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BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 9. Oktober 2000 – 1 BvR 1627/95

1a. Einschränkungen der Befugnis oder rechtlichen Möglichkeit, sich rechtsgeschäftlich zu betätigen oder ein Unternehmen nach eigenen Vorstellungen zu führen, berühren neben dem Schutzbereich des GG Art 2 Abs 1 auch den Schutzbereich des GG Art 12 Abs 1, wenn sie sich unmittelbar auf die Berufsausübung beziehen oder aber zumindest eine objektiv berufsregelnde Tendenz haben (st Rspr; vgl BVerfG, 1998-02-17, 1 BvF 1/91, BVerfGE 97, 228).

1b. Da GG Art 12 Abs 1 auf möglichst unreglementierte berufliche Betätigung abzielt, ist auch die Aufbürdung von Belastungen mit dem Ziel, die Normadressaten zum Abschluss bzw zur Aufrechterhaltung bestimmter Verträge zu bewegen, als Eingriff in die durch GG Art 12 Abs 1 geschützte Berufsausübungsfreiheit anzusehen (vgl BVerfG, 1998-11-10, 1 BvR 1081/97, BVerfGE 99, 202).

2. Bei den Vorschriften des GWB § 26 Abs 2 S 2, § 37a Abs 2 und § 38 Abs 1 Nr 4 F: 1990-02-20 (juris: WettbewG) handelt es sich um verfassungsrechtlich unbedenkliche Regelungen der Berufsausübung (vgl BVerfG, 1982-07-12, 1 BvR 1239/81, WuW/E VG 293).

Im vorliegenden Verfahren haben der Bundesgerichtshof und das Bundeskartellamt ihre Beschlüsse auf § 26 Abs. 2 Satz 2, § 37 a Abs. 2, § 38 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Februar 1990, BGBl I S. 235) gestützt. Bei diesen Vorschriften handelt es sich um verfassungsrechtlich unbedenkliche Regelungen der Berufsausübung (vgl. hierzu bereits BVerfG, Beschluss vom 12. Juli 1982 – 1 BvR 1239/81 -). Es steht außer Frage, dass der mit der Schaffung von § 26 Abs. 2, § 37 a Abs. 2 und § 38 Abs. 1 Nr. 4 GWB verfolgte Zweck, den freien Wettbewerb vor missbräuchlicher Ausübung wirtschaftlicher Machtstellungen zu schützen (vgl. hierzu insbesondere die amtlichen Begründungen zu den verschiedenen Fassungen des kartellrechtlichen Diskriminierungsverbots: BTDrucks II/1158, S. 22, 24, 27, 43; BTDrucks VI/2520, S. 14 f., 19, 34 f.; BTDrucks 11/4610, S. 10 ff., 21 ff.), zu den durch die Verfassung anerkannten Belangen des Allgemeinwohls zählt (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 16 GG), die grundsätzlich geeignet sind, Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit zu rechtfertigen. Dadurch, dass eine wettbewerbswidrige Diskriminierung nur im Falle einer unbilligen Behinderung oder einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung angenommen werden kann, wird auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juli 1982 – 1 BvR 1239/81 -).

3. Zu Umfang und Grenzen der Nachprüfung gerichtlicher Entscheidungen durch das BVerfG vgl BVerfG, 1964-06-10, 1 BvR 37/63, BVerfGE 18,85 sowie 1993-05-26, 1 BvR 208/93, BVerfGE 89, 1.

4a. Aus dem Diskriminierungsverbot des GWB § 26 Abs 2 kann auch ein Gebot zum positiven Handeln, insbesondere dem Eingehen von Geschäftsbeziehungen resultieren. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn zur Erzwingung der durch GWB § 26 Abs 2 begründeten Verhaltenspflichten marktstarker Unternehmen aus der Regelung des GWB § 37a Abs 2 eine Befugnis abgeleitet wird, durch Ordnungsverfügung ein Gebot zur Aufnahme bestimmter Geschäftsbeziehungen zu begründen (Kontrahierungszwang).

Die Beschwerdeführerin macht in Bezug auf die von ihr gerügte Verletzung ihrer Berufsausübungsfreiheit im Wesentlichen geltend, dass sich aus § 26 Abs. 2 Satz 2, § 37 a Abs. 2 GWB keine Ermächtigungsgrundlage für die mit dem Beschluss des Bundeskartellamts herbeigeführte Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit ableiten lasse und dass sowohl der Bundesgerichtshof als auch das Bundeskartellamt bei der nach § 26 Abs. 2 Satz 2 GWB gebotenen Interessenabwägung die Bedeutung und das Gewicht der Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin verkannt hätten. Beide Annahmen treffen im Ergebnis nicht zu. Zur Frage der Reichweite der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage macht die Beschwerdeführerin geltend, dass § 37 a Abs. 2 GWB die Kartellbehörden lediglich dazu ermächtige, ein bestimmtes wettbewerbswidriges Verhalten zu untersagen. Der angegriffene Beschluss des Bundeskartellamts sei zwar formal in das Gewand einer bloßen Untersagungsverfügung gefasst, wirke der Sache nach aber als Gebot zu konkretem positivem Handeln. Hieraus lässt sich jedoch kein Verstoß gegen Verfassungsrecht ableiten. Der Bundesgerichtshof hat sich in dem angegriffenen Beschluss mit der Reichweite der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage zwar nicht näher befasst, wohl aber auf einen Beschluss vom 15. November 1994 (BGHZ 127, 388) hingewiesen, in dem unter anderem Folgendes ausgeführt ist:

Verfügungen der Kartellbehörde müssen sich auf das Verbot des beanstandeten Verhaltens beschränken, denn es muss dem Unternehmen überlassen bleiben, auf welche Weise es dieses Verhalten abstellt. Wenn zur Beseitigung der verbotenen Wettbewerbsbeschränkung nur ein bestimmtes Verhalten in Betracht kommt, ist die Befugnis, das zu beanstandende Verhalten zu untersagen, nicht deshalb ausgeschlossen, weil es für den Verfügungsadressaten nur eine einzige Möglichkeit gibt, dem Verbot nachzukommen. In diesem Fall stehen sich Verbot und Gebot spiegelbildlich gegenüber. Ob ein Verbot oder ein Unterlassensgebot, ein Gebot oder ein Weigerungsverbot erlassen wird, ist nur eine Frage des sprachlichen Ausdrucks.“ Daran anknüpfend hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die streitgegenständliche Unterlassungsverfügung des Bundeskartellamts zwar einem Kontrahierungsgebot gleichkomme, durch Bezugnahme auf die „großhandelsüblichen Bedingungen“ aber Freiraum lasse, den Inhalt der abzuschließenden Verträge im Einzelnen auszuhandeln. Letztlich werde der Beschwerdeführerin damit nur verboten, sich überhaupt zu weigern, in Geschäftsbeziehungen mit der E. zu treten, oder dieser Bedingungen zu stellen, die nicht mehr als großhandelsüblich bezeichnet werden könnten. Die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Auslegung berufsausübungsregelnder Gesetze werden hierdurch nicht überschritten. Dass aus dem Diskriminierungsverbot des § 26 Abs. 2 GWB der Sache nach auch ein Gebot zu positivem Handeln (insbesondere dem Eingehen von Geschäftsbeziehungen) resultieren kann, lässt sich den einschlägigen Gesetzesmaterialien entnehmen; denn gerade die Möglichkeit des Eintritts von Belieferungspflichten zugunsten abhängiger Unternehmen stand für den Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von § 26 Abs. 2 GWB im Vordergrund (vgl. BTDrucks II/1158, S. 27; BTDrucks 11/4610, S. 11 f., 21). § 37 a GWB wiederum wurde geschaffen, um den Kartellbehörden die Befugnis einzuräumen, die Beachtung der unter anderem durch § 26 GWB begründeten Verhaltenspflichten marktstarker Unternehmen erforderlichenfalls durch Ordnungsverfügung zu erzwingen. Kann aber ein pflichtwidriges Verhalten im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 GWB auch in dem Unterlassen der Eingehung von Geschäftsbeziehungen zu einem abhängigen Unternehmen bestehen, so unterliegt es keinen durchgreifenden Bedenken, wenn aus § 37 a Abs. 2 GWB eine Befugnis abgeleitet wird, dieses Unterlassen zu untersagen und damit der Sache nach ein Gebot zur Aufnahme bestimmter Geschäftsbeziehungen zu begründen. Mit Blick auf die Reichweite der Ermächtigungsgrundlage problematisch wird ein solches Gebot erst dann, wenn es sich nicht nur darauf beschränkt, die grundsätzliche unternehmerische Entscheidung über die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zu korrigieren, sondern auch alle wesentlichen Einzelheiten dieser Beziehungen festlegt und damit den Adressaten der Verfügung darauf beschränkt, die behördlicherseits getroffene Entscheidung umzusetzen sowie die hieraus resultierenden wirtschaftlichen Konsequenzen zu tragen. Den angegriffenen Beschlüssen lässt sich jedoch entnehmen, dass das Eingreifen der Kartellbehörde maßgeblich darauf abzielte, die im Pharmagroßhandel branchenweit geübte Importarzneimittelbezugssperre aufzubrechen. Zu diesem Zweck wurde der Beschwerdeführerin aufgegeben, überhaupt Geschäftsbeziehungen zur E. aufzunehmen und dieser die Möglichkeit zu eröffnen, ihr Großhandelsvertriebssystem zur Vermarktung bestimmter Importarzneimittel zu nutzen. Die Klausel der „Großhandelsüblichkeit“ war hierbei ersichtlich darauf gerichtet, die Beschwerdeführerin daran zu hindern, den Arzneimittelbezug ohne betriebswirtschaftliche Notwendigkeit an Bedingungen zu knüpfen, die für die E. – wie auch für jeden anderen Arzneimittelanbieter in vergleichbarer Ausgangslage – unannehmbar wären, um auf diese Weise die als unzulässig angesehene Bezugssperre faktisch fortzuführen. Andererseits wurde durch ihre Verwendung klargestellt, dass alle Einzelheiten des Inhalts und der Gestalt des Arzneimittelbezugs der gesonderten Vereinbarung der künftigen Geschäftspartner überlassen bleiben sollten. Dem mit § 26 Abs. 2 Satz 2, § 37 a Abs. 2 GWB verfolgten Zweck, Gefährdungen der Freiheit des Wettbewerbs entgegenzutreten, zugleich aber die Freiheit der betroffenen Unternehmen, ihre Betätigung nach eigenen unternehmerischen Vorstellungen auszurichten, in möglichst geringem Maße einzuschränken, wird mit den angegriffenen Beschlüssen Rechnung getragen. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Bundeskartellamt aus der Rechtsfolgenregelung der § 26 Abs. 2 Satz 2, § 37 a Abs. 2 GWB eine Befugnis abgeleitet hat, materielle Gebote im Sinne der getroffenen Verfügung auszusprechen.

Schließlich haben der Bundesgerichtshof und das Bundeskartellamt bei der Bestimmung der Zumutbarkeit der Untersagungsverfügung für die Beschwerdeführerin die Bedeutung des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit nicht in grundsätzlicher Weise verkannt. Unzumutbar ist ein auf § 26 Abs. 2 Satz 2, § 37 a Abs. 2 GWB angeordneter Kontrahierungszwang zu Lasten eines Nachfragers nur dann, wenn eine umfassende Abwägung der berührten Interessen sowohl des abhängigen Anbieters als auch des marktstarken Nachfragers unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu dem Ergebnis führt, dass die Interessen des Kontrahierungsverpflichteten diejenigen des Anbieters überwiegen. Dies entspricht aber dem Ansatz, von dem sowohl der Bundesgerichtshof als auch das Bundeskartellamt bei der von ihnen durchgeführten Interessenabwägung in einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Weise ausgegangen sind.

Die Gründe für die Auswahl der Beschwerdeführerin sind im angegriffenen Beschluss des Bundeskartellamts zwar nicht ausdrücklich benannt worden. Es liegt aber auf der Hand, dass das Bundeskartellamt zielgerichtet an diejenigen Großhandelsunternehmen herangetreten ist, die bereits einmal Geschäftsbeziehungen zur E. angeknüpft hatten. Dieser Ansatz für die Bestimmung des Kreises der mit einem Kontrahierungszwang zu belegenden Unternehmen ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Denn eine Auswahl, die darauf abstellt, ob Möglichkeiten bestehen, in der Vergangenheit auf freiwilliger Basis eingegangene Geschäftsbeziehungen zu reaktivieren und sich dabei die Ergebnisse früherer Abstimmungsbemühungen nutzbar zu machen, ist nicht als willkürlich zu bezeichnen.

4b. Problematisch wird ein solches Gebot erst dann, wenn es sich nicht nur darauf beschränkt, die grundsätzliche unternehmerische Entscheidung über die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zu korrigieren, sondern auch alle wesentlichen Einzelheiten dieser Beziehung festlegt.

4c. Hier: Dem mit GWB § 26 Abs 2 S 2, § 37a Abs 2 verfolgten Zweck, Gefährdungen der Freiheit des Wettbewerbs entgegenzutreten, zugleich aber die Freiheit der betroffenen Unternehmen, ihre Betätigung nach eigenen unternehmerischen Vorstellungen auszurichten, in möglichst geringem Maße einzuschränken, wird mit den angegriffenen Beschlüssen Rechnung getragen. Denn der Beschwerdeführerin wurde – zum Zwecke der Aufbrechung der im Pharmagroßhandel branchenweit geübten Importarzneimittelbezugssperre – aufgegeben, überhaupt Geschäftsbeziehungen mit einem Arzneimittelimporteur aufzunehmen. Einzelheiten des Inhalts und der Gestalt des Arzneimittelbezugs sollten dabei der gesonderten Vereinbarung der künftigen Geschäftspartner überlassen bleiben.

5a. Die Annahme des BGH, die Öffnung der Großhandelsvertriebssysteme für Importarzneimittel werde den Importeuren den Zugang zum inländischen Arzneimittelmarkt erleichtern (vgl BGH, 1995-02-21, KVR 11/94, WiB 1995, 969), erscheint aufgrund der normativen Gestaltung der Arzneimittelabgabe im Einzelhandel, insbesondere der Importarzneimittelvertriebspflicht der Apotheker gemäß SGB 5 § 129 Abs 1 Nr 2, nicht abwegig.

5b. Gegen die Erforderlichkeit der Ordnungsverfügung spricht nicht, dass die Beschwerdeführerin auf einen bestimmten Importeur als Vertragspartner festgelegt worden ist, da sich allein dieser Importeur um einen Zugang zur Großhandelsstufe bemüht hat.

5c. Verfassungsrechtlich ist die Interessenabwägung des BGH nicht zu beanstanden, da nach seiner Interpretation die in der Untersagungsverfügung enthaltene Klausel der „großhandelsüblichen Bedingungen“ es der Beschwerdeführerin freistellt, das mit der Bezugsverpflichtung verbundene Absatzrisiko im Wesentlichen auf den Importeur abzuwälzen und deren Produkte nur auf Kommissionsbasis oder nach Maßgabe von Eigenhändlerverträgen mit Rückgaberecht zu beziehen. Darüber hinaus steht ihr frei, den Importarzneimittelbezug auf jederzeitig lieferbare und dem Großhandelssortiment entsprechende Produkte zu beschränken.

5d. Ein Verfassungsverstoß ist nicht darin zu erkennen, dass die verfügte Bezugsverpflichtung sich auch auf solche Importarzneimittel erstreckt, die von Tochterunternehmen der Beschwerdeführerin hergestellt werden, da der Beschluss des Bundeskartellamts dahin interpretiert werden kann, dass eine solche Verpflichtung erst besteht, wenn und soweit es im Pharmagroßhandel üblich ist, Konkurrenz zu eigenen Produkten in das Großhandelssortiment einzustellen.

6a. Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn die Gerichte oder andere zur Rechtsanwendung berufene Hoheitsträger im Wege der Auslegung gesetzlicher Vorschriften oder der Lückenfüllung zu einer dem Gesetzgeber verwehrten Differenzierung gelangen (vgl BVerfG, 1991-06-11, 1 BvR 538/90, BVerfGE 84, 197).

6b. Allerdings kann derjenige, dem die Übertretung eines Verbots vorgeworfen wird, sich grundsätzlich nicht darauf berufen, dass gegen andere Personen wegen des gleichen oder ähnlichen Sachverhalts nicht vorgegangen worden ist (vgl BVerfG, 2 BvR 446/80, 1981-04-07, BVerfGE 57, 29).

6c. Hier: Für die Bestimmung des Kreises der mit einem Kontrahierungszwang zu belegenden Unternehmen ist mit GG Art 3 Abs 1 vereinbar, da die Kartellbehörde bei ihrem Auswahlermessen iSv GWB § 37a Abs 2 auf das Vorliegen einer früheren Geschäftsbeziehung abgestellt hat.

7a. GG Art 103 Abs 2 hindert den Gesetzgeber nicht, Blankettgesetze zu schaffen, die der Ausfüllung durch andere Gesetze oder untergesetzliche Regelwerke bedürfen (vgl BVerfG, 1990-10-15, 2 BvR 385/87, NJW 1992, 35). Im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot ist jedoch erforderlich, dass sich die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Sanktion bereits aus dem Blankettgesetz selbst mit hinreichender Deutlichkeit ablesen lassen (vgl BVerfG, NJW 1992, 35). Darüber hinaus muss auch der die gesetzliche Regelung ausfüllende Verwaltungsakt in seinem konkreten Regelungsgehalt hinreichend bestimmt sein.

7b. Hier:

aa. GWB § 38 Abs 1 Nr 4 F: 1990-02-20 genügt diesen Anforderungen, da diese Norm nicht nur Art und Maß möglicher Sanktionen festlegt, sondern darüber hinaus auch den möglichen Regelungsgehalt bußgeldbewehrter Verwaltungsakte bestimmt.

bb. Auch die das Blankettgesetz ausfüllende Untersagungsverfügung des Bundeskartellamts ist nicht zu beanstanden, da die nach GG Art 103 Abs 2 gebotene Bestimmtheit die Verwendung von Begriffen nicht ausschließt, die der Deutung durch den Richter bedürfen. Für den Normadressaten muss aber das Risiko einer Bestrafung erkennbar sein (vgl BVerfG, 1998-05-20, 2 BvR 1385/95, NJW 1998, 2589).

cc. Aus den Begründungen der angegriffenen Beschlüsse des Bundeskartellamts und des BGH lässt sich deutlich ablesen, dass diese darauf abzielten, eine Gleichbehandlung der Importeure mit sonstigen Anbietern von Arzneimitteln herbeizuführen. Dies legt es der Beschwerdeführerin nahe, bei der Auslegung des Begriffs der „großhandelsüblichen Bedingungen“ auf diejenigen Konditionen abzustellen, die im Großhandel beim Bezug, der Lagerung und dem Vertrieb von Originalarzneimitteln und Generika als üblich angesehen werden. Daher ist es für die Beschwerdeführerin hinreichend deutlich vorhersehbar, welche ihrer Verhaltensweisen geeignet sind, die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamts zu unterlaufen und daher mit dem Risiko einer Ahndung als Ordnungswidrigkeit behaftet sind.

Schlagworte: Kartellrechtliche Leistungsverfügungen