonderungsrecht im Konkurs steht ihm nicht zu (BGHZ 75, 334, 339; 81, 252, 262). Nur so wird der Zweck des § 32 a GmbHG erreicht, daß der Gesellschafter die zur Finanzierung zur Verfügung gestellten Mittel den Gläubigern ohne Einschränkung wie Eigenkapital belassen muß. Der Konkursverwalter kann dem Gesellschafter diesen Einwand infolgedessen unmittelbar aus der Sicherungsabrede, zumindest aber aus ungerechtfertigter Bereicherung, entgegenhalten. Diese Verteidigung gegen den Absonderungsanspruch greift durch, ohne daß der Konkursverwalter die Sicherung anfechten oder sich im Wege der Einrede auf die Anfechtbarkeit nach § 32 a KO berufen muß (BGH, Urt. v. 19. Dezember 1994 – II ZR 10/94, ZIP 1995, 280, 282; Hachenburg/Ulmer, aaO §§ 32 a, 32 b Rdnr. 69; Jaeger/ Henckel, KO 9. Aufl. § 32 a Rdnr. 8; Scholz/K. Schmidt, aaO §§ 32 a, 32 b Rdnr. 56).

Es ist auch unschädlich, daß der Beklagte in den Tatsacheninstanzen dem geltend gemachten Anspruch nur unter Berufung auf sein Anfechtungsrecht entgegengetreten ist. Er hat die Tatsachen vorgetragen und bewiesen, aus denen sich ergibt, daß die Klägerin die Sicherungsabtretung allein für eine eigenkapitalersetzende Leistung erhalten hat. Aufgabe des Richters ist es, auf diesen feststehenden Sachverhalt das Gesetz anzuwenden.

2. Da schon in Anwendung des § 32 a Abs. 1 GmbHG das erstinstanzliche klageabweisende Urteil wiederherzustellen ist, braucht nicht abschließend entschieden zu werden, ob der Klageanspruch auch an der vom Beklagten gemäß §§ 41 Abs. 2, 32 a KO erhobenen Einrede scheitert.

Für eine Gläubigerbenachteiligung genügt jeder Eintritt eines mittelbaren Nachteils (BGHZ 105, 168, 187). Daher sind nicht – wie das Berufungsgericht gemeint hat – die wirtschaftlichen Folgen der Vereinbarung der Klägerin mit der Gemeinschuldnerin vom 4. Juni 1993 für die Masse mit den Ergebnissen zu vergleichen, die sich ergeben hätten, wenn der Beklagte von den Möglichkeiten sachgerecht Gebrauch gemacht hätte, die ihm ohne die von der Klägerin geleistete Finanzierung nach Eröffnung des Konkursverfahrens noch verblieben wären. Das Tatbestandsmerkmal erschließt sich vielmehr allein aus dem Sinn und Zweck der §§ 32 a GmbHG, 32 a KO, die eigenkapitalersetzende Leistung des Gesellschafters uneingeschränkt den Gläubigern zugute kommen zu lassen. Demzufolge ist eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung schon dann zu bejahen, wenn die gegen Gewährung der Sicherheit gewährte Leistung des Gesellschafters für die Masse wirtschaftlich ungünstiger ist als die Zuführung eines entsprechenden Betrages an Eigenkapital, mit anderen Worten, wenn die Masse ohne die dem Gesellschafter gewährte Sicherung reicher wäre (vgl. BGHZ 105, 168, 187). Dies ist im Streitfall zweifelsfrei zu bejahen; denn die Abtretung entzieht den Gläubigern einen Vermögenswert, der ihnen ungeschmälert zur Verfügung stände, wenn die Klägerin der Gemeinschuldnerin den für die Bezahlung des Kaufpreises benötigten Betrag von 253.360,65 DM als haftendes Eigenkapital überlassen hätte.

Da der streitige Betrag sich jedoch nicht in der Masse befindet, sondern hinterlegt ist, stellt sich die Frage, ob die Einrede zur Wahrung der Rechte aus §§ 29 ff KO genügte, oder der Beklagte dazu selbst hätte anfechten müssen. Letzteres hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher angenommen (BGHZ 59, 353, 356; 83, 158, 159 f). Ob dem uneingeschränkt zu folgen wäre, läßt der Senat offen.

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