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GmbHG §§ 30, 31, 69 ff., 73; BGB § 826Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
BGB
BGB § 826
a) Eine Existenzvernichtungshaftung des GmbH-Gesellschafters aus § 826 BGB für missbräuchliche, zur Insolvenz der GmbH führende oder diese vertiefende kompensationslose Eingriffe in das der Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienende Gesellschaftsvermögen (vgl. BGH, 16. Juli 2007, II ZR 3/04, BGHZ 173, 246 – TRIHOTEL) kommt auch im Stadium der Liquidation der Gesellschaft (§§ 69 ff. GmbHG) in Betracht.
b) Der für die Existenzvernichtungshaftung nach § 826 BGB bei der werbenden Gesellschaft anerkannte Grundsatz eines verselbstständigten Vermögensinteresses gilt erst recht für eine Gesellschaft in Liquidation, für die § 73 Abs. 1 und 2 GmbHG den Erhalt des Gesellschaftsvermögens im Interesse der Gläubiger in besonderer Weise hervorhebt. Der Liquidationsgesellschaft kann daher ein eigener (Innenhaftungs-)Anspruch aus § 826 BGB gegen den Gesellschafter schon dann zustehen, wenn dieser unter Verstoß gegen § 73 Abs. 1 GmbHG in sittenwidriger Weise das im Interesse der Gesellschaftsgläubiger zweckgebundene Gesellschaftsvermögen schädigt, ohne dass zugleich die speziellen „Zusatzkriterien“ einer Insolvenzverursachung oder -vertiefung erfüllt sind.
c) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 12. Juni 1989 – II ZR 334/87, DB 1989, 1762, 1764) ist ein Verstoß gegen die aus der Organstellung resultierenden Pflichten Sittenwidrig, wenn diese zur Durchsetzung eigener Interessen in einer Weise missbraucht wird, die als grobe Missachtung des Mindestmaßes an Loyalität und Rücksichtnahme zu werten ist, dessen Aufrechterhaltung die Gemeinschaft als für ihre Ordnung maßgebenden Wert für geboten erachtet. In einem prozess gegen sich selbst als Gesellschafter konnte und durfte der Beklagte die Schuldnerin nicht organschaftlich vertreten (RGZ 7, 404, 405; 66, 240, 243; BGH, Beschluss vom 27. November 1974 – IV ZB 42/73, NJW 1975, 345, 346; außerdem BGH, Urteil vom 11. Dezember 1995 – II ZR 220/94, ZIP 1996, 227, 228).
d) Die Verjährung eines Anspruchs nach § 826 BGB richtete sich nach § 852 Abs. 1 BGB a.F (10 Jahre ab existenzvernichtender Handlung). Sonderverjährungsvorschriften des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung fanden und finden auf deliktische Ansprüche keine Anwendung (Sen.Urt. v. 12. Juni 1989 – II ZR 334/87, DB 1989, 1762, 1763).
Kenntnis von Schaden und Schädiger im Sinne des § 852 Abs. 1, 1. Halbsatz BGB a.F. verschaffte der Schuldnerin zwar grundsätzlich der Beklagte als ihr Liquidator. Da der Beklagte aber als Liquidator nicht nur einziges Organ der Schuldnerin, sondern zugleich Schädiger war, war seine Kenntnis im konkreten Fall bedeutungslos (RG, Urt. v. 27. Juli 1936 – VI 122/36, JW 1936, 3111; Urt. v. 29. Juli 1937 – VI 96/37, SeuffArch 92 Nr. 3 S. 4, 6; Sen.Urt. v. 12. Juni 1989 aaO; Schäfer in Staudinger, BGB 12. Aufl. § 852 Rdn. 27). Mangels eines anderen gesetzlichen Vertreters richtete sich der Lauf der Verjährungsfrist nicht nach § 852 Abs. 1, 1. Halbsatz BGB a.F., sondern nach § 852 Abs. 1, 2. Halbsatz BGB a.F. und betrug dreißig Jahre von der Begehung der Handlung an. Bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 war diese Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen. Nach Artikel 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB, § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB verkürzte sie sich lediglich bis zum Ablauf des 31. Dezember 2011. Auf eine Kenntnis des Klägers, der im Oktober 1994 nicht mehr als Konkursverwalter fungierte, konnte es erst wieder mit der Pfändung und Überweisung des Schadensersatzanspruchs am 22. April 2003 ankommen.
e) Noch zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings mögliche Ansprüche der Schuldnerin gegen den Beklagten aus §§ 71 Abs. 4, 43 Abs. 2 und 3 GmbHG wie solche aus § 73 Abs. 3 Satz 1 GmbHG im Zusammenhang mit dem von diesem als Liquidator der Schuldnerin zu deren Nachteil pflichtwidrig erwirkten klageabweisenden Versäumnisurteil gegen sich selbst als Alleingesellschafter als verjährt angesehen.
Der Tatbestand des § 43 Abs. 2 und 3 GmbHG und des § 73 Abs. 3 Satz 1 GmbHG war in einer derartigen, vom Kläger vorgetragenen Situation mit Erlass des Versäumnisurteils am 13. Oktober 1994 vollendet. Damit begann auch der Lauf der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 43 Abs. 4 GmbHG unabhängig davon, ob der Schuldnerin oder dem Kläger die Existenz des Anspruchs bekannt war (Sen.Urt. v. 21. Februar 2005 – II ZR 112/03, ZIP 2005, 852, 853; v. 29. September 2008 – II ZR 234/07, ZIP 2008, 2217 Tz. 16 ff.; v. 12. Juni 1989 – II ZR 334/87, DB 1989, 1762, 1763). Die Verjährungsfrist lief mithin Mitte Oktober 1999 ab und konnte vom Kläger durch die spätere Klageerhebung im hiesigen Verfahren nicht mehr wirksam gehemmt werden.
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 20. Juni 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Konkursverwalter in dem am 10. September 1992 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der hw metallbau GmbH S. (im Folgenden: Gemeinschuldnerin); zugleich war er auch Konkursverwalter in dem an demselben Tag eröffneten – im Jahr 1994 allerdings eingestellten – Konkursverfahren über das Vermögen der hw Sanitary GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Der Beklagte war von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Alleingesellschafter und Geschäftsführer beider Gesellschaften; bei der Schuldnerin ist er – seit der Einstellung des Konkursverfahrens – deren alleiniger Liquidator.
Als Konkursverwalter über das Vermögen der Schuldnerin erhob der Kläger 1994 bei dem Landgericht V. – Az: 4 O 137/94 – gegen den Beklagten Klage auf Zahlung von 1.053.544,62 DM (= 538.668,81 €), die er auf den bei Konkurseröffnung zu Lasten des Beklagten ermittelten Gesamtsaldo zweier – angeblich im Kontokorrent geführten – Verrechnungskonten (Nr. 15 und Nr. 13) bei der Schuldnerin stützte. Während des Rechtsstreits wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Schuldnerin gegen Sicherheitsleistung von 20% einer rechtshängigen – erst später im Jahr 2000 rechtskräftig titulierten – Hauptforderung der Gemeinschuldnerin gegen die Schuldnerin von 555.899,65 € eingestellt; die Sicherheit wurde an den Kläger geleistet. Da das Amt des Klägers mit der Einstellung des Konkursverfahrens endete, beauftragte nunmehr der Beklagte als Liquidator für die Schuldnerin einen neuen Prozessbevollmächtigten und ließ diesen den Rechtsstreit für die Schuldnerin aufnehmen. Anschließend entzog er ihm die Prozessvollmacht, so dass die Schuldnerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 13. Oktober 1994 nicht vertreten war. Auf Antrag des Beklagten erging sodann zu seinen Gunsten ein klageabweisendes Versäumnisurteil, gegen das die Schuldnerin keinen Einspruch einlegte.
Der Kläger erwirkte in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wegen der – nach Verrechnung mit der Sicherheitsleistung verbleibenden – titulierten Restforderung der Gemeinschuldnerin gegen die Schuldnerin in Höhe von 634.284,40 € einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts A. vom 22. April 2003 hinsichtlich folgender Ansprüche der Schuldnerin gegen den Beklagten als Drittschuldner:
„1. Anspruch auf Zahlung eines Betrages von 1.053.544,62 DM (entspricht 538.668,81 €) nebst 4 % Zinsen seit dem 19.04.1994, rechtshängig gewesen in dem Rechtsstreit G. als Konkursverwalter der hw Sanitary GmbH ./. W. – 4 O 137/94 LG V. -,
. Anspruch auf Schadensersatz aus Untreue, vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung und positiver Vertragsverletzung, der daraus entstanden ist, dass der Drittschuldner nach Aufhebung des Konkursverfahrens der hw Sanitary GmbH als Geschäftsführer der nunmehr aktiv legitimierten hw Sanitary GmbH das Verfahren – 4 O 137/94 LG V. – wieder aufgenommen hat, sodann in dem Verhandlungstermin am 13.10.1994 klagabweisendes Versäumnisurteil gegen die hw Sanitary GmbH hat ergehen lassen und gegen dieses Versäumnisurteil keinen Rechtsbehelf eingelegt hat.“
Auf der Grundlage des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (zu Nr. 1) trat der Kläger dem Rechtsstreit 4 O 137/94 vor dem Landgericht V. mit Schriftsatz vom 24. Dezember 2004 als Nebenintervenient auf Seiten der Schuldnerin bei und legte zugleich Einspruch gegen das klageabweisende Versäumnisurteil vom 13. Oktober 1994 ein. Das Landgericht verwarf den Einspruch als unzulässig. Das Oberlandesgericht C. wies die Berufung des Klägers durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO mit der Begründung zurück, dessen Einspruch sei als Prozesshandlung unwirksam, weil er im Widerspruch zu Handlungen und Erklärungen der Schuldnerin als unterstützter Hauptpartei stehe (§ 67 ZPO); diese habe nämlich dadurch, dass sie am 13. Oktober 1994 das Versäumnisurteil gegen sich habe ergehen lassen, zugleich materiellrechtlich wirksam auf die vom Kläger eingeklagte Forderung gegen den Beklagten aus Kontokorrent „verzichtet“.
Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger – gestützt auf Nr. 2 des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses – Schadensersatzansprüche der Schuldnerin gegen den Beklagten im Zusammenhang mit dem Erlass des Versäumnisurteils vom 13. Oktober 1994 u.a. wegen Sittenwidrig vorsätzlicher Schädigung und Verstoßes gegen §§ 71 Abs. 4, 73 Abs. 3, 43 Abs. 3 und 4 GmbHG sowie Rückerstattungsforderungen gemäß §§ 31, 30, 73 Abs. 1 GmbHG geltend; ferner beansprucht er Freistellung von den bisher angefallenen und noch entstehenden Kosten in dem Vorprozess 4 O 137/94 Landgericht V. Der Beklagte leugnet eine Haftung gegenüber der Schuldnerin schon dem Grunde nach und beruft sich im Übrigen auf Verjährung.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der – vom Berufungsgericht unbeschränkt zugelassenen – Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
I. Das Berufungsgericht (OLGR Celle 2007, 644 ff.) hat im Wesentlichen ausgeführt:
Deliktische Ansprüche der Schuldnerin gegen den Beklagten schieden schon deshalb aus, weil sie diesem als ihrem Alleingesellschafter gegenüber kein Bestandsinteresse habe; darüber hinaus mache der Kläger unmittelbare Außenhaftungsansprüche – auch solche aus existenzvernichtendem Eingriff – mit der allein auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gestützten Klage nicht geltend. Ein etwaiger Anspruch aus § 31 GmbHG sei nicht mit gepfändet und dem Kläger zur Einziehung überwiesen worden. Ein eventueller Anspruch aus §§ 43 Abs. 2 und 3, 71 Abs. 4 GmbHG sei verjährt. Ein Kosten-Freistellungsanspruch bestehe ebenfalls nicht.
II. Diese Beurteilung hält – mit Ausnahme der Erwägungen zur Verjährung bezüglich eines Anspruchs aus §§ 43 Abs. 2 und 3, 71 Abs. 4 GmbHG – der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
A. Noch zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings mögliche Ansprüche der Schuldnerin gegen den Beklagten aus §§ 71 Abs. 4, 43 Abs. 2 und 3 GmbHG wie solche aus § 73 Abs. 3 Satz 1 GmbHG im Zusammenhang mit dem von diesem als Liquidator der Schuldnerin zu deren Nachteil pflichtwidrig erwirkten klageabweisenden Versäumnisurteil gegen sich selbst als Alleingesellschafter als verjährt angesehen.
Der Tatbestand des § 43 Abs. 2 und 3 GmbHG und des § 73 Abs. 3 Satz 1 GmbHG war in einer derartigen, vom Kläger vorgetragenen Situation mit Erlass des Versäumnisurteils am 13. Oktober 1994 vollendet. Damit begann auch der Lauf der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 43 Abs. 4 GmbHG unabhängig davon, ob der Schuldnerin oder dem Kläger die Existenz des Anspruchs bekannt war (Sen.Urt. v. 21. Februar 2005 – II ZR 112/03, ZIP 2005, 852, 853; v. 29. September 2008 – II ZR 234/07, ZIP 2008, 2217 Tz. 16 ff.; v. 12. Juni 1989 – II ZR 334/87, DB 1989, 1762, 1763). Die Verjährungsfrist lief mithin Mitte Oktober 1999 ab und konnte vom Kläger durch die spätere Klageerhebung im hiesigen Verfahren nicht mehr wirksam gehemmt werden.
B. Demgegenüber lässt sich ein auf eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung wegen manipulierter Erwirkung des der materiellen Rechtskraft fähigen, klageabweisenden Versäumnisurteils vom 13. Oktober 1994 gestützter Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 826 BGB – der nach der insoweit zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts einen anderen Streitgegenstand betrifft als das mit jenem Versäumnisurteil abgewiesene Zahlungsbegehren aus der Kontokorrentabrede – nicht mit den vom Berufungsgericht herangezogenen Begründungen verneinen.
1. Nach dem vom Berufungsgericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – nicht geprüften und für die Revisionsinstanz daher zu dessen Gunsten zu unterstellenden Vorbringen des Klägers bestand die im Vorprozess erhobene Klageforderung der Schuldnerin gegen den Beklagten auf der Grundlage eines fortgeschriebenen Kontokorrentsaldos noch am 13. Oktober 1994. Deren Realisierung war – nach der Einstellung des Konkursverfahrens – im Rahmen der anschließenden Liquidation der Schuldnerin erforderlich, um die dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugrunde liegende titulierte höhere Restforderung der Gemeinschuldnerin gegen die Schuldnerin zumindest teilweise zu erfüllen.
2. Auf dieser Grundlage ist derzeit vom Bestehen eines – vom Kläger wirksam gepfändeten – Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung schon unter dem Gesichtspunkt einer Existenzvernichtungshaftung des Beklagten gegenüber der Schuldnerin gemäß dem – zeitlich nach Erlass des Berufungsurteils – durch Urteil vom 16. Juli 2007 geänderten Haftungskonzept des Senats (BGHZ 173, 246 – TRIHOTEL; bestätigt in BGHZ 176, 204 Tz. 10 und 13 – GAMMA) auszugehen.
a) Danach wird an dem Erfordernis einer als „Existenzvernichtungshaftung“ bezeichneten haftung des Gesellschafters für missbräuchliche, zur Insolvenz der GmbH führende oder diese vertiefende kompensationslose Eingriffe in das der Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienende Gesellschaftsvermögen festgehalten. Jedoch ist nunmehr die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters an die missbräuchliche Schädigung des im Gläubigerinteresse zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens anzuknüpfen und – in Gestalt einer schadensersatzrechtlichen Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft – allein in § 826 BGB als eine besondere Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung einzuordnen.
b) Die Voraussetzungen einer solchen deliktischen Existenzvernichtungshaftung des Beklagten gegenüber „seiner“ Gesellschaft sind hier nach dem Klägervortrag gegeben:
Der missbräuchliche kompensationslose Eingriff des Beklagten in das im Gläubigerinteresse zweckgebundene Gesellschaftsvermögen liegt in der prozessualen Vereitelung der Durchsetzung des gegen ihn selbst als Alleingesellschafter bestehenden Anspruchs der Schuldnerin durch Herbeiführung des der Rechtskraft fähigen Versäumnisurteils unter gleichzeitigem missbrauch seiner Organstellung als Liquidator der Schuldnerin.
(aa) Die Einflussnahme des Beklagten auf das landgerichtliche Verfahren unter Verstoß gegen prozessuale Vertretungsvorschriften auf der Klägerseite war geeignet, die Schuldnerin Sittenwidrig i. S. von § 826 BGB zu schädigen.
Nach der Rechtsprechung des Senats (Sen.Urt. v. 12. Juni 1989 – II ZR 334/87, DB 1989, 1762, 1764) ist ein Verstoß gegen die aus der Organstellung resultierenden Pflichten Sittenwidrig, wenn diese zur Durchsetzung eigener Interessen in einer Weise missbraucht wird, die als grobe Missachtung des Mindestmaßes an Loyalität und Rücksichtnahme zu werten ist, dessen Aufrechterhaltung die Gemeinschaft als für ihre Ordnung maßgebenden Wert für geboten erachtet. In einem prozess gegen sich selbst als Gesellschafter konnte und durfte der Beklagte die Schuldnerin nicht organschaftlich vertreten (RGZ 7, 404, 405; 66, 240, 243; BGH, Beschl. v. 27. November 1974 – IV ZB 42/73, NJW 1975, 345, 346; außerdem Sen.Urt. v. 11. Dezember 1995 – II ZR 220/94, ZIP 1996, 227, 228).
bb) Der Vorwurf einer anstößigen Manipulation des Verfahrens ist dem Beklagten insofern zu machen, als die Forderung der Schuldnerin tatsächlich bestand und von ihrem Erhalt abhing, ob die Schuldnerin im Stadium der Liquidation ihre verbliebenen Gläubiger (hier: namentlich die Gemeinschuldnerin wegen ihrer schon rechtshängigen, später titulierten Forderung) noch befriedigen konnte. Denn dann geschah die Einflussnahme des Beklagten auf die Schuldnerin als in ihren Interessen verselbständigte Prozessgegnerin mit dem Ziel einer sittenwidrigen „Selbstbedienung“ in Form der unlauteren, eigennützigen Vernichtung der Forderung durch einen der materiellen Rechtskraft fähigen Titel.
cc) Dieser Vermögensentzug wirkte in der vorliegenden besonderen Situation des sich an eine Einstellung des Konkursverfahrens nach § 202 KO anschließenden Liquidationsstadiums insolvenzverursachend oder -vertiefend, weil nach dem Vortrag des Klägers die Schuldnerin durch die prozessuale Forderungsvereitelung infolge des klageabweisenden, nicht angefochtenen Versäumnisurteils (erneut) nicht mehr imstande war, die berechtigte Forderung der Gemeinschuldnerin zu begleichen.
c) Angesichts dessen ist die Vorstellung des Berufungsgerichts, der Alleingesellschafter vermöge „seiner“ GmbH keinen – einen deliktischen Schadensersatzanspruch auslösenden – Schaden zuzufügen, in der „Existenzvernichtungssituation“ nicht haltbar; sie widersprach im Übrigen schon der früheren Senatsrechtsprechung (vgl. insoweit nur: BGHZ 149,10,16 – Bremer Vulkan; 151, 181, 186 – KBV) und steht insbesondere mit der für das Liquidationsstadium allgemein geltenden Gläubigerschutzvorschrift des § 73 Abs. 1 GmbHG nicht in Einklang.
d) Auch die subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB – mindestens Eventualvorsatz – sind nach dem als richtig zu unterstellenden Klägervortrag gegeben: Dafür reichte es aus, dass die faktische dauerhafte Beeinträchtigung des Vermögens der Schuldnerin im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten die voraussehbare Folge des Eingriffs war und der Beklagte diese Rechtsfolge in Erkenntnis ihres möglichen Eintritts billigend in Kauf nahm (BGHZ 173, 246 Tz. 30 – TRIHOTEL).
e) Der Schaden der Schuldnerin besteht im Verlust ihrer Schuldendeckungsfähigkeit gegenüber den Gesellschaftsgläubigern (hier: zumindest der Gemeinschuldnerin) infolge der vom Beklagten Sittenwidrig herbeigeführten Abweisung der Klage der Schuldnerin gegen ihn aus dem Kontokorrent durch das Versäumnisurteil vom 13. Oktober 1994. Er umfasst über den Wert der entzogenen Vermögensposition hinaus auch die der Schuldnerin durch den Prozessverlust adäquat kausal erwachsenen und von ihr verauslagten Prozesskosten.
f) Die solchermaßen auf einen existenzvernichtenden Eingriff des Beklagten gemäß § 826 BGB wegen eines der Schuldnerin im Zusammenhang mit dem Erlass des Versäumnisurteils vom 13. Oktober 1994 zugefügten Schadens gestützte Klage erweist sich nicht aus sonstigen Gründen als abweisungsreif (vgl. § 561 ZPO).
aa) Für die Entstehung des oben beschriebenen Schadens der Schuldnerin als Folge der sittenwidrigen Erwirkung des klageabweisenden Versäumnisurteils durch den Beklagten ist die zwischen den Parteien streitige Frage, ob dieses Versäumnisurteil rechtskräftig geworden ist, nicht entscheidungserheblich. Denn selbst dann, wenn das Versäumnisurteil etwa mangels wirksamer Zustellung nicht in Rechtskraft erwuchs, lag in der bloßen Existenz eines klageabweisenden Titels, dessen Beseitigung die Schuldnerin – wie die vergebliche Nebenintervention des Klägers zeigt – mit dem Risiko eines Unterliegens aus formalen Gründen aktiv betreiben musste, eine schadensrelevante Verschlechterung ihrer Vermögenslage (BGHZ 119, 69, 70 ff.; BGH, Urt. v. 12. Februar 1998 – IX ZR 190/97, WM 1998, 786, 787 f.; Urt. v. 9. Dezember 1999 – IX ZR 129/99, NJW 2000, 1263, 1264; Urt. v. 27. Januar 2000 – IX ZR 354/98, NJW 2000, 1267; Urt. v. 21. Februar 2002 – IX ZR 127/00, NJW 2002, 1414, 1415; Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl. 2003, § 1 IV 1 S. 44).
Im Übrigen ist es dem Beklagten als Schädiger in der vorliegenden Fallkonstellation, in der der Kläger über die Nebenintervention im Vorprozess bereits vergeblich versucht hat, eine Korrektur des vom Beklagten Sittenwidrig erwirkten klageabweisenden Versäumnisurteils zu erreichen, ohnehin unter dem Gesichtspunkt der exceptio doli verwehrt, sich in dem zulässiger Weise eingeleiteten, gemäß § 826 BGB auf Beseitigung der Folgen des vom Beklagten unredlich erwirkten Titels gestützten Schadensersatzprozess auf das (angebliche) Fehlen einer rechtskräftigen Aberkennung der primären Kontokorrentforderung im Vorprozess zu berufen. Soweit – wofür vieles spricht – das Versäumnisurteil aufgrund als wirksam zu behandelnder Zustellung an den für die Schuldnerin neu „bestellten“, vollmachtlosen Prozessbevollmächtigten (vgl. dazu: Zöller/Vollkommer, ZPO 27. Aufl. § 88 Rdn. 9; Bork in Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 88 Rdn. 19) unabhängig von der vergeblichen Nebenintervention des Klägers in materieller Rechtskraft erwachsen ist, wäre eine Berufung des Beklagten hierauf in dem vorliegenden, auf Beseitigung der rechtskräftigen Aberkennung der Primärforderung gerichteten Schadensersatzprozess aus § 826 BGB ohnehin irrelevant.
bb) Ein auf der Grundlage der Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB zu beseitigender Schaden wird auch nicht durch die Annahme des Oberlandesgerichts im Berufungsverfahren des Vorprozesses ausgeschlossen, der Versäumnisentscheidung liege ein konkludenter Forderungsverzicht der Schuldnerin zugrunde. Eine solche Hypothese ist bereits deshalb verfehlt, weil in einer säumnis der Schuldnerin gemäß § 330 ZPO keine rechtsgeschäftliche Erklärung auf Abschluss eines Erlassvertrags liegt, die der Beklagte annehmen und damit die Klageforderung zum Erlöschen bringen konnte. Ein Erklärungswille im Sinne eines „Verzichts“, der materiellrechtlich als Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrages zu verstehen wäre, kann nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht vermutet werden (BGH, Urt. v. 20. Dezember 1983 – VI ZR 19/82, NJW 1984, 1346, 1347 m.w.Nachw.; Urt. v. 15. Juli 1997 – VI ZR 142/95, NJW 1997, 3019, 3021). An die Feststellung des Verzichtswillens und die Annahme eines stillschweigend geschlossenen Erlassvertrages sind vielmehr strenge Anforderungen zu stellen (BGH, Urt. v. 13. Dezember 1989 – IVb ZR 22/89, NJW-RR 1990, 390, 391; Urt. v. 15. Juli 1997 aaO), die das bloße Nichterscheinen im Termin mit der Folge des Ergehens eines Versäumnisurteils nicht erfüllt. Abgesehen davon stehen hier gerade ein Missbrauch der VertretungsmachtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Missbrauch der Vertretungsmacht
Vertretungsmacht
und eine daraus resultierende sittenwidrige „Forderungsvernichtung“ durch den Beklagten in Rede, deren Wirkungen über die Klage aus § 826 BGB nicht nur in prozessrechtlicher, sondern auch in materiellrechtlicher Hinsicht – und damit auch einen manipulierten Erlass erfassend – zu beseitigen sind.
cc) Die sittenwidrige Handlungsweise des Beklagten im Jahr 1994 konnte selbst der für das Verfahren nach Einspruch des Klägers bestellte Notliquidator, zu dessen Agieren im Vorprozess das Berufungsgericht nähere Feststellungen nicht getroffen hat, nicht etwa mit der Folge genehmigen, dass ein Schadensersatzanspruch entfiel. Denn insoweit stand eine Verfügung der Schuldnerin über den Schadensersatzanspruch in Rede, die sie schon nach § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht mehr vornehmen durfte.
dd) Wegen des Verfügungsverbots des § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO kann sich der Beklagte ebenfalls nicht mit Erfolg darauf berufen, die wirksam gepfändeten und dem Kläger zur Einziehung überwiesenen Ansprüche der Schuldnerin gegen den Beklagten seien aufgrund eines zwischen dem Notliquidator der Schuldnerin und dem Beklagten im Jahr 2006 geschlossenen Erlassvertrages erloschen.
g) Da der Kläger als Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin hinsichtlich der Innenhaftungsansprüche der Schuldnerin aus existenzvernichtendem Eingriff (§ 826 BGB) gegen den Beklagten weder eine eigene Forderungszuständigkeit noch ein Gläubigerverfolgungsrecht hat, hat er – nach Einstellung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin – verfahrensrechtlich zutreffend diese Ansprüche pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen (Senat, BGHZ 173, 246 Tz. 36 – TRIHOTEL).
h) Ein Anspruch aus § 826 BGB ist nicht verjährt. Die Verjährung richtete sich nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. Sonderverjährungsvorschriften des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung fanden und finden auf deliktische Ansprüche keine Anwendung (Sen.Urt. v. 12. Juni 1989 – II ZR 334/87, DB 1989, 1762, 1763).
Kenntnis von Schaden und Schädiger im Sinne des § 852 Abs. 1, 1. Halbsatz BGB a.F. verschaffte der Schuldnerin zwar grundsätzlich der Beklagte als ihr Liquidator. Da der Beklagte aber als Liquidator nicht nur einziges Organ der Schuldnerin, sondern zugleich Schädiger war, war seine Kenntnis im konkreten Fall bedeutungslos (RG, Urt. v. 27. Juli 1936 – VI 122/36, JW 1936, 3111; Urt. v. 29. Juli 1937 – VI 96/37, SeuffArch 92 Nr. 3 S. 4, 6; Sen.Urt. v. 12. Juni 1989 aaO; Schäfer in Staudinger, BGB 12. Aufl. § 852 Rdn. 27). Mangels eines anderen gesetzlichen Vertreters richtete sich der Lauf der Verjährungsfrist nicht nach § 852 Abs. 1, 1. Halbsatz BGB a.F., sondern nach § 852 Abs. 1, 2. Halbsatz BGB a.F. und betrug dreißig Jahre von der Begehung der Handlung an. Bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 war diese Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen. Nach Artikel 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB, § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB verkürzte sie sich lediglich bis zum Ablauf des 31. Dezember 2011. Auf eine Kenntnis des Klägers, der im Oktober 1994 nicht mehr als Konkursverwalter fungierte, konnte es erst wieder mit der Pfändung und Überweisung des Schadensersatzanspruchs am 22. April 2003 ankommen.
3. Ein – von Nr. 2 des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erfasster – Schadensersatzanspruch der Schuldnerin gegen den Beklagten als ihren Gesellschafter aus § 826 BGB kommt hier im Hinblick auf die manipulierte Erwirkung des Versäumnisurteils auch bereits wegen sittenwidriger Verletzung der Liquidationsvorschriften (insbesondere: § 73 Abs. 1 GmbHG) – unabhängig vom Vorliegen der speziellen Zusatzkriterien einer Insolvenzverursachung oder -vertiefung – in Betracht.
a) Ein gegenüber den Interessen des Alleingesellschafters verselbständigtes Vermögensinteresse der Gesellschaft kann nach der Rechtsprechung des Senats (Sen.Beschl. v. 7. Januar 2008 – II ZR 314/05, ZIP 2008, 308 Tz. 13) unabhängig von den besonderen Voraussetzungen einer Existenzvernichtungshaftung grundsätzlich auch in sonstigen Fällen einer Sittenwidrig vorsätzlichen Schädigung des Gesellschaftsvermögens durch den Alleingesellschafter bestehen.
b) Der insbesondere in dem neuen Haftungsmodell zum existenzvernichtenden Eingriff im Rahmen des § 826 BGB anerkannte Grundsatz eines verselbständigten Vermögensinteresses der werbenden Gesellschaft gilt erst recht für eine Gesellschaft in Liquidation wie die Schuldnerin, für die § 73 Abs. 1 u. 2 GmbHG den Erhalt des Gesellschaftsvermögens im Interesse der Gläubiger in besonderer Weise hervorhebt (sog. Kapitalerhaltungsgebot in der Liquidation: vgl. dazu: Schulze-Osterloh/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 73 Rdn. 13, 17 m.w.Nachw.). Wie der Senat schon früher (vgl. nur: BGHZ 151, 181, 186 – KBV) hervorgehoben hat, muss die Beendigung der Gesellschaft – außerhalb eines Insolvenzverfahrens – jedenfalls in einem geordneten Liquidationsverfahren erfolgen, in dem die Vermögenswerte der Gesellschaft zunächst zur Befriedigung ihrer Gläubiger zu verwenden sind. Auf keinen Fall ist es den Gesellschaftern erlaubt, der Gesellschaft ihr Vermögen ohne Rücksichtnahme auf ihre gesetzliche Funktion, anstelle ihrer Gesellschafter als Haftungsträger zu dienen, zu entziehen und ihr dadurch die Möglichkeit zu nehmen, ihre Verbindlichkeiten – ganz oder wenigstens teilweise – zu erfüllen. Den Gesellschaftern steht innerhalb wie außerhalb der Liquidation nur der Zugriff auf den zur Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht benötigten Überschuss zu.
Auch und gerade im Stadium der Liquidation greift daher der Grundsatz, dass Schutzobjekt der durch einen deliktischen Anspruch abgesicherten Rücksichtnahmepflicht das im Gläubigerinteresse gebundene Gesellschaftsvermögen selbst ist.
Das führt – im Übrigen im Einklang mit § 73 Abs. 3 GmbHG – zu einem eigenen Anspruch der Liquidationsgesellschaft aus § 826 BGB gegen den Gesellschafter, falls dieser unter Verstoß gegen § 73 Abs. 1 GmbHG in sittenwidriger Weise das im Interesse der Gesellschaftsgläubiger zweckgebundene Gesellschaftsvermögen schädigt. Das Verhältnis dieses Innenhaftungsanspruchs zu etwaigen Außenhaftungsansprüchen der Gläubiger in besonders gelagerten Ausnahmefällen bedarf auch hier keiner abschließenden Klärung (dazu BGHZ 173, 246 Tz. 33 – TRIHOTEL).
Hinsichtlich der Schlüssigkeit des – insoweit für die Revisionsinstanz ebenfalls als richtig zu unterstellenden – Klägervortrags auch in Bezug auf einen derartigen Deliktsanspruch aus § 826 BGB kann auf die entsprechenden Ausführungen unter B 1-3 zur Existenzvernichtungshaftung – soweit nicht die speziellen Zusatzkriterien der Insolvenzverursachung oder -vertiefung betroffen sind – verwiesen werden. Im Übrigen war hier der Verstoß gegen § 73 Abs. 1 GmbHG offenkundig.
C. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts werden auch denkbare gesellschaftsrechtliche Ansprüche aus dem Gesichtspunkt der Kapitalerhaltung von Nr. 2 des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 22. April 2003 erfasst.
1. Als solche kommen Ansprüche der Schuldnerin aus §§ 30, 31 GmbHG – § 30 GmbHG findet bis zum Wegfall der Auszahlungssperre des § 73 Abs. 1 GmbHG auch im Stadium der Liquidation Anwendung (Lutter/Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl. § 73 Rdn. 3) – und aus § 73 Abs. 1, § 31 analog GmbHG nicht nur bei der Auskehrung von Barmitteln, sondern im Hinblick auf Sinn und Zweck der Bestimmungen im Falle jeder Verringerung des Gesellschaftsvermögens in Betracht. Die zu den §§ 30, 31 GmbHG entwickelten Grundsätze (BGHZ 31, 258, 276; 122, 333, 337) sind auf Ansprüche aus § 73 Abs. 1, § 31 analog GmbHG übertragbar. Auch der „Verzicht“ auf eine Forderung gegen den Gesellschafter oder – wie hier – ein prozessuales Fallenlassen im Wege der säumnis kann die Voraussetzungen der §§ 30, 31 GmbHG und der §§ 73 Abs. 1, 31 analog GmbHG erfüllen.
2. Dass hier derartige Ansprüche aus dem Gesichtspunkt der Kapitalerhaltung durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 22. April 2003 mit umfasst sind, kann der Senat durch eigene Auslegung dieses gerichtlichen Hoheitsakts (vgl. dazu: BGH, Beschl. v. 13. April 1983 – VIII ZB 38/82, NJW 1983, 2773, 2774; Urt. v. 14. Januar 2000 – V ZR 269/98, NJW 2000, 1268, 1269) feststellen. Bei der Auslegung steht aus Gründen der Rechts- und Verkehrssicherheit die bestimmte Bezeichnung der Forderung im Vordergrund, die sich allein aus dem objektiven Inhalt des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ergeben muss (BGHZ 13, 42, 44; 93, 82, 83 f.; BGH, Urt. v.14. Januar 2000 aaO). Wie beim prozessualen Anspruchsbegriff genügt die eindeutige Bezeichnung des Lebenssachverhalts zur Angabe der gepfändeten Forderung. Daher ist die Pfändung innerhalb des prozessual einheitlichen Anspruchs nicht auf einzelne materiellrechtliche Anspruchsgrundlagen beschränkt, auch wenn der Gläubiger sich zusätzlich bestimmter juristischer Begriffe zur Bezeichnung der Forderung bedient.
Ausgehend hiervon beschreibt der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 22. April 2003 einen Lebenssachverhalt, der die Tatsachengrundlage sowohl für Ansprüche aus § 826 BGB als auch für Ansprüche aus §§ 30, 31 GmbHG und § 73 Abs. 1, § 31 analog GmbHG liefert. Der Schadensersatzanspruch wegen Existenzvernichtung aus § 826 BGB und der Anspruch aus §§ 30, 31 GmbHG bezeichnen ein und dasselbe prozessuale Streitverhältnis. Zwischen ihnen besteht, soweit sich die Ansprüche überschneiden, Anspruchsgrundlagenkonkurrenz (BGHZ 173, 246 Tz. 40 – TRIHOTEL). Gleiches gilt für das Verhältnis des § 826 BGB zu den §§ 73 Abs. 1, 31 analog GmbHG, da § 73 GmbHG den Kapitalerhaltungsgrundsatz im Liquidationsstadium bestätigt. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der sich ausdrücklich auf deliktische Ansprüche bezog, hat deshalb auch Ansprüche nach §§ 30, 31 GmbHG und nach § 73 Abs. 1, § 31 analog GmbHG zum Gegenstand.
3. Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 31 Abs. 1 GmbHG, der wegen des Verstoßes gegen das Kapitalerhaltungsgebot gemäß § 73 Abs. 1 GmbHG – wie im Falle eines Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 GmbHG – nicht nur auf Wiederbegründung der durch das Versäumnisurteil aberkannten Verbindlichkeit, sondern bei einer fälligen Verbindlichkeit unmittelbar auf Zahlung gerichtet sein kann (BGHZ 95, 188, 193), fehlen – vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet konsequent – Feststellungen. Nach dem bereits im Rahmen von § 826 BGB für die Revisionsinstanz unterstellten Vortrag des Klägers zu den Umständen des Zustandekommens des Versäumnisurteils handelte der Beklagte „böslich“ i. S. von § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG a.F., erwirkte also die Leistung in Kenntnis ihrer Unzulässigkeit (BGHZ 110, 342, 352; 136, 125, 131; Sen.Urt. v. 29. September 2008 – II ZR 234/07, ZIP 2008, 2217 Tz. 23). Dann ist der Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG nicht verjährt:
Sofern dem Beklagten Böslichkeit zur Last fällt, betrug die Verjährungsfrist ursprünglich 30 Jahre, § 195 BGB a.F. Sie verkürzte sich zunächst nach Maßgabe der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB (BGH, Urt. v. 23. Januar 2007 – XI ZR 44/06, ZIP 2007, 624 Tz. 18) ab dem 1. Januar 2002 auf drei Jahre, bevor sie seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts am 15. Dezember 2004 nach Artikel 229 § 12 Abs. 2 EGBGB ab dem 1. Januar 2002 – nicht etwa ab dem 13. Oktober 1994 und damit Ende Dezember 2004 verstrichen – nunmehr zehn Jahre betrug (Sen.Urt. v. 11. Februar 2008 – II ZR 171/06, ZIP 2008, 643 Tz. 24 ff.; Beschl. v. 2. Juni 2008 – II ZA 1/07, ZIP 2008, 1379 Tz. 3; zur zehnjährigen Verjährungsfrist außerdem Sen.Urt. v. 29. September 2008 aaO Tz. 14).
D. Da die Abweisung des Freistellungsanspruchs – vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus konsequent – auf der (rechtsfehlerhaften) Verneinung bereits eines Ersatzanspruchs gemäß dem Klageantrag zu 1 in Bezug auf das im Vorprozess erwirkte Versäumnisurteil beruht und im Übrigen die Kostenfreistellung vom Umfang des Leistungsantrags zu 1 abhängig sein soll, kann das Berufungsurteil auch wegen des Klagebegehrens zu 2 nicht bestehen bleiben.
III. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das Berufungsurteil der Aufhebung; mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO), damit es – ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien und Beweiserhebung – die noch erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Für die weitere Behandlung der Sache durch das Berufungsgericht weist der Senat noch auf Folgendes hin:
1. Nach dem Vortrag des Klägers lagen der streitigen Kontokorrentforderung der Schuldnerin gegen den Beklagten die in den Jahresbilanzen für die Geschäftsjahre 1990 und 1991 sowie das Rumpfgeschäftsjahr 1992 bis zur Konkurseröffnung fortgeschriebenen Salden der betreffenden Konten zugrunde. Soweit der vom Beklagten als Geschäftsführer aufgestellte, vom Steuerberater testierte und vom Beklagten als Alleingesellschafter festgestellte Jahresabschluss 1990 betroffen ist, der zu Lasten des Beklagten für das Konto Nr. 15 eine Forderung der Schuldnerin über 827.735,72 DM ausweist (Anhang Pos. 27, vgl. GA I, 181, 59), kann der Bilanzfeststellung, d.h. ihrer Verbindlicherklärung jedenfalls im Innenverhältnis zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft (vgl. BGHZ 132, 263, 266 – zur KG), die Wirkung eines zivilrechtlich verbindlichen Schuldanerkenntnisses zukommen (vgl. zur Personengesellschaft: Sen.Urt. v. 11. Januar 1960 – II ZR 69/59, BB 1960, 188; v. 13. Januar 1966 – II ZR 68/64, BB 1966, 474; OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Urt. v. 26. November 1993, NJW-RR 1994, 1455, 1458). Danach konnte der Kläger, der in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter die Bilanzen für 1991/92 auf- und festgestellt hat, bei der Fortschreibung der betreffenden Konten, die verbindlichen Ausgangszahlen für 1990 als richtig zugrunde legen. Das bisherige pauschale Bestreiten des Beklagten ist insoweit unsubstantiiert.
2. Vorbehaltlich der weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts sind – wie dargelegt – als Schaden im Rahmen von § 826 BGB ersatzfähig auch die Prozesskosten, die der Schuldnerin selbst bis zum Erlass des Versäumnisurteils vom 13. Oktober 1994 erwuchsen.
Die Erstattung von etwaigen später, d.h. auch nach dem 22. April 2003 entstandenen Vermögensnachteilen der Schuldnerin ist trotz der unter Nummer 2 des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses verwendeten Formulierung: „Anspruch …, der daraus entstanden ist …“ nicht ausgeschlossen, weil der aus einem bestimmten Ereignis erwachsende Schaden als einheitliches Ganzes ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Entstehung einzelner Vermögensnachteile zu betrachten ist (BGHZ 50, 21, 23 f.; 119, 69, 70 f.; BGH, Urt. v. 18. Dezember 1997 – IX ZR 180/96, NJW 1998, 1488, 1489; Urt. v. 1. Dezember 2005 – IX ZR 115/01, NJW-RR 2006, 694 Tz. 23).
Ein Ersatz der auf den Einspruch des Klägers im Jahr 2004 entstandenen Prozesskosten scheitert nicht an dem vom Berufungsgericht herangezogenen Rechtsgedanken des § 254 BGB. Sofern dem Einspruch des Klägers allerdings wegen eines Widerspruchs der nicht mehr durch den Beklagten, sondern durch einen Notliquidator vertretenen Schuldnerin der Erfolg versagt blieb, kommt eine haftung des Beklagten nicht in Betracht, weil damit der Zurechnungszusammenhang zu einem Fehlverhalten des Beklagten im Jahr 1994 unterbrochen war. Im Übrigen fehlen bislang Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, dass sich der Beklagte auch wegen der nach dem 13. Oktober 1994 entstandenen Prozesskosten der Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden anderer auswirken konnte, bewusst war (dazu Oechsler in Staudinger, BGB Neubearb. 2003 § 826 Rdn. 79).
Schlagworte: Außenhaftung, Auszahlung, BGB § 826, Bilanz, Darlehen an Gesellschafter, Durchgriffshaftung, Einlagenrückgewähr, Entzug liquider Mittel, Eventualvorsatz, existenzvernichtende Eingriffe, Existenzvernichtungshaftung, Forderungsverzicht, Gesellschafter, Gesellschaftsgläubiger, gesetzliche Vertretung, GmbHG § 30, Haftung als Liquidator nach § 73 GmbHG, Haftung nach § 43 GmbHG, Haftung während der Liquidation, Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter, Innenhaftung, Kenntnisabhängige Verjährung, kompensationsloser Eingriff, Liquidation, Pfändung und zur Überweisung einziehen, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 3 GmbHG, Prozessvertreter, Rechtsfolgen der Existenzvernichtungshaftung, Rechtsmissbrauch, Schuldanerkenntnis, Sittenwidrigkeit, Stimmrechtsmissbrauch, Verjährung, Verletzung von Schutzgesetzen nach § 823 Abs. 2 BGB, Vermögensübertragung, Vermögensverlagerung, Versäumnisurteil, Verzicht, Voraussetzungen der Existenzvernichtungshaftung, Zahlung