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BGH, Urteil vom 8. April 1965 – II ZR 77/63

§ 15 Abs 5 GmbHG, § 398 BGB

Verlangt der Gesellschaftsvertrag zur Abtretung eines Geschäftsanteils die Zustimmung der Gesellschafter, so wird mit der Genehmigung einer Sicherungsabtretung zugleich die Rückabtretung genehmigt, falls die Gesellschafter die Eigenschaft der Abtretung als Sicherungsabtretung kennen.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 5. Februar 1963 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Der Kläger hat am 21. Dezember 1961 den angeblichen Geschäftsanteil des Kaufmanns Tobias R. an der H.-F.-Verleih GmbH über nominell 10.000 DM gepfändet. R. hatte diesen Anteil am 24. August 1961 an den Beklagten sicherungshalber abgetreten.

Der Kläger begehrt festzustellen, dass diese Abtretung rechtsunwirksam sei.

Er führt hierzu aus: Nach § 6 der Satzung der H. sei die Abtretung eines Geschäftsanteils „nur zulässig aufgrund vorheriger Zustimmung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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“. Hieran fehle es, da erst in der Gesellschafterversammlung vom 12. Oktober 1961 Beschluss gefasst worden sei. Die von dieser Gesellschafterversammlung ausgesprochene Genehmigung der Abtretung sei nichtig, da R. nicht geladen worden sei. Auch die Abtretung selbst sei nichtig, da sie ein wucherisches Darlehen sichere.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Mit der Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

1. Das Berufungsgericht legt die Satzung der H. dahin aus, dass eine ohne vorherige Zustimmung vorgenommene Abtretung eines Geschäftsanteils durch nachträgliche Genehmigung wirksam werden könne. Die Revision meint, für eine Auslegung sei kein Raum, da der Wortlaut der Satzung eindeutig sei.

Das Zustimmungserfordernis dient dem Schutz der Gesellschafter. Dieser Schutz kann durch eine vor, bei oder nach der Abtretung erteilte Zustimmung erreicht werden. Es ist nicht sinnvoll, die Abtretung nur bei vorheriger Zustimmung zuzulassen. Daher kann der Wortlaut der Satzung der H. nicht allein maßgeblich sein. Es fehlt jeder vernünftige Grund dafür, dass damit die Möglichkeit nachträglicher Genehmigung ausgeschlossen werden sollte. Auch die Revision vermag keinen anzugeben. Die vom Berufungsgericht gewonnene Auslegung ist daher richtig.

Hierfür ist es ohne Bedeutung, dass es in dem Zustimmungsbeschluss heißt: „Diese Zustimmung soll auch in Abänderung des § 6 der Satzung Gültigkeit haben, da § 6 ausdrücklich besagt, dass eine Verpfändung eines Geschäftsanteils der vorherigen Zustimmung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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bedarf.“ Hierin kommt entgegen der Ansicht der Revision nicht zum Ausdruck, dass nach Ansicht der Gesellschafter der H. nur die vorherige Zustimmung in Betracht kam. Denn sie haben ihre Zustimmung, ohne das Wirksamwerden einer Satzungsänderung abzuwarten, erteilt und die „Satzungsänderung“ nicht zum Handelsregister angemeldet. Daraus erhellt, dass sie ihre nachträgliche Zustimmung für wirksam hielten und selbst für den Fall bekräftigen wollten, dass dazu eine Satzungsänderung erforderlich sei.

2. Die Revision greift die Feststellung des Berufungsgerichts an, die Gesellschafter der H. hätten die Abtretung genehmigt. Sie macht geltend, das Berufungsgericht habe übersehen, dass der Beschluss vom 12. Oktober 1961 die Zustimmung zu einer Verpfändung und nicht zu einer fiduziarischen Abtretung ausspreche.

Dieser Angriff ist unbegründet. In der notariellen Urkunde vom 24. August 1961 bekannte Tobias R., dem Beklagten einen Betrag von 33.000 DM aus Darlehen zu schulden. Er verpflichtete sich, dieses Darlehen zu sichern, und trat zu diesem Zweck den umstrittenen Geschäftsanteil an den Beklagten ab, der sich seinerseits verpflichtete, den Geschäftsanteil zurückzuübertragen, sobald das Darlehen getilgt sei (Hülle Bl. 33 d.A.). Unter Erwähnung dieses Vertrages als eines Abtretungs- und Sicherungsvertrages erteilten die zu der Gesellschafterversammlung der H. vom 12. Oktober 1961 erschienenen Gesellschafter „ihre Zustimmung zu dieser Verpfändung“. Damit kann nur die Zustimmung zu der Rechtsübertragung so, wie sie vorgenommen worden ist, gemeint sein. Das ist ersichtlich auch die Ansicht des Berufungsgerichts.

3. Das Berufungsgericht hält es für unerheblich, dass Tobias R. an dem Zustimmungsbeschluss nicht mitgewirkt hat und zu der Gesellschafterversammlung vom 12. Oktober 1.961 nicht geladen war. Es führt aus, zur Wirksamkeit dieses Beschlusses genüge, dass die übrigen Gesellschafter den Beschluss einstimmig herbeigeführt hätten, weil sich R. in der Urkunde vom 24. August 1961 ausdrücklich verpflichtet habe, dafür zu sorgen, dass die Zustimmung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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erteilt werde.

Grundsätzlich sind Beschlüsse einer Gesellschafterversammlung, zu der nicht alle Gesellschafter geladen worden sind, nichtig, falls nicht alle Gesellschafter erscheinen (BGH WM 1962, 538). Eine Vollversammlung hat nicht stattgefunden, da der veräußernde Gesellschafter bei der Abstimmung über die Genehmigung nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen ist, weil es dabei nicht um ein mit ihm abzuschließendes Rechtsgeschäft geht. Da R. aber nicht gegen die Erteilung der GenehmigungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Erteilung der Genehmigung
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stimmen konnte, ohne gegen den Vertrag vom 24. August 1961 zu verstoßen, kann der Mangel des Gesellschaftsbeschlusses nicht als Nichtigkeitsgrund gewertet werden.

Nun meint allerdings die Revision, R. habe der Übertragung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Übertragung
Übertragung des Geschäftsanteils
an den Beklagten nur zuzustimmen brauchen, wenn die Gesellschafter der H. zugleich der Rückübertragung des Geschäftsanteils auf ihn zustimmten. Daran ist richtig, dass, wenn der Gesellschaftsvertrag zur Abtretung eines Geschäftsanteils die Zustimmung der Gesellschafter verlangt, dieses Erfordernis auch für die Rückübertragung eines fiduziarisch abgetretenen Geschäftsanteils einzuhalten ist. Diese Zustimmung ist aber bereits mit der vorbehaltlosen Genehmigung der treuhänderischen Übertragung als erteilt anzusehen.

a) Bei der Rückübertragung eines sicherungshalber abgetretenen Geschäftsanteils handelt es sich um eine echte Abtretung. Wer seine Gesellschafterstellung einem anderen treuhänderisch überträgt, behält nach Maßgabe des Treuhandvertrages Einfluss auf die Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Treuhänder und kann seine Treugeberrechte nur in der für die Abtretung eines Geschäftsanteils vorgeschriebenen Form der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung (§ 15 Abs. 3 GmbHG) übertragen (RGZ 159, 272, 281/82). Aber der Treuhänder hat, wenn er auch an Weisungen des Treugebers gebunden ist und im Verhältnis zu diesem lediglich die Stellung eines Beauftragten hat, nach außen die Stellung des vollen Rechtsinhabers. Er gibt diese Rechtsstellung auf, wenn er den Anteil an den Treugeber zurücküberträgt. Das Reichsgericht (JW 1931, 2967 Nr. 12) hat den Standpunkt vertreten, dass die Abtretung eines GmbH-Geschäftsanteils auch dann der im Gesellschaftsvertrag geforderten Genehmigung der Gesellschafter bedarf, wenn sie an jemanden vorgenommen wird, in dessen Auftrag und für dessen Rechnung der Zedent an der Gründung der Gesellschaft teilgenommen hat. Dieser Entscheidung ist beizupflichten, da sie dem Zweck des Genehmigungserfordernisses entsprechend verhindert, dass sich jemand über einen Strohmann gegen den Willen der übrigen Beteiligten in eine GmbH hineindrängt. Wenn auch bei der Rückübertragung eines fiduziarisch übertragenen Geschäftsanteils jemand wieder Gesellschafter wird, der dies bereits war, so kann doch der Betreffende, wenn der Gesellschaftsvertrag für die Abtretung eines Geschäftsanteils die Zustimmung der Gesellschafter verlangt, nicht gegen deren Willen wieder Gesellschafter werden, da er diese Stellung nun einmal nach außen hin einem andern übertragen hat und ein Grund für eine Ausnahme von der statutarischen Regelung nicht ersichtlich ist. Es ist daher richtig, wenn Hachenburg (JW 1931, 2967 Anmerkung) und Schilling (in Hachenburg, GmbH § 15 Anm. 51a) der Entscheidung RG JW 1931, 2967 Nr. 12 entnehmen, dass auch die Rückübertragung eines fiduziarisch abgetretenen Geschäftsanteils der gesellschaftsvertraglich für die Abtretung eines Geschäftsanteils verlangten Genehmigung der Gesellschafter bedarf.

b) Der Antrag, eine treuhänderische Abtretung zu genehmigen, hat aber zum Inhalt, es solle zugleich die Rückübertragung genehmigt werden. Wollte man dies nicht annehmen, so würde die Abtretung eines Geschäftsanteils zu Treuhand-, insbesondere Sicherungszwecken, für den Zedenten mit einem Risiko belastet sein, das ihre Verwendung für derartige Zwecke ungebührlich einschränkt. Gesellschafter, die eine treuhänderische Abtretung in Kenntnis dieses Umstandes genehmigen, wissen, dass eine Rückübertragung in Betracht kommt, und rechnen damit, dass der Zedent bei Erfüllung der Rückgewährvoraussetzungen wieder Gesellschafter werden will und werden soll. Für sie kann daher über den Inhalt des Genehmigungsantrages kein Zweifel bestehen. Wollen die Gesellschafter, die über die Genehmigung der fiduziarischen Abtretung eines Geschäftsanteils zu entscheiden haben, die Rückübertragung nicht gleich mitgenehmigen, so kann der Genehmigung ein dahingehender Vorbehalt beigefügt werden. Dann kann der Zedent prüfen, ob er die fiduziarische Abtretung gleichwohl aufrechterhalten und das Risiko auf sich nehmen will, nicht wieder Gesellschafter zu werden. Nur auf diese Weise kann man dem Interesse der Beteiligten allseits gerecht werden.

Da die Gesellschafter der H. GmbH bei Genehmigung der fiduziarischen Abtretung des Geschäftsanteils keinen Vorbehalt gemacht haben, haben sie dessen Rückübertragung an Tobias R. mitgenehmigt. Das Bedenken der Revision, R. habe der Übertragung seines Geschäftsanteils an den Beklagten nur zuzustimmen brauchen, wenn zugleich der Rückerwerb genehmigt würde, geht daher ins Leere.

4. Das Berufungsgericht verneint auch zu Recht, dass die Abtretung des Geschäftsanteils selbst nichtig sei.

Der Beklagte hat sich zwar für hingegebene 30.000 DM, die binnen drei Monaten zurückgezahlt werden sollten, 33.000 DM versprechen lassen. Er gewährte das Darlehen aber einem illiquiden Schuldner, und die Darlehenssumme selbst sollte unverzinslich sein. Diese beiden Faktoren erlaubten die Vereinbarung einer gewissen Risikoprämie. Tatsächlich hat R. das Darlehen innerhalb der Rückzahlungsfrist nicht zurückgezahlt. Das ist nicht einmal bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht geschehen. R. hat daher die Darlehensvaluta mindestens rund 1 1/2 Jahre genutzt. Das zeigt, dass die Risikoprämie weder wucherisch noch sittenwidrig hoch war.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

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Schlagworte: Abtretung im Treuhandverhältnis, Geschäftsanteil, Treuhand, Treuhandverhältnis, Übertragung der Rechtsstellung von Treugeber und Treuhänder, Vinkulierung