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BGH, Urteil vom 23. November 1988 – VIII ZR 262/87

GmbHG § 15; BGB §§ 139, 158

a) Grundsätzlich führt die Formnichtigkeit des Kaufvertrags nicht über § 139 BGB auch zur Nichtigkeit der Übertragung (zur Heilung durch den in derselben Urkunde enthaltenen Abtretungsvertrag vgl. Scholz/Winter, GmbHG, 7. Aufl., § 15 Rn. 74).

b) Die Heilungsvorschrift des § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG infolge der Abtretung der Geschäftsanteile bewirkt nur die Heilung der Formnichtigkeit, lässt jedoch eine aufschiebende Bedingung des Verpflichtungsgeschäfts unberührt.

c) Die Heilung des Verpflichtungsgeschäfts tritt nur bei wirksamer Abtretung ein (vgl. Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 15. Aufl., § 15 Rn. 35 m. w. N.). Erfolgt die Abtretung unter aufschiebenden Bedingungen, wogegen aus Rechtsgründen keine Bedenken bestehen, so tritt eine Heilung des Verpflichtungsgeschäfts erst ein, wenn die Bedingungen erfüllt sind. Fällt auch nur eine Bedingung aus, so kommt die Heilung des schuldrechtlichen Geschäfts nicht mehr in Betracht.

d) Nach Auffassung des Senats ist die Möglichkeit eines formfreien Verzichts auf die der Abtretung beigefügte Bedingung anzuerkennen, weil darin keine der Form des § 15 GmbHG unterliegende Vertragsänderung zu sehen ist und unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit der Nachweis eines Verzichts in der Regel keine größeren Schwierigkeiten bereiten wird als der Nachweis des Eintritts der Bedingung. Für die Übereignung beweglicher Sachen hat der Bundesgerichtshof bejaht, dass der bei der Übereignung vereinbarte Eigentumsvorbehalt durch einseitige Erklärung aufgegeben werden kann (Senatsurteil vom 20. Mai 1958 – VIII ZR 329/56). Mit einem solchen einseitigen Verfügungsgeschäft komme die Bedingung in Fortfall, die dem dinglichen Rechtsgeschäft, nämlich der Einigung über den Eigentumsübergang im Sinne des § 929 BGB anhaftete. Beim Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt kann es allerdings keinen Zweifel geben, dass der Vorbehalt im Interesse des bisherigen Eigentümers besteht und nur er als Begünstigter zum Verzicht befugt ist. Bei der Abtretung eines Geschäftsanteils kann die Bedingung hingegen sowohl dem Interesse des Erwerbers als des Veräußerers dienen.

e) Nach dem Senatsurteil vom 20. Mai 1958 (aaO) kann der Verzicht einseitig erklärt werden, die Erklärung bedarf auch keiner Annahme, es genügt „die Kundgabe einer hierauf gerichteten Erklärung des Verkäufers gegenüber dem Käufer“.

f) Soll der unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossene Verpflichtungsvertrag zur Abtretung eines Geschäftsanteils unabhängig vom Eintritt der Bedingung wirksam werden (Wegfall der Bedingung), erfordert dies eine Vertragsänderung, die grundsätzlich dem Formzwang des § 15 Abs. 4 GmbHG unterliegt. Dem Beurkundungszwang unterliegen alle Vereinbarungen, die nach dem Willen der Vertragsparteien zu dem schuldrechtlichen Veräußerungsgeschäft gehören (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1969 – II ZR 71/68, WM 1969, 1257; Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 15. Aufl., § 15 Rn. 29). Zum schuldrechtlichen Veräußerungsgeschäft gehört nicht nur die Schaffung von Bedingungen, sondern auch ihr Wegfall, weil durch den Wegfall der Bedingungen eine stärkere Bindung an den noch nicht vollzogenen Kauf eintritt (s. zu § 313 BGB Urteil des BGH vom 8. April 1988 – V ZR 260/86, WM 1988, 1026, 1027 unter II. 1, vgl. auch Senatsurteil vom 21. April 1959 – VIII ZR 71/58, WM 1959, 689).

g) Der Bundesgerichtshof hat zwar entschieden, dass die fehlerhafte Übertragung von GeschäftsanteilenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Übertragung
Übertragung von Geschäftsanteilen
an einer GmbH – jedenfalls bei Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung und bei sittenwidriger Übervorteilung – nicht rückwirkend beseitigt werden könne (Urteil vom 13. März 1975 – II ZR 154/73, WM 1975, 512, 513 f. unter I. 1, dazu kritisch m.w.N. Scholz/Winter, GmbHG, 7. Aufl., § 15 Rdn. 109; offengelassen im Urteil vom 29. Juni 1987 – II ZR 198/86, WM 1987, 1207, 1208). Eine Übertragung dieser Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die Formnichtigkeit (grundsätzlich bejahend Wiesner, NJW 1984, 95, 97 f.) verbietet sich jedoch dann, wenn die Wirksamkeit des Vertrags auch bei Wahrung der Form noch vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingungen abhängt, es also unter diesem Gesichtspunkt am gesellschaftsrechtlichen Vollzug gefehlt hat; die Nichtigkeit des Kaufvertrags und damit der in ihm vereinbarten Bedingungen kann aber nicht zur rechtlichen Anerkennung von vollendeten Tatsachen führen, die durch die vertragliche Regelung gerade verhindert werden sollten.

h) Die (stillschweigende) Genehmigung der Abtretung durch die Nichtberechtigten bedarf die nach §§ 185 Abs. 2, 182 Abs. 2 BGB nicht der für die Abtretung bestimmten Form.

Schlagworte: Abtretung, Bedingung, Beurkundung, Erfordernis der notariellen Form, fehlerhafte Gesellschaft, Geltungsbereich, Geschäftsanteil, Heilung, Nichtigkeitsgründe, Notar, Verzicht