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BGH, Urteil vom 21. 10. 1968 – II ZR 181/66

GmbHG §§ 16 Abs. 1, 47

Auch nach Veräußerung des Geschäftsanteils kann (nur) der Veräußerer die Anfechtungsklage gegen einen Gesellschafterbeschluß erheben, wenn der Erwerb nicht unter Nachweis des Übergangs der Gesellschaft angemeldet ist.

Entscheidungsgründe

I. Gegen die Klagebefugnis der Kläger bestehen keine Bedenken.

Die Kläger veräußerten 1962 ihre Geschäftsanteile. Das notariell beurkundete Angebot v. 13. 4. 1962 wurde am 19. 9. 1962 in gleicher Form angenommen. Die entsprechend dem Gesellschaftsvertrag vorbehaltenen Zustimmungserklärungen der übrigen Gesellschafter gingen den Veräußerern am 28. 9. 1962 zu. Die Klage in der vorliegenden Sache ist am 2. 10. 1962 zugestellt worden. Durch eingeschriebenen Brief v. 2. 10. 1962 teilte der Erwerber den Veräußerern die am 19. 9. 1962 beurkundete Annahme mit. Später stimmte noch die Beklagte der Veräußerung zu.

a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Abtretung der Geschäftsanteile sei zwar vor Eintritt der Rechtshängigkeit wirksam geworden. Es habe dafür nach § 152 BGB nicht des Zugangs der Annahmeerklärung, auch nicht der Zustimmung der Beklagten bedurft. Die Klagebefugnis der Kläger ergebe sich aber aus § 16 GmbHG. Da der Erwerb im Zeitpunkt der Klageerhebung bei der Beklagten noch nicht angemeldet gewesen sei, habe diese die Kläger als Gesellschafter gelten lassen müssen.

Das ist richtig. Nach § 16 Abs. 1 GmbHG gilt im Falle der Veräußerung eines Geschäftsanteils der Gesellschaft gegenüber nur derjenige als Erwerber, dessen Erwerb unter Nachweis des Übergangs bei der Gesellschaft angemeldet ist. Zutreffend wird aus dieser Vorschrift allgemein gefolgert, daß die Gesellschaft berechtigt und verpflichtet ist, den Veräußerer bis zur Anmeldung als Gesellschafter zu behandeln (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, LZ 30, LZ Jahr 1930 Seite 1125 = GmbHRdsch. 30, 749 und die Erläuterungswerke zum GmbHG, jeweils zu § 16, z.B. Schilling in Hachenburg, 6. Aufl., Anm. 9; Scholz, 4. Aufl., Anm. 4; Vogel, 2. Aufl., Anm. 1).

Die Revision meint demgegenüber, § 16 GmbHG diene nur dem Schutz der Gesellschaft, der es überlassen bleiben müsse, ob sie sich auf die Vorschrift berufen wolle. Es entspreche der allgemeinen Rechtspraxis, daß Vorschriften, die eine Legitimationswirkung an bestimmte Sachverhalte knüpfen, um den Gegner zu schützen, diesen zwar berechtigten, aber nicht verpflichteten, den Legitimierten als Inhaber des Rechts zu behandeln. Das gelte z.B. für Art. 16 WG und Art. 19 ScheckG.

Bereits der Ausgangspunkt der Revision trifft nicht zu. § 16 Abs. 1 GmbHG bestimmt in Form der Fiktion, wer gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter zu gelten hat. Die Vorschrift dient nicht nur dem Schutz der Gesellschaft, sondern räumt dem Veräußerer und (oder) dem Erwerber die Möglichkeit ein, mit Wirkung gegenüber der Gesellschaft den Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels zu bestimmen. Es können z.B. beachtliche Gründe vorliegen, dem seinen Geschäftsanteil veräußernden Gesellschafter dadurch, daß er den Übergang des Geschäftsanteils noch nicht anmeldet, seine Gesellschafterstellung gegenüber der Gesellschaft noch aufrechtzuerhalten, etwa um ihm den Gewinnanspruch für einen gewissen Zeitraum zu belassen und ihm die Möglichkeit zu geben, auf die Höhe dieses Anspruchs durch Ausübung seines Stimmrechts Einfluß zu nehmen. Der Gesellschaft kann nicht gestattet werden, in eine solche zwischen Veräußerer und Erwerber getroffene und von Wortlaut und Sinn des Gesetzes gedeckte Regelung nach Belieben einzugreifen. Der Übergang ist der Gesellschaft gegenüber als nicht maßgebend fingiert (BGH, NJW 60, NJW Jahr 1960 Seite 628). Einer Anfechtungsklage des Erwerbers vor Anmeldung stände der nach § 16 Abs. 1 GmbHG begründete Einwand der mangelnden Aktivlegitimation entgegen. Die Ansicht der Revision würde zu dem unmöglichen Ergebnis führen, daß nach Abtretung, aber vor Anmeldung weder Veräußerer noch Erwerber zur Anfechtung legitimiert wären. Die von der Revision herangezogenen Legitimationsvorschriften des WG und des ScheckG besagen in diesem Zusammenhang nichts. Dort ist jedenfalls nicht bestimmt, daß nur an den Inhaber des Papiers geleistet werden dürfe.

b) Die Kläger durften ihre Klageanträge weiter verfolgen, nachdem sie auch mit Wirkung gegenüber der Beklagten aus der Gesellschaft ausgeschieden waren. Wie das Berufungsgericht festgestellt hat, haben sich die Kläger gegenüber dem Anteilserwerber die wirtschaftlichen Vorteile ihrer bisherigen Anteilsrechte aus der Zeit vor dem 1. 1. 1962 vorbehalten. Das reicht aus, um die Befugnis zur Fortsetzung des Rechtsstreits zu bejahen (BGHZ 43, BGHZ Band 43 Seite 261 = NJW 65, NJW Jahr 1965 Seite 1378).

Schlagworte: Aktivlegitimation des Gesellschafters, Ausschluss- oder Einziehungsbeschluss, Gesellschafterliste bei Ausschlussvorgängen, Gesellschafterliste bei Übertragungsvorgängen, Zeitpunkt der Klageerhebung, Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, ZPO § 265 Abs. 2