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BGH, Urteil vom 9. Februar 2009 – II ZR 231/07

§ 705 BGB, § 707 BGB

a) Der Beschluss, der den Gesellschaftern einer Personengesellschaft Nachschusspflichten auferlegt, ist den Gesellschaftern gegenüber unwirksam (§ 707 BGB), die dieser Vermehrung ihrer Beitragspflichten nicht – auch nicht antizipiert (vgl. z.B. Sen. Urt. v. 21. Mai 2007, II ZR 96/06, ZIP 2007, 1458 Tz. 13 ff.; v. 5. März 2007, II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Tz. 13, 16 f.) – zugestimmt haben (Rn.15). Diese Unwirksamkeit kann der Gesellschafter auch dann als Einwendung gegenüber der auf einen solchen Beschluss gestützten Zahlungsklage der Gesellschaft geltend machen, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag Beschlussmängelstreitigkeiten binnen einer bestimmten Frist eingeleitet werden müssen und diese Frist abgelaufen ist (Bestätigung Sen. Beschl. v. 26. März 2007, II ZR 22/06, ZIP 2007, 1368 Tz. 10).

Mangels wirksam erteilter antizipierter Zustimmung der Gesellschafterin wäre sie nur dann zur Nachschussleistung verpflichtet worden, wenn sie den jeweiligen Gesellschafterbeschlüssen zugestimmt hätte (Sen.Urt. v. 19. März 2007 aaO Tz. 15; v. 4. Juli 2005 – II ZR 354/03, ZIP 2005, 1455, 1456).

Die nicht erteilte Zustimmung kann auch nicht deswegen außer Betracht gelassen werden, weil die Gesellschafterin nicht binnen der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Frist die – unterstellt – ohne ihre Zustimmung gefassten Beschlüsse „angefochten“ hat. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass durch eine verfahrensrechtliche Regelung im Gesellschaftsvertrag das mitgliedschaftliche Grundrecht eines Gesellschafters, nicht ohne seine Zustimmung mit weiteren Beitragspflichten beschwert zu werden, nicht ausgehebelt werden darf (Sen.Beschl. v. 26. März 2007 – II ZR 22/06, ZIP 2007, 1368 Tz. 10; Sen.Urt. v. 5. März 2007 – II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Tz. 13, 16 f.). Der betroffene Gesellschafter kann vielmehr die ihm gegenüber bestehende Unwirksamkeit des Beschlusses jederzeit gegenüber dem Zahlungsanspruch der Gesellschaft geltend machen (Sen.Beschl. aaO; Sen.Urt. aaO).

b) Der ehemalige Gesellschafter haftet für in der Zeit seiner Gesellschaftszugehörigkeit entstandene Sozialverbindlichkeiten als Gesamtschuldner neben dem Erwerber des Gesellschaftsanteils dann nicht, wenn die Gesellschafter bereits im Gesellschaftsvertrag ihre Zustimmung nicht nur zur Übertragung des Gesellschaftsanteils, sondern auch zum schuldbefreienden Übergang der Sozialverbindlichkeiten auf den Erwerber erklärt haben.

Die Gesellschafter der Gesellschaft haben in dem – objektiv auszulegenden – § 14 des Gesellschaftsvertrages nicht nur, wie dies nach der früheren, vom Berufungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Senats bereits ausreichend ist (BGHZ 45, 221, 222; zustimmend hierzu Soergel/Hadding, BGB 12. Aufl. § 719 Rdn. 19; Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. § 105 Rdn. 72), vorbehaltlos – mit Ausnahme des unstreitig erfüllten Erfordernisses der (Mit-)Übertragung des Appartements – ihre Zustimmung zu der Übertragung des Gesellschaftsanteils erklärt, sondern sie haben darüber hinaus in § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages – wie dies von den Kritikern der Senatsrechtsprechung gefordert wird (Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1 § 17 III S. 353; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl. § 719 Rdn. 44;Staudinger/Habermeier, BGB [2003] § 719 Rdn. 16; Erman/Westermann, BGB 12. Aufl. § 719 Rdn. 12; Timm/Schöne in Bamberger/Roth, Kommentar zum BGB 2. Aufl. § 719 Rdn. 11; Teichmann, NJW 1966, 2336, 2338 ff.; Ganssmüller, DB 1967, 891, 892 ff.) – dem schuldbefreienden Übergang der Sozialverbindlichkeiten auf den Erwerber zugestimmt. In § 14 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages ist nämlich ausdrücklich geregelt, dass der neue Gesellschafter mit der Abtretung in alle in der Gesellschaft begründeten Rechte und Pflichten seines Rechtsvorgängers eintritt ; davon ausgenommen sind nur die Rechte, die dem Rechtsvorgänger (Veräußerer) höchstpersönlich von der Gesellschaft eingeräumt wurden. „Eintreten“ kann hier im Zusammenhang mit der Benennung des Veräußerers als „Rechtsvorgänger“ nichts anderes bedeuten, als dass der Erwerber an die Stelle des Veräußerers tritt.

c) § 12 des Gesellschaftsvertrages,

„§ 12 Gewinn- und Verlustbeteiligung/Entnahmen

1. Die Gewinn- und Verlustbeteiligung erfolgt jährlich zwischen den Gesellschaftern prozentual im Verhältnis der Tausendstel-Anteile zueinander.“

der lediglich besagt, dass die Gewinn- und Verlustbeteiligung jährlich zwischen den Gesellschaftern prozentual im Verhältnis der Tausendstel-Anteile zueinander zu erfolgen hat, bildet keine wirksame gesellschaftsvertragliche Grundlage für die Geltendmachung jährlicher Zahlungen zum Ausgleich eines nach dem Vertrag so genannten „Verlustes“. Denn die Klausel enthält nicht die nach der ständigen Rechtsprechung erforderliche Obergrenze oder Regelungen über die Eingrenzbarkeit der Vermehrung der Beitragspflichten. Einer solchen Begrenzung bedarf es aber im Hinblick auf § 707 BGB, wenn ein Gesellschafter mit antizipierender Wirkung zustimmen soll. Dies kann der Senat selbst feststellen, weil der Gesellschaftsvertrag der als Publikumsgesellschaft gestalteten Klägerin objektiv auszulegen ist (st.Rspr., Sen.Urt. v. 16. November 1981 – II ZR 213/80, ZIP 1982, 54, 55; v. 19. März 2007 – II ZR 73/06, ZIP 2007, 812 Tz. 18 m.w.Nachw.).

Schlagworte: Allgemeine Feststellungsklage, Anteilsübertragung, antiziperte Zustimmung, Auslegung des Gesellschaftsvertrages, Beiträge der Gesellschafter der GmbH & Co. KG, dritte Kategorie, Einwendung im Prozess, Gesellschafterbeschluss, Haftsumme, Haftung wegen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen gem. § 266a StGB, Inhalt und Auslegung des Gesellschaftsvertrags, Kapitalbeteiligung, Korporative Regelungen, Nachschusspflicht, objektive Auslegung des Gesellschaftsvertrags, Personengesellschaft, Publikumspersonengesellschaft, relative Unwirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses, Sozialverbindlichkeiten