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BGH, Urteil vom 9. Dezember 1991 – II ZR 43/91

§ 43 GmbHG

Das ändert freilich nichts daran, daß die Kreditrückführung aus Mitteln des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens eine Auszahlung an die bürgenden Gesellschafter im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG darstellte. Dies löste gegen sie einen Rückzahlungsanspruch aus, der nicht nur auf der im vorliegenden Fall zusätzlich eingreifenden Vorschrift des § 32 b Satz 1 GmbHG, sondern auch auf § 31 Abs. 1 GmbHG beruhte (BGHZ 81, 252, 260; Sen.Urt. v. 2. April 1990 – II ZR 149/89, WM 1990, 757, 758 = ZIP 1990, 642, 643 = GmbHR 1990, 258, 259). Darüber hinaus waren die Gesellschafter, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, der Gesellschaft gegenüber schon vorher verpflichtet, sie von der Rückzahlungsforderung der Kreissparkasse bei deren Fälligkeit freizustellen (Sen.Urt. v. 14. Oktober 1985 aaO; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 13. Aufl. §§ 32 a/b Rdn. 90). Der Beklagte zu 2 war seinerseits als Geschäftsführer grundsätzlich gehalten, diesen Freistellungsanspruch rechtzeitig gegen die Gesellschafter geltend zu machen, damit das Gesellschaftsvermögen geschont wurde. Die Verletzung einer solchen Pflicht kann ebenso wie sonst die gegen § 30 Abs. 1 GmbHG verstoßende Auszahlung selbst zu einem Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer nach § 43 Abs. 2 und 3 GmbHG führen. Die daneben bestehende Erstattungsforderung gegen die Gesellschafter dürfte einem solchen Anspruch unabhängig von deren Zahlungsfähigkeit nicht entgegenstehen.

Es fehlt an einer Grundlage für die Annahme, daß eine etwaige Pflichtverletzung des Beklagten für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist. Dies wäre der Fall gewesen, wenn die Gesellschafter bereit und in der Lage gewesen wären, die Forderung der Kreissparkasse so rechtzeitig zu erfüllen, daß eine Inanspruchnahme der Gesellschaft durch die Bank noch vermieden worden wäre. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen; die im Berufungsurteil enthaltene Bemerkung, der Beklagte habe „dadurch“ – nämlich durch sein Unterlassen – der Gemeinschuldnerin Schaden zugefügt, ist nicht näher durch Tatsachen belegt. Zu der Frage, was geschehen wäre, wenn der Beklagte rechtzeitig an die Gesellschafter herangetreten wäre, hat keine der Parteien etwas vorgetragen. Es wäre Aufgabe des Klägers gewesen, die Ursächlichkeit einer etwaigen Pflichtverletzung des Beklagten darzulegen; auch bei einem Anspruch nach § 43 GmbHG bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz, daß der Geschädigte, hier also die Gesellschaft, den Eintritt eines Schadens und dessen Verursachung durch das pflichtwidrige Verhalten des Schädigers zu beweisen hat. Soweit der Senat zugunsten der Gesellschaft Beweiserleichterungen zugelassen hat, bezog sich das auf Fälle, in denen der Verbleib von Vermögenswerten der Gesellschaft aus Gründen nicht aufzuklären war, für die der Geschäftsführer verantwortlich war, wie insbesondere bei Warenvorratsfehlbeständen, Kassenfehlbeträgen oder infolge nicht ordnungsmäßiger Buchführung ungeklärtem Verbleib von Gesellschaftsmitteln (Sen.Urt. v. 9. Juni 1980  II ZR 187/79, ZIP 1980, 776 f. = WM 1980, 1190 = GmbHR 1980, 298, vom 8. Juli 1985 – II ZR 198/84, ZIP 1985, 1135, 1136 = WM 1985, 1293 = GmbHR 1986, 19 und v. 26. November 1990 – II ZR 223/89, ZIP 1991, 159, 160 = WM 1991, 281 = GmbHR 1991, 101). Darum geht es hier nicht. Der gegen § 30 Abs. 1 GmbHG verstoßende Abfluß von Gesellschaftsmitteln steht fest. Das möglicherweise pflichtwidrige Verhalten des Beklagten bestand aber nicht in der Auszahlung als solcher, sondern darin, daß er es Unterlassen hat, von den Gesellschaftern Freistellung zu verlangen. Ob das unterlassene Verhalten den Schaden nicht hätte eintreten lassen, hängt zumindest auch von Umständen ab, die nicht in seinem Einflußbereich lagen. Es bleibt deshalb dabei, daß der Kläger hätte darlegen und beweisen müssen, daß die pflichtgemäße Geltendmachung des Freistellungsanspruchs dazu geführt hätte, daß die Kreissparkasse die Gemeinschuldnerin nicht hätte in Anspruch zu nehmen brauchen.

 

Schlagworte: allgemeine Regeln, Darlegungs- und Beweislast, Freistellungsanspruch, Geschäftsleiterpflichten, Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Haftung nach § 43 GmbHG, Innenhaftung, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Pflichtverletzung und Kausalität