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BGH, Versäumnisurteil vom 16. Februar 2012 – IX ZR 218/10

InsO § 302; StGB § 266a; SGB IV § 24

a) Zwar liegt der Tatbestand des § 266a StGB grundsätzlich nicht vor, wenn der Arbeitgeber seine Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Sozialversicherung wegen Zahlungsunfähigkeit nicht erfüllen kann (BGH, Urteil vom 18. Januar 2007 – IX ZR 176/05, WM 2007, 659 Rn. 17 m. w. N). Der Arbeitgeber ist jedoch nach § 266a Abs. 1 StGB verpflichtet, im Falle eines Mangels an Zahlungsmitteln vorrangig die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung abzuführen und geeignete Vorkehrungen zu treffen, um ausreichende Liquidität zur Begleichung dieser Beiträge bei Fälligkeit bereitzustellen. Notfalls muss er die Auszahlung der Löhne kürzen. Verletzt er diese Pflicht, ist der Tatbestand des § 266a StGB auch dann verwirklicht, wenn der Beitragsschuldner zum Fälligkeitszeitpunkt zahlungsunfähig ist (BGH, Urteil vom 18. Januar 2007 – IX ZR 176/05, WM 2007, 659 Rn. 18; Urteil vom 2. Dezember 2010 – IX ZR 247/09, WM 2011, 88 Rn. 23 m. w. N).

b) Ein nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266a Abs. 1 StGB ersatzfähiger Schaden des Sozialversicherungsträgers entfällt, wenn dieser pflichtgemäß geleistete Zahlungen später nach den Bestimmungen über die Insolvenz- oder Gläubigeranfechtung hätte zurückzahlen müssen (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2010 – IX ZR 247/09, WM 2011, 88 Rn. 19 m. w. N). Die Voraussetzungen eines solchen hypothetischen Kausalverlaufs hat der Schädiger darzulegen und zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2000 – VI ZR 149/99, WM 2001, 162, 164; Urteil vom 18. April 2005 – II ZR 61/03, WM 2005, 1180, 1182; Urteil vom 29. September 2008 – II ZR 162/07, WM 2008, 2213 Rn. 14). Wird ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft nicht eröffnet, gilt Gleiches für eine Gläubigeranfechtung nach den Vorschriften des Anfechtungsgesetzes.

c) Der Geschäftsführer einer GmbH haftet bei einer Vorenthaltung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 266a StGB auch für die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung der Einzugsstelle und für Verzugs- und Prozesszinsen, nicht jedoch für Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV (BGH, Urteil vom 11. Juni 1985 – VI ZR 61/84, ZIP 1985, 996, 998; Beschluss vom 14. Juli 2008 – II ZR 238/07, WM 2008, 2125; Urteil vom 18. November 2010 – IX ZR 67/10, WM 2011, 131 Rn. 16; vom 2. Dezember 2010 – IX ZR 247/09, WM 2011, 88 Rn. 24).

Schlagworte: Anfechtbarkeit der Zahlung, Arbeitnehmeranteile, Außenhaftung, Beitragsvorenthaltung, Darlegungs- und Beweislast, Geschäftsführer, GmbHG § 64 Satz 1, Haftung wegen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen gem. § 266a StGB, Insolvenz, Säumniszuschläge, Schadensersatzanspruch, Verletzung von Schutzgesetzen nach § 823 Abs. 2 BGB, Vorenthalten, Vorrang der Beitragsansprüche, Zahlungen nach Insolvenzreife