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BGH, Urteil vom 27. Mai 1986 – KZR 32/84 – konstituiertes Wettbewerbsverbot

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konstituiertes Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot

§ 1 GWB

Die Parteien haben sich darüber hinaus in der Weise gegenseitig in ihrem Wettbewerb beschränkt, daß sich die Beklagte verpflichtete, die Vertragsgegenstände ausschließlich bei der Klägerin fertigen zu lassen (soweit diese dazu in der Lage ist), und die Klägerin zusagte, nur die Vertragsgegenstände herzustellen und diese ausschließlich an die Beklagte zu liefern (ausgenommen die Herstellung für BSK zur Lieferung an Buchklubs und Werbemittelkunden und die im Nachtrag genannten Unternehmen). Sie haben danach einen Vertrag geschlossen, durch den sie untereinander den Wettbewerb im Sinne des § 1 GWB beschränkten. Er ist demgemäß als unwirksam anzusehen, sofern er – was noch weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf – geeignet ist, die Verhältnisse auf dem Markt für Spielkarten, Quartette und andere Spiele auf Kartenbasis zu beeinflussen und die vereinbarten Wettbewerbsbeschränkungen im Rahmen der bestehenden Rechtsbeziehungen nicht funktional notwendig sind.

Durch den Kooperationsvertrag werden beide Parteien in ihrer wettbewerbsrelevanten Handlungsfreiheit beschränkt. Die Klägerin darf andere als Vertragserzeugnisse nicht herstellen und vertreiben und auch die von ihr zulässigerweise hergestellten Vertragsgegenstände nur noch beschränkt vertreiben (d.h. nur noch über ihre Schwestergesellschaft an Buchklubs und Werbemittelkunden und die im Nachtrag genannten Unternehmen absetzen). Die Beklagte ist gehindert, die Vertragsgegenstände bei anderen Lieferanten zu beziehen, und gebunden, die bezogenen Waren nur an Abnehmer außerhalb des Buchklubs- und Werbemittelbereichs zu liefern. Derartige Produktions-, Bezugs- und Vertriebsbindungen und das damit verbundene Wettbewerbsverbot in Form einer Aufteilung der in Frage kommenden Kundenkreise stellen sich jedenfalls dann als zu einem gemeinsamen Zweck geschlossene wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung im Sinne des § 1 GWB dar, wenn sie – wie hier – die wettbewerbsrelevante Handlungsfreiheit von – aktuellen oder potentiellen – Wettbewerbern untereinander beschränken und somit zu horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen führen.

Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist das Merkmal „zu einem gemeinsamen Zweck“ in § 1 GWB eigenständig (d.h. nicht in Anlehnung an § 705 BGB), unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, auszulegen (BGHZ 68, 6). Es kommt danach nicht entscheidend darauf an, ob der wettbewerbsbeschränkende Vertrag im Sinne des § 705 BGB zu einem gemeinsamen Zweck geschlossen worden ist und sich demgemäß als Gesellschaftsvertrag oder gesellschaftsähnliches Rechtsverhältnis darstellt. Es ist vielmehr vor allem auf die durch den Vertrag begründete Wettbewerbsbeschränkung und ihre Wirkung auf dem relevanten Markt abzustellen und damit insbesondere darauf, ob sich die Vertragsbeteiligten als (aktuelle oder potentielle) Wettbewerber gegenüberstehen und durch die Vereinbarung den Wettbewerb untereinander (horizontal) beschränken. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist dabei ohne ausschlaggebende Bedeutung, ob die Beklagte tatsächlich – wie aus der Klageschrift zu entnehmen ist – von der Belieferung der Buchklubs und Werbemittelkunden ausgeschlossen wurde oder ob dies, wie die Revisionserwiderung meint, nicht der Fall ist. Es genügt insoweit, daß der Wettbewerb zwischen den Vertragsschließenden einseitig beschränkt wird (vgl. BGHZ 68, 6, 9 und Sen.Urt. v. 3.11.1981 – KZR 33/80 „Holzpaneele“, WuW/E BGH 1898).

Dem Vortrag der Klägerin kann nicht entnommen werden, daß die im vorliegenden Falle vereinbarten weitgehenden Wettbewerbsbeschränkungen hiernach als gerechtfertigt angesehen werden können. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat jedoch verwehrt, weil es sich insoweit um einen rechtlichen Gesichtspunkt handelt, der in den Tatsacheninstanzen nicht gesehen worden ist, und zu dem deshalb die Parteien keine Stellung nehmen konnten. Gleiches gilt für die Frage, ob der wettbewerbsbeschränkende Kooperationsvertrag geeignet ist, die Marktverhältnisse im Sinne des § 1 GWB zu beeinflussen (vgl. hierzu BGHZ 68, 6, 11 f.).

Leitsatz

Zur Bedeutung des Merkmals „zu einem gemeinsamen Zweck“ bei Produktionsbindungen, Bezugsbindungen und Vertriebsbindungen und bei der Aufteilung der Kundenkreise.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein auf die Herstellung von Spielkarten, Quartetten und anderen Spielen auf Kartenbasis gerichtetes Unternehmen. Ende 1978 setzte sie ihre Erzeugnisse über die Beklagte (zu rund 45 %) und über eine rechtlich selbständige Schwestergesellschaft, die B S GmbH & Cie, KG (nachfolgend: BSK) ab. Am 21./24. November 1978 schlossen die Beklagte einerseits und die Klägerin, die BSK, die M & Co. Zweigniederlassung B und deren Gesellschafter und Geschäftsführer L andererseits einen Kooperationsvertrag auf unbestimmte Zeit, erstmals kündbar zum 31. Dezember 1988. Sie regelten die Produktion und den Vertrieb von Spielkarten, Quartetten und anderen Spielen auf Kartenbasis unter anderem in folgender Weise:

§ 3

Ausschließlichkeitsbindung von P (Beklagte)

1. P läßt den Vertragsgegenstand in der von ihr gewünschten Ausstattung ausschließlich bei B S M fertigen, soweit er von B S M (Klägerin) produktionsmäßig hergestellt werden kann und wird ihn selbst oder über ihre Tochter- und Beteiligungsgesellschaften vertreiben.

2. Sofern und solange B S M durch Betriebsunterbrechung, Blockaden oder aus sonstigen Gründen mehr als nur kurzzeitig in seiner Lieferfähigkeit beschränkt ist und nicht für gleichwertige Ausweichkapazitäten sorgen kann, kann P in entsprechendem Umfang bei Dritten fertigen lassen.

§ 4

Ausschließlichkeitsbindung von B S M (Klägerin) und BSK

1. B S M stellt nur den Vertragsgegenstand her und liefert ihn ausschließlich an P es sei denn, es handelt sich um Herstellung und Lieferung von Spielkarten, Quartetten und Spielen auf Kartenbasis über BSK an Buchklubs und Werbemittelkunden.

2. Herr L steht dafür ein, daß weder BSK, noch M & Co., B, noch B S M noch eine andere von ihm direkt oder indirekt geleitete Firma auch nicht über Dritte den Vertragsgegenstand, gleich welcher Qualität, herstellt und/oder vertreibt, es sei denn, es handelt sich um Herstellung des Vertragsgegenstandes für P und/oder BSK im Rahmen dieses Vertrages.

3. BSK wird den Vertragsgegenstand ausschließlich bei B S M beziehen. § 3 Abs. 2 gilt entsprechend.

§ 5

Preise

1. B S M liefert P den Vertragsgegenstand zu Preisen, ermittelt gemäß dem in Anlage 2 zu diesem Vertrag dargestellten Schema. Eine auf dieser Basis erstellte Preisliste ist als Anlage 2 a dem Vertrag beigefügt. Eine Preisermittlung wird von den Parteien jährlich gemeinsam auf der Grundlage der Absatzplandaten vorgenommen. Berechnungsgrundlage dieser Ermittlung sind alle Daten der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung von B S M und der nach Anlage 2 zu ermittelnde Gewinnzuschlag, wobei B S M die Unterlagen P zur Einsichtnahme offenlegt.

2. B S M wird BSK nicht zu günstigeren Konditionen beliefern als P.

3. Die Abgabepreise werden für ein Jahr ermittelt und pro Quartal einmal gemeinsam überprüft. Sobald Kostenveränderungen in Höhe von +/- 5 % eintreten, werden die Parteien auf Ersuchen einer Partei die Abgabepreise in Höhe der Auswirkung ab dem Zeitpunkt dieser Veränderung neu festlegen.

4. In einer gemeinsam nach dem in Anlage 2 vorgegebenen Schema zu erstellenden Jahresrechnung wird nachgeprüft, ob das nach aktienrechtlichen Grundsätzen ermittelte Jahresergebnis in Höhe von normalerweise + 9 % – es sei denn, der Gewinnaufschlag ist gemäß Anlage 2 gemindert – erreicht wurde. Über- und Unterdeckungen werden der jeweiligen Partei binnen 4 Wochen nach Vorliegen der Jahresrechnung netto zuzüglich Mehrwertsteuer erstattet. Zwischen P und BSK erfolgt eine Aufteilung entsprechend den Produktionseinheiten.

§ 6

Abnahmemengen

 
1. P und B S M legen die von
B S M zu fertigenden Mengen des
Vertragsgegenstandes für jeweils ein Kalenderjahr
im voraus fest, wobei die Menge der an
P und über BSK im Jahr 1977/1978 gemäß
Anlage 3 verkauften Spielkarten, Quartette und
Spiele auf Kartenbasis der in Anlage 1 zu
diesem Vertrag aufgeführten Art – Werbemittel-
und Buchklub-Bereich ausgenommen – von P
mindestens zugesichert wird und P davon
bis 1983 eine Steigerung um 30 % erzielt haben
wird.
§ 8

Übernahme des BSK-Vertriebs durch P

 
1. BSK überträgt P zum 1.1.1979 ihren
gesamten Vertrieb des Vertragsgegenstandes,
ausgenommen den Verkauf an Werbemittelkunden
und Buchklubs. BSK darf für diese Kundenkreise
nach Abstimmung mit P bei B S
M neu gefertigte Vertragsgegenstände in
geänderten Aufmachungen gegen Zahlung einer
Lizenz in Höhe von 4 % auf die Netto-Verkaufserlöse
verwerten.
§ 9

Beteiligungen

1. Sofern P ihre Aktivitäten auf dem Spielkartensektor dadurch verstärkt, daß sie direkt oder indirekt die Kapitalmehrheit an einem inländischen Spielkartenhersteller erwirbt, werden die Parteien darüber beraten, in welcher Art und Weise die Beteiligung des Herrn L unter Einbringung der BSK und B S M erfolgen kann.

2. Sollte von seiten P eine derartige Beteiligung als für nicht möglich erachtet werden, oder sollte Herr L einer von P gewünschten Beteiligung nicht zustimmen, so kann Herr L während der gesamten Laufzeit des Vertrages P B S M zum Kauf zum Substanzwert anbieten, wobei aber die nach dem 1.1.1979 von B S M angeschafften Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert anzusetzen sind. Einigen sich die Parteien über den danach zu ermittelnden Kaufpreis nicht, so wird dieser nach den Bestimmungen dieses Vertrages von einem vom Präsidenten der IHK B zu bestellenden Sachverständigen ermittelt. Nimmt P das vorstehend genannte Angebot zum Kauf von B S M nicht an, so verlängert sich der in § 10 Abs. 2 genannte Kündigungstermin um 5 Jahre. Erwirbt P B S M, dann erfolgt die Übergabe von B S M an P 6 Monate nach Abgabe des Angebots von Herrn L. Herr L wird dann mit einem Prozent auf die Dauer von 10 Jahren an den P -Nettoverkaufserlösen der Vertragsgegenstände beteiligt, sofern er die Bestimmung des § 4 Abs. 2 dieses Vertrages weiterhin einhält. Im übrigen endet dann dieser Vertrag.

3. Erwirbt P B S M, so wird sie dafür Sorge tragen, daß die Geschäftsbeziehungen zwischen B S M und M & Co. D im bisherigen Umfang aufrechterhalten werden, sofern Herr L die Bestimmung des § 4 Abs. 2 dieses Vertrages einhält und nachweisbar kein günstigeres Angebot eines anderen Herstellers vorliegt, das mindestens für einen Jahresbedarf gleicher Qualität gilt.

Da sich die Beklagte außerstande sah, die in dem Kooperationsvertrag im einzelnen festgelegten und garantierten Abnahmemengen zu erreichen, vereinbarten die Vertragsschließenden durch Nachtrag Nr. 1 vom 19. März 1980, die von der Beklagten abzunehmenden Mindestmengen von Vertragsgegenständen zu senken. Demgegenüber sollte BSK berechtigt sein (Nr. II), über die Belieferung von Buchklubs und Werbemittelkunden hinaus

a) neben P auch an Dritte im Ausland zu liefern, wobei zur Vermeidung von Überschneidungen eine gegenseitige Abstimmung erfolgt und BSK das Recht hat, nach Zustimmung von P auf Produktionsentwicklungen des Hauses P aus dem Bereich der Vertragsware zurückzugreifen;

b) soweit an Dritte im In- und Ausland zu liefern, als es sich zwar um Vertragsware handelt, die aber von diesen Dritten als Zubehör in Verkehr gebracht und von P in vergleichbarer Aufmachung nicht angeboten wird.

Als Ausgleich für die wegfallenden Garantiemengen an Spielkarten verlagerte die Beklagte zur Auslastung der personellen und räumlichen Kapazität der Klägerin ihre Zeichenblockfertigung unter im einzelnen festgelegten Bedingungen auf die Klägerin.

Im Sommer 1980 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie auch die herabgesetzte Mindestmenge an Kartenspielen nicht absetzen könne. Die Verhandlungen über einen weiteren Nachtrag zum Kooperationsvertrag führten zu keiner Einigung. Ende 1981/Anfang 1982 führten sie intensivere Gespräche über eine Novellierung des Kooperationsvertrages. Im Rahmen einer Besprechung vom 17. Februar 1982 legten sie fest, daß dies der Anfangstag der Beratungsphase nach § 5 Nr. 5 des Kooperationsvertrages sein solle, der folgenden Wortlaut hat:

 
Sobald P nach Maßgabe der Anlage 2 gerechnet
ab 1.1.1981 für die Dauer eines Kalenderjahres
keinen Deckungsbeitrag von mehr als 7 % erzielen
kann, werden die Parteien unverzüglich über eine
Novellierung des Vertrages beraten. Erzielen
sie innerhalb von 3 Monaten vom Tage des
Beratungsbeginns an gerechnet keine Einigung,
so endet dieser Vertrag und B S
M kann liquidieren. P beteiligt sich
dann an der Hälfte des Liquidationsergebnisses,
sofern dies negativ sein sollte.

Zwischen den Vertragsschließenden kam auch innerhalb dieser Beratungsfrist keine Einigung zustande. Nachdem die nach dem 17. Mai 1982 geführten Verhandlungen ohne Erfolg blieben, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 8. Juli 1982 jegliche Vertragsbeziehungen für beendet. Die Klägerin meint, die Beklagte habe die Anpassung des Kooperationsvertrages im Rahmen ihres – der Klägerin – Vorschlages nicht verweigern dürfen. Der Vertrag sei deshalb – mit dem von ihr vorgeschlagenen geänderten Inhalt – als fortbestehend anzusehen. Er verpflichte die Beklagte unter anderem, die Mindestmenge an Zeichenblöcken abzunehmen. Mit der Klage verlangt sie Schadensersatz wegen Nichtabnahme der festgelegten Mindestmenge von Zeichenblöcken im Jahre 1982.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von 470.395,82 DM nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Klageanspruch nebst Zinsen als Schadensersatzanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat den Zahlungsanspruch mit der Begründung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, die Beklagte habe es unter Verletzung der aus dem Kooperationsvertrag folgenden Verpflichtungen abgelehnt, das Vertragsverhältnis mit der Klägerin im eingeschränkten Umfange fortzusetzen. Die Vorschläge der Klägerin seien am letzten Tage der Novellierungsfrist (17. Mai 1982) inhaltlich derart sachgerecht gewesen, daß für die Beklagte nach Treu und Glauben die Verpflichtung bestanden habe, ihnen zuzustimmen. Sie habe der Klägerin den Gewinn zu ersetzen, der dieser im Jahre 1982 dadurch entgangen sei, daß sie – die Beklagte – Zeichenblöcke zunächst nur noch vermindert und seit Herbst 1982 überhaupt nicht mehr abgenommen habe.

II.

Das angefochtene Urteil kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht es unterlassen hat, den Kooperationsvertrag unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten zu untersuchen, und beim gegenwärtigen Verfahrensstand nicht angenommen werden kann, daß der Kooperationsvertrag rechtswirksam ist.

1. Der Kooperationsvertrag ist – auch in seiner Erweiterung durch die Nachtragsvereinbarung vom 19. März 1980 – nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin auf eine Marktaufteilung gerichtet. Die Klägerin sollte über ihr rechtlich selbständiges Vertriebsunternehmen, ihr Schwesterunternehmen BSK, Spielkarten, Quartette und andere Spiele auf Kartenbasis nur noch an Buchklubs und Werbemittelkunden sowie an die in der Nachtragsvereinbarung bezeichneten Abnehmer liefern, die Beklagte dagegen die verbleibenden Märkte bedienen. Die Revisionserwiderung meint zwar, die Beklagte sei von der Belieferung des der Klägerin und der BSK vorbehaltenen Abnehmerkreises nicht ausgeschlossen worden. Sie setzt sich damit jedoch in Widerspruch zu den Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift, die in den Klauseln § 4 Nr. 1 i.V.m. § 6 Nr. 1 und § 8 Nr. 1 des Kooperationsvertrages eine Bestätigung finden.

Die Parteien haben sich darüber hinaus in der Weise gegenseitig in ihrem Wettbewerb beschränkt, daß sich die Beklagte verpflichtete, die Vertragsgegenstände ausschließlich bei der Klägerin fertigen zu lassen (soweit diese dazu in der Lage ist), und die Klägerin zusagte, nur die Vertragsgegenstände herzustellen und diese ausschließlich an die Beklagte zu liefern (ausgenommen die Herstellung für BSK zur Lieferung an Buchklubs und Werbemittelkunden und die im Nachtrag genannten Unternehmen). Sie haben danach einen Vertrag geschlossen, durch den sie untereinander den Wettbewerb im Sinne des § 1 GWB beschränkten. Er ist demgemäß als unwirksam anzusehen, sofern er – was noch weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf – geeignet ist, die Verhältnisse auf dem Markt für Spielkarten, Quartette und andere Spiele auf Kartenbasis zu beeinflussen und die vereinbarten Wettbewerbsbeschränkungen im Rahmen der bestehenden Rechtsbeziehungen nicht funktional notwendig sind.

Durch den Kooperationsvertrag werden beide Parteien in ihrer wettbewerbsrelevanten Handlungsfreiheit beschränkt. Die Klägerin darf andere als Vertragserzeugnisse nicht herstellen und vertreiben und auch die von ihr zulässigerweise hergestellten Vertragsgegenstände nur noch beschränkt vertreiben (d.h. nur noch über ihre Schwestergesellschaft an Buchklubs und Werbemittelkunden und die im Nachtrag genannten Unternehmen absetzen). Die Beklagte ist gehindert, die Vertragsgegenstände bei anderen Lieferanten zu beziehen, und gebunden, die bezogenen Waren nur an Abnehmer außerhalb des Buchklubs- und Werbemittelbereichs zu liefern. Derartige Produktions-, Bezugs- und Vertriebsbindungen und das damit verbundene Wettbewerbsverbot in Form einer Aufteilung der in Frage kommenden Kundenkreise stellen sich jedenfalls dann als zu einem gemeinsamen Zweck geschlossene wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung im Sinne des § 1 GWB dar, wenn sie – wie hier – die wettbewerbsrelevante Handlungsfreiheit von – aktuellen oder potentiellen – Wettbewerbern untereinander beschränken und somit zu horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen führen.

Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist das Merkmal „zu einem gemeinsamen Zweck“ in § 1 GWB eigenständig (d.h. nicht in Anlehnung an § 705 BGB), unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, auszulegen (BGHZ 68, 6). Es kommt danach nicht entscheidend darauf an, ob der wettbewerbsbeschränkende Vertrag im Sinne des § 705 BGB zu einem gemeinsamen Zweck geschlossen worden ist und sich demgemäß als Gesellschaftsvertrag oder gesellschaftsähnliches Rechtsverhältnis darstellt. Es ist vielmehr vor allem auf die durch den Vertrag begründete Wettbewerbsbeschränkung und ihre Wirkung auf dem relevanten Markt abzustellen und damit insbesondere darauf, ob sich die Vertragsbeteiligten als (aktuelle oder potentielle) Wettbewerber gegenüberstehen und durch die Vereinbarung den Wettbewerb untereinander (horizontal) beschränken. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist dabei ohne ausschlaggebende Bedeutung, ob die Beklagte tatsächlich – wie aus der Klageschrift zu entnehmen ist – von der Belieferung der Buchklubs und Werbemittelkunden ausgeschlossen wurde oder ob dies, wie die Revisionserwiderung meint, nicht der Fall ist. Es genügt insoweit, daß der Wettbewerb zwischen den Vertragsschließenden einseitig beschränkt wird (vgl. BGHZ 68, 6, 9 und Sen.Urt. v. 3.11.1981 – KZR 33/80 „Holzpaneele“, WuW/E BGH 1898).

2. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats können wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen allerdings dann der Anwendung des § 1 GWB entzogen sein, wenn sie aus dem im übrigen kartellrechtsneutralen Rechtsverhältnis notwendigerweise folgen. So hat der Senat ein gesellschaftsrechtliches Wettbewerbsverbot mit der Begründung als zulässig angesehen, daß es allein dem Bestand und der Erhaltung des Gesellschaftsunternehmens dient und die Gesellschaft und die Mitgesellschafter auf den rechtlichen Bestand des Wettbewerbsverbots angewiesen sind (BGHZ 70, 331 „Gabelstapler“; vgl. hierzu auch BGHZ 89, 162, 169 „Werbeagentur“). In gleicher Weise hat er ausgesprochen, daß eine Beurteilung nach § 1 GWB dann ausscheidet, wenn die vereinbarten Wettbewerbsbeschränkungen Bestandteil eines Leistungsaustauschs geworden sind und zur Erreichung des mit dem Austauschvertrag verfolgten Zwecks sachlich geboten sind (Urt. v. 6.3.1979 – KZR 4/78 „Erbauseinandersetzung“, WuW/E BGH 1597, 1598 f.; vgl. auch Urt. v. 3.11.1981 – KZR 33/80 „Holzpaneele“, WuW/E BGH 1898).

Dem Vortrag der Klägerin kann nicht entnommen werden, daß die im vorliegenden Falle vereinbarten weitgehenden Wettbewerbsbeschränkungen hiernach als gerechtfertigt angesehen werden können. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat jedoch verwehrt, weil es sich insoweit um einen rechtlichen Gesichtspunkt handelt, der in den Tatsacheninstanzen nicht gesehen worden ist, und zu dem deshalb die Parteien keine Stellung nehmen konnten. Gleiches gilt für die Frage, ob der wettbewerbsbeschränkende Kooperationsvertrag geeignet ist, die Marktverhältnisse im Sinne des § 1 GWB zu beeinflussen (vgl. hierzu BGHZ 68, 6, 11 f.).

3. Damit die Parteien Gelegenheit erhalten, zu den neu aufgeworfenen Fragen auch in tatsächlicher Hinsicht Stellung zu nehmen, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache in Anwendung des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an den Kartellsenat des Berufungsgerichts zurückzuverweisen.

Auf die insbesondere unter dem Blickpunkt des § 5 Nr. 5 des Kooperationsvertrages und des § 242 BGB geführten Angriffe der Revision gegen das angefochtene Urteil kommt es erst dann an, wenn das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien der kartellrechtlichen Überprüfung standhält. Das Berufungsgericht wird für diesen Fall erneut die im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegende Frage zu entscheiden haben, ob die Beklagte gehalten war, den Vorschlägen der Klägerin zuzustimmen, und hierbei auch die Ausführungen der Revision und der Revisionserwiderung zum Inhalt und zur Bedeutung des § 5 Nr. 5 des Kooperationsvertrages und zur Angemessenheit („Sachgerechtigkeit“) der von der Klägerin unterbreiteten Einigungsvorschläge (unter Einbeziehung der Gegenvorschläge der Beklagten) berücksichtigen müssen.

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