Der Geschäftsführer einer GmbH hat in allen Angelegenheiten, die das Interesse der Gesellschaft berühren, allein deren und nicht den eigenen Vorteil zu suchen; das gilt grundsätzlich auch, wenn er privat Kenntnis von einer Geschäftschance erlangt, deren Ausnutzung ihm wirtschaftlich erlauben würde, sich selbständig zu machen.
Nach § 43 Abs. 1 GmbHG hatte der Beklagte als Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Klägerin die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu wahren und in diesem Rahmen die Pflicht, in allen Angelegenheiten, die das Interesse der Klägerin berührten, allein deren Wohl und nicht seinen eigenen Nutzen oder den Vorteil anderer im Auge zu haben (vgl. Sen.Urt. v. 8.5.1967 – II ZR 126/65, LM BGB § 626Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
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BGB § 626
Nr. 14; v. 10.2.1977 – II ZR 79/75, LM GmbHG, § 46 Nr. 17; v. 21.2.1983 – II ZR 183/82, WM 1983, 498, 499). Für den Gegenstand des von der Klägerin betriebenen Unternehmens, die Herstellung und den Vertrieb von kolbenstangenlosen Druckmittelzylindern, war das von K erfundene Dichtungssystem nicht nur insofern vorteilhaft, als es der Klägerin erlaubt hätte, die Zylinder kostengünstiger herzustellen und damit ihre Lage gegenüber ihren bisherigen Wettbewerbern zu verbessern; die Klägerin hätte, wenn sie K an sich gebunden hätte, zugleich verhindert, daß dessen kostengünstigeres Dichtungssystem in Konkurrenz zu ihrem eigenen, mit höheren Herstellungskosten belasteten System trat. Der Beklagte hätte sich daher schon kraft Gesetzes und unabhängig von der aus seinem Anstellungsvertrage ausdrücklich folgenden Verpflichtung, die technische Entwicklung auf den für die Klägerin interessanten Märkten zu beobachten, mit der für einen Geschäftsführer gebotenen Sorgfalt darum bemühen müssen, das Geschäft zwischen der Klägerin und K zustande zu bringen.
Die Pflichtwidrigkeit des Beklagten, die Geschäftschance für die Klägerin nicht genutzt und die Konkurrenz nicht verhindert zu haben, ist auch nicht deshalb gerechtfertigt oder von vornherein nicht als solche zu werten, weil der Beklagte K Erfindung nicht schon während der Dauer seines aus dem Anstellungsverhältnis zur Klägerin folgenden Wettbewerbsverbots, sondern erst nach dessen Ablauf für sich ausnutzen wollte. Zwar war dem Beklagten unter diesen Voraussetzungen die eigennützige Auswertung der Erfindung nicht auch unter dem Gesichtspunkt verboten, daß er im Geschäftsbereich der Klägerin keine Geschäfte für eigene Rechnung machen durfte (vgl. BGHZ 49, 30, 31; Sen.Urt. v. 26.10.1964 – II ZR 127/62, WM 1964, 1320, 1321; v. 24.11.1975 – II ZR 104/73, LM BGB § 626Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Nr. 18). Seine während der Amtszeit bestehende Verpflichtung, die ihm anvertrauten Belange der Klägerin ohne Rücksicht auf ein persönliches Geschäftsinteresse zu fördern, blieb aber dadurch unberührt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ändert daran auch das Interesse des Geschäftsführers nichts, seine Stellung aufzugeben und sich selbständig zu machen. Der Geschäftsführer ist rechtlich nicht gehindert, sein Dienstverhältnis zu kündigen und sich einen anderen beruflichen Wirkungskreis zu suchen; er darf diesen Wechsel nur nicht unter Mitnahme einer Geschäftschance vollziehen, die für die GmbH zu nutzen, er als deren Geschäftsführer verpflichtet ist. Dabei ist es unerheblich, ob diese Geschäftschance dienstlich oder privat an den Geschäftsführer herangetragen wurde. Die Pflicht des Geschäftsführers, in allen die Gesellschaft berührenden Angelegenheiten allein deren und nicht den eigenen Nutzen im Auge zu haben, schließt eine unterschiedliche Behandlung einzelner Geschäftschancen der Gesellschaft und damit die vom Berufungsgericht angestellte Abwägung der Interessen zugunsten einer wirtschaftlichen Selbständigkeit des Geschäftsführers durch Ausnutzung einer Chance aus, von der er privat Kenntnis erlangt hat.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind Ersatzansprüche, die der Klägerin aus der Pflichtverletzung des Beklagten erwachsen sind, nicht von dem Verzicht erfaßt worden, den die Klägerin am 30. September 1981 erklärt hat. Das Berufungsgericht (BU, S. 19) hat in anderem Zusammenhang diese Erklärung ohne Rechtsfehler dahin ausgelegt, daß die Klägerin nicht auf Ersatzansprüche verzichten wollte, die aus vorsätzlichen Vertragsverletzungen entstanden sind (vgl. Sen.Urt. v. 24.3.1960 – II ZR 175/59, WM 1960, 805, 806 unter III; BGH, Urt. v. 20.12.1983 – VI ZR 19/82, LM BGB § 133Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
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(B) Nr. 23). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben; denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte die Chance für die Klägerin vorsätzlich nicht genutzt, um sie später für eigene Rechnung nutzen zu können. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind lediglich insofern rechtsfehlerhaft, als das Berufungsgericht von einem umfassenderen Verzichtswillen ausgeht und davon nur solche Ersatzansprüche ausnimmt, die auf einer groben vorsätzlichen Pflichtverletzung beruhen (BU, S. 22, 24); eine vorsätzliche PflichtverletzungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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genügt.
Schlagworte: Geschäftschancenlehre, Geschäftsführer, Haftung nach § 43 GmbHG, Haftungsbeschränkung und Entlastung, Nachvertraglich, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns, Verzicht, Während der Amtszeit, Wettbewerbsverbot