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KG Berlin, Beschluss vom 17.05.2023 – 2 U 159/21 

Mittwoch, 17. Mai 2023

Gesellschafterversammlung Umlaufverfahren

Art 14 Abs 1 S 1 GG, § 45 Abs 2 GmbHG, § 48 Abs 2 GmbHG, § 2 GesRuaCOVBekG

Die in § 2 COVMG in Abweichung von § 48 Abs. 2 GmbHG vorgesehenen Erleichterungen für die Beschlussfassung im Umlaufverfahren (hier: Beschlussfassung durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis aller GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einverständnis aller Gesellschafter
Gesellschafter
) sind nicht auf solche GmbH beschränkt, in deren Satzung noch gar keine Regelung für Umlaufbeschlüsse vorgesehen ist (entgegen LG Stuttgart, Urteil vom 25.1.2021 – 44 O 52/20 KfH -, Rn. 36 nach juris). Es wäre mit der Zielsetzung der COVID-Sondergesetzgebung nicht zu vereinbaren, würde gerade bei Gesellschaften, die sich für Umlaufbeschlüsse bereits grundsätzlich geöffnet und damit in gewissem Sinne Vorsorge getroffen haben, eine COVID-bedingte Handlungsunfähigkeit hingenommen, während sie bei Gesellschaften ohne solche Vorkehrungen vom Gesetzgeber behoben worden ist.

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 02.11.2021, Az. 91 O 16/21, bei einem Streitwert von 34.449,50 EUR gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 12.6.2023.

Gründe

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§§ 511 ff. ZPO) eingelegt und begründet worden. Der Berufung fehlt es jedoch iSd. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO an Erfolgsaussicht, weil nach dem Inhalt der gewechselten Schriftsätze erkennbar ist, dass das Urteil in sachlich-rechtlicher Hinsicht keine Fehler aufweist und die vorgebrachten Rügen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhelfen können (vgl. BT-Drs. 17/6406, 11 mit Hinweis auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10.10.2001 – 2 BvR 1620/01, NJW 2002, 814, Rn. 11 nach juris; BeckOK-ZPO/Wulf, 1.9.2022, § 522 Rn. 14). Denn nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Weder das eine noch das andere ist jedoch vorliegend der Fall, weil das Landgericht die Klageanträge zu 4) und zu 8) zu Recht abgewiesen hat. Die Einwände der Berufung veranlassen keine andere Entscheidung. Weder ist das Umlaufverfahren zu beanstanden (dazu 1.), noch war die Stimmabgabe der Bandmitglieder wegen Interessenkollision (dazu 2.) oder wegen Verstoßes gegen die gesellschaftliche Treuepflicht (dazu 3.) unwirksam.Randnummer2

1. Die Beschlussfassung war insbesondere nicht deswegen anfechtbar, weil die Gesellschafter beider Beklagter nach den insoweit gleichlautenden Satzungen den entsprechenden Beschluss nicht im Umlaufverfahren hätten treffen dürfen.Randnummer3

Nach § 8 Abs. 1 der Satzungen können Beschlüsse der Gesellschafter außerhalb von Versammlungen, soweit nicht zwingendes Recht eine andere Form vorschreibt, durch schriftliche, fernschriftliche, telegrafische oder mündliche, auch fernmündliche Abstimmung gefasst werden, wenn sich jeder Gesellschafter an der Abstimmung beteiligt. Der Kläger hat sich aber an der Abstimmung beteiligt. Soweit er auf dem Abstimmungsblatt zugleich durch Ankreuzen erklärt hat, er sei mit der schriftlichen Beschlussfassung „nicht einverstanden“ (im Anlagenkonvolut K 25 und K26), führt dies zu keinem anderen Ergebnis, weil er zugleich im Einzelnen Stimmen abgegeben hat, die bei der Beschlussfeststellung auch berücksichtigt worden sind. Der Widerspruch gegen das Abstimmungsverfahren, an dem er aber mitgewirkt hat, ist bei dieser Sachlage als unbeachtliche Verwahrung (sog. protestatio facto contraria) unbeachtlich (vgl. BGH, Urteil vom 25.9.1985 – IVa ZR 22/84 –, BGHZ 95, 393 Rn. 15 nach juris; Jauernig/Mansel, 18. Aufl. 2021, BGB § 242 Rn. 49).Randnummer4

Selbst wenn das derart widersprüchliche Verhalten des Klägers in dem Sinne zu werten wäre, dass er tatsächlich an der Abstimmung gar nicht habe teilnehmen wollen und auch nicht habe, ergäbe sich im Ergebnis nichts anderes. Das hier per E-Mail und Einschreiben durchgeführte Abstimmungsverfahren genügte angesichts der Sonderregelung in § 2 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie vom 27.03.2020 (BGBl. I 569, 571, in Kraft getreten am Folgetag, verlängert bis einschließlich 31.12.2021 durch die Verordnung zur Verlängerung von Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie v. 20.10.2020, BGBl. I 2258) den Anforderungen, worauf die Kammer für Handelssachen bereits hingewiesen hatte.Randnummer5

Nach dieser Vorschrift können Beschlüsse der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden. Die Sondervorschrift ist vorliegend auch nicht etwa deswegen unanwendbar, weil in den hiesigen Satzungen bereits eine gegenüber der Gesetzeslage (§ 48 Abs. 2 GmbHG) großzügigere Regelung enthalten ist und es hiermit wegen § 45 Abs. 2 GmbHG sein Bewenden haben müsse. Denn die Sonderregelungen dienen dem Zweck, auch bei weiterhin bestehenden Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten erforderliche Beschlüsse zu fassen und handlungsfähig zu bleiben (vgl. BT-Drucksache 19/18110, S. 17; s.a. OLG München, Urteil vom 22.3.2023 – 7 U 1995/21 –, Rn. 55 nach juris). Es wäre aber mit dieser Zielsetzung nicht zu vereinbaren, würde gerade bei Gesellschaften, die sich für Umlaufbeschlüsse bereits grundsätzlich geöffnet und damit in gewissem Sinne Vorsorge getroffen haben, eine Handlungsunfähigkeit hingenommen, während sie bei Gesellschaften ohne solche Vorkehrungen vom Gesetzgeber beseitigt werde.Randnummer6

Nichts anderes folgt bei dieser Sachlage aus der Erwägung, dass andernfalls in die Vertragsautonomie und in die durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützten Rechte von Minderheitsgesellschaftern eingegriffen würde (so aber LG Stuttgart, Urteil vom 25.1.2021 – 44 O 52/20 KfH –, Rn. 36 nach juris). Denn die hiesigen Gesellschafter haben gerade unter Nutzung ihrer Vertragsautonomie festgelegt, dass ein Umlaufverfahren grundsätzlich zur Beschlussfassung in Betracht kommt und nicht in jedem Fall eine Gesellschafterversammlung stattfinden muss. Dass hiervon aber im Falle der Pandemie nicht Gebrauch gemacht werden kann, während andere Gesellschaften handlungsfähig gehalten werden, wäre auch aus systematischen Erwägungen heraus nicht sachgerecht. Grundrechtliche Positionen haben bei alledem kein entscheidendes Gewicht, weil es sich um eine Sonderregelung handelt, die einer Ausnahmesituation geschuldet und mit einer begrenzten Geltungsdauer ausgestattet worden ist. So ist die Vorschrift inzwischen – nach nochmaliger Verlängerung bis zum Ablauf des 31.8.2022 (BGBl. 2021 I 4153) – wieder außer Kraft getreten.Randnummer7

2. Die Berufung kann auch nicht damit Erfolg haben, dass die Mitgesellschafter des Klägers nach § 47 Abs. 4 Satz 2 Var. 1 GmbHG von der Abstimmung ausgeschlossen gewesen wären, denn die Beschlussfassung betraf nicht die Vornahme eines Rechtsgeschäfts der Beklagten mit einem der Gesellschafter.Randnummer8

Soweit die Vorschrift analog angewandt werden kann, führt nicht schon jede Interessenkollision zum Ausschluss des Stimmrechts. Ist Partner des Geschäfts, über das beschlossen wird, eine juristische Person, dann ist das Stimmrecht vielmehr grundsätzlich auch für einen Gesellschafter selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn er Mitglied dieser juristischen Person ist. Eine Ausnahme hiervon wird zwar gemacht, wenn der Gesellschafter mit der juristischen Person, die Vertragspartner werden soll, wirtschaftlich identisch ist, wie im Falle der Einmann-GmbH, oder sie beherrscht (vgl. BGH, Urteil vom 29.3.1971 – III ZR 255/68 –, BGHZ 56, 47 Rn. 28 nach juris, mwN.) oder sonst wirtschaftlich so stark verbunden ist, dass man sein persönliches Interesse mit dem des Vertragspartners gleichsetzen kann (vgl. BGH, Urteil vom 7.2.2012 – II ZR 230/09 –, Rn. 32, juris). Maßgebend hierfür ist dann aber das in der anderweitigen Beteiligung des Gesellschafters verkörperte Interesse, das bei Entscheidungen über Rechtsgeschäfte mit diesem Unternehmen eine unbefangene Stimmabgabe – wie in den unmittelbar in § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG geregelten Fällen – in der Regel ausschließt und deshalb für die GmbH eine erhebliche Gefahr bedeutet (vgl. BGH, Urteil vom 7.2.2012 – II ZR 230/09 –, Rn. 32 nach juris; OLG Brandenburg, Urteil vom 5.1.2017 – 6 U 21/14 –, Rn. 75 nach juris). Dabei kommt es entscheidend auf die wirtschaftliche und unternehmerische Einheit des Gesellschafters mit dem Vertragspartner der GmbH an, wobei primär nicht die Frage der Entschlussfreiheit innerhalb dieses Unternehmens maßgeblich ist, sondern der Interessenwiderstreit des abstimmenden Gesellschafters im Hinblick auf ein ihn wirtschaftlich selbst betreffendes Geschäft (vgl. BGH, Urteil vom 29.3.1973 – II ZR 139/70 –, Rn. 15, juris; BGH, Urteil vom 7.2.2012 – II ZR 230/09 –, Rn. 32, juris).Randnummer9

Nach dieser Maßgabe waren die Bandmitglieder, die sowohl bei der Beklagten zu 1) wie bei der Beklagten zu 2) in gleichem Umfang Gesellschafter sind, gerade nicht mit der jeweils anderen Gesellschaft gleichzusetzen. Vielmehr waren diese wie auch die anderen Gesellschafter an beiden Gesellschaften gleichförmig beteiligt. Dabei handelte es sich um eine auch im Einverständnis des Klägers so gewählte Struktur, bei der die beklagten Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht nur im Gesellschafterkreis, sondern auch hinsichtlich der Mitarbeiter einheitlich besetzt waren und die Zuordnung auch in der Geschäftspraxis flexibel gehandhabt wurde. Diese lange Zeit einvernehmlich geübte Struktur kann der Kläger bereits aus grundsätzlichen Erwägungen nun nicht gegen seine Mitgesellschafter kehren.Randnummer10

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Erwägung, dass der Kläger hinsichtlich seiner Tantieme an dem Erfolg der Beklagten zu 1) anders partizipierte als an dem der Beklagten zu 2). Denn dies ist – außerhalb der Rolle der Beteiligten als Gesellschafter – augenfällige Folge des Umstandes, dass der Kläger Geschäftsführer der Beklagten zu 1) war und nicht der Beklagten zu 2).Randnummer11

3. Nach alledem waren die Stimmen der Mitgesellschafter des Klägers auch nicht wegen Verstoßes gegen die gesellschaftliche Treuepflicht unbeachtet zu lassen.Randnummer12

Zwar kommt dies bei einer Rechtsausübung außerhalb expliziter und impliziter Grenzen, die das Rechtsverhältnis für die Ausübung des Stimmrechts vorgibt, durchaus in Betracht (vgl. nur BGH, Urteil vom 9.11.1987 – II ZR 100/87 –, BGHZ 102, 172 Rn. 14 nach juris; BeckOK-GmbHG/ Leinekugel, 01.03.2023, § 47 Anhang Beschlussanfechtung Rn. 88, mwN.; Noack/Servatius/Haas/ Noack, 23. Aufl. 2022, GmbHG § 47 Rn. 108 mwN.). Welches Verhalten die Treuepflicht von den Gesellschaftern fordert, muss aber unter Abwägung aller Umstände im Einzelfall festgestellt werden. Es ist dabei insbesondere zu berücksichtigen, dass bei der Abstimmung über Geschäftsführungsmaßnahmen das Gesellschaftsinteresse im Vordergrund zu stehen hat, zugleich der Gesellschafter aber selbst zu beurteilen hat, wie die Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Interessen der Gesellschaft
am besten gewahrt bleiben; dies führt dazu, dass jeder Gesellschafter das ihm zustehende Stimmrecht grds. nach Belieben ausüben darf (vgl. BeckOK-GmbHG/Leinekugel, 01.03.2023, § 47 Anhang Beschlussanfechtung Rn. 88, mwN.) und seine Stimmabgabe auch nicht sachlich rechtfertigen muss (vgl. BGH, Urteil vom 12.04.2016 – II ZR 275/14 –, Rn. 14). Treuwidrig ist es hingegen, wenn ein Gesellschafter in selbstsüchtiger oder gar erpresserischer Weise sachfremde Ziele durch sein Abstimmungsverhalten verfolgt (vgl. Leinekugel aaO.; s.a. zur unzulässigen Rechtsausübung BGH, Urteil vom 22.05.1989 – II ZR 206/88 –, BGHZ 107, 296 Rn. 23 ff. nach juris).Randnummer13

Nach diesem Maßstab war es aber noch nicht treuwidrig, dass die Bandmitglieder für die Beteiligung der Beklagten zu 2) an den Provisionen der Beklagten zu 1) aus dem Jahr 2019 gestimmt haben. Der Kläger trägt selbst vor, dass ihre Motivation darin gelegen habe, infolge übermäßiger Vorab-Gewinnausschüttungen fällige Zurückforderungen zu vermeiden, wozu die bewusste Verlagerung von Gewinnen in die Beklagte zu 2) gewählt worden sei. Die Zuweisung der Gewinne durch Gestaltung schuldrechtlicher Beziehungen ist jedoch klassische unternehmerische Tätigkeit, welche die beklagten Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach ihrer Satzung durch Mehrheitsbeschlüsse regeln können. Insoweit gebietet die Treuepflicht nicht eine Ausschaltung des Umstandes, dass der Kläger an beiden Beklagten lediglich mit 18 % beteiligt ist.Randnummer14

Die Bandmitglieder mussten von einer Regelung wie der hier bekämpften insbesondere auch nicht deswegen Abstand nehmen, weil sich der Vorgang nicht nur auf den Gewinnbezug aus den Geschäftsanteilen, sondern auch auf die mit der Beklagten zu 1) vereinbarte Tantieme des Klägers für das Jahr 2019 auswirkte. Eine gezielte Schädigung des Klägers und damit ein sachwidriges Vorgehen stand auch nach dessen eigener Darstellung bei dem Vorgehen der Bandmitglieder jedenfalls nicht im Vordergrund. Es ist auch nicht erkennbar, aufgrund welcher tatsächlichen oder rechtlichen Umstände der Kläger hätte annehmen dürfen, die Bandmitglieder würden nach seinem selbstgewählten Ausscheiden nicht in abgelaufene Geschäftsjahre eingreifen, solange zumindest darüber noch kein Jahresabschluss erstellt und angenommen worden war.

II.

Der beabsichtigten Verfahrensweise steht auch nicht entgegen, dass der Rechtsstreit der Parteien iSd. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO grundsätzliche Bedeutung hätte oder er iSd. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderte.Randnummer16

Weiter ist der Senat einstimmig der Auffassung, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung – die mit weiteren Kosten verbunden wäre – auch nicht aus sonstigen Erwägungen iSd. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO geboten ist.Randnummer17

Die Anschlussberufung der Beklagten zu 2) verlöre mit der Beschlusszurückweisung ihre Wirkung (§ 524 Abs. 4 ZPO).

III.Randnummer18

Die beabsichtigte Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 48, 63 Abs. 2 GKG, 3 ZPO.Randnummer19

Nur vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass er weiteren – streitigen – Vortrag nur nach Maßgabe des § 531 Abs. 2 ZPO zulassen dürfte. Gründe für die Zulassung wären daher ggf. sogleich in ausreichender Weise glaubhaft zu machen. Ferner weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass weiterer Vortrag zurückgewiesen werden könnte, wenn sich der Rechtsstreit durch dessen Berücksichtigung verzögerte und nicht glaubhaft gemacht ist, weshalb das Unterbleiben des Vortrags in der Berufungsbegründung zu entschuldigen sei (§§ 530, 296 Abs. 1, 4 ZPO).Randnummer20

Es wird schließlich darauf hingewiesen, dass eine Rücknahme der Berufung die Gebühr für das (Berufungs-) Verfahren im Allgemeinen gegenüber einer Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO um zwei Gebühren ermäßigte (vgl. Nr. 1220, 1222 Nr. 1 KV zu § 3 Abs. 2 GKG).

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OLG Brandenburg, Urteil vom 29.03.2023 – 7 U 39/22 

Mittwoch, 29. März 2023

§ 128 HGB, § 93 InsO, § 263 ZPO

Da die Inanspruchnahme eines Scheingesellschafters nach den Grundsätzen der Scheingesellschaft von dem gesetzten Rechtsschein und dem Vertrauen des Vertragspartners im Einzelfall abhängig ist, kommt die Geltendmachung eines solchen Anspruchs nach § 93 InsO nur in Betracht, wenn der Insolvenzverwalter die Grundsätze der Rechtsscheinhaftung im konkreten Fall hinreichend bestimmt dargelegt hat.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 31.01.2022, Az. 5 O 37/21, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem jeweiligen Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten als Gesellschafter der Schuldnerin, der Bauservice & Hausmeisterdienste M… O… und A… Z… GbR gemäß § 93 InsO als persönlich Haftenden analog § 128 Abs. 1 HGB in Anspruch.Randnummer2

Über das Vermögen der GbR wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 08.12.2017 – 15 IN 288/17 – das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.Randnummer3

O… und der Beklagte unterzeichneten am 09.10.2003 einen als „Gesellschaftsvertrag“ überschriebenen Vertrag (Anl K2, Bl. 7). Die Gesellschaft sollte „Bauservice und Hausmeisterdienste M… O… und A… Z… GbR heißen (§ 1 Abs. 2) und sich mit dem Maurer- und Betonhandwerk, sowie allen in der Handwerksrolle eingetragenen Tätigkeiten beschäftigen. Unter § 2 ist unter der Überschrift „Geschäftsberechtigung mit Händlern und Geschäftspartnern“ geregelt, dass M… O… alleiniger Unterschriftsberechtigter der Konten, Geschäftsverträge mit Kunden und anderen Gewerbetreibenden ist. Nach § 4 sollte O… mit einem Geschäftsanteil von 70 % und der Beklagte mit 30 % beteiligt sein. In einem weiteren Exemplar des „Gesellschaftsvertrages“ vom 09.10.2003, das ebenfalls von beiden Gesellschaftern unterzeichnet ist (Anl B1, Bl. 28), ist der Name der Gesellschaft mit „Bauservice & Hausmeisterdienste GbR O…“ angegeben. Die Gesellschafter und Geschäftsanteile sind in § 4 wiederum unverändert bestimmt.Randnummer4

Unter dem 14.10.2003 unterzeichneten die Parteien eine „Vereinbarung“ die unter „1.“ regelt, dass das alleinige Stimmrecht der Firma „Bauservice & Hausmeisterdienste GbR O…“ dem „Geschäftsinhaber M… O…“ zugewiesen wird. Ferner wird in „Nr. 2“ vereinbart, dass der Beklagte „an keiner Gewinn und Verlustrechnung beteiligt“ ist „sowie jeglicher Verantwortung des Arbeitsschutzes entbunden“. Der Beklagte sollte nach „Nr. 3“ zum 30. des Monats einen monatlichen Betrag von 200 € in bar erhalten. „Nr. 5“ regelt für den Fall des Ablebens von M… O…, dass die Aufgabe der Firmenführung dessen Erben obliegen und der Beklagte von jeder Verantwortung der Firma entbunden werden soll.Randnummer5

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, dass der Beklagte entsprechend § 128 HGB für alle Verbindlichkeiten der Schuldnerin persönlich haftet. Er hat den Beklagten in Höhe der unstreitig festgestellten Forderungen von 315.943,52 € in Anspruch genommen.Randnummer6

Der Beklagte ist der Ansicht gewesen, es liege keine Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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vor, weil er keinen Rechtsbindungswillen gehabt habe. Es sei vielmehr ein Gesellschaftsvertrag über eine Gesellschaft anderer Bezeichnung, nämlich die Bauservice & Hausmeisterdienste GbR O… (Anl K2, Bl. 7) am 09.10.2003 geschlossen worden, der dann aber vollständig abgeändert worden sei, weil er nach einer gesonderten Vereinbarung vom 14.10.2003 nicht an der Gewinn- und Verlustrechnung teilhaben und ihm lediglich ein monatlicher Betrag in Höhe von 200 € gezahlt werden sollte. Er habe in der Gesellschaft nicht tätig werden, sondern lediglich beteiligt werden sollen, weil er einen Meistertitel habe. Er sei bei Unterzeichnung 68 Jahre alt und schwer erkrankt gewesen und habe dem deutlich jüngeren M… O… „auf die Beine helfen“ wollen. Er habe keinen Gewinnanteil erhalten, sondern lediglich die monatlichen Zahlungen. Herr O… habe ihm zugesichert, dass er aus geschäftlichen Verpflichtungen herausgehalten werde und dass die steuerlichen Angelegenheiten geregelt würden. Dieses Anliegen sei auch Hintergrund der Unterzeichnung der Vereinbarung vom 14.10.2003 gewesen.Randnummer7

Er hat erstinstanzlich im Rahmen seiner Anhörung erklärt, dass M… O… ihn in eine gemeinsame Firma habe aufnehmen wollen, weil er über einen Meistertitel verfügt habe. Herr O… habe angegeben, dass der Titel für die Gewerbeanmeldung notwendig sei. Herr O… habe sich gelegentlich wegen Unterschriften bei ihm gemeldet. Er habe auch monatlich 200 € gezahlt. Unstreitig hat der Beklagte nicht nur die Gewerbeanmeldung bei Gründung des Baubetriebes unterschrieben, sondern auch eine Mitteilung über die Änderung des Sitzes des Gewerbes im Jahr 2012 (Bl. 79) unterzeichnet. Unstreitig erhielt er auch Mahnungen und Rechnungen, die er dann Herrn O… zuleitete. (Bl. 100). Der Beklagte ist der Ansicht, nicht gesellschaftsrechtlich gebunden zu sein, da er stets deutlich gemacht habe, dass er „aus allem herausgehalten“ werden möchte. Der Gesellschaftsvertrag sei nur zum Schein geschlossen worden. Er hafte allenfalls als Scheingesellschafter gegenüber den einzelnen Gläubigern, sofern er zurechenbar einen Rechtsschein gesetzt haben sollte. Dies sei seiner Auffassung nach nicht der Fall, weil er gegenüber Kunden und Lieferanten nie aufgetreten sei. Über den Umfang der Geschäftstätigkeit sei er nicht unterrichtet gewesen. Als er realisiert habe, dass er als Gesellschafter einer GbR angesehen werde, habe er am 29.04.2017 den Gesellschaftsvertrag vorsorglich gekündigt. Anlass sei eine Rechnung über 90.000 € gewesen. Den Insolvenzantrag habe er dennoch auf Drängen von M… O… unterzeichnet.Randnummer8

Ergänzend wird auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.Randnummer9

Das Landgericht hat nach Anhörung des Beklagten die Klage abgewiesen, da es der Auffassung war, er habe keinen Rechtsbindungswillen gehabt. Der Beklagte könne lediglich als Scheingesellschafter in Anspruch genommen werden. Insoweit bedürfe es aber des Nachweises eines zurechenbar gesetzten Rechtsscheins in Bezug auf jede einzelne Forderung, die zudem nicht vom Kläger geltend gemacht werden könne, da er nicht Inhaber der Forderung sei und die Scheingesellschaft kein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen habe.Randnummer10

Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung trägt der Kläger erneut vor, dass der Beklagte wirksam Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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geworden sei. Er habe einen Gesellschaftsvertrag unterzeichnet und sich an der Gesellschaft durch Unterzeichnung von Schriftstücken als verantwortliche Person auch beteiligt. Auch wenn er darüber im Irrtum gewesen sei, welche Reichweite seine Beteiligung habe, sei die Beteiligung doch wirksam und ihm bei der Unterzeichnung von Unterlagen (Gewerbeanmeldung) auch bewusst gewesen.Randnummer11

Hilfsweise, falls das Gericht vom Fehlen eines Gesellschaftsverhältnisses ausgehen sollte, stützt er die Klageforderung nach den Grundsätzen der Scheingesellschaft jedenfalls in Höhe von 147.424,82 € auf die Einzelforderungen konkret benannter Gläubiger, die ihm Ermächtigungen zur gerichtlichen Geltendmachung erteilt hätten (Bl. 222 bis 234). Die Ermächtigungen sind nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz, nämlich zwischen dem 21.03. und dem 08.04.2022 unterzeichnet worden. Er ist der Auffassung, er dürfe auch diese Ansprüche entsprechend § 93 InsO geltend machen. Er sei aber auch berechtigt, die Ansprüche im Wege der Prozessstandschaft geltend zu machen, weil es für ihn und die Gläubiger wegen der Unsicherheit der Aktivlegitimation von Interesse sei, dass er die Forderungen gesammelt geltend mache. Zudem sei es prozessökonomischer und gereiche dem Beklagten nicht zum Nachteil.Randnummer12

Der Kläger beantragt,Randnummer13

das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 31.01.2022 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 315.943,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.Randnummer14

Der Beklagte beantragt,Randnummer15

die Berufung zurückzuweisen.Randnummer16

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und ist der Ansicht, dass aufgrund des Motives des Beklagten, Herrn O… lediglich bei der Gründung eines Betriebes zu unterstützen, vom Fehlen des Rechtsbindungswillens auszugehen sei. Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz seine Klage hilfsweise auf Ermächtigungen einzelner Gläubiger stütze, sei sein Vortrag neu und hätte in erster Instanz bereits dargelegt werden können. Überdies erhebt er gegen diese Ansprüche die Einrede der Verjährung. Die Verjährung der Ansprüche sei nicht durch Anmeldungen zur Tabelle gehemmt worden.Randnummer17

Er ist der Ansicht, dass allenfalls von einer Innengesellschaft ausgegangen werden könne, weil nach außen nur M… O… als Geschäftsinhaber habe angesehen werden sollen und er keine Verantwortung habe übernehmen sollen. Er ist der Ansicht, dass der Insolvenzverwalter nicht gemäß § 93 InsO befugt sei, Ansprüche einzelner Gläubiger aus Rechtsscheinhaftung geltend zu machen.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

1.

Der vom Kläger in der Hauptsache geltend gemachte Anspruch entsprechend § 128 HGB, § 93 InsO ist nicht begründet.Randnummer20

Dabei kann die Frage, ob ein Gesellschaftsvertrag geschlossen worden ist, im Ergebnis dahingestellt bleiben. Die Frage, ob ein Gesellschaftsvertrag geschlossen worden ist, ist durch Auslegung der von beiden Vertragsparteien abgegebenen Erklärungen unter Einbeziehung einer objektiven Abwägung der beiderseitigen Interessen zu ermitteln (BGH, Urteil vom 20.09.1993 – II ZR 104/92, BGHZ 123, 281, Rn 13).Randnummer21

Die Unterzeichnung eines Gesellschaftsvertrages unter Regelung der Geschäftsführungsbefugnis (“Geschäftsberechtigung“, § 2), des Gegenstandes des Unternehmens, der Geschäftsanteile der Gewinn- und Verlustrechnung, der Übertragung von Anteilen sowie der Folgen der Kündigung oder des Ausscheidens eines Gesellschafters durch Tod sprechen für den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages. Die Vereinbarung vom 14.10.2003 über die Modifizierung des Stimmrechts (Ziffer 1.), den Ausschluss von Gewinnen und die Freistellung von Verlusten sowie eine Freistellung von Verpflichtungen aus dem Arbeitsschutz (Ziffer 2.) sowie die Vereinbarung einer festen Vergütung für den Beklagten (Ziffer 3.) können in Verbindung mit dem Vortrag, der Beklagte habe „mit allem nichts zu tun haben wollen“ und er habe dies auch stets erklärt, gegen den Abschluss einer Vereinbarung über einen gemeinsam zu verfolgenden Gesellschaftszweck i. S. d. § 705 ff BGB sprechen.Randnummer22

Auch ein Scheingeschäft i. S. d. § 117 BGB liegt nicht vor: Die Parteien eines Rechtsgeschäfts schließen kein Scheingeschäft ab, wenn der von ihnen verfolgte rechtliche oder wirtschaftliche Zweck gerade die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts voraussetzt (BGHZ 36, 84; Urteil vom 05.07.1993 – II ZR 114/92, NJW 1993, 2609). Die Parteien des Vertrages beabsichtigten hier die wirksame Beteiligung des Beklagten am Unternehmen, da der Kläger anderenfalls nicht berechtigt gewesen wäre, den Handwerksbetrieb als Gewerbe zu führen. Er bedurfte einer Beteiligung des Beklagten.Randnummer23

Ein etwa abgeschlossener Gesellschaftsvertrag wäre aber gemäß § 134 BGB i. V. m. § 1, § 7 HandwO unwirksam, da der Beklagte lediglich seinen Meistertitel „zur Verfügung stellte“, im Übrigen aber in der Gesellschaft nicht tätig war (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, OLGR 1996, 224; OLG Koblenz, NJW-RR 1994, 493; OLG Hamm, NJW 1986, 2440; NJW-RR 2000, 1565; BAG, Urteil vom 18.03.2009 – 5 AZR 355/08, NZA 2009, 663). Regelmäßig ist davon auszugehen, dass der Gesellschaftsvertrag nichtig ist, wenn ein Handwerksmeister nur an der Gesellschaft beteiligt wird, um dessen Meistertitel für die Unternehmensführung vorweisen zu können, § 1 Abs. 1 HandwO, er tatsächlich aber die nach § 7 HandwO vorgeschriebene technische Leitung des Betriebes gar nicht ausübt. Der Betriebsleiter muss den Betrieb technisch leiten und die in einem Betrieb üblicherweise dem Inhaber überlassenen Entscheidungen fachlicher Art treffen (Detterbeck, HwO, 37 Rn. 3). Davon kann hier nach den unbestrittenen Ausführungen des Beklagten nicht ausgegangen werden. Der Beklagte hatte bei der Gründung und Anmeldung des Gewerbes für das anzumeldende Unternehmen als Verantwortlicher unterzeichnet. Er hat zudem die Ummeldung des Gewerbes unterzeichnet und einige Rechnungen entgegengenommen, die er dann aber an M… O… weiterleitete. Weitere Tätigkeiten im Betrieb des Unternehmens haben die Parteien nicht dargelegt. Vielmehr ist es unstreitig, dass es bei der Beteiligung des Beklagten allein um die „Überlassung“ des Meistertitels ging.Randnummer24

Aus dem Zweck der zwischen O… und dem Beklagten geschlossenen Vereinbarung, dass der Beklagte lediglich für die Anmeldung des Gewerbes zur Verfügung steht um nach außen den Anschein der Leitung des Betriebes durch einen Handwerksmeister hervorzurufen, folgt die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages, auf den die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft keine Anwendung finden (BGH, Urteil vom 25.09.1986 – IX ZR 46/86, NJW 1987, 65 (67); BGHZ 62, 234 (240). BGHZ 75, 214). Das gilt jedenfalls für das Verhältnis der „Gesellschafter“ zueinander: Die Rechtsordnung kann nicht ein von ihr verbotenes und für nichtig erklärtes Rechtsverhältnis anerkennen, das laufend neue Rechte und Pflichten begründet. Hier verdient die fehlerhafte GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
fehlerhafte Gesellschaft
Gesellschaft
grundsätzlich keinen Bestandsschutz; das Interesse der Gesellschafter an der Anerkennung des von ihnen gewollten und tatsächlich begründeten Zustandes muss gegenüber den entgegenstehenden Belangen der Allgemeinheit zurücktreten (BGHZ 62, 234 (241)).Randnummer25

Für die Haftung gegenüber Dritten wendet die Rechtsprechung auch im Fall eines unwirksam geschlossenen Gesellschaftsvertrages oder der Beendigung der Mitgliedschaft in einer Gesellschaft die Grundsätze an, die für eine Scheingesellschaft, also eine tatsächlich vertraglich gar nicht existierende Gesellschaft, entwickelt wurden (BGH, Urteil vom 29.01.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341; Urteil vom 01.06.2010 – IX ZR 289/09, NJW 2011, 66; Urteil vom 03.05.2007 – IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169; Henssler/Strohn-Servatius, GesR, § 705 Rn. 38; MüKoBGB/Schäfer, § 705 Rn. 334). Die Gesellschafter können gegenüber Dritten als Scheingesellschafter haften, sofern sie in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer existierenden Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Gesellschaft bürgerlichen Rechts
und ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft gesetzt haben und der Dritte sich auf den gesetzten Rechtsschein verlassen hat (BGHZ 17, 13 (19); Urteil vom 24.06.1991 – II ZR 293/90, WM 1991, 1505 (1506); Urteil vom 08.07.1996 – II ZR 258/95, WM 1996, 1630; Urteil vom 01.06.2010 – IX ZR 389/09, aaO Rn 23; Urteil vom 17.01.2012 –II ZR 197/10, DStR 2012, 469 Rn 19). Diese Voraussetzungen müssen im Einzelfall konkret für den Vertragsschluss dargelegt und begründet werden. Die Haftung kann darin begründet sein, dass der Handelnde selbst im Namen einer Gesellschaft auftritt und den Anschein erweckt, für die Gesellschaft zu handeln, oder indem er es unterlässt, einen von einem Dritten erweckten Anschein zu unterbinden ( etwa bei Weiterverwendung des Briefpapiers der Sozietät nach Ausscheiden eines RA, BGH, Urteil vom 24.01.1991 – IX ZR 121/90, NJW 1991, 1225). Dieser Rechtsschein muss dem Scheingesellschafter zuzurechnen sein. Voraussetzung der Haftung ist weiter ein individuelles Vertrauen des Vertragspartners auf den Rechtsschein bei Abschluss des Vertrages.

2.

Auch soweit sich der Kläger hilfsweise erstinstanzlich zunächst in allgemeiner Form und mit der Berufung konkreter auf die Geltendmachung von Ansprüchen einzelner Insolvenzgläubiger gegen den Beklagten als Scheingesellschafter stützt, hat die Berufung keinen Erfolg.Randnummer27

Die hilfsweise Geltendmachung dieser Ansprüche stellt – da den Ansprüchen ein anderer Lebenssachverhalt zugrunde liegt – eine zulässige Klageänderung dar, § 263 ZPO. Die Klageänderung ist zulässig, wenn sie sachdienlich ist oder der Beklagte zustimmt. Die Sachdienlichkeit ist gegeben, wenn mit der geänderten Klage die bestehenden Streitpunkte im bisher geführten Verfahren miterledigt werden können und dadurch ein neuer Streit vermieden werden kann, nicht entscheidend ist der Verlust einer Tatsacheninstanz für den Prozessgegner oder die Verzögerung des Verfahrens infolge notwendig werdender Beweisaufnahme (Zöller/Greger, ZPO, § 263 Rn. 13 mwN). Die Sachdienlichkeit ist gegeben, da die vom Kläger geltend gemachte Forderung Ansprüche der Gläubiger gegen die Schuldnerin betrifft und gegen den Beklagten ursprünglich als Gesellschafter analog § 128 HGB, hilfsweise auf ein unwirksames Gesellschaftsverhältnisses im Wege der Rechtsscheinhaftung gestützt wird.

3.

Nach Auffassung des Senats ist der Kläger zur Geltendmachung dieser Ansprüche nicht aus § 93 InsO befugt. § 93 InsO betrifft, wie der Beklagte zutreffend annimmt, die Haftung des Gesellschafters, die akzessorisch zu dem Anspruch gegen die Gesellschaft hinzutritt (Nerlich/Römermann-Kruth, InsO, § 93 Rn. 4a). Sie betrifft einen Fall, in dem der Gesellschafter aus rechtlichen Gründen gegenüber allen Gläubigern in gleicher Weise wie die Schuldnerin haftet. Vermieden werden soll ein Wettlauf der Gläubiger bei der Inanspruchnahme des Gesellschafters. Zahlungen des Gesellschafters sollen der Haftungsmasse zugeführt werden, um die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger auch bei der Inanspruchnahme des akzessorisch haftenden Gesellschafters zu gewährleisten (BGH, Urteil vom 09.10.2008 – IX ZR 138/06, NZG 2009, 45 Rn. 11).Randnummer29

Nicht von § 93 InsO erfasst sind daher etwa Bürgschaften oder Garantien, die der Gesellschafter gegenüber einzelnen Gläubigern übernommen hat; Gleiches gilt für Ansprüche gegen einen Handelnden bei der Vorgesellschaft, die nur einzelnen Gläubigern gegenüber begründet ist (Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 93 Rn. 17-19). Eine entsprechende Anwendung des § 93 InsO wird demgegenüber angenommen für die lediglich fehlerhafte GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
fehlerhafte Gesellschaft
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(MüKoInsO-Gehrlein, § 93 InsO Rn. 3). Auch insoweit ist aber ein anderer Sachverhalt gegeben als bei der nach § 134 BGB nichtigen Gesellschaft. Während die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft für die Dauer der lediglich fehlerhaften Führung der Geschäfte auf alle Gläubiger Anwendung finden, ist die erfolgreiche Inanspruchnahme des Scheingesellschafters nach den Grundsätzen der Scheingesellschaft von dem gesetzten Rechtsschein und dem Vertrauen des Vertragspartners im Einzelfall abhängig.

4.

Soweit der Kläger meint, seine Prozessführungsbefugnis sei begründet, weil das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GbR der Gesellschafter O… und Z… lautet, teilt der Senat diese Einschätzung nicht. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat keine verbindliche Entscheidung darüber zum Gegenstand, in welcher Rechtsform die Schuldnerin tatsächlich besteht. Der Eröffnungsbeschluss bleibt wirksam, wenn der benannte Schuldner nicht existent ist, die Auslegung aber auf den wahren Schuldner schließen lässt, etwa wenn über das Vermögen einer Personengesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, die Gesellschaft aber durch Anteilsübertragung nur noch aus einer Person besteht; dann ist das Insolvenzverfahren über dieses Unternehmensvermögen, das auf eine Person übergegangen ist, eröffnet (K.Schmidt/InsO, § 27 Rn. 62). Ähnlich wurde in der Rechtsprechung verfahren bei der Insolvenzeröffnung über das Vermögen einer GbR vor Anerkennung von deren Rechtsfähigkeit. Das Verfahren war ein Insolvenzverfahren über das Sondervermögen dieser nicht konkursfähigen Gesellschaft (so für das Insolvenzverfahren über eine GbR, die als KG eingetragen war, vor der Rechtsprechung über die Rechtsfähigkeit der GbR: BGH Urteil vom 14.01.1991 – II ZR 112/90).

5.

Der Kläger ist schließlich auch nicht aufgrund gewillkürter Prozessstandschaft zur Geltendmachung der Ansprüche berechtigt. Die zulässige gewillkürte Prozessstandschaft setzt voraus, dass der Rechtsinhaber den Kläger wirksam ermächtigt hat, ferner, dass der Ermächtigte ein schutzwürdiges eigenes Interesse an der Geltendmachung hat. Das ist gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage des Bevollmächtigten hat (BGH, Urteil vom 05.02.2009 – III ZR 164/08, NJW 2009, 1213; Urteil vom 10.06.2016 – V ZR 125/15, NJW 2017, 486 Rn. 7 ff.), auch ein wirtschaftliches Interesse kann genügen (BGH, Urteil vom 10.06.2016 aaO Rn. 10; BGHZ 119, 242, juris Rn. 30). Es muss ein Bezug dieses eigenen Interesses zu dem geltend gemachten Recht bestehen. Außerdem darf es nicht zu ungerechtfertigten Nachteilen beim Prozessgegner kommen.Randnummer32

Der Kläger meint, dass die Unklarheit bezüglich der Frage des Anspruchsgrundes als eigenes Interesse zu berücksichtigen sei. Insoweit trifft es Z… zu, dass der Kläger aufgrund der hilfsweise geltend gemachten Ansprüche im Erfolgsfall eine günstigere Kostenquote im Verfahren erreichen kann. Dies allein begründet aber keine Verbesserung der eigenen wirtschaftlichen oder rechtlichen Position, die die Prozessstandschaft zulässig macht. Der mögliche Kostenvorteil steht bei hilfsweise erhobenen fremden Ansprüchen immer in Frage. Er bietet daher kein taugliches Abgrenzungskriterium für die zulässige von der unzulässigen Prozessstandschaft.Randnummer33

Ausgehend von der Aufgabe des Insolvenzverfahrens, die Gläubiger des Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners bestmöglich verwertet und der Erlös verteilt wird, besteht ein Interesse des Insolvenzverwalters an der Geltendmachung in der Erzielung der bestmöglichen Quote für die Insolvenzgläubiger. Die erfolgreiche Klage gegen den zahlungsfähigen Scheingesellschafter kann zur Erfüllung des gegen ihn gerichteten Anspruchs führen. Geht man davon aus, dass der Scheingesellschafter mit dem Unternehmensinhaber zumindest wie ein Gesamtschuldner haftet, würde die Erfüllung des gegen den Scheingesellschafter gerichteten Anspruchs sich auch auf die Insolvenzforderung auswirken und damit grundsätzlich die Quote der übrigen Gläubiger verbessern können, § 422 Abs. 1 BGB. Zugleich würde hier aber ein Zahlungsanspruch des Beklagten gegen M… O… entstehen, der sich auf Ausgleich der von ihm an die Gläubiger des Unternehmens geleisteten Beträge richten würde. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass O… dem Beklagten gegenüber wiederholt erklärt hatte, er werde ihn „aus allem raushalten“ und er „regele alles“. Dies kommt auch in der zwischen M… O… und dem Beklagten geschlossenen weiteren Vereinbarung vom 14.10.2003 zum Ausdruck, wonach der Beklagten „an keiner Gewinn- und Verlustrechnung beteiligt“ sein sollte (Anl B2, Bl. 30). Der infolge dieser Vereinbarung begründete Ausgleichsanspruch des Beklagten gegen M… O… wäre eine Insolvenzforderung, weil die Verpflichtung zum Ausgleich bereits vor der Zahlung rechtlich begründet war (so zum Bürgenrückgriff vgl. Kayser / Thole, InsO § 38 InsO Rn 32). Damit wäre der „wirtschaftliche Vorteil“, den der Insolvenzverwalter dadurch für die Masse erzielt, dass er für einen Insolvenzgläubiger Ansprüche gegen einen Scheingesellschafter durchsetzt, wirtschaftlich neutral, weil eine Forderung in derselben Höhe von dem hier beklagten Scheingesellschafter wiederum als Insolvenzforderung angemeldet werden kann.

6.

Darüber hinaus sind auch die Voraussetzungen der Haftung des Beklagten als Scheingesellschafter in Bezug auf die vom Kläger in der Berufungsinstanz vorgetragenen Forderungen nicht hinreichend bestimmt vorgetragen. Gesellschafter können gegenüber Dritten als Scheingesellschafter haften, sofern sie in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer existierenden Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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und ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft gesetzt haben und der Dritte sich auf den gesetzten Rechtsschein verlassen hat (BGHZ 17, 13 (19); Urteil vom 24.06.1991 – II ZR 293/90, WM 1991, 1505 (1506); Urteil vom 08.07.1996 – II ZR 258/. Der Kläger ist mit Hinweis vom 01.12.2022 bereits auf diese Voraussetzungen der Inanspruchnahme des Scheingesellschafters, hingewiesen worden. Daraufhin hat er seinen Vortrag nicht um eine nähere Darlegung der Rechtsscheinhaftung in Bezug auf alle im Einzelnen geltend gemachten Ansprüche ergänzt. Der Kläger beruft sich allgemein auf Unterschriften des Beklagten bei der An- und Ummeldung und den Umstand, dass Herr O… für eine GbR gehandelt habe. Von Bedeutung wäre insoweit aber, ob dem Beklagten der gesetzte Rechtsschein zuzurechnen war und der Gläubiger darauf auch vertraute. Diese Voraussetzungen können nicht allgemein angenommen werden, da nicht vorgetragen ist, unter welcher Unternehmensbezeichnung M… O… die jeweiligen Verträge geschlossen hat und welche Firma er gegenüber Sozialversicherungsträgern angegeben hatte. Der Beklagte hat die Zurechenbarkeit des Rechtsscheins bestritten, weil er nicht gewusst habe, dass Herr O… auch unter einer GbR, die den Namen des Beklagten mit aufführte, gehandelt habe. Ob dieser Einwand begründet sein kann, lässt sich mangels Vortrag zum Abschluss der den Gläubigerforderungen zugrunde liegenden Verträge nicht beurteilen.Randnummer35

Da zu den angemeldeten und im Wege der Rechtsscheinhaftung verfolgten Ansprüchen im Einzelnen nicht vorgetragen ist, kann auch nicht festgestellt werden, ob die Ansprüche möglicherweise verjährt sind.

7.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 2, § 709 Satz 2 ZPO.Randnummer37

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen insoweit nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO.Randnummer38

Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird gemäß § 47 Abs. 1, § 48 Abs. 1 GKG auf 315.943,52 € festgesetzt.

