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BGH, Urteil vom 28. Oktober 2002 – II ZR 353/00

§ 626 Abs 1 BGB

a) Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung gegenüber dem Geschäftsführer einer GmbH ist nicht schon darin zu sehen, daß er sich von ihr offen ausgewiesene Spesen erstatten läßt, welche die Alleingesellschafterin – im Gegensatz zu ihm – nach den einschlägigen Bestimmungen des Geschäftsführeranstellungsvertrages nicht für erstattungsfähig hält.

b) Die auf geschäftspolitischen Gründen beruhende Entscheidung einer Muttergesellschaft, den Betrieb ihrer Tochtergesellschaft einzustellen, rechtfertigt keine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung gegenüber deren Geschäftsführer.

c) Zur Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages.

Soweit das Berufungsgericht bezweifelt, daß die vom Kläger abgerechneten Bewirtungen überhaupt geschäftlichen Zwecken der Beklagten dienten, hat es die hier maßgebenden – von ihm nur im Ansatz erkannten – Regeln der Darlegungs- und Beweislast nicht richtig angewendet, wie die Revision zu Recht rügt. Wer einen Kündigungsgrund im Sinne von § 626 BGB geltend macht, wie hier die Beklagte, muß dessen tatsächliche Voraussetzungen beweisen. Soweit es um mögliche Rechtfertigungsgründe für das gerügte Verhalten geht, sind solche – zur Vermeidung einer Überspannung der Beweislast des Kündigenden – zwar von dem Dienstverpflichteten darzulegen; es bleibt aber dann Sache des Kündigenden, diese Gründe zu widerlegen (vgl. Sen.Urt. v. 20. Februar 1995 – II ZR 9/94, NJW-RR 1995, 669, 670 f.; BAG, NJW 1988, 438). Der Kläger hat in zweiter Instanz zu jedem einzelnen der ihm vorgehaltenen Vorfälle Stellung genommen und den geschäftlichen Anlaß, wenn auch knapp, dargelegt. Er hat die jeweiligen Teilnehmer, die auch schon aus seinen Abrechnungen ersichtlich waren, mit Namen, Funktionen und Wohnort benannt. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung brauchte die Revision nicht den Vortrag des Klägers im einzelnen zu wiederholen, sondern konnte auf dessen Darlegungen in der Anschlußberufungsbegründung zulässigerweise Bezug nehmen, zumal das Berufungsgericht die Darlegungen des Klägers pauschal als unsubstantiiert abgetan hat, ohne zu berücksichtigen, daß es sich bei den vom Kläger geschilderten Zusammenkünften weitgehend um Sondierungsgespräche über die Vorbereitung, Finanzierung und Entwicklung von Projekten der Beklagten (im Rahmen ihres „Immobilien-Managements“) handelte und es der Beklagten durchaus möglich gewesen wäre, mit dem Zeugnis der von dem Kläger benannten Gesprächspartner Beweis dafür anzutreten, daß es sich um rein private Zusammenkünfte ohne geschäftlichen Anlaß oder Bezug gehandelt habe. Das hätte für einen entsprechenden Beweisantritt genügt; nähere Einzelheiten wären bei der Beweisaufnahme zu klären gewesen (vgl. Sen.Urt. v. 13. Juli 1998 – II ZR 131/97, NJW-RR 1998, 1409). Die Beklagte bedurfte daher gar keiner weiteren Darlegungen des Klägers, um ihrer Beweislast für dessen angebliche Verfehlungen als wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB genügen zu können. Erst recht durfte sie als beweispflichtige Partei sich nicht auf ein Bestreiten mit Nichtwissen oder darauf zurückziehen, daß die von dem Kläger benannten Personen ihr teilweise unbekannt seien. Die obigen Grundsätze zur Auslegung von § 3 Nr. 4 des Anstellungsvertrages (2 c aa) sowie zur Darlegungs- und Beweislast (vorstehend bb) gelten entsprechend, soweit die Kündigung u.a. auch auf einige angeblich unstimmige Reisekostenabrechnungen des Klägers gestützt ist. Was die Teilnahme des Klägers als Referent an einer Tagung des Managementforums angeht, so läßt sich eine damit verbundene Wahrnehmung der Interessen der Beklagten im Sinne eines Werbeeffekts bzw. zwecks Kontaktanbahnung mit potentiellen Geschäftspartnern – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht von vornherein ausschließen.

Schlagworte: Außerordentliche Kündigung, Außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages, Beendigung des Dienstverhältnisses, Eigenmächtige Erstattung von Spesen, Geschäftspolitische Gründe, Kündigungsgrund, Prozessuales, Spesenabrechnung, Tatsachen