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BGH, Urteil vom 20. Februar 1984 – II ZR 116/83

§ 242 BGB, § 49 GmbHG, § 53 GmbHG, § 54 GmbHG, § 241 AktG, § 242 Abs 2 AktG, § 249 AktG

Die Geltendmachung der NichtigkeitBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Geltendmachung der Nichtigkeit
Nichtigkeit
eines auf einem Einladungsmangel beruhenden eintragungspflichtigen GmbH-Beschlusses ist nur innerhalb von drei Jahren seit Eintragung zulässig (Festhaltung BGH, 1981-03-23, II ZR 27/80, BGHZ 80, 212). Bei Fristversäumung ist der Arglisteinwand grundsätzlich nicht möglich.

a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war Frau Martha J wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig, als sie dem Beklagten zu 1 die Generalvollmacht vom 17. April 1975 ausstellte; die Vollmacht war daher nichtig (§ 105 BGB). Infolgedessen war Frau J weder zur Gesellschafterversammlung vom 9. Dezember 1975 wirksam eingeladen noch in der Versammlung wirksam vertreten. Daraus ergibt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, nach dem entsprechend anzuwendenden § 241 Nr. 1 AktG die Nichtigkeit des satzungsändernden Beschlusses ohne Rücksicht darauf, daß der Beklagte zu 1 damals mit 76 % Kapitalbeteiligung über die satzungsändernde Mehrheit verfügte (BGHZ 36, 207, 211; 11, 231, 239).

Nach § 242 Abs. 2 AktG kann jedoch die auf einem Einladungsmangel beruhende Nichtigkeit nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Beschluß in das Handelsregister eingetragen ist und seitdem drei Jahre verstrichen sind. Diese Vorschrift ist auf die GmbH entsprechend anzuwenden (so BGHZ 80, 212 unter Abweichung von BGHZ 11, 231). Die vom Kläger beanstandete Satzungsänderung zu § 5 Abs. 1 Satz 2 ist am 6. Januar 1976 in das Handelsregister eingetragen worden. Bis heute hat der Kläger die Nichtigkeit des ihr zugrundeliegenden Gesellschafterbeschlusses vom 9. Dezember 1975 nicht zum Gegenstand einer Klage entsprechend § 249 AktG gemacht. Inzwischen ist die 3-Jahresfrist des § 242 Abs. 2 AktG längst abgelaufen, auch wenn man sie erst vom Eintritt des Klägers in die Gesellschaft an rechnen sollte. Sie ist dadurch, daß der Kläger die Nichtigkeit im Vorprozeß über die Abtretung seines Geschäftsanteils an die Beklagten einredeweise, also „auf andere Weise“ im Sinne von § 249 Abs. 1 Satz 2 AktG, geltend gemacht hat, nicht unterbrochen worden (so für die AG: BGHZ 33, 175, 176 f; für die GmbH: Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 6. Aufl., Anm. 67 m.w.N.). Von dieser Rechtslage eine Ausnahme für die personalistisch strukturierte GmbH zu machen, wie es die Revisionserwiderung vertritt, verbietet im Hinblick auf die dann auftretenden Abgrenzungsschwierigkeiten schon der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit.

Die damit eingetretene Heilung des Beschlusses muß sich der Kläger ohne Rücksicht darauf entgegenhalten lassen, daß er erst mit dem Tode der Vorerbin Frau J am 28. August 1976 Gesellschafter geworden ist. Denn von da an bis zu seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft aufgrund des Urteils vom 28. November 1978 hätte er genügend Zeit gehabt, noch vor Ablauf der 3-Jahresfrist die Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG zu erheben.

b) Trotz der hiernach eingetretenen Verbindlichkeit der Satzungsänderung meint das Berufungsgericht, die Beklagten müßten nach Treu und Glauben die Nichtigkeit des Beschlusses vom 9. Dezember 1975 im Verhältnis zum Kläger weiterhin gegen sich gelten lassen. Die Änderung der Abfindungsregelung betreffe ausschließlich die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander. Als die einzigen verbliebenen Gesellschafter der GmbH hätten die Beklagten den Vorteil daraus gezogen, daß der Kläger aufgrund von § 13 a des Gesellschaftsvertrages praktisch aus der GmbH ausgeschlossen worden sei. Schon wenige Monate nach dem Tode von Frau J – spätestens im Vorprozeß und dann auch im vorliegenden Rechtsstreit – hätten sie Kenntnis davon erlangt, daß der Kläger den beanstandeten Beschluß wegen Geschäftsunfähigkeit seiner Großmutter für nichtig hielt. Nachdem die Richtigkeit dieses Vorbringens bewiesen worden sei, liege in der Berufung der Beklagten auf § 242 Abs. 2 AktG eine unzulässige Rechtsausübung.

Diese Ausführungen sind rechtlich nicht haltbar. § 242 Abs. 2 AktG dient der Rechtssicherheit und -klarheit. So wie ein Urteil, das einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage stattgibt, mit der erweiterten Rechtskraftwirkung des § 248 AktG ausgestattet ist, wirkt umgekehrt auch die Heilung eines fehlerhaften Beschlusses für und gegen jedermann. Nach Fristablauf soll ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse eines Interessierten oder Betroffenen, innerhalb wie außerhalb der Gesellschaft, allgemein verläßlich feststehen, daß der Beschluß Bestand hat (BGHZ 80, 212, 216). Wie die Revision zutreffend ausführt, wäre der hierdurch gewährleistete, allein durch objektive Umstände begründete Vertrauensschutz weitgehend hinfällig, wenn es für einen Arglisteinwand gegenüber demjenigen, der sich auf den durch Fristablauf unangreifbar gewordenen Beschluß beruft, ausreichen könnte, daß jemand einen Nichtigkeitsgrund behauptet, nachdem er es versäumt hat, ihn in dem eigens dafür vorgesehenen Verfahren nach den §§ 246 ff AktG rechtzeitig geltend zu machen.

 

Schlagworte: Arglisteinwand, Beschlussmängelklage, Dreijahresfrist nach § 242 Abs. 2 AktG, Gesetzlicher Vertreter bei juristischer Person, Heilung von Mängeln des Beschlusses nach § 241 Nr. 1 Nr. 3 und Nr. 4 AktG analog, Heilung von Nichtigkeitsgründen nach § 242 AktG analog, Ladung eines geschäftsunfähigen Gesellschafters, Nichtige Vollmacht, Nichtigkeitsgründe, Nichtladung eines Gesellschafters, Stimmberechtigter Gesellschafter