Einträge nach Montat filtern

BGH, Urteil vom 21. März 1994 – II ZR 260/92

§ 43 GmbHG

Ein Schadensersatzanspruch nach § 43 Abs. 2 GmbHG setzt voraus, daß der Gesellschaft infolge eines pflichtwidrigen Verhaltens des Geschäftsführers ein Schaden entstanden ist. Das Berufungsgericht sieht den Pflichtverstoß des Beklagten darin, daß er die von der B. vereinnahmten Baugelder nicht entsprechend den Vorschriften des Gesetzes zur Sicherung von Bauforderungen (GSB) zur Begleichung der Werklohnforderung der Klägerin verwandt habe. Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe in tatsächlicher Hinsicht schon nicht einwandfrei festgestellt, daß die Geldmittel in jenem Sinne zweckwidrig verwandt worden seien und daß ein solcher Verstoß in die Zeit falle, in der der Beklagte Geschäftsführer gewesen sei. Ob dieser Angriff gegen das Berufungsurteil begründet ist, mag auf sich beruhen. Das Berufungsgericht hätte jedenfalls nicht – darin hat die Revision recht – die zweckwidrige Verwendung der Baugelder mit einer Schädigung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Schädigung der Gesellschaft
gleichsetzen dürfen. Wird Baugeld nicht zur Bezahlung der beteiligten Bauhandwerker, sondern, wie im vorliegenden Fall die Klägerin behauptet hat, „für baufremde Ausgaben“, also für andere Gesellschaftszwecke eingesetzt, so entsteht dadurch zwar möglicherweise den Bauunternehmern, nicht aber ohne weiteres der Gesellschaft ein Schaden. An einem solchen fehlt es insbesondere dann, wenn mit dem Geld andere Gesellschaftsschulden beglichen oder – gleichwertige – Vermögensgegenstände für die Gesellschaft angeschafft werden. Die Klägerin hat allerdings in den Tatsacheninstanzen auch behauptet, der Beklagte habe die Gelder für seine eigenen Zwecke aus dem Gesellschaftsvermögen entnommen. Eine diesem Vorbringen entsprechende Feststellung hat das Berufungsgericht jedoch nicht getroffen. Sie wäre zur Begründung einer Schadensersatzverpflichtung des Beklagten jedenfalls erforderlich gewesen und ist nicht deswegen entbehrlich, weil es, wie das Berufungsgericht möglicherweise angenommen hat, Sache des Beklagten gewesen wäre, die Verwendung der Gelder im Gesellschaftsinteresse darzulegen und zu beweisen. Vielmehr muß die Gesellschaft nachweisen, daß ihr infolge eines pflichtwidrigen Verhaltens ihres Geschäftsführers ein Schaden entstanden ist (Sen.Urt. v. 9. Dezember 1991 – II ZR 43/91, WM 1992, 223, 224). Der Senat hat allerdings zugunsten der Gesellschaft Beweiserleichterungen in Fällen zugelassen, in denen der Verbleib von Vermögenswerten der Gesellschaft aus Gründen nicht aufzuklären war, die in den Verantwortungsbereich des Geschäftsführers fielen, wie insbesondere bei Warenvorratsfehlbeständen, Kassenfehlbeträgen oder infolge nicht ordnungsmäßiger Buchführung ungeklärtem Verbleib von Gesellschaftsmitteln (Sen.Urt. v. 26. November 1990 – II ZR 223/89, ZIP 1991, 159, 160 m.w.N.). Ein derartiger Sachverhalt ist hier aber weder festgestellt noch von der Klägerin vorgetragen. Wenn auf Seite 24 des Berufungsurteils von „Fehlbuchungen“ die Rede ist, die dem Beklagten als Geschäftsführer zuzurechnen seien, so handelt es sich dabei um einen offensichtlich falschen Ausdruck; wie der Verweis auf Seite 19 des Schriftsatzes der Klägerin vom 29. Januar 1992 zeigt, waren damit „Fehlleistungen“, also allgemein ein pflichtwidriges Verhalten des Beklagten gemeint. Daß die      Geldein-      und -ausgänge bei der B. nicht ordnungsgemäß verbucht worden wären, hat die Klägerin nicht behauptet.

Unabhängig von den vorstehenden, durch die Ausführungen des Berufungsgerichts veranlaßten Erwägungen steht einem Schadensersatzanspruch der Gesellschaft auch entgegen, daß der Beklagte in der Zeit seiner Geschäftsführertätigkeit Alleingesellschafter der B. war. Der Geschäftsführer, der gleichzeitig alleiniger Gesellschafter ist, haftet, wenn er der Gesellschaft Vermögen entzieht, das zur Deckung des Stammkapitals nicht benötigt wird, grundsätzlich nicht nach § 43 Abs. 2 GmbHG (BGHZ 119, 257, 261; Sen.Urt. v. 10. Mai 1993 – II ZR 74/92, ZIP 1993, 917 m.w.N.). Daß der Beklagte gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften verstoßen hätte, ist in tatsächlicher Hinsicht weder festgestellt noch hat es die Klägerin in einer ordnungsmäßigem Vorbringen entsprechenden Weise vorgetragen (vgl. dazu auch unten 2 b). In Anbetracht des Prozeßstoffs besteht auch kein Anlaß zur Erörterung der Frage, ob unter besonderen Umständen, insbesondere bei Existenzgefährdung der Gesellschaft, auch der Alleingesellschafter für Schäden einzustehen hat, die die Gesellschaft durch die Beeinträchtigung ihres nicht zur Erhaltung des Stammkapitals benötigten Vermögens erleidet (vgl. Sen.Urt. v. 10. Mai 1993 aaO S. 917).

Schlagworte: Alleingesellschafter, Baugeld, Darlegungs- und Beweislast, Haftung nach § 43 GmbHG, Haftung wegen Verletzung der Sicherung der Bauforderungen gemäß § 1 Abs. 1 BauFordSiG, Innenhaftung, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Treuepflicht, Verletzung von Schutzgesetzen nach § 823 Abs. 2 BGB