Schlagworte: Eingetragener Scheingesellschafter, Haftung des Scheingesellschafters, Scheingesellschafter

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BGH, Urteil vom 6. Dezember 2022 – II ZR 187/21

Dienstag, 6. Dezember 2022

BGB § 826Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
BGB
BGB § 826
Gg; GmbHG § 47 Abs. 1

Die Unanfechtbarkeit eines Sittenwidrig erwirkten satzungsändernden Gesellschafterbeschlusses schließt ein darauf gestütztes, auf Wiederherstellung der ursprünglichen Satzung gerichtetes Schadensersatzverlangen des geschädigten Gesellschafters nicht aus, soweit ihm nicht schutzwürdige Rechte Dritter entgegenstehen (Fortführung von BGH, Urteil vom 1. Juni 1987 – II ZR 128/86, BGHZ 101, 113).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Kammergerichts vom 21. Oktober 2021 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27. Dezember 2021 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Parteien sind Gesellschafter der F.              GmbH (im Folgenden: F.   ). An der F.   hielt die Beklagte zunächst für eine T.    GmbH treuhänderisch eine Beteiligung von 80 %. Am 13. November 2009 schlossen die T.   GmbH und die Parteien einen weiteren Treuhandvertrag (im Folgenden: Treuhandvertrag II), der die Übertragung der Treugeberstellung von der T.    GmbH auf die Klägerin beinhaltete. Neben der Abtretung sämtlicher Rechte aus der ursprünglichen Treuhand wurde für den Fall der Kündigung des Treuhandvertrags II die Abtretung eines Geschäftsanteils Nr. 1 mit einem Nennbetrag von 20.000 € an die Klägerin vereinbart. Den weiteren Geschäftsanteil Nr. 2 mit einem Nennbetrag von 5.000 € hielt die Beklagte.2

Die Klägerin kündigte den Treuhandvertrag II mit Schreiben vom 16. und 26. August 2011. Die beim Handelsregister eingereichte Gesellschafterliste vom 24. August 2011 wies die Klägerin als Inhaberin des Geschäftsanteils Nr. 1 und die Beklagte als Inhaberin des Geschäftsanteils Nr. 2 aus. Mit Schreiben vom 25. August 2011 focht die Beklagte den Treuhandvertrag II u.a. wegen arglistiger Täuschung an. Der Geschäftsführer der F.    reichte am 2. September 2011 eine Gesellschafterliste beim Handelsregister ein, in der die Beklagte als Inhaberin beider Geschäftsanteile ausgewiesen war. Die Klägerin erwirkte am 9. September 2011 eine einstweilige Verfügung, mit der der Gesellschafterliste ein Widerspruch hinsichtlich der Inhaberschaft des Geschäftsanteils Nr. 1 zugeordnet wurde.3

Am 20. Oktober 2011 fand eine Gesellschafterversammlung der F.   statt, zu der die Klägerin nicht eingeladen war und von der sie auch nicht unterrichtet wurde. Darin beschloss die Beklagte, die Satzung der F.   u.a. dahingehend zu ändern, dass das Quorum für die Beschlussfähigkeit der Gesellschaft von 75 % auf nunmehr 85 % angehoben wird und Gesellschafterbeschlüsse nunmehr grundsätzlich mit einer Mehrheit von 85 % der Stimmen zu fassen sind. Außerdem legte sie fest, dass der Versammlungsleiter nicht mehr mehrheitlich gewählt wird, sondern die Versammlungsleitung regelmäßig dem einladenden Geschäftsführer oder Gesellschafter obliegt. Die Änderung der Satzung wurde am 29. November 2011 im Handelsregister eingetragen. Eine Ende 2016 erhobene Beschlussmängelklage der Klägerin blieb ohne Erfolg.4

Mit Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. Juni 2012, rechtskräftig seit 28. Juli 2016, wurde im Verhältnis der Parteien festgestellt, dass die Klägerin Inhaberin des Geschäftsanteils Nr. 1 ist. Am 10. Juli 2014 wurde eine Gesellschafterliste beim Handelsregister aufgenommen, welche die Klägerin als Inhaberin des Geschäftsanteils Nr. 1 auswies.5

Die Klägerin verlangt die Zustimmung der Beklagten zur Rückänderung der Satzung der F.    in den Zustand vor dem 29. November 2011. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.6

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (KG, ZIP 2022, 998), soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, ausgeführt:7

Die Klage sei zulässig. Ihr fehle insbesondere nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Das von der Klägerin verfolgte Rechtschutzziel könne entsprechend § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG nicht mehr mittels Nichtigkeitsfeststellungsklage erreicht werden, nachdem die Änderung des Gesellschaftsvertrags seit mehr als drei Jahren in das Handelsregister eingetragen sei.8

Die Klage sei auch begründet. Mit der eigenmächtigen Satzungsänderung habe die Beklagte eine unerlaubte Handlung begangen, mit der sie die Mitgliedschaftsrechte der Klägerin verletzt und sie zugleich vorsätzlich Sittenwidrig geschädigt habe. Die Bestandskraft des Änderungsbeschlusses entsprechend § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG stehe einem sich daraus ergebenden Schadensersatzanspruch nicht entgegen, wenn und soweit dieser nur auf Rückgängigmachung einer pflichtwidrig herbeigeführten Satzungsänderung mit Wirkung für die Zukunft gerichtet sei. Durch die Änderung sei der Mehrheitsanteil der Klägerin auch in seinem Wert gemindert worden, weil die mit ihm ursprünglich einhergehenden Stimmrechte beeinträchtigt worden seien. Dabei habe die Beklagte vorsätzlich gehandelt. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Änderungsbeschluss selbst, da sich die Änderung des Gesellschaftsvertrags bei lebensnaher Betrachtung nur damit erklären lasse, dass die Gesellschafterstellung der Klägerin beeinträchtigt werden sollte. Darüber hinaus habe die Beklagte gegen die guten Sitten verstoßen, weil sie eine formale Rechtsposition eigensüchtig ausgenutzt und dadurch berechtigtes Vertrauen der Klägerin in eine lautere Klärung des Gesellschafterstreits enttäuscht habe. Demgegenüber greife die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede nicht, weil die Klägerin die Rückgängigmachung der Satzungsänderung im Wege des sog. Restschadensersatzanspruchs nach § 852 Abs. 1 BGB verlangen könne. Die Beklagte habe im Sinne dieser Vorschrift die aus der Änderung des Gesellschaftsvertrags folgende Stärkung ihrer Gesellschafterstellung erlangt, die sie durch Zustimmung zu seiner Rückänderung an die Klägerin herausgeben müsse. Der Klägerin sei auch kein anspruchsausschließendes Mitverschulden wegen nicht rechtzeitiger Erhebung einer Beschlussmängelklage anzulasten, weil Gegenstand des klagegegenständlichen Anspruchs nur die in die Zukunft gerichtete Änderung des Gesellschaftsvertrags und es der Beklagten als vorsätzlich handelnde Schädigerin zudem verwehrt sei, sich auf § 254 BGB zu berufen. Schließlich bestünden auch keine Anhaltspunkte für eine Verwirkung des Anspruchs.9

II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.10

1. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision ist unbeschränkt zulässig.11

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen im „Hinblick auf die Frage des Vorrangs des Beschlussmängelrechts ggb. auf Zustimmung zur zukunftsgerichteten Satzungsänderung oder Abänderung sonstiger vormals gefasster Beschlüsse gerichteten Ansprüchen“. Eine zulässige Beschränkung der Revisionszulassung auf einen selbständigen Teil des Streitstoffs geht damit nicht einher, so dass die Revision unbeschränkt zugelassen ist (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 – XI ZR 248/02, ZIP 2003, 1240, 1241; Urteil vom 19. April 2013 – V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 12; Beschluss vom 20. März 2014 – X ZB 18/13, WM 2014, 1409 Rn. 16).12

Voraussetzung für die beschränkte Zulassung der Revision wäre eine Selbständigkeit des von der Zulassungsbeschränkung erfassten Teils des Streitstoffs in dem Sinn, dass dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2013 – XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294 Rn. 27; Urteil vom 26. April 2016 – XI ZR 108/15, WM 2016, 1031 Rn. 12; Urteil vom 15. März 2017 – VIII ZR 295/15, NZM 2017, 321 Rn. 14). Die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage des Vorrangs des Beschlussmängelrechts betrifft keinen in diesem Sinne selbständigen Teil des Streitstoffs, auf den die Beklagte selbst ihre Revision hätte beschränken können, sondern stellt sich hinsichtlich des gesamten prozessualen Anspruchs.13

2. Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zustimmung zu der begehrten Änderung der Satzung der F.   rechtsfehlerfrei bejaht.14

a) Die Klage ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Revision fehlt ihr nicht deshalb das Rechtsschutzinteresse, weil die Klägerin die Beklagte auf Zustimmung zur Änderung der Satzung in Anspruch nimmt, ohne sie zuvor nach Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Mitwirkung aufgefordert und ihre Stimme bereits verbindlich abgegeben zu haben (vgl. BGH, Urteil vom 29. Mai 1967 – II ZR 105/66, BGHZ 48, 163, 171 f.; Urteil vom 25. September 1986 – II ZR 262/85, BGHZ 98, 276, 278).15

b) Die Klage ist begründet. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zustimmung zu der verlangten Änderung der Satzung der F.   bejaht.16

aa) Die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Klägerin durch die Beklagte und damit der Voraussetzungen des § 826 BGB durch das Berufungsgericht hält rechtlicher Nachprüfung stand.17

(1) Die Beklagte hat der Klägerin mit der Änderung der Satzung einen Schaden zugefügt. § 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab. Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 – II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 153; Urteil vom 9. Mai 2005 – II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270 Rn. 13). Ein solcher Schaden ergibt sich ohne Weiteres aus der Schmälerung des Stimmgewichts und der Herrschaftsmacht, die der Mehrheitsbeteiligung der Klägerin nach der ursprünglichen Satzung zukam.18

Soweit die Revision in der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit angesprochen hat, dass die Klägerin den Geschäftsanteil Nr. 1 nicht schon mit der Kündigung des Treuhandvertrags II und damit vor der Satzungsänderung, sondern infolge dessen anfechtungsbedingter Vernichtung erst aus einem anderen Erwerbsgrund bis zum Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im vorangegangenen Feststellungsprozess erworben haben könnte, steht dies der Annahme einer Schadenszufügung nicht entgegen. Für das Revisionsverfahren kann insbesondere nicht unterstellt werden, dass die von der Beklagten erklärte Anfechtung des Treuhandvertrags II mit der in ihm enthaltenen, durch seine Kündigung bedingten Abtretung des Geschäftsanteils Nr. 1 an die Klägerin begründet war. Zum einen handelt es sich bei dem von der Revision angesprochenen anderweitigen Erwerbsgrund um eine rein theoretische Möglichkeit, die nicht durch entsprechende Feststellungen oder dahingehenden Tatsachenvortrag unterlegt ist. Davon abgesehen steht im Verhältnis der Parteien auf Grund des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. Juni 2012 rechtskräftig fest, dass die Anfechtung des Treuhandvertrags II nicht gerechtfertigt ist. Das Berufungsgericht hat in Auslegung des Urteilsausspruchs des Landgerichts Frankfurt am Main festgestellt, dass die Feststellung, die Klägerin sei Inhaberin des Geschäftsanteils Nr. 1, ausweislich der Urteilsgründe zugleich die Feststellung beinhaltete, dass sie den Geschäftsanteil bereits am 26. August 2011 erworben hat. Das ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden (vgl. Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 322 Rn. 105). Ein Feststellungsausspruch, der keine Datumsangaben enthält, bezieht sich zwar regelmäßig, aber nicht notwendig auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung (vgl. Hackspiel, NJW 1986, 1148, 1150). Im Vorprozess hat das Landgericht Frankfurt am Main den Feststellungsausspruch und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die anschließende Berufungszurückweisung auf die Kündigung des Treuhandvertrags II spätestens am 26. August 2011 gestützt, mit der die Klägerin ihre Feststellungsklage begründet hatte.19

Ist die im ersten prozess rechtskräftig entschiedene Rechtsfolge im zweiten – einen anderen Streitgegenstand betreffenden – prozess nicht die Hauptfrage, sondern eine Vorfrage, besteht die Wirkung der Rechtskraft in der Bindung des nunmehr entscheidenden Gerichts an die Vorentscheidung. Das nachentscheidende Gericht ist somit an einer abweichenden Entscheidung der rechtskräftig entschiedenen (Vor-)Frage gehindert (sog. Präjudizialität; vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1995 – V ZR 178/93, NJW 1995, 1757 unter II 1 a; Urteil vom 26. Juni 2003 – I ZR 269/00, NJW 2003, 3058 unter II 1 a; Urteil vom 24. September 2003 – XII ZR 70/02, WM 2004, 532, 533; Urteil vom 16. Januar 2008 – XII ZR 216/05, NJW 2008, 1227 Rn. 9 und 23; Urteil vom 21. Oktober 2020 – VIII ZR 261/18, BGHZ 227, 198 Rn. 33).20

(2) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass der Beklagten zumindest bedingt vorsätzliches Handeln vorzuwerfen ist, hält rechtlicher Nachprüfung stand.21

Das Berufungsgericht hat in mindestens naheliegender Würdigung Schädigungsvorsatz der Beklagten im Wesentlichen aus dem Inhalt des satzungsändernden Beschlusses hergeleitet (§ 286 ZPO). Eine Verfahrensrüge (§ 559 Abs. 1 Satz 2 ZPO) erhebt die Revision insoweit auch nicht, sondern hält die Bindungswirkung dieser Feststellung (§ 559 Abs. 2 ZPO) mangels eigener Feststellungen des Berufungsgerichts zur Anfechtung des Treuhandvertrags II für aufgehoben. Die Rüge greift nicht durch. Sie beruht auf der bereits widerlegten Annahme, für das Revisionsverfahren sei von der Berechtigung der Anfechtung des Treuhandvertrags II durch die Beklagte auszugehen.22

(3) Das Berufungsgericht hat die eigenmächtige Änderung der Satzung mit Recht als Sittenwidrig gewertet.23

Die Qualifizierung eines Verhaltens als Sittenwidrig ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt(st. Rspr., etwa BGH, Urteil vom 20. November 2012 – VI ZR 268/11, ZIP 2013, 27 Rn. 25; Urteil vom 28. Juni 2016 – VI ZR 536/15, WM 2016, 1975 Rn. 15; Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 14; jeweils mwN). Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (st. Rspr., z.B. BGH, Urteil vom 7. Mai 2019 – VI ZR 512/17, NJW 2019, 2164 Rn. 8; Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 15; Urteil vom 12. Oktober 2021 – VI ZR 879/20, DB 2021, 2890 Rn. 8; jeweils mwN). Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 – VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361, 366; Urteil vom 28. Juni 2016 – VI ZR 536/15, WM 2016, 1975 Rn. 16).24

Nach diesen Maßstäben ist das Verhalten der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin als Sittenwidrig zu werten. Die Beklagte hat zur Änderung der Satzung eine formale Rechtsposition ausgenutzt, weil die Gesellschafterliste sie der materiellen Rechtslage zuwider als Inhaberin auch des Geschäftsanteils Nr. 1 auswies. Nur deshalb konnte die Gesellschafterversammlung vom 20. Oktober 2011 ohne Ladung der Klägerin abgehalten werden (§ 16 Abs. 1 Satz 1, § 51 Abs. 1 GmbHG). Dies geschah zudem zu einem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin bereits zu ihren Gunsten die Zuordnung eines Widerspruchs gegen die Gesellschafterliste erwirkt hatte, soweit in ihr die Beklagte als Inhaberin des Geschäftsanteils Nr. 1 eingetragen war. Auf Grund der im einstweiligen Verfügungsverfahren erfolgten Glaubhaftmachung der Inhaberschaft der Klägerin (§ 16 Abs. 3 Satz 4 Fall 1 GmbHG, §§ 935, 936, § 920 Abs. 2, § 294 ZPO) durfte diese über die unmittelbaren Rechtswirkungen des Widerspruchs nach § 16 Abs. 3 Satz 3 GmbHG hinaus darauf vertrauen, die Beklagte werde sich als Antragsgegnerin im Widerspruchsverfahren bis zur endgültigen Klärung der materiellen Rechtslage nicht als Alleingesellschafterin gerieren (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. Juli 2019 – II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rn. 42). Die Enttäuschung dieses Vertrauens durch die Beklagte ist jedenfalls deshalb als Sittenwidrig zu qualifizieren, weil zu diesem Zeitpunkt, wie das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt hat, zwischen den Parteien noch Vergleichsverhandlungen schwebten, in deren Rahmen die Beklagte erklärte, den streitbefangenen Geschäftsanteil nicht abtreten oder belasten zu wollen, und die Klägerin auch aus diesem Grund keinen Verdacht hegen musste, dass sich die Beklagte als Alleingesellschafterin aufführen würde. Statt den Streit über die Inhaberschaft des Geschäftsanteils Nr. 1 mit der Klägerin aber offen und redlich vor Gericht auszutragen, hat die Beklagte mit der Satzungsänderung eigensüchtig Fakten gerade für den Fall schaffen wollen und geschaffen, dass ihr der streitbefangene Geschäftsanteil nicht gehört.25

bb) Dem Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zu der begehrten Satzungsänderung der F.  steht nicht entgegen, dass sie gegen den satzungsändernden Beschluss vom 20. Oktober 2011 erfolglos geklagt hat.26

(1) Das Berufungsgericht, das auch über die Beschlussmängelklage der Klägerin entschieden hat, hat gemeint, dass der satzungsändernde Beschluss jedenfalls analog § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG geheilt sei, weil er bei Klageerhebung 2017 mehr als drei Jahre im Handelsregister eingetragen war. Nach dieser Vorschrift kann die Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses, der nach § 241 Nr. 1, 3 oder 4 AktG nichtig ist, nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Beschluss im Handelsregister eingetragen worden ist und seitdem drei Jahre verstrichen sind.27

(2) Richtig ist, dass die von der Klägerin erhobene Beschlussmängelklage schon wegen Zeitablaufs keinen Erfolg haben konnte.28

(a) Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG auch satzungsändernde Beschlüsse erfasst (BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 – II ZR 73/99, BGHZ 144, 365, 367 f.; Beschluss vom 15. Juli 2014 – II ZB 18/13, BGHZ 202, 87 Rn. 14). Richtig ist ferner, dass die Vorschrift auf die GmbH entsprechend anzuwenden ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1981 – II ZR 27/80, BGHZ 80, 212, 216; Urteil vom 20. Februar 1984 – II ZR 116/83, WM 1984, 473; Urteil vom 19. Juni 2000 – II ZR 73/99, BGHZ 144, 365, 368; Urteil vom 27. September 2011 – II ZR 279/09, ZIP 2011, 2357 Rn. 12).29

(b) Allerdings sind sittenwidrige Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH nicht nach § 138 BGB, sondern analog § 241 Nr. 4 AktG nur dann nichtig, wenn sie durch ihren Inhalt gegen die guten Sitten verstoßen. Der Beschluss muss also „für sich allein betrachtet“ gegen die guten Sitten verstoßen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1954 – II ZR 291/53, BGHZ 15, 382, 384; Urteil vom 1. Juni 1987 – II ZR 128/86, BGHZ 101, 113, 116 f.; Urteil vom 16. Dezember 1991 – II ZR 58/91, BGHZ 116, 359, 374 f.). Ein sittenwidriger Machtmissbrauch erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Beschlüsse, bei denen nicht der eigentliche Beschlussinhalt, sondern „nur“ Beweggrund oder Zweck unsittlich sind, oder bei denen die Sittenwidrigkeit in der Art des Zustandekommens liegt, sind lediglich anfechtbar (BGH, Urteil vom 1. Juni 1987 – II ZR 128/86, BGHZ 101, 113, 116; Urteil vom 16. Dezember 1991 – II ZR 58/91, BGHZ 116, 359, 374 f.). Danach war die Beschlussmängelklage freilich gleichfalls verfristet, weil eine gegen einen lediglich anfechtbaren Beschluss der Gesellschafterversammlung gerichtete Klage grundsätzlich binnen der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG zu erheben ist, sofern die Satzung keine abweichende Regelung enthält (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1991 – II ZR 58/91, BGHZ 116, 359, 375; Urteil vom 18. April 2005 – II ZR 151/03, ZIP 2005, 985, 988; Beschluss vom 13. Juli 2009 – II ZR 272/08, ZIP 2009, 1880).30

(3) Die Unanfechtbarkeit eines Sittenwidrig erwirkten satzungsändernden Gesellschafterbeschlusses schließt ein darauf gestütztes, auf Wiederherstellung der ursprünglichen Satzung gerichtetes Schadensersatzverlangen des geschädigten Gesellschafters aber nicht aus, soweit ihm nicht schutzwürdige Rechte Dritter entgegenstehen.31

Wie der Senat bereits ausgesprochen hat, kann sich der betroffene Gesellschafter selbst gegenüber der Gesellschaft darauf berufen, dass die Ausnutzung eines unanfechtbaren Gesellschafterbeschlusses Sittenwidrig und rechtsmissbräuchlich sei, wenn die Gesellschaft nur aus ihm und dem Mitgesellschafter besteht und schutzwerte Interessen Dritter davon nicht berührt werden. Die Besonderheiten des GmbH-Rechts, insbesondere das aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 243 ff. AktG abgeleitete Erfordernis der Anfechtungsklage zur Geltendmachung nicht zur Nichtigkeit führender Beschlussmängel, rechtfertigen keine andere Beurteilung. Infolge der Versäumung der Anfechtungsfrist wird ein mit derartigen Mängeln behafteter Beschluss zwar rechtswirksam. Die sittenwidrige Ausnutzung einer formalen Rechtsposition ist im Recht der GmbH aber ebenso wenig zulässig wie auf anderen Rechtsgebieten. Dabei hat der Senat ausdrücklich vorausgesetzt, dass der durch den Gesellschafterbeschluss geschädigte Gesellschafter von seinem Sittenwidrig handelnden Mitgesellschafter zudem Schadensersatz in Geld oder auf dem Wege der Naturalrestitution verlangen kann (BGH, Urteil vom 1. Juni 1987 – II ZR 128/86, BGHZ 101, 113, 121 f.).32

Daran ist jedenfalls für Fälle wie den vorliegenden festzuhalten. Durch das Schadensersatzverlangen, an einer ex nunc wirkenden Änderung der Satzung mitzuwirken, wird die Wirksamkeit der vorangegangenen Satzungsänderung nicht berührt. Einem solchen Verlangen stehen in aller Regel und so auch hier keine schutzwürdigen Rechte Dritter entgegen. Der Beklagten wäre es auch ohne gerichtliche Inanspruchnahme durch die Klägerin (etwa aus eigener Unrechtseinsicht) ohne Weiteres möglich, durch entsprechende Stimmabgabe daran mitzuwirken, die Satzung mit ihrem ursprünglichen Inhalt wiederherzustellen. Ob diese Erwägungen über § 826 BGB hinaus Gültigkeit beanspruchen und auch auf Fälle bloß treupflichtwidriger Stimmabgabe zu erstrecken sind, bedarf hier keiner Entscheidung (offen gelassen von BGH, Urteil vom 20. März 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 160 f., für die AG; dagegen etwa MünchKommGmbHG/Wertenbruch, 3. Aufl., Anh. § 47 Rn. 322).33

cc) Entgegen der Auffassung der Revision steht dem Schadensersatzverlangen der Klägerin nicht entgegen, dass diese bei Änderung der Satzung nicht mehr in der Gesellschafterliste eingetragen war. Die Gesellschafterliste entfaltet nach § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nur formelle Legitimationswirkung. Die materiell-rechtliche Gesellschafterstellung als solche und ihr Schutz vor sittenwidriger Schädigung durch einen Mitgesellschafter bleibt von ihr unberührt (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2020 – II ZR 211/19, ZIP 2020, 2513 Rn. 17 mwN).34

dd) Der Beklagten stehen gegen den Schadensersatzanspruch auch keine Einwendungen oder Einreden zu.35

(1) Das Berufungsgericht hat ein anspruchsausschließendes Mitverschulden der Klägerin rechtsfehlerfrei verneint.36

Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob dieser alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat (BGH, Urteil vom 28. April 2015 – VI ZR 206/14, NJW-RR 2015, 1056 Rn. 10; Urteil vom 23. November 2010 – VI ZR 244/09, NJW-RR 2011, 347 Rn. 29; jeweils mwN).37

Danach begegnet es keinen Bedenken, wenn das Berufungsgericht dem von der Revision gerügten Umstand, dass sich die Klägerin der vorsätzlich und Sittenwidrig handelnden Beklagten nicht unter Inanspruchnahme gerichtlichen (Eil-)Rechtsschutzes erwehrt hat, kein anspruchsausschließendes Gewicht beigemessen hat.38

(2) Die tatrichterliche Würdigung des Verwirkungseinwands durch das Berufungsgericht ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.39

Ob die Berufung auf eine erworbene Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden. Diese tatrichterliche Würdigung kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 – IV ZR 18/04, VersR 2005, 629; Urteil vom 8. Juni 2005 – IV ZR 225/04, MDR 2005, 91; Urteil vom 23. Januar 2018 – XI ZR 298/17, ZIP 2018, 621 Rn. 9; Urteil vom 16. Oktober 2018 – XI ZR 69/18, ZIP 2018, 2360 Rn. 12; jeweils mwN).40

Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht die Einrede der Beklagten rechtsfehlerfrei für nicht durchgreifend erachtet. Die Revision zeigt nicht auf, dass die Beklagte im Vertrauen auf den Bestand der Satzungsänderung rechtliche oder wirtschaftliche Maßnahmen ergriffen hätte. Davon abgesehen wäre ihr Vertrauen darauf, da es auf eigenem sittenwidrigen Verhalten gründet, nicht schutzwürdig.41

(3) Das Berufungsgericht konnte schließlich dahinstehen lassen, ob der Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 826 BGB verjährt ist, weil die Beklagte jedenfalls nach § 852 BGB verpflichtet ist, der begehrten Änderung der Satzung der F.   zuzustimmen.42

Nach § 852 Satz 1 BGB ist der Ersatzpflichtige, der durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt hat, auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus der unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift sollen demjenigen, der einen anderen durch unerlaubte Handlung schädigt und dadurch sein Vermögen mehrt, auch bei Verjährung des Schadensersatzanspruchs nicht die auf diese Weise erlangten Vorteile verbleiben (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2022 – VII ZR 365/21, ZIP 2022, 1158 Rn. 26; Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 8/21, BGHZ 233, 16 Rn. 58; Urteil vom 10. Oktober 2022 – VIa ZR 542/21, juris Rn. 18; jeweils mwN).43

Hier hat die Beklagte durch die Satzungsänderung auf Kosten der Klägerin einen Zugewinn an Herrschaftsmacht in der F.   erlangt. Das Erlangte hat die Beklagte durch die Abgabe der beanspruchten satzungsändernden Willenserklärungen herauszugeben, weil nur so die der Beeinträchtigung der Mitgliedschaft der Klägerin (Verlust an Herrschaftsmacht) komplementäre ungerechtfertigte Aufwertung der Mitgliedschaft der Beklagten (Zugewinn an Herrschaftsmacht) rückgängig gemacht werden kann. Die von der Klägerin beanspruchte Zustimmung zur Rückänderung der Satzung ist hiernach lediglich Mittel zur Erfüllung der von der Beklagten nach § 852 Satz 1 BGB geschuldeten Herausgabe des Erlangten.

Löffler I www.K1.de I Gesellschaftsrecht I Gesellschafterversammlung I M&A I Unternehmenskauf I Erfurt I Thüringen I Sachsen I Sachsen-Anhalt I Hessen I Deutschland 2023

Schlagworte: Gesellschafterbeschluss, Satzungsänderung, Satzungsänderungen

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FG Düsseldorf, Urteil vom 03. September 2019 – 6 K 3315/17 K,G

Dienstag, 3. September 2019

§ 5 Abs 1 Nr 9 S 2 KStG 2002, § 3 Nr 6 S 2 GewStG 2002, § 64 AO, §§ 64ff AO, § 14 AO, § 66 Nr 2 AEAO, § 40 Abs 2 FGO, KStG VZ 2012, KStG VZ 2013, GewStG VZ 2012, GewStG VZ 2013

1. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG und § 3 Nr. 6 Satz 2 GewStG i.V.m. §§ 64 bis 68 AO sind (auch) drittschützende Normen. Wird daher ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu Unrecht nicht besteuert, kann dies zu einer Verletzung von Rechten der Mitbewerber führen (vgl. BFH-Rechtsprechung; hier: erfolgreiche Konkurrentenklage).

2. Werden in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen jeweils Gewinne erwirtschaftet, die den konkreten Finanzierungsbedarf der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre der Körperschaft übersteigen, ist widerlegbar von einer zweckbetriebsschädlichen Absicht der Körperschaft auszugehen, den Zweckbetrieb des Erwerbs wegen auszuüben (Anschluss an die Auffassung der Finanzverwaltung; vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2017, 1603 sowie AEAO zu § 66 Nr. 2).

3. Wirkt eine GmbH, die gemeinnützig sein will, eng mit einer gewerblichen Tochtergesellschaft zusammen, um ein komplexes Leistungspaket anzubieten, „färbt“ die Gewerblichkeit der Tochtergesellschaft auf die Mutter „ab“; sie kann allein deshalb nicht gemeinnützig sein.

4. Revision eingelegt (Az. des BFH: XI R 29/19)

Tenor

Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 5.12.2017 wird der Beklagte verpflichtet, die gegenüber der Beigeladenen erlassenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 2012 und 2013 dahingehend zu ändern, dass der Geschäftsbetrieb X als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt wird.

Die Revision wird zugelassen.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Rechtsstreites.

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte aufgrund einer Konkurrentenklage verpflichtet ist, den von der Beigeladenen betriebenen Geschäftsbetrieb X nicht mehr als steuerbefreiten Zweckbetrieb im Sinne des § 65 Abgabenordnung (AO) zu behandeln, sondern den Gewinn aus dem Geschäftsbetrieb X bei der Körperschaftsteuerfestsetzung und der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für 2012 und 2013 zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist ein Dienstleistungsunternehmen und betreibt den Geschäftsbetrieb X.

Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen ist gemäß dem Gesellschaftsvertrag … . Wegen des weiteren Inhaltes der Satzungen wird auf die Vertragsakte des Beklagten Bezug genommen.

Das Stammkapital der Beigeladenen beträgt … €. Alleiniger Gesellschafter ist … . Geschäftsführer der Beigeladenen waren in den Streitjahren K und L.

Die Beigeladene erzielte 2009 einen Jahresüberschuss i.H. von ca. … €, 2010 einen Jahresüberschuss i.H.v. … € bei Umsatzerlösen i.H. von ca. … Euro und 2011 einen Jahresüberschuss i.H.v. … €  bei Umsatzerlösen i.H. von ca. … Euro.

Aus der Bilanz der Beigeladenen zum 31.12.2012 ergibt sich ein Eigenkapital i.H. von ca. … Euro. Aus der Gewinn- und Verlustrechnung für 2012 ergibt sich, dass die erklärten Umsatzerlöse i.H. von ca. … €  i.H. von rund … € auf den Geschäftsbetrieb X und i.H. von … € auf den Geschäftsbetrieb Y entfallen. Der Jahresüberschuss der Beigeladenen betrug … €. Sonstige betriebliche Erträge werden i.H. von ca. … € erklärt, die in Höhe von … € auf Spenden und in Höhe von … € auf Zuschüsse entfallen. Wegen der Einzelheiten der Zuschüsse wird auf die Gewinnermittlung Bezug genommen.

Aus der Bilanz der Beigeladenen zum 31.12.2013 ergibt sich ein Eigenkapital i.H. von ca. … Euro. Die Umsatzerlöse i.H. von ca. … € entfallen i.H. von ca. … € auf den Geschäftsbetrieb X und i.H. von ca. … € auf den Geschäftsbetrieb Y. Sonstige betriebliche Erträge vergleichbar zum Vorjahr erwirtschaftete die Beigeladene i.H. von insgesamt … Euro, wobei rund … Euro auf Zuschüsse und Spenden entfiel. Der Jahresüberschuss der Beigeladenen betrug … €.

Die Beigeladene ist alleinige Gesellschafterin der nicht gemeinnützigen A-GmbH. Gegenstand des Unternehmens der A-GmbH ist … die Erbringung von Dienstleistungen … sowie der Handel mit … . Die A-GmbH erzielte im Jahr 2012 bei Umsatzerlösen i.H. von ca. … Euro einen Jahresüberschuss von … € und im Jahre 2013 bei Umsatzerlösen i.H. von … Euro einen Jahresüberschuss i.H. von … €.

Die Beigeladene ist wegen Förderung des Wohlfahrtswesens im Sinne des § 52 Nr. 9 AO als gemeinnützig anerkannt. Sie erklärte in den Streitjahren Einkünfte aus zwei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, … und … . Bezüglich der von der Beigeladenen betriebenen X-Einrichtung und dem Geschäftsbetrieb Y vertritt die Beigeladene die Auffassung, dass insoweit Zweckbetriebe vorlägen.

Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2012 vom 19.12.2013 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer der Beigeladenen auf … € fest. Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2012 vom 15.05.2017, in dem Ergebnisse einer Betriebsprüfung berücksichtigt wurden, wurde die Körperschaftssteuer der Beigeladenen unter Berücksichtigung eines Gewinns von … € auf … € festgesetzt. In einer Anlage zum Bescheid heißt es: „Die Steuerpflicht erstreckt sich ausschließlich auf den von der Körperschaft unterhaltenen (einheitlichen) steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Im Übrigen ist die Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit, weil sie ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken i.S. der §§ 51 ff. AO dient. Die Körperschaft fördert folgende gemeinnützige Zwecke: Förderung des Wohlfahrtswesens.“

Durch Gewerbesteuermessbetragsbescheid vom 18.12.2013 setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag für 2012 auf … € fest. Durch gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2012 wurde der Gewerbesteuermessbetrag für 2012 auf … € festgesetzt.

Durch den Körperschaftsteuerbescheid für 2013 vom 14.04.2015 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer für die Beigeladene auf … € fest. Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2013 vom 15.05.2017, in dem die Ergebnisse einer Betriebsprüfung berücksichtigt wurden, wurde die Körperschaftsteuer der Beigeladenen unter Berücksichtigung eines Gewinns i.H. von … € auf … € festgesetzt. Die Anlage zum Bescheid enthält den gleichen Hinweis wie die Anlage zum Bescheid für 2012.

Durch Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2013 vom 15.04.2015 wurde der Gewerbesteuermessbetrag auf … € festgesetzt. Durch gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2013 wurde der Gewerbesteuermessbetrag auf … € festgesetzt.

Aus dem Bericht über die Betriebsprüfung bei der Beigeladenen für die Jahre 2011 bis 2013 vom 23.12.2016 ergibt sich u.a., dass die Beigeladene einen Geschäftsbetrieb X und einen zwischenzeitlich eingestellten Geschäftsbetrieb Y betrieb. Mit diesen beiden Betrieben sollte der Zweck der gemeinnützigen Gesellschaft „ … “ verwirklicht werden. …

Die Betriebsprüfung vertrat die Ansicht, dass die Beigeladene einen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO unterhalte. Während des Prüfungszeitraums sei die Beigeladene kein Integrationsprojekt i.S. des § 68 Nr. 3c AO. In der Beigeladenen seien nicht mindesten 40 % der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen i.S. des § 132 Abs. 1 des IX. Sozialgesetzbuches (SGB). Die Beigeladene sei als gemeinnützig anzusehen. Die Voraussetzungen des § 65 AO seien erfüllt. Der Geschäftsbetrieb X und Geschäftsbetrieb Y seien wirtschaftliche Geschäftsbetriebe i.S. des § 14 Satz 1 AO. Sie dienten „in ihrer Gesamtausrichtung mit den ihnen begründenden Tätigkeiten“ der Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke. … Der Satzungszweck könne nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden. Die Beigeladene sei zur Erreichung ihres Satzungszwecks darauf angewiesen, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Echtbetrieb) zu unterhalten, um ihre steuerbegünstigten Zwecke zu erreichen. … Die Beigeladene trete mit ihrem Geschäftsbetrieb X und mit dem Geschäftsbetrieb Y nicht über das unvermeidbare Maß hinaus „in Wettbewerb“. Um ihren steuerlich begünstigten Zweck erfüllen zu können, müsse die Beigeladene Leistungen am Markt anbieten, an Ausschreibungen teilnehmen, einen Internetauftritt unterhalten etc. Jedoch betreibe das Unternehmen keine intensiven Werbemaßnahmen. …

Mit Schreiben vom 13.12.2016 beantragte die Klägerin, dass die Körperschaftsteuerbescheide der Beigeladenen für 2012 bis 2014 und die Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes für die Jahre 2012 bis 2014 insoweit geändert werden, dass die Leistungen des Geschäftsbetriebs X als steuerpflichtig wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt werden. Soweit ein Änderungsantrag unzulässig ist, erhob die Klägerin Einspruch gegen die betreffenden, durch einen Änderungsantrag nicht mehr änderbaren Bescheide.

Der Beklagte lehnte die Änderungsanträge der Klägerin ab, worauf diese am 03.02.2017 Einsprüche einlegte.

Mit Schreiben vom 14.02.2017 wurde die Beigeladene gemäß § 160 Abs. 3 AO zu beiden Einspruchsverfahren hinzugezogen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 05.12.2017 wurden die Einsprüche bezüglich der Körperschaftsteuer 2012 und 2013 und der Gewerbesteuermessbeträge 2012 und 2013 als unbegründet zurückgewiesen.

In der Einspruchsentscheidung wird u.a. ausgeführt, dass die Beigeladene sich zur Wahrnehmung der Geschäftstätigkeit des Geschäftsbetriebs X teilweise ihrer Tochtergesellschaften, der steuerpflichtigen A-GmbH … bedient habe. Die steuerpflichtige A-GmbH erziele keine Umsätze aus … (Dienstleistungen, die die Beigeladenen anbietet). Vielmehr liege ihre Tätigkeit in … .

Die Beigeladene unterhalte einen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO. Unstreitig sei, dass die Beigeladene kein Integrationsprojekt i.S. des § 68 Nr. 3c AO sei. Es seien nicht mindestens 40 % der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen i.S. des § 132 Abs. 1 SGB IX. Die Beigeladene sei als gemeinnützig anzuerkennen, weil sie einen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO unterhalte. Die Voraussetzungen des § 65 Nr. 1 AO seien erfüllt. …

… . Bei dem Geschäftsbetrieb X handele es sich um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S. des § 14 Satz 1 AO. Er diene in seiner Gesamtrichtung mit den ihn begründenden Tätigkeiten der Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke.

Auch die Voraussetzung des § 65 Nr. 2 AO sei erfüllt. … Die Beigeladene sei damit zur Verwirklichung ihrer satzungsmäßigen Zwecke geradezu darauf angewiesen, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu unterhalten, um derart – im Echtbetrieb – ihre steuerbegünstigten Zwecke zu erreichen. Die Gesamtzahl der Mitarbeiter auf Teilnahmeplätzen habe im Jahr 2008 bei …, 2009 bei …, 2010 bei …, 2011 bei …, 2012 bei … und 2013 bei … Personen gelegen. Der überwiegende Teil der Mitarbeiter habe erfolgreich in den ersten Arbeitsmarkt eingegliedert werden können.

Auch die Voraussetzung des § 65 Nr. 3 AO sei gegeben. Die Beigeladene trete mit anderen … betrieben (Geschäftsbetrieben wie Geschäftsbetrieb X) nicht über das unvermeidbare Maß hinaus in den Wettbewerb. Der Wettbewerb mit anderen – steuerpflichtigen – Betrieben, vorliegend mit der Klägerin, die vergleichbare Leistungen ausführe oder möglicherweise hätte ausführen wollen, sei für die Beigeladene unvermeidbar, wenn sie ihren steuerbegünstigten Zweck erfüllen wolle. Die Beigeladene müsse vorliegend die Leistungen am Markt anbieten und entsprechende Aufträge übernehmen, um ihren Mitarbeitern eine sinnvolle Arbeitstherapie anbieten zu können. Ohne die Ausführung der am Markt erhaltenen Aufträge könne es der Beigeladene nicht gelingen, ihre Mitarbeiter auf ein reguläres Arbeitsleben vorzubereiten und schließlich zu (re)integrieren. Die Leistungen an die Auftraggeber seien Ergebnis und Folge der durch die Beigeladene durchgeführten … Maßnahmen und somit notwendige Folge der Erfüllung des von der Beigeladenen verfolgten gemeinnützigen Zwecks.

Die Klägerin hat am 21.12.2015 Klage erhoben.

Durch Beschluss vom 16.07.2018 wurde die Beigeladene gemäß § 60 Abs. 3 FGO zum Klageverfahren notwendig beigeladen.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin u.a. vor:

Sie sei ein … Unternehmen, welches sich auf das Angebot Geschäftstätigkeit X spezialisiert habe. Das Unternehmen erbringe seine Leistungen an Kunden in einem Umkreis von … Kilometern. Die Beigeladene habe in den Jahren 2012 und 2013 gemeinsam mit der A-GmbH Leistungen „Geschäftstätigkeit X“ angeboten, wobei die Beigeladene die „Leistungskomponente A“ übernommen und A-GmbH die übrigen Leistungskomponenten … .

Die Beigeladene weise in den Streitjahren eine höhere Nettoumsatzrendite (Jahresgewinn/Umsatz) als die Klägerin aus. Die Nettoumsatzrendite der Beigeladenen betrage 2012  …, während die Umsatznettorendite der Kläger … % betrage und im Jahr 2013 betrage die Nettoumsatzrendite der Beigeladenen … und der Klägerin … %. Es sei daher damit zu rechnen, dass die Klägerin in dem von der Beigeladene selbst zutreffend festgestellten Verdrängungswettbewerb unterliegen werde. Vor diesem Hintergrund sei die steuerliche Begünstigung der Beigeladenen für die Klägerin als mittelfristig existenzgefährdend anzusehen. Das werde auch durch die Erfahrung der Klägerin in Vergabeverfahren bestätigt, in denen sie Kunden an die Beigeladene verliere.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie einen Anspruch auf Änderung der gegenüber der Beigeladenen ergangenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2012 und 2013, soweit diese auf einer unzutreffenden ertragsteuerlichen Beurteilung der von der Beigeladenen erbrachten Geschäftstätigkeit X beruhten, habe und sie durch diese Bescheide in ihrem Recht auf Teilhabe an einem steuerlich nicht zu ihrem Nachteil verfälschten Wettbewerb verletzt werde.

Die Beigeladene erbringe ihre Leistungen entgegen der Beurteilung des Beklagten nicht im Rahmen eines Zweckbetriebs i.S.d. § 65 AO. Die Beigeladene und die A-GmbH seien in den Streitjahren als sogenannte Bietergemeinschaft aufgetreten, die arbeitsteilig ein gemeinsames Leistungspaket „…“ angeboten hätten. Für den Kunden komme es nicht darauf an, welches von beiden Unternehmen die einzelnen Teilleistungen erbringe. Er kaufe sich die Leistungen „…“ bei beiden Unternehmen gemeinsam ein. Solche Bietergemeinschaften seien als Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
zu qualifizieren. Die Leistungen der … seien nicht im Rahmen eines Zweckbetriebs der Beigeladenen erbracht worden. Vielmehr erbringe die Beigeladene diese Leistungen in der mit der steuerpflichtigen A-GmbH bestehenden GbR.

Entgegen den in der Einspruchsentscheidung des Beklagten dargelegten Ausführungen seien die Zweckbetriebsvoraussetzungen des § 65 AO bei der Beigeladenen nicht erfüllt.

Die Geschäftstätigkeit müsse nach § 65 Nr. 1 AO in ihrer Gesamtheit ausschließlich durch den steuerbegünstigten Zweck der Beigeladene bestimmt sein. Zweck der Beigeladenen sei laut Gesellschaftsvertrag … . Unternehmensgegenstand sei … Die Angebote richteten sich insbesondere an … . Der von der Beigeladenen betriebene Geschäftsbetrieb X sei jedoch nicht ausschließlich durch diese gemeinnützigen Zwecke bestimmt, sondern gehe in seiner Gesamtrichtung deutlich darüber hinaus. Er sei – wie die Ausführungen der Beigeladenen in ihren Jahresabschlüssen sowie die erzielten Gewinne – deutlich zeigten, auf die Steigerung der Erträge und eine möglichst hohe Effizienz ausgelegt. … Die Ausrichtung des Geschäftsbetriebs X auf eine höhere Effizienz und die Beendigung des defizitären Bereichs Geschäftsbetrieb Y belegten, dass die tatsächliche Geschäftsführung der Gesellschaft im Ganzen auf eine Maximierung von Gewinn/Rendite gerichtet gewesen sei. Die Personalaufwandsquote der Beigeladenen sei auffallend niedrig. Die Beigeladene zahle in den Streitjahren lediglich ein Drittel ihres Umsatzes für Löhne und Nebenkosten. Diese Quote sei bei anderen Unternehmen der Branche, wie auch bei der Klägerin, höher. So habe die Personalaufwandsquote der Klägerin in den Streitjahren durchschnittlich bei knapp … % gelegen.

Die Beigeladene trete zu nicht begünstigten X-Geschäftsbetrieben in einem Umfang in Wettbewerb, der über das bei Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbare Maß deutlich hinausgehe. Die von der Beigeladenen erzielten Gewinne zeigten, dass sie ihre satzungsmäßigen Zwecke auch ohne die für einen Zweckbetrieb geltenden steuerlichen Vorteile erfüllen könnte. Die sich aus der steuerlichen Anerkennung eines Zweckbetriebs ergebende Beeinträchtigung des Wettbewerbs sei daher vermeidbar. Unabhängig davon seien die Voraussetzungen des § 65 Nr. 3 AO für die Zweckbetriebseigenschaft einer wirtschaftlichen Betätigung einer Beschäftigungsgesellschaft nur erfüllt, soweit als Ausfluss der beruflichen Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen Waren hergestellt und veräußert oder Dienstleistungen gegenüber Dritten gegen Entgelt erbracht würden. Dagegen werde ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet, wenn die Herstellung und Veräußerung von Waren oder die entgeltlichen Dienstleistungen den Umfang überschritten, der zur Erfüllung der beruflichen Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen notwendig sei. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb einer Beschäftigungsgesellschaft begründe nur dann einen Zweckbetrieb, wenn die gegenüber den Auftraggebern erbrachten Leistungen das ausschließliche Ergebnis der Arbeitstherapie und damit notwendigen Folge der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks seien (BFH-Urteil vom 26.04.1995, BStBl II 1995, 767). Der Schutz eines unverfälschten Wettbewerbs gebiete auch, dass die am Markt im Wettbewerb zu steuerpflichtigen Anbietern auftretende Körperschaft zu einem zurückhaltenden Auftreten verpflichtet sei (FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.02.2002  II 374/98, EFG 2002, 739). Folge der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung sei nicht nur, dass der in Frage stehende Geschäftsbetrieb dem Grunde nach ein notwendiges Mittel sein müsse, den ideellen Zweck der Körperschaft zu erreichen. Vielmehr müsse sich der Geschäftsbetrieb nach der Rechtsprechung des BFH auch in seinem Umfang, das heiße in quantitativer Hinsicht auf eine Marktteilnahme beschränken, die zu Erreichung ihrer satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke erforderlich sei (BFH-Urteil vom 13.06.2012 I R 71/11). Die Beigeladene überschreite mit ihrem Geschäftsbetrieb X die zur Erfüllung der von ihr durchgeführten beruflichen Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen für die Anerkennung eines Zweckbetriebs zu beachtenden Grenzen.

Die Beigeladene betreibe eine Geschäftstätigkeit, bei der ein Großteil des Umsatzes durch die technischen Einrichtungen, wie z. B. die in der Regel weitgehend automatisierten „Maschinen“ generiert werde. Dies zeige auch die Personalaufwandquote von lediglich einem Drittel der Umsätze. Der Geschäftsbetrieb X generiere damit einen sehr hohen Umsatz, der nur zu einem kleinen Teil von der zu fördernden Personengruppe erwirtschaftet werde. Die wirtschaftliche Betätigung der Beigeladenen sei stark durch die Absicht der Erzielung möglichst hoher Gewinne geprägt. Die strategische Planung der Geschäftsführung sei nicht auf den Ausbau von Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen und die Schaffung weiterer Beschäftigungsmöglichkeiten für den zu qualifizierenden Personenkreis gerichtet, sondern habe allein die Erzielung höherer Gewinne im Auge. Die von der Beigeladenen erhobenen Entgelte orientierten sich nicht am Prinzip der Kostendeckung, sondern der Gewinnerzielung. Auch der Gesamtumfang des Geschäftsbetriebs X mit … Beschäftigten im Jahr 2012 und … Personen in 2013 stehe der Anerkennung als Zweckbetrieb entgegen.

Entgegen der Annahme des Beklagten sei die Vereinnahmung von Zuschüssen Teil des von der Beigeladenen verfolgten Geschäftsmodells. Die Zuschüsse seien daher bei der Ermittlung des Ergebnisses des Geschäftsbetriebs X wie auch andere Betriebseinnahmen zu berücksichtigen. Die Beigeladene erziele dauerhaft Überschüsse im Geschäftsbetrieb X. Nach eigenem Vortrag der Beigeladenen überstiegen die erhaltenen Personalkostenzuschüsse bereits erheblich die von ihr behaupteten Mehrkosten für die Sozialarbeiter.

Soweit der Beklagte die Behauptung der Beigeladenen wiedergebe, die Leistungen der Beigeladenen wären auch einzeln erhältlich gewesen, werde dies ausdrücklich bestritten.

Die Klägerin beantragt,

1.) unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 5.12.2017 den Beklagten zu verurteilen, die gegenüber der Beigeladenen erlassenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 2012 und 2013 dahingehend zu ändern, dass der Geschäftsbetrieb X als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt wird,

2.) hilfsweise, die Revision zuzulassen,

3.) die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Zur Begründung seines Antrags beruft sich der Beklagte auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor: Die Beigeladene erziele aus dem Zweckbetrieb „Geschäftsbetrieb X“ in den Jahren 2011 bis 2014 keine Gewinne. Sie erziele insoweit auch keine „Nettoumsatzrendite“, höchstens eine negative Nettoumsatzrendite, sofern man die Spenden und Zuschüsse außen vorlasse. Denn in dem Gewinn der Beigeladenen für 2012 i.H. von … € seien Zuschüsse und Spenden i.H. von … € enthalten, so dass ohne Zuschüsse und Spenden ein Verlust i.H. von … € erzielt worden wäre. Für 2013 betrage der Gewinn … €, in dem Zuschüsse und Spenden i.H. von … € enthalten seien, so dass der Verlust ohne Zuschüsse und Spenden … € betrage. Wegen der Einzelheiten der Zuschüsse und Spenden wird auf Blatt … der FG-Akte Bezug genommen.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Antrags beruft sie sich darauf, dass sie einen Zweckbetrieb i. S. des § 65 AO unterhalte und mit anderen Geschäftsbetrieben derselben Art nicht über das zur Erreichung ihrer satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbares Maß hinaus in Wettbewerb trete.

… Das Vorbringen der Klägerin, dass sie am Markt immer gemeinsam mit der A-GmbH auftrete und die Leistung … immer gemeinsam anbiete, werde bestritten. … Ihre jeweilige Leistungserbringung rechneten die Beigeladene und die A-GmbH jeweils getrennt voneinander ihren jeweiligen Kunden gegenüber ab.

Die Klägerin und die Beigeladene begegneten sich sehr häufig in Vergabeverfahren oder im Wettbewerb bei potenziellen Kunden. In weitaus mehr Fällen als den von der Klägerin vorgetragenen, habe die Klägerin gegenüber der Beigeladenen obsiegt.

Die Beigeladene gehe davon aus, dass die schlechteren Kennziffern, wie beispielsweise die Nettoumsatzrendite, in entscheidender Weise darauf beruhten, dass die Klägerin regelmäßig weitaus höhere Vergütungen für die Geschäftsführung leiste als die Beigeladene. Außerdem seien die in 2013 angefallenen Personalkosten der Beigeladenen im Verhältnis zum Umsatz höher (… %) als die der Klägerin … %). In 2012 hätten diese bei … % (Beigeladene) und … % (Klägerin) gelegen. Unter Berücksichtigung der jeweils beschäftigten Mitarbeiter ergebe sich für die Beigeladene ein Umsatz je Mitarbeiter i.H. von … € in 2012 und … € in 2013. Bei der Klägerin betrage dieser Umsatz in den Streitjahren dagegen … € in 2012 und … € in 2013. Daraus ergebe sich, dass die Klägerin im Unterschied zur Beigeladenen ihre Mitarbeiter sehr viel effizienter einzusetzen verstehe. Dies läge nicht zuletzt daran, dass die Beigeladene in den Streitjahren  … Sozialarbeiter beschäftigt habe, die sich darum kümmerten, dass die behinderten Arbeitnehmer in die Arbeitsabläufe integriert werden konnten. Die jährlichen Aufwendungen für diese Sozialarbeiter und deren Arbeitsplätze beliefen sich auf rund … € für 2013 und … € für 2014.

Aufgrund der Aufforderung des Gerichts, darzulegen, in welcher Höhe in den Streitjahren die Zuschüsse ohne Spenden auf den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „X“ entfielen, teilte die Beigeladene mit, dass in 2012 auf den Geschäftsbetrieb „X“ Personalkostenzuschüsse i.H. von … € und 2013 i.H. von … € entfielen.

Die Beigeladene weist darauf hin, dass das Verhältnis zwischen ihr und der A-GmbH dadurch geprägt sei, dass die Arbeitsleistungen „Teildienstleistung A“ auf der einen Seite und „Teildienstleistung B“ auf der anderen Seite streng voneinander getrennt seien. …

Ferner überreicht die Beigeladene auf Anforderung 5 Beispiele für die jeweils getrennte Rechnungsstellung der Beigeladenen und der A-GmbH gegenüber jeweils denselben Kunden sowie die mit diesen Kunden abgeschlossenen Verträge, auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Bestimmt – wie im Streitfall – das Gesetz nichts anderes, ist gemäß § 40 Abs. 2 FGO eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, er sei durch den angefochtenen Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des begehrten Verwaltungsaktes oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt.

Wird ein Steuerpflichtiger rechtswidrig nicht oder zu niedrig besteuert, werden dadurch in der Regel Rechte eines an dem betreffenden Steuerschuldverhältnis nicht beteiligten Dritten nicht verletzt. Anders ist es nach der Rechtsprechung des BFH aber, wenn die Nichtbesteuerung oder zu niedrige Besteuerung gegen eine Norm verstößt, die nicht ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere im öffentlichen Interesse an der gesetzmäßigen Steuererhebung und Sicherung des Steueraufkommens, erlassen wurde, sondern – zumindest auch – dem Schutz der Interessen einzelner an dem betreffenden Steuerschuldverhältnis nicht beteiligter Dritter zu dienen bestimmt ist. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG und § 3 Nr. 6 Satz 2 GewStG i.V.m. §§ 64 bis 68 AO sind nach der Rechtsprechung des BFH (auch) drittschützende Normen. Wird daher ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu Unrecht nicht besteuert, kann dies zu einer Verletzung von Rechten der Mitbewerber führen (BFH-Beschluss vom 18.9.2007 I R 30/06, BStBl II 2009, 126).

Die Klägerin hat substantiiert geltend gemacht, dass die Nichtbesteuerung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „X“ der Beigeladenen ihr Recht beeinträchtige, an einem steuerrechtlich nicht zu ihrem Nachteil verfälschten Wettbewerb teilzunehmen.

Die Klage ist auch begründet.

Der Beklagte ist verpflichtet, die gegenüber der Beigeladenen erlassenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 2012 und 2013 dahingehend zu ändern, dass der Geschäftsbetrieb X als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt wird. Denn die Klägerin unterhielt durch das Betreiben des Geschäftsbetriebs X einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Die erheblichen Zweifel daran, dass sie das Gewerbe nicht der Gewinne wegen ausübt, hat sie nicht widerlegt.

1. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind u.a. Körperschaften von der Körperschaftsteuer befreit, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Beigeladene, dadurch dass sie … angeboten hat, in den Streitjahren Zwecke verfolgte, die zu Recht als gemeinnützig anerkannt wurden. Bezüglich des Geschäftsbetrieb X unterhielt die Beigeladene aber einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist gemäß § 14 AO eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Der Betrieb einer X-Einrichtung ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.

2. Ein Zweckbetrieb im Sinne der §§ 65 bis 68 AO, bei dessen Vorliegen die Steuerermäßigung trotz eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erhalten bleibt (§ 64 Abs. 1 AO), liegt im Streitfall – entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen – nicht vor.

2.1 Bei dem Betrieb der Beigeladenen handelt es sich nicht um einen Betrieb der Wohlfahrtspflege i.S. des § 66 AO und damit nicht um einen gesetzlich besonders geregelten Zweckbetrieb. Nach dieser Vorschrift ist eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege ein Zweckbetrieb, wenn sie in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen dient. Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen (§ 66 Abs. 2 Satz 1 AO). Zu den in § 53 AO genannten Personen gehören Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Nach § 66 Abs. 3 Satz 1 AO dient eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen, wenn diesen mindestens zwei Drittel ihrer Leistungen zugutekommen. Im Streitfall liegen keine Feststellungen dazu vor, ob die Leistungen der Beigeladenen mindestens zu 2/3 den in § 53 Nr.2 AO genannten Personen zugutekommen (BFH-Urteil vom 26.4.1995 I R 35/93, BStBl II 1995, 767).

Die Beteiligten gehen auch übereinstimmend zu Recht davon aus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 68 Nr. 3 AO nicht erfüllt sind.

2.2 Bei dem Betrieb der Beigeladenen handelt es sich auch nicht um einen Zweckbetrieb im Sinne des § 65 AO.

2.2.1 Auch wenn im Streitfall die Anforderungen der spezielleren Regelungen des § 66 AO und § 68 Nr. 3 AO nicht vorliegen, schließt dies nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht aus, dass die Beigeladene mit ihrem Geschäftsbetrieb X einen Zweckbetrieb nach den allgemeinen Merkmalen des § 65 AO unterhalten könnte (BFH-Urteil vom 21.9.2016 V R 50/15, BStBl II 2017, 1173).

Der Zweckbetrieb nach § 65 AO setzt voraus, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt werden (vgl. BFH-Urteile vom 9.4.1987 V R 150/78, BStBl II 1987, 659; vom 23.7.2009 V R 93/07, BStBl II 2015, 735). Die Feststellungslast für die Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass sie die Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt sind, trägt die Körperschaft, die eine Steuerbefreiung wegen Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke begehrt (BFH-Beschluss vom 28.10.2004 I B 95/04, BFH/NV 2005, 160; BFH-Urteil vom 23.2.2017 V R 51/15, BFH/NV 2017, 882).

2.2.2 Eine Tätigkeit dient nach der Rechtsprechung des BFH in ihrer Gesamtrichtung nur dann den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken, wenn durch die Förderung der in der Satzung der Körperschaft dienenden Zwecke zwar Einnahmen erzielt werden, sich das erhobene Entgelt aber an dem Prinzip der Kostendeckung orientiert. Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BFH nicht erfüllt, wenn ein Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege im Wesentlichen um des Erwerbs Willen anstatt zum Wohle der Allgemeinheit tätig wird (BFH-Urteil vom 21.9.2016 V R 50/15, BStBl II 2017, 1173).

Der Senat hat erhebliche Zweifel, die von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung nicht ausgeräumt werden konnten, daran, dass der Geschäftsbetrieb X in den Streitjahren überwiegend den von der Beigeladenen unstreitig verfolgten gemeinnützigen Zwecken diente, denn gewichtige Indizien sprechen dafür, dass der Geschäftsbetrieb X auch und zwar in erheblichem Umfang und damit im Wesentlichen der Gewinnerzielung diente.

Die Finanzverwaltung ist zu Recht der Auffassung, dass, wenn in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen jeweils Gewinne erwirtschaftet werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf der Körperschaft übersteigen, widerlegbar von einer zweckbetriebsschädlichen Absicht der Körperschaft auszugehen sei, den Zweckbetrieb des Erwerbs wegen auszuüben. Der konkrete Finanzierungsbedarf umfasst die Erträge, die für den Betrieb und die Fortführung der Einrichtung(en) der Wohlfahrtspflege notwendig sind und beinhaltet auch die zulässige Rücklagenbildung (BMF-Schreiben vom 6.12.2017 IV C 4-S 0185/14/10002:001, BStBl I 2017, 1603; AEAO zu § 66 Nr. 2). Wenn in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen jeweils Gewinne erwirtschaftet werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf der Körperschaft erheblich übersteigen, und die Körperschaft keine Maßnahmen unternimmt, sich nachhaltig am Prinzip der Kostendeckung zu orientieren, ist dies nach Auffassung des Senates ein gewichtiges Indiz dafür, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der Gewinnerzielung dient.

Die Beigeladene hat in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen vor den Streitjahren und in den Streitjahren jeweils Gewinne erwirtschaftet, die ihren konkreten Finanzierungsbedarf weit überstiegen, wie sich aus den Jahresüberschüssen und vor allem auch aus den Eigenkapitalbeständen der Streitjahre ergibt. So erzielte sie bereits im Jahr 2009 einen Jahresüberschuss von ca. … €, 2010 einen Jahresüberschuss i.H.v. … € und 2011 einen Jahresüberschuss i.H.v. … €. Das Eigenkapital betrug zum 31.12.2010 ca. … € und zum 31.12.2011 ca. … €. Im Streitjahr 2012 erzielte die Beigeladene bei Umsatzerlösen „Geschäftsbetrieb X“ von ca. … € einen Jahresüberschuss in Höhe von ca. … €. Das Eigenkapital betrug zum 31.12.2012 ca. … €. Im Streitjahr 2013 erzielte sie bei Umsatzerlösen „Geschäftsbetrieb X“ von ca. … € einen Jahresüberschuss in Höhe von ca. … €. Das Eigenkapital betrug zum 31.12.2013 ca. … €.

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die Beigeladene Jahresüberschüsse in dieser Größenordnung zur Finanzierung ihrer eigenen gemeinnützigen Tätigkeit benötigte. Zwar hat der Geschäftsführer der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung behauptet, dass die hohen Jahresüberschüsse der Beigeladenen notwendig seien, das Geschäftsmodell der Beigeladenen durchzuführen, da auf die Finanzierung durch die öffentliche Hand kein Verlass sei und ein Geschäftsbetrieb X, wie … von der Beigeladenen betriebene, nur mit einem hohen finanziellen Aufwand zu betreiben sei und deshalb die hohen Jahresüberschüsse Voraussetzung seien, um die Maßnahme-Arbeitsplätze auf Dauer zu erhalten. Neben der absoluten Höhe der Jahresüberschüsse und der Gewinnrücklagen spricht aber gegen die Annahme, dass die hohen Jahresüberschüsse erforderlich waren, um den konkreten Finanzierungsbedarf der Beigeladenen bezüglich ihrer gemeinnützigen Tätigkeit abzudecken, auch, dass die Beigeladene über erhebliche finanzielle Mittel verfügte, die sie für die gewerbliche Tätigkeit ihrer Tochtergesellschaft einsetzen konnte.

Soweit der Beklagte der Auffassung ist, dass die Beigeladene aus dem Zweckbetrieb „X“ in den Jahren 2011 bis 2014 keine Gewinne erzielte, weil in dem Gewinn der Beigeladenen für 2012 i.H. von … € Zuschüsse und Spenden i.H. von … € enthalten seien, so dass ohne Zuschüsse und Spenden ein Verlust i.H. von … € erzielt worden wäre, und für 2013 der Gewinn … € betrage, in dem Zuschüsse und Spenden i.H. von … € enthalten seien, so dass der Verlust ohne Zuschüsse und Spenden … € betrage, übersieht er, dass die Zuschüsse Betriebseinnahmen sind. Im Übrigen hat die Beigeladene mitgeteilt, dass in 2012 auf den Geschäftsbetrieb X Personalkostenzuschüsse i.H. von … € und 2013 i.H. von … € entfielen.

2.2.3 Folgende Indizien begründen nach Auffassung des Senates weitere Zweifel daran, dass der Geschäftsbetrieb X überwiegend durch die gemeinnützigen Zwecke der Beigeladenen bestimmt wurde:

Wie die Ausführungen der Beigeladenen in den Lageberichten zu ihren Jahresabschlüssen zeigen, ist der Geschäftsbetrieb X auf weiteres Umsatzwachstum, die Steigerung der Erträge und eine möglichst hohe Effizienz ausgelegt. … Ein weiteres Indiz ist, dass die Beigeladene und die gewerbliche A-GmbH gemeinsam am Markt auftreten, um den Kunden, wie es in den Lageberichten heißt, … Pakete anzubieten, aber nur die Beigeladene erhebliche Jahresüberschüsse erzielt, … .

Zudem führt das enge Zusammenwirken einer GmbH, die gemeinnützig sein will, mit einer gewerblichen Tochtergesellschaft, um ein komplexes Leistungspaket anzubieten, nach Auffassung des Senates bereits dazu, dass die Gewerblichkeit der Tochtergesellschaft auf die Mutter „abfärbt“ und diese allein deshalb nicht gemeinnützig sein kann. Entgegen der Ansicht der Klägerin erbringt die Beigeladene ihre Leistungen nicht in einer mit A-GmbH bestehenden GbR. Aus den von der Beigeladenen eingereichten Verträgen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene und die A-GmbH in den Streitjahren nicht als rechtlich eigenständige Vertragspartner der Kunden auftraten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und 3 FGO.

Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, da die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert.

Löffler I www.K1.de I www.gesellschaftsrechtskanzlei.com I Gesellschaftsrecht I Mittelverwendungsverbot I Erfurt I Thüringen I Sachsen I Sachsen-Anhalt I Hessen I Deutschland 2022

Schlagworte: gemeinnützige Gesellschaft, gemeinnütziger Verein, Mittelvervendungsgebot, Selbstlosigkeit, Verfolgung ideeller oder gemeinnütziger Zwecke

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OLG Stuttgart, Urteil vom 07.03.2019 – 14 U 26/16

Donnerstag, 7. März 2019

§ 60 HGB, § 138 BGB, § 242 BGB, § 826 BGB, Art. 12 Abs. 1 GG, § 46 Nr. 8 GmbHG I Wettbewerbsverbot Minderheitsgesellschafter

1. Auch ein umfassendes gesellschaftsvertragliches Konkurrenzverbot für einen Minderheitsgesellschafter unterliegt einer Abwägung mit der grundgesetzlich geschützten Berufsausübungsfreiheit. Es ist jedenfalls dann unwirksam, wenn der Minderheitsgesellschafter sein Anstellungsverhältnis als leitender Mitarbeiter der Gesellschaft vor Ablauf der für das Gesellschaftsverhältnis satzungsrechtlich vorgesehenen Kündigungsfrist wirksam beendet hat und eine fortbestehende Gefahr der „Aushöhlung“ der Gesellschaft nicht feststellbar ist.

2. Für einen Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der sog. „Geschäftschancenlehre“ bei Planungsleistungen für öffentliche Auftraggeber bedarf es besonderer Darlegungen, um die behaupteten Folgeprojekte als der Gesellschaft zugeordnet schlüssig annehmen zu können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Beauftragung (bislang) nur auf einzelne Leistungsphasen beschränkt erfolgte und (Folge-)Aufträge in Anwendung öffentlicher Vergaberegeln zur Erhaltung des Wettbewerbs vergeben wurden.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17. Dezember 2015, Az. 11 O 131/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Dieses Urteil sowie das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17. Dezember 2015, Az. 11 O 131/15, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit einem gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbot und der gesellschafterlichen Treuepflicht.

Die Klägerin, eine 1987 gegründete GmbH mit Sitz in B., betreibt ein Ingenieurbüro für Wasserversorgungs- und -entsorgungsanlagen, Kläranlagen, Statik, Wasser-, Straßen- und Wegebau sowie ähnliche Ingenieurleistungen und die Vornahme aller damit zusammenhängenden Nebentätigkeiten. Die Beklagten sind Ingenieure. Sie waren bei der Klägerin seit 1988 (Beklagter Ziff. 2) bzw. 2004 (Beklagter Ziff. 1) angestellt, dort zuletzt als Teamleiter tätig und besaßen Prokura. Beide halten Geschäftsanteile an der Klägerin, der Beklagte Ziff. 2 seit 2001 und der Beklagte Ziff. 1 seit 2011. Der Beklagte Ziff. 2 ist mit 26 % am Stammkapital der Klägerin beteiligt, der Beklagte Ziff. 1 mit 13 %. Die übrigen 61 % hält der Geschäftsführer der Klägerin.

Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin (Anlage K1) enthält u. a. folgende Bestimmungen:

§ 5 Gesellschafterbeschlüsse

[…]
(3) Beschlüsse der Gesellschafter kommen mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen zustande, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt oder vorgeschrieben ist. […]

§ 7 Konkurrenzverbot

Kein Gesellschafter darf während seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar, gelegentlich oder gewerbsmäßig, unter eigenem oder fremdem Namen, für eigene oder fremde Rechnung der Gesellschaft Konkurrenz machen oder sich an einem Konkurrenzunternehmen beteiligen.

Befreiungen vom Konkurrenzverbot können nur mit Zustimmung von mehr als 75 % aller vorhandenen Stimmen erteilt werden.

§ 9 Kündigung

(1) Jeder Gesellschafter kann das Gesellschaftsverhältnis unter Einhaltung einer Frist von 9 Monaten zum Schluß eines jeden Geschäftsjahres kündigen.

(3) Der Kündigende scheidet nach Ablauf der Kündigungsfrist aus der Gesellschaft aus.

(4) Besteht zwischen dem Kündigenden und der Gesellschaft ein Dienstverhältnis, bewirkt die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses eine Kündigung des Dienstverhältnisses auf den gleichen Stichtag.

§ 10 Ausschluß

(1) Wenn ein Gesellschafter seine Gesellschafterpflichten verletzt oder in seiner Person ein wichtiger Grund eintritt, der den übrigen Gesellschaftern die Fortführung der Gesellschaft nicht zumutbar erscheinen läßt, kann er durch Beschluß der Gesellschafterversammlung aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.

(2) Als wichtiger Grund im Sinne des Abs. (1) gilt insbesondere […] der Umstand, dass ein Gesellschafter […] nicht mehr für die Gesellschaft tätig ist.

§ 13 Folgen des Ausscheidens

(1) Vom Tag des Ausscheidens an ruhen sämtliche Rechte aus dem Geschäftsanteil des ausgeschiedenen Gesellschafters.

(2) Die Gesellschafterversammlung kann in allen Fällen des Ausscheidens eines Gesellschafters entweder die Einziehung seines Geschäftsanteils oder seine Abtretung an eine von ihr zu benennende Person beschließen. […]

(3) Der ausgeschiedene Gesellschafter wird nach den Bestimmungen des § 14 dieser Satzung abgefunden.

[…]

§ 21 Schlußbestimmungen

Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, wird dadurch die Gültigkeit des übrigen Vertragsinhalts nicht berührt. Der Vertrag ist im Wege des Gesellschafterbeschlusses so zu ändern oder zu ergänzen, daß der angestrebte wirtschaftliche und vertragliche Zweck erreicht wird.

Mit Schreiben vom 7. November 2014 kündigten die Beklagten ihre Arbeitsverhältnisse gegenüber der Klägerin ordentlich zum 31. Dezember 2014.

Am 17. November 2014 gründeten die Ehefrauen der Beklagten die R. GmbH (im Folgenden: R.-GmbH) mit Sitz in B.. Gegenstand der R.-GmbH ist der Betrieb eines Ingenieurbüros für die Planung und Überwachung von Bauvorhaben jeder Art, insbesondere im Bereich des Straßenbaus, der Kanalsysteme, der Wasserversorgung, des Wasserbaus und der Abwassereinrichtungen.

Ab Ende November 2014 teilten verschiedene Gemeinden der Klägerin mit, zukünftig ganz oder teilweise statt mit der Klägerin mit den Beklagten bzw. der R.-GmbH zusammenarbeiten zu wollen (Anlagen K6–8).

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 kündigten die Beklagten ihre Gesellschaftsverhältnisse mit der Klägerin ordentlich zum 31. Dezember 2015. Am 2. Januar 2015 versandten sie an Kunden der Klägerin eine E-Mail, wonach sie die Arbeit im „neuen Büro“ bei der R.-GmbH begonnen hätten (GA 5). Jedenfalls seit Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse mit der Klägerin sind beide Beklagte für die R.-GmbH tätig. Am 13. Januar 2015 wurden sie als (weitere) einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen. Außer den Beklagten wechselten vier weitere Mitarbeiter der Klägerin zur R.-GmbH.

Die Klägerin hat in 1. Instanz die Beklagten auf Unterlassung jeglicher geschäftlicher Tätigkeit im Geschäftsbereich der Klägerin – hilfsweise von Geschäftsabschlüssen mit Kunden der Klägerin – bis zu ihrem Ausscheiden als Gesellschafter in Anspruch genommen. Ferner hat sie Auskunft verlangt über die von den Beklagten seit 7. November 2014 für sich bzw. die R.-GmbH abgeschlossenen Geschäfte und begehrt hieraus einen noch zu beziffernden Schadensersatz. Die Berechtigung ihrer Begehren folge aus dem vertraglich vereinbarten Konkurrenzverbot, ergebe sich aber auch aus dem Gesetz und infolge Verstoßes gegen die gesellschafterliche Treuepflicht. Die Beklagten sind demgegenüber der Auffassung, keinem Wettbewerbsverbot zu unterliegen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes in 1. Instanz, der dort gestellten Anträge sowie der Feststellungen des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch weder gemäß ihres Haupt- noch ihres Hilfsantrags zu. Die Beklagten unterlägen seit Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse zum 31. Dezember 2014 keinem gesetzlichen oder vertraglichen Wettbewerbsverbot mehr. § 60 HGB gelte nur für die Dauer des Anstellungsverhältnisses und das in § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages geregelte Wettbewerbsverbot sei gemäß § 138 BGB i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG nichtig, da es nach Ort, Zeit und Gegenstand über die schützenswerten Interessen der Klägerin hinausgehe und die Beklagten übermäßig beschränke. Die Beklagten seien nur noch formell an der Klägerin beteiligt und mit dieser bis zum Wirksamwerden ihrer Austrittsentscheidungen allein vermögensrechtlich verbunden. Auch aus einer Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht ließen sich die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung jeglicher Konkurrenz- bzw. Geschäftstätigkeit nicht herleiten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung und verfolgt ihr Begehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen weiter. Zwar habe sich ihr Unterlassungsbegehren nunmehr mit Ablauf der Kündigungsfrist der Gesellschaftsverhältnisse der Beklagten zum 31. Dezember 2015 in der Hauptsache erledigt. Seine Berechtigung für die Zeit bis zum Austritt der Gesellschafter folge gleichwohl aus dem nach höchstrichterlicher Rechtsprechung wirksamen vertraglichen Wettbewerbsverbot. Angesichts des Gewinnbezugs- und Abfindungsanspruchs aus der Gesellschafterstellung sei das gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbot der Beklagten auch nicht ersatzlos. Unterlassungsansprüche gegen die Beklagten ergäben sich zudem aus der Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht. Aus ihr folge auch das Verbot, Geschäftschancen der Gesellschaft nicht zu deren Schaden auf eigene Rechnung zu nutzen. Die Beklagten hätten für Kunden der Klägerin Projekte durchgeführt, bei denen die Klägerin bereits Vorarbeiten oder Planungshilfe geleistet hätte und die ohne das Tätigwerden der Beklagten an sie vergeben worden wären. Ihr sei es deshalb vielfach nicht mehr möglich gewesen, die Leistungen abzurechnen. Zudem lägen die Voraussetzungen des § 1004 i. V. m. § 826 BGB vor. Die Beklagten hätten bereits während ihrer Tätigkeit bei der Klägerin den Übergang zur R.-GmbH vorbereitet und Wettbewerbstätigkeit entfaltet. Gegenüber einem Mitarbeiter hätten sie geäußert, der Klägerin das Leben so schwer zu machen, dass alle Arbeitsplätze verloren gingen, und einen „Kampf bis zur völligen Vernichtung“ angedroht. Die Beklagten hätten überdies Insiderkenntnisse und Geschäftsgeheimnisse mißbraucht, indem sie Excel-Tabellen und Leistungsverzeichnisse der Klägerin bei ihrer Tätigkeit für die R.-GmbH verwendeten.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

unter Abänderung des am 17.12.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az.: 11 O 131/15, wie folgt zu erkennen:

1. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache im Haupt- und Hilfsantrag erledigt ist.

2. Die Beklagten werden verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, für welche Geschäfte auf den Gebieten der Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsanlagen, Kläranlagen, Statik, des Wasser-, Straßen- und Wegebaus sowie aller damit zusammenhängenden Nebentätigkeiten der Kunden, welche zum 31.12.2014 bereits konkret der Klägerin zugeordnet waren, sie für sich selbst und/oder für die R. S. GmbH beginnend ab dem 01.01.2015 beauftragt wurden, welche Leistungen die Beklagten hierfür erbracht haben, die schriftlichen Bestellungen darüber vorzulegen und die erteilten Auskünfte eidesstattlich zu versichern.

Hilfsweise:

Die Beklagten werden verurteilt, Auskunft zu nachfolgend aufgeführten Projekten der Klägerin (aufgelistet in K 21)

1. „…“ für die Gemeinde F.
2. „…“ für die Gemeinde W.
3. „…“ für die Gemeinde M.
4. „…“ für die Gemeinde M.
5. „…“ für die Gemeinde V.
6. „…“ für die Gemeinde F.
7. „…“ für die Gemeinde K.
8. „…“ für die Gemeinde A.
9. „…“ für die Gemeinde M.
10. „…“ für die Gemeinde M.
11. „…“ für die Gemeinde M.
12. „…“ für die Gemeinde M.
13. „…“ für die G. L.
14. „…“ für die G.L.
15. „…“ für die G.L.
16. „…“ für die Gemeinde B.
17. „…“ für die Stadt T.
18. „…“ für die Stadt T.
19. „…“ für die Stadt T.
20. „…“ für den D.
21. „…“ für die Gemeinde U.
22. „…“ für die Gemeinde V.
23. „…“ für die Stadt B.
24. „…“ für die G.L.
25. „…“ für die Stadt E.
26. „…“ für die Stadt F.
27. „…“ für die Gemeinde V.

dahingehend zu erteilen, welche Tätigkeiten diese für sich selbst und/oder für die R. S. GmbH im Zusammenhang mit den vorbenannten Projekten der Klägerin wahrgenommen haben, deren Beauftragung nachzuweisen, und die erteilten Auskünfte eidesstattlich zu versichern.

3. Die Beklagten werden verurteilt, den nach Auskunftserteilung gemäß dem Antrag zu Ziffer 2 noch zu beziffernden Schadensersatz an die Klägerin zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das Urteil des Landgerichts und wiederholen im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. So sei in den streitgegenständlichen Beziehungen zwischen den Parteien die Gesellschafterstellung nur ein unbedeutendes Anhängsel der dienstvertraglichen Beziehungen gewesen. Alle schützenswerten Interessen der Klägerin, die ein Wettbewerbsverbot rechtfertigen könnten, bestünden lediglich auf der dienstvertraglichen Ebene. Über ihre Gesellschafterstellung verfügten die Beklagten hingegen über keinerlei Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungen der Klägerin. Durch das Auseinanderfallen der Kündigungsfristen zwischen Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis seien Regelungen zugunsten der Klägerin vereinbart worden, die in einem reinen Anstellungsverhältnis ohne Weiteres unzulässig wären.

Soweit sich die Klägerin auf die Verletzung gesellschafterlicher Treuepflichten stütze, widerspreche dem, dass die Klägerin den Beklagten einerseits untersage, Verträge mit Kunden abzuschließen und sie andererseits zum Abschluss solcher Verträge als Subunternehmer veranlasse. Außerdem habe die Klägerin auch mit ihrem Hilfsantrag nicht den Abschluss einzelner, schon konkretisierter Tätigkeiten verhindern, sondern den Beklagten Geschäfte mit ihren Kunden untersagen wollen. Das Wissen, das die Beklagten aus ihrem jeweiligen Arbeitsverhältnis erwarben, dürften sie arbeitsrechtlich verwerten.

Für die weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2017 und vom 7. März 2019 Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere auch zu der mit der Berufung geltend gemachten Feststellung, dass sich das ursprüngliche Unterlassungsbegehren erledigt habe (vgl. nur BGH, Urteil vom 29. April 1992 – XII ZR 221/90, NJW-RR 1992, 1032, 1033; Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl., § 91a Rn. 38 mwN).

Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Dabei ist die Klage zulässig. Zwar fehlt dem zuletzt als Ziff. 2 gestellten Auskunftsbegehren im Hauptantrag die für § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderliche gegenständliche Konkretisierung (vgl. dazu MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 5. Aufl., § 253 Rn. 145). Dieser genügt indes der Antrag in seiner hilfsweisen Fassung.

Im Ergebnis mit Recht hat das Landgericht die Klage aber mangels Begründetheit abgewiesen, so dass auch dem Begehren auf Feststellung der Erledigung in der Berufungsinstanz nicht zu entsprechen war. Der Klägerin steht nach Überzeugung des Senats – soweit nicht ohnehin verjährt – schon kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten infolge deren anderweitigen beruflichen Engagements im Zusammenhang mit der R.-GmbH zu. Mangels materiell-rechtlicher Grundlage für den mit der Stufenklage verfolgten Hauptanspruch konnte über die darin verbundenen Anträge deshalb einheitlich entschieden werden (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. April 2017 – II ZR 179/16, NJW 2017, 2675 Rn. 23 mwN).

1. § 46 Nr. 8 GmbHG steht den mit der Klage verfolgten Begehren allerdings nicht entgegen. Den Prozess betreibt der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter. Da die Beklagten als betroffene und mitbeteiligte Gesellschafter gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG von der Abstimmung ausgeschlossen wären (vgl. BGH, Urteil v. 20. Januar 1986 – II ZR 73/85, NJW 1986, 2051), reduzierte sich eine Beschlussfassung zur überflüssigen Formalität (vgl. dazu BGH, Urteil vom 4. Februar 1991 – II ZR 246/89, ZIP 1991, 582 juris Rn. 9).

2. Mangels eines auf Schadensersatz gerichteten Hauptanspruchs (Klageantrag Ziff. 3) steht der Klägerin auch kein Auskunftsanspruch (Klageantrag Ziff. 2) zu.

a) Ein Auskunftsanspruch ist aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegeben, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen (BGH, Urteil vom 14. Juni 2016 – II ZR 121/15, ZIP 2016, 1529 Rn. 17 mwN). Soll die begehrte Auskunft zur Vorbereitung vertraglicher Schadensersatzansprüche aus einem Dauerschuldverhältnis dienen, so genügen für das Auskunftsverlangen der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung und die Wahrscheinlichkeit eines daraus resultierenden Schadens (st.Rspr., BGH 26. September 2013 – VII ZR 227/12, NJW 2014, 381 Rn. 14; Urteil vom 1. August 2013 – VII ZR 268/11, NJW 2014, 155 Rn. 20).

b) Nach dieser Maßgabe scheidet ein Auskunftsanspruch der Klägerin wegen möglicher Schadensersatzansprüche aus Zuwiderhandlungen gegen ein Verbot der Konkurrenztätigkeit unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt aus.

aa) Soweit es sich um mögliche Zuwiderhandlungen handelt, die sich im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014 zugetragen haben, waren daraus folgende Schadensersatzansprüche bei Klageerhebung am 16. April 2015 jedenfalls verjährt.

(1) Unterstellt man, die Beklagten unterfielen der Pflicht nach § 60 HGB, Konkurrenztätigkeiten zu unterlassen, so hätte diese gesetzliche Pflicht zwar für die gesamte rechtliche Dauer des Arbeitsverhältnisses bis hin zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gegolten (vgl. BAG NZA 2013, 207 Rn. 15), vorliegend demnach bis zum 31. Dezember 2014.

Ferner mögen die von der Klägerin vorgelegten Kundenschreiben der Gemeinde M. vom 20. November 2014 und der Stadt T. vom 9. Dezember 2014 (Anlagen K7, K8) den Verdacht einer hiernach unerlaubten Konkurrenztätigkeit mit Schadensfolge für die Klägerin begründen.

Soweit daraus Schadensersatzansprüche der Klägerin nach § 61 Abs. 1 HGB in Betracht kämen, haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2016 indes die Einrede der Verjährung erhoben. Diese ist als neues Angriffsmittel in der Berufungsinstanz nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Ausweislich der Entscheidungsgründe hat das Landgericht Ansprüche aus der Verletzung von § 60 HGB nur für die Zeit nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Beklagten geprüft (Gründe Ziff. I. 2, S. 8 des Urteils). Für den Zeitraum bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 2014 hat das Gericht des ersten Rechtszugs solche Ansprüche erkennbar übersehen.

Nach § 61 Abs. 2 HGB verjähren Schadensersatzansprüche in drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Prinzipal Kenntnis von dem Abschluss des Geschäfts erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Von den genannten Schreiben dürfte der Geschäftsführer der Klägerin jedenfalls zeitlich vor dem 16. Januar 2015 Kenntnis erlangt haben, so dass mögliche Schadensersatzansprüche in diesem Zusammenhang zum Zeitpunkt der Klageerhebung verjährt waren. Hierauf hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2017 (GA 204ff.) die Klägerin hingewiesen. Dem hat die Klägerin nicht widersprochen. Zu anderweitigen Wettbewerbsverstößen aus der Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, von denen sie erst nach dem 16. Januar 2015 Kenntnis erlangt hat, trägt die Klägerin nicht vor.

(2) Von der kurzen Verjährung des § 61 Abs. 2 HGB werden auch die vertraglichen Schadensersatzansprüche wegen Zuwiderhandlungen gegen ein Verbot der Konkurrenztätigkeit erfasst (vgl. jüngst bestätigend BAG NZA 2018, 1425 Rn. 44ff. mwN; zum allgemeinen Rechtsgedanken auch BAG NZA 2001, 94), wie sie infolge des in § 7 des Gesellschaftsvertrages geregelten Konkurrenzverbots grundsätzlich in Betracht kämen.

bb) Soweit es sich um mögliche Zuwiderhandlungen handelt, die sich im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zu ihrem Ausscheiden als Gesellschafter am 31. Dezember 2015 zugetragen haben, unterlagen die Beklagten sodann keinem Wettbewerbsverbot (mehr). Unter dem Gesichtspunkt der Konkurrenz war es deshalb den Beklagten nicht verboten, im Januar 2015 die Kunden der Klägerin über ihre neue Tätigkeit für die R.-GmbH zu unterrichten und fortan im Geschäftsbereich der Klägerin tätig zu werden.

(1) Für die Zeit nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse zwischen der Klägerin und den Beklagten war § 7 des Gesellschaftsvertrages gemäß § 138 BGB i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG unwirksam.

(a) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung können Wettbewerbsverbote für Gesellschafter einer GmbH ohne Weiteres in der Satzung einer Gesellschaft vereinbart werden. Sie sind jedoch zum einen nur in den von § 1 GWB vorgegebenen Grenzen zulässig. Zum anderen sind gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote am Maßstab von Art. 12 GG, § 138 Abs. 1 BGB zu messen, weil sie regelmäßig die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit des betroffenen Gesellschafters berühren. Mit Rücksicht auf die insbesondere bei der Auslegung der zivilrechtlichen Generalklauseln zu beachtenden verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen – hier für die freie Berufsausübung – sind gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote nur zulässig, wenn sie nach Ort, Zeit und Gegenstand nicht über die schützenswerten Interessen des Begünstigten hinausgehen und den Verpflichteten nicht übermäßig beschränken. Ob ein gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot diesen Anforderungen entspricht, ist aufgrund einer Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere des mit dem Wettbewerbsverbot verfolgten Zwecks, zu beurteilen (BGH, Urteil vom 30. November 2009 – II ZR 208/08, ZIP 2010, 324 juris 13 f. mwN.).

(b) Das grundsätzlich berechtigte Interesse einer Gesellschaft zu verhindern, dass ein Gesellschafter sie von innen her aushöhlt oder gar zerstört und damit einen leistungsfähigen Wettbewerber zugunsten seiner eigenen Konkurrenztätigkeit ausschaltet, vermag – jedenfalls nach dem Ausscheiden der Beklagten als Arbeitnehmer der Klägerin – das in § 7 des Gesellschaftsvertrages enthaltene umfassende und unbeschränkte Konkurrenzverbot für die Beklagten nicht (mehr) zu rechtfertigen.

Zwar handelt es sich dabei grundsätzlich um ein schutzwürdiges Interesse, das auf die gesellschafterliche Treuepflicht zurückgeht, den Gesellschaftszweck loyal zu fördern und Handlungen zu unterlassen, die seine Erreichung behindern könnten (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 2009 – II ZR 208/08, ZIP 2010, 324 juris Rn. 16; Urteil vom 23. Juni 2009 – KZR 58/07, ZIP 2009, 2263 juris Rz. 17; Urteil vom 3. Mai 1988 – KZR 17/87, BGHZ 104, 246 juris Rn. 26; Urteil vom 5. Dezember 1983 – II ZR 242/82, BGHZ 89, 162 juris Rn. 17; Bergmann in E/B/J/S, HGB, 3. Aufl., § 112 Rn. 1f. zur OHG). Maßstab für das aus der Gesellschafterstellung folgende Gefahrenpotential für die Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Interessen der Gesellschaft
ist deshalb die innere Stellung des Gesellschafters, aufgrund derer ihm die Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft möglich ist und die damit zugleich das Maß seiner Treuepflicht bestimmt (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1983 – II ZR 242/82, BGHZ 89, 162 juris Rn. 17 zu § 112 HGB bei einem Gesellschafter aufgrund Mehrheitsbeteiligung). Je nach Umständen des Einzelfalles kann auch ein Minderheitsgesellschafter einen solchen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 – KZR 58/07, ZIP 2009, 2263 juris Rn. 18 nur im Sachverhalt unklar BGH, Urteil vom 30. November 2009 – II ZR 208/08, ZIP 2010, 324). Allein das jedem GmbH-Gesellschafter zustehende Auskunfts- und Einsichtsrecht nach § 51a GmbHG wird für eine maßgebliche Einflussnahme indes nicht genügen, weil dieses bei Missbrauchsgefahr verweigert werden kann (vgl. Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl., § 13 Rn. 50). Im Schrifttum wird ferner ein vertragliches Wettbewerbsverbot für einen Minderheitsgesellschafter dann als zulässig erachtet, wenn es sich um eine personalistisch strukturierte GmbH handelt, die sich insbesondere durch die persönliche Mitarbeit und Zusammenarbeit der Gesellschafter auszeichnet (vgl. dazu ausführlich etwa Lieder in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 2. Aufl., § 13 Rn. 227ff., 236).

(c) Nach diesen Maßstäben, von denen die Rechtsprechung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht erkennbar abgerückt ist, bestand in der Zeit nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse mit den Beklagten keine Gefahr mehr, dass diese die Gesellschaft von innen aushöhlen und infolge ihrer verbleibenden Gesellschafterstellung ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage berauben könnten.

Die Beklagten verfügten weder einzeln noch gemeinsam über eine Mehrheitsbeteiligung noch über Sonderrechte, aufgrund derer ihnen ein maßgeblicher Einfluss auf die Geschäftsführung zukam. Die Satzung enthält auch keine Klauseln, aufgrund derer eine einstimmige Beschlussfassung notwendig ist, so dass den Beklagten eine Blockade strategisch wichtiger Unternehmensentscheidungen nicht möglich war. Zwar zeichnete sich die Gesellschaft während des Bestehens der Arbeitsverhältnisse mit den Beklagten insoweit personalistisch geprägt aus, als damit sämtliche Gesellschafter für den Gesellschaftszweck im Verbund tätig wurden, diesen also aktiv beförderten. Mit dem Ende ihrer Tätigkeit als Arbeitnehmer in leitender Position zum 31. Dezember 2014 entfielen jedoch fortan eben diese Umstände, die – unter dem Aspekt der personalistischen Struktur der Klägerin – bis dahin die Gefahr einer inneren Aushöhlung der Klägerin begründen konnten. Die Stellung der Beklagten reduzierte sich nunmehr auf das vermögensrechtliche Innehaben der Gesellschaftsbeteiligung, die sich – wie dargestellt – in Anbetracht ihres Umfangs für die Entscheidungsfindung innerhalb der Gesellschaft ohne tragenden Einfluss erwies.

Dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse vor Ablauf der Kündigungsfrist der Gesellschaftsverhältnisse auf einer freien Entscheidung der Beklagten beruhte, gebietet keine abweichende Bewertung. Unerheblich ist auch, dass § 7 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages die Möglichkeit einer Befreiung vorsieht (vgl. ausführlich OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
NZG 2011, 65 juris Rn. 28).

(d) Auch ein Interesse der Klägerin am Schutz vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit vermag das in § 7 der Satzung enthaltene Konkurrenzverbot nicht zu rechtfertigen.

Zwar ähnelt die vorliegende Konstellation, in der die Beklagten nach Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse weiterhin Gesellschafter der Klägerin blieben, derjenigen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. Bei den Beklagten handelt es sich auch um Gesellschafter, die als vormalig leitende Angestellte während ihrer Tätigkeit besonderes Wissen um die Klägerin und ihre Geschäftstätigkeit erworben haben (vgl. dazu Lieder in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 13 Rn. 246). Mit der Berufsausübungsfreiheit ist ein Nachvertragliches WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
indes nur dann vereinbar und nicht gemäß § 138 BGB Sittenwidrig, wenn und soweit es notwendig ist, um einen Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Es darf in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das hierfür notwendige Maß nicht überschreiten (st.Rspr., BGH, Urteil vom 20. Januar 2015 – II ZR 369/13, ZIP 2015, 472 Rn. 8 mwN).

Über die schutzwürdigen Interessen der Klägerin geht das in § 7 enthaltene Verbot der Konkurrenztätigkeit aber schon deshalb hinaus, weil es ein umfassendes WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
umfassendes Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
vorsieht. Ein solches lässt sich, da der Kunden- bzw. Mandantenstamm regelmäßig durch eine Kundenschutzklausel hinreichend geschützt werden kann, nur unter engen Voraussetzungen durch ein nachvollziehbares Interesse am Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen rechtfertigen (vgl. Goette, DStR 1997, 2038; MünchKommGmbHG/Merkt, 3. Aufl., § 13 Rn. 240.; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. Mai 2000 – II ZR 308/98, NJW 2000, 2584 juris Rn. 14). Die Gefahr einer – zwischen den Parteien streitigen – unerlaubten Verwendung einer Excel-Tabelle der Klägerin zur Durchführung von Ablöseberechnungen oder von Leistungsverzeichnissen genügt dafür nicht. Andere Gründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Allein die Beklagten durch ein umfassendes Tätigkeitsverbot als Wettbewerber schlicht auszuschalten, stellt kein berechtigtes Interesse dar (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 1984 – II ZR 229/83, ZIP 1984, 954 juris Rn. 15).

(e) § 7 des Gesellschaftsvertrages lässt sich auch nicht als (zulässige) Kundenschutzklausel aufrechterhalten.

Zwar kann ein die zeitlichen Schranken übersteigendes Wettbewerbsverbot auf das noch zulässige Maß zurückgeführt werden (st.Rspr., BGH, Urteil vom 20. Januar 2015 – II ZR 369/13, ZIP 2015, 472 Rn. 14 mwN). Eine solche geltungserhaltende Reduktion ist jedoch dann nicht möglich, wenn die Sittenwidrigkeit – wie hier – auf anderen Gründen beruht. Zum einen überschritte die dann erforderliche rechtsgestaltende Einwirkung den den Gerichten eingeräumten Gestaltungsspielraum. Zum anderen widerspräche es dem mit § 138 BGB verfolgten Zweck, den Betroffenen das Risiko zuzuweisen, dass eine zwischen ihnen getroffene Vereinbarung Sittenwidrig und nichtig ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1997 – II ZR 238/96, NJW 1997, 3089 juris Rn. 9 mwN.; MünchKommGmbbHG/Merkt, 3. Aufl., § 13 Rn. 246f.; krit. Lieder in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 13 Rn. 255). Anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus § 21 Satz 2 der Satzung. Danach ist der Gesellschaftsvertrag, wenn eine Bestimmung unwirksam ist oder wird, im Wege des Gesellschafterbeschlusses so zu ändern oder zu ergänzen ist, dass der angestrebte wirtschaftliche und vertragliche Zweck erreicht wird. Zum einen hat sich die Klägerin auf einen solchen Beschluss nicht berufen. Zum anderen widerspräche es gleichermaßen dem Zweck des § 138 BGB, wenn im Ergebnis der Mehrheitsgesellschafter ein nach § 138 BGB unwirksames Wettbewerbsverbot zu seinen Gunsten einseitig auf das zulässige Maß begrenzen könnte (vgl. auch Gitter, NZG 2010, 165, 169).

(2) Für die Zeit nach Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse mit der Klägerin unterlagen die Beklagten auch keinem aus der gesellschafterlichen Treuepflicht abgeleiteten Wettbewerbsverbot.

Ein umfassendes WettbewerbsverbotBitte wählen Sie ein Schlagwort:
umfassendes Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot
scheidet dabei aus denselben Gründen aus, die zur Unwirksamkeit des statutarischen Wettbewerbsverbots führen. Gleiches gilt für ein auf Kunden der Klägerin beschränktes Wettbewerbsverbot. Zwar kann eine statutarische Kunden- bzw. Mandantenschutzklausel gegenüber einem Minderheitsgesellschafter für die Zeit nach dessen Ausscheiden als Geschäftsführer oder – wie hier – als leitender Angestellter durch das Interesse der Gesellschaft am Schutz vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit gerechtfertigt sein (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 1989 – II ZR 2/89, NJW-RR 1990, 226 juris Rn. 7). Ein solches Verbot folgt allerdings nicht schon aus der allgemeinen Treuepflicht des Gesellschafters.

c) Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Klägerin Schadensersatzansprüche wegen Verstoßes gegen das Verbot, einzelne Geschäftschancen an sich zu ziehen, dem Grunde nach zustehen.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgt für einen Geschäftsführer aus seiner Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft, dass es ihm ohne ausdrückliche Erlaubnis nicht gestattet ist, im Geschäftszweig der Gesellschaft Geschäfte für eigene Rechnung zu tätigen oder tätigen zu lassen oder den Vollzug bereits von der Gesellschaft abgeschlossener Verträge durch Abwicklung auf eigene Rechnung oder in sonstiger Weise zu beeinträchtigen oder zu vereiteln (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 – II ZR 159/10, NJW-RR 2013, 363 juris Rn. 21 mwN). Auch ein nicht geschäftsführender Gesellschafter soll selbst dann, wenn er keinem Wettbewerbsverbot unterliegt, wegen der ihm als Gesellschafter obliegenden Treuepflicht keine Geschäfte an sich ziehen dürfen, die in den Geschäftsbereich der Gesellschaft fallen und dieser aufgrund bestimmter konkreter Umstände bereits zugeordnet sind (so BGH, Urteil vom 8. Mai 1989 – II ZR 229/88, NJW 1989, 2687 juris Rn. 9 zum Kommanditisten). Da Ausgangspunkt der im Fall eines Schadens bestehenden Ersatzpflicht die Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht ist, werden vom Anwendungsbereich der sog. „Geschäftschancenlehre“ grundsätzlich alle Gesellschafter einer GmbH erfasst (vgl. MünchKommGmbHG/Merkt, 3. Aufl., § 13 Rn. 279 Lieder in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 13 Rn. 215 BeckOK/Wilhelmi, GmbHG, § 13 Rn. 202; Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl., § 13 Rn. 91; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 14 Rn. 35; Scholz/Seibt, GmbHG, 12. Aufl., § 14 Rn. 114). Die sog. „Geschäftschancenlehre“ steht als eigenständiges Rechtsinstitut neben einem Wettbewerbsverbot und ist hiervon unabhängig (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 – II ZR 159/10, NJW-RR 2013, 363 Rn. 20; MünchKommGmbHG/Merkt, 3. Aufl., § 13 Rn. 279; undifferenziert OLGR Karlsruhe 2006, 306) und kann in zeitlicher Hinsicht infolge nachwirkender Treuepflicht auch nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft in Betracht kommen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 11. Oktober 1976 – II ZR 104/75, NJW 1977, 247).

Wann ein Geschäft, das in den Geschäftsbereich der Gesellschaft fällt, dieser in der Weise zugeordnet ist, dass das Ansichziehen als treuwidrig erschiene, lässt sich nicht allgemein, sondern nur anhand des konkreten Einzelfalls bestimmen (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 – II ZR 159/10, NJW-RR 2013, 363 Rn. 21 mwN). Eine Geschäftschance der Gesellschaft soll etwa vorliegen, wenn diese den Vertrag bereits geschlossen oder jedenfalls soweit vorbereitet hat, dass der endgültige Vertragsschluss nur noch eine Formsache ist (BGH, Urteil vom 16. März 2017 – IX ZR 253/15, BGHZ 214, 220) oder wenn die Gesellschaft als erste mit dem Geschäft in Berührung gekommen und der Geschäftsführer auf Seiten der Gesellschaft in Vertragsverhandlungen über ein bestimmtes Geschäft eingetreten ist, wobei unerheblich ist, ob er von der Geschäftschance nur privat Kenntnis erlangt hat (BGH, Urteil v. 4. Dezember 2012 – II ZR 159/10, NJW-RR 2013, 363 Rn. 26f. mwN). Von Bedeutung kann auch sein, ob dem Betroffenen die Geschäftschance gerade mit Rücksicht auf seine Stellung in der Gesellschaft angetragen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 1967 – II ZR 126/65, MDR 1967, 820 juris Rn. 10ff. zum Angebot über den Erwerb eines Grundstücks). Gleiches soll gelten, wenn der Gesellschafter erst über seine Mitgliedschaft von diesem Angebot erfahren hat und weiß, dass sie von der Gesellschaft genutzt werden soll, wohingegen eine Geschäftschance etwa ausscheidet, wenn der Vertragspartner mit der Gesellschaft keinen Vertrag schließen will (vgl. zum Ganzen Lieder in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 13 Rz. 217) oder die verbleibenden Gesellschafter eine Freigabe für das konkrete Geschäft erteilen (vgl. dazu Scholz/Schneider, GmbHG, 12. Aufl, § 43 Rn. 210; Fleischer NZG 2003, 985, 989).

Das Verbot, Geschäftschancen an sich zu ziehen, umfasst schließlich zugleich das Verbot, diese auf nahestehende Personen oder eine andere Gesellschaft umzuleiten, die durch den Gesellschafter beherrscht wird oder bei der er (künftig) als Geschäftsführer tätig wird (vgl. Ziemons in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 266).

bb) Vorliegend ist ferner zu beachten, dass der Bundesgerichtshof die Grundsätze der sog. „Geschäftschancenlehre“ zu Einzelgeschäften entwickelt hat, etwa dem Erwerb eines Grundstücks oder dem Erwerb eines Patents (vgl. etwa BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 – II ZR 159/10; Urteil vom 8. Mai 1989 – II ZR 229/88; Urteil vom 23. September 1985 – II ZR 257/84; Urteil vom 10. Februar 1977 – II ZR 79/75; Urteil vom 8. Mai 1967 – II ZR 126/65; Urteil vom 23. September 1985 – II ZR 246/84).

Die vorliegende Fallkonstellation unterscheidet sich insoweit, als es nicht um einen einzelnen Kauf- oder Werkvertrag geht, sondern um ganze Bauprojekte, von denen die Klägerin meint, dass sie ihr bereits zugeordnet gewesen seien. Im Rahmen dieser Projekte sind verschiedene Ingenieurleistungen in der Regel nach verschiedenen Leistungsphasen (§ 43 HOAI) zu erbringen und nach der HOAI zu vergüten. Dabei kann grundsätzlich jede Leistungsphase gesondert beauftragt werden. Ohne besondere Umstände besteht selbst bei mündlicher Beauftragung keine Vermutung für einen Gesamtauftrag (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1979 – VII ZR 319/78, NJW 1980, 122 juris Rn. 13). Resultierend aus dem Interesse vor allem öffentlicher Auftraggeber, sich etwa wegen Planungs- oder Finanzierungsunsicherheiten möglichst unproblematisch vorzeitig vom Planer trennen zu können, gehört eine stufenweise Beauftragung im Planungsbereich mittlerweile gar zur gängigen Praxis (vgl. Pause, Die stufenweise Beauftragung nach der Reform des Bauvertragsrechts, ZfBR 2018, 211; zu den vielfältigen Motiven etwa bei Stemmer, Auswirkungen stufenweiser Auftragserteilung auf die Vergütung von Architekten-, Ingenieur- und Projektsteuerungsleistungen, in: Geschäftsbericht des BayrKommPrüfungsverbandes 1992, 136, 137), bei der regelmäßig für jede Leistungsphase oder für mehrere zusammengefasst ein neuer Auftrag erteilt wird (vgl. Blomeyer/Budiner, Architektenrecht, 3. Aufl., „Stufenweise Auftragserteilung“). Bei einem Bauprojekt geht es deshalb bei stufenweiser Beauftragung, wie sie die Klägerin bei einer Vielzahl von Projekten mit ihren ausschließlich öffentlichen Auftraggebern vorträgt, grundsätzlich um mehrere zukünftige Aufträge, die zu vergeben sind. Dies schließt zwar nicht aus, dass bereits zu Beginn eines Projekts ein Auftrag für sämtliche Leistungsphasen nebst Zusatzleistungen an ein Ingenieurbüro erteilt wird oder mit einem Büro ein Stufenvertrag dergestalt geschlossen wird, dasselbe Ingenieurbüro sukzessive mit den verschiedenen Leistungsphasen zu beauftragen. Ein Automatismus dafür besteht indes nicht, so dass jede Leistungsphase und gar Einzelleistungen innerhalb einer Leistungsphase (zur Abrechnung vgl. etwa Theißen in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 9. Aufl., § 43 Rn. 13) auch an ein anderes Ingenieurbüro vergeben werden können. Zwischen den Leistungsphasen können zudem erhebliche zeitliche Zäsuren liegen, etwa weil ein Projekt nicht weiter verfolgt und erst später wieder aufgegriffen wird, was zur Folge haben kann, dass bei Wiederaufnahme auch neue Planungsbüros eingesetzt werden. Dies verdeutlicht, dass während eines Bauprojektes immer wieder eine Wettbewerbssituation mit anderen Ingenieurbüros auftreten kann. In welchem Umfang Aufträge zur Bearbeitung von künftigen Leistungsphasen eines Gesamtprojektes bereits einer Gesellschaft zugeordnet werden können, ist deshalb genau zu prüfen.

Für die Frage, ob der Klägerin die in Anlage K 21 genannten Bauprojekte im Sinne der sog. „Geschäftschancenlehre“ bereits als echte Geschäftschancen zugeordnet waren und es sich nicht nur um bloße Geschäftshoffnungen gehandelt hat, für die sie noch in ebenbürtiger Konkurrenz stand zu anderen Ingenieurbüros, ist daher substantiiert vorzutragen, ob und wie sich eine Geschäftsanbahnung dargestellt hat, inwiefern es bereits Gespräche oder Verhandlungen über zukünftig zu beauftragende Leistungsphasen gegeben hat, woraus sich die konkrete und berechtigte Erwartung ergeben hat, mit den bislang noch nicht beauftragten Leistungen beauftragt zu werden und wieso die Klägerin größere Auftragschancen als sonstige am Wettbewerb teilnehmende Konkurrenten gehabt haben soll. Allein aus der Beauftragung mit den Leistungsphasen 1 bis 3 lässt sich nach dem Vorstehenden nicht auf eine Folgebeauftragung schließen. Für die Zuordnung eines Auftrags im Sinne der Geschäftschancenlehre ist die Klägerin gem. § 286 ZPO darlegungs- und beweispflichtig.

cc) Für die von der Klägerin als übernommen behaupteten Projekte ist zwar unbestritten, dass diese in den Geschäftsbereich der Klägerin fallen. Auch ist der Vortrag, soweit er in der Berufungsinstanz auf der Grundlage der neu gefassten Projektübersicht in Anlage K21 erstmals in das Verfahren eingebracht wurde, als neuer Tatsachenvortrag gem. § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO gleichwohl zuzulassen. Denn das Landgericht hat Ansprüche aus dem Gesichtspunkt der sog. „Geschäftschancenlehre“ dahinstehen lassen (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 531 Rn. 27).

Nach Maßgabe vorstehender Ausführungen gilt im Einzelnen aber Folgendes:

(1) Mit Ausnahme der Projekte Nrn. 10, 11, 17 und 19 (dazu unter (2)) hat die Klägerin für keines der in Anlage K 21 genannten Projekte hinreichenden Vortrag erbracht, der die Annahme einer Zuordnung im Sinne der sog. „Geschäftschancenlehre“ schlüssig trägt. Der Vortrag der Klägerin ist pauschal und unsubstantiiert. Sie trägt zwar jeweils ausführlich vor, welche Leistungen sie für das konkrete Projekt schon erbracht habe, was in der Regel von den Beklagten auch nicht weiter bestritten wird. Schon die konkrete Auftragslage ist aber in vielen Fällen unklar und wird nicht dargestellt, wie im Übrigen Vortrag zur Fortführung von Verhandlungen zu dem konkreten Projekt und einer möglichen Weiterbeauftragung fehlt. Die Klägerin zieht sich vielmehr auf pauschale Behauptungen mit dem beispielhaften Inhalt zurück, man sei bereits mit Leistungsphase 1-3 beauftragt gewesen, woran sich entsprechend „gängiger Praxis“ (GA 232, 243) eine Folgebeauftragung anschließe. Für einen schlüssigen Vortrag müsste die „gängige Praxis“ jeweils dargestellt werden, woran es fehlt. Denn maßgeblich ist die konkrete Geschäftspraxis im Einzelfall. Allein die Befassung mit einem Projekt führt noch nicht zu seiner Zuordnung an den Auftragnehmer und sagt noch nichts darüber aus, an wen die noch ausstehenden Leistungen vergeben werden.

Auch die nicht näher substantiierte Behauptung, die weitere Beauftragung sei nur noch von einem Gemeinderatsbeschluss über die Erschließungsplanung abhängig gewesen („reine Formsache“, GA 243; GA 232), genügt nicht. Sofern sich die Gemeinde nicht bereits vertraglich gebunden hat, steht es ihr grundsätzlich frei, mit weiteren Leistungen auch andere Ingenieurbüros zu beauftragen (vgl. etwa Schreiben der Gemeinde H. vom 15.01.2015, Anlage K 6).

Ferner ist zu berücksichtigen, dass öffentliche Auftraggeber, um die es sich vorliegend handelt, in der Regel Planungsleistungen nach dem Vergaberecht öffentlich ausschreiben oder zumindest mehrere Angebote einholen und sodann den wirtschaftlichsten Anbieter vorziehen. Solche Vergabevorgänge sprechen gegen eine der Klägerin bereits zugeordnete Geschäftschance. Denn damit ist der allgemeine Konkurrenzkampf eröffnet, der einem Auftragsautomatismus widerspricht.

Zu den einzelnen Projekten:

(a) Projekt Nr. 1:

Es fehlt die Darlegung, welcher Auftrag in welchem Umfang erteilt wurde. Ferner erschließt sich nicht, aus welchen objektiven Umständen die Klägerin die weitere Beauftragung – gerade von ihr – erwarten konnte. Am Projekt beteiligt waren unstreitig weitere Planungsbüros (Büro S. K. R.). Zwar mag die Klägerin im November 2014 Projektpläne im Hinblick auf eine mögliche künftige Beauftragung mit den Leistungsphasen 1 bis 7 im Rahmen einer Gemeinderatssitzung vorgestellt haben. Damit befand sie sich aber noch in der Phase der Akquise, die als solche allein noch keine ihr zuzuordnende Vertragschance begründet.

(b) Projekt Nr. 2:

Insoweit gelten die Erwägungen zu Nr. 1. Im Übrigen bedeutet die zeitlich frühere Befassung mit anderweitigen Planungsobjekten dieser Gemeinde keinen Rückschluss auf eine neuerliche Geschäftschance. Diese ist vom (bloßen) Kundenschutz qualitativ zu unterscheiden.

(c) Projekt Nr. 3:

Der Zuordnung einer Geschäftschance betreffend die Leistungsphasen 5 bis 8 bei Bauabschnitt III des Baugebiets „W.“ steht die nach dem Vortrag der Klägerin erfolgte Auftragsvergabe im Wege öffentlicher Ausschreibung, an welcher sich die Klägerin beteiligt hat, entgegen. Woraus sich eine bereits zuvor zuzuordnende Geschäftschance der Klägerin ergeben soll, bleibt unklar. Jahre zurückliegende anderweitige Planungsleistungen für diesen Auftraggeber bieten keine tragfähige Grundlage für die Annahme einer Geschäftschance Ausgang des Jahres 2014. Der Kundenschutz ist erneut von der Geschäftschance zu unterscheiden.

(d) Projekt Nr. 4:

Zu diesem Projekt trägt die Klägerin weder zur Auftragserteilung noch zur weiteren Entwicklung von Vertragsverhandlungen mit dem Auftraggeber vor. Eine Geschäftschance erschließt sich daraus nicht. Dem Verweis auf einen fehlenden Gemeinderatsbeschluss als „Formsache“ fehlt es an einem tragfähigen tatsächlichen Anknüpfungspunkt.

(e) Projekt Nr. 5:

Ob die Beklagten bzw. die R.-GmbH zu diesem Projekt überhaupt Leistungen erbracht haben, ist zwar streitig, kann aber dahingestellt bleiben. Denn erneut nicht schlüssig dargelegt ist die von der Klägerin nur behauptete Geschäftschance, etwa durch Vortrag zu Verhandlungen mit der Auftraggeberin.

(f) Projekt Nr. 6:

Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten erfolgte die Beauftragung der R.-GmbH im Wege der öffentlichen Vergabe, indem die Gemeinde zur Abgabe eines Angebots aufforderte. Dies steht sowohl der Annahme einer Geschäftschance als auch einem „Ansichziehen“ als Nutzen für eigene Rechnung entgegen.

(g) Projekt Nr. 7:

Die Klägerin legt schon nicht schlüssig dar, dass sie außerhalb der von ihr erstellten Variantenberechnung (Anlage K78) mit weiteren Planungsleistungen befasst war. Woraus auf die Zuordnung auch nachfolgender Leistungsphasen geschlossen werden könnte, bleibt unklar. Für eine Zuordnung sorgt im Übrigen auch nicht, dass die Beklagten bei ihren Ausführungsarbeiten auf Planungen der Klägerin – die ihr aber von der Gemeinde übergeben worden waren – zurückgriffen.

(h) Projekt Nr. 8:

Über die pauschale Behauptung einer Zuordnung hinaus bleibt unklar, warum die Klägerin trotz ausdrücklicher Aufforderung durch die Gemeinde kein Angebot für weitere Planungsleistungen abgab. Von einer Zuordnung an die Klägerin lässt sich schon deshalb nicht ausgehen, wie im Übrigen der Zuschlag im allgemeinen Wettbewerb auf Aufforderung durch den Auftraggeber kein Ausnutzen von Geschäftschancen darstellt. Allein die Erbringung früherer Leistungsphasen bedeutet noch keine zugeordnete Vertragsaussicht auf die weiteren Leistungsphasen.Randnummer102

(i) Projekt Nr. 9:

Die bloße Behauptung, „langfristige Leistungen der Leistungsphase 2“ erbracht zu haben, trägt nicht die Annahme einer Geschäftschance für weitere Leistungsphasen. Ob die Klägerin Ende des Jahres 2014 überhaupt im Projekt aktiv war, erscheint ohnehin wegen des Schreibens der Gemeinde M. vom 20. November 2014 (Anlage K7) fraglich.

(j) Projekt Nr. 12:

Eine Beauftragung der Klägerin für die Leistungsphasen 1 und 2 ist streitig. Eine Zuordnung von weiteren Leistungsphasen an die Klägerin scheidet aber schon mangels Darstellung der Einzelheiten zu Auftragsumfang und weiterer Entwicklung der Vertragsbeziehungen aus.

(k) Projekt Nr. 13:

Allein aus der Übernahme von Planungsleistungen in der Vergangenheit für andere Projekte lässt sich nicht auf eine Geschäftschance im vorliegenden Projekt schließen.

(l) Projekt Nr. 14:

Auch hier lässt sich aus der Beauftragung mit früheren Leistungsphasen nicht zwingend auf die Weiterbeauftragung schließen, sondern bedarf besonderer Darlegungen zum Vertragsverhältnis, an denen es fehlt. Dies gilt erst recht wegen des unbestrittenen Vortrags der Beklagten, dass die Stadt L. ihre Aufträge stets abschnittsweise erteilt (vgl. GA 379).

(m) Projekt Nr. 15:

Hierzu gelten in gleicher Weise die Ausführungen zu Projekt Nr. 14.

(n) Projekt Nr. 16:

Zwar trägt die Klägerin vor, bis einschließlich Leistungsphase 8 dieses Projekts von der Gemeinde als Auftraggeberin betraut worden zu sein, was die Beklagten zu Leistungsphase 8 aber bestreiten. Gegen eine vertragliche Bindung der Klägerin spricht schon die von der Klägerin vorgelegte Veröffentlichung, dass die Gemeinde eine gesonderte Beauftragung der R.-GmbH mit der Leistungsphase 8 beschloss (Anlage K 136, S. 3). Die Klägerin trägt nichts zu einer Vertragsbrüchigkeit der Gemeinde vor, so dass unklar bleibt, woraus sie dann gleichwohl die Zuordnung dieser letzten Leistungsphase herleiten will.

(o) Projekt Nr. 18:

Es ist schon aufgrund der zeitlichen Abläufe nicht schlüssig, dass Vorarbeiten durch Photodokumentationen im Jahr 2012 (Anlage K143), die nach Klägervortrag nur der Leistungsphase 1 zuzuordnen seien, eine berechtigte Erwartung auf die Beauftragung mit Leistungen der Phasen 5 bis 8 im Jahr 2015 begründen können, wie ohnehin nichts zur weiteren vertraglichen Entwicklung mit dem Auftraggeber dargelegt wird. Die sog. „Geschäftschancenlehre“ ist nicht mit einem allgemeinen Kundenschutz gleichzustellen.

(p) Projekt Nr. 20:

Hierzu trägt die Klägerin nur vor, dieses Projekt bis zum Jahr 2014 bearbeitet zu haben ohne darzulegen, welche weiteren Leistungsmöglichkeiten ihr entgangen und im Gegenzug von den Beklagten bzw. der R.-GmbH wahrgenommen worden sein sollen. Eigene Leistungen hat die Klägerin nach ihrem Vortrag schon im Jahr 2014 abgerechnet. Aus der von der Klägerin vorgelegten Sitzungsvorlage zur Verbandsversammlung vom 22. Mai 2015 ergibt sich zwar, dass die R.-GmbH beim Umbau von „weiteren 3 Außenstationen“ für den Zweckverband im Jahr 2015 tätig war (Anlage K 151, S. 3f.). Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten handelt es sich dabei indes um ein gesondert vom Zweckverband beauftragtes Bauprojekt, bei welchem die Beauftragung der R.-GmbH auf den Wunsch des Zweckverbandes zurückgehe. Der Zweckverband übertrage Planungs- und Überwachungsleistungen auch unterschiedlichen Ingenieurbüros. Tatsächlich ist schon aus der Sitzungsvorlage zu ersehen, dass die Klägerin für das Bauprojekt unter TOP 5 beauftragt war.Randnummer118

(q) Projekt Nr. 21:

Ungeachtet der mangelhaften Darlegung einer begründeten Erwartung, mit den behaupteten Leistungsphasen 1 bis 8 für dieses Projekt beauftragt zu werden, haben die Beklagten substantiiert bestritten, dass die R.-GmbH mit den behaupteten Folgeleistungen je beauftragt wurde. Den Auftrag habe eine Fa. P. erhalten. Das im Mitteilungsblatt der Gemeinde benannte Projekt (Anlage K 155) stehe damit in keinem Zusammenhang (GA 405f.). Dem hat die Klägerin nicht mehr widersprochen. Selbst wenn demnach für die Klägerin eine begründete Auftragsaussicht bestanden hätte, fehlte es am „Ansichziehen“ – der Nutzung für eigene Rechnung (vgl. Ziemons in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 266) – derselben durch die Beklagten.

(r) Projekt Nr. 22:

Hierzu behauptet die Klägerin pauschal ohne jeden sachlichen Anknüpfungspunkt, ihr sei eine Leistungserbringung durch die Beklagten unmöglich gemacht worden. Welche weitere Beauftragung durch die Gemeinde im Raum stand, wird nicht dargelegt. Der Vortrag der Beklagten, dass die R.-GmbH für dieses Baugebiet schon keinen Auftrag erhalten habe wie im Übrigen die Gemeinde das Projekt schon seit dem Jahr 2013 nicht mehr weiter betreibe, blieb unerwidert. Damit lässt sich weder von einer Aussicht auf eine Beauftragung noch von einem Ansichziehen durch die Beklagten ausgehen.

(s) Projekt Nr. 23:

Aus einer Beschlussfassung der Stadt B. im Jahr 2009 lässt sich schon nicht auf eine konkrete Auftragsvergabe an die Klägerin schließen, die sich überdies noch als „Geschäftschance“ im Jahr 2015 qualifizieren ließe. Mag im Jahr 2009 auch zunächst eine Absicht der Stadt bestanden haben, die Klägerin mit weiteren Aufträgen zu betrauen, so bedarf die Annahme, dass die Klägerin hiervon auch noch im Jahr 2015 berechtigterweise ausgehen konnte, besonderer Umstände. Hierfür legt sie nichts dar. Nach dem Vortrag der Beklagten geht die Beauftragung der R.-GmbH vielmehr auf eine Angebotsaufforderung der Stadt im Mai 2015 zurück. Dem hat die Klägerin nicht widersprochen. Damit lässt sich aber schon keine der Klägerin zuzuordnende Auftragschance (mehr) erkennen. Die Stadt als Auftraggeberin hatte selbst unzweifelhaft mit der Aufforderung an die R.-GmbH hiervon Abstand genommen. Allein der Umstand, dass das zur Umsetzung gelangte Projekt „W.“ Teil des von der Klägerin bis 2009 erstellten Flussgebietsmodells war, bedeutet in Anbetracht der dargestellten Besonderheiten bei der Auftragsvergabe von Planungsleistungen nicht die Übernahme einer „Geschäftschance“ durch die Beklagten.

(t) Projekt Nr. 24:

Die Behauptung der Klägerin, das genannte Projekt „Ausbau des T. in W.“ habe seine weitere Fortsetzung durch die R.-GmbH als Leistungsphasen 4 bis 8 erfahren, haben die Beklagten substantiiert bestritten. An dem Projekt seien überhaupt keine weiteren Arbeiten mehr durchgeführt worden; die R.-GmbH habe dazu jedenfalls keinen Auftrag erhalten. Die R.-GmbH habe im Jahr 2015 von der Stadt lediglich einen hiervon sachlich unabhängigen Auftrag erhalten. Diesem Vortrag hat die Klägerin nichts entgegnet.

(u) Projekt Nr. 25:

Dem substantiierten Vortrag der Beklagten, wonach sich die von der Klägerin hierzu bislang erbrachten Leistungen in der Erstellung einer Studie erschöpften, hat die Klägerin nicht widersprochen. Woraus sich die begründete Erwartung einer weiteren Beauftragung mit Planungs- und Umsetzungsleistungen ergeben soll, erschließt sich nicht. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten erfolgte die Beauftragung der R.-GmbH im Übrigen nach einer Ausschreibung der Auftraggeberin, also im allgemeinen Wettbewerb.

(v) Projekt Nr. 26:

Ungeachtet des fehlenden substantiellen Vortrags zu einer begründeten Auftragserwartung ist nach den unwidersprochenen Angaben der Beklagten von einem Einvernehmen zwischen dem Baubürgermeister der Stadt F. und dem Geschäftsführer der Klägerin auszugehen, dass die R.-GmbH die Leistungsphase 4 sowie Umplanungen bzw. Zweitplanungen zur Leistungsphase 3 übernehmen werde (GA 421f.). Selbst im Fall einer begründeten Auftragserwartung wäre danach von einer schlüssig vorgetragenen Freigabe durch die Klägerin auszugehen.Randnummer130

(w) Projekt Nr. 27:

Ungeachtet des fehlenden substantiellen Vortrags zu einer begründeten Auftragserwartung tragen die Beklagten unwidersprochen vor, dass es eine Beauftragung der R.-GmbH nicht gegeben habe, so dass es an einem „Ansichziehen“ fehlt.

(2) Zu den Projekten Nrn. 10, 11 und 17 räumen die Beklagten zwar ein, dass diese der Klägerin als Geschäftschance zuzuordnen seien. Nach dem unbestrittenen weiteren Vortrag der Beklagten ist aber davon auszugehen, dass die Klägerin bei diesen Projekten ihre vertragliche Geschäftschance wieder aufgegeben, zumindest aber, wie auch zu Projekt Nr. 19, die Freigabe einer Übernahme durch die R.-GmbH bzw. die Beklagten erteilt hat.

So tragen die Beklagten zu den Projekten Nr. 10 und 11 vor, dass sie erst auf ausdrücklichen Wunsch der Gemeinde M. tätig geworden seien. Die Gemeinde M. habe den Beklagten durch die Leiterin des Eigenbetriebs Abwasser mitgeteilt, dass die Klägerin zu Projekt 10 die weiteren Leistungsphasen zurückgegeben habe bzw. sich nicht mehr darum kümmere (GA 369) und zu Projekt 11 vom Vertrag zurückgetreten sei (GA 372). Hierzu hat sich die Klägerin zwar nicht weiter eingelassen. Das von ihr als Anlage K7 vorgelegte Schreiben der Gemeinde M. vom 20. November 2014 stützt indes den Vortrag der Beklagten. Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass die zunächst unstreitig vorhandene Geschäftschance der Klägerin in Form umfassender Beauftragung durch die Klägerin selbst wieder aufgegeben wurde, jedenfalls aber eine konkludente Freigabe durch die Klägerin erfolgte. Soweit für die Erteilung einer Freigabe wie bei der Aufhebung eines Wettbewerbsverbotes die Beschlussfassung der Gesellschafter gefordert wird, erübrigte sich diese wegen des Stimmrechtsausschlusses der individuell betroffenen Beklagten gemäß § 47 Abs. 4 Satz 1 GmbHG.

Zu Projekt Nr. 17 tragen die Beklagten näher vor, zwischen der Klägerin und dem Tiefbauamtsleiter der Stadt T. im Jahr 2015 sei es zu einem Einvernehmen gekommen, dass die Klägerin die noch offenen Leistungsphasen zurückgebe und ihre Ausführung sodann von der R.-GmbH übernommen werde (GA 393). Dies bestreitet die Klägerin schon nicht. Der Wunsch der Stadt T. als Auftraggeberin nach einer Freigabe des Projekts ergibt sich im Übrigen schon aus dem von der Klägerin als Anlage K 8 vorgelegten Schreiben der Stadt vom 9. Dezember 2014.

Zu Projekt Nr. 19 ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin die Leistungsphasen 1 bis 7 erbracht hat. Die Übernahme der Leistungsphase 8 durch die Klägerin ist indes streitig, was aber dahingestellt bleiben kann. Denn die Beklagten berufen sich ferner darauf, dass die Stadt T. auch zu diesem Projekt mit der Klägerin Gespräche geführt habe, ausweislich derer die Stadt der Klägerin mitteilte, das Projekt mit dem Beklagten zu 2 weiterführen zu wollen und zu dürfen (GA 399f.). Dem ist die Klägerin nicht weiter entgegengetreten. Auf ein Einvernehmen mit der Klägerin lässt insoweit die als Anlage K 150 vorgelegte Email des Geschäftsführers der Klägerin vom 7. Dezember 2016 an die Stadt T. schließen, wonach die Klägerin ihre Honorarforderung um die Leistungsphase 8 und die örtliche Bauüberwachung gekürzt habe. Daraus kann zumindest eine Freigabe der weiteren Vertragsausführung durch die Klägerin gefolgert werden.

(3) Auch anderweitig lassen sich keine Abwerbemaßnahmen betreffend einzelner konkreter Projekte oder Aufträge erkennen. Die von der Klägerin vorgelegten Schreiben der Gemeinde M. (Anlage K7), der Stadt T. (Anlage K8) und der Gemeinde H. (Anlage K6) geben nicht zu erkennen, dass die Beklagten selbst in diesem Sinne tätig geworden wären.

(4) Soweit die Klägerin in ihren Ausführungen behauptet, sie habe ihre Leistungen gegenüber ihren Auftraggebern nicht mehr abrechnen können (beispielhaft GA 236), ist dies nicht nachvollziehbar. Wer auf vertraglicher Grundlage leistet, kann regelmäßig auch abrechnen. Dies verdeutlicht etwa die Aufforderung der Stadt T. zur Abrechnung mit Schreiben vom 9. Dezember 2014 (Anlage K8). Bei reinen Akquiseleistungen mag dies anders sein, was aber in das wirtschaftliche Risiko des Leistenden fällt.

d) Ein über das Verbot, einzelne Geschäftschancen an sich zu ziehen, hinausgehendes Wettbewerbsverbot folgt auch nicht aus § 826 BGB. Soweit die Beklagten weder einem vertraglichen noch einem gesetzlichen Wettbewerbsverbot unterlagen, begründete der Abschluss von Geschäften im Geschäftsbereich der Klägerin auch dann keine Ansprüche gemäß § 826 BGB, wenn die Beklagten der Klägerin zuvor einen „Kampf bis zur völligen Vernichtung“ angedroht hätten.

2. Die von der Klägerin mit zuletzt gestelltem Klageantrag Ziff. 1 begehrte Feststellung, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Haupt- und Hilfsantrag erledigt sei, ist unter Heranziehung der Berufungsschrift (vgl. zur Auslegung von Klageanträgen BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 – II ZR 305/14, MDR 2016, 1350 Rn. 12) als auf das in 1. Instanz unter Ziff. 1 geltend gemachte Unterlassungsbegehren bezogen auszulegen.

Dem Antrag ist nicht zu entsprechen, weil es am Eintritt einer Erledigung fehlt. Eine solche setzt voraus, dass die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das behauptete Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde (st.RSpr., BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – IX ZR 83/17, ZIP 2018, 802 Rn. 7 mwN). Das Unterlassungsbegehren der Klägerin war unbegründet. Einen Anspruch auf Unterlassung gegen die Beklagten besaß die Klägerin bei Ablauf der das gesellschaftsrechtliche Mitgliedschaftsverhältnis beendenden Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des 31. Dezember 2015 nicht. Zur Begründung sei auf die Ausführungen zu den mit Klageanträgen Ziff. 2 und 3 geltend gemachten Auskunfts- und Schadensersatzansprüchen verwiesen.

3. Der Vortrag der Klägerin mit Schriftsatz vom 15. März 2019 gab keine Veranlassung für eine Wiedereröffnung der Verhandlung.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Umstellung des Auskunfts- und Schadensersatzbegehrens von der ursprünglichen Projektliste in 1. Instanz (Anlage K20) zur Projektliste in der Berufungsinstanz (Anlage K21) beinhaltet eine Klagerücknahme hinsichtlich der zuletzt nicht mehr enthaltenen Projekte. Zu dieser haben die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 7. März 2019 ihr Einverständnis erklärt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 709 ZPO. Der Streitwert war mit bis zu 750.000 € festzusetzen, nachdem die Klägerin ihren entgangenen Gewinn zuletzt mit 707.994,00 € bezifferte.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt. Zu entscheiden war allein über ihre Anwendung im Einzelfall.

Löffler I www.K1.de I www.gesellschaftsrechtskanzlei.com I Gesellschaftsrecht I Nachvertragliches Wettbewerbsverbot I Gezielte Behinderung I Erfurt I Thüringen I Sachsen I Sachsen-Anhalt I Hessen I Deutschland 2022

Schlagworte: Abwerbeverbot, Befreiung vom Wettbewerbsverbot, Berufsfreiheit, BGB § 242, BGB § 826, Entbehrlichkeit wegen Förmelei, Förmelei, Geschäftschancenlehre, Gezielte Behinderung, Haftung für Wettbewerbsverstöße, illoyales Ausnutzen, Kundenschutzklausel, Mitbewerber gezielt behindert, nachvertragliches Abwerbeverbot, Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Rechtsfolgen bei Wettbewerbsverstoss, Schadensersatz bei Wettbewerbsverstoss, Treuepflicht, Treuepflicht in der GmbH, Treuepflicht und Stimmrecht, Treuepflicht und Zustimmungspflicht, Treuepflicht unter den Gesellschaftern, Treuepflicht zwischen Gesellschafter und GmbH, unlauterer Wettbewerb, Unterlassungsanspruch bei Wettbewerbsverstoss, UWG § 4 Nr. 4, Verletzung der Treuepflicht, Verstoß gegen die Geschäftschancenlehre, Verstoß gegen Geschäftschancenlehre, Verstoß gegen Wettbewerbsverbot, Vertragliches Wettbewerbsverbot, Wettbewerbsverbot, Wettbewerbsverbot der Gesellschafter

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BGH, Beschluss vom 20. November 2018 -II ZB 22/17

Mittwoch, 6. Februar 2019

ZPO § 385 Abs. 1 Nr. 4

a) Vor Vernehmung eines Zeugen müssen die Voraussetzungen des § 385 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht bewiesen oder unstreitig sein. Es reicht insoweit der schlüssige Vortrag des Beweisführers aus.

b) Der vollmachtslose Vertreter unterfällt nicht dem Anwendungsbereich des § 385 Abs. 1 Nr. 4 ZPO.

c) In einem Prozess eines Gläubigers auf Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle ist der Insolvenzschuldner nicht Rechtsvorgänger des beklagten Insolvenzverwalters im Sinne des § 385 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Die Vorschrift ist auch nicht analog auf den Insolvenzschuldner anwendbar.

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BGH, Beschluss vom 22. Januar 2019 – II ZB 18/17

Dienstag, 22. Januar 2019

BGB § 311 Abs. 3 Satz 2

Eine Prospektverantwortlichkeit trifft auch diejenigen, die aufgrund ihrer besonderen beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder aufgrund ihrer Fachkunde eine Garantenstellung einnehmen, weil sie in die Gestaltung des Prospekts oder in das Vertriebssystem einbezogen sind und durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken einen Vertrauenstatbestand schaffen und Erklärungen abgeben. Dient die Darstellung in einem Prospekt dazu, den „guten Namen“ eines Projektpartners als Mittel der Werbung zu verwenden und gegebenenfalls auch zu dessen eigener Präsentation, begründet dies ohne Hinzutreten weiterer Umstände, aus denen sich eine Erklärung über das Fondsprojekt ergibt, noch keine Vertrauenshaftung aufgrund einer Garantenstellung.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerden der Musterbeklagten zu 2 und des Musterklägers wird der Musterentscheid des Senats für KapitalanlegerMusterverfahren des Oberlandesgerichts München (5. Senat) vom 9. Mai 2017 im Kostenpunkt und hinsichtlich der Feststellungen zu A. III. und IV. aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an das Oberlandesgericht zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerdeverfahren, zurückverwiesen.

Der Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 13.817.884,96 € festgesetzt.

Gründe

A.

Der Musterkläger beteiligte sich über die Treuhandkommanditistin M. GmbH an der F. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
.

Er nimmt die Musterbeklagte zu 2 neben weiteren Anlegern unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im engeren Sinne auf Schadensersatz in Anspruch.

Gegenstand der Fondsgesellschaft war die weltweite Entwicklung, Produktion, Koproduktion, Verwertung und Vermarktung sowie der weltweite Vertrieb von Kino, Fernseh- und Musikproduktionen und anderen audiovisuellen Produktionen jeder Art sowie der damit zusammenhängenden Nebenrechte, insbesondere Merchandising. Nach dem Prospekt vom 25. Oktober 2002 war vorgesehen, dass die Fondsgesellschaft sogenannte unechte Auftragsproduktionen an Produktionsdienstleister vergibt. Die Verwertung der Rechte an den Produktionen sollte Lizenznehmern überlassen werden, die sich im Gegenzug u.a. zur Leistung einer Schlusszahlung in Höhe des Anteils der Fondsgesellschaft an den Produktionskosten zum Ende der Laufzeit des Fonds am 15. Dezember 2011 verpflichten sollten. Die Rechtsvorgängerin der Musterbeklagten zu 2, die D. AG, sollte die Schlusszahlungsverpflichtung mit schuldbefreiender Wirkung übernehmen, wenn sie vom Lizenznehmer einen Gegenwert in Höhe des Barwerts der übernommenen Zahlungsverpflichtungen (Schuldübernahmeentgelt) sowie die sonstigen nach den Schuldübernahmevereinbarungen zu zahlenden Entgelte erhalten hatte.

Das Oberlandesgericht hat auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts München I vom 12. Dezember 2007 am 8. Mai 2012 einen Musterentscheid erlassen, in dem u.a. festgestellt wurde, dass die Musterbeklagte zu 2 in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der früheren beklagten D. AG für den Prospekt als Hintermann nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne verantwortlich sei (Feststellung Nr. 5) und dass die Musterbeklagte zu 2 in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der D. AG bei der Veröffentlichung des Prospekts nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne schuldhaft gehandelt habe (Feststellung Nr. 6). Hinsichtlich dieser Feststellungen hat der Senat den Musterentscheid auf die Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten zu 2 mit Beschluss vom 29. Juli 2014 aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen (BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 II ZB 30/12, ZIP 2014, 2284).

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 9. Mai 2017 hat das Oberlandesgericht u.a. folgende neue Feststellungen getroffen:

A. (…)

III.

Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte zu 2) in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der früheren Beklagten D. AG für den Prospekt als Garantin nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren SinnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Prospekthaftung
Prospekthaftung im engeren Sinn
verantwortlich ist. Dies gilt nicht für die im Musterentscheid unter Ziffer I. 2 festgestellte Prospektnachtragspflicht.

IV.

Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte zu 2) in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der früheren Beklagten D. AG bei der Veröffentlichung des Prospekts nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne schuldhaft gehandelt hat. Hiergegen richten sich die Rechtsbeschwerden der Musterbeklagten zu 2 und des Musterklägers.

B.

Die Rechtsbeschwerden haben Erfolg und führen zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Oberlandesgericht in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. 

I.

Das Oberlandesgericht (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, Beschluss vom 9. Mai 2017 KAP 2/07, juris) hat seine Entscheidung, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die D. AG habe nicht nur die Rolle der schuldübernehmenden Bank übernommen, sondern eine Schlüsselfunktion bei der Gestaltung des Gesamtprojekts innegehabt. Die Feststellung der Alternativlosigkeit der Weiterleitung der Anlegergelder an die D. AG habe einer Überprüfung durch den Bundesgerichtshof standgehalten. Da die Schuldübernahmen erst nach Eingang des Barwerts bei der Bank ausgesprochen worden seien, habe nur die gleichzeitige Ausführung der Zahlungen die Mittelfreigabevoraussetzungen nach dem Prospekt erfüllen können. Dies sei nur infolge der Koordination der Zahlungsströme durch die D. AG möglich gewesen, die durchgesetzt habe, dass die Kapitalsammelstelle bei ihr geführt worden sei. Die Rolle der Musterbeklagten zu 2 sei deutlich über die einer bloßen Zahlstelle hinaus-gegangen.

Der Zeuge W. habe angegeben, als Mitarbeiter der D. AG mit dem Musterbeklagten zu 1 das Vertragsanbahnungsgespräch wegen des Fonds am 12. August 2002 geführt zu haben. Dabei habe der Musterbeklagte zu 1 seine Vorstellungen von einer Schuldübernahme erläutert. Die Bank habe darauf hingewiesen, für den Prospekt keine Verantwortung zu übernehmen und nur die sie betreffenden Passagen im Prospekt zu prüfen. Im Anschluss daran habe die D. AG schriftlich mitgeteilt, sie unterstelle, dass die beiden Filmfonds bezüglich der Schuldübernahmen identische, der Bank genehme Vertragspartner sowie ein einheitliches Vertragswerk aufwiesen. Die Schuldübernahmeverträge seien unter Rückgriff auf schon vorhandene Erfahrungen von der D. AG ausgearbeitet worden. Die D. AG habe Einfluss auf die Auswahl der Lizenznehmer genommen.

Die Darstellung im Prospekt zum Fondskonzept unter 5.10 „DIE SCHULDÜBERNEHMENDE Bank“ enthalte über die Funktion einer schuldübernehmenden Bank hinausgehende Erklärungen. Die mehrfache Erwähnung der Beratertätigkeit im Kapitalmarktund Wertpapiergeschäft sowohl auf Seiten der Emittenten als auch der Anleger und im Anlageund Vorsorgegeschäft vermittele dem Anleger den Eindruck, der Prospekt sei von der D. AG als besonders fachkompetenter Bank geprüft worden. Der Prospekt erwecke den Anschein, als habe die in Anlagegeschäften als versiert beschriebene Bank das Anlageprojekt auf Herz und Nieren geprüft und anschließend die Schuldübernahme erklärt. Das erwecke den der Musterbeklagten zu 2 zurechenbaren Eindruck, für die Richtigkeit der Prospektangaben einstehen zu wollen.

Hinsichtlich der in B. I. 2. des Musterentscheids angenommenen Prospektnachtragspflicht fehle es schon an einer Pflichtverletzung der Musterbeklagten zu 2. Diese sei zwar als Garantin für die benannten Mängel des ihr vor dessen Veröffentlichung vorgelegten Prospekts verantwortlich. Gegen die Prospektangaben zu der Absicht, einen branchenerfahrenen Fertigstellungsgaranten zu verpflichten, habe es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Prospekts aber keine Vorbehalte gegeben. Für danach liegende Zeitpunkte habe es für die D. AG weder Anlass noch Verpflichtung gegeben zu überprüfen, ob die ihr bekannt gewordenen Vertragspartner der Fondsgesellschaft entsprechend den Prospektangaben tatsächlich ausgewählt worden seien.

Die D. AG habe bei der Veröffentlichung des Prospekts nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne schuldhaft gehandelt. Sie habe erkennen können, dass der tatsächliche Zahlungsfluss nicht prospektiert gewesen sei. Werde durch einen unrichtigen oder unvollständigen Prospekt die Aufklärungspflicht verletzt, ergebe sich hieraus im Regelfall auch das Verschulden der handelnden Personen. Die Musterbeklagte zu 2 könne nicht darauf verweisen, dass der D. AG die für die Gesamtkonstruktion wesentlichen Verträge nicht bekannt gewesen seien. Soweit sich die D. AG, wie von der Musterbeklagten zu 2 behauptet, hinsichtlich etwaiger Prospektmängel auf die Prüfung durch P. und eine Rechtsanwaltsgesellschaft verlassen habe, müsse sie sich deren Ver-schulden in Bezug auf die zweifelsfrei erkennbaren Prospektfehler anrechnen lassen.

II.

Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten zu 2 hat in der Sache Erfolg.

1.

Nach § 27 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes in der seit dem 1. November 2012 geltenden Fassung (nachstehend: KapMuG nF, BGBl. I, 2812) ist auf das Verfahren das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz in seiner bis zum 1. November 2012 geltenden Fassung anzuwenden (nachste-hend: KapMuG), weil in diesem Verfahren vor dem 1. November 2012 mündlich verhandelt worden ist.

2.

Die Musterbeklagte zu 2 rügt allerdings zu Unrecht, die Feststellung ihrer Prospektverantwortlichkeit unter dem Gesichtspunkt einer Garantenstellung sei vom Feststellungsziel nicht umfasst, mit der Folge, dass das Oberlandesgericht eine entsprechende Feststellung nicht habe treffen dürfen. Es trifft zwar zu, dass die Prüfungsund Entscheidungsbefugnis des Oberlandesgerichts im Kapitalanleger-Musterverfahren durch das im Vorlagebeschluss bezeichnete Feststellungsziel begrenzt wird, § 9 Abs. 1 Satz 1 KapMuG, § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO, und die Auslegung zur Reichweite des Feststellungsziels der uneingeschränkten Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren unterliegt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 II ZB 24/14, ZIP 2018, 2307 Rn. 33 mwN). Das Oberlandesgericht hat im vorliegenden Fall seine Prüfungsund Entscheidungsbefugnis aber nicht überschritten, weil es zutreffend angenommen hat, dass auch die Prüfung der Prospektverantwortlichkeit der Musterbeklagten zu 2 als Rechtsnachfolgerin der D. AG unter dem Gesichtspunkt einer Garantenstellung vom Feststellungsziel erfasst ist.

a) Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 KapMuG ist das Feststellungsziel die Summe sämtlicher begehrter Feststellungen zu anspruchsbegründenden oder anspruchsausschließenden Voraussetzungen oder damit zusammenhängenden Rechtsfragen im Zusammenhang mit einer unrichtigen Kapitalmarktinformation (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1 Rn. 133). Der Vorlagebeschluss hat sowohl das Feststellungsziel zu enthalten als auch die geltend gemachten Streitpunkte, soweit diese entscheidungserheblich sind. Bei den letzteren handelt es sich um die zur Begründung des Feststellungsziels dienenden tatsächlichen und rechtlichen Umstände (§ 1 Abs. 2 Satz 2 KapMuG).

b) Nach dem Vorlagebeschluss des Landgerichts München vom 12. Dezember 2007 wird die Feststellung der Prospektverantwortlichkeit der D. AG „als Hintermann“ nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne angestrebt. Ob die Prüfung im Musterverfahren nach dem so formulierten Feststellungsziel allein auf die Klärung der Rechtsfrage beschränkt sein soll, ob die D. AG nach dem unterbreiteten Sachverhalt als sogenannter Hintermann anzusehen ist oder ob es allgemein um die Feststellung der Prospektverantwortlichkeit als anspruchsbegründende Voraussetzung geht, ist durch Auslegung zu ermitteln. Bereits der das Feststellungsziel begründende Streitpunkt 11 lässt erkennen, wie die Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten zu 2 selbst sieht, dass es maßgeblich um die Feststellung der anspruchsbegründenden Voraussetzung der Prospektverantwortlichkeit geht, die im Musterverfahren unabhängig von der im Vorlagebeschluss vorgenommenen rechtlichen Einordnung unter Berücksichtigung des maßgeblichen Streitstoffs vorgenommen werden soll. Dies legt die Bezeichnung des Streitpunkts „Die Beklagte D. AG ist Prospektverantwortliche“ und die weitere Begründung nahe, in der die rechtliche Einordnung der Kläger nicht mitgeteilt wird, sondern nur der Lebenssachverhalt, aus dem die Prospektver-antwortlichkeit abgeleitet wird. Diese Sicht entspricht auch dem wohlverstandenen Klärungsinteresse im Kapitalanleger-Musterverfahren, denn auch in den diesem zugrundeliegenden Verfahren sind die Gerichte nicht an die rechtliche Einordnung des Lebenssachverhalts durch den jeweiligen Kläger gebunden. Das Kapitalanleger-Musterverfahren eröffnet zwar ausdrücklich auch die Klä-rung einer Rechtsfrage, wie sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 KapMuG ergibt. Ein hierauf beschränktes Begehren wird regelmäßig aber nur dann anzunehmen sein, wenn der Erfolg oder Misserfolg des Klagebegehrens von der Beantwortung der Rechtsfrage abhängig ist. Gerade dies wäre aber vorliegend nicht der Fall, wenn die Prospektverantwortlichkeit der D. AG nur unter dem Ge-sichtspunkt geprüft würde, ob diese als sogenannter Hintermann anzusehen wäre. Die Erwiderung des Musterklägers weist zutreffend darauf hin, dass der Senat diese Auslegung des Feststellungsziels ohne weitere Begründung bereits seiner Entscheidung vom 29. Juli 2014 (II ZB 30/12, ZIP 2014, 2284 Rn. 116) zugrunde gelegt hat.

3.

Die Beurteilung des Oberlandesgerichts, die Musterbeklagte zu 2 sei für den Prospekt als Garantin nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne verantwortlich, hält dagegen einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

a) Eine Prospektverantwortlichkeit trifft auch diejenigen, die aufgrund ihrer besonderen beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder aufgrund ihrer Fachkunde eine Garantenstellung einnehmen, weil sie in die Gestaltung des Prospekts oder in das Vertriebssystem einbezogen sind und durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken einen Vertrauenstatbestand schaffen und Erklärungen abgeben (BGH, Urteil vom 22. Mai 1980 II ZR 209/79, BGHZ 77, 172, 176 f.; Urteil vom 21. November 1983 II ZR 27/83, ZIP 1984, 173, 174; Urteil vom 31. März 1992 XI ZR 70/91, ZIP 1992, 912, 917; Urteil vom 17. April 2008 III ZR 227/06, juris Rn. 15; Urteil vom 17. November 2011 III ZR 103/10, BGHZ 191, 310 Rn. 19; Beschluss vom 29. Juli 2014 II ZB 1/12, ZIP 2014, 2121 Rn. 83). Der Vertrauenstatbestand muss sich aus dem Prospekt ergeben, sofern nicht die Mitwirkung an der Prospektgestaltung auf andere Weise nach außen hervorgetreten ist (BGH, Urteil vom 17. November 2011 III ZR 103/10, BGHZ 191, 310 Rn. 19).

b) Das Oberlandesgericht hat die Voraussetzungen einer Garantenstellung rechtsfehlerhaft bejaht. Die Rechtsbeschwerde wendet sich mit Erfolg gegen die Würdigung des Oberlandesgerichts, der Prospekt erwecke im vorliegenden Fall den der Musterbeklagten zu 2 als Rechtsnachfolgerin der D. AG zurechenbaren Eindruck, sie habe das Anlageprojekt „auf Herz und Nieren“ geprüft und wolle für die Richtigkeit der Prospektangaben einstehen.

aa) Ob ein Dritter nach einem Fondsprospekt zugunsten der Anleger einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, ist durch objektive Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 46; Urteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 22). Bei der objektiven Auslegung ist der Prospekt „aus sich heraus“ auszulegen, wobei dem Wortlaut eine erhöhte Bedeutung zukommt (BGH, Urteil vom 28. November 1988 II ZR 96/88, BGHZ 106, 67, 71; Urteil vom 13. Oktober 2015 II ZR 23/14, BGHZ 207, 144 Rn. 24). Wie bei der Frage der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts kommt es nicht allein auf die wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern wesentlich auf das durch den Prospekt vermittelte Gesamtbild an (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 II ZR 175/81, ZIP 1982, 923, 924; Urteil vom 5. März 2013 II ZR 252/11, ZIP 2013, 773 Rn. 14; Urteil vom 3. November 2015 II ZR 270/14, WM 2016, 72 Rn. 13; Urteil vom 9. Mai 2017 II ZR 344/15, ZIP 2017, 1267 Rn. 17; Urteil vom 27. Februar 2018 II ZR 193/16, juris Rn. 11). Der maßgebliche Empfängerhorizont richtet sich nach den Kenntnissen und Erfahrungen eines durchschnittlichen Anlegers, der als Adressat des Prospekts in Betracht kommt und diesen sorgfältig und eingehend gelesen hat (BGH, Urteil vom 12. Juni 1982 II ZR 175/81, ZIP 1982, 923, 924; Urteil vom 14. Juni 2007 III ZR 300/05, WM 2007, 1507 Rn. 8; Urteil vom 14. Mai 2013 XI ZR 335/11, juris Rn. 27; Urteil vom 27. Februar 2018 II ZR 193/16, juris Rn. 11).

bb) Die Auslegung des Oberlandesgerichts unterliegt der uneingeschränkten Nachprüfung durch den Senat (BGH, Urteil vom 22. März 2007 III ZR 218/06, WM 2007, 873 Rn. 6; Urteil vom 19. Juli 2011 II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 46; Urteil vom 23. Oktober 2012 II ZR 294/11, ZIP 2013, 315 Rn. 11; Urteil vom 21. Juni 2016 II ZR 331/14, ZIP 2016, 1478 Rn. 15; Urteil vom 9. Mai 2017 II ZR 344/15, ZIP 2017, 1267 Rn. 19; Urteil vom 27. Februar 2018 II ZR 193/16, juris Rn. 11). Dies gilt auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 II ZB 1/12, ZIP 2014, 2121 Rn. 48; Beschluss vom 21. Oktober 2014 XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1 Rn. 75).

cc) Die danach vom Senat selbst vorzunehmende Auslegung des Fondsprospekts, der im Verfahren vorgelegt und vom Oberlandesgericht in Bezug genommen wurde, führt zu dem Ergebnis, dass sich aus diesem eine Garantenstellung der D. AG nicht ableiten lässt.

(1) Die Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten zu 2 weist allerdings zutreffend darauf hin, dass der Prospekt zwar die Beratungstätigkeit und kompetenz der D. AG im Bereich des Kapitalmarkt- und Wertpapiergeschäfts auf Seiten von Emittenten und Anlegern beschreibt und hervorhebt, aber nicht mitteilt, ob und gegebenenfalls welche Leistungen im Zusammenhang mit der Erstellung des Prospekts erbracht wurden. Entsprechend lässt sich aus dem Wortlaut des Prospekts nicht ableiten, dass die D. AG über ihre Rolle als schuldübernehmende Bank hinaus eigene Erklärungen abgegeben hat und aufgrund dieser Erklärungen der angesprochene Anlegerkreis darauf vertrauen durfte, die Bank habe das Fondskonzept insgesamt einer Prüfung unterzogen und wolle für die Richtigkeit der Aussagen des Prospekts einstehen. Dass die Darstellung im Prospekt für die Initiatoren des Fonds den Zweck gehabt haben mag, den „guten Namen“ eines Projektpartners als Mittel der Werbung zu verwenden und die Darstellung gegebenenfalls auch der Bank zur eigenen Präsentation gedient haben mag, begründet für sich genommen noch keine Vertrauenshaftung, weil sich hieraus ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keine Sachaussage zum Fondsprojekt als solchen ergibt (Rümker, ZHR 151 [1987], 162, 174; aA Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Aufl. Rn. 2295). Einer hierauf gerichteten Erklärung oder auf andere Weise nach außen in Erscheinung getretenen Mitwirkung an der Prospektgestaltung bedarf es aber, an die für die Haftung wegen typisierten Vertrauens angeknüpft werden kann (BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 III ZR 125/06, ZIP 2007, 1993 Rn. 26; Beschluss vom 29. Juli 2014 II ZB 1/12, ZIP 2014, 2121 Rn. 85). 

(2) Entgegen der Sicht des Oberlandesgerichts kann ein Vertrauenstatbestand auch nicht daraus abgeleitet werden, dass die Beschreibung über die Darstellung der Bank als Schuldübernehmerin deutlich hinausgeht und diese Beschreibung auch für die Beurteilung der Bonität der Bank als Schuldübernehmerin nicht geboten war. Dieser Befund trifft der Sache nach zwar zu, rechtfertigt aber nicht den Schluss auf eine Garantenstellung der D. AG, weil sich aus dem Gesamtbild des Prospekts für den durchschnittlichen Anleger nicht ergibt, dass die D. AG auf Grund eigener Erklärungen für die Richtigkeit der Prospektangaben gegenüber den Anlegern ganz oder teilweise einstehen will.

(a) Die Angaben im Abschnitt „Das Fondskonzept“ waren für den durch-schnittlichen Anleger nicht bloß als Beschreibung der Funktion der D. AG als Vertragspartnerin des Schuldübernahmevertrags anzusehen. Im Vergleich zu den weiteren Ausführungen in diesem Abschnitt wird die Geschäftstätigkeit der D. AG umfangreich beschrieben, obwohl inhaltlich kein Bezug zum Fondskonzept hergestellt wird. Auch die Bezeichnung des Unterabschnitts „Die schuldübernehmende Bank“ legt dem Leser des Prospekts nahe, dass es nicht nur um die Darstellung der Funktion der Schuldübernahme ging, die bereits im vorhergehenden Unterabschnitt des Prospekts beschrieben wurde, sondern um die Hervorhebung eines besonderen Projektpartners innerhalb der Konzeption. Der Prospektgestaltung im Übrigen folgend hätte es bei einer Rolle der Bank als bloße Projektpartnerin nahegelegen, im Zusammenhang mit dem Fondskonzept die Funktion der Schuldübernahme zu erläutern, auf die Bonität der schuldübernehmenden Bank hinzuweisen und nähere Ausführungen zum Tätigkeitsfeld der Bank und ihren Geschäftszahlen im Abschnitt „Partnernetzwerk“ unterzubringen. Durch die tatsächlich gewählte Gestaltung entsteht der Eindruck, bei der D. AG handele es sich nicht lediglich um einen Projektpartner, sondern die Bank bilde einen wesentlichen Bestandteil der Konzeption selbst.

(b) Das Oberlandesgericht hat auch zutreffend erkannt, dass der mehrmalige Hinweis auf die besondere Beratungskompetenz auch im Bereich des Kapitalmarkt- und Wertpapiergeschäfts nicht geboten war, um die Funktion der D. AG innerhalb des Fondskonzepts zu erläutern und die Beschreibung auch nicht der Darstellung der Bonität der Bank diente. Hierin liegt aber keine konkrete, auf die Fondsgesellschaft oder ihr Geschäftsmodell bezogene Sachaussage, die geeignet wäre, bei einem durchschnittlichen Anleger ein Vertrauen hinsichtlich der Werthaltigkeit seiner Anlage zu erzeugen.

(c) Die Hervorhebung der Stellung der D. AG innerhalb des Fondskonzepts einschließlich ihrer Funktion als Schuldübernehmerin, die nach den Angaben des Prospekts der Sicherung des von den Anlegern eingesetzten Kapitals dienen sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 II ZB 30/12, ZIP 2014, 2284 Rn. 91), mag einen verständigen Anleger zu der Schlussfolgerung veranlasst haben, dass die D. AG das Konzept und die ihm zugrundeliegenden Vertragsverhältnisse einer eingehenden Prüfung unterzogen hat, bevor sie ihre Bereitschaft zur Übernahme der Schlusszahlungsverpflichtung der jeweiligen Lizenznehmer erklärt hat. Für den verständigen Anleger lag es aber ebenfalls auf der Hand, dass eine solche Prüfung angesichts dieser Funktion maßgeblich dem Schutz eigener Interessen der Bank dienen musste. Vor dem Hintergrund dieses offensichtlichen Eigeninteresses vermag der Senat aus den pauschalen Hinweisen auf die Beratungskompetenz keine Erklärung mit dem Inhalt abzuleiten, dass die Bank zugunsten der Anleger die Gewähr für die Richtigkeit der Prospektangaben hat übernehmen wollen. Mit der besonderen Hervorhebung der Rolle der D. AG innerhalb der Konzeption und deren werbemäßiger Darstellung wird zwar die Sicherheit der Vermögensanlage unterstrichen, aber nicht dadurch, dass diese gegenüber den Anlegern Vertrauen bildende Erklärungen abgibt. Der maßgebliche, Vertrauen erzeugende Umstand liegt in der Konzeption selbst und der Auswahl des Projektpartners begründet, nicht in einer Vertrauen begründenden Erklärung zugunsten der Anleger.

(3) Hinzu kommt, dass an anderer Stelle die Einschätzung eines sachverständigen Dritten zu den Verträgen über die Erlösverteilung ausdrücklich bezeichnet und durch Einrahmung optisch hervorgehoben wurde. In diesem Abschnitt wird genau beschrieben, was im Einzelnen Gegenstand der sachverständigen Prüfung durch den Dritten war, und das Ergebnis dieser Prüfung mitgeteilt. Dies unterstreicht für den Leser des Prospekts, dass die D. AG, die vergleichbare Erklärungen nicht abgegeben hat, etwaige Prüfungen im eigenen Interesse und nicht im Interesse Dritter vorgenommen hat.

4.

Das Oberlandesgericht hat die Prospektverantwortlichkeit der Musterbeklagten zu 2 als sogenannter Hintermann nicht festgestellt. Die Beurteilung des Oberlandesgerichts, die D. AG habe eine Schlüsselposition innerhalb des Gesamtprojekts eingenommen, rechtfertigt angesichts der tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Musterentscheids nicht die Schlussfolgerung auf eine Prospektverantwortlichkeit der Musterbeklagten zu 2.

a) Entgegen der Sicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung des Musterklägers hat das Oberlandesgericht nicht angenommen, dass die Musterbeklagte zu 2 als sogennanter Hintermann prospektverantwortlich war. Dies erschließt sich schon aus der Entscheidungsformel des angefochtenen Musterentscheids, die unter A. III. deutlich macht, dass die Musterbeklagte zu 2 als Rechtsnachfolgerin der D. AG als „Garantin“ verantwortlich sei. Die Gründe des angefochtenen Musterentscheids enthalten zwar die Beurteilung, dass die D. AG eine Schlüsselposition innerhalb des Gesamtprojekts eingenommen habe. Es wird aus der weiteren Begründung jedoch nicht deutlich, dass das Oberlandesgericht hieraus auf die Prospektverantwortlichkeit der Musterbeklagten zu 2 als sog. Hintermann schließt.

b) Die Feststellungen des Oberlandesgerichts tragen eine entsprechende rechtliche Beurteilung auch nicht. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 29. Juli 2014 näher dargelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Haftung als sog. Hintermann in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 II ZB 30/12, ZIP 2014, 2284 Rn. 110) und ausgesprochen, dass die Beteiligung der Bank an der Gestaltung der Schuldübernahmeverträge einschließlich der zugrundeliegenden Zahlungsströme keine ausreichende Grundlage für die Annahme einer Schlüsselposition bei der Konzeptionierung des Fonds darstellt (BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 II ZB 30/12, ZIP 2014, 2284 Rn. 113). Entsprechend lässt sich mit dem pauschalen Hinweis auf eine Schlüsselfunktion bei der Gestaltung des Gesamtprojekts und die Feststellungen, die Weiterleitung der Anlegergelder an die D. AG sei alternativlos gewesen, die Prospektverantwortlichkeit nicht ableiten. Auch die durch eine ergänzende Würdigung der Aussage des Zeugen W. festgestellten weiteren Umstände rechtfertigen nicht die Annahme der Prospektverantwortlichkeit. Aus ihnen ergibt sich lediglich, dass die D. AG die Schuldübernahme von der Verwendung eines einheitlichen, von ihr vorgegebenen Vertragswerks abhängig gemacht hat, ihr die jeweiligen Lizenznehmer „genehm sein mussten“ und sie auf deren Auswahl Einfluss genommen hat. Ein maßgeblicher Einfluss auf das Gesamtprojekt lässt sich hieraus nicht ableiten, weil die Bank mit diesen Maßnahmen lediglich typische Interessen eines Schuldübernehmers verfolgt hat.

5.

Im Hinblick darauf, dass die Feststellung zur Prospektverantwortlichkeit der Musterbeklagten zu 2 keinen Bestand hat, kann auch die daran anknüpfende Feststellung zum Verschulden der Musterbeklagten zu 2 nicht aufrechterhalten werden.

III.

Die Rechtsbeschwerde des Musterklägers hat ebenfalls Erfolg. Das Oberlandesgericht hat wie vorstehend unter II. 4. näher ausgeführt nicht abschließend erwogen, ob eine Prospektverantwortlichkeit der Musterbeklagten zu 2 als sogenannter Hintermann in Betracht kommt. Wäre dies der Fall, weil die D. AG innerhalb des Fondsprojekts insgesamt eine Schlüsselposition eingenommen hat, könnte im Hinblick auf eine dann anzunehmende Gesamtverantwortung der Musterbeklagten zu 2 auch eine Verpflichtung über die nachträgliche Unterrichtung der Anleger über den Einsatz der R. als Completion-Bond-Geberin in Betracht kommen.

IV.

Der Musterentscheid des Oberlandesgerichts war auf die Rechtsbe-schwerden der Musterbeklagten zu 2 und des Musterklägers gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 KapMuG, § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO im Kostenpunkt und hinsichtlich der unter A. III. und IV. bzw. B. I. 5. und 6. getroffenen Feststellungen aufzuheben. Insoweit ist das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, weil die Entscheidung nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 KapMuG, § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Für das erneut durchzuführende Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: 

1.

Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 29. Juli 2014 deutlich gemacht, welche Umstände im vorliegenden Fall gegebenenfalls die Annahme einer Prospektverantwortlichkeit der Musterbeklagten zu 2 als sogenannter Hintermann rechtfertigen könnten (BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 II ZB 30/12, ZIP 2014, 2284 Rn. 113 und 115). Das Oberlandesgericht wird sich mit dem hierzu unterbreiteten Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen auseinandersetzen müssen.

2.

Sollte das Oberlandesgericht zu der Überzeugung gelangen, dass von einer Prospektverantwortlichkeit der Musterbeklagten zu 2 auszugehen ist, ist das bisherige Vorbringen der Musterbeklagten zu 2 nicht geeignet, ein Ver-schulden in Frage zu stellen.

a) Enthält ein Prospekt unrichtige Angaben und wird dieser bei der Anwerbung von Anlegern in Kenntnis der wahren Verhältnisse verwendet, dann ergibt sich hieraus im Regelfall nicht nur die Verletzung der AufklärungspflichtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Aufklärungspflicht
Verletzung der Aufklärungspflicht
, sondern auch das Verschulden der handelnden Personen. Die nähere Prüfung des Verschuldens wird aber dann unerlässlich, wenn besondere Umstände vorgetragen sind, die die unterlassene Aufklärung als nicht schuldhaft erscheinen lassen können. Solche das Verschulden ausnahmsweise ausschließenden Umstände können auch darin liegen, dass die für die Anlagegesellschaft handelnden Personen irrig davon ausgehen, es bedürfe keines klarstellenden Hinwei-ses an den Anleger. Entschuldigend kann ein solcher Rechtsirrtum allerdings nur dann wirken, wenn die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten strengen Voraussetzungen erfüllt sind, der Schuldner sich also um die Klärung der zweifelhaften Frage sorgfältig bemüht und er das Risiko, dass seine eigene Beurteilung unzutreffend ist, nicht dem Gläubiger zuschiebt (BGH, Urteil vom 28. September 1992 II ZR 224/91, ZIP 1992, 1561 f.). Bei der danach vorzunehmenden Prüfung hat der Schuldner die höchstrichterliche Rechtsprechung zu beachten und, soweit erforderlich, Rechtsrat einzuholen (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 XI ZR 308/09, ZIP 2010, 1335 Rn. 3; Beschluss vom 15. Januar 2013 II ZR 44/12, juris Rn. 12). Dem hinzugezogenen Berater ist dabei der relevante Sachverhalt umfassend mitzuteilen und die von ihm erteilte Auskunft einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen (BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 XI ZR 335/11, juris Rn. 46; Beschluss vom 29. Juli 2014 II ZB 1/12, ZIP 2014, 2121 Rn. 77; vgl. auch BGH, Urteil vom 14. Mai 2007 II ZR 48/06, ZIP 2007, 1265 Rn. 16, 18; Urteil vom 20. September 2011 II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097 Rn. 18). Die unrichtige Rechtsauskunft eines Rechtsanwalts und das unrichtige Gutachten eines Sachverständigen sind zudem keine Entschuldigungsgründe, wenn der Schuldner sich deren Verschulden gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss (BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 37).

b) Schon dass die Musterbeklagte zu 2 das Ergebnis einer diesen Anfor-derungen entsprechenden Prüfung einer Plausibilitätskontrolle unterzogen hät-te, ist von der Musterbeklagten zu 2 nicht dargelegt. Sie beschränkt sich auf den Hinweis, dass Fondsstruktur und Prospekt „offenbar“ steuerrechtlich geprüft geworden seien und die Musterbeklagte zu 2 das Risiko, dass Zweifel an der steuerlichen Anerkennung im Jahre 2002 bestanden haben könnten, nicht habe erkennen können. Hieraus lässt sich ein ausnahmsweise entschuldigter Rechtsirrtum schon deswegen nicht ableiten, weil schon nicht ersichtlich ist, dass eine rechtliche Bewertung der die festgestellten Prospektfehler betreffenden Passagen des Prospekts unter Darstellung des maßgeblichen Sachverhalts überhaupt stattgefunden hat.

Schlagworte: Garantenstellung, Prospekthaftung im engeren Sinn, Prospekthaftung im engeren und weiteren Sinn

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OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.11.2018 – I-6 AktG 1/18

Donnerstag, 22. November 2018

Kapitalerhöhung VerwässerungsschutzBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Verwässerungsschutz

§ 246a Abs 1 S 2 AktG, § 247 Abs 1 S 2 AktG, § 66 Abs 3 S 3 GKG

1. Im Freigabeverfahren wird die Gesellschaft allein vom Vorstand vertreten. Eine Vertretung durch Vorstand und Aufsichtsrat ist nicht schädlich, da hierin jedenfalls eine Vertretung (auch) durch den Vorstand liegt.

2. Eine mittelbare Bezugsrechtsemission liegt nur dann vor, wenn die Gesellschaft die Emission nicht selbst vornimmt, sondern ein Emissionsunternehmen einschaltet, das die Aktien übernimmt und den Aktionären entsprechend deren bisheriger Beteiligungsquote zum Bezug anbietet.

3. Eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsansprüchen der Aktionäre bedarf grundsätzlich keiner sachlichen Rechtfertigung. Ein Treueverstoß kann aber dann vorliegen, wenn die Aktiengesellschaft einen Kapitalbedarf lediglich vorgespiegelt hat, d.h. das eingenommene Geld nicht für die genannten Investitionen verwendet werden soll, sondern die Kapitalerhöhung missbräuchlich lediglich darauf abzielt, den Anteil der übrigen Aktionäre zu verwässern.

4. Die Einschränkung des Rede- und Fragerechts in einer Hauptversammlung dient dem Zweck sicherzustellen, dass die Versammlung in einem zeitlich angemessenen Rahmen abgewickelt werden kann. Ob eine unangekündigte Schließung der Rednerliste die anschließend gefassten Beschlüsse anfechtbar macht, richtet sich danach, ob die unangekündigte Schließung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls verhältnismäßig ist. (Rn.128) Da bei der Einberufung der HauptversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einberufung
Einberufung der Hauptversammlung
Hauptversammlung
auf einen Tag die absolute Höchstgrenze die Mitternachtsstunde dieses Tages ist, und bei Überschreiten die nicht mehr an diesem Tag zustande gekommenen Beschlüsse nichtig sind, darf der Versammlungsleiter durch versammlungsleitende Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass es zu keiner Zeitüberschreitung kommt. Die Begrenzung der Redezeit auf fünf Minuten pro Wortmeldung um 19 Uhr ist insbesondere dann nicht zu beanstanden, wenn die Debatte zu diesem Zeitpunkt bereits über 6 Stunden gedauert hat, ohne dass ein Ende abzusehen ist.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Erhebung der beim Landgericht Düsseldorf – Kammer für Handelssachen – unter dem Az. 39 O 50/18 anhängigen Klage der Antragsgegnerin gegen den zu Tagesordnungspunkt 9 der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 19.07.2018 gefassten Beschluss, das Grundkapital der Gesellschaft von zur Zeit 51.480.000,00 €, eingeteilt in 19.800.000 Stück auf den Inhaber lautende Stückaktien, um bis zu 77.220.000,00 € durch Ausgabe von bis zu 29.700.000 Stück neuen, auf den Inhaber lautende Stückaktien gegen Bareinlagen auf bis zu 128.700.000,00 €, eingeteilt in 49.500.000 Stück auf den Inhaber lautende Stückaktien zu erhöhen, der Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses in das Handelsregister bei dem Amtsgericht Duisburg nicht entgegensteht und die von der Antragsgegnerin behaupteten Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen.

2. Die Kosten des Freigabeverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Stadt 1. Der Unternehmensgegenstand umfasst insbesondere den Betrieb von Hotels und anderen gastronomischen Betrieben im In- und Ausland und zwar insbesondere durch die Errichtung von Unternehmen oder der Beteiligung an anderen Unternehmen im In- und Ausland. In Ausführung dieses Unternehmensgegenstands fungiert die Antragstellerin als Holding und Obergesellschaft einer ganzen Reihe von Tochtergesellschaften, in denen die verschiedenen touristischen Objekte geführt werden. Die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin besteht in der Bewirtschaftung und Vermarktung von Ferienhotels und Ferienklubs.Randnummer2

Das Grundkapital der Antragstellerin beträgt gegenwärtig 51.480.000,00 € und ist eingeteilt in 19.800.000 Stück auf den Inhaber lautende Stückaktien. Mehrheitsaktionärin der Antragstellerin ist die A mit 52,16 %. Die Antragsgegnerin ist seit Ende 2014 mit 33,80 % an der Antragstellerin beteiligt.Randnummer3

Die Antragstellerin begehrt Freigabe zu der Beschlussfassung zum Tagesordnungspunkt 9 ihrer ordentlichen Hauptversammlung vom 19.07.2018 über eine Kapitalerhöhung, mit dem Ziel, einen Geldzufluss von 200 Mio. € zu generieren. Dieser Kapitalzufluss soll nach Aussage des Vorstands der Antragstellerin einer strategischen Neuausrichtung der Antragstellerin und dem Ausbau ihres Hotelportfolios dienen. Die angedachten Maßnahmen sind in einem Investitionsplan skizziert, der seit Veröffentlichung der Tagesordnung der Hauptversammlung auf der Webseite der Antragstellerin verfügbar war und in der Hauptversammlung in Kopie auslag.Randnummer4

Der in der Hauptversammlung zur Abstimmung gestellte Beschluss zu TOP 9 lautet wie folgt:Randnummer5

„a) Das Grundkapital der Gesellschaft von derzeit 51.480.000,00 €, eingeteilt in 19.800.000 Stück auf den Inhaber lautende Stückaktien, wird um bis zu 77.220.000,00 € durch Ausgabe von bis zu 29.700.000 Stück neuen, auf den Inhaber lautende Stückaktien gegen Bareinlagen auf bis zu 128.700.000,00 €, eingeteilt in 49.500.000 Stück auf den Inhaber lautende Stückaktien, erhöht. Die neuen Aktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von 2,60 € sind ab dem 01. Januar 2018 gewinnberechtigt („Neue Aktien“). Die Neuen Aktien werden zu dem Mindestausgabebetrag gemäß § 9 Abs. 1 AktG i.H.v. 2,60 € je Neuer Aktie ausgegeben. Das Bezugsverhältnis beträgt 2:3, d.h. zwei alte Stückaktien berechtigen zum Bezug von drei neuen Stückaktien. Hierzu werden die Neuen Aktien den Aktionären im Bezugsverhältnis 2:3 zum vom Vorstand festzulegenden und bekanntzumachenden Bezugspreis innerhalb der Bezugsfrist zum Bezug angeboten (mittelbares Bezugsrecht) und im Anschluss im Umfang der ausgeübten Bezugsrechte von einem Kreditinstitut oder einem nach § 53 Abs. 1 oder § 53 b Abs. 1 S. 1 oder Abs. 7 des Gesetzes über das Kreditwesen tätigen Unternehmen zum Ausgabebetrag von 2,60 € gezeichnet. Ein etwaiger Mehrerlös – unter Abzug einer angemessenen Provision, der Kosten und Auslagen – ist an die Gesellschaft abzuführen. Die Bezugsfrist beträgt mindestens zwei Wochen ab Bekanntmachung des Bezugsangebots und muss spätestens mit Ablauf des 18.01.2019 enden. Die Bezugsrechte auf die Neuen Aktien sind übertragbar, ein börsenmäßiger Bezugsrechtshandel wird nicht organisiert.Randnummer6

b) Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die weiteren Einzelheiten der Kapitalerhöhung und ihrer Durchführung, insbesondere den Bezugspreis nach pflichtgemäßen Ermessen unter Berücksichtigung einer bestmöglichen Platzierung, mindestens aber in Höhe des Mindestausgabe Betrages von 2,60 € festzusetzen.Randnummer7

c) Jeder bezugsberechtigte Aktionär kann innerhalb der Bezugsfrist über den auf seinen Bestand an alten Aktien nach Maßgabe des Bezugsverhältnisses entfallenden Bezug hinaus ein verbindliches Angebot zum Erwerb weiterer Aktien aus der Barkapitalerhöhung zum Bezugspreis abgeben („Überbezug“). Die maximale Gesamtzahl der von einem Aktionär durch einen Überbezug jeweils erwerbbaren Neuen Aktien errechnet sich aus den 29.700.000 Neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung abzüglich der auf den Bestand dieses Aktionärs entfallende Bezugsaktien, die er aufgrund seines gesetzlichen Bezugsrechts beziehen darf. Wenn Überbezugsmeldungen für mehr als die Anzahl der nicht bezogenen neuen Aktien abgegeben werden, werden die Überbezugsmeldungen nicht oder nur teilweise angenommen. In diesem Fall wird der Überbezug quotal zugeteilt, d.h. in dem Verhältnis, in dem die gesetzlichen Bezugsrechte ausgeübt wurden. Soweit die Ausübung von gesetzlichen Bezugsrechten oder über Bezugsmeldungen dazu führen würde, dass rechnerisch Ansprüche der Aktionäre auf Bruchteile von neuen Aktien entstehen, haben die Aktionäre hinsichtlich der entstehenden Aktienspitzen keinen Anspruch Zuteilung und Lieferung Neuer Aktien.Randnummer8

d) Dieser Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals wird hinfällig, wenn und soweit die neuen Aktien nicht bis zum Ablauf des 18. Januar 2019 gezeichnet worden sind.Randnummer9

e) Der Aufsichtsrat wird ermächtigt, die Fassung von § 4 Abs. 1 der Satzung (Grundkapital) der Gesellschaft entsprechend des Umfangs der Durchführung der Kapitalerhöhung anzupassen.“Randnummer10

Am 04.06.2018 wurde die Einladung zur Hauptversammlung im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Die Hauptversammlung fand am 19.07.2018 in der Zeit von 9:00 Uhr bis 21:55 Uhr statt (Protokoll der Hauptversammlung, Anlage ASt 1). Der Vorstand informierte über das abgelaufene Geschäftsjahr, wobei das Vorstandsmitglied Frau Z1 in ihrer Rede auch auf die geplante Kapitalerhöhung einging und den Investitionsplan erläuterte. Die Generaldebatte begann um 10:45 Uhr. Der Versammlungsleiter Herr Z2 teilte der Hauptversammlung um ca. 19:00 Uhr mit, dass die Redezeit angesichts der fortgeschrittenen Zeit und der Vielzahl von bereits erteilten Antworten auf 5 Minuten begrenzt werde. Um 20:00 Uhr teilte er mit, dass noch 4 Wortmeldungen vorlägen und schloss die Rednerliste, dies erneut um 20:10 Uhr. Der Vorsitzende erklärte die Aussprache, da die Rednerliste geschlossen war, um 21:15 Uhr für beendet. Ausweislich des Protokolls hat die Hauptversammlung den Beschluss zu TOP 9 mit der erforderlichen Mehrheit angenommen. Die Abstimmung ergab bei 17.835.176 Aktien 10.267.680 Ja-Stimmen (57,7 % des stimmberechtigten Kapitals), dagegen 7.567.496 Nein-Stimmen (42,43 % des stimmberechtigten Kapitals).Randnummer11

Die Antragsgegnerin hat gegen den unter TOP 9 gefassten Beschluss eine Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage beim Landgericht Düsseldorf, 9. Kammer für Handelssachen, 39 O 50/18, eingegangen am 19.07.2018, erhoben. Sie hat diese im Wesentlichen wie folgt begründet:Randnummer12

(1) Die Antragstellerin habe zahlreiche berechtigte Auskunftsverlangen nach § 131 Abs. 1 AktG pflichtwidrig nicht erfüllt. Die aufgelisteten Fragen zu 1) bis 9) seien nicht beantwortet worden.Randnummer13

(2) Zudem sei die Beschlussfassung wegen eines Treuepflichtverstoßes anfechtbar. Eine nachvollziehbare Rechtfertigung für die Kapitalerhöhung sei nicht aufgezeigt worden. Der Investitionsplan sei in der Hauptversammlung nur in allergrößter Allgemeinheit vorgestellt worden. Die Kapitalerhöhung diene nur den Interessen des Großaktionärs, der damit die Höhe seiner Beteiligung zu Lasten der außenstehenden Aktionäre auszubauen versuche und diesen das Geld aus der Tasche ziehen wolle. Obwohl ein Liquiditätsüberschuss von 73,25 Mio. € vorhanden sei, sollten 200 Mio. € eingenommen werden. Es sei nicht erkennbar, wofür dieses Eigenkapital konkret verwendet werden solle. Zudem habe die Antragstellerin ihren gesamten und auch künftigen Hotelbetrieb in eine von der Mehrheitsgesellschafterin, der A, beherrschte Gesellschaft, die B einbringen müssen, an der die A eine Beteiligung von 76 % halte, die Antragstellerin aber nur zu 24 % beteiligt sei. An dieser Beteiligung sollten künftige Veränderungen der eingebrachten Hotelbetriebe nichts ändern. Dies sei eine Steilvorlage für die A, die Antragstellerin zum Ausbau der Hotelbetriebe zu veranlassen und davon einseitig durch ihre überproportionale Beteiligung an der B zu profitieren.Randnummer14

(3) Des Weiteren werde ein faktischer Zwang zur Teilnahme an der Kapitalerhöhung dadurch ausgelöst, dass der innere Wert der Aktien mehr als doppelt so hoch liege wie der Börsenkurs, als er noch bei 10,- € gelegen habe, der Ausgabepreis aber auf 2,60 € festgelegt und der Emissionskurs mit 6,70 € angegeben worden sei.Randnummer15

Mit einem per Fax am 20.08.2018 (Montag) beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Antragsgegnerin ihre Klage dahingehend erweitert, im Wege der positiven Beschlussfeststellung zu TOP 9 festzustellen, dass statt des vom Versammlungsleiters verkündeten Beschlusses die Hauptversammlung den Beschluss abgelehnt habe. Die Klage hat sie weiterhin wie folgt begründet:Randnummer16

(4) Der Beschluss verstoße gegen § 186 Abs. 1, 3, 4 und 5 AktG, weil dieser das Bezugsrecht der Aktionäre nach § 186 Abs. 1 AktG ausschließe. Die Voraussetzungen des § 186 Abs. 5 AktG, wonach die Zuteilung der Aktien an ein Kreditinstitut keinen Bezugsrechtsausschluss darstellten, seien nicht erfüllt, weil der Beschluss nicht vorsehe, dass die Aktien von dem Kreditinstitut mit der Verpflichtung übernommen werden sollten, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten.Randnummer17

(5) Im Übrigen sei der Beschluss nach § 255 Abs. 2 AktG anfechtbar, weil der sich aus dem Erhöhungsbeschluss ergebende Ausgabebetrag unangemessen niedrig sei.Randnummer18

(6) Zudem sei die Auskunftspflicht nach § 131 AktG auch dadurch verletzt worden, dass der Versammlungsleiter um 20:00 Uhr ohne jede Ankündigung die Rednerliste geschlossen habe. Im Übrigen seien auch 34 weitere von ihren Stimmrechtsvertretern bzw. der Aktionärin Frau Z3 gestellt Fragen nicht beantwortet worden.Randnummer19

(7) Schließlich habe der Vorstand eingeräumt, dass der Investitionsplan keine Verbindlichkeit habe. Der vorgespiegelte Kapitalbedarf sei zudem deswegen ein Anfechtungsgrund, weil erklärtermaßen Vorstand und Aufsichtsrat den Investitionsplan zusammen aufgestellt hätten, was krass rechtswidrig sei, weil die Aufstellung von Investitionsplänen in die ureigene Kompetenz des Vorstands falle.Randnummer20

Die Antragstellerin ist der Auffassung, der von ihr geltend gemachte Freigabeantrag sei begründet, weil die Anfechtungsklage nach § 246a Abs. 2 AktG offensichtlich unbegründet sei.Randnummer21

Die Antragstellerin meint, die Antragsgegnerin sei mit der Geltendmachung sämtlicher Aktionärsrechte nach § 44 WpHG ausgeschlossen, weil die Mitteilungspflichten nach § 34 WpHG nicht erfüllt worden seien. Die von der Antragsgegnerin gehaltene Beteiligung von zunächst 29,09 % habe bis zum Jahr 2014 erst mittelbar über zwei von ihm beherrschte Gesellschaften und anschließend unmittelbar dem internationalen Investor Z4 gehört. Dieser habe am 12.05.2014 im Rahmen einer Directors‘-Dealings-Mitteilung nach § 15 a WpHG vermelden lassen, dass er seine Beteiligung zum Kaufpreis i.H.v. 0,- Euro am 06.05.2014 veräußert habe. Am selben Tag habe eine H-ische Gesellschaft, die C, die Stimmrechtsanteile an ihr, der Antragstellerin, erworben. Von dieser seien die Stimmrechtsanteile auf die personell mit ihr verflochtene Antragsgegnerin übergegangen, deren Geschäftsführer mit dem 2013 bestimmten vertretungsberechtigten Director der C identisch sei. Nach der im Jahr 2014 durchgeführten Kapitalerhöhung habe nunmehr auch Herr Z5, ein Notar aus der L-Republik, mitgeteilt, dass er mittelbar über die Antragsgegnerin weitere Stimmrechtsanteile von insgesamt 33,80 % an ihrem, der Antragstellerin, Kapital halte. Da es jeder Lebenserfahrung widerspreche, dass ein Aktienpaket mit einem seinerzeitigen Marktwert in Höhe eines zweistelligen Millionen Euro Betrages ohne jede Gegenleistung an einen fremden Dritten übertragen werde, sei aufgrund der Entwicklung des Aktienpakets zu vermuten, dass Herr Z5 lediglich als Treuhänder fungiere. Der Antragsgegnerin obliege insoweit eine sekundäre Darlegungslast für die offen gebliebenen Tatsachen, die in ihrem Wahrnehmungsbereich lägen, der sie aber nicht nachgekommen sei. Deswegen seien sämtliche von der Antragsgegnerin gehaltenen Aktien weiterhin gemäß § 34 WpHG Herrn Z4 zuzurechnen.Randnummer22

Selbst wenn man die Indizienkette zur wirtschaftlichen Eigentümerschaft von Herrn Z4 an dem Aktienpaket der Antragsgegnerin nicht für ausreichend hielte, ergebe sich ein Rechtsverlust nach § 44 WpHG aus der Art und Weise, wie die Rechte während der streitgegenständlichen Hauptversammlung ausgeübt worden seien. Nach § 34 Abs.1 S. 1 Nr. 6 1. Alt. WpHG seien Aktien, die dem Meldepflichtigen anvertraut seien, diesem in gleicher Weise wie eigene AktienBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zuzurechnen. Dies gelte nach § 34 Abs.1 S. 1 Nr. 6 2. Alt. WpHG auch für Stimmen aus Aktien, aus denen er die Stimmrechte als Bevollmächtigter ausüben könne, sofern er die Stimmrechte aus diesen Aktien nach eigenem Ermessen ausüben könne, wenn keine besondere Weisung des Aktionärs vorliege. Angesichts des relativ flexiblen und interaktiven Agierens der Rechtsanwälte Z6 und Z7 auf der streitgegenständlichen Hauptversammlung sowie ihres eigenen Wortbeitrags, dass sie gegen die Kapitalerhöhung stimmen würden, sofern sie nicht im Verlauf der Versammlung überzeugt werden würden, sei offenkundig, dass ihnen jedenfalls ein gewisses eigenes Ermessen bei der Ausübung der Stimmrechte aus den Aktien der Antragsgegnerin zugestanden habe. Es könne ausgeschlossen werden, dass sie für jede ihrer Ausübung von Rechten auf der streitgegenständlichen Hauptversammlung dezidierte Weisungen gehabt hätten. Den Zurechnungstatbestand müsse die Antragsgegnerin widerlegen.Randnummer23

Die Antragstellerin ist der Ansicht, Auskunftsmängel habe es nicht gegeben.Randnummer24

Die Schließung der Rednerliste sei unter Berücksichtigung des bisherigen Verlaufs der Hauptversammlung erfolgt und als Maßnahme der Versammlungsleitung nicht zu beanstanden. Die Rede- und Fragezeit sei erst nach 8 1/2 Stunden Generaldebatte auf 5 Minuten pro Wortmeldung begrenzt worden, wobei der Versammlungsleiter darauf hingewiesen habe, dass er alle Maßnahmen ergreifen werde, um die Hauptversammlung am gleichen Tag zu beenden. Die Erteilung dieses Hinweises werde durch die eidesstattliche VersicherungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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der Frau Z12 glaubhaft gemacht. Dies sei unter dem Eindruck erfolgt, dass Frau Z3 und die Vertreter der Antragsgegnerin im Rahmen der Hauptversammlung 2015 versucht hätten, diese über die Mitternachtsstunde zu ziehen, um einen Nichtigkeitsgrund zu provozieren. Auch wenn die Hauptversammlung 2015 auf zwei Tage anberaumt gewesen sei, wären die am ersten Tag gefassten Beschlüsse nichtig gewesen, wenn sie nicht noch am gleichen Tag festgestellt worden wären.Randnummer25

Zum Zeitpunkt der Redezeitbeschränkung auf der hier in Rede stehenden Hauptversammlung hätten die Vertreter der Antragsgegnerin sieben Mal das Wort für eine Gesamtdauer von fast 55 Minuten gehabt, Frau Z3 dreimal für eine Gesamtdauer von 1 Stunde und 8 Minuten. Nach Schließung der Rednerliste sei ein Schluss der Debatte nicht mehr erforderlich gewesen. Die Schließung der Rednerliste komme zur Einhaltung des zulässigen Zeitraums, der bei Hauptversammlungen mit Strukturmaßnahmen zehn Stunden nicht überschreiben sollte, in Betracht, insbesondere dann, wenn die fünfminütige Redezeitbeschränkung angesichts immer neuer Wortmeldungen eine Beschlussfassung vor Ablauf des Versammlungstags gefährde. Nach richtiger Auffassung sei eine Ankündigung der Schließung der Rednerliste nicht erforderlich. Daran sei festzuhalten, wenn, wie hier, alle Tagesordnungspunkte erschöpfend behandelt worden und keine Redebeiträge zu neuen Gesichtspunkten mehr zu erwarten gewesen seien.Randnummer26

Ein Auskunftsrecht bestehe nur, soweit es zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich sei. Im Falle der Beschlussfassung über eine Kapitalerhöhung könnten insbesondere auch Fragen zur geplanten Verwendung der Erlöse erforderlich sein. Nicht vom Auskunftsanspruch erfasst seien jedoch jegliche Einzelheiten und Details einer solchen Mittelverwendung. Gleiches gelte für die Kosten der Kapitalerhöhung. Letztlich könne eine Anfechtung nur auf die Vorenthaltung solcher Informationen gestützt werden, die in dem gesamten Bündel der für die Beurteilung des Tagesordnungspunkts erforderlichen Informationen auch wesentlich seien. Daran fehle es hier, weil die von der Antragsgegnerin gerügten Fragen sich sämtlich auf Details der Durchführung der Kapitalerhöhung und auf den von der Verwaltung verfolgten Investitionsplan bezogen hätten. Zudem habe die Antragsgegnerin nicht innerhalb der Antragsfrist substantiiert ihrer Darlegungs- und Beweislast genügt, warum die tatsächlich auf diese Fragen von der Verwaltung erteilten Antworten nicht ausreichend gewesen seien. Vielmehr habe Antragsgegnerin sich darauf beschränkt, die Fragen als unbeantwortet darzustellen. Sie habe zudem nicht dargelegt, dass die begehrten Informationen erforderlich im Sinne des § 131 Abs. 1 AktG gewesen seien.Randnummer27

Selbst wenn im Einzelfall eine Frage unbeantwortet geblieben sei, vermöge dies keine Anfechtbarkeit wegen Auskunftsmangels zu begründen, weil die Herren Z6 und Z7 und die mit ihnen koordiniert agierende Aktionärin Frau Z3 durch eine maßlose Aneinanderreihung von Fragen zum selben Themenkomplex ihr Auskunftsrecht in exzessiver Weise ausgeübt hätten und deswegen ein Fall des Rechtsmissbrauchs bei der Ausübung des Fragerechts anzunehmen sei.Randnummer28

Im Übrigen entsprächen die von der Antragsgegnerin als angeblich nicht beantwortet gerügten Fragen den im Einzelnen aufgelisteten Fragen des Erfassungssystems, die im Rahmen der Hauptversammlung auch durch Verlesung der hierauf vorbereiteten Antworten beantwortet worden seien (zur Antworterteilung zu den Fragen 1) bis 9) im Einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 31.08.2018, GA 22 ff., vom 13.09.2018, GA 408 ff. und vom 02.11.2018, GA 944 ff., Bezug genommen). Die Verlesung dieser Antworten ergebe sich aus dem Zeitstempelausdruck. Dies gelte auch hinsichtlich der nachgeschobenen Auskunftsmängel (zur Antworterteilung zu den Fragen 10) bis 35) im Einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 13.09.2018, GA 411 ff., und vom 02.11.2018, GA 948 ff., Bezug genommen). Dass die vorbereiteten Antworten zum Zwecke des Verlesens auf dem Bildschirm des Vorstands aufgerufen worden seien, werde anwaltlich versichert. Die Fragen 36) bis 44) zur B seien zur sachgemäßen Beurteilung der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung nicht erforderlich gewesen, weil dieses Joint Venture keinerlei Bezug zur Kapitalerhöhung gehabt habe. Die B ermögliche keine Zugriffe auf die Einnahmen der D-Gruppe. Vielmehr erfolge die Erbringung der Management-Dienstleistungen durch diese – unbestritten – gegen eine marktübliche Vergütung. Alle darüber hinausgehenden Erträge verblieben bei den Hotelbesitzgesellschaften.Randnummer29

Das Vorbringen der Antragsgegnerin dazu, warum die Fragen nicht hinreichend beantwortet worden seien, genüge schon deswegen nicht, weil, wie sich aus S. 25 der notariellen Niederschrift ergebe, sich die Stimmrechtsvertreter der Antragsgegnerin die von ihnen gestellten Fragen aus dem System des Hauptversammlungsdienstleisters hätten ausdrucken lassen und Frau Z3 die Fragen und die ihr bis dahin erteilten Antworten ausdrücklich schriftlich übergeben worden seien – dies, um die Fragen sodann zum Großteil pauschal als unbeantwortet zu rügen.Randnummer30

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass der Beschluss auch nicht wegen Verstoßes gegen § 186 Abs. 5 S. 1 AktG anfechtbar sei. Der Beschluss enthalte ein klassisches mittelbares Bezugsrecht im Sinne des § 186 Abs. 5 AktG. Dieser Regelung sei nicht zu entnehmen, dass der Wortlaut des Beschlusses dem Wortlaut des Gesetzes entsprechen müsse. Maßgeblich sei vielmehr, dass der Beschluss den gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Rechtsfolgen gleichkomme bzw. dem Regelungszweck genüge. Aus der Formulierung des Versammlungsbeschlusses selbst sowie der des TOP 9 werde deutlich, dass Bezugsberechtigte nur die Aktionäre der Gesellschaft seien. Hiernach würden die Aktien im Rahmen eines Bezugsangebots im Sinne von § 186 Abs. 2 AktG den Aktionären zum Bezug angeboten, um in der Folge von einem nach § 186 Abs. 5 AktG für die Bedienung des mittelbaren Bezugsrechts für zulässig erachteten Unternehmen in eben genau diesem Umfange der Bezugsrechtsausübung durch die Aktionäre übernommen und diesen zugeteilt zu werden. Dieses bei Bezugsangeboten übliche Verfahren stelle gegenüber dem von der Antragsgegnerin gewünschten Wortlaut einer Zeichnung unter Verpflichtung zum Angebot ein Mehr an Sicherheit vor Anteilsverwässerung und ein Mehr gegenüber den Vorgaben des §§ 186 Abs. 5 AktG dar, weil das Angebot zum Bezug entsprechend den Vorgaben des Hauptversammlungsbeschlusses zeitlich vor der Zeichnung durch das Kreditinstitut erfolge und die Zeichnung nur im Umfang der Bezugsrechtsausübung erfolgen dürfe. Die hier gebrauchte Formulierung sei so von ihr, der Antragstellerin, unbestritten im Rahmen ihrer 2014 durchgeführten Kapitalerhöhung verwendet worden, an der sich die Antragsgegnerin noch beteiligt habe. Die Anforderungen des § 186 Abs. 5 AktG würden durch den konkreten Wortlaut des Beschlusses eingehalten.Randnummer31

Mangels Bezugsrechtsausschlusses griffen auch die weiteren angesprochenen Anfechtungsgründe nicht. Selbst wenn eine Dreiviertelmehrheit einzuhalten gewesen wäre, sei sie im konkreten Fall gegeben gewesen, weil mangels Stimmrechtsmitteilungen die Rechte aus den Aktien der Antragsgegnerin nicht hätten ausgeübt werden können.Randnummer32

Auch sei § 255 Abs. 2 AktG nicht verletzt, weil § 255 Abs. 2 S. 1 AktG nach § 255 Abs. 2 S. 2 AktG keine Anwendung finde, wenn die neuen Aktien von einem Dritten als Bezugsrechtsmittler übernommen würden. Diese Ausnahmen gälten nicht nur für den Fall des ausdrücklichen mittelbaren Bezugsrechts nach § 186 Abs. 5 S. 1 AktG, sondern auch bei jedweder anderen Übernahme der neuen Aktien durch Dritte, wenn und soweit eine Verwässerungsgefahr nicht drohe.Randnummer33

Die Kapitalerhöhung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Die Zulässigkeit einer Kapitalerhöhung sei nicht von einem besonderen sachlichen Grund abhängig. Auch bestehe kein faktischer Bezugszwang, der sich auch nicht aus dem möglichen Bezugspreis ergebe. Dieser stehe hier noch gar nicht fest, sondern die Festlegung sei auf den Vorstand delegiert worden, auf den die Verantwortung für die ordnungsgemäße Preisgestaltung übergehe. Eine etwaige Pflichtverletzung des Vorstands könne auf die Rechtmäßigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses nicht zurückwirken. Im Übrigen betrage der Emissionspreis auch nicht 6,70 €, vielmehr hänge das Erreichen des Emissionserlöses von mehreren Variablen ab. Da es sich um eine „bis-zu-Kapitalerhöhung“ handele und keine Sicherheit bestehe, dass alle Aktionäre von ihrem Bezugsrecht Gebrauch machen bzw. ein ausreichender Überbezug für nicht ausgeübte Bezugsrechte angemeldet werde, könne nicht sicher davon ausgegangen werden, dass sämtliche neue Aktien platziert würden. Den inneren Wert der Aktien habe sie zutreffend durch die Division des Eigenkapitals durch die Zahl der ausgegebenen Aktien hergeleitet.Randnummer34

Der Aufsichtsrat habe auch nicht in die Unternehmensleitung eingegriffen. Soweit im Investitionsplan dargestellt worden sei, dass Vorstand und Aufsichtsrat diesen selbst aufgestellt hätten, habe dies gemeint, dass der Investitionsplan vom Vorstand aufgestellt und in der Sitzung des Aufsichtsrats vom 09.03.2018 erstmals diskutiert und gebilligt worden sei, was auch auf Nachfrage von Frau Z3 den Aktionären in der Hauptversammlung erläutert worden sei. Im Übrigen hätte eine etwaige gemeinsame Vorbereitung des Investitionsplans von Vorstand und Aufsichtsrat keine Relevanz für die Rechtmäßigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses zur Kapitalerhöhung, da es sich bei dem Investitionsplan um eine freiwillige Informationsgrundlage gehandelt habe.Randnummer35

Die Antragstellerin ist der Auffassung, der Freigabebeschluss sei auch gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 3 Aktiengesetz zu erlassen, weil das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses vorrangig erscheine. Denn die wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre würden die Nachteile für die Antragsgegnerin überwiegen. Insbesondere seien in die Abwägung auch die Kosten der Wiederholungen der Hauptversammlung oder Zinseffekte einzubeziehen. Für die Durchführung der Kapitalerhöhung könne die rechtskräftige Entscheidung im Anfechtungsverfahren nicht abgewartet werden. Sofern ein Freigabebeschluss nicht vor Ablauf der gesetzlichen Frist des § 246a Abs. 3 S. 6 AktG ergehe, wäre die Kapitalerhöhung endgültig gescheitert. Die Durchführungsfrist von einem halben Jahr sei rechtlich für eine Eigenkapitalmaßnahme von mehr als 50 % unvermeidlich, weil sie das Höchstvolumen eines genehmigten Kapitals überschreite. Der erhebliche Finanzierungsbedarf für die Umsetzung des Investitionsplans könne nur mit einem erheblichen Eigenkapitalanteil gedeckt werden. Im Falle der Vereitelung der Kapitalerhöhung müsste der Eigenkapitalanteil aus der Kapitalerhöhung von 38 % durch andere Finanzierungsquellen ersetzt werden. Für eine Ausweitung der Fremdkapitalquote bestünden jedoch wenige Spielräume, weil der Investitionsplan ohnehin bereits eine Fremdkapitalaufnahme von 48 % vorsehe. Die Kapitalerhöhung sei unerlässlich, um im Rahmen der Verhandlungen mit den finanzierenden Banken wirtschaftlich vorteilhafte Kreditkonditionen erreichen zu können. Zudem hätte ein Scheitern der KapitalerhöhungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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weitreichende Folgen, weil dann die im Investitionsplan beschriebenen größeren Projekte nicht durchgeführt werden könnten. Insbesondere das neue Hotelressort in der L-Republik könnte nicht vollständig umgesetzt werden, wenn die Kapitalerhöhung scheitern würde, was traumatische Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit der Gesamtanlage haben würde.Randnummer36

Die Antragstellerin und ihre Streithelferin beantragen (sinngemäß),Randnummer37

festzustellen, dass die beim Landgericht Düsseldorf unter dem Az. 39 O 50/18 anhängige Anfechtungsklage der Antragsgegnerin gegen den zu Tagesordnungspunkt 9 der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 19.07.2018 gefassten Beschluss, das Grundkapital der Gesellschaft von zur Zeit 51.480.000,00 €, eingeteilt in 19.800.000 Stück auf den Inhaber lautende Stückaktien, um bis zu 77.220.000,00 € durch Ausgabe von bis zu 29.700.000 Stück neuen, auf den Inhaber lautende Stückaktien gegen Bareinlagen auf bis zu 128.700.000,00 €, eingeteilt in 49.500.000 Stück auf den Inhaber lautende Stückaktien zu erhöhen, der Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses in das Handelsregister am Sitz der Antragstellerin (Stadt 1) nicht entgegensteht und die von der Antragsgegnerin behaupteten Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen.Randnummer38

Die Antragsgegnerin beantragt,Randnummer39

den Freigabeantrag zurückzuweisen.Randnummer40

Die Antragsgegnerin behauptet, die Stimmrechte aus den Aktien der Antragsgegnerin seien nicht Herrn Z4 zuzurechnen. Sie und Herr Z5 seien auch keine Treuhänder des Herrn Z4. Auch hätten ihre Stimmrechtsvertreter nicht gegen § 34 Abs. 1 Nr. 6 WpHG verstoßen. Diese hätten immer detaillierte Anweisungen gehabt, wie abzustimmen sei, welche Anträge wozu mit welchem Inhalt und wozu Fragen zu stellen seien und auch sonst darüber, wie ihre Teilnahmerechte in der Hauptversammlung jeweils auszuüben gewesen seien.Randnummer41

Die Gründung der B und die Festschreibung der Beteiligungsverhältnisse und entsprechend der Gewinne ermögliche es der herrschenden Aktionärin, der A, auf Kosten der Antragstellerin ihre Gewinne aus der B zu vergrößern. Wenn sich aber aufgrund einer Geschäftsausweitung der Antragstellerin, vermittelt durch die massive Kapitalerhöhung, sich das durch die Antragstellerin generierte Geschäft der B massiv erhöhe und sich damit auch aufgrund der Einbringung des Hotelgeschäfts oder ähnlichem deren Gewinne massiv erhöhten, müsste sich die Beteiligungsquote der Antragstellerin proportional zur erhöhten Generierung von Umsätzen und Gewinnen durch sie zulasten der A verschieben. Die Beteiligungsquote sei jedoch festgeschrieben. Damit gehe sämtlicher Geschäftsausbau der Antragstellerin über die Gewinnabschöpfung durch die A über die B einseitig zulasten der Antragstellerin. Die Kapitalerhöhung setze die durch Gründung der B angelegte Benachteiligung der Antragstellerin und ihrer Aktionäre zulasten der herrschenden Aktionärin um. Deswegen sei dieser Komplex auch im Hinblick auf § 246 a Abs. 2 Nr. 3 AktG zu berücksichtigen. Diese massive Gewinnverschiebung sei der eigentliche Zweck der Kapitalerhöhung.Randnummer42

Die Antragstellerin habe auch ihre Auskunftspflicht verletzt. Sie, die Antragsgegnerin, habe rechtzeitig die Auskunftsmängel gerügt. Die Auskunftspflicht sei bereits durch die unangekündigte Schließung der Rednerliste durch den Versammlungsleiter verletzt worden. Die Generaldebatte habe um 19:00 Uhr noch nicht 8 Stunden und 30 Minuten angedauert, sondern rechnerisch nur 6 Stunden und 30 Minuten. Die Antragstellerin habe die zahlreichen Unterbrechungen nicht berücksichtigt. Zudem seien in der genannten Zeit mindestens 2 Stunden dadurch verplempert worden, dass der Vorstand der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig und eine Simultanübersetzung erforderlich gewesen sei. Auch habe der Versammlungsleiter nicht die Rede-/Fragezeit auf 5 Minuten pro Wortmeldung begrenzt, sondern nur angekündigt, dass die Redezeit nunmehr auf 5 Minuten begrenzt sei. Auch entspreche es seiner, des Unterzeichners Z6, Erinnerung, dass der Versammlungsleiter keinen Vorbehalt ausgesprochen habe, sich vorzubehalten, alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich seien, um die Hauptversammlung „am heutigen Tag zu beenden“. Dies werde anwaltlich versichert.Randnummer43

Auch das Vorbringen dazu, dass Frau Z3 in der Hauptversammlung 2015 versucht habe, diese über die Mitternachtsstunde zu ziehen, sei unzutreffend, zumal die Hauptversammlung 2015 auf zwei Tage angesetzt gewesen sei und auch über zwei Tage abgehalten worden sei. Sie habe am zweiten Versammlungstag um 13:15 Uhr geendet.Randnummer44

Zu Frage der Rechtswidrigkeit der unangekündigten Schließung komme es auch nicht darauf an, ob möglicherweise alle noch anwesenden Aktionäre und Aktionärsvertreter die Gelegenheit zu Rede- und Fragebeiträgen gehabt hätten. Auch seien die Monierungen des Vorstands gegenüber Herrn Z7, er stelle seine Fragen zum wiederholten Male und berücksichtige die Antworten nicht, unberechtigt gewesen, weil Herr Z7 den Vorstand konkret darauf aufmerksam gemacht habe, welche seiner Fragen nicht ordnungsgemäß beantwortet worden seien. Nach herrschender Meinung sei eine Schließung der Rednerliste ohne vorherige Ankündigung unzulässig.Randnummer45

Ein Informationsmangel liege auch vor, weil die Fragen nicht hinreichend beantwortet worden seien. Es habe ein erhebliches Informationsbedürfnis gegeben, weil für sie, die Antragsgegnerin, Sinn und Zweck der Kapitalerhöhung und die Frage, ob sie diese mittragen und sich daran beteilige solle, geradezu existenzielle Bedeutung habe. Ein vermeintliches Übermaß an Fragen, dass hier ohnehin nicht vorliege, könne keinen Rechtsmissbrauch begründen, weil die Beantwortung von Fragen entweder erforderlich sei oder nicht. Der Versammlungsleiter möge zwar befugt sein, das Stellen der Fragen im Wege einer Ordnungsmaßnahme zu begrenzen, wenn zu viele Fragen gestellt worden seien und z.B. der Ablauf der Hauptversammlung behindert werde. Gestellte und zur Beurteilung der Tagesordnung erforderliche Fragen seien aber zu beantworten.Randnummer46

Die gestellten Fragen, die sämtlich zur Beurteilung der Tagesordnung im Sinne von § 131 Abs. 1 S. 1 AktG erforderlich gewesen seien, seien jedoch nicht beantwortet worden. Dies gelte zunächst für die Fragen zu 1) bis 9) (im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 02.10.2018, GA 514 ff., Bezug genommen). Insbesondere seien nicht alle Fragen- und Antwortenausdrucke vorgelegt worden. Insoweit werde die Beantwortung bestritten, an die ihre Stimmrechtsvertreter keine Erinnerung hätten. Auch seien die Fragen zu 10) bis 44) nicht beantwortet worden (im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 18.10.2018, GA 822 ff., Bezug genommen). Insbesondere sei auch die Beantwortung der Fragen zu 36) bis 44) erforderlich gewesen, weil die B der Ausplünderung der Antragstellerin durch die A diene.Randnummer47

Die Antragsgegnerin ist des Weiteren der Auffassung, der Kapitalerhöhungsbeschluss verfehle die Anforderung des §§ 186 Abs. 5 AktG klar und eindeutig. Etwas anderes könne auch nicht daraus geschlossen werden, dass im Beschluss der Begriff „mittelbares Bezugsrecht“ erwähnt werde. Dieser Begriff sei nicht legal definiert. Die Literatur unterscheide bei einem mittelbaren Bezugsrecht Gestaltungen, die den Anforderungen des §§ 186 Abs. 5 AktG gerecht würden und solchen außerhalb von § 186 Abs. 5 AktG. Deswegen befreie die Verwendung des Begriffs des mittelbaren Bezugsrechts nicht von der in § 186 Abs. 5 AktG normierten und hier verfehlten Anforderung, dass bereits im Hauptversammlungsbeschluss ausdrücklich festzulegen sei, dass die Aktien von einem Kreditinstitut mit der Verpflichtung übernommen werden müssen, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten. Dies diene dem Schutz der Aktionäre vor einer Umgehung der Voraussetzungen des §§ 186 Abs. 3, 4 AktG. Nach dem streitgegenständlichen Beschlusswortlaut sei völlig klar, dass die Zeichnung der im Rahmen der Kapitalerhöhung auszugebenden neuen Aktien gerade nicht durch die Aktionäre, sondern durch einen Dritten erfolgen solle, damit also ein Ausschluss des BezugsrechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ausschluss
Ausschluss des Bezugsrechts
erfolge. Die notwendige Festsetzung der Verpflichtung lasse sich auch nicht im Wege der Auslegung irgendwie „hinbiegen“.Randnummer48

Da die Voraussetzungen des §§ 186 Abs. 5 AktG nicht erfüllt seien, bleibe es dabei, dass nach § 186 Abs. 3 S. 2 AktG eine Mehrheit von 3/4 des vertretenen Grundkapitals erforderlich gewesen wäre. Da sie, die Antragsgegnerin, ihr Stimmrecht auch wirksam ausgeübt habe, sei diese 3/4 Mehrheit jedoch nicht erreicht worden und der Beschluss schon deswegen rechtswidrig. Insoweit stehe auch die Anfechtbarkeit des Beschlusses gemäß § 255 Abs. 1 S. 1 AktG nicht in Frage.Randnummer49

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, die Kapitalerhöhung sei rechtsmissbräuchlich. Die Gesamtheit der Aktionäre habe die streitgegenständliche Kapitalerhöhung in ihrer großen Mehrheit abgelehnt. Für den Kapitalerhöhungsantrag seien nur 57,7 % der Stimmen abgegeben worden. Da die herrschende Aktionärin 52 % halte, sei offensichtlich, dass kein einziger außenstehender AktionärBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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die Kapitalerhöhung unterstützt habe. Das spreche dafür, dass die Gesamtheit der Aktionäre der Auffassung sei, dass die Kapitalerhöhung nicht im Interesse der Antragstellerin und gerade nicht in ihrem eigenen Interesse sei. Zwar bedürfe eine Kapitalerhöhung keiner sachlichen Rechtfertigung. Hier sei aber mit einem letztlich nur scheinbaren Investitionsplan ein lediglich scheinbarer Kapitalbedarf vorgespiegelt worden. Nach § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG müsse aber die Antragstellerin belegen, dass die Nicht-Freigabe der Kapitalerhöhung für sie und die Gesamtheit der Aktionäre nachteilig wäre und zwar nachteiliger als die Nachteile, die sie, die Antragsgegnerin, durch Bestandskraft der rechtskräftigen Kapitalerhöhung hätte. Wenn der Investitionsplan nur vorgespiegelt sei, könne er aber auch keine Nachteile belegen.Randnummer50

Zudem bestehe in der Sache ein rechtswidriger faktischer Bezugszwang. Aufgrund des vom Vorstand angegebenen beabsichtigten Emissionserlöses von 200 Mio. € ergebe sich ein Bezugspreis von 6,73 € pro Aktie. Zudem habe der Vorstand mitgeteilt, einen Ausgabekurs unterhalb des Börsenkurses zum Zeitpunkt der Hauptversammlung zu beabsichtigen. Würde der Vorstand einen deutlich höheren Bezugspreis festsetzen, hielte er sich nicht an die Vorgaben des Hauptversammlungsbeschlusses. Die Antragstellerin bestreite nicht, von einem inneren Wert der Aktie von mindestens 20,- € auszugehen. So habe der Aufsichtsratsvorsitzende der Antragstellerin in einer Besprechung vom 04.07.2017 erklärt, von einem inneren Wert von 1 Mrd. € auszugehen, was einem Wert von über 50,- € pro Aktie entspreche. Bei der Frage des faktischen Bezugszwangs gehe es aber um den inneren Wert der Aktie, nämlich darum, dass man zum Zeichnen der Kapitalerhöhung gezwungen sei, um sich den inneren Wert der bisherigen Beteiligung zu sichern und nicht massiv verwässert zu werden. Wie die Antragstellerin selber darlege, werde aber in der Literatur bei Festlegung des Bezugspreises ein Abschlag auf den inneren Wert von 50 % für zulässig gehalten. Die angekündigten 6,70 € lägen damit weit unterhalb der zulässigen Grenze.Randnummer51

Die Nachteile würden auch nicht dadurch ausgeglichen, dass die Bezugsrechte veräußerbar seien. Das setze einen von der Gesellschaft organisierten Bezugsrechtehandel voraus, den die Antragstellerin ausgeschlossen habe. Selbst bei einem solchen Handel sei nicht gesichert, dass sie, die Antragsgegnerin, sämtliche Bezugsrechte zum angemessenen inneren Wert veräußern könne, weil die Antragstellerin Angaben dazu verweigere, dass der innere Wert der Aktien deutlich über 20,- € liege.Randnummer52

Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Kapitalerhöhung weit unter dem inneren Wert der Aktie nur dem Zweck diene, der Mehrheitsaktionärin die Gelegenheit zu verschaffen, auf Kosten der Minderheitsaktionäre ihre eigene Beteiligung auszubauen, in der Erwartung, dass außenstehende Aktionäre die Kapitalerhöhung nicht zeichnen würden, wodurch die Beteiligung aller außenstehenden Aktionäre verwässert werde.Randnummer53

Die Freigabe scheitere auch an der besonderen Schwere des Rechtsverstoßes mangels Verpflichtung des Kreditinstituts, die jungen Aktien den Aktionären zum Bezug anzubieten, wodurch letztlich ein Bezugsrechtsausschluss gegeben sei. Die dann erforderliche 3/4 Mehrheit sei aber nicht erreicht.Randnummer54

Die von der Antragstellerin genannten Gründe für die Dringlichkeit seien nicht einschlägig. Die Antragstellerin habe es selbst zu verantworten, eine Gestaltung gewählt zu haben, die die Halbjahresfrist in Gang gesetzt habe, mit der Folge, dass aufgrund der absehbaren Anfechtungsklage die Kapitalerhöhung nur über ein Freigabeverfahren mit gerichtlicher Hilfe zum Erfolg führen könne.Randnummer55

Die Antragstellerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass ansonsten der Investitionsplan zum Scheitern verurteilt sei, weil sie weder belegt noch glaubhaft gemacht habe, dass dieser ernsthaft gemeint sei, noch, dass er nicht genauso gut auf anderen Finanzierungswegen umgesetzt werden könne. Auch habe die Antragstellerin nicht dargelegt, dass eine Finanzierung im Hinblick auf die Zinsen oder sonstige Kosten ungünstiger wäre, als eine Kapitalerhöhung. Die Mehrkosten einer weiteren Hauptversammlung könnten nicht herangezogen werden, weil die Mängel durch eine weitere Hauptversammlung nicht beseitigt werden könnten.Randnummer56

Der wesentliche Nachteil für sie, die Antragsgegnerin, liege darin, dass weder sie noch ihre Inhaberin über die erforderlichen Mittel verfügten, die Kapitalerhöhung auch nur annähernd zu zeichnen. Ihre Anteile würden daher erheblich verwässert und sie würde ihre Sperrminorität verlieren. Dass fast alle außenstehenden Aktionäre gegen die Kapitalerhöhung gestimmt hätten, indiziere, dass die Kapitalerhöhung nicht im Interesse der AG und der Gesamtheit der Aktionäre sei.Randnummer57

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

II.

Der auf Freigabe gerichtete Antrag der Antragstellerin nach § 246a Abs. 1 AktG ist zulässig, insbesondere statthaft, und begründet.

A.Randnummer59

Das Freigabeverfahren, das sich gegen die beim Landgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 39 O 50/18 anhängige Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage der Antragsgegnerin richtet, ist zulässig und statthaft.

1.

Das Freigabeverfahren ist statthaft. Der Anwendungsbereich dieses Verfahrens ist eröffnet, wenn gegen einen Hauptversammlungsbeschluss über eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung, der Kapitalherabsetzung oder einen Unternehmensvertrag Klage erhoben worden ist und der Vorstand der Gesellschaft einen entsprechenden Antrag stellt. Diese Voraussetzungen liegen vor.Randnummer61

Die beabsichtigte Kapitalerhöhung ist eine Maßnahme zur Kapitalbeschaffung im Sinne des § 246a AktG.Randnummer62

Die Antragsgegnerin hat auch gegen den Beschluss zu TOP 9 der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 19.07.2018 über die Kapitalerhöhung durch Schriftsatz vom 19.07.2018 eine Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage bei dem Landgericht Düsseldorf erhoben. Die Anfechtungsklage ist – innerhalb der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG – mit Schriftsatz vom 19.07.2018 eingereicht und durch einen Schriftsatz vom 20.08.2018 (Montag), per Fax beim Landgericht am gleichen Tag eingegangen, erweitert worden. Sie ist den Mitgliedern des Vorstands der Antragstellerin am 06.09.2018 per Zustellungsurkunde sowie den Mitgliedern des Aufsichtsrats Z8, Z9, Z10 und Z11 per Zustellungsurkunde am 06.09.2018 bzw. 07.09.2018, sowie den Mitgliedern des Aufsichtsrats Z12 und Z13 am 12.09.2018 per Einschreiben zugestellt worden.Randnummer63

Der Statthaftigkeit des Antrags auf Freigabe steht auch nicht entgegen, dass er schon am 31.08.2018 eingereicht und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Anfechtungsklage noch nicht zugestellt gewesen ist. Zwar kann nach wohl herrschender Meinung der Freigabeantrag frühestens gestellt werden, wenn die Anfechtungsklage erhoben worden ist, das heißt, wenn die Klageschrift der Gesellschaft zugestellt und die Klage damit rechtshängig geworden ist (Schwab in K.Schmidt/Lutter, AktG, 3. Auflage 2015, § 246a Rz. 37; MünchKomm-Hüffer/Schäfer, AktG, 4. Auflage 2016 Rz. 8; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Urt. v. 23.10.2010, 5 Sch 2/09, juris Rz. 30 = AG 2010, 596 ff.; Koch in: Hüffer/Koch, AktG. 13. Auflage 2018, § 246a Rz. 5). Dies wird insbesondere mit dem Wortlaut des § 246a Abs. 1 S. 1 AktG begründet („Wird … Klage erhoben, so kann…). Nach der Gegenmeinung soll hingegen der bloße Eingang der Anfechtungsklage bei Gericht für die Zulässigkeit ausreichend sein (so Stohlmeier, Freud und Leid des reformierten Freigabeverfahrens – eine Bestandsaufnahme mit Verbesserungsvorschlägen, NZG 2010, 1011, 1012, m.w.N.).Randnummer64

Dieser Streit kann letztlich dahinstehen, da nach zutreffender Ansicht der Freigabeantrag jedenfalls dann zulässig wird und über ihn in der Sache zu entscheiden ist, wenn, wie hier, im Zeitpunkt der Entscheidung über das Freigabeverfahren die Anfechtungsklage zugestellt ist (OLG München, Beschluss v. 10.04.2013, 7 AktG 1/13, juris Rz. 22 = NZG 2013, 622; Koch in: Hüffer/Koch, a.a.O., § 246a Rz. 5). Hierfür spricht insbesondere, dass anderenfalls der Anfechtungskläger die Möglichkeit hätte, die Zustellung der Klageschrift hinauszuschieben und damit den Beginn des Freigabeverfahrens zu blockieren. Da es sich bei dem Freigabeverfahren um ein besonderes Eilverfahren handelt, dessen Zweck darin liegt, die Durchsetzung der Registereintragung bei Kapitalmaßnahmen zu gewährleisten und insbesondere einem missbrauch von Anfechtungsklagen entgegenzuwirken, ist es gerechtfertigt, auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat abzustellen. Dies gilt erst recht in einem Fall, in dem, wie hier, die Zustellung der Klage zum Zeitpunkt der Antragseinreichung durch das Landgericht bereits veranlasst war.

2.

Das angerufene Gericht ist gemäß § 246a Abs. 1 S. 3 AktG zuständig, da die Antragstellerin ihren Sitz im Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat.

3.

Entgegen der im Termin zur mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung der Antragsgegnerin ist die Antragstellerin im Freigabeverfahren auch ordnungsgemäß nach § 78 AktG vertreten. Denn nach ganz herrschender Meinung, welcher der Senat folgt, wird die Gesellschaft im Freigabeverfahren allein vom Vorstand vertreten (vgl. etwa OLG Frankfurt, Beschluss v. 13.03.2008 – 5 W 4/08, juris Rn. 20; Schwab in: K.Schmidt/Lutter, AktG, 3. Auflage 2015, § 246a Rz. 36; Koch in: Hüffer/Koch, AktG, 13. Auflage 2018, § 246a Rz. 6 m.w.N.). § 246 Abs. 2 AktG ist nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift nicht entsprechend anwendbar, weil die im Anfechtungsprozess grundsätzlich bestehende Gefahr, dass der Vorstand sich über seine im Allgemeinen bestehende Pflicht, den Beschluss zu verteidigen, hinwegsetzt, gerade nicht gegeben ist, wenn er den Freigabeantrag stellt, um dem Beschluss zur Geltung zu verhelfen.Randnummer67

Soweit das OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Köln
in seiner Entscheidung vom 14.12.2017 (18 AktG 1/17, ZIP 2017, 2468, 2469) die Auffassung vertritt, dass die Gesellschaft auch im Freigabeverfahren von Vorstand und Aufsichtsrat vertreten werden müsse, weil – soweit § 246a AktG nicht auf § 246 Abs. 2 S. 2 AktG verweise – eine planwidrige Regelungslücke vorliege, hält der Senat dies nicht für überzeugend. Nach der Gesetzesbegründung ist die in § 246a Abs. 1 AktG enthaltene Verweisung auf § 82 ZPO erfolgt, um Verzögerungen des Freigabeverfahrens durch die Anfechtungskläger zu vermeiden, die sich teilweise Unternehmen im Ausland bedient und für das Freigabeverfahren sodann keine deutschen Prozessbevollmächtigten benannt hätten, wodurch es zu erheblichen Verzögerungen im Freigabeverfahren gekommen sei (vgl. im Einzelnen BT-Drucks. 16/11642, S. 40 f.). Solche Verzögerungen sind auf Seite der Anfechtungsbeklagten indes auch dann nicht zu besorgen, wenn diese im Freigabeverfahren allein vom Vorstand vertreten wird und insoweit vom Vorstand für dieses Verfahren eine gesonderte Prozessvollmacht erteilt werden müsste. Im Übrigen hält der Senat eine Vertretung der Gesellschaft im Freigabeverfahren durch Vorstand und Aufsichtsrat nicht für schädlich, da hierin jedenfalls eine Vertretung (auch) durch den Vorstand liegt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.04.2009 – 5 W 8/09, juris Rn. 21).

B.

Der Freigabeantrag ist begründet.Randnummer69

Die Voraussetzungen für den Erlass des begehrten Freigabebeschlusses gegen die Beschlussmängelklage der Antragsgegnerin sind erfüllt, weil die Beschlussmängelklage zwar rechtzeitig erhoben worden (1.), aber offensichtlich unbegründet im Sinne des § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG ist (2.). Zudem besteht ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin und ihrer Aktionäre an einer zeitnahen Eintragung gemäß § 246 Abs. 2 Nr. 3 AktG (3.).

1.

Die für die von der Antragsgegnerin vor dem Landgericht Düsseldorf erhobene Beschlussmängelklage maßgebliche Anfechtungsfrist ist gewahrt. Die Klage ist zwar nicht innerhalb der am 20.08.2018 (Montag) endenden Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG erhoben worden, § 253 Abs. 1 ZPO. Die am 19.07.2018 bzw. 20.08.2018 (Erweiterung) beim Landgericht eingegangene Klage ist den Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats der Antragstellerin – der dortigen Beklagten – wie oben bereits ausgeführt jedoch am 06.09.2018, 07.09.2018 bzw. 12.09.2018 und damit demnächst im Sinne des § 167 ZPO (vgl. dazu nur Zöller/Schultzky/Greger, ZPO, 32. Auflage 2018, § 167 Rn. 10) zugestellt worden, sodass die Zustellung auf den Zeitpunkt des Klageeingangs zurückwirkt, § 167 ZPO.

2.

Die Beschlussmängelklage ist indes offensichtlich unbegründet im Sinne des § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG.Randnummer72

Dabei geht der Senat mit der herrschenden Meinung davon aus, dass eine offensichtliche Unbegründetheit im Sinne des § 246a AktG dann vorliegt, wenn sich ohne weitere Aufklärung in der Sache – sei es auch aufgrund komplexer rechtlicher Erwägungen – die Überzeugung gewinnen lässt, dass die Klage nach sorgfältiger Prüfung aller tatsächlichen und rechtlichen Fragen ohne Aussicht auf Erfolg ist (OLG Nürnberg, Beschl. v. 14.02.2018, 12 AktG 1970/17, juris Rz. 49 = WM 2018, 1187 ff; Senat, Beschl. v. 22.06.2017, I-6 AktG 1/17, juris Rz. 66 f. = AG 2017, 900 ff.; Schwab in K.Schmidt/Lutter, AktG, 3. Auflage 2015, § 246a Rz. 3). Bei der Beurteilung von Rechtsfragen ist dabei keine Eindeutigkeit im Sinne einer Evidenz zu fordern; es genügt vielmehr, wenn die Rechtsfragen aus Sicht des Senats eindeutig im Sinne einer Unbegründetheit der Klage zu beantworten sind, ohne dass es darauf ankommt, ob sämtliche verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen durch eine gefestigte höchstrichterliche oder obergerichtliche Rechtsprechung geklärt sind oder dazu auch andere Standpunkte vertreten werden (OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Nürnberg
, a.a.O.; Senat, a.a.O., juris Rz. 67; OLG Stuttgart, Beschl. v. 02.12.2014, juris Rz. 56, m.w.N.= AG 2015, 163 ff.). Deshalb setzt die Annahme offensichtlicher Unbegründetheit voraus, dass die Prüfung ergibt, dass ein anderes Ergebnis nicht oder kaum vertretbar ist (Senat, Beschl. v. 22.06.2017, a.a.O., juris Rz. 67).Randnummer73

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die seitens der Antragsgegnerin vor dem Landgericht Düsseldorf erhobene Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage offensichtlich unbegründet. Zwar fehlt der Antragsgegnerin nicht schon die Anfechtungsbefugnis (2.1). Die von ihr im Rahmen der Klage gegen den in der Hauptversammlung vom 19.07.2018 gefassten Beschluss zu TOP 9 vorgebrachten Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsgründe rechtfertigen die Klage – nach dem oben ausgeführten Maßstab – aber offensichtlich nicht. Es liegt weder ein Nichtigkeitsgrund im Sinne von § 241 AktG noch ein Anfechtungsgrund im Sinne von § 243 AktG vor (2.2).Randnummer74

2.1 Anfechtungsbefugnis, § 245 AktG

Es kann allerdings nicht festgestellt werden, dass der Antragsgegnerin bereits die Anfechtungsbefugnis für die erhobene Anfechtungsklage fehlt.Randnummer76

Die Antragsgegnerin ist nach § 245 Nr. 1 AktG anfechtungsbefugt, weil sie 33,80 % der Aktien hält, die sie vor Bekanntmachung der Tagesordnung erworben hat. Sie war auf der Hauptversammlung durch ihre Prozessbevollmächtigen Z6 und Z7 vertreten, die gegen den Beschluss zu TOP 9 Widerspruch zur Niederschrift des Notars Z14 eingelegt haben.Randnummer77

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin steht der Anfechtungsbefugnis der Antragsgegnerin auch nicht entgegen, dass sie einem Rechtsverlust nach § 44 WpHG (bzw. § 28 WpHG a.F.) wegen nicht erfüllter Mitteilungspflichten nach § 33 WpHG unterliegt. Entsprechendes lässt sich nicht feststellen.

a)

Die Antragstellerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Antragsgegnerin Mitteilungspflichten verletzt habe und deswegen ihre Rechte nicht geltend machen könne, weil sie nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass die Aktien der Antragsgegnerin tatsächlich nur treuhänderisch von Herrn Z5 für Herrn Z4 gehalten werden.Randnummer79

Nach § 44 Abs.1 WpHG bestehen Rechte aus Aktien, die einem Meldepflichtigen gehören oder aus denen ihm Stimmrechte nach § 34 WpHG zugerechnet werden, nicht für die Zeit, in denen Mitteilungspflichten nach § 33 Abs. 1 oder Abs. 2 WpHG verletzt werden. Nach § 33 WpHG hat derjenige, der durch Erwerb, Veräußerung oder sonstige Weise 5 Prozent, 10 Prozent, 15 Prozent, 20 Prozent, 25 Prozent, 30 Prozent, 50 Prozent oder 75 Prozent der Stimmrechte aus ihm gehörenden Aktien an einem Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, erreicht, überschreitet oder unterschreitet (Meldepflichtiger), dies unverzüglich dem Emittenten und gleichzeitig der Bundesanstalt, spätestens innerhalb von vier Handelstagen mitzuteilen.Randnummer80

Dass die durch die Antragsgegnerin erfolgten Stimmrechtsmitteilungen unzutreffend sind, hat die Antragstellerin jedoch nicht hinreichend dargelegt. Soweit sie vermutet, dass Herr Z5 das Aktienpaket für Herrn Z4 hält, reichen die von ihr genannten Indizien nicht aus, um mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Herr Z4 der wirtschaftliche Inhaber der Aktien ist.Randnummer81

Zwar hat Herr Z4 seine Beteiligung an der Antragstellerin, die vorher anscheinend von den von ihm beherrschten Gesellschaften E und F gehalten worden waren, in Höhe von 29,09 % für 0,- € an die C aus H veräußert, die diese Anteile etwa sechs Wochen später an die Antragsgegnerin (bzw. die G) weiter veräußert hat. Auch mag es aller Lebenswahrscheinlichkeit widersprechen, ein wertvolles Aktienpaket für 0,- € zu veräußern, weswegen es zumindest denkbar erscheint, dass – wie die Antragstellerin vorträgt – Herr Z4 Vermögensgegenstände der inzwischen insolventen E zunächst auf sich selbst und anschließend auf andere Gesellschaften übertragen hat, um sie dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen. Abgesehen davon, dass dies mangels Kenntnis der genauen Umstände der in Rede stehenden Veräußerung indes nicht sicher angenommen werden kann, ließe selbst eine entsprechend motivierte Übertragung nicht den sicheren Schluss darauf zu, dass auch die weitere Übertragung von der C auf die Antragsgegnerin ein vorgeschobenes Geschäft gewesen ist, durch das verschleiert werden sollte, dass diese Vermögenswerte weiterhin Herrn Z4 zustehen sollen. Für eine solche Annahme reicht auch die Tatsache, dass die C und die Antragsgegnerin personell eng verflochten sind, weil der vertretungsberechtigte Director und President der C, Herr Z15, bis heute auch Geschäftsführer der Antragsgegnerin ist, nicht aus. Denn die Konditionen der Veräußerung der Anteile durch die C an die Antragsgegnerin sind ebenfalls nicht bekannt.Randnummer82

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin trifft die Antragsgegnerin hinsichtlich der Umstände der Veräußerung der Anteile an sie auch keine sekundäre Darlegungslast. Eine solche ergibt sich zunächst nicht, wie die Antragstellerin auch einräumt, aus der von ihr zitierten Rechtsprechung. Denn diese Entscheidungen betreffen nicht den hier vorliegenden (oder einen vergleichbaren) Fall, sondern beschäftigen sich damit, ob die im Anfechtungsprozess verklagte Gesellschaft eine sekundäre Darlegungslast trifft, wenn ein anfechtender Aktionär einen Stimmrechtsverlust infolge von Verletzungen der Meldepflicht geltend macht (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 15.10.2008, 20 U 19/07, juris Rz. 79 ff. = AG 2009, 124 ff.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.09.2008, I-6 W 30/08, juris Rz. 38). Das OLG Stuttgart hat dabei eine sekundäre Darlegungslast der Gesellschaft hinsichtlich der Tatsache angenommen, ob es Meldungen an die Gesellschaft über meldepflichtige Stimmrechtsveränderungen in Bezug auf Aktien von Großaktionären gegeben habe (a.a.O. Rz. 85).Randnummer83

Im Übrigen hat die Antragstellerin nicht hinreichend dargelegt, dass die Voraussetzungen für das Bestehen einer sekundären Darlegungslast der Antragsgegnerin vorliegen. Eine solche besteht grundsätzlich dann, wenn der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn die beweisbelastete Partei außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Gegner – und dies für ihn zumutbar – nähere Angaben machen kann. Wenn sich nicht schon aus dem Inhalt der in Rede stehenden Tatsachen ergibt, dass näherer Vortrag für den Gegner zumutbar ist, muss die beweisbelastete Partei zumindest konkrete Anknüpfungspunkte vortragen, aus denen sich die Zumutbarkeit ergibt (BeckOK-Bacher, ZPO, 01.07.2018, Rz. 85).Randnummer84

Hier fehlt es jedenfalls an einer näheren Darlegung der Antragstellerin zur Zumutbarkeit. Zwar kennt die Antragstellerin den genauen Inhalt der Vereinbarungen zwischen Herrn Z4 und der C nicht und auch nicht die Konditionen, zu denen das Aktienpaket an die Antragsgegnerin weiterveräußert worden ist. Aus diesen Konditionen könnten sich gegebenenfalls auch Anhaltspunkte für eine Vermögensverschiebung zugunsten von Herrn Z4 ergeben. Zum einen hat die Antragsgegnerin jedoch ausdrücklich vorgetragen, dass Herr Z5 kein Treuhänder des Herrn Z4 sei. Zum anderen handelt es sich bei der Frage, zu welchen Bedingungen ein Aktienpaket erworben worden ist, um Geschäftsinterna, die ein Unternehmen grundsätzlich nicht preisgeben muss. Der Umstand, dass die C und die Antragsgegnerin letztlich den gleichen Vertretungsberechtigten haben, rechtfertigt noch keine Aufklärungspflicht zu Lasten der Antragsgegnerin, zumal es für die von der Antragstellerin behauptete Vermögensverschiebung zugunsten des Herrn Z4 lediglich ein Indiz in Form des Kaufpreises der Veräußerung an die C, jedoch ansonsten keine weiteren gesicherten Erkenntnisse gibt.

b)

Ein Rechtsverlust der Antragsgegnerin nach § 44 WpHG folgt schließlich auch nicht daraus, dass sie im Hinblick auf ihre Stimmrechtsvertreter Z6 und Z7 in der Hauptversammlung Melderechte verletzt hätte.Randnummer86

Nach § 34 Abs. 1 Nr. 6 WpHG stehen für Mitteilungspflichten nach § 33 WpHG den Stimmrechten des Meldepflichtigen Stimmrechte aus Aktien des Emittenten gleich, die dem Meldepflichtigen anvertraut sind oder aus denen er die Stimmrechte als Bevollmächtigter ausüben kann, sofern er die Stimmrechte aus diesen Aktien nach eigenem Ermessen ausüben kann, wenn keine besonderen Weisungen des Aktionärs vorliegen. Dass die Stimmrechtsvertreter der Antragsgegnerin Z6 und Z7 die Stimmrechte nach eigenem Ermessen ausüben konnten und insoweit keine Weisung der Antragsgegnerin vorgelegen hat, hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.Randnummer87

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin führt die Vollmachtserteilung nicht per se zu einer Meldepflicht nach § 34 WpHG. Denn nach § 34 Abs. 1 Nr. 6 WpHG werden die Stimmrechte dem Meldepflichtigen nur zugerechnet, wenn er die Stimmrechte aus den Aktien nach eigenem Ermessen ausüben kann, ihm also hinsichtlich der Ausübung des Stimmrechts ein eigener Entscheidungsspielraum eingeräumt ist. Es darf also keine Weisung vorliegen (Schneider in: Assmann/Schneider/Mülbert, a.a.O., § 34 Rz. 104). Die Beweislast für eine Verletzung der Meldepflicht mit der Folge des Verlusts des Stimmrechts nach § 44 WpHG liegt nach allgemeinen Grundsätzen bei der Antragstellerin, weil die Rechtsfolge – der Verlust des Stimmrechts und damit u.a. des Anfechtungsrechts der Antragsgegnerin – für die Antragstellerin vorteilhaft ist.Randnummer88

Vorliegend fehlt es an einer Glaubhaftmachung der Antragstellerin, dass den Vertretern der Antragsgegnerin hinsichtlich der Ausübung des Stimmrechts ein solcher eigener Entscheidungsspielraum eingeräumt gewesen ist. Zwar könnte die Aussage des Herrn Z6 in der Hauptversammlung, dass er gegen die Kapitalerhöhung stimmen und dagegen gerichtlich vorgehen werde, wenn er in der Hauptversammlung nicht überzeugt werde, dafür sprechen, dass es insoweit auf seine Person angekommen ist. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin jedoch glaubhaft gemacht, dass eine Weisung dergestalt bestanden hat, dem Beschluss zu TOP 9 nicht zuzustimmen. Rechtsanwalt Z6 hat anwaltlich versichert, detaillierte Anweisungen hinsichtlich der Ausübung der Stimmrechte gehabt zu haben und insoweit auch eine Bestätigung des Geschäftsführers der Antragsgegnerin, Herrn Z15, vom 13.11.2018 vorgelegt. Vor dem Hintergrund, dass die Antragsgegnerin die Kapitalerhöhung nach Angaben von Z6 und ausweislich der Erklärung von Herrn Z15 nicht finanzieren kann, und angesichts des Vorgehens der Bevollmächtigten der Antragsgegnerin in der Hauptversammlung ist auch nachvollziehbar, dass von vornherein die Weisung der Antragsgegnerin bestand, gegen die Kapitalerhöhung zu stimmen.Randnummer89

Gegen die Weisungsgebundenheit spricht auch nicht, dass die Vertreter der Antragsgegnerin keine schriftliche, vor der Hauptversammlung verfasste Weisung vorlegen können, weil eine solche auch mündlich erteilt werden kann. Soweit Rechtsanwalt Z6 zu einem anderen TOP angekündigt hat, dagegen stimmen zu wollen, spricht auch dies nicht dagegen, dass er insoweit eine konkrete Anweisung hatte. Das Stellen eines Geschäftsordnungsantrags hat nichts damit zu tun, ob hinsichtlich des Stimmrechts Weisungsfreiheit besteht. Schließlich lässt auch die Tatsache, dass beide Rechtsanwälte wiederholt Fragen gestellt haben, keine Rückschlüsse darauf zu, dass sie in der Ausübung des Stimmrechts ein weites Ermessen gehabt hätten. Vielmehr könnte die gehäufte Stellung von Fragen auch ohne Weiteres dadurch motiviert worden sein, weitere Argumente gegen die Kapitalerhöhung und – im Falle eines entsprechenden Beschlusses – für eine Anfechtungsklage zu finden.Randnummer90

2.2 Von der Antragsgegnerin gerügte Beschlussmängel

Ein Nichtigkeitsgrund im Sinne von § 241 AktG ist ebenso wenig gegeben wie ein Anfechtungsrecht nach § 243 Abs. 1 AktG wegen Verletzung eines Gesetzes oder der Satzung.

a)

Eine Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Beschlusses zu TOP 9 ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht daraus, dass der Beschluss mit einfacher Mehrheit gefasst worden ist und nicht mit der nach § 182 Abs. 1 AktG bei Kapitalerhöhungen grundsätzlich vorgesehenen ¾-Mehrheit des bei Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. Denn die Antragstellerin hat von der in § 182 Abs. 1 AktG enthaltenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, in ihrer Satzung eine andere Kapitalmehrheit zu bestimmen.

aa)

Nach § 23 Abs. 1 S. 2 der Satzung der Antragstellerin ist auch in den Fällen, in denen das Gesetz eine Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erfordert, die einfache Mehrheit des vertretenen Grundkapitals ausreichend, sofern nicht durch Gesetz eine größere Mehrheit zwingend vorgeschrieben ist. Der vorliegende Beschluss ist mit einer Mehrheit von 57,7 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals und damit mit der hiernach erforderlichen einfachen (Kapital-) Mehrheit gefasst worden.Randnummer94

Es bedurfte vorliegend auch keiner qualifizierten Mehrheit nach § 186 Abs. 3 AktG, weil das Bezugsrecht der Aktionäre nicht ausgeschlossen worden ist. Denn bei der gewählten Konstruktion handelt es sich um eine mittelbare Bezugsrechtsemission, die den Anforderungen des § 186 Abs. 5 AktG genügt.

Ein mittelbares Bezugsrecht nach § 186 Abs. 5 AktG liegt dann vor, wenn die Gesellschaft die Emission nicht selbst vornimmt, sondern ein Emissionsunternehmen einschaltet, das die Aktien übernimmt und den Aktionären entsprechend deren bisheriger Beteiligungsquote zum Bezug anbietet (Koch in: Hüffer/Koch, AktG, 13. Auflage 2018, Rz. 44; Scholz in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, AktG, 4. Auflage 2015, § 57 Rz. 146). Hierin liegt an sich ein Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts, woran auch die Begründung eines abgeleiteten, vertraglichen Bezugsrechts grundsätzlich nichts zu ändern vermag (Koch in: Hüffer/Koch, a.a.O., § 186 Rz. 44). Durch § 186 Abs. 5 AktG sind mittelbare Bezugsrechtsemissionen jedoch von den strengen materiellen und förmlichen Anforderungen eines Bezugsrechtsausschlusses befreit. Voraussetzung dafür, dass die Regelung nicht als Bezugsrechtsausschluss anzusehen ist, ist jedoch nach ganz herrschender Meinung, dass bereits im Kapitalerhöhungsbeschluss festgelegt wird, dass dem die Aktien übernehmenden Emissionsunternehmen die Verpflichtung aufzuerlegen ist, „sie [d.h. die Aktien] den Aktionären zum Bezug anzubieten“ (Scholz in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, a.a.O., Rz. 148; MünchKomm-Schürnbrand, AktG, 4. Auflage 2016, § 186 Rz. 155; Koch in: Hüffer/Koch, a.a.O., § 186 Rz. 49; Servatius in Spindler/Siltz, AktG, 6. Auflage 2010, § 186 Rz. 70; vgl. auch OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Nürnberg
, Teilurteil v. 12.03.1996 – 6 U 470/96, NZG 1998, 552, 553).Randnummer96

Die Antragstellerin hat sich vorliegend für ein mittelbares Bezugsrecht entschieden. Dies ist in dem angefochtenen Beschluss nicht nur dadurch zum Ausdruck gebracht worden, dass ausdrücklich von einem mittelbaren Bezugsrecht die Rede ist, sondern schon dadurch, dass ausweislich des Beschlusses die Aktionäre die Aktien nicht direkt von der Gesellschaft erhalten sollen, sondern ein Dritter – und zwar ein Kreditinstitut – die Aktien zeichnen soll. In diesem Fall sind die Vorgaben des § 186 Abs. 5 AktG zu beachten, weil nur dann die Fiktion greift, dass kein Bezugsrechtsausschluss vorliegt.Randnummer97

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin genügt der Beschluss diesen Vorgaben, auch wenn in dem gefassten Beschluss nicht wörtlich die Verpflichtung des Kreditinstituts zum Bezugsangebot an die Aktionäre enthalten ist, weil das von der Hauptversammlung beschlossene Modell inzident – und zwingend – die Verpflichtung des Kreditinstituts enthält, die übernommenen Aktien den Aktionären zum Bezug anzubieten.Randnummer98

Die Frage, ob die Vorgaben des § 186 Abs. 5 AktG eingehalten sind, kann nicht losgelöst von dem Regelungszweck der Vorschrift beantwortet werden. § 186 Abs. 5 AktG ist geschaffen worden, um einerseits für die Gesellschaften ein vereinfachtes Verfahren zu schaffen, andererseits zu gewährleisten, dass die bezugsberechtigten Aktionäre im Vergleich zum unmittelbaren Bezugsrecht keine Nachteile erfahren (Seibt/Voigt, Kapitalerhöhungen zu Sanierungszwecken, AG 2009, 133, 136). Aus diesem Grund war bei der Neufassung des AktG im Regierungsentwurf zunächst vorgesehen, dass auch bei Übernahme der Aktien durch einen Dritten, der sich verpflichtet, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten, ein Ausschluss des BezugsrechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ausschluss
Ausschluss des Bezugsrechts
vorliegt, mit der Folge, dass eine ¾-Mehrheit für einen Beschluss über die Kapitalerhöhung erforderlich gewesen wäre (vgl. Drucksache IV/171 zu § 174 S. 192). Erst nach Verhandlungen im Rechtsausschuss ist dann die Regelung des heutigen § 186 Abs. 5 AktG in den Entwurf aufgenommen worden, wonach jedenfalls dann, wenn ein Kreditinstitut die Aktien mit der Verpflichtung übernimmt, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten, dies nicht als Ausschluss des BezugsrechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ausschluss
Ausschluss des Bezugsrechts
anzusehen ist (Drucks. IV/3296 S. 107). Dies verdeutlicht, dass Ziel dieser Regelung die Sicherung des Bezugsrechts der Aktionäre ist, die durch eine von der Hauptversammlung beschlossene Verpflichtung des Kreditinstituts zum Angebot an die Aktionäre gewährleistet werden soll.Randnummer99

Diese Sicherung wird hier dadurch gewährleistet, dass nach der von der Hauptversammlung beschlossenen Ausgestaltung des mittelbaren Bezugsrechts – anders als im Regelfall, in dem das Kreditinstitut zunächst die Aktien übernimmt und erst dann das Bezugsangebot den Aktionären unterbreitet – das Bezugsangebot an die Aktionäre bereits erfolgen muss, bevor das Kreditinstitut die Aktien zeichnet und übertragen erhält. Dies ergibt sich daraus, dass ausweislich des Beschlusses die Aktien innerhalb der Bezugsfrist angeboten und erst im Anschluss und (nur) im Umfang der ausgeübten Bezugsrechte von einem Kreditinstitut gezeichnet werden sollen. Da das Bezugsangebot bei einer mittelbaren Bezugsrechtsemission von dem Emissionsunternehmen erfolgt und lediglich von der Gesellschaft bekannt gemacht wird (Scholz, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, a.a.O., § 57 Rz. 152), ergibt sich daraus zwingend, dass das Kreditinstitut bei der hier von der Hauptversammlung beschlossenen Konstruktion den Aktionären das Angebot zum Bezug machen muss, bevor es – und auch nur im Umfang der ausgeübten Bezugsrechte – Aktien übernehmen kann.Randnummer100

Dadurch ist sichergestellt, dass das Kreditinstitut die Aktien erst zeichnet und übertragen erhält, wenn der Aktionär bereits einen gesicherten Anspruch auf Zuteilung der Aktien erworben hat. Denn mit Ausübung des Bezugsrechts auf ein entsprechendes Bezugsangebot hin erwirbt der Aktionär einen auf die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung aufschiebend bedingten Anspruch auf Abschluss eines Aktienkaufvertrags und damit eine ähnliche Rechtsposition wie im Falle des Direktbezugsrechts, da auch hier der konkrete Bezugsanspruch immer unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung im Handelsregister steht (Seibt/Voigt, a.a.O., AG 2009, 133, 136). Die getroffene Regelung, wonach das Bezugsangebot des Kreditinstituts vor der Zeichnung und Übernahme der Aktien durch das Kreditinstitut zu erfolgen hat, enthält damit zugleich inzident die Verpflichtung für das Kreditinstitut, den Aktionären die Aktien zum Bezug anzubieten. Ist aber der durch § 186 Abs. 5 AktG intendierte Schutz der Aktionäre vor etwa aus dem mittelbaren Bezugsrecht resultierenden Nachteilen durch die Verpflichtung des Kreditinstituts, zunächst das Bezugsangebot an die Aktionäre zu machen, bevor es die Aktien im Umfang der ausgeübten Bezugsrechte zeichnen kann, in vollem Umfange gewährleistet, ist die wörtliche Wiedergabe des § 186 Abs. 5 AktG im Hauptversammlungsbeschluss, wonach die Aktien von einem Kreditinstitut mit der Verpflichtung übernommen werden, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten, nicht erforderlich.

bb)

Eine Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit des Beschlusses ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die Regelungen der § § 186 Abs. 3 und 4 AktG gegeben. Da wegen der Anwendbarkeit des § 186 Abs. 5 AktG kein Fall eines Bezugsrechtsausschlusses vorliegt, gelten diese Regelungen für die Beschlussfassung nicht. Aus dem gleichen Grund ist auch § 255 Abs. 2 AktG nicht anwendbar.

b)

Der Beschluss über die Kapitalerhöhung ist auch nicht wegen eines Eingriffs des Aufsichtsrats in die autonome Unternehmensleitung des Vorstands (§ 76 AktG) bei der Aufstellung des Investitionsplans nach § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar. Denn die Antragsgegnerin hat bereits nicht hinreichend dargelegt, dass der Aufsichtsrat seine ihm nach § 111 AktG zustehenden Kompetenzen überschritten hat.Randnummer103

Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, der Aufsichtsrat habe zusammen mit dem Vorstand den Investitionsplan, der der Kapitalerhöhung zugrunde liegt, aufgestellt, sind die von der Antragsgegnerin insoweit genannten Indizien nicht geeignet, einen Eingriff des Aufsichtsrats in die Kompetenzen des Vorstands zu belegen. Insbesondere kann eine gemeinsame Entwicklung und gleichberechtigte Aufstellung des Investitionsplans durch Vorstand und Aufsichtsrat den Verlautbarungen der Antragstellerin nicht entnommen werden. Zwar ist in der Ad-hoc-Mitteilung der Antragstellerin vom 25.05.2018 die Rede von einem vom Vorstand und Aufsichtsrat aufgestellten Investitionsplan. Auch hat die Antragstellerin in der Einberufung zur Hauptversammlung zu TOP 9 formuliert:Randnummer104

„Ein von Vorstand und Aufsichtsrat aufgestellter Investitionsplan sieht zur weiteren Neuaufstellung der Gesellschaft … verschiedene beabsichtigte strategische Projekte vor… Zur Finanzierung dieser Projekte…beabsichtigt die Gesellschaft, eine Barkapitalerhöhung…durchzuführen…“.Randnummer105

Diese Verlautbarungen lassen jedoch nicht zwingend (oder auch nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit) darauf schließen, dass der Aufsichtsrat der Antragstellerin den Investitionsplan zusammen mit dem Vorstand aufgestellt und verabschiedet oder dem Vorstand diesbezüglich Vorgaben gemacht hätte.Randnummer106

Auf die in der Hauptversammlung gestellte Frage von Rechtsanwalt Z7 (Frage 15), wer den Investitionsplan erstellt hat und wann dazu Beschlüsse von Vorstand und Aufsichtsrat erfolgt sind, hat die Antragstellerin ausweislich des Antwortenausdrucks Nr. 119 geantwortet, dass dieser vom Vorstand erstellt und von Aufsichtsrat und Vorstand am 09.03.2018 beschlossen worden sei. Zudem hat sie auf die Frage Nr. 263 dargelegt, dass der Investitionsplan dem Aufsichtsrat zwei Wochen vor der Sitzung zugeleitet worden sei.Randnummer107

Nach diesen Antworten hat der Aufsichtsrat den Investitionsplan gerade nicht (auch nicht mit-) erstellt und kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass Vorstand und Aufsichtsrat den Investitionsplan gemeinsam erarbeitet hätten. Allein aus der Wortwahl in den oben genannten Verlautbarungen kann auch nicht geschlossen werden, dass die gegebenen Antworten falsch sind. Denn diese Wortwahl kann auch dadurch bedingt gewesen sein, dass es vor der Beschlussfassung Gespräche zwischen Vorstand und Aufsichtsrat über den vom Vorstand erstellten Investitionsplan gegeben hat, hierüber Einigkeit bestanden hat und deswegen der Plan auch von beiden Organen – einvernehmlich – verabschiedet worden ist. Selbst wenn über das Strategiepapier vor der Beschlussfassung zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat gesprochen worden wäre, würde dies noch keinen Eingriff des Aufsichtsrats in die Geschäftsführung des Vorstands darstellen. Denn die Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat beschränkt sich nicht auf die nachträgliche Kontrolle, sondern gibt dem Aufsichtsrat die Möglichkeit und Pflicht zur Beratung der Geschäftsführung und Entscheidung über die künftige Unternehmenspolitik. Diese Beratungspflicht versteht sich – gleichsam im Sinne einer in die Zukunft gerichteten und damit präventiven Kontrolle als Teil der allgemeinen Überwachungspflicht und bezieht sich auf die „Leitung“ der Gesellschaft und damit auf die strategische Unternehmensführung (MünchKomm-Habersack, AktG, 4. Auflage 2014, § 111 Rz. 12). Da Strategiegespräche als solche keinen Kompetenzverstoß beinhalten, hätte die Antragsgegnerin vielmehr dartun müssen, dass es über solche Gespräche hinaus eine konkrete Einflussnahme des Aufsichtsrats im Sinne einer Vorgabe an den Vorstand gegeben hätte. Hieran fehlt es.

c)

Der Beschluss ist auch nicht wegen eines Treueverstoßes bzw. einer Rechtsmissbräuchlichkeit der Kapitalerhöhung nichtig oder nach § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar.

aa)

Ein Treueverstoß kann zunächst nicht daraus hergeleitet werden, dass es – wie die Antragsgegnerin geltend macht – „keinen sachlichen Grund für die Kapitalerhöhung“ gebe, sondern diese nur vorgeschoben sei. Auch die Antragsgegnerin selbst räumt insoweit ein, dass eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsansprüchen der Aktionäre nach ganz herrschender Meinung grundsätzlich keiner sachlichen Rechtfertigung bedarf (vgl. nur Schürnbrand in Münchener Kommentar, AktG, 4. Auflage 2016, § 182 Rn. 28 m.w.N.). Mangels eines Bezugsrechtsausschlusses könnte ein Treueverstoß demnach allenfalls dann vorliegen, wenn die Antragstellerin einen Kapitalbedarf lediglich vorgespiegelt hätte, d.h. das eingenommene Geld gar nicht für die genannten Investitionen verwandt werden soll, sondern die Kapitalerhöhung missbräuchlich lediglich darauf abzielen würde, den Anteil der übrigen Aktionäre zu verwässern (Schürnbrand a.a.O.). Derartiges stellt die Antragsgegnerin indes lediglich substanz- und beweislos in den Raum.Randnummer110

Ihr ist zwar zuzugeben, dass die Antragstellerin nur ihre beabsichtigte Neuausrichtung begründet und die Zusammenfassung des Investitionsplans, in dem die einzelnen Projekte und der dafür aufzuwendende Kapitalbedarf genannt worden sind, vorgelegt hat, jedoch keine konkreten Pläne hinsichtlich der angedachten Maßnahmen im Einzelnen. Auch hat die Antragstellerin auf der Hauptversammlung erklärt, dass es noch keine Detailpläne, z.B. für die beabsichtigten Renovierungen, gebe. Lediglich das Hotel in der L-Republik ist bereits im Bau. Hieraus allein kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass der Kapitalbedarf nur vorgespiegelt ist. Vielmehr ist durchaus nachvollziehbar, dass noch keine genauen Projektplanungen vorliegen, weil die Realisierung der Projekte auch von der Durchführung der Kapitalerhöhung abhängig ist. Daraus darauf schließen zu wollen, dass die Projekte tatsächlich gar nicht realisiert werden sollen, ginge zu weit, zumal der Vorstand der Antragstellerin in der Hauptversammlung – unter anderem als Antwort auf die Fragen Nr. 98 und 103 – erklärt hat, dass seiner Ansicht nach jetzt eine Neuaufstellung der Gesellschaft geboten sei, nachdem drei Hotels veräußert worden sind, weswegen neue Produkte in das Portfolio aufgenommen werden sollen. Dass dazu auf die Grundstücke auch der I zurückgegriffen werden soll, ist zumindest nachvollziehbar. Das Hotel in der L-Republik ist bereits im Bau. Die angedachten Renovierungen sind ebenfalls in der Hauptversammlung unter anderem im Zusammenhang mit den Fragen Nr. 121, 124 erläutert worden.Randnummer111

Auch der Umstand, dass der Vorstand der Antragstellerin auf die Frage nach einer Garantie für die Verwendung der eingesammelten Gelder nach den Maßgaben des Investitionsplans die Abgabe einer solche im Hinblick auf § 93 AktG abgelehnt hat, rechtfertigt nicht den Schluss auf einen nur vorgespiegelten Kapitalbedarf. Denn der Vorstand hat die Ablehnung der Garantie ausweislich des Antwortenausdrucks Nr. 102 nachvollziehbar damit begründet, dass sich bei der weiteren Umsetzung ein Anpassungsbedarf am Investitionsplan ergeben könne, weswegen er sich nicht binden könne, die Mittel in der aktuell geplanten Weise aufzuwenden. Hieraus ergibt sich, dass Vorstand und Aufsichtsrat die Projekte zwar umsetzen, wegen eines möglichen Anpassungsbedarfs aufgrund veränderter Umstände aber keine Zusicherung über die Verwendung der Gelder geben wollen. Dass es nach der letzten Kapitalerhöhung teilweise eine Planänderung hinsichtlich des Einsatzes des eingeworbenen Gelder gegeben hat, vermag zwar ein gewisses Misstrauen der Aktionäre hinsichtlich der Absicht von Vorstand und Aufsichtsrat, die nunmehr eingeworbenen Gelder ausschließlich für die im Investitionsplan vorgesehenen Projekte zu verwenden, verständlich erscheinen lassen. Dies rechtfertigt jedoch noch nicht die Annahme eines nur vorgespiegelten Kapitalbedarfs, zumal Entscheidungen z.B. über einen Hotelneubau auch von der jeweils zum Zeitpunkt der geplanten Investition gegebenen Marktlage und anderen Wirtschaftsfaktoren abhängt.

bb)

Soweit die Antragsgegnerin einen Treueverstoß bzw. die Rechtsmissbräuchlichkeit des angefochtenen Beschlusses damit zu begründen sucht, dass die Kapitalerhöhung in Verbindung mit der zuvor erfolgten Gründung der B ein „Vehikel zur Gewinnverschiebung auf die herrschende Aktionärin“ sei, fehlt es auch ihrem diesbezüglichen Vorbringen an der notwendigen Substanz.Randnummer113

Ihr Vorwurf, die Antragstellerin habe ihren „gesamten und auch zukünftigen Hotelbetrieb“ in die von der Mehrheitsgesellschafterin beherrschte B eingebracht, wodurch die Mehrheitsgesellschafterin einseitig an dem nunmehr geplanten Ausbau der Hotelbetriebe durch ihre überproportionale Beteiligung an der B und die Festschreibung der Beteiligungswerte profitiere und die Geschäftserlöse auf diese Weise verschoben würden, erweist sich im Ergebnis als nicht hinreichend stichhaltig.Randnummer114

Zunächst ist festzustellen, dass der Vorstand der Antragstellerin in der Hauptversammlung mehrfach, so u.a. auf die Fragen Nr. 33, 123 und 235, ausgeführt hat, dass die Antragstellerin in das Joint Venture lediglich die Betreiberverträge bzw. „zukünftige Ansprüche aus bestehenden Hotelbewirtschaftungsverträgen“ eingebracht habe. Er hat auf Nachfrage ausdrücklich verneint, dass die Hotels selbst in die B eingebracht worden seien und dargelegt, dass es Ziel der neu gegründeten Gesellschaft sei, die Bewirtschaftung von eigenen, aber auch fremden Hotels gegen Vergütung zu übernehmen. Die B erhält, wie der Vorstand auf der Hauptversammlung erläutert und die Antragstellerin im Verfahren unwidersprochen vorgetragen hat, für die Managementleistungen lediglich eine Vergütung von 2,5 % des Bruttoumsatzes und 10 % des angepassten Betriebsgewinns des Hotels. Hieraus ergibt sich, dass alle anderen Erträge und Gewinne weiterhin bei den Hotelbesitzgesellschaften verbleiben. Dafür, dass dies tatsächlich anders ist, die Auskünfte der Antragstellerin also unwahr sind, ist nichts ersichtlich und hat die Antragsgegnerin auch nichts Substanzielles dargetan.Randnummer115

Allerdings ist es zutreffend, dass die Beteiligungsquote der Gesellschafter an der B auf einen Stichtag festgeschrieben worden ist. Dies erweist sich aber unter Berücksichtigung des weiteren Parteivorbringens im Ergebnis als unschädlich. Denn diese Festschreibung gilt zum einen für beide Gesellschafter, also unabhängig davon, welcher Gesellschafter über die zunächst eingebrachten Betreiberverträge hinaus zukünftig weitere Hotelbetriebe von der B bewirtschaften lässt. So ist nach dem unbestrittenen Vortrag der Nebenintervenientin in der mündlichen Verhandlung auch keine Anpassung der Beteiligungsquote zu Lasten der Antragstellerin erfolgt, nachdem diese – ebenfalls unbestritten – nach dem Stichtag Hotels veräußert hatte, wodurch Vergütungen für die Bewirtschaftung dieser Hotels entfallen sind, die bei Ermittlung der Beteiligungsquote noch berücksichtigt worden waren.Randnummer116

Zum anderen – und dies ist entscheidend – erbringt die B für die Antragstellerin – wie auch für ihre anderen Auftraggeber – lediglich Dienstleistungen, für die sie eine – unbestritten – marktübliche Vergütung erhält bzw. erhalten soll. Eine solche Vergütung müsste die Antragstellerin, wenn sie sich denn – was ihr freisteht – dazu entschließt, die Leistungen nicht selbst zu erbringen, sondern bei einem Dritten „einzukaufen“, aber ohnehin erbringen, also unabhängig davon, ob und in welchem Umfang sie bzw. ihre Mehrheitsaktionärin an der Auftragnehmerin beteiligt ist. Auch wenn man die Mehrheitsaktionärin der Antragstellerin als durch die Errichtung und künftige Beauftragung der B Begünstigte ansieht, wäre dies allenfalls zu beanstanden, wenn ihr daraus entspringender Vorteil ökonomisch nicht zu rechtfertigen, also sachwidrig wäre, insbesondere gerade nicht zu marktüblichen Konditionen erfolgen würde (vgl. Schwab in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 243 Rn. 25; Hüffer/Schäfer in Münchener Kommentar, AktG, 4. Auflage 2016, § 243 Rn. 78, jeweils m.w.N., „Vergleichsmarktkonzept“). Hierfür ist indes nichts ersichtlich und hat die Antragsgegnerin auch nichts dargetan. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Antragstellerin unbestritten vorgetragen hat (Schriftsatz vom 02.11.2018, Seite 40 f.), dass die Hotels der D-Gruppe bislang durch die 100 % zum A/B-Konzern gehörende „Interhotelera“ bewirtschaftet wurden und hierfür ebenfalls eine Vergütung von der Antragstellerin gezahlt worden ist. Dadurch, dass die Leistungen nunmehr von der B übernommen wurden, an der die Antragstellerin ebenfalls beteiligt ist, partizipiert sie (erstmals) an den Gewinnen des von ihr beauftragten Dienstleisters.Randnummer117

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass es dem Vorbringen der Antragsgegnerin auch deshalb an der notwendigen Substanz fehlt, weil es widersprüchlich ist. Während sie einerseits behauptet, der von der Antragstellerin vorgelegte Investitionsplan und der daraus resultierende Kapitalbedarf für eine angebliche Geschäftsausweitung seien nur vorgeschoben (vgl. oben aa.), behauptet sie in Zusammenhang mit der soeben erörterten angeblichen Gewinnverschiebung auf die Mehrheitsaktionärin, die nach ihrem Vorbringen gerade über eine Ausweitung des Geschäftsbetriebs bewerkstelligt werden soll, Gegenteiliges, ohne diesen Widerspruch aufzulösen.

cc)

Der Antragsgegnerin steht ein Anfechtungsrecht wegen eines Treueverstoßes nach § 243 Abs. 1 AktG auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines faktischen Bezugszwangs zu, weil ein solcher nicht gegeben ist.Randnummer119

Nach herrschender Meinung wird ein Anfechtungsrecht angenommen, wenn im Rahmen einer Kapitalerhöhung ein zu niedriger Ausgabekurs zu einem faktischen Bezugszwang führt (vgl. Koch in: Hüffer/Koch a.a.O., § 182 Rz. 23, MünchKomm-Schürnbrand, AktG, a.a.O., § 182 Rz. 54; Seibt/Voigt, Kapitalerhöhung zu Sanierungszwecken, AG 2009, 133, 138 f.; Kiefner/Seibel, Reichweite und Grenzen des Verwässerungsschutzes nach § 255 Abs. 2 AktG, AG 2016, 301, 304 f.). Das Schrifttum verweist zur Begründung einhellig auf eine Entscheidung des OLG Stuttgart, das einen solchen Treueverstoß allerdings im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung bei einer GmbH bejaht hat. Es hat dies damit begründet, die Gesellschafter, die an der Kapitalerhöhung nicht teilnähmen, würden dadurch in ihren Interessen beeinträchtigt, dass sich ihre Anteilsquote zu Gunsten der neuen Anteile reduziere. Dies habe entsprechende Auswirkungen auf ihr Stimmrecht und ihre Gewinnerwartung. Die Gesellschafter würden einen zusätzlichen Nachteil erleiden, wenn die neuen Anteile zu einem unangemessen niedrigen Bezugspreis ausgegeben würden. In diesem Fall würde der Wert der „Altanteile“ verringert und die Differenz zwischen dem wahren und dem angesetzten Wert der neuen Anteile ohne angemessene GegenleistungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Gegenleistung
auf deren Erwerber übertragen (OLG Stuttgart, Urt. v. 01.12.1999 – 20 U 38/99, juris Rz. 103 = NZG 2000, 156.). Zur Vermeidung dieser Nachteile müsse deswegen der Ausgabepreis mit dem wirklichen Wert übereinstimmen. Würden die neuen Anteile unter Wert ausgegeben, könne der Gesellschafter bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht auf eine Erhöhung seiner Beteiligung verzichten; dies könne faktisch einer Nachschusspflicht gleichkommen (OLG Stuttgart a.a.O., Rz. 104 ff.).Randnummer120

Mit Blick darauf, dass das Gesetz in § 255 Abs. 2 AktG einen angemessenen Ausgabebetrag lediglich für den Fall des Bezugsrechtsausschlusses vorschreibt, sind an die Bejahung eines solchen faktischen Bezugszwangs im Aktienrecht jedoch tendenziell hohe Anforderungen zu stellen. Dabei wird im Schrifttum ein Abschlag von 50 % auf den wahren, inneren Wert noch nicht als faktischer Bezugszwang angesehen (MünchKomm-Schürnbrand a.a.O., § 182, Rz 54 Fn.165 unter Verweis auf: Kocher/Feigen, CFLaw 2013, 116, 122 f.; Seibt, Der Konzern 2009, 261, 266). Generell müsse von einer Treuwidrigkeit der Festsetzung und damit einer Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses ausgegangen werden, wenn der Ausgabebetrag nicht unerheblich vom Börsenkurs oder dem Unternehmenswert abweiche (Mock in: Hirte/Mülbert/Roth, AktG, 5. Auflage 2017, § 9 Rz. 98; Marsch-Barner in Bürgers/Köber, AktG, 4, Auflage 2017, § 186 Rz. 4).Randnummer121

Teilweise wird hingegen vertreten, dass bei börsennotierten Gesellschaften schon allgemein, jedenfalls aber dann, wenn ein Bezugsrechtshandel eingerichtet wird oder die Emissionsbank den Verkauf von Bezugsrechten vermittelt, eine Beeinträchtigung der Interessen der Altaktionäre auch bei einem zu niedrigen Bezugspreis ausgeschlossen ist (MünchKomm-Schürnbrand a.a.O., § 182 Rz. 54; Seibt/Voigt, Kapitalerhöhung zu Sanierungszwecken, AG 2009, 133, 138 f.).Randnummer122

Letzteres kann jedoch dahinstehen. Denn selbst wenn man davon ausginge, dass auch bei börsennotierten Gesellschaften ein faktischer Bezugszwang bei einem zu niedrigen Ausgabekurs anzunehmen ist, sofern keine Vermittlung von Bezugsrechten durch die Gesellschaft oder die Emissionsbank vorgenommen wird, kann vorliegend schon nicht festgestellt werden, dass die Hauptversammlung einen Beschluss über einen Ausgabebetrag gefasst hat, der nicht unerheblich vom Börsenkurs oder dem Unternehmenswert abweicht.Randnummer123

Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Hauptversammlung den Ausgabebetrag noch gar nicht festgesetzt hat, sondern dieser erst noch vom Vorstand festgesetzt werden muss. Eine Delegation der Festlegung des Ausgabebetrags der Aktien durch die Hauptversammlung auf den Vorstand, wie sie hier erfolgt ist, ist zulässig, da die Hauptversammlung nach § 182 Abs. 3 AktG nur den Mindestbetrag festsetzen muss (MünchKomm-Schürnbrand a.a.O., § 182 Rz. 49). Der Vorstand ist in der Bemessung des Bezugskurses bis zur Grenze des faktischen Bezugsrechtsausschlusses frei (Seiler, Aktuelle Rechtsfragen bei Bezugsrechtsemissionen, WM 2003, 2175, 2177). Sollte der Vorstand seinen Pflichten bei der Bemessung des Ausgabebetrags nicht gerecht werden und den Ausgabepreis zu niedrig festsetzen, würde er gegebenenfalls auf Schadensersatz nach § 93 AktG haften. Eine solche Pflichtwidrigkeit hätte jedoch nicht die Rechtswidrigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses zur Folge. Denn die Hauptversammlung hat dem Vorstand keine Vorgaben zur Festsetzung eines Ausgabekurses gemacht, erst recht keine die diesen zur Festsetzung eines Ausgabekurses verpflichtet hätte, der mehr als 50 % unter dem Börsenkurs oder dem inneren Wert des Unternehmens liegt.Randnummer124

Eine solche Festlegung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Vorstand seinerseits angegeben hat, dass er eine Kapitalerhöhung von 200 Mio. € anstrebt und dieser Betrag dividiert durch die maximale Anzahl der auszugebenden Aktien einen Betrag von 6,73 € ergibt, der unter dem Börsenkurs zum Zeitpunkt der Hauptversammlung liegt, der bei circa 8,00 € lag. Dies hat nicht zur Folge, dass der Vorstand infolge des Beschlusses der Hauptversammlung über die Kapitalerhöhung verpflichtet wäre, diesen Preis festzusetzen. Denn der Vorstand ist zur bestmöglichen Vermarktung der neuen Aktien verpflichtet. Insoweit ist er auch verpflichtet, die Entwicklung des Börsenkurses in der Zwischenzeit nicht außer Acht zu lassen.Randnummer125

Zum anderen hat die Antragsgegnerin – auch wenn es nach dem Vorgesagten darauf nicht mehr ankommt – bereits nicht hinreichend dargelegt, dass der innere Wert der Aktien bei, wie sie behauptet, über 20,00 € liegt und deswegen ein Betrag in der von ihr zum Maßstab gemachten Größenordnung von 6,73 € mehr als 50 % unter dem inneren Wert liegen würde. Es ist schon fraglich, wie der innere Wert zu berechnen ist. Dieser ist zwar nicht identisch mit dem Börsenkurs, weil dieser lediglich widerspiegelt, zu welchem Preis am Markt die Beteiligung jederzeit veräußert werden kann. Gleichwohl kann der Börsenkurs auch nicht ganz außer Acht gelassen werden, weil er die Einschätzung des Marktes wiedergibt, welchen Wert die Anteile an der Gesellschaft (derzeit) haben. Würde man auf einen anderen Wert abstellen, würde dies dazu führen, dass eine Kapitalerhöhung bei einem niedrigen Börsenkurs grundsätzlich ausgeschlossen wäre, wenn dieser deutlich (mehr als 50 %) unter dem Buchwert oder einem wie auch immer berechneten höheren inneren Wert der Aktie liegen würde. Stellt man auf den Buchwert ab, den die Antragstellerin zutreffend mit 12,47 € berechnet hat, würde selbst der von der Antragsgegnerin zum Maßstab gemachte Betrag von 6,73 € keinen Abschlag von mehr als 50 % auf diesen Wert beinhalten. Von einem weitaus höheren inneren Wert der Aktie kann schließlich auch nicht mit Blick auf die im Juli 2017 erfolgte Äußerung des Aufsichtsratsvorsitzenden der Antragstellerin ausgegangen werden, wonach von einem inneren Wert der Antragstellerin von einer Milliarde € auszugehen sei, was einem Wert von über 50 € je Aktie entspräche. Unabhängig davon, dass schon keine sachlichen Anknüpfungspunkte für eine solche Einschätzung ersichtlich sind, soll die Äußerung des Aufsichtsratsvorsitzenden nach der unwidersprochenen Darstellung der Antragstellerin im Zusammenhang mit der zuvor erfolgten Veräußerung eines Hotels gefallen und lediglich darüber gesprochen worden sein, dass auf der Grundlage dieser Bewertung umgelegt auf die gesamte D-Gruppe ein solcher Wert perspektivisch und langfristig errechnet werden könne. Hieraus kann kein sicherer Rückschluss auf den tatsächlichen inneren Wert der Aktie im Jahr 2018 gezogen werden.

d)

Die Antragsgegnerin kann die Anfechtungsklage auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des Informationsrechts nach § 131 AktG stützen.

aa)

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ergibt sich eine solche unzulässige Beschränkung des Informationsrechts nicht daraus, dass der Versammlungsleiter um 20.00 Uhr die Rednerliste ohne vorherige Ankündigung geschlossen hat.

(1)

Die Antragstellerin hat in § 22 Abs. 3 ihrer Satzung von der in § 131 Abs. 2 AktG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Versammlungsleiter zu ermächtigen, das Frage- und Rederecht eines Aktionärs zeitlich angemessen zu beschränken und Näheres dazu zu bestimmen. Zudem ist der Versammlungsleiter hiernach berechtigt, bereits zu Beginn der Hauptversammlung oder während ihres gesamten Verlaufs einen zeitlich angemessenen Rahmen für den ganzen Hauptversammlungsverlauf, für einzelne Tagesordnungspunkte oder für einzelne Rede- oder Fragebeiträge festzusetzen. Fehlerhafte Beschränkungen der Rede- und Fragezeit stellen zwar einen relevanten Verfahrensfehler dar, weil hierdurch in das Auskunftsrecht der Aktionäre eingegriffen wird (vgl. Mülbert in: Hirte/Mülbert/Roth, AktG, 5. Auflage 2015, § 129 Rz. 242). Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände stellte jedoch die unangekündigte Schließung der Rednerliste um 20.00 Uhr keinen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dar, der bei Beschränkungen der Rede- und Fragezeit zu beachten ist.Randnummer129

Das Recht eines Aktionärs, während der Hauptversammlung reden zu können und Informationen zu erhalten, ist durch das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. Deswegen müssen sich Beschränkungen dieses Rechts am Maßstab der Verhältnismäßigkeit messen lassen (OLG Frankfurt, Urt. v. 12.02.2008 – 5 U 8/07, juris Rz. 439 = AG 2008, 592 f.), wobei dies sowohl für die Ermächtigung in der Satzung als solche als auch für die konkrete Maßnahme in der Hauptversammlung durch den Versammlungsleiter gelten muss. Der Grundsatz der VerhältnismäßigkeitBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Grundsatz
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
ist dabei nur gewahrt, wenn die Maßnahme auch im Einzelfall geeignet, erforderlich und dem Zweck angemessen ist (LG München, Urt. v. 11.12.2008, 5 HKO 15201/08, juris Rz. 45 = AG 2009, 382 ff.). Die Einschränkung des Rede- und Fragerechts dient dabei dem Zweck sicherzustellen, dass die Hauptversammlung in einem zeitlich angemessenen Rahmen abgewickelt werden kann.Randnummer130

Um diesen Zweck zu erreichen kann der Versammlungsleiter auch die Schließung der Rednerliste, also die vollständige Verweigerung der Annahme weiterer Wortmeldungen über die bereits bestehenden Wortmeldungen hinaus anordnen, wenn trotz Beschränkung der Rede- und Fragezeit auf fünf Minuten absehbar ist, dass andernfalls die Hauptversammlung nicht rechtzeitig beendet werden kann (Mülbert in: Hirte/Mülbert/Roth, a.a.O., § 129 Rz. 210). Da die Schließung der Rednerliste gegenüber einer generellen Redezeitbeschränkung den tieferen Eingriff in das mitgliedschaftliche Rederecht darstellt, setzt sie zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes voraus, dass eine weitere zeitliche Limitierung des Rederechts nicht zu einer gesetzmäßigen Abwicklung der Hauptversammlung führen kann (MünchKomm-Kubis, AktG, 4. Auflage 2018, § 119 Rz. 168 m.w.N.; Ziemons in: K.Schmidt/Lutter, AktG, 3. Auflage 2015, § 129 Rz. 85; Mülbert in: Hirte/Mülbert/Roth, AktG, 5, Auflage 2015, § 129 Rz. 210).Randnummer131

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin führt die Schließung der Rednerliste nicht zwingend schon dann zu einer Anfechtbarkeit der danach gefassten Beschlüsse, wenn sie – wie hier – nicht vorher angekündigt worden ist.Randnummer132

Allerdings ist die Frage streitig, wobei eine herrschende Meinung Rechtsprechung und Literatur nicht entnommen werden kann. Nach der Auffassung von Koch (in: Hüffer/Koch, a.a.O., § 131 Rz. 49) sollten sowohl der Schluss der Rednerliste als auch der Schluss der Debatte vom Versammlungsleiter zuvor angekündigt werden. Daraus folgert er aber nicht ausdrücklich, dass ein Schluss der Rednerliste ohne Ankündigung in einem solchen Fall zwingend die Rechtswidrigkeit des Beschlusses nach sich zieht, sondern verweist darauf, dass entscheidender rechtlicher Maßstab für die Zulässigkeitsbeurteilung das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist. Nach der Auffassung von Ziemons bedarf der Schluss der Rednerliste hingegen stets der Ankündigung (Ziemons in: K.Schmidt/Lutter, a.a.O., § 129 Rz. 85). Soweit sie hierfür auf einen Beschluss des OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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verweist, in dem die Schließung der Rednerliste als verhältnismäßig gewertet worden ist, weil diese 30 Minuten vorher angekündigt worden war und jeder anwesende Aktionär ausreichend Zeit gehabt habe, sich zu überlegen, ob er noch einen Redebeitrag leisten wolle (OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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; Beschl. v. 08.02.2008 – 12 W 185/05, juris Rz. 71 = AG 2006, 249 ff.), ergibt sich aus dieser Entscheidung indes nicht, dass die Schließung der Rednerliste ohne Ankündigung in jedem Fall rechtswidrig wäre. Soweit die Antragsgegnerin für ihre Auffassung auch Hoffmann-Becking zitiert (in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts a.a.O., § 37 Rz. 64), hält dieser eine Ankündigung nicht zwingend für erforderlich, sondern ist der Auffassung, dass es sich in der Regel empfehle, die Schließung der Rednerliste mit angemessener Frist (zehn Minuten) anzukündigen. Auf den Beschluss des OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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bezieht sich auch Mülbert (in: Hirte/Mülbert/ Roth, AktG, 5, Auflage 2015, § 129 Rz. 210), der eine Ankündigung für erforderlich hält, damit jeder Aktionär noch Gelegenheit hat, sich auf die Rednerliste setzen zu lassen. Die Ankündigung sei aber dann entbehrlich, wenn für alle Aktionäre aufgrund der fortgeschrittenen Zeit offensichtlich sei, dass eine Beendigung der Hauptversammlung bis Mitternacht im Zweifel stehe.Randnummer133

Kubis (MünchKomm-Kubis a.a.O., § 119 Rz. 168) hingegen hält eine Ankündigung schon deswegen nicht für erforderlich, weil sonst das mit ihr bezweckte Ziel – nämlich der Ausschluss weiterer Wortmeldungen – nicht zu erreichen wäre. Ek (Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, 3. Auflage 2018, Rz. 324) befürwortet ebenfalls eine Schließung der Rednerliste ohne vorherige Ankündigung. Dies begründet er damit, dass es kein schutzwürdiges Interesse der Aktionäre gebe, vor der Schließung der Rednerliste noch einmal ausdrücklich „gewarnt“ zu werden, dass diese Maßnahme bevorsteht. Auch habe ein Aktionär in der Hauptversammlung mehrere Stunden Zeit, sich auf die Rednerliste setzen zu lassen. Zudem sei die Androhungspflicht nicht praxisgerecht, weil der Versammlungsleiter üblicherweise zumeist erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Hauptversammlung ersehen könne, dass Wortmeldungen in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht mehr ordnungsgemäß erledigt werden können. In diesem Fall die Schließung der Rednerliste androhen zu müssen, würde nur dazu führen, dass weitere Wortmeldungen eingehen, von denen der Versammlungsleiter bereits wisse, dass für diese realistischerweise keine ausreichende Zeit mehr zur Verfügung stehe.Randnummer134

Nach Auffassung des Senats kann auch unter Berücksichtigung des Meinungsstandes in Rechtsprechung und Literatur kein Grundsatz aufgestellt werden, wonach die unangekündigte Schließung der Rednerliste in jedem Fall die Anfechtbarkeit der danach gefassten Beschlüsse nach sich zieht. Vielmehr richtet sich die Beantwortung der Frage, ob eine unangekündigte Schließung der Rednerliste die anschließend gefassten Beschlüsse anfechtbar macht, danach, ob die unangekündigte Schließung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls verhältnismäßig ist. Zwar spricht für eine grundsätzliche Ankündigungspflicht, dass die Aktionäre nicht von der Schließung der Rednerliste überrumpelt werden sollen und sichergestellt werden muss, dass ihnen ihr Recht nicht ohne Not abgeschnitten wird. Andererseits ist sicherzustellen, dass die Hauptversammlung ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Wäre der Schluss der Rednerliste in jedem Fall anzukündigen, wäre der Ausschluss weiterer Wortmeldungen nicht zu erreichen, weil sich in der verbleibenden Zeit ab Ankündigung noch weitere Aktionäre auf die Rednerliste setzen lassen könnten. Dies könnte je nach konkreten Umstände des Einzelfalls jedoch dazu führen, dass die ordnungsgemäße Durchführung und Beendigung der Hauptversammlung noch am gleichen Tag gefährdet ist, wenn nämlich trotz bereits erfolgter Begrenzung der Redezeit zu besorgen wäre, dass im Rahmen der ab Ankündigung eingereichten weiteren Wortmeldungen erneut umfangreiche Fragen gestellt werden, deren Beantwortung eine erhebliche Zeit in Anspruch nehmen wird, und wenn darauf zu erteilende Antworten in der noch verbleibenden Zeit gegebenenfalls nicht mehr abgearbeitet werden könnten, ohne die zeitgerechte Beendigung der Hauptversammlung noch am selben Tag zu gefährden. Wegen der Vielzahl der möglichen Fallgestaltungen kommt es demnach auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, ob eine unangekündigte Schließung der Rednerliste verhältnismäßig ist oder nicht.

(2)

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und der hier gegebenen Umstände widersprach die unangekündigte Schließung der Rednerliste im konkreten Fall nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.Randnummer136

Da bei der Einberufung der HauptversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einberufung
Einberufung der Hauptversammlung
Hauptversammlung
auf einen Tag die absolute Höchstgrenze die Mitternachtsstunde dieses Tages ist, und bei Überschreiten die nicht mehr an diesem Tag zustande gekommenen Beschlüsse nichtig sind (Mülbert in: Hirte/Mülbert/Roth a.a.O., § 129 Rz. 177), darf der Versammlungsleiter durch versammlungsleitende Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass es zu keiner Zeitüberschreitung kommt. Dies hat der Versammlungsleiter hier zunächst dadurch getan, dass er um 19:00 die Redezeit auf fünf Minuten pro Wortmeldung begrenzt hat.Randnummer137

Da die Debatte auch unter Berücksichtigung der Pausen um 19:00 Uhr bereits 6 Stunden und 20 Minuten angedauert hatte, war angesichts der fortgeschrittenen Zeit und der Notwendigkeit, die Hauptversammlung noch am gleichen Tag zu schließen, die Begrenzung der Redezeit angemessen, was auch die Antragsgegnerin nicht in Frage stellt. Dies gilt auch angesichts der Tatsache, dass es in dieser Hauptversammlung um eine Kapitalerhöhung und damit eine schwerwiegende Strukturmaßnahme ging, da sich die Debatte ausweislich des Protokolls fast ausschließlich mit dieser Frage beschäftigt hatte und insgesamt – unbestritten – zu 290 Fragen Stellung genommen worden war.Randnummer138

Dabei ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auch davon auszugehen, dass diese Begrenzung der Redezeit sowohl das Rede- als auch das Fragerecht beinhaltet hat, auch wenn im Protokoll nur das Rederecht erwähnt worden ist. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob, wie die Antragstellerin behauptet, der Versammlungsleiter ausdrücklich auch das Fragerecht eingeschränkt hat. Denn selbst wenn der Versammlungsleiter nur das Rederecht erwähnt haben sollte, ist davon auszugehen, dass sich die Redezeitbeschränkung auf beide Rechte bezogen hat. Gerade weil der Übergang von Rede und Frage fließend ist und eine trennscharfe Abgrenzung deswegen oft nicht möglich sein wird, kann in einer Hauptversammlung, in der, wie hier, Redebeiträge und Fragen zur Kapitalerhöhung in den einzelnen Redebeiträgen zusammen erfolgt sind und die Fragen den wesentlichen Raum eingenommen haben, eine Einschränkung des Rederechts nur als Einschränkung beider Rechte verstanden werden. So behauptet die Antragsgegnerin denn auch nicht, dass ihre Vertreter dies in der Hauptversammlung anders verstanden hätten.Randnummer139

Angesichts des Verlaufs der Debatte, insbesondere auch nach Beschränkung der Redezeit durfte der Versammlungsleiter um 20:00 Uhr auch eine unangekündigte Schließung der Rednerliste als erforderlich ansehen, um die Hauptversammlung rechtzeitig beenden zu können. Der Versammlungsleiter war verpflichtet sicherzustellen, dass alle ausstehenden Tagesordnungspunkte erledigt werden können, insbesondere die ausstehenden Abstimmungen darüber noch erfolgen können, und musste dabei mögliche weitere Verzögerungen einkalkulieren. Nach der Redezeitbegrenzung um 19:00 Uhr hatte ausweislich des Protokolls Rechtsanwalt Z7 das Wort und redete 6 Minuten, in denen er nochmals Fragen an die Verwaltung stellte und um Mitteilung bat, wann die als nicht beantwortet gerügten Fragen zu Protokoll des Notars aufgenommen werden können und wie dies geschehen solle. Die Fragen wurden von Frau Z1 bis ca. 19:53 Uhr beantwortet. Da um 20:00 Uhr noch 4 weitere Wortmeldungen vorlagen und zwar die von Rechtsanwalt Z7, Herrn Z16, Herrn Z17 und Rechtsanwalt Z6, war angesichts des benötigten Zeitraums allein für die Beantwortung der zuvor gestellten Fragen von Rechtsanwalt Z7 zu besorgen, dass auch bei zeitlich auf fünf Minuten begrenzten Redebeiträgen die Beantwortung der zu erwartenden Fragen der noch gemeldeten Redner einen ähnlich großen Zeitraum in Anspruch nehmen könnte.Randnummer140

Bei der Frage, ob die Rednerliste angesichts dessen und der bereits fortgeschrittenen Stunde unangekündigt geschlossen werden konnte, durfte der Versammlungsleiter zum einen berücksichtigen, dass schon die Redezeitbegrenzung ein klares Signal dahingehend war, dass die Zeit eingeteilt werden musste. Dies war bei den hier gegebenen Umständen Warnung genug, dass der Versammlungsleiter weitere Maßnahmen wie die Schließung der Rednerliste ergreifen könnte, um die ordnungsgemäße Durchführung der Hauptversammlung zu gewährleisten. Zum anderen musste der Versammlungsleiter auch den Zeitaufwand für die nach Schluss der Debatte noch erforderlichen Maßnahmen berücksichtigen. So war wegen der Ankündigung von Frau Z3 und Rechtsanwalt Z7, dass nicht beantwortete Fragen zu Protokoll gegeben werden sollen, der Zeitaufwand hierfür einzukalkulieren. Auch bestand die Notwendigkeit, über die einzelnen Tagesordnungspunkte noch abzustimmen, wobei der Versammlungsleiter angesichts der Erfahrungen in der Hauptversammlung 2015 einkalkulieren musste, dass eine Zeitersparnis durch die Beschränkung der Feststellung über die Beschlussfassung nach § 130 Abs. 2 S. 3 AktG wegen eines möglichen Widerspruchs eines Aktionärs oder eines Aktionärsvertreters nicht würde erreicht werden können.Randnummer141

Ohne eine unangekündigte Schließung der Rednerliste bestand aus der maßgeblichen ex-ante Sicht mithin insoweit die Gefahr, dass die Hauptversammlung nicht vor Mitternacht beendet werden kann, wenn außer den um 20:00 Uhr bereits vorliegenden Wortmeldungen nach einer Ankündigung der Schließung der Rednerliste noch weitere Wortmeldungen erfolgen würden. Insoweit durfte der Versammlungsleiter auch berücksichtigen, dass sich insbesondere in den letzten Stunden vor Schließung der Rednerliste im Wesentlichen nur noch dieselben vier Aktionäre und Aktionärsvertreter beteiligt hatten, darunter auch die noch auf der Rednerliste gemeldeten, Rechtsanwalt Z7, Herr Z17 und Rechtsanwalt Z6. Angesichts der von ihnen gestellten umfangreichen Fragen war nicht nur, wie ausgeführt, damit zu rechnen, dass ihre in der beschränkten Redezeit zu erwartenden Fragen gegebenenfalls umfangreiche Antworten des Vorstands erforderlich machen würden. Es konnte insbesondere auch nicht ausgeschlossen werden, dass im Falle einer Ankündigung der Schließung der Rednerliste weitere Wortmeldungen derselben Aktionäre und Aktionärsvertreter erfolgen würden, im Rahmen derer sie weitere Fragen gestellt hätten, deren Beantwortung durch den Vorstand einen weiteren erheblichen Zeitraum benötigt hätte, weswegen die rechtzeitige Beendigung der Hauptversammlung unter Berücksichtigung aller noch erforderlichen Maßnahmen hätte gefährdet sein können.Randnummer142

Da zu diesem Zeitpunkt einerseits das Thema der Kapitalerhöhung bereits seit Stunden Gegenstand der Diskussion und eine Vielzahl von Fragen hierzu beantwortet worden war, andererseits ohne eine unangekündigte Schließung der Rednerliste die rechtzeitige Beendigung der Hauptversammlung gefährdet war, war es auch im Hinblick auf die Bedeutung des Informationsrechts der Aktionäre verhältnismäßig, die Rednerliste ohne vorherige Ankündigung um 20:00 Uhr zu schließen. Da es bei der Beurteilung der Frage, ob die unangekündigte Schließung der Rednerliste erforderlich ist, auf die ex-ante Sicht des Versammlungsleiters ankommt, ist für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit letztlich auch nicht entscheidend, dass die Abarbeitung der um 20:00 Uhr bereits angekündigten Redebeiträge im Ergebnis nicht so viel Zeit in Anspruch genommen hat und die Hauptversammlung bereits um 21:55 Uhr geschlossen werden konnte.

bb)

Dass die Antragstellerin anscheinend nach Schluss der Rednerliste um 20:00 Uhr und erneutem Schluss um 20:10 Uhr doch noch Redebeiträge zugelassen hat, führt ebenfalls nicht zur Anfechtbarkeit des Beschlusses. Die Antragsgegnerin hat insoweit einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53a AktG) durch die Zulassung dieser Beiträge, von denen einer auch von Rechtsanwalt Z6 stammte, nicht dargetan und insbesondere nicht innerhalb der Anfechtungsfrist gerügt.

cc)

Schließlich ist der angefochtene Beschluss auch nicht deshalb in verfahrensfehlerhafter Weise zustande gekommen, weil es den Teilnehmern der Hauptversammlung wegen einer Verletzung ihrer sich aus § 131 AktG ergebenden Auskunftsrechte für ihre Entscheidung an der erforderlichen Tatsachengrundlage fehlte.Randnummer145

Hinsichtlich der mit 25), 26) und 35) bezifferten Fragen rügt die Antragsgegnerin die angeblich nicht erfolgte Beantwortung der Fragen nicht mehr, weswegen die Anfechtungsklage insoweit schon deshalb unbegründet ist.Randnummer146

Hinsichtlich der von der Antragsgegnerin mit 1) bis 6), 9 bis 21), 24), 27) bis 28), 30) bis 33), 36) bis 37) und 39) bis 43) bezifferten Fragen ist die Geltendmachung der angeblichen Informationspflichtverletzungen wegen einer nicht hinreichenden Darlegung der angeblichen Informationspflichtverletzung innerhalb der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG bereits verfristet (1). Bezogen auf die von der Antragsgegnerin mit 7), 8), 22) bis 23), 29), 34), 38) und 44) bezifferten Fragen ist zwar keine Verfristung anzunehmen, liegen jedoch keine relevanten Informationspflichtverletzungen vor, aufgrund derer eine Anfechtungsklage Aussicht auf Erfolg hätte (2).

(1)

Die Antragsgegnerin hat die Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG hinsichtlich der von ihr mit 1) bis 6), 9) bis 21), 24), 27) bis 28), 30) bis 33), 36) bis 37) und 39) bis 43) bezifferten Fragen nicht eingehalten, weil sie sich sowohl in der Klageschrift, als auch in der am letzten Tag der Anfechtungsfrist eingegangenen ergänzenden Begründung darauf beschränkt hat, die Fragen pauschal als unbeantwortet zu rügen, ohne im Einzelnen anzugeben, welche Antworten von der Antragstellerin gegeben worden und warum diese gegebenenfalls nicht ausreichend im Sinne des § 243 Abs. 4 AktG gewesen sind.Randnummer148

(a) Anfechtungsgründe sind in ihrem wesentlichen Tatsachenkern bereits innerhalb der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG in den Rechtsstreit einzuführen (Schwab in: K.Schmidt/Lutter, a.a.O., § 246 Rz. 15). Ein Aktionär, der die Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses auf eine Verletzung seines Auskunftsrechts stützt, muss dem entsprechend die betreffenden Fragen innerhalb der Anfechtungsfrist des § 246 AktG vortragen (BGH, Urt. v. 16.02.2009 – II ZR 185/07, juris Rz. 34 = AG 2009, 285 ff.). Hierzu gehört insbesondere auch, dass in solchen Fällen, in denen sich der Anfechtungskläger nicht bloß darauf beruft, bestimmte Fragen seien überhaupt nicht beantwortet worden, sondern darauf, die erteilten Antworten seien unrichtig oder unvollständig, nicht nur die gestellten Fragen, sondern auch die darauf gegebenen Antworten der Verwaltung noch innerhalb der Anfechtungsfrist ebenfalls vorgetragen werden (Senat, Urteil v. 05.07.2012, I-6 U 69/11, juris Rz. 73 = AG 2013, 264 ff.; vgl. auch OLG Stuttgart, Beschl. v. 02.12.2014 – 20 AktG 1/14, juris Rz. 159, 162 = AG 2015, 163 ff.; Urteil v. 17.11.2010 – 20 U 2/10, juris Rz. 633 = AG 2011, 93 ff.; LG Frankfurt, Urt. v. 20.12.2013, 3-05 O 157/13, juris Rz. 103 = ZIP 2014, 322 ff.). Denn nur auf diese Weise kann überprüft werden, ob ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte ansehen würde (Senat a.a.O. Rz. 74). Welche Fragen von der Verwaltung überhaupt nicht und welche angeblich nur unzureichend beantwortet worden sind, gehört zu dem Tatsachenkern der jeweils erhobenen Anfechtungsrüge und muss schon deshalb von Anfang an feststehen, damit in dieser Hinsicht auch später kein verdeckter Austausch der geltend gemachten Anfechtungsgründe mehr erfolgen kann.Randnummer149

(b) Diesen Anforderungen wird weder die Klageschrift, noch die ergänzende Begründung, soweit es die Fragen 1) bis 6), 9 bis 21), 24), 27) bis 28), 30) bis 33), 36) bis 37) und 39) bis 43) anbelangt, gerecht. Denn die Antragsgegnerin hat in den genannten Schriftsätzen und damit innerhalb der Anfechtungsfrist zwar die Beantwortung sämtlicher Fragen pauschal als unbeantwortet gerügt. Aus ihrem Vorbringen im Rahmen dieses Verfahrens ergibt sich jedoch, dass – unstreitig – tatsächlich Antworten erfolgt sind und sie die Fragen – mit Ausnahme der Fragen 7), 8), 22) bis 23), 29), 34), 38) und 44) – „lediglich“ als unrichtig (Frage 24) bzw. (im Übrigen) unzureichend beantwortet rügt, ohne dass sie innerhalb der Anfechtungsfrist die vom Vorstand erteilten Antworten mitgeteilt hätte. Insoweit ist ihr Vorbringen zu einer Informationsverletzung wegen angeblich nicht ordnungsgemäßer Beantwortung von Fragen mithin verfristet.Randnummer150

Im Einzelnen gilt insoweit:Randnummer151

Frage 24):Randnummer152

Aus dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 18.10.2018 ergibt sich, dass sie die Frage als unrichtig beantwortet rügt. Sie bestreitet nicht, dass die Antragstellerin diese Frage ausweislich der Antwortenausdrucke Nr. 135 und 212 beantwortet hat. Die Antragsgegnerin wäre deswegen gehalten gewesen, schon innerhalb der Anfechtungsfrist darzulegen, warum diese Antworten auf die Frage 24) Scheinargumente beinhaltet haben sollen, die dazu führen, dass die Antwort als unrichtig anzusehen ist.Randnummer153

Frage 1):Randnummer154

Diese Frage hat die Antragsgegnerin innerhalb der Anfechtungsfrist lediglich pauschal als unbeantwortet gerügt, obwohl sich aus ihrer Darstellung ergibt, dass diese Frage lediglich nicht ausreichend beantwortet worden sein soll.Randnummer155

Die Teilfrage 1.1 hat die Antragstellerin ausweislich des Antwortenausdrucks Nr. 103, die Teilfrage 1.2 ausweislich des Antwortenausdrucks Nr. 104 und die Teilfrage 1.3 ausweislich des Antwortenausdrucks Nr. 105 beantwortet. Die Antragsgegnerin rügt diese Antworten in ihrem Schriftsatz vom 02.10.2018 letztlich lediglich als nicht ausreichend beantwortet, weil eine nähere Begründung zum Zeitpunkt der beabsichtigten Kapitalerhöhung und zum angestrebten schnellen Wachstum nicht gegeben worden sei.Randnummer156

Fragen 2) bis 4):Randnummer157

Hier gilt sinngemäß das gleiche wie zu Frage 1). Da die Antragstellerin die in Frage 2) enthaltenen Teilfragen ausweislich der Antwortenausdrucke Nr. 98 und 99 beantwortet hat, hätte die Antragsgegnerin insoweit innerhalb der Anfechtungsfrist diese Antworten mitteilen und darlegen müssen, warum die Antwort auf die Frage 2) unzureichend und darüber hinaus eine Einschätzung der Antragstellerin zu der von der Antragsgegnerin zur Diskussion gestellten angeblich sinnvolleren Alternative und etwa erwogener abgewandelter Strategien erforderlich gewesen sein soll. Gleiches gilt hinsichtlich der Fragen 3) und 4), deren Beantwortung durch die Antwort zu Nr. 100 die Antragsgegnerin als nicht ausreichend erachtet hat.Randnummer158

Fragen 5) bis 6), 9) bis 21), 27) bis 28), 30) bis 33), 36) bis 37) und 39) bis 43):Randnummer159

Unbestritten hat die Antragstellerin ausweislich der vorgelegten Antwortenausdrucke zu den vorgenannten Fragen eine Antwort gegeben (Ausdruck Nr. 106 zu Frage 5); 15, 138, 115 zu Frage 6); 107, 110, 75, 121, 124, 114, 122 zu Frage 9); 93 zu Frage 10), 94 zu Frage 11), 95, 121 zu Frage 12), 103 zu Frage 13); 110 zu Frage 14); 119, 263 zu Frage 15); 254 zu Frage 16); 255 zu Frage 17); 258 zu Frage 18; 259, 160 zu Frage 19); 260 zu Frage 20); 261 zu Frage 21); 217 zu Frage 27); 219 zu Frage 28); 221 zu Frage 30); 222 zu Frage 31); 224 zu Frage 32); 227 zu Frage 33). Aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin ergibt sich hinsichtlich dieser Fragen ebenfalls, dass sie lediglich die angeblich nicht ausreichende bzw. unvollständige Beantwortung dieser Fragen rügt. Dies gilt insbesondere, soweit die Antragsgegnerin geltend macht, dass Angaben der Antragstellerin in einzelnen Punkten nicht nachvollziehbar seien und es deswegen weiterer Angaben bedurft hätte (vgl. insoweit Frage 9, Teilfragen 2 und 5, Frage 21).Randnummer160

Gleiches gilt schließlich auch bezogen auf die Fragen 36) bis 37) und 39) bis 43). Zwar hat die Antragstellerin schriftsätzlich nur zur Beantwortung der Fragen 36), 42) und 43) Stellung genommen. Aus den von ihr vorgelegten Antwortenausdrucken zu den Fragen 36) bis 37) und 39) bis 43) (Nr. 124, 140, 235, 192, 236, 191, 125 und 128) ergibt sich jedoch, dass auch zu diesen Fragen sämtlich Antworten seitens des Vorstands erteilt worden sind, die die Antragsgegnerin lediglich als nicht ausreichend bzw. unklar rügt.

(2)

Soweit die Antragsgegnerin die Fragen 7), 8), 22) bis 23), 29), 34), 38) und 44) als unbeantwortet gerügt hat, liegt kein Verstoß gegen die Informationspflicht im Sinne des § 131 AktG vor, weil die Fragen entweder beantwortet worden sind oder eine Information nicht im Sinne des § 243 Abs. 4 AktG erforderlich war.Randnummer162

Nach § 243 Abs. 4 AktG besteht ein Anfechtungsrecht wegen unrichtiger, unvollständiger oder verweigerter Erteilung von Informationen nur dann, wenn ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte. Ein Auskunftsanspruch besteht nach § 131 Abs. 1 S. 1 AktG nur insoweit, als dies „zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist“. Mit dem Merkmal der „Erforderlichkeit“ der Auskunft sollen missbräuchlich ausufernde Auskunftsbegehren verhindert werden, um die Hauptversammlung nicht mit überflüssigen, für eine sachgemäße Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung unerheblichen Fragen zu belasten. Entsprechend der Funktion des Auskunftsrechts, das auch zur Meinungs- und Urteilsbildung anderer Aktionäre, insbesondere der Minderheitsaktionäre, in der Hauptversammlung beitragen soll, ist Maßstab für die „Erforderlichkeit“ eines Auskunftsverlangens der Standpunkt eines objektiv urteilenden Aktionärs, der die Gesellschaftsverhältnisse nur auf Grund allgemein bekannter Tatsachen kennt und daher die begehrte Auskunft als nicht nur unwesentliches Beurteilungselement benötigt. Hierdurch wird der Auskunftsanspruch des Aktionärs sowohl in quantitativer und qualitativer Hinsicht als auch in Bezug auf seinen Detaillierungsgrad begrenzt (BGH, Beschl. v. 14.01.2014 – II ZB 5/12, juris Rz. 26 = WM 2014, 618 ff.; BGH, Urt. v. 18.10.2004 – II ZR 250/02, juris Rz 9 = WM 2004, 2489 ff., OLG Stuttgart, Beschl. v. 02.12.2014 – 20 AktG 1/14, juris Rz. 118 = AG 2015, 163 ff.). Nicht jede marginale Information ist in diesem Sinne zur Beurteilung eines Beschlussgegenstandes erforderlich; vielmehr muss eine gewisse Maßgeblichkeitsschwelle überschritten sein (OLG Stuttgart a.a.O., Rz. 119). Für eine Nichtigerklärung des Beschlusses muss es sich aus Sicht des objektiv urteilenden Aktionärs um eine wesentliche Information handeln (BGH, Urt. v. 21.09.2009 – II ZR 174/08, juris Rz. 16 = WM 2009, 2085 ff.; LG Frankfurt, Urt. v. 20.12.2013, 3-05 O 157/13, juris Rz. 102 = ZIP 2014, 322 ff.). Wesentlich im Sinne des § 243 Abs. 4 AktG ist, wenn sich der objektiv urteilende Aktionär ohne die vorherige ordnungsgemäße Erteilung der (erfragten) Information eine sachgerechte Meinung zur Beschlussvorlage nicht hätte bilden können.Randnummer163

Inhaltlich hat die Auskunft nach § 131 Abs. 2 Satz 1 AktG den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen. Sie muss demnach vollständig und sachlich zutreffend sein. Ob der Gegenstand der Frage vollständig beantwortet wurde, bestimmt sich nach dem Detaillierungsgrad der Frage, wobei die Antwort umso weniger konkret ausfallen muss, je pauschaler die Frage gestellt wird. Besteht das Informationsbedürfnis des Aktionärs danach fort, muss er dies durch eine erneute, detailliertere Frage kundtun (OLG Stuttgart, Beschl. v. 02.12.2014 – 20 AktG 1/14, juris Rz. 122 = AG 2015, 163 ff.).Randnummer164

Die Auskunftspflicht in der Hauptversammlung gemäß § 131 Abs. 1 AktG besteht zudem nur insoweit, als der Auskunftsanspruch des Aktionärs nicht bereits anderweitig erfüllt worden ist. Demgemäß ist der Auskunftsanspruch regelmäßig dann zu verneinen, wenn und soweit die begehrte Information bereits aufgrund gesetzlicher Vorschriften vor oder in der Hauptversammlung verfügbar gemacht wurde (Senat, Beschl. v. 22.06.2017, I-6 AktG 1/17, juris Rz. 89 = AG 2017, 900 ff. m.w.N.; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.11.2010, 20 U 2/10, juris Rz. 548 = AG 2011, 93 ff.).Randnummer165

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann auch im Hinblick auf die Beantwortung der Fragen 7), 8), 22), 23), 29), 34), 38) und 44) keine Verletzung der Informationspflicht festgestellt werden. Im Einzelnen gilt Folgendes:Randnummer166

Frage 7):Randnummer167

Die Antragstellerin hat durch Vorlage der Antwortenausdrucke Nr. 118 und 120 dargelegt, welche Antworten vom Vorstand auf diese Frage gegeben worden sein sollen, und hat durch Vorlage der vom Backoffice geführten Liste über die Fragen und die Verlesung der Antworten dargelegt, um welche Uhrzeit die Antworten verlesen worden sein sollen. Zudem hat die Antragstellerin durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung der Frau Z12 glaubhaft gemacht, dass der Vorstand in der Regel bei allen Fragen und Antworten die vorbereiteten Fragen und Antworten wortwörtlich vorgelesen hat. Angesichts dessen durfte die Antragsgegnerin sich nicht darauf beschränken vorzutragen, dass ihre Vertreter an die Verlesung der Antworten keine Erinnerung hätten. Da die Antragsgegnerin nicht in Abrede stellt, dass die in Rede stehenden Antworten zur Beantwortung der von ihr gestellten Frage ausreichend gewesen wären, kann eine Informationspflichtverletzung insoweit nicht festgestellt werden.Randnummer168

Frage 8):Randnummer169

Soweit die Antragsgegnerin die Erteilung einer Antwort bestritten hat, weil der Antwortenausdruck Nr. 184 nicht vorgelegen habe, hat die Antragstellerin diesen Ausdruck mit Schriftsatz vom 13.09.2018 (Anlage Ast 29) nachgereicht. Im Übrigen ist die Frage auch ausweislich des Antwortenausdrucks Nr. 102 beantwortet worden. Dafür, dass diese Antworten nicht verlesen worden sind, ist nichts ersichtlich.Randnummer170

Die Frage danach, ob Vorstand und Aufsichtsrat persönlich garantieren, dass die Mittel aus der Kapitalerhöhung tatsächlich auch für die Umsetzung des Investitionsplans eingesetzt würden, hat Frau Z1 auch hinreichend beantwortet. Denn sie hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Garantie zum Einsatz der Mittel mit § 93 AktG nicht vereinbar sei und daher auch nicht gegeben werde, zumal es bei der weiteren Umsetzung des Investitionsplans Anpassungsbedarf geben könne.Randnummer171

Fragen 22) und 23):Randnummer172

Die Antragstellerin hat auf diese Fragen hin zwar nicht die Langfassung des Investitionsplans, der Vorstand und Aufsichtsrat vorlag, verlesen oder weitere Informationen, die über den, den Aktionären vorgelegten Investitionsplan hinausgegangen wären, zusammengefasst. Dies war jedoch auch nicht erforderlich. Denn die Antragstellerin hatte darauf hingewiesen, dass die Zusammenfassung des Investitionsplans der Gesellschaft lediglich einen groben Überblick über die von der Gesellschaft zu ihrer strategischen Neuaufstellung mittelfristig angestrebten Projekte geben soll, dass aber die den Aktionären zugänglich gemachte Zusammenfassung die wesentlichen Aussagen bzw. die wesentlichen Aspekte des Gesamtplans enthalte. Der den Aktionären zugänglich gemachte Plan enthielt die Eckpunkte der beabsichtigten Investitionen und zwar die generelle Strategie, die geplanten Investitionen nach Projekten und die Umsatz- und EBITDA-Prognose sowie die Finanzstrategie. Insoweit bestand zwar ein Interesse der Aktionäre daran, einzelne Punkte des Investitionsplans, d.h. die beabsichtigten Investitionen erläutert zu bekommen, aber eben nur, soweit sie für die Frage der Kapitalerhöhung von Relevanz waren. Insoweit war der Vorstand nicht verpflichtet, auf die generelle Frage nach dem Inhalt jeden einzelnen Punkt der Langfassung darzustellen, sondern durfte sich darauf beschränken, die Details zu erläutern, hinsichtlich derer die einzelnen Aktionäre Fragen gestellt haben. Da ausufernde Auskunftsbegehren verhindert werden sollen, um die Hauptversammlung nicht mit überflüssigen, für eine sachgemäße Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung unerheblichen Fragen zu belasten, durfte sich der Vorstand darauf beschränken, konkrete Fragen zu einzelnen Eckpunkten zu beantworten. Zu diesen Punkten hat der Vorstand unter anderem auf die aus der Anlage ASt 33 ersichtlichen Fragen Nr. 10, 16, 19, 20, 22, 24, 39, 44 bis 50, 92 bis 98, 107, 110, 114, 119, 124, 150, 157, 164, 166, 167, 172, 173, 179, 180, 183 bis 186, 226, 228, 230, 244 bis 246, 254, 258, 275 und 276 geantwortet.Randnummer173

Frage 29):Randnummer174

Soweit die Antragstellerin die Frage danach, ob ein sog. Disclaimer auch dem vollständigen Investitionsplan vorangestellt war, nicht beantwortet hat, hat die Antragsgegnerin nicht ansatzweise dargelegt, inwieweit diese Information für die Entscheidung der Aktionäre über die Kapitalerhöhung wesentlich gewesen sein könnte. Ein Disclaimer soll üblicherweise zu einem Haftungsausschluss führen, indem der Verwender darauf hinweist, dass er keine Verantwortung für bestimmte Informationen übernehmen will. Da die Langfassung des Investitionsplans lediglich dem Vorstand und dem Aufsichtsrat vorlag und von diesen beschlossen worden ist, ist schon nicht ersichtlich, wem gegenüber ein solcher Haftungsausschluss hätte Wirkung entfalten sollen. Daher ist nicht nachvollziehbar, dass ein objektiv urteilender Aktionär die Information darüber, ob es einen Disclaimer in der Langfassung gegeben hat, als wesentlich für die Beschlussfassung angesehen hätte.Randnummer175

Frage 34):Randnummer176

Die Antragstellerin hat die Frage nach einem Zeitplan entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin beantwortet, indem sie ausweislich des Antwortenausdrucks 228 mitgeteilt hat, dass es Zeitpläne noch nicht gebe, sondern nur die Zielwerte in 5 Jahren dargestellt seien.Randnummer177

Fragen 38) und 44):Randnummer178

Die Antragstellerin hat diese Fragen nach den in die B eingebrachten „Hotelbetrieben oder Managementverträgen“ bzw. nach der Ermittlung der Umsätze betreffend diese Verträge zwar anscheinend nicht beantwortet. Einer Beantwortung der Fragen 36) bis 44) bedurfte es jedoch schon deswegen nicht, weil sich diese Fragen sämtlich mit Einzelheiten der Beteiligung der Antragstellerin an der B beschäftigen und diese detailliert erfragten Informationen entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin keinen Bezug zu der in Rede stehenden Kapitalerhöhung aufweisen. Sie waren zu deren Beurteilung nicht im Sinne von § 131 AktG erforderlich, weil nicht ersichtlich ist, dass die Tätigkeit dieser Gesellschaft relevante Auswirkungen auf die Investitionsentscheidung hätte haben können.Randnummer179

Da – wie bereits oben unter 2.2 c) bb) ausgeführt – nicht ersichtlich ist, dass die Gründung der B in Verbindung mit der beabsichtigten Kapitalerhöhung ein „Vehikel zur Gewinnverschiebung auf die herrschende Aktionärin“ ist, waren Details zur Beteiligung der Antragstellerin an der B, insbesondere zur Ermittlung des Wertes der Beteiligung der Antragstellerin an dieser Gesellschaft für die Entscheidung über die Kapitalerhöhung nicht relevant und damit nicht wesentlich im Sinne des § 243 Abs. 4 AktG. Zudem waren die Aktionäre über die wesentlichen Parameter der Beteiligung (Beteiligungsquote der Mehrheitsgesellschafterin und der Antragstellerin, Berechnung nach Wert der eingebrachten Managementverträge, Höhe der Vergütung pro Hotel) und die mittelbaren Auswirkungen (keine Erhöhung der Beteiligung nach dem Stichtag) ausweislich der Darlegungen der Antragsgegnerin ohnehin informiert und konnten sie bei ihrer Überlegung, ob sie der Kapitalerhöhung zustimmen, einbeziehen.

2.

Dem Freigabeantrag ist auch nach § 246a Abs. 2 Nr. 3 ZPO stattzugeben. Denn bei der gebotenen wertenden Abwägung zwischen dem Interesse der Antragsgegnerin als Anfechtungsklägerin einerseits und den wirtschaftlichen Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Interessen der Gesellschaft
und ihrer übrigen Aktionäre andererseits, liegen wesentliche Nachteile für die Antragstellerin vor, die das alsbaldige Wirksamwerden des Beschlusses zu TOP 9 vor den Interessen der Antragsgegnerin als vorrangig erscheinen lassen (a)) und liegt ein besonders schwerer Rechtsverstoß nicht vor (b)).Randnummer181

Bei der Abwägung nach § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber nach der Klarstellung im ARUG (vgl. BegrRegE zu § 246a AktG, BT-Drucks. 16/11642, 42; Rechtsausschuss zu § 246a AktG, BT-Drucks. 16/13098, 42) und ihm folgend zumindest Teile der Literatur (vgl. Decher in: Lutter, UmwG, 5. Auflage 2014, § 16 Rz. 29) davon ausgehen, dass die Interessenabwägung praktisch immer zugunsten der Gesellschaft und der übrigen Aktionäre ausfallen wird und die danach grundsätzlich vorgezeichnete Eintragung der Strukturmaßnahme nur ausnahmsweise bei einer besonderen Schwere des Rechtsverstoßes entfällt.

a)

Die Antragstellerin hat substantiiert dargetan und glaubhaft gemacht, dass sie im Falle der nicht sofortigen Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses mit jedenfalls nicht unerheblichen finanziellen Nachteilen belastet ist. Dabei sind auf Seiten der Gesellschaft in die Abwägung alle nicht vernachlässigbaren wirtschaftlichen Nachteile einzubeziehen, wie beispielsweise auch die Kosten der Wiederholung einer Hauptversammlung, Zinseffekte etc. (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf ARUG, BT-Drucks. 16/13098, S. 42).

aa)

Ein erheblicher Nachteil für die Gesellschaft läge zunächst darin begründet, dass die Kapitalerhöhung im Falle der Verweigerung der Freigabe nicht zeitnah durchgeführt werden könnte mit der Folge, dass die einzuwerbenden Gelder für die Umsetzung des Investitionsplans nicht zur Verfügung stünden. Denn nach dem Hauptversammlungsbeschluss ist das Durchführungsermessen der Verwaltung zeitlich begrenzt worden und der Beschluss bis zum 19.01.2019 durchzuführen, weswegen das Bezugsangebot spätestens Anfang Dezember 2018 veröffentlicht sein muss.Randnummer184

Demgegenüber kann sich die Antragsgegnerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Antragstellerin eine andere Gestaltung der Kapitalerhöhung hätte wählen können, die nicht diesen engen zeitlichen Rahmen festgelegt hätte, und es deswegen selbst zu verantworten habe, dass die Maßnahme nur mit gerichtlicher Hilfe mittels eines Freigabeverfahrens durchgesetzt werden könne. Denn die Intention der Antragstellerin war es – unbestritten – durch eine kurze Zeichnungsfrist die Grenze zum genehmigten Kapital nicht zu überschreiten. Eine solche Überschreitung könnte eine Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses zur Folge haben (vgl. etwa OLG Hamburg, Urt. v. 29.10.1999, 11 U 71/99, juris Rz. 58 m.w.N. = AG 2000, 326 ff.). Im Übrigen würde selbst eine großzügiger bemessene Frist nicht ausreichen, um in einem möglicherweise noch angemessenen Zeitrahmen eine rechtskräftige Entscheidung über eine Anfechtungsklage zu erhalten, da erfahrungsgemäß durch alle Instanzen mit einer Verfahrensdauer von deutlich über 2 Jahren gerechnet werden muss.Randnummer185

Wenn die Klägerin – im Falle der Verweigerung der Freigabe – zur Finanzierung der beabsichtigten Projekte das eingeplante neue Eigenkapital durch Fremdkapital ersetzen müsste, hätte dies nicht nur ein weitergehendes Zinsänderungsrisiko zur Folge, soweit die Antragstellerin mehr Fremdkapital als geplant aufnehmen müsste. Es ist auch allgemein bekannt, dass die Finanzierungskonditionen bei den Banken günstiger sind, je mehr Eigenkapital hinter der Finanzierung steht. Diesen Effekt könnte die Antragstellerin nicht in der geplanten Form nutzen, wenn sie kein neues Kapital bekommt. Die Antragstellerin hat insoweit etwa hinsichtlich des bereits begonnenen Hotelbaus in der L-Republik dargelegt, dass es „dramatische“ Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Hotels hätte, wenn es nicht wie vorgesehen vollendet würde, weil die bereits erstellten Gemeinschaftsanlagen auf eine wesentlich höhere Bettenzahl ausgelegt seien. Zudem hat sie auch dargelegt, dass die Renovierung des Hotels M wegen der zunehmend schlechten Bewertung des Zustands (Renovierungsstau) erforderlich ist. Diese Maßnahmen müssten dann, soweit – zum Erhalt der Eigenkapitalquote – kein Einsatz von vorhandenem Eigenkapital geplant war und die beabsichtigte Darlehensaufnahme die Kosten nicht deckt, durch Aufnahme von weiteren Darlehen finanziert werden.Randnummer186

Wollte die Antragstellerin an einer Eigenkapitalfinanzierung der von ihr in Aussicht genommenen Projekte festhalten, müsste sie eine neue Hauptversammlung durchführen und das Konzept erneut zur Abstimmung stellen, was zusätzliche Kosten von unbestritten rund 200.000,- € hervorrufen würde. Zudem würde der Antragstellerin mit Blick auf die Erforderlichkeit einer weiteren Hauptversammlung ein weiterer Nachteil in der Form entstehen, dass erhebliche Kosten für die Billigung des bereits in Vorbereitung befindlichen Wertpapierprospekts (Rechtsberatung und Leistungen des Wirtschaftsprüfers) sowie für das Angebot und die Börsenzulassung der neuen Aktien – jedenfalls teilweise – erneut anfallen würden. Die Antragstellerin musste diese Leistungen ungeachtet des anhängigen Verfahrens bereits in Auftrag geben, da ansonsten die Durchführung der Kapitalerhöhung nicht mehr fristgerecht möglich gewesen wäre.Randnummer187

Gegen das Kostenargument kann sich die Antragsgegnerin nicht mit Erfolg mit dem Argument wenden, der Investitionsplan sei nur vorgeschoben, weil sie dies aus den bereits genannten Gründen schon nicht hinreichend dargelegt hat. Soweit sich die Antragsgegnerin (auch) in diesem Zusammenhang darauf beruft, es sei letztlich eine Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht und zwar ohne die dafür erforderliche Mehrheit beschlossen worden, also einen Rechtsverstoß rügt, ist dies im Rahmen der Nachteilsabwägung nach § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG nicht berücksichtigungsfähig, sondern nur bei der Frage, ob ein schwerer Rechtsverstoß gegeben ist. Dies ist jedoch nicht der Fall ist, da – wie dargelegt – die Anforderungen des § 186 Abs. 5 AktG offensichtlich eingehalten sind und deshalb schon kein Rechtsverstoß gegeben ist.

bb)

Konkrete mit der Kapitalerhöhung verbundene wirtschaftliche Nachteile gerade für die Antragsgegnerin, die im Rahmen der Abwägung berücksichtigungsfähig wären, sind hingegen nicht hinreichend dargetan.Randnummer189

Soweit die Antragsgegnerin darauf abstellt, dass die Kapitalerhöhung für sie nachteilig sei, weil sich die Mehrheitsgesellschafterin hierdurch das Vermögen der Antragstellerin weit unter Wert aneignen könne, kann sie sich im Rahmen der Interessenabwägung darauf nicht berufen, weil sie – wie ebenfalls oben dargelegt – die Voraussetzungen für einen faktischen Bezugsrechtsausschluss nicht hinreichend dargelegt hat.Randnummer190

Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie nicht über die Mittel verfüge, sich an der Kapitalerhöhung zu beteiligen, weswegen die Verwässerung ihres Anteils drohe, der je nach Erfolg der Kapitalerhöhung sinken und sogar unter 25 % herabfallen könne, wodurch sie ihre Sperrminorität verlieren würde. Denn dem Interesse der Aktionäre und damit auch der Antragsgegnerin am Schutz vor einer Verwässerung ihrer Beteiligung ist durch das – hier zwar nur mittelbar gewährte, aber nicht beschränkte – Bezugsrecht im Normalfall hinreichend Rechnung getragen (OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.12.2012, 20 AktG 1/12, juris Rn. 232 m.w.N. = AG 2013, 604 ff.). Dass ein Aktionär keine Mittel hat, weitere Beträge in die Gesellschaft zu investieren, kann nicht im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden, weil er seine Bezugsrechte veräußern kann.Randnummer191

Unerheblich ist dabei auch, ob der Antragsgegnerin im Fall ihrer Teilnahme an der Kapitalerhöhung Schäden entstehen könnten. Denn solche Schäden können durch den in § 246a Abs. 4 Satz 1 AktG ausdrücklich geregelten, verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch gegen die Antragstellerin kompensiert werden, der zwar nicht auf Naturalrestitution, aber auf Entschädigung in Geld gerichtet ist. Der Schadenersatzanspruch aus § 246a Abs. 4 Satz 1 AktG deckt dabei Schäden in Gestalt von Finanzierungskosten im Fall der „erzwungenen“ Teilnahme an der Kapitalerhöhung ebenso ab wie einen etwaigen „Verwässerungsschaden“ (OLG Stuttgart, a.a.O., Rz. 233 m.w.N.). Soweit die Antragsgegnerin meint, ein über den Ersatz der nutzlos aufgewendeten Prozesskosten hinausgehender Schadensersatzanspruch scheide nach ganz überwiegender Ansicht aus, ist dies nicht nachvollziehbar. Vielmehr spricht die Begründung für die Neuregelung des § 246a AktG (RegBegr. BT-Drs. 15/5092, 28) für den Ersatz jedes kausal durch die fehlerhafte Freigabe entstandenen Schadens. Auch in der Kommentarliteratur wird befürwortet, dass außer den