§ 30 Abs 1 GmbHG, § 34 Abs 3 GmbHG, § 42 Abs 2 ZPO, § 227 ZPO, § 538 Abs 1 ZPO, § 538 Abs 2 S 1 Nr 1 ZPO, Art 101 Abs 1 S 2 GG
1. Nur dann, wenn neben dem Vorliegen eines Verfahrensfehlers – hier: nicht ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts erster Instanz – außerdem eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme erforderlich wird, kommt eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts nicht in Betracht und es erfolgt eine Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO an das Gericht erster Instanz.
2. Ist zum Zeitpunkt der Fassung des Einziehungsbeschlusses betreffend den Geschäftsanteil eines GmbH-Gesellschafters davon auszugehen, dass die zu zahlende Abfindung bei Eintritt der FälligkeitBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Eintritt der Fälligkeit
Fälligkeit
ganz oder teilweise nur aus dem gebundenen Vermögen gezahlt werden kann und stellt der Beschluss nicht klar, dass die Zahlung nur bei Vorhandensein ungebundenen Vermögens erfolgen darf, ist auf entsprechende Klage hin der Einziehungsbeschluss für nichtig zu erklären. Maßgeblich ist, ob durch die Zahlung eine Unterbilanz der Gesellschaft entsteht oder diese vertieft wird. Das Vorliegen bzw. Vertiefen einer Unterbilanz bestimmt sich nicht nach Verkehrswerten, sondern den Buchwerten einer stichtagsbezogenen Handelsbilanz (Anschluss BGH, 26. Juni 2018, II ZR 65/16, NJW 2018, 900).
4. Dem klagenden Gesellschafter obliegt die Last der Darlegung und Glaubhaftmachung dafür, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Einziehung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einziehung
Einziehung des Geschäftsanteils
Geschäftsanteils
ihm ein Abfindungsanspruch gemäß dem Gesellschaftsvertrag zugestanden hat und bei Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit dieser Abfindung eine Unterbilanz vorgelegen hat oder vertieft worden wäre.
Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das am 01.02.2019 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam – 52 O 77/18 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszugs hat der Verfügungskläger zu tragen.
Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 12.500 € festgesetzt.
Die Berufung des Verfügungsklägers ist zulässig, §§ 511 ff. ZPO.
Sie ist jedoch offensichtlich unbegründet, die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist auch nicht aus anderen Gründen geboten.
Es hat daher die Zurückweisung der Berufung durch einstimmig gefassten Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zu erfolgen. Entgegen der Ansicht des Verfügungsklägers liegt offensichtliche Unbegründetheit des Rechtsmittels vor. Eine solche ist zu bejahen, wenn das erkennende Gericht nach der gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis gelangt, es liege zweifelsfrei mangelnde Erfolgsaussicht vor. Das ist hier der Fall.
1. Es wird zunächst auf die weiter zutreffenden Gründe des Hinweisbeschlusses vom 02.05.2019 Bezug genommen.
Der Vortrag des Verfügungsklägers in den nach Erlass des Beschlusses vom 02.05.2019 eingereichten Schriftsätzen führt zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung.
a. Die Kammer für Handelssachen ist in entsprechender Anwendung von § 246 Abs. 3 S. 2 AktG hier ausschließlich zuständig, eines Antrages an die Zivilkammer auf Abgabe des Verfahrens bedurfte es nicht, wie bereits im Beschluss vom 02.05.2019 ausgeführt.
Dass die Beschlussverfügung vom 16.07.2018 durch die Zivilkammer erlassen worden ist, ist rechtlich nicht erheblich, denn der Senat hat hier über das durch die zuständige Kammer für Handelssachen ergangene Urteil zu entscheiden.
b. An der Entscheidung erster Instanz hat nicht eine zu Recht abgelehnte Richterin mitgewirkt. Es ist auch nicht, worauf bereits mit Beschluss vom 02.05.2019 hingewiesen worden ist, eine Entscheidung des Landgerichts betreffend die in erster Instanz angebrachten Ablehnungsgesuche des Verfügungsklägers vom 22.01., 30.01., 31.01. und 04.02.2019 herbeizuführen.
(1) Der Senat ist gemäß § 538 Abs. 1 ZPO zu einer eigenen Sachentscheidung berufen, so dass ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG nicht vorliegen kann (BGH, Urteil vom 17.03.2008 – II ZR 313/06). Denn nur dann, wenn neben dem Vorliegen eines Verfahrensfehlers – nicht ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts erster Instanz – außerdem eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme erforderlich wird, kommt eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts nicht in Betracht und es erfolgt eine Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 2 S. 1, Nr. 1 ZPO an das Gericht erster Instanz. Mit der zitierten Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof ausdrücklich gegen eine in der Literatur vertretene Auffassung entschieden, wonach eine fehlerhafte erstinstanzliche Entscheidung über eine Befangenheitsablehnung grundsätzlich stets zur Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszugs zu erfolgen hat. Da das Berufungsgericht eine zweite Tatsacheninstanz ist, ist das Recht des Verfügungsklägers auf den gesetzlichen Richter gewahrt, wenn das Berufungsgericht in ordnungsgemäßer Besetzung in der Sache entscheidet, wie dies hier der Fall ist.
(2) Abgesehen davon sind die genannten Ablehnungsanträge nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen zu begründen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Der Umstand, dass die Vorsitzende dem Antrag des Verfügungsklägers auf Verlegung des Termins vom 01.02.2019 nicht stattgegeben hat, ist nicht geeignet, Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit zu begründen. Der Verfügungskläger hat geltend gemacht, aus Urlaubsgründen an der persönlichen Wahrnehmung des Termins vom 01.02.2019 gehindert zu sein. Dass die Verlegung des Termins seitens des Landgerichts mit der Begründung verweigert worden ist, im vorliegenden Eilverfahren hätte bereits Ende Oktober 2018 der Termin zur mündlichen Verhandlung stattfinden sollen, ist nicht zu beanstanden angesichts der Umstände, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits vom 09.07.2018 und die entsprechende Beschlussverfügung vom 16.07.2018 datierte und mehrere anberaumte Termine sowohl auf Antrag des Verfügungsklägers als auch der Verfügungsbeklagten bereits verlegt worden waren.
Die Entscheidung über einen Terminverlegungsantrag steht im pflichtgemäßen Ermessen des Richters (§ 227 ZPO), die Verlegung kann abgelehnt werden, wenn es an einem erheblichen Grund für die Verlegung fehlt. Nach allgemeiner Ansicht in Rechtsprechung und Literatur hat dann eine Terminverlegung zwingend stattzufinden, wenn die Aufrechterhaltung des Termins für die betroffene Partei schlechthin unzumutbar wäre und die Verweigerung der Verlegung das Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt oder auf eine willkürliche Benachteiligung einer Prozesspartei hinausläuft, weil bereits dem Verlegungsgesuch der Gegenpartei entsprochen worden ist und das Verlegungsgesuch der ablehnenden Partei – auch bei Mitberücksichtigung der prozessualen Situation – sachliche Gründe nicht minderen Gewichts aufweist (s. hierzu Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 30.09.1998 – 1 W 32/98). Diese Voraussetzungen für eine zwingende Terminverlegung sind vorliegend nicht erfüllt.
Das nach der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2019 angebrachte Ablehnungsgesuch des Verfügungsklägers vom 04.02.2019 ist unzulässig, da es sich auf Vorkommnisse in der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2019 stützt, ohne dass der Verfügungskläger dies zum Anlass genommen hätte, in der mündlichen Verhandlung ein Ablehnungsgesuch anzubringen.
c. Entgegen der Ansicht des Verfügungsklägers liegt ein rechtlich verbindliches Anerkenntnis der Verfügungsbeklagten nicht vor. Auf die weiter zutreffenden Ausführungen in dem Hinweisbeschluss vom 02.05.2019 wird Bezug genommen.
Rechtlich unerheblich ist der in der Berufung neue Vortrag des Verfügungsklägers, der Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten habe deren Verfahrensbevollmächtigten angewiesen, ein Anerkenntnis abzugeben. Maßgeblich ist das nach außen in Erscheinung getretene Prozessverhalten dieses Verfahrensbevollmächtigten, der in der mündlichen Verhandlung erster Instanz keine entsprechende Erklärung abgegeben, sondern im Gegenteil die Aufhebung der Beschlussverfügung vom 16.07.2018 und die Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt hat.
d. Das vorliegende Verfügungsverfahren ist sehr wohl das der Beschlussanfechtungsklage vorgeschaltete einstweilige Rechtsschutzverfahren, denn bis zur Entscheidung über die Beschlussanfechtungsklage möchte der Verfügungskläger erreichen, seine Rechte als Gesellschafter zu sichern, um diese wahrnehmen zu können.
2. Der Vortrag des Verfügungsklägers, die Einziehung seines Geschäftsanteils sei rechtsunwirksam, da im Gesellschaftsvertrag der Verfügungsbeklagten eine hinreichende Regelung betreffend die Abfindung nicht enthalten sei, ist unrichtig. Der Gesellschaftsvertrag enthält in § 14 eine Regelung, wie die Höhe der Abfindung zu berechnen ist.
3. Der Verfügungskläger macht nunmehr in der Berufung geltend, die Einziehung seines Geschäftsanteils sei unwirksam, denn die zu zahlende Abfindung könne nicht aus dem freien Gesellschaftsvermögen geleistet werden. Dieser Vortrag verhilft dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg.
Nach §§ 30 Abs. 1, 34 Abs. 3 GmbHG darf die nach dem Gesellschaftsvertrag an den ausscheidenden Gesellschafter zu zahlende Abfindung aus dem Vermögen der Gesellschaft nur geleistet werden, soweit dadurch das Stammkapital der Gesellschaft nicht vermindert wird (sog. Kapitalerhaltungsgebot). Ist zum Zeitpunkt der Fassung des Einziehungsbeschlusses davon auszugehen, dass die zu zahlende Abfindung bei Eintritt der FälligkeitBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Eintritt der Fälligkeit
Fälligkeit
ganz oder teilweise nur aus dem gebundenen Vermögen gezahlt werden kann und stellt der Beschluss nicht klar, dass die Zahlung nur bei Vorhandensein ungebundenen Vermögens erfolgen darf, ist auf entsprechende Klage hin der Einziehungsbeschluss für nichtig zu erklären. Maßgeblich ist, ob durch die Zahlung eine Unterbilanz der Gesellschaft entsteht oder diese vertieft wird, das Vorliegen bzw. Vertiefen einer Unterbilanz bestimmt sich nicht nach Verkehrswerten, sondern den Buchwerten einer stichtagsbezogenen Handelsbilanz (BGH, Urteil vom 26.06.2018, II ZR 65/16).
Dem Verfügungskläger obliegt die Last der Darlegung und Glaubhaftmachung dafür, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Einziehung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einziehung
Einziehung des Geschäftsanteils
Geschäftsanteils
ihm ein Abfindungsanspruch gemäß § 14 des Gesellschaftsvertrages zugestanden hat und bei Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit dieser Abfindung eine Unterbilanz vorgelegen hat oder vertieft worden wäre (Strohn, in Münchner Komm./GmbHG, 3. Aufl., § 34 Rn 216).
Der Verfügungskläger trägt weder hinreichend vor, dass ihm überhaupt ein Abfindungsanspruch zusteht – ein solcher berechnet sich im Übrigen wohl nicht nach dem Verkehrswert seines Geschäftsanteils, sondern nach dem in § 14 des Gesellschaftsvertrags geregelten Verfahren – noch, dass eine Unterbilanz der Gesellschaft zum maßgeblichen Stichtag vorgelegen hat. War zum 23.05.2018 die Bilanz zum 31.12.2017 nicht erstellt, so wäre auf die vorhergehende Bilanz abzustellen gewesen. Die Darstellung von Verbindlichkeiten der Verfügungsbeklagten ist angesichts der notwendigen bilanziellen Betrachtung unzureichend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Da diese Entscheidung unanfechtbar ist (§§ 542 Abs. 2, 574 Abs.1 ZPO), erübrigen sich Bestimmungen betreffend die Vollstreckbarkeit.
Der Streitwert war in Ermangelung anderer Anhaltspunkte für die Wertbemessung auf den Nennbetrag des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Geschäftsanteils
Nennbetrag des Geschäftsanteils
des Verfügungsklägers festzusetzen, § 3 ZPO.
Schlagworte: Kaduzierung, Kapitalerhaltung, Kapitalerhaltung nach § 30 und § 31 GmbHG, Kapitalerhaltung und Einziehung nach § 34 GmbHG, Rechtsfolgen bei Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot, Verstoß gegen Kapitalaufbringung- und Kapitalerhaltung dienende Bestimmungen