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BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 – II ZR 1/11

BGB §§ 312, 355

a) Nach § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB steht einem Verbraucher, der im Bereich einer Privatwohnung zum Abschluss eines Vertrages bestimmt worden ist, ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Diese Vorschriften finden auf Verträge über den Bei-tritt zu einer Gesellschaft, die wie die Klägerin der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigten (Urteil vom 15. April 2010 – C 215/08, ZIP 2010, 772) ständigen Rechtsprechung des Senats Anwendung (siehe hierzu nur BGH, Urteil vom 12. Juli 2010 – II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rn. 12 – FRIZ II).

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats führt der Widerruf der Beitrittserklärung zur Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
fehlerhafte Gesellschaft
Gesellschaft
und zur Ermittlung des Wertes des Gesellschaftsanteils des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters im Zeitpunkt seines Ausscheidens (siehe nur BGH, Urteil vom 2. Juli 2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201, 207 f.; Urteil vom 12. Juli 2010 – II ZR 492/06, BGHZ 186, 167 Rn. 11 f. – FRIZ II; Urteil vom 17. Mai 2011 – II ZR 285/09, ZIP 2011, 1359 Rn. 14; 17). Der Gesellschafter scheidet mit Zugang des Widerrufs bei der Gesellschaft mit Wirkung “ex nunc” aus dieser aus mit (u.a.) der Folge, dass der Gesellschafter zur Zahlung rückständiger, noch nicht erbrachter (Einlage-)Leistungen an die Gesellschaft verpflichtet bleibt (st. Rspr., siehe nur BGH, Beschluss vom 5. Mai 2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rn. 9 m. w. N. – FRIZ I). Diesen Anspruch kann die Gesellschaft jedoch nicht mehr isoliert geltend machen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unterliegen sowohl die Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft als auch diejenigen der Gesellschaft gegen die Gesellschafter zum Stichtag des Ausscheidens einer Durchsetzungssperre; die gegenseitigen Ansprüche werden zu unselbständigen Rechnungsposten der Auseinandersetzungsrechnung (siehe nur BGH, Urteil vom 15. Mai 2000 – II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208 f.; Urteil vom 2. Juli 2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201, 207 f.; Urteil vom 12. Juli 2010 – II ZR 492/06, BGHZ 186, 167 Rn. 12 – FRIZ II; Urteil vom 17. Mai 2011 – II ZR 285/09, ZIP 2011, 1359 Rn. 14, 17).

c) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats enthält eine Klage, die unter Verkennung der Durchsetzungssperre auf Zahlung gerichtet ist, ohne weiteres ein Feststellungsbegehren, das darauf gerichtet ist, dass die entsprechende Forderung in die Auseinandersetzungsrechnung eingestellt wird; eines entsprechenden (ausdrücklichen) Hilfsantrags der klagenden Partei bedarf es nicht (siehe nur BGH, Urteil vom 9. März 1992 – II ZR 195/90, NJW 1992, 2757, 2758; Urteil vom 15. Mai 2000 – II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208, 1210; Urteil vom 18. März 2002 – II ZR 103/01, NZG 2002, 519).

d) Es ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich erforderlich, dass der Anleger der Gesellschaft gegenüber unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er sich für die Zukunft nicht mehr an seine Beitrittserklärung gebunden fühlt und mit sofortiger Wirkung aus der Gesellschaft Ausscheiden möchte (vgl. BGH, Urteil vom 2. Mai 2007 – XII ZR 109/04, ZIP 2007, 1373 Rn. 28; Münch KommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 355 Rn. 41, jeweils m. w. N.). Eine Begründung für das Ausscheiden ist nach § 355 Abs. 1 BGB nicht erforderlich. Es ist unschädlich, wenn der Gesellschafter lediglich die Kündigung erklärt und nicht ausdrücklich das Wort Widerruf verwendet hat.

Schlagworte: Auseinandersetzung, Auseinandersetzungsbilanz, Beitritt, Durchsetzungssperre, fehlerhafte Gesellschaft, Haustürwiderrufsgesetz, Publikumsgesellschaft, Publikumspersonengesellschaft, unselbständiger Rechnungsposten, Widerruf