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BGH, Urteil vom 24. Mai 2012 – IX ZR 168/11

a) Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 BGB wird die Verjährung durch die Erhebung einer Leistungsklage gehemmt. Dem liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass der Gläubiger durch aktives Betreiben seines Anspruchs seinen Rechtsverfolgungswillen so deutlich macht, dass der Schuldner gewarnt wird und sich auf eine Inanspruchnahme auch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist einstellen muss (BGH, Urteil vom 26. März 1981 – VII ZR 160/80, BGHZ 80, 222, 226; vom 5. Mai 1988 – VII ZR 119/87, BGHZ 104, 268, 273; vom 20. November 1997 – IX ZR 136/97, BGHZ 137, 193, 198).

b) Nur die wirksam erhobene Leistungsklage ist geeignet, die Verjährung zu hemmen, weil die unwirksame Klage, die insbesondere den Mindestanforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO nicht entspricht, nicht als Klage im Sinne des Gesetzes angesehen werden kann. Im Gegensatz dazu löst eine wirksame wenn auch mit Fehlern behaftete Klageschrift die Hemmung aus, gleich ob sie unzulässig oder unbegründet ist (BGH, Urteile vom 26. März 1981 und vom 5. Mai 1988, aaO; MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 21 ff, Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 204 Rn. 3). Denn auch eine unzulässige oder unschlüssige Klage macht für den Schuldner den Rechtsverfolgungswillen des Gläubigers deutlich.

c) Eine Klage, welche die Geltendmachung des Anspruchs nur vorbereitet, hemmt hingegen die Verjährung dieses Anspruchs nicht, insbesondere auch nicht eine Klage, deren Ziel sich in der Erteilung der Auskunft und gegebenenfalls Rechnungslegung erschöpft (MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 11; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 204 Rn. 2).

d) Diese Grundsätze gelten auch für die in einer Stufenklage nach § 254 ZPO zusammengefassten Klagen, bei welcher der Kläger vorläufig seiner prozessualen Pflicht enthoben ist, den Leistungsantrag zu beziffern. Dabei handelt es sich um einen Sonderfall der objektiven Klagehäufung (BGH, Urteil vom 26. Mai 1994 – IX ZR 39/93, NJW 1994, 3102, 3103, insoweit nicht bei BGHZ 126, 138 abgedruckt; vom 2. März 2000 – III ZR 65/99, NJW 2000, 1645, 1646).

e) Werden bei der Stufenklage die Ansprüche auf Rechnungslegung, Vorlage eines Vermögensverzeichnisses oder Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung mit dem Anspruch auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis schuldet, kann die bestimmte Angabe der geforderten Leistung vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche VersicherungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Versicherung
abgegeben ist.

f) Wird eine Stufenklage (§ 254 ZPO) erhoben, bei welcher sich der Kläger die Angabe der Leistungen, die er beansprucht, vorbehält, erfasst die Hemmung der VerjährungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Hemmung der Verjährung
Verjährung
gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 BGB den geltend gemachten unbezifferten Anspruch auf Leistung in jeder Höhe (zur Unterbrechung der Verjährung nach altem Recht vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1995 – XII ZR 24/94, FamRZ 1995, 797, 798).

g) Die Besonderheit der Stufenklage liegt darin, dass der vorgeschaltete Auskunftsantrag keine selbständige Bedeutung hat, sondern nur ein Hilfsmittel zur Bezifferung des eigentlichen Klageziels, des Zahlungsantrages, ist (BGH, Urteil vom 5. Mai 1999 – XII ZR 184/97, BGHZ 141, 307, 317; vom 2. März 2000, aaO). Durch die Zustellung der Stufenklage wird sofort der in dritter Stufe erhobene, noch nicht bezifferte Zahlungsanspruch rechtshängig (BGH, Beschluss vom 13. April 1988 – IVb ARZ 13/88, BGHR ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 2 Stufenklage 1; Urteil vom 8. Februar 1995 – XII ZR 24/94, FamRZ 1995, 797 f).

h) Ein Rechtsschutzbegehren als Stufenklage im Sinne von § 254 ZPO ist jedoch unzulässig, wenn der Kläger mit der in erster Stufe erhobenen Auskunftsklage nicht die Bezifferbarkeit des erhobenen Leistungsanspruchs erreichen will, sondern die Auskunft etwa benötigt, um beurteilen zu können, ob überhaupt ein Schadensersatzanspruch besteht. In diesem Falle ist dann die unbezifferte Leistungsklage wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitserfordernis unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2000, aaO).

i) Da auch die unzulässige Klage die Verjährung für den geltend gemachten Anspruch unterbricht, wenn die Klageerhebung keine Mängel aufweist, die ihre Wirksamkeit beeinträchtigten, wird die Verjährung erst Recht durch eine Klage unterbrochen, mit der ein Anspruch geltend gemacht werde, der nach der für ihn gegebenen Begründung unbegründet ist. Die Angabe eines falschen Auskunftsstichtages macht lediglich den Auskunftsanspruch unbegründet, die Leistungsklage ist weiterhin bestimmt (vgl. MünchKomm-BGB/Koch, 5. Aufl., § 1378 Rn. 29; Bamberger/ Roth/J. Mayer, BGB, 3. Aufl., § 1378 Rn. 24; jurisPK-BGB/Lakkis, 5. Aufl., § 204 BGB Rn. 7; Büte, Zugewinnausgleich in der Ehescheidung, 4. Aufl., Rn. 266; Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Schei-dung, 5. Aufl., Rn. 497; Kogel, Strategien beim Zugewinnausgleich, 3. Aufl., Rn. 924; Krause, Zugewinnausgleich in der Praxis, Rn. 533, 555; Jaeger, FPR 2007, 185, 189; Ludwig, FamRZ 1997, 421 f).

j) Bei einer Stufenklage endet die Hemmung der VerjährungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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nicht schon damit, dass dem Auskunftsanspruch in der ersten Stufe rechtskräftig stattgegeben wird. Denn solange der Kläger die zur Bezifferung seines Leistungsanspruchs erforderlichen Hilfsansprüche in der Vollstreckung durchsetzt, liegt ein Stillstand des Verfahrens nicht vor.

k) Die Unterbrechung der Verjährung endete nach altem Verjährungsrecht erst, wenn der Zahlungsanspruch nach Erfüllung der seiner Vorbereitung dienenden Hilfsansprüche nicht beziffert wurde (BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 – IV ZR 183/91, NJW 1992, 2563; vom 27. Januar 1999 – XII ZR 113/97, NJW 1999, 1101 f; vom 22. März 2006 – IV ZR 93/05, FamRZ 2006, 862, 864). Für das Ende der Hemmung nach neuem Recht kann nichts Anderes gelten.

l) Die prozessuale Selbständigkeit der im Wege der Stufenklage geltend gemachten Ansprüche bedingt, dass über jeden in der vorgegebenen Reihenfolge im Wege der abgesonderten Antragstellung durch Teil- oder Schlussurteil zu befinden ist, weil das frühere Teilurteil für die spätere Entscheidung vorgreiflich ist.

m) Nach rechtskräftigem Erlass eines Auskunftsurteils kann das Verfahren nur auf Parteiantrag fortgesetzt werden. Keinesfalls wird der Fortsetzungstermin von Amts wegen bestimmt (vgl. Hk-ZPO/Saenger, 4. Aufl., § 254 Rn. 13; Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl., § 254 Rn. 4; Prütting/Gehrlein/Geißler, ZPO, 4. Aufl., § 254 Rn. 12; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 254 Rn. 30; § 216 Rn. 3; Wieczorek/ Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 254 Rn. 48; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 254 Rn. 11; aA MünchKomm-ZPO/Becker-Eberhard, 3. Aufl., § 254 Rn. 23).

n) Erst nach Rechtskraft des Teilurteils ist eine Verhandlung und Entscheidung über die nächste Stufe zulässig (BGH, Urteil vom 28. November 2001 – VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042, 1044).

o) Die auf eine Stufenklage gemäß § 254 ZPO ergehende, zur Auskunft verurteilende Entscheidung erwächst weder nach § 322 ZPO in materieller Rechtskraft noch bindet sie das Gericht im Sinne von § 318 ZPO, soweit in ihr bereits der Rechtsgrund des Hauptsacheanspruchs bejaht wird. Es widerspräche dem Wesen der Rechtskraft, wenn man ihre Wirkung über die im Teilurteil unmittelbar ausgesprochene Rechtsfolge – Zuerkennung eines Anspruchs auf Auskunftserteilung – hinausgreifen ließe und auch das zugrundeliegende Rechtsverhältnis – Bestehen des Hauptanspruchs – mit einbezöge (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1969 – V ZR 114/66, WM 1970, 405, 406; vom 12. Mai 1975 – II ZR 18/74, WM 1975, 1086, 1087). Deswegen darf das Gericht auf der dritten Stufe in Abweichung von seinem im Auskunftsurteil eingenommenen Standpunkt die Zahlungsklage abweisen (OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Düsseldorf
, OLGR 1992, 75; OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Karlsruhe
, MDR 1992, 804), etwa weil es die Verjährungsfrage anders als im Teilurteil beantwortet (BGH, Urteil vom 26. April 1989 – IVb ZR 48/88, BGHZ 107, 236, 242 f).

p) Ein Kläger kann jederzeit von der Auskunftsklage Abstand nehmen und zur Leistungsklage übergehen (BGH, Urteil vom 15. November 2000 – IV ZR 274/99, NJW 2001, 833). Er ist nicht darauf beschränkt, lediglich den Betrag zu fordern, der sich aus der verlangten Auskunft ergibt, sondern behält die volle Dispositionsfreiheit, wie er den Leistungsanspruch errechnen und beziffern will (BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 – IV ZR 183/91, NJW 1992, 2563).

Schlagworte: Auskunfts-/Einsichts-/Informations-/Kontrollrechte, Hemmung, Stufenklage, Verjährung