§ 11 Abs 2 GmbHG vom 20.04.1892
Wer nur in Vollmacht des Geschäftsführers einer noch nicht eingetragenen GmbH gehandelt hat, haftet nicht nach GmbHG § 11 Abs 2.
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Frankfurt (Main) vom 18. September 1974 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
R S, der Sohn des Beklagten, gründete am 28. September 1971 zusammen mit W B die „MOWO Wohnungsbaugesellschaft für Modernes Wohnen mit beschränkter Haftung“ und ließ sich zu deren Geschäftsführer bestellen. Noch vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister, die am 16. November 1971 erfolgte, kaufte der Beklagte mit Vollmacht seines Sohnes durch notariellen Vertrag vom 9. November 1971, „handelnd für den Kaufmann R S …, dieser nachstehend handelnd als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Firma MOWO Wohnungsbaugesellschaft für Modernes Wohnen m.b.H. …, Handelsregisterbestätigung und notarielle Vollmacht u. Genehmigungserklärung nachzubringen versprechend“, vom Kläger ein Grundstück. Der Aufforderung, den Kaufpreis zu zahlen, kamen weder die inzwischen eingetragene GmbH noch der Beklagte nach, woraufhin der Kläger das Grundstück an einen anderen veräußerte. Randnummer2
Der Kläger verlangt, gestützt auf § 11 Abs. 2 GmbHG, vom Beklagten als Schadensersatz wegen Nichterfüllung unter anderem die Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 1.630 DM, die er zur Rechtsverfolgung gegen die GmbH auf gewandt habe. Er hat behauptet, der Beklagte sei finanziell an der Gesellschaft beteiligt gewesen und habe deren Geschäfte bestimmend geführt; der Sohn sei nur als sein Strohmann aufgetreten. Randnummer3
Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 1.630 DM verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision, die der Beklagte zurückzuweisen beantragt, möchte der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.
Nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts ist der Beklagte nicht als Handelnder im Sinne des § 11 Abs. 2 GmbHG dem Kläger aus dem für die GmbH vor deren Eintragung abgeschlossenen Kaufvertrag verpflichtet. Randnummer5
Nach der Rechtsprechung des Senats haftet nach dieser Bestimmung, wer als oder wie ein Geschäftsführer unmittelbar oder mittelbar für die künftige GmbH tätig geworden ist (BGHZ 53, 206; 65, 378 m. w. N.). Das war hier der Sohn des Beklagten, der zum Geschäftsführer bestellt gewesen und als solcher am Kopf der Vertragsurkunde auch ausdrücklich aufgeführt ist. Neben ihm haftet nicht auch der Beklagte als Bevollmächtigter. Randnummer6
§ 11 Abs. 2 GmbHG liegt der Gedanke zugrunde, daß die GmbH, in deren Namen gehandelt wird, vor der Eintragung noch nicht existiert und deshalb für den Fall, daß sie nicht entsteht oder nicht in das Geschäft eintritt, dem anderen Teil ein Schuldner gegeben werden muß (BGHZ 65, 378). Dieser Zweck rechtfertigt es, Geschäftsführer oder wie ein Geschäftsführer handelnde Personen, die über einen Geschäftsabschluß namens der GmbH verantwortlich zu entscheiden haben, für das Zustandekommen des versprochenen rechtlichen Kontakts einstehen zu lassen. Er erfordert es aber nicht, auch denjenigen persönlich haftbar zu machen, der lediglich in Vollmacht eines Geschäftsführers aufgetreten und oftmals gar nicht in der Lage ist, die Verhältnisse der Gesellschaft voll zu übersehen und deshalb auch zu wissen, ob und wann sie eingetragen wird (ebenso im Ergebnis K. Schmidt, GmbHRdsch 1973, 146 f; Ulmer in Hachenburg, GmbHG 7. Aufl. § 11 Rdn. 73 m. w. N.; für die AG: Barz in Großkomm. z. AktG 3. Aufl. § 41 Anm. 22; a. M. Riedel, BWNotZ 1976, 34, 51 Anm. 27 a). Randnummer7
Das wäre vor allem dann weder sachgerecht noch überhaupt vertretbar, wenn es sich bei dem Bevollmächtigten um eine untergeordnete Hilfskraft handelt, wie z. B. um einen angestellten Verkäufer, der sich auf seine Vertretungsmacht verlassen hat und verlassen durfte (vgl. BGHZ 51, 30, 36). Mit Recht hat das Berufungsgericht, das als weitere Beispiele den zum Vergleichsabschluß bevollmächtigten Rechtsanwalt und den Architekten anführt, es aber auch abgelehnt, die Anwendung des § 11 Abs. 2 GmbHG im Einzelfall jeweils vom Grad der Selbständigkeit des Bevollmächtigten oder von der Bedeutung seiner Tätigkeit abhängig zu machen. Denn dies würde in einem mit dem Gebot der Rechtssicherheit nicht mehr zu vereinbarenden Maße zu Zweifeln und Unklarheiten führen. Randnummer8
Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Geschäftsgegner verlasse sich in jedem Fall auf die Kredit- und Vertrauenswürdigkeit dessen, der im Namen der GmbH auftrete; es sei mit dem Schutz zweck des § 11 Abs. 2 GmbHG unvereinbar, ihm statt dieses als sicher empfundenen Schuldners einen unsicheren Schuldner zu geben. Wer dem Vertreter einer als Geschäftspartnerin in Aussicht genommenen GmbH gegenübersteht, wird sich bei Anwendung auch nur einiger Sorgfalt von dessen Vertretungsmacht überzeugen und hierdurch erfahren, daß er es (nur) mit einem Bevollmächtigten des Geschäftsführers zu tun hat. Sein Vertrauen wird sich daher auch, wenn nicht in erster Linie, auf die Person des Geschäftsführers richten, wobei sich keineswegs sagen läßt, daß dieser allgemein als Schuldner weniger „sicher“ sei als sein Bevollmächtigter. Im übrigen erkennt auch die Revision, daß § 11 Abs. 2 GmbHG nicht dazu dienen soll, dem Gläubiger einen (wirtschaftlich) sicheren Schuldner zu geben (BGHZ 47, 25, 30). Randnummer9
Zu dem Vorbringen des Klägers, der Beklagte sei wirtschaftlich an der Gesellschaft beteiligt gewesen und habe seinen Sohn nur als „Strohmann“ eingeschaltet, stellt das Berufungsgericht in eingehender und rechtlich fehlerfreier Beweiswürdigung fest, dies sei nicht der Fall. Die Rüge der Revision, es habe hierbei § 448 ZPO verletzt, ist unbegründet. Das Berufungsgericht ist nicht zu dem Ergebnis gekommen, daß für die Darstellung des Klägers eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehe, so daß sich eine Vernehmung des beweispflichtigen Klägers von Amts wegen vielleicht hätte rechtfertigen lassen, sondern es hat vielmehr den Sohn des Klägers, der entgegen jener Darstellung ausgesagt hatte, als glaubwürdig angesehen. Auch die zur Ablehnung eines Wiedereintritts in die mündliche Verhandlung angeführte Überlegung des Berufungsgerichts, der Kläger hätte am Termin vom 26. Juni 1974 teilnehmen und dann dem Sohn des Beklagten Vorhalte machen können, rechtfertigt nicht den von der Revision gezogenen Schluß, das Berufungsgericht habe sein Ermessen nach § 448 ZPO verkannt oder überschritten (vgl. BGH, Urt. v. 6. 3. 57 — IV ZR 303/56, LM ZPO § 448 Nr. 2; Urt. v. 20. 1. 76 — VI ZR 192/74, JZ 1976, 214). Es kann daher auf sich beruhen, ob der Vortrag des Klägers zu diesem Punkt überhaupt schlüssig oder genügend substantiiert ist.
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