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BGH, Urteil vom 26. Oktober 2009 – II ZR 222/08

§ 30 GmbHG, § 43 Abs 1 GmbHG, § 43 Abs 2 GmbHG, § 64 GmbHG, § 133 BGB, § 157 BGB, § 397 BGB

a) Eine Verfügung eines Alleingesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH über das Vermögen der Gesellschaft kann nur dann eine Schadensersatzpflicht nach § 43 Abs. 2 GmbHG auslösen, wenn der Geschäftsführer damit gegen ein Verbot verstößt, das – wie § 30 oder § 64 GmbHG – durch eine Weisung der Gesellschafterversammlung nicht außer Kraft gesetzt werden kann.

An einer Pflichtverletzung i.S. des § 43 Abs. 1 GmbHG fehlt es grundsätzlich dann, wenn die Gesellschafterversammlung den Geschäftsführer zu dem – später beanstandeten – Verhalten anweist. Soweit der Geschäftsführer dadurch nicht gegen gesetzliche Pflichten – etwa aus §§ 30, 64 GmbHG – verstößt, muss er die Weisung befolgen und haftet der Gesellschaft demgemäß nicht aus § 43 Abs. 2 GmbHG auf Ersatz des dadurch verursachten Schadens (BGHZ 31, 258, 278).

b) Die Inanspruchnahme des Beklagten als früheren Geschäftsführer der Klägerin scheitert allerdings nicht daran, dass der neue Alleingesellschafter der Klägerin, M., keinen förmlichen Beschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG gefasst hat. Es genügt, wenn er als Alleingesellschafter und zugleich Geschäftsführer den Anspruch geltend macht. Eine Beschlussniederschrift nach § 48 Abs. 3 GmbHG zu fordern, wäre bei dieser Sachlage eine nutzlose Förmelei (vgl. Sen.Urt. v. 9. Dezember 1996 – II ZR 240/95, DStR 1997, 252 m. Anm. Goette).

c) Ein Verzicht durch Vertrag zu Gunsten Dritter ist nicht möglich.

d) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Auslegung einer Individualvereinbarung grundsätzlich Sache des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt ist und gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind (Sen.Urt. v. 3. April 2000 – II ZR 194/98, WM 2000, 1195; Sen.Urt. v. 16. März 2009 – II ZR 68/08, ZIP 2009, 880, Tz. 12). Zu den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört, dass in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigten ist und dass bei der Auslegung die beiderseitigen Interessen gebührend zu beachten sind. Dabei sind an die Annahme eines Verzichts – oder einer vergleichbaren Abrede – strenge Anforderungen zu stellen. Das Angebot auf Abschluss eines solchen Vertrages muss unmissverständlich erklärt werden (BGH, Urt. v. 21. November 2006 – VI ZR 76/06, NJW 2007, 368, Tz. 9, m.w.Nachw.).

 

Schlagworte: Alleingesellschafter, Alleingesellschafter und -geschäftsführer, Anspruchsberechtigte Gesellschaft, Entlastung durch Weisungen, Errichtung der GmbH, Folgepflicht bei Weisungen, Förmelei, früherer Geschäftsführer, Geschäftsführer, Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG, Gesellschaftsvertrag, Gründung, Haftung nach § 43 GmbHG, Individualrechtliche Regelungen, Inhalt und Auslegung des Gesellschaftsvertrags, Innenhaftung, Legalitätspflicht, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Regelungen mit korporativem und individualrechtlichem Charakter, Schadensersatzanspruch, subjektive Auslegung des Gesellschaftsvertrags, Treuepflicht, Vermögensübertragung, Verzicht, Weisung der Gesellschafter