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OLG Brandenburg, Urteil vom 27.01.2015 – 6 U 76/13

§ 138 Abs 1 BGB, § 181 BGB, § 546a Abs 1 BGB, § 581 Abs 2 BGB, § 43 Abs 2 GmbHG

1. Eine, wenn auch vorfristige, Erhöhung eines moderaten Pachtzinses im Rahmen einer Änderungsvereinbarung erstmals nach sieben Jahren auf einen Betrag, der noch unterhalb der ortsüblichen Pacht liegt, muss nicht gegen die Grundsätze der Rechts- und Sittenordnung verstoßen.

Diese ist entgegen der Ansicht der Berufung ebenfalls nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB). Die Vereinbarung eines höheren Pachtzinses unter Nichteinhaltung der dafür vorgesehenen Fristen stellt sich für die Beklagte zwar als nachteilig dar, weil sie früher als vertraglich vereinbart eine höhere finanzielle Belastung tragen muss. Nicht jedes für eine Partei wirtschaftlich nachteilige Geschäft ist aber zugleich sittenwidrig, sondern nur ein solches, das seinem Inhalt oder seinem Gesamtcharakter nach mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung unvereinbar ist (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 73. Aufl. 2014, § 138 Rdnr. 7), wobei die Beurteilung den objektiven Gehalt der Vereinbarung, die Umstände, die zu ihrem Abschluss geführt haben sowie die Absichten und Motive der Parteien zu berücksichtigen hat. Die, wenn auch vorfristige, Erhöhung des – für die vereinbarte Lagergröße von ca 1.000 qm – moderaten Pachtzinses erstmals nach sieben Jahren auf einen Betrag, der noch unterhalb der ortsüblichen Pacht liegt, verstößt allerdings bei der gebotenen Gesamtabwägung nicht gegen die Grundsätze der Rechts- und Sittenordnung.

2. Eine haftungsbegründende Pflichtverletzung des Geschäftsführers i.S.d. § 43 Abs. 2 GmbHG scheidet regelmäßig aus, wenn die Gesellschafterversammlung den Geschäftsführer zu dem – später beanstandeten – Verhalten anweist, wobei es bei der Weisung des Alleingesellschafters einer Einpersonen-Gesellschaft keines förmlichen Gesellschafterbeschlusses bedarf. Dies gilt auch dann, wenn der Alleingesellschafter Geschäftsanteile treuhänderisch für nicht unmittelbar am Gesellschaftsvermögen beteiligte Dritte hält, da auch dem treuhänderischen Gesellschafter grundsätzlich die volle Rechtsstellung eines GmbH-Gesellschafters zukommt (vergleiche BGH, Urteil vom 14. Dezember 1970, II ZR 161/69).

An einer Pflichtverletzung im Sinne des § 43 Abs. 2 GmbHG fehlt es im Streitfall nämlich bereits deshalb, weil der Kläger nicht nur Geschäftsführer, sondern zugleich – jedenfalls formal – Alleingesellschafter der Beklagten war. Eine haftungsbegründende Pflichtverletzung des Geschäftsführers im Sinne des § 43 Abs. 2 GmbHG scheidet regelmäßig dann aus, wenn die Gesellschafterversammlung den Geschäftsführer zu dem – später beanstandeten – Verhalten anweist. Soweit der Geschäftsführer durch ein solches angewiesenes Verhalten nicht gegen gesetzliche Pflichten, wie insbesondere aus den Vorschriften der §§ 30, 64 GmbHG verstößt, muss er die Weisungen der Gesellschafterversammlung befolgen. Da er in diesem Fall im Einklang mit dem obersten Willensbildungsorgan der Gesellschaft handelt, scheidet eine Haftung gegenüber der Gesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG auf Ersatz des dadurch verursachten Schadens aus (BGH, Urt. v. 26. Oktober 2009 – II ZR 222/08 -, NJW 2010, 64). Der Vollzug einer Weisung, zu dem der Geschäftsführer gegenüber der GmbH verpflichtet ist, ist im Verhältnis zur Gesellschaft deshalb selbst dann nicht pflichtwidrig, wenn dadurch Gesellschaftsvermögen geschmälert wird (Baumbach/Hueck, a.a.O., § 43 Rdnr 33), solange die Gesellschaft dadurch nicht in ihrer Existenz bedroht wird (BGHZ 119, 257, zit. nach juris Rdnr. 7) .

Bei Weisung des Alleingesellschafters einer Einpersonen-Gesellschaft bedarf es dazu keines förmlichen Gesellschafterbeschlusses. Entsprechendes gilt, wenn der alleinige Gesellschafter zugleich als Geschäftsführer handelt (BGH, a.a.O.).

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Alleingesellschafter, wie hier, Geschäftsanteile – zugleich – treuhänderisch für nicht unmittelbar am Gesellschaftsvermögen beteiligte Dritte hält. Ein Treuhänder erwirbt das Treugut als Eigentum zu vollem Recht, seine Verfügungen erfolgen im eigenen Namen und aus eigenem Recht (Palandt-Bassenge, a.a.O., § 903 Rdnr. 39), deshalb kommt dem treuhänderischen Gesellschafter grundsätzlich die volle Rechtsstellung eines GmbH-Gesellschafters zu (BGH, Urt. v. 14.12.1970 – II ZR 161/69 -, BB 1971, 368). Dies gilt auch im Verhältnis zu den Geschäftsführern, deshalb sind für etwaige Haftungsbefreiungen von Geschäftsführern die Weisungen von Treuhändern von Bedeutung, die Weisungen der Treugeber bleiben dagegen grundsätzlich unbeachtlich. Daran ändert sich nichts, wenn der treuhänderische Alleingesellschafter und der Geschäftsführer personenidentisch sind. Denn die Gesellschafterstellung im Sinne des § 43 GmbHG ist grundsätzlich formal zu beurteilen (BGHZ 118, 107, zit. nach juris, Rdnr. 8). Lediglich aus Gründen des Gläubigerschutzes hat der Bundesgerichtshof in eng begrenzten Fällen die Gesellschafterstellung nach funktionalen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten bestimmt und in Ausnahmefällen eine Gesellschafterhaftung desjenigen für die Kapitalaufbringung und -erhaltung begründet, der einen Dritten als Strohmann einsetzt (vgl. BGHZ 118, 107, a.a.O.; BGHZ 31, 258, zit. nach juris Rdnr. 48; BGH, Urt. vom 03.11.1976 – I ZR 156/74 -, WM 1977, 73, zit. nach juris). Dies entspringt dem Bedürfnis, die im Gläubigerinteresse unverzichtbaren Regeln über die Aufbringung und Erhaltung des StammkapitalsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Erhaltung des Stammkapitals
auch in den Fällen wirksam zur Anwendung zu bringen, in denen ein wirtschaftlich potenter Treuhänder sich zur Gründung einer GmbH eines Strohmannes bedient und die gesetzliche Sicherung des Aufkommens bzw. des Erhalts des Stammkapitals dadurch gefährdet. Ein solcher Fall, in dem der Gläubigerschutz betroffen ist, liegt hier ersichtlich nicht vor.

Schlagworte: Alleingesellschafter, Alleingesellschafter und -geschäftsführer, haftung des, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Weisung der Gesellschafter, Weisungen gegenüber Geschäftsführern