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BGH, Urteil vom 24. Oktober 2011 − KZR 7/10

GWB § 20 Abs. 1; BGB § 242Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
BGB
BGB § 242

Eine nach GWB § 20 Absatz 1 verbotene Diskriminierung liegt nur vor, wenn sich die beanstandete Ungleichbehandlung nachteilig auf die Wettbewerbsposition des anspruchstellenden Unternehmens auswirkt.

a) Die Kl. kann ihren Hauptantrag auch nicht auf § 20 Abs. 1 GWB stützen. § 20 Abs. 1 GWB käme von vornherein nicht als Anspruchsgrundlage in Betracht, wenn der von der Kl. hauptsächlich verfolgte ausschließliche Belieferungsanspruch auf die Aufrechterhaltung eines kartellrechtlich unzulässigen Gebietsmonopols gerichtet wäre. Denn ein kartellrechtlich unzulässiges Verhalten verdient im Rahmen des § 20 Abs. 1 GWB keinen Schutz. Bei der gebietsbezogenen Alleinauslieferung, die Grundlage des Grosso-Systems ist, handelt es sich um eine Wettbewerbsbeschränkung, die nur zulässig ist, wenn sie die Freistellungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 2 GWB erfüllt. Es bedarf im Streitfall aber keiner Entscheidung, ob das System des Presse-Grosso nach § 2 Abs.1 GWB freigestellt ist. Denn selbst wenn die Freistellung zu Gunsten der Kl. unterstellt wird, scheidet ein Anspruch nach § 20 Abs. 1 GWB bereits aus anderen Gründen aus.

Die Bekl. ist allerdings Normadressat des § 20 Abs. 1 GWB. Als Tochtergesellschaft der Bauer Media Group, deren Verlage die Preise ihrer Zeitschriften binden, ist auch die Bekl. als preisbindendes Unternehmen i. S. von § 30 Abs. 1 GWB anzusehen. Die Kl. kann sich, auch wenn sie selbst in das Preisbindungssystem der Bekl. einbezogen war, auf diese Normadressateneigenschaft berufen (vgl. BGH, NJW1968, NJW Jahr 1968 Seite 400 = WuW/E BGH 886 [888] – Jägermeister; BKartA, WuW/E BKartA 1441 [1442] – Bürsten). Die Kl. begehrt Zugang zu einem gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr. Maßgeblicher Geschäftsverkehr im Sinne dieses Tatbestandsmerkmals, das nach ständiger Rechtsprechung nur einer verhältnismäßig groben Sichtung dient (BGH, NJW-RR2007, NJW-RR Jahr 2007 Seite 1113 = WuW/E DE-R 1983 Rdnr. 11 – Autoruf-Genossenschaft II, m. w. Nachw.), ist hier der Großhandel mit Presseerzeugnissen. Dieser Geschäftsverkehr ist üblicherweise zugänglich, weil mit der Kl. gleichartige Unternehmen, nämlich die anderen deutschen Pressegrossisten, in ihrem jeweiligen Gebiet Zugang zum Großhandelsvertrieb für das gesamte in Deutschland angebotene Zeitungs- und Zeitschriftensortiment haben. Dass bei der gebietsbezogenen Alleinauslieferung regelmäßig nur ein Grossist für ein bestimmtes Gebiet zugelassen wird, steht der Zugänglichkeit des Geschäftsverkehrs nicht entgegen. Denn üblicherweise zugänglich ist ein Geschäftsverkehr auch dann, wenn der Zugang quantitativ begrenzt ist und in bestimmten Gebieten nur wenige oder sogar nur ein Anbieter tätig sind (vgl. BGHZ107, BGHZ Band 107 Seite 273 [BGHZ Band 107 278] = NJW1989, NJW Jahr 1989 Seite 3010 = GRUR1989, GRUR Jahr 1989 Seite 774 – Lotteriebezirksstelle; NJW1998, NJW Jahr 1998 Seite 3778 = WuW/E DE-R 201 [203] – Schilderpräger im Landratsamt; Nothdurft, in: Langen/Bunte, GWB, 11. Aufl., § 20 Rdnrn. 104 a. E., 106 a. E.; Lübbert, in: Wiedemann, Hdb. d. KartellR, 2. Aufl., § 27 Rdnr. 4 a. E.). Andernfalls würde das Diskriminierungsverbot des § GWB § 20GWB § 20 Absatz IGWB regelmäßig nicht gegenüber Unternehmen gelten, die ihre Erzeugnisse über gebietsexklusive Alleinvertriebshändler absetzen, was mit der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB nicht vereinbar wäre (vgl. Sommerlad, WRP1980, WRP Jahr 1980 Seite 269).

Eine Ungleichbehandlung der Kl. gegenüber gleichartigen Unternehmen i. S. des § 20 Abs. 1 GWB liegt jedoch nicht vor. Die Kl. kann sich unter dem Aspekt der Ungleichbehandlung nicht darauf berufen, dass die Bekl. sie nicht mehr beliefert, wohl aber die PVN. Die PVN bildet als Konzernunternehmen der Bauer Media Group mit der Bekl. eine wirtschaftliche Einheit. Sie kann deshalb gegenüber der Kl. nicht als gleichartiges Unternehmen angesehen werden (vgl. BGH, NJW2003, NJW Jahr 2003 Seite 752 = WuW/E DE-R 1003 [1004] – Kommunaler Schilderprägebetrieb; NJW1987, NJW Jahr 1987 Seite 3197 = GRUR1987, GRUR Jahr 1987 Seite 393 = WuW/E BGH 2360 [2365] – Freundschaftswerbung). Aber auch in Bezug auf die anderen Grossisten fehlt es an einer nach § 20 Abs. 1 GWB unzulässigen Ungleichbehandlung. Die Kl. vertreibt zwar ihre Presseerzeugnisse in weiten Teilen des Bundesgebiets weiter über verlagsunabhängige Pressegrossisten mit Gebietsmonopol. Das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB richtet sich aber nicht gegen jede Ungleichbehandlung als solche, sondern gegen die sich hieraus ergebende Beeinträchtigung der wettbewerblichen Chancengleichheit gleichartiger Unternehmen. Der Normzweck ist auf den Schutz der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen vor Beeinträchtigungen durch den Normadressaten gerichtet. Eine als Ungleichbehandlung beanstandete Bevorzugung muss sich daher nachteilig auf die Wettbewerbsposition des anspruchstellenden Unternehmens auswirken (vgl. Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. [2007], § 20 Rdnr. 121; K. Westermann, in: MünchKomm-GWB, § 20 Rdnr. 72; Benisch, in: GK-GWB, 4. Aufl., § 26 II und III Rdnr. 83). Das ist im Streitfall jedoch nicht der Fall. Die Belieferung der anderen Pressegrossisten in ihren jeweiligen Alleinauslieferungsgebieten beeinträchtigt nicht die wettbewerblichen Chancen der nicht mehr belieferten Kl. Auf Grund der Gebietsmonopole im Grosso-System steht sie mit ihnen nicht im Wettbewerb. Wirkt sich die Besserstellung der anderen Grossisten aber nicht nachteilig auf die Wettbewerbsstellung der Kl. aus, so kann diese sich auf kein schutzwürdiges Interesse an der Beseitigung der unterschiedlichen Behandlung berufen (vgl. BGH, NJW1975, NJW Jahr 1975 Seite 2065 = WuW/E BGH 1405 [1410] – Grenzmengenabkommen). Diese Beurteilung steht nicht in Widerspruch zu der Regelung der Preisspaltung in §  19 Abs. 4 Nr. 3 GWB. Nach dieser Vorschrift kann zwar die Ungleichbehandlung eines Abnehmers gegenüber gleichartigen Abnehmern auch auf anderen räumlichen Märkten den missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung begründen. § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB ist aber ein besonders geregelter Fall des Ausbeutungsmissbrauchs und erfüllt damit eine andere Funktion als das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB. Zweck des in § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB vorgesehenen Preisvergleichs ist es, eine Ausbeutung der Abnehmer im beherrschten Gebiet durch Preisspaltung aufzudecken und insoweit missbräuchliche Marktergebnisse allein wegen der unangemessenen preislichen Belastung der Marktgegenseite zu verhindern (vgl. Wiedemann, in: Wiedemann, § 23 Rdnr. 51).

Auch eine unbillige Behinderung i. S. von § 20 Abs. 1 GWB ist nicht gegeben. Die Kl. wird zwar dadurch objektiv behindert, dass sie von der Bekl. nicht mehr beliefert wird. Diese Behinderung ist jedoch nicht unbillig. Ob eine Behinderung unbillig ist, bestimmt sich anhand einer Gesamtwürdigung und Abwägung aller beteiligten Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes, die auf die Sicherung des Leistungswettbewerbs und insbesondere die Offenheit der Marktzugänge gerichtet ist (st. Rspr.; vgl. BGH, NJW1991, NJW Jahr 1991 Seite 2963 = WuW/E BGH 2707 [2716] – Krankentransportunternehmen II; NJW-RR2003, NJW-RR Jahr 2003 Seite 1348 = WuW/E DE-R 1144 [1146] – Schülertransporte, m. w. Nachw.). Danach kommt ein Anspruch der Kl. auf ausschließliche Belieferung mit den Presseerzeugnissen der Bekl. nicht in Betracht. Ausgangspunkt der im Rahmen des § 20 GWB vorzunehmenden Abwägung ist der in ständiger Rechtsprechung des Senats hervorgehobene, aus der unternehmerischen Handlungsfreiheit abzuleitende Grundsatz, dass das Behinderungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB den Normadressaten grundsätzlich nicht daran hindert, seine geschäftliche Tätigkeit und sein Absatzsystem nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie er dies für wirtschaftlich sinnvoll und richtig erachtet. Das umfasst das Recht des Normadressaten, seine Waren statt wie bisher über unabhängige Absatzmittler künftig über Tochtergesellschaften zu vertreiben. Da die mit der Bekl. als Normadressaten verbundene PVN im Hinblick auf die bestehende wirtschaftliche Einheit nicht als mit der Kl. gleichartiges Unternehmen anzusehen ist, ist ihre Bevorzugung durch die Bekl. für sich genommen nicht unbillig (vgl. BGH, NJW2003, NJW Jahr 2003 Seite 752 = WuW/E DE-R 1003 [1005] – Kommunaler Schilderprägebetrieb; BGH, NJW-RR2005, NJW-RR Jahr 2005 Seite 49 = WuW/E DE-R 1377 [1378] – Sparberaterin I). Gegen den von der Kl. geltend gemachten Alleinbelieferungsanspruch spricht vor allem auch von vornherein, dass die auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichtete Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen grundsätzlich einem System der Alleinauslieferung entgegensteht, das jeden Wettbewerb auf Großhandelsebene ausschließt. Es erscheint deshalb schwer vorstellbar, der auf die Kontrolle von Marktmacht durch Förderung von Wettbewerb zielenden Vorschrift des § 20 Abs. 1 GWB die Verpflichtung eines Verlags zu entnehmen, sämtliche Presseerzeugnisse über einen einzigen, auch von seinen Wettbewerbern beauftragten etablierten Gebietsgrossisten zu vertreiben, auf dessen Auswahl er praktisch keinen Einfluss hat. Eine Unbilligkeit der Beauftragung der PVN mit dem Vertrieb der Presseerzeugnisse der Bekl. könnte sich daher allenfalls auf Grund besonderer Umstände ergeben. Solche Umstände hat die Kl., die dafür die Darlegungs- und Beweislast trägt (BGH, NJW1992, NJW Jahr 1992 Seite 1817 = GRUR1992, GRUR Jahr 1992 Seite 191 = WuW/E BGH 2762 [2767] – Amtsanzeiger, m. w. Nachw.), jedoch nicht aufzuzeigen vermocht. Das Interesse der Kl., ihren Status als Alleinauslieferer für Presseerzeugnisse auf Großhandelsebene in ihrem Gebiet zu behalten, ist als solches im Rahmen des § 20 Abs. 1 GWB nicht geschützt. Die Kl. hat nicht dargelegt, dass es auf unsachlichen Erwägungen der Bekl. beruhte, das an Hamburg angrenzende Vertriebsgebiet der Kl. für die Ausdehnung der Geschäftstätigkeit der PVN auszuwählen. Ohne entsprechenden, substanziierten Vortrag ist das nicht anzunehmen, weil aus Sicht der Bekl. logistische Gründe dafür sprechen konnten, ihrer bisher allein in Hamburg tätigen Schwestergesellschaft PVN zunächst nur den Vertrieb im Hamburger Umland zusätzlich zu übertragen. Die Kl. behauptet auch nicht, dass ihr Grosso-Vertrag gekündigt wurde, weil sie Forderungen nach einer Bevorzugung der Presseerzeugnisse der Bekl. nicht nachgekommen sei. Die abstrakte Möglichkeit, dass künftig marktstarke Verlage ihr ordentliches Kündigungsrecht zu einem solchen Zweck als Druckmittel missbrauchen könnten, kann eine präventive Beschränkung des Kündigungsrechts der nach dem festgestellten Sachverhalt insoweit bisher unverdächtigen Bekl. nicht begründen.

Ist somit davon auszugehen, dass die Bekl. die für die Ausdehnung des Tätigkeitsgebiets der PVN bestimmten Gebiete nicht mit wettbewerbswidriger Zielsetzung sondern kaufmännisch nachvollziehbar ausgewählt hat, kann sich das Interesse der Kl. an einer ausschließlichen Belieferung gegenüber dem Interesse der Bekl. an der autonomen Gestaltung des eigenen Vertriebs nicht als vorrangig erweisen. Eine Beeinträchtigung weiterer abwägungsrelevanter Interessen, die diesem Interesse der Bekl. entgegenstehen, ist im Streitfall nicht erkennbar.

Allerdings ist im Rahmen der nach § 20 GWB erforderlichen Abwägung zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit der Pressegrossisten nach einer Entscheidung des BVerfG aus dem Jahre 1988 in den Schutzbereich der Pressefreiheit (Art. Artikel 5 Abs. 1 GG) einbezogen ist (BVerfGE77, 346 = NJW1988, 1833). Das Presse-Grosso ist deshalb kartellrechtlich jedenfalls insoweit privilegiert, als die dort seit Langem praktizierte vertragliche Bindung der Grossisten und Einzelhändler an den vom Verlag vorgegebenen Verkaufspreis vom Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen freigestellt ist (§ 30 GWB). Machen die Verlage von dieser Möglichkeit Gebrauch, sind sie den Bindungen des § 20 GWB unterworfen. Aus diesem Zusammenhang der Normen folgt, dass der gesetzliche Freistellungszweck der Preisbindung, der maßgeblich in der Gewährleistung der Pressefreiheit zu sehen ist (vgl. GE der BReg. zu einem Gesetz zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeugnissen, BT-Dr 14/9196, S. 14, zu dem im Wesentlichen inhaltsgleichen §15 GWB 1999), bei der Abwägung im Rahmen des § 20 GWB zu berücksichtigen ist (Markert, in: Immenga/Mestmäcker, § 20 Rdnr. 147). Gleiches gilt für die Interessen des Einzelhandels mit Zeitungen und Zeitschriften, soweit sie mit dem Ziel, die Pressefreiheit zu fördern, gleichgerichtet sind.

b) Die Kl. wird weder ohne sachlich gerechtfertigten Grund gegenüber gleichartigen Unternehmen ungleich behandelt noch unbillig behindert, wenn sie in ihrem Gebiet anders als die PVN die Zeitschriften der Bekl. nicht vertreiben kann.

Die PVN, eine Tochtergesellschaft der Bekl., ist kein mit der Kl. gleichartiges Unternehmen (vgl. BGH, NJW 2003, 752 = WuW/E DE-R 1003 [1004] – Kommunaler Schilderprägebetrieb). Auch darin, dass die Bekl. in weiten Teilen des Bundesgebiets weiterhin die Pressegrossisten beliefert, liegt keine für § 20 Abs. 1 GWB relevante Ungleichbehandlung der Kl. (vgl. o. Rdnr. 33).

Die Kl. kann ferner nicht geltend machen, von den Verlagserzeugnissen der Bekl. in der Weise sortimentsbedingt abhängig zu sein, dass ohne den Vertrieb dieser Produkte ihre weitere erfolgreiche Teilnahme am Wettbewerb gefährdet wäre. Denn solange die Kl. weiterhin in ihrem Gebiet alleiniger Grossist für alle übrigen oder jedenfalls sehr viele Presseerzeugnisse bleibt, kann zumindest ein erheblicher Teil der Einzelhändler in diesem Gebiet nicht auf eine Belieferung durch sie verzichten. Solange PVN bei Weitem nicht alle Zeitschriften vertreiben kann, ist die Kl. – mit ihrem nunmehr beschränkteren Angebot – auch nicht dem Wettbewerb eines Vollsortimenters ausgesetzt.

Die Kl. kann sich für das Begehren, neben der PVN mit den Zeitungen und Zeitschriften der Bekl. beliefert zu werden, auch sonst auf keine abwägungsrelevanten Interessen berufen, die das berechtigte Interesse der Bekl. an autonomer Gestaltung ihres Vertriebs überwiegen. Die nicht ausschließliche Weiterbelieferung der Kl. hätte aus Sicht der Zeitschrifteneinzelhändler zwar den Vorteil, eine Bezugsalternative für die Zeitschriften der Bekl. und die Möglichkeit zum Bezug aller Zeitschriften von einem Lieferanten, nämlich der Kl., zu eröffnen. Entscheidendes Gewicht kann diesem Umstand aber nicht beigemessen werden. Die Praktikabilität der Remission wird durch einen Übergang zum Doppel-Grosso nicht in Frage gestellt. Scheidet eine Gefährdung des Remissionsrechts und damit der Funktionsfähigkeit des Grosso-Systems insgesamt aus, kann die Schaffung einer Bezugsalternative für die nachgeordnete Marktstufe aber jedenfalls in der vorliegenden Konstellation nicht als für die Prüfung der Unbilligkeit in § 20 Abs. 1 GWB erheblicher Gesichtspunkt angesehen werden. Andernfalls wäre es Normadressaten des § 20 Abs. 1 GWB von vornherein unmöglich, einen Direktvertrieb ihrer Produkte aufzunehmen oder beizubehalten. Das aber wäre eine durch den nur gegen unbillige Behinderungen gerichteten Zweck des § 20 Abs. 1 GWB nicht gerechtfertigte Beschränkung der unternehmerischen Handlungsfreiheit der Normadressaten. Im vorliegenden Fall gilt das umso mehr, als die Bekl. die Wettbewerbsmöglichkeiten ihrer auf ein Teilsortiment beschränkten Tochtergesellschaft PVN erheblich beeinträchtigen würde, wenn die Kl. dieser als Vollsortimenter gegenübertreten könnte. Wie oben in Rdnrn. 48 f. dargelegt, werden auch die Interessen der Einzelhändler nicht in abwägungsrelevanter Weise beeinträchtigt, wenn sie künftig von zwei statt bisher von einem Lieferanten beziehen müssen.

 

 

 

Schlagworte: Kartellrechtliche Leistungsverfügungen