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BGH, Urteil vom 26. Oktober 1983 – II ZR 87/83

GmbHG §§ 15, 34, 47

a) Eine in der Satzung zugelassene Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses mit der Folge, dass der Geschäftsanteil des Kündigenden eingezogen oder von einem Mitgesellschafter übernommen werden kann, bewirkt nur dann das Ruhen des Stimmrechts bis zum Ausscheiden des Gesellschafters, wenn die Satzung dies vorsieht. Jedoch missbraucht der kündigende Gesellschafter sein Stimmrecht, wenn er in dieser Zeit ohne triftigen Grund einer von den anderen Gesellschaftern vorgeschlagenen Maßnahme widerspricht, die seine Vermögensinteressen weder unmittelbar noch mittelbar beeinträchtigen kann.

Es ist nicht zu verkennen, daß sich mit der Kündigung eines Gesellschafters sein berechtigtes Interesse an einer Mitsprache in Angelegenheiten der Gesellschaft in der Tat erheblich vermindert und auf Entscheidungen begrenzt ist, die für ihn noch irgendwie von wirtschaftlicher Bedeutung sein können. Dies verpflichtet den Gesellschafter in besonderem Maße zur Zurückhaltung und verbietet es ihm mit Rücksicht auf seine bis zum Ausscheiden fortbestehende gesellschaftliche Treuepflicht, ohne triftigen Grund gegen eine von den anderen Gesellschaftern vorgeschlagene und sachlich vertretbare Maßnahme zu stimmen, die seine Vermögensinteressen weder unmittelbar noch mittelbar in irgendeiner Weise beeinträchtigen kann.

b) Wird in der Gesellschafterversammlung ein Antrag abgelehnt, weil ein Mitgesellschafter rechtsmissbräuchlich dagegen stimmt, so kann die gegen den ablehnenden Beschluss erhobene Anfechtungsklage mit der Klage auf Feststellung verbunden werden, der Antrag sei angenommen worden, sofern der widersprechende Gesellschafter als Nebenintervenient am Verfahren beteiligt ist.

Hätte die Klägerin den die Gewinnausschüttung ablehnenden Beschluß mit Recht angefochten, so könnte insoweit auch ihr weiterer Antrag, das wirksame Zustandekommen des von ihr beantragten Beschlusses festzustellen, Erfolg haben. Voraussetzung hierfür wäre die Zulässigkeit eines mit der Anfechtungsklage verbundenen positiven Feststellungsantrags. Diese ist bei dem vorliegenden Sachverhalt gegeben. Wie der Senat bereits entschieden hat, kann ein Gesellschafter auf Feststellung klagen, daß die Gesellschafterversammlung einen von ihm gestellten Antrag angenommen habe, wenn der Antrag am Widerspruch nicht stimmberechtigter Personen nur scheinbar gescheitert ist und der Versammlungsleiter wegen der Zweifelhaftigkeit der Rechtslage von der Verkündung eines bestimmten Beschlußergebnisses abgesehen hat (BGHZ 76, 154). Ferner hat er in einer Aktiengesellschaft die Verbindung einer Anfechtungs- mit einer positiven Feststellungsklage für zulässig erachtet, wenn in der Hauptversammlung der Vorsitzende zu Unrecht verkündet hat, ein Antrag sei wegen Fehlens der notwendigen Stimmenmehrheit abgelehnt (BGHZ 76, 191, 197 ff). Von den dort behandelten Fällen unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt dadurch, daß die Anträge der Klägerin wegen der formal einwandfreien Gegenstimme der stimmberechtigten Streithelferin abgelehnt wurden, diese Gegenstimme aber, wie zu unterstellen ist, zum Tagesordnungspunkt 3 mißbräuchlich abgegeben und deshalb der ablehnende Beschluß mit Erfolg angefochten worden ist. Auch für einen solchen Fall halten Zöllner (Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, § 31 IV 2 c S. 367 f, § 34 III, S. 405 ff unter Annahme der Nichtigkeit treuwidrig abgegebener Gegenstimmen und dementsprechend falscher Ergebnisfeststellung durch den Abstimmungsleiter) und Schilling/Zutt (aaO Anh. § 47 Rdn. 89, 152) die Koppelung der Anfechtungsklage mit einer Klage auf Feststellung des „richtigen“ Beschlußergebnisses für grundsätzlich zulässig. Dagegen hat Karsten Schmidt (aaO § 47 Anm. 29) Bedenken, allein durch eine Anfechtungs- und Feststellungsklage gegen die Gesellschaft, also ohne Prozeß gegen den widerstrebenden Gesellschafter, dessen positive Stimmpflicht klären und verwirklichen zu lassen. Er sieht deshalb die angemessene Lösung darin, ähnlich wie bei einer Ausschließungsklage in einer Personengesellschaft (vgl. BGHZ 68, 81) die Klage auf Feststellung des positiven Beschlußergebnisses mit einer gegen den Gesellschafter gerichteten Klage auf positive Stimmabgabe zu verbinden. Von einer solchen Leistungsklage könne nur ganz ausnahmsweise in zweifelsfreien Fällen abgesehen und dann über die Zustimmungspflicht im Prozeß gegen die Gesellschaft als Vorfrage entschieden werden. In der Tat erscheint es schon unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs bedenklich, in einem Anfechtungs- und Feststellungsprozeß gegen die Gesellschaft nicht nur die ablehnende Stimme eines Gesellschafters für wirkungslos zu erklären, sondern darüber hinaus auch ein gegenteiliges Beschlußergebnis festzustellen, ohne daß diesem Gesellschafter Gelegenheit gegeben wird, Einwendungen hiergegen in dem anhängigen Verfahren zu erheben. Solche Bedenken scheiden aber im vorliegenden Fall deshalb aus, weil die Gesellschafterin, die ablehnend gestimmt hat, als Nebenintervenientin am Verfahren beteiligt ist und so ihre Auffassung hinreichend zur Geltung bringen konnte. Damit hatte sie auch die Möglichkeit, etwa bestehende sonstige Gründe, die gegen die Wirksamkeit eines positiven Beschlusses sprechen könnten, schon in diesem Verfahren vorzubringen (vgl. BGHZ 76, 191, 200 f). Jedenfalls bei dieser Verfahrenslage ist die von der Klägerin gewählte Klageverbindung das geeignete und angemessene Mittel, ohne umständliche Umwege zu einem sachgerechten Abstimmungsergebnis zu gelangen.

Schlagworte: Ablehnung des Beschlussantrags, Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Ausschließung durch Gestaltungsurteil, Ausschluss, Ausschluss des Gesellschafters, Austritt, Austritt des Gesellschafters, Bei Ausschlussklage gilt die letzte mündliche Verhandlung, Beschlussmängelklage, Beteiligungsübertragung auf den Gesellschafter, Beurteilungszeitpunkt, Einstufiges Ausschlussverfahren, Einziehung, Festgestelltes Beschlussergebnis Anfechtungsklage, Feststellung des Beschlussergebnisses, Feststellung eines ablehnenden Beschlussergebnisses, Feststellungsmängel, Förmliche Beschlussfeststellung, Gesellschafter verbleibt zunächst in der Gesellschaft, Gesellschafterliste in der Überganszeit, Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht in der Übergangszeit, Inhaltliche Mängel, Kein automatischer Übergang der Geschäftsanteile auf die Gesellschaft, Kündigung, Kündigung der GmbH, Kündigung des Geschäftsanteils, Kündigungsbedingte Einziehung der Geschäftsanteils, Mehrheitserfordernis, Mitgliedschaftspflichten, Mitgliedschaftsrechte, Mitzählung unwirksamer Stimmen, Nebenintervention, Positive Beschlussfeststellungsklage, Rechtsfolgen der Kündigung für den ausscheidenden Gesellschafter, Rechtsfolgen für Gesellschafterstellung, Ruhen des Stimmrechts, Satzungsgrundlage Ausschluss, Sofortvollzug, Stimmen von Gesellschaftern ohne Stimmrecht, Stimmrecht in der Übergangszeit, Stimmrechte, Stimmrechtsausschluss, Stimmrechtsmissbrauch, Stimmverbot für betroffenen Gesellschafter, Übertragung des Geschäftsanteils, Übertragung Geschäftsanteile auf die Gesellschaft, Übertragung Geschäftsanteile auf einen Dritten, Ungültig abgegebene Stimmen, Unrichtige Feststellung des Abstimmungsergebnisses, Verbindung von Anfechtungs- und Beschlussfeststellungsklage, Verletzung der Treuepflicht, Verwaltungsrechte in der Übergangszeit, Vorläufig verbindliche Feststellungen der Beschlussergebnisse durch Versammlungsleitung