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BGH, Urteil vom 29. März 1971 – III ZR 255/68

§ 2038 BGB, § 745 BGB, § 34 BGB, § 47 GmbHG, § 43 GenG

a) Hat die Mehrheit der Miterben eine ordnungsgemäße Maßnahme zur Verwaltung des Nachlasses – nicht Verfügung – beschlossen, so kann sie die Maßnahme auch ohne die Mitwirkung der überstimmten Miterben mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft ausführen (Bestätigung BGH, 1956-10-27, IV ZR 126/56; Bestätigung BGH, 1951-01-30, V BLw 36/50, LM Nr 1 zu BGB § 2038 ).

b) Soll ein Rechtsgeschäft zwischen einer Erbengemeinschaft und einer GmbH abgeschlossen werden, der Miterben als Gesellschafter angehören, so sind diese Miterben bei der Beschlußfassung der Erbengemeinschaft grundsätzlich stimmberechtigt.

c) Ein Mehrheitsbeschluß der Erbengemeinschaft ist nicht bereits deshalb unwirksam, weil ein Miterbe nicht gehört worden ist.

d) Die Bestimmungen der § 34 BGB, § 47 Abs. 4 GmbH-Gesetz und § 43 Abs. 3 Satz 2 Genoss. Gesetz schließen zwar das Stimmrecht stets aus, wenn das Mitglied, der Gesellschafter oder Genosse unmittelbar auf der Gegenseite am Vertrage beteiligt ist, auch wenn dies der Form nach nur mittelbar geschieht, z.B. durch Einschaltung eines Treuhänders (vgl. RGZ 104, 128, 130; 108, 322, 326; 122, 159, 16 Ist dagegen Partner des Geschäfts, über das beschlossen wird, eine juristische Person, dann ist das Stimmrecht grundsätzlich auch für ein Vereinsmitglied, einen Gesellschafter oder einen Genossen selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn er Mitglied dieser juristischen Person ist. Eine Ausnahme wird zwar gemacht, wenn er mit der juristischen Person, die Vertragspartner werden soll, wirtschaftlich identisch ist, wie im Falle der Einmann-GmbH, oder sie beherrscht (Hachenburg GmbH-Gesetz 6. Aufl. § 47 Anm. 19 b; Baumbach-Hueck GmbH-Gesetz 13. Aufl. § 47 Anm. 5 C). Das trifft für H Da angesichts der Beteiligungsverhältnisse an der beklagten Gesellschaft aber nicht zu. (Noch weniger weit als die angeführten Bestimmungen geht das Recht der Aktiengesellschaft: § 114 Abs. 5 aF Aktien-Gesetz und § 136 Abs. 1 Satz 1 nF Aktien-Gesetz haben das Stimmrechtsverbot des früheren § 252 Abs. 3 HGB für Beschlüsse, die die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit einem Aktionär betreffen, nicht übernommen.)

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Oktober 1968 aufgehoben und das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 12. Mai 1967 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin ist Mitglied einer Erbengemeinschaft zu 1/6. Weitere Miterben sind H Da zu 1/12, dessen Sohn F zu 1/6, Frau Bu zu 1/12, K-R Da zu 1/6 und Frau X Da zu 2/6. Von den Geschäftsanteilen der Beklagten halten H Da 13 %, seine Tochter U sowie seine Mutter Mi zusammen 15 %, X Da 12 % und H Da, die Mutter von K-R Da 5 %, die Gruppe Da also zusammen 45 %. Die restlichen 55 % befinden sich im Besitz der Personengruppe Oe-Vo. H Da ist einer der Geschäftsführer der Beklagten.

Die Erbengemeinschaft ist Eigentümerin des im Grundbuch von I Bd. … Bl. … eingetragenen Grundstücks.

Durch Vertrag vom 17. Juli 1938 hatte sie den Grundbesitz an eine Kommanditgesellschaft verpachtet. In diesen Pachtvertrag trat durch Vereinbarung aller Beteiligten vom 1. Juni 1959 die Beklagte an Stelle der Kommanditgesellschaft als Pächterin ein.

Am 22. Juni 1962 schlossen H Da, handelnd im eigenen Namen und zusammen mit seiner Ehefrau als gesetzlicher Vertreter des Sohnes F Da sowie als „Bevollmächtigter bzw. Vertreter der Mitglieder der Erbengemeinschaft Da“, und K-R Da einerseits mit dem Geschäftsführer K Oe und dem Prokuristen C B der Beklagten andererseits vor dem Notar Dr. W K (Urkunden-Rolle Nr. …/…) einen Vertrag. Danach sollte der Pachtvertrag vom 17. Juli 1938 bis zumindest zum 31. Dezember 1982 unkündbar sein und die Beklagte monatlich 2.000 DM Pachtzins zahlen; für bestimmte Aufwendungen der Beklagten wurde ihr in dieser Vereinbarung ein teilweiser Ersatz für den Fall der Kündigung des Pachtvertrages vor 1998 durch die Verpächter zugesagt. Im Falle einer Änderung der Preisverhältnisse kann die Pacht auf Grund einer Gleitklausel anders festgesetzt werden; die erforderliche behördliche Genehmigung der Klausel nach § 3 WährG liegt vor. Bis auf die Klägerin haben sich alle Mitglieder der Erbengemeinschaft mit dem Abschluß dieses Vertrages einverstanden erklärt.

Die Klägerin hat vorgetragen: Der Vertrag sei für und gegen sie nicht wirksam geworden. Sie selbst sei nicht beteiligt gewesen. H Da habe kein Recht gehabt, sie zu vertreten. Der Vertrag sei im übrigen für die Erbengemeinschaft wirtschaftlich so ungünstig, daß er nicht zu den Maßnahmen einer ordnungsmäßigen Verwaltung gehöre. Da die Erben verpflichtet würden, der Beklagten einen Teil ihrer Aufwendungen zu ersetzen, und gehalten seien, monatlich 200 DM Pachtzins 15 Jahre lang als Ausgleich für Zinsverluste der Beklagten zu erlassen, enthalte der Vertrag unzulässige Verfügungen.

Die Klägerin hat beantragt, festzustellen,

daß der – im Antrag näher bezeichnete – Pachtvertrag ihr gegenüber unwirksam ist,

hilfsweise,

daß dieser Pachtvertrag insoweit unwirksam ist, als es sich um die in Ziff. III Abs. 1 Satz 2 und Ziff. IV Abs. 2 des Vertrages festgelegten Bestimmungen handelt,

ganz hilfsweise,

festzustellen, daß der Pachtvertrag unwirksam ist,

hilfsweise,

daß er insoweit unwirksam ist, als es sich um die in Ziff. III Abs. 1 Satz 2 und Ziff. IV Abs.2 dieses Pachtvertrages festgelegten Bestimmungen handelt.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und geltend gemacht:

Die Erbengemeinschaft sei bei Abschluß des Vertrages ordnungsgemäß vertreten gewesen und der Vertrag gelte deshalb auch der Klägerin gegenüber.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt diese ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

Das Landgericht hält die Klage schon deshalb für begründet, weil beim Abschluß des Pachtvertrages alle Miterben hätten mitwirken müssen. Es vertritt unter Hinweis auf OLG Königsberg in OLGRspr. 18, 34 = Seuff Arch. 63 Nr. 89; BGB RGRK 11. Aufl. §§ 744 – 746 Anm. 10 und BGHHZ 17, 181, 184 die Ansicht, die Mehrheit einer Erbengemeinschaft könne die überstimmte Minderheit nicht bei der Ausführung des Mehrheitsbeschlusses im Rechtsverkehr mit Dritten wirksam vertreten.

Das Berufungsgericht folgt der überwiegenden Ansicht, nach der die Mehrheitsbeschlüsse der Gemeinschaft nicht nur nach innen wirken, sondern zugleich die Macht begründen können, die Gemeinschaft zu vertreten, weil sie für das handelnde Mitglied (oder die handelnden Mitglieder) die entsprechende Ermächtigung durch die Gemeinschaft enthalten (OLG Kiel Seuff Arch. 61 Nr.131; BGH LM § 2038 BGB Nr. 1 = Recht der Landwirtschaft 1951, 87; BGH Urteil vom 27. Oktober 1956 – IV ZR 126/56 S. 7/8; Staudinger BGB 11. Aufl. § 2038 Rdz. 13; Oegg in BGB RGRK 10. Aufl. § 745 Anm. 1; Planck BGB 4. Aufl. § 2038 Anm. 1; Erman BGB 4. Aufl. § 2038 Anm.2 b; Palandt BGB 29. Aufl. § 2038 Anm. 3 b; Presser JW 1933, 145; Johannsen WM 1970, 573, 574; Lange, Erbrecht § 45 III 6 c S. 573 mit Fußnote 2; Kipp-Coing Erbrecht 12. Bearbeitung § 114 IV 3 b S. 492).

Allerdings hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 14. Dezember 1967 – II ZR 30/67BGHZ 49, 183, 192, 193 diese Ansicht für bedenklich erklärt, weil die Minderheit auf Schadensersatzansprüche beschränkt wäre, falls gar kein Mehrheitsbeschluß vorläge. Er hat jedoch die Frage nicht abschließend beurteilt, weil in dem damals entschiedenen Fall die Mehrheit mit einer Klage zu spät gekommen wäre und entgegen ihrem Willen vollendete Tatsachen geschaffen worden wären, und ausgeführt: In Not- oder Eilfällen könne die Mehrheit nicht von der Minderheit lahmgelegt werden. Wenn Gefahr im Verzuge sei, ein Urteil zu spät kommen würde und mangels Einigkeit der Mitberechtigten vollendete Tatsachen entstünden, könne es die Minderheit nicht in der Hand haben, die Ausführung der beschlossenen Maßnahme zu verhindern und die Mehrheit auf einen Schadensersatzanspruch zu beschränken. Daher müsse ein gemäß § 745 Abs. 1 Satz 1 BGB ergangener Mehrheitsbeschluß in Eil- oder Notfällen von der Mehrheit ausgeführt werden können.

Das Berufungsgericht hat zu der Frage, ob hier ein Eil- oder Notfall gegeben sei, nicht Stellung genommen. Der erkennende Senat ist mangels näherer Feststellungen nicht in der Lage, sie abschließend zu beurteilen. Jedoch ist entgegen den Bedenken des II. Zivilsenats an der Auffassung festzuhalten, die der Entscheidung LM § 2038 Nr. 1 und dem Urteil vom 27. Oktober 1956, s. oben, zugrunde liegt, daß die Mehrheit einen – ordnungsgemäß gefaßten – Mehrheitsbeschluß mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft jedenfalls dann auszuführen berechtigt ist, wenn er Verwaltungsmaßnahmen, nicht Verfügungen betrifft. Im Abschluß des Vertrages, der die Weiterverpachtung des bereits vorher verpachteten Nachlaßgrundstücks an die Beklagte zum Gegenstand hat, ist eine Verwaltungsmaßnahme, nicht eine Verfügung zu sehen (Staudinger BGB 11. Aufl. § 2033 Rdz. 11 und § 2038 Rdz. 2; Urteil vom 27. Oktober 1956; Johannsen aaO). Die Verpachtung als solche lag auch im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung.

Es muß zu langwierigen und mit einer ordnungsgemäßen Verwaltung praktisch unvereinbaren Verzögerungen führen, wenn wichtige Verwaltungsmaßnahmen erst durchgesetzt werden können, nachdem eine widerstrebende Minderheit im Prozeßweg gezwungen worden ist, ihre Zustimmung zu den Maßnahmen zu erteilen und an ihrer Durchführung mitzuwirken. Die meisten Maßnahmen, die bei der Verwaltung insbesondere bedeutender Nachlaßvermögen nötig werden, können nicht ohne Nachteil bis zur Erledigung eines Rechtsstreits aufgeschoben werden. Darauf hat das Oberlandesgericht Kiel bereits im Jahre 1905 in seiner angeführten Entscheidung zutreffend hingewiesen. Es kann schwerlich gesagt werden, daß die Verhältnisse seither einfacher und die Möglichkeiten, schnell zu einer abschließenden gerichtlichen Entscheidung zu kommen, besser geworden seien. Diesem für die Praxis besonders wesentlichen Gesichtspunkt tragen die Bedenken des II. Zivilsenats nicht Rechnung. Seine Erwägung, die Minderheit wäre auf Schadensersatzansprüche beschränkt, falls gar kein Mehrheitsbeschluß vorläge, vermag seine Auffassung nicht zu rechtfertigen. Fehlt es an einem Mehrheitsbeschluß, so ist die Mehrheit nicht ermächtigt, für die Erbengemeinschaft zu handeln, denn diese Ermächtigung wird gerade aus dem – gültigen – Mehrheitsbeschluß hergeleitet. Liegt er in Wirklichkeit nicht vor, so handeln diejenigen, die namens der Erbengemeinschaft auftreten, als Vertreter ohne Vertretungsmacht, und die Rechtsfolgen dieses Handelns bestimmen sich nach §§ 177 ff BGB. Ist aber ein Mehrheitsbeschluß wirksam zustande gekommen, so ist es eher tragbar, daß die widerstrebende Minderheit auf einen Schadensersatzanspruch beschränkt wird, als daß die von der Mehrheit für erforderlich gehaltene Maßnahme verhindert und die Mehrheit ihrerseits auf einen Schadensersatzanspruch gegen die Minderheit verwiesen wird, wenn diese ihre Mitwirkung zu Unrecht verweigert.

Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 18. Juni 1964 – III ZR 244/62 (besprochen in DRiZ 1966, 396 linke Spalte) ausgeführt, die Pflicht zur Mitwirkung des einzelnen Miterben an der Verwaltung des Nachlasses schließe die Möglichkeit nicht aus, die Verwaltung einem oder mehreren der Miterben zu übertragen; die Erben könnten die Verwaltung durch Mehrheitsbeschluß regeln (§§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 BGB), also auch die Verwaltung bestimmten Personen übertragen, eine Maßnahme, die insbesondere bei länger bestehenden und vielköpfigen Erbengemeinschaften zweckmäßig und geboten sein könne. In der Übertragung der Verwaltung auf einzelne Erben liege auch dann eine Maßnahme, die der Erbengemeinschaft, nicht den einzelnen übertragenden Miterben zuzurechnen sei, wenn die Übertragung nicht von allen, sondern nur von der Mehrheit der Miterben gebilligt worden sei; denn nach der gesetzlichen Regelung gelte hier der Wille der Mehrheit als der der Gesamtheit. Zwar erörtert das Urteil nicht ausdrücklich, ob der Mehrheitsbeschluß nur im Innenverhältnis der Miterben wirke oder die mit der Verwaltung beauftragten Miterben ermächtige, die Erbengemeinschaft gegenüber Dritten zu vertreten, da der Fall hierzu keinen Anlaß gab. Es kann indessen kein Zweifel daran bestehen, daß zur Verwaltung auch der für die Erbengemeinschaft verbindliche Abschluß von Rechtsgeschäften mit Dritten gehört. Was hier für die Verwaltung insgesamt gesagt ist, muß folgerichtig auch für einzelne Verwaltungsmaßnahmen gelten.

An dieser Linie ist festzuhalten. Aus dem Urteil des IV. Zivilsenats vom 4. Mai 1955 (BGHZ 17, 181, 184) ist Gegenteiliges nicht herzuleiten; es betrifft, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, eine von einem einzelnen Gesellschafter gemäß § 744 Abs. 2 BGB getroffene Erhaltungsmaßregel, also kein Handeln auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses.

Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt daher u.a. davon ab, ob der Verpachtung des Nachlaßgrundstücks an die Beklagte ein gültiger Mehrheitsbeschluß zugrundeliegt.

II.

1. Das Berufungsgericht hält den Mehrheitsbeschluß deshalb für unwirksam, weil bei ihm Personen mitgewirkt haben, die sowohl Mitglieder der Erbengemeinschaft als auch Gesellschafter der beklagten GmbH waren. Es legt dar, daß bei X Da, die mit 2/6 an der Erbengemeinschaft und mit 12 % an der GmbH beteiligt ist, und in weitaus stärkerem Maße bei H Da, der mit 1/12 an der Erbengemeinschaft und zu 13 % an der Gesellschaft beteiligt und einer ihrer Geschäftsführer ist, dessen Tochter und Mutter weitere 15 % Anteile an der Gesellschaft halten und dessen damals minderjähriger Sohn F Miterbe zu 1/6 ist, die Interessen der Erbengemeinschaft mit denen der Beklagten zusammengetroffen seien. Aus dieser Doppelstellung beider beteiligter Miterben (H und X Da) habe sich für sie die Gefahr einer erheblichen Interessenkollision im Zeitpunkt der Beschlußfassung ergeben. Diese Gefahr einer Kollision in ihren Interessen als Miterben mit denen als Gesellschaftern der Beklagten habe sie deshalb kraft Gesetzes (§ 181 BGB) von jeder Mitwirkung bei der gemeinschaftlichen Beschlußfassung der Erbengemeinschaft Da ausgeschlossen. Es sei in Rechtsprechung und Lehre anerkannt, daß auf die bürgerlich-rechtlichen Gemeinschaften der §§ 743 ff, 2032 ff BGB die in § 114 Abs. 5 Aktiengesetz, § 47 Abs. 5 GmbH-Gesetz, § 43 Abs. 3 Genoss. Gesetz und § 34 BGB vorgesehenen Stimmrechtsausschlüsse wegen Interessenkollision anzuwenden seien. Das habe zur Folge, daß, soweit H und X Da bei der Beschlußfassung über die Verlängerung des Pachtvertrags mitgewirkt hätten, ihre Stimmabgabe rechtlich unwirksam sei und damit ein eindeutig bestimmbares Beschlußergebnis nicht feststehe. Da auch die von H Da als gesetzlichem Vertreter für seinen Sohn F abgegebene Stimme unwirksam sei, könnten für die Stimmabgabe 7/12 der an der Beschlußfassung kraft Gesetzes beteiligten Miterbenanteile nicht gerechnet werden. Es könne auf sich beruhen, ob der Beschluß im übrigen wirksam sei. Denn H Da könne aus ihm auch keine Vertretungsmacht für die Erbengemeinschaft wegen der in seiner Person aufgetretenen in mehrfacher Richtung bestehenden Interessenkollision ableiten. Aus der Beschlußfassung selbst könne er irgendwelche Befugnisse, die Erbengemeinschaft nach außen zu vertreten, nicht herleiten. Einen ausdrücklichen Auftrag und eine entsprechende Vollmacht seitens der allein stimmberechtigten Miterben habe er nicht erhalten. Er sei auch nicht befugt gewesen, als gesetzlicher Vertreter seines Sohnes aufzutreten, weil er unter den Voraussetzungen der §§ 1629 Abs. 2, 1795 BGB sein Kind bei einem Geschäft, das auch ihn selbst als Miterben betroffen habe, nicht habe vertreten können. Schließlich erscheine es zum mindesten als zweifelhaft, ob er als Geschäftsführer der Beklagten nicht auch dann von einer Vertretung der Erbengemeinschaft ausgeschlossen gewesen sei, wenn er nicht in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer aufgetreten sei. Aus jedem einzelnen dieser Gründe folge ebenso wie aus ihrer zusammenhängenden Betrachtung, daß die Klägerin bei Abschluß des Vertrags vom 22. Juni 1962 von dem als vollmachtlosen Vertreter der Erbengemeinschaft handelnden H Da nicht habe vertreten werden können.

Die Revision zweifelt an, ob § 34 BGB auf die Erbengemeinschaft entsprechend angewendet werden könne. Sie meint, Frau X Da sei durch § 181 BGB bei ihrer Stimmabgabe in der Erbengemeinschaft nicht berührt gewesen, da sie keine Vertretungsmacht für die Beklagte habe. § 34 BGB greife bei ihr nicht ein, da sich die Stimmabgabe nicht auf ein Rechtsgeschäft zwischen der Erbengemeinschaft und ihr selbst bezogen habe. Entsprechendes gelte für H Da. Die Tatsache, daß er gleichzeitig Geschäftsführer der Beklagten sei, störe nicht, weil die Abstimmung innerhalb der Erbengemeinschaft „einseitig“ und kein Geschäftsabschluß im Sinne des § 181 BGB sei. Im übrigen habe selbst bei Abzug der 7/12 Anteile von X und H Da noch eine Mehrheit für den Vertragsschluß bestanden, da nur die Klägerin mit 1/6 Anteil dagegen gestimmt habe. Damit liege ein eindeutig bestimmbares Beschlußergebnis fest. Da die Erbengemeinschaft die Eigenschaft H Da als Geschäftsführer der Beklagten gekannt habe, bedeute dessen in der Beschlußfassung liegende Ermächtigung zum Vertragsabschluß zugleich die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB.

2. Nach § 34 BGB ist ein Vereinsmitglied nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlußfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm betrifft; ähnliche Bestimmungen enthalten § 47 Abs. 4 GmbH-Gesetz und § 43 Abs. 3 Genoss. Gesetz. Die Rechtsprechung hat den diesen Bestimmungen wie auch dem § 181 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken auf die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft und die Offene Handelsgesellschaft angewendet (RGZ 136, 236, 245; 162, 370, 373) und auch hier für bestimmte Fälle des Interessenwiderstreits die Stimmenthaltung Beteiligter gefordert. Auch für die Erbengemeinschaft ist anerkannt, daß Interessenwiderstreit dazu führen kann, einem Miterben in bestimmten, ihn betreffenden Angelegenheiten das Stimmrecht zu versagen (BayObLGZ 6, 1906, 326, 332; 1964, 350, 356; 1965, 377, 391; Staudinger BGB 11. Aufl. § 2038 Rdz. 13 a; BGB RGRK 11. Aufl. § 2038 Anm. 8; Palandt BGB 29. Aufl. § 2038 Anm. 3 b; Kipp-Coing Erbrecht 12. Bearbeitung § 114 Anm. 25).

Indessen führt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht jede Interessenkollision zum Ausschluß des Stimmrechts. In dem der zuerst genannten Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes zugrunde liegenden Fall ging es um die Geltendmachung einer Nachlaßforderung gegen einen Miterben. Daß diesem nicht gestattet sein konnte, durch seinen Widerspruch die Durchsetzung des Anspruchs zu verhindern, liegt auf der Hand. Die Bestimmungen der § 34 BGB, § 47 Abs. 4 GmbH-Gesetz und § 43 Abs. 3 Satz 2 Genoss. Gesetz schließen zwar das Stimmrecht stets aus, wenn das Mitglied, der Gesellschafter oder Genosse unmittelbar auf der Gegenseite am Vertrage beteiligt ist, auch wenn dies der Form nach nur mittelbar geschieht, z.B. durch Einschaltung eines Treuhänders (vgl. RGZ 104, 128, 130; 108, 322, 326; 122, 159, 16 Ist dagegen Partner des Geschäfts, über das beschlossen wird, eine juristische Person, dann ist das Stimmrecht grundsätzlich auch für ein Vereinsmitglied, einen Gesellschafter oder einen Genossen selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn er Mitglied dieser juristischen Person ist. Eine Ausnahme wird zwar gemacht, wenn er mit der juristischen Person, die Vertragspartner werden soll, wirtschaftlich identisch ist, wie im Falle der Einmann-GmbH, oder sie beherrscht (Hachenburg GmbH-Gesetz 6. Aufl. § 47 Anm. 19 b; Baumbach-Hueck GmbH-Gesetz 13. Aufl. § 47 Anm. 5 C). Das trifft für H Da angesichts der Beteiligungsverhältnisse an der beklagten Gesellschaft aber nicht zu. (Noch weniger weit als die angeführten Bestimmungen geht das Recht der Aktiengesellschaft: § 114 Abs. 5 aF Aktien-Gesetz und § 136 Abs. 1 Satz 1 nF Aktien-Gesetz haben das Stimmrechtsverbot des früheren § 252 Abs. 3 HGB für Beschlüsse, die die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit einem Aktionär betreffen, nicht übernommen.)

Die hier vertretene Auffassung findet eine wesentliche Stütze darin, daß die angeführten Bestimmungen das Stimmrecht für Geschäfte mit nahen Angehörigen nicht ausschließen, obwohl der Gesetzgeber sonst den Widerstreit der Interessen und Pflichten, der sich aufgrund eines nahen Angehörigkeitsverhältnisses ergeben kann, weitgehend und auf allen möglichen Rechtsgebieten berücksichtigt hat (z.B. in §§ 1795, 1629 BGB, §§ 31 Nr. 2, 32 Nr. 2 KO, § 3 Nr. 2 und 4 AnfGesetz ; §§ 383, 384 ZPO; RG WarnRspr 1913 Nr. 182; BGB RGRK 11. Aufl. § 34 Anm. 2; Soergel-Siebert BGB 10. Aufl. § 34 Anm. 2; vgl. auch Erman BGB 4. Aufl. § 34 Anm. 2: Die Ausdehnung der Stimmrechtsentziehung auf Angelegenheiten naher Verwandter ist nicht angeordnet, aber erwägenswert, aber nicht auf Fälle anderer Interessenkollisionen).

Weiter ist zu erwägen: Daß derjenige, der Mitglied einer Erbengemeinschaft und zugleich Gesellschafter einer GmbH ist, nicht schlechthin vom Stimmrecht ausgeschlossen sein kann, wenn in der Erbengemeinschaft über den Abschluß eines Geschäfts mit der Gesellschaft beschlossen wird, zeigt sich deutlich in dem Falle, daß sämtliche Miterben zugleich Gesellschafter sind. Man kann nicht allgemein sagen, ein Interessenwiderstreit liege hier nicht mehr vor oder er trete zurück. Die Beteiligungen an der Erbengemeinschaft einerseits und der Gesellschaft andererseits können verschieden groß sein, und widersprüchliche Interessen der Miterben und dementsprechend Interessenkollisionen bei einzelnen von ihnen hinsichtlich des mit der Gesellschaft abzuschließenden Geschäftes sind auch in dem gedachten Falle nicht ausgeschlossen. Hier müßte es zu großen Schwierigkeiten und zur Rechtsunsicherheit führen, wollte man die Versagung des Stimmrechts von der mehr oder minder großen Beteiligung der einzelnen Miterben an der Gesellschaft abhängig machen. Vielmehr wird das Stimmrecht einem Miterben lediglich dann zu versagen sein, wenn er die Gesellschaft derart beherrscht, daß alle ihre Handlungen ausschließlich von ihm bestimmt werden. Andererseits wird es auch nicht angehen, dann, wenn von mehreren Miterben nur einer nicht zugleich Gesellschafter ist, diesen allein – und wenn sein Erbanteil noch so gering sein sollte – über den Abschluß von Rechtsgeschäften zwischen Erbengemeinschaft und Gesellschaft bestimmen zu lassen.

Danach waren H und X Da nicht gehindert, an der Beschlußfassung über die Verpachtung des Nachlaßgrundstücks mitzuwirken. H Da war auch nicht gehindert, als Vertreter seines minderjährigen Sohnes F abzustimmen. Es lag weder ein Verhinderungsfall nach § 181 BGB (vgl. BGHZ 52, 316 = NJW 1970, 33) noch nach §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB vor. Die Beklagte ist auch in diesem Zusammenhang als selbständige juristische Person zu werten, so daß der gesetzliche Vertreter nicht, wie es § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB voraussetzt, hinsichtlich des Pachtvertrags auf beiden Seiten tätig geworden ist; es handelte sich nicht um ein Rechtsgeschäft der Miterben untereinander. Im übrigen hätte der Ausfall des Stimmrechts des Sohnes F – 1/6 Anteil – am Ergebnis nichts geändert und wäre schon deshalb bedeutungslos.

Ebensowenig war H Da gehindert, in Ausführung des Mehrheitsbeschlusses für die Erbengemeinschaft zu handeln. Er war dazu durch den Mehrheitsbeschluß legitimiert, wie bereits oben ausgeführt ist. Soweit er für seinen Sohn aufgetreten ist, gilt das oben Gesagte. Der Abschluß des Pachtvertrages enthielt keine Verfügung über einen Nachlaßgegenstand, die von den Miterben nur gemeinschaftlich, also nicht ohne die Mitwirkung der Klägerin hätte vorgenommen werden können, wie ebenfalls bereits ausgeführt ist.

Der Wirksamkeit des Pachtvertrags steht auch nicht entgegen, daß H Da einer der Geschäftsführer der Beklagten ist. Er hat nicht, wie es Voraussetzung für die Anwendung des § 181 BGB wäre, auf deren Seite beim Abschluß des Vertrages mitgewirkt; daß er es hätte tun können, kann dem wirklichen Handeln als Vertreter nicht gleichgestellt werden. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn er in der Beklagten beherrschenden Einfluß hätte. Das trifft nicht zu.

Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil daher nicht gehalten werden. Auch das, was die Klägerin in der Revisionserwiderung vorbringt, reicht hierzu nicht aus. Entgegen ihrer Ansicht bedeutete der Abschluß des Pachtvertrages nicht eine Änderung in der Verteilung der Früchte im Sinne der §§ 2038 Abs. 2, 743 BGB. Der Hinweis auf RGZ 81, 243 geht daher ins Leere.

Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Klägerin vor Abschluß des Pachtvertrags ausreichend Gelegenheit gehabt habe, ihr Meinung mitzuteilen. Wäre dies nicht geschehen, so könnte sie auch aus diesem Umstand nicht die Unwirksamkeit des Pachtvertrags herleiten. Nach herrschender Meinung führt die Unterlassung der Anhörung eines Miterben nicht zur Ungültigkeit des Mehrheitsbeschlusses, sondern nur – wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen – zu Schadensersatzansprüchen (Staudinger BGB 10. Aufl. § 745 Rdz. 3 d, 11. Aufl. Rdz. 3; BGB RGRK aaO § 744 – 746 Anm. 9; Soergel-Siebert Anm. 6; Planck Anm. 1 b; Erman Anm. 1; Palandt Anm. 1, jeweils zu § 745 BGB). Dieser Meinung ist zuzustimmen. Die Rechtssicherheit verlangt, daß der Dritte geschützt wird, der regelmäßig keinen Einblick in die inneren Angelegenheiten der Erbengemeinschaft und das Zustandekommen des Mehrheitsbeschlusses hat. Ob und unter welchen Umständen etwas anderes gilt, wenn die Interessen der Minderheit in grober Weise verletzt werden (vgl. Palandt 29. Aufl. Bemerkung 5 c vor § 709), bedarf keiner Erörterung. Die Klägerin ist zum Vorhaben der Verpachtung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts immerhin gehört worden, wenn auch möglicherweise nicht zu dem Vertrag in der endgültigen Form, und hat sich mit einer langjährigen Verpachtung grundsätzlich einverstanden erklärt. Es liegt kein Fall vor, in dem die Unwirksamkeit des Mehrheitsbeschlusses gegenüber der Klägerin nach § 138 BGB in Betracht käme.

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Pachtvertrag sei wirtschaftlich so ungünstig, daß er nicht als Akt ordnungsmäßiger Verwaltung angesehen werden könne. Auch das verhilft der Klage nicht zum Erfolg. Der Pachtvertrag ist nicht schon dann ungültig, wenn er die Interessen der Erbengemeinschaft nicht in der bestmöglichen Weise wahrt. Nichtig könnte er dann sein, wenn die Vertragspartner in sittenwidriger Weise zusammengespielt hätten, um die Erbengemeinschaft zugunsten der Beklagten zu benachteiligen. Greifbare Tatsachen sind in dieser Hinsicht indessen nicht vorgetragen.

Die Klägerin hat in der Berufungsbeantwortung S. 7 ihre Ansprüche weiter auf §§ 138, 826 BGB gestützt. Das Berufungsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, nicht erörtert, ob diese Bestimmungen die Klageansprüche rechtfertigen. Das ist jedoch nicht der Fall, wie das Revisionsgericht aufgrund des einschlägigen Vortrags der Klägerin und des unstreitigen Sachverhalts selbst zu beurteilen vermag. Die Klägerin trägt vor, die Geschäftsführer Oe und B der Beklagten hätten den Interessenwiderstreit in der Person ihres Vertragspartners, des Mitgeschäftsführers H Da, erkannt und gewußt, daß der notarielle Vertrag gegen den Willen der Klägerin abgeschlossen werde. Dieser Vortrag reicht, seine Richtigkeit unterstellt, nicht aus, die Unwirksamkeit des Pachtvertrags, um die es hier allein geht, zu begründen. Weder der Interessenwiderstreit, in dem sich die an der Beklagten beteiligten Miterben befinden mochten, noch die fehlende Zustimmung der Klägerin mußten den handelnden Geschäftsführern der Beklagten Anlaß geben, vom Abschluß des Pachtvertrags in der ausgehandelten Form abzusehen. Sie waren nicht gehalten, auf diese Umstände Rücksicht zu nehmen, nachdem die Erbengemeinschaft in ihrer Mehrheit sich zum Vertragsabschluß entschlossen hatte, und es könnte ihnen auch dann kein sittenwidriges Verhalten angelastet werden, wenn sie von der fehlenden Zustimmung der Klägerin gewußt hätten.

Danach erweisen sich die Klageanträge einschließlich der Hilfsanträge als unbegründet. Auf die Rechtsmittel der Beklagten ist daher das Berufungsurteil aufzuheben und das landgerichtliche Urteil abzuändern; die Klage ist abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

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