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BGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 – IX ZR 17/01

§ 10 Abs 1 Nr 4 GesO, § 266a StGB

Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, daß er zahlungsunfähig, das heißt nicht in der Lage ist, seine fälligen, eingeforderten Zahlungsverpflichtungen im wesentlichen zu erfüllen. Die Nichtzahlung gegenüber einem einzigen Gläubiger kann ausreichen, wenn dessen Forderung von erheblicher Höhe ist.

Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte am 28. September 1995 bei der Schuldnerin wegen Beitragsrückständen vergeblich zu pfänden versucht. Zuvor (am 17. Juli 1995) und kurz danach (am 11. Oktober 1995) hatte auch die A. fruchtlose Vollstreckungsversuche ausgebracht. Die Beklagte hat am 24. November 1995 wegen Beitragsrückständen von 75.780,96 DM, die A. am 13. Dezember 1995 wegen Rückständen von 89.665,69 DM die Eröffnung der Gesamtvollstreckung beantragt. Es lag auf der Hand, daß diese Verbindlichkeiten gegenüber Sozialversicherungsträgern nicht annähernd die einzigen der gewerblich tätigen Schuldnerin waren. Allen Verbindlichkeiten stand zum Jahresende 1995 an liquiden Mitteln unstreitig nur ein Guthaben der Schuldnerin von 31.357,44 DM gegenüber. Damit war diese außerstande, ihre als sofort fällig und ernsthaft eingefordert festgestellten Verbindlichkeiten zu erfüllen. Diese stellten auch einen wesentlichen Teil ihrer Gesamtschulden dar.

Bei der Schuldnerin lag nicht nur eine vorübergehende Zahlungsstockung vor. Die Grenze von der Zahlungsstockung zur Zahlungseinstellung wird nach der Rechtslage der Konkurs- und der Gesamtvollstreckungsordnung überschritten, wenn die fälligen Schulden nicht im wesentlichen binnen etwa einem Monat bezahlt werden können (Senatsurt. v. 3. Dezember 1998 – IX ZR 313/97, ZIP 1999, 76, 78 m.w.N.; v. 4. Oktober 2001 – IX ZR 81/99, z.V.b.). In der entsprechenden Frist seit den ergebnislos versuchten Pfändungen hat hier die Schuldnerin ihre Rückstände nicht zurückgeführt.

Eine einmal nach außen hin in Erscheinung getretene Zahlungseinstellung wirkt grundsätzlich fort. Sie kann nur dadurch wieder beseitigt werden, daß die Zahlungen im allgemeinen wieder aufgenommen werden (RGZ 100, 62, 65; OLG HamburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamburg
HRR 1929 Nr. 346; Heidelberger Kommentar zur InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 17 Rn. 43). Die Stundung von Forderungen genügt hierzu erst, wenn danach die geschuldeten Ratenzahlungen allgemein wieder aufgenommen werden (BGH, Urt. v. 25. September 1952 – IV ZR 13/52, LM § 30 KO Nr. 1 Bl. 2; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 30 Rn. 33; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 30 Rn. 10 a.E.). Allenfalls ein nicht wesentlicher Teil fälliger Forderungen darf unerfüllt bleiben.

Die allgemeine Aufnahme der Zahlungen hat derjenige zu beweisen, der sich auf den nachträglichen Wegfall einer zuvor eingetretenen Zahlungseinstellung beruft. Denn hat der anfechtende Verwalter für einen bestimmten Zeitpunkt den ihm obliegenden Beweis der Zahlungseinstellung des Schuldners geführt, muß der Anfechtungsgegner grundsätzlich beweisen, daß diese Voraussetzung zwischenzeitlich wieder entfallen ist (ebenso zum nachträglichen Wegfall einer Eigenkapitalersatzfunktion von Gesellschafterdarlehen BGH, Urt. v. 14. November 1988 – II ZR 115/88, NJW 1989, 1219, 1220; v. 27. November 1989 – II ZR 43/89, NJW-RR 1990, 290, 291).

Schlagworte: Anfechtbarkeit, Beseitigung der Zahlungseinstellung, Darlegungs- und Beweislast, GmbHG § 64 Satz 1, Insolvenzreife, Vorrang der Beitragsansprüche, Zahlungen nach Insolvenzreife, Zahlungseinstellung, Zahlungsstockung, Zahlungsunfähigkeit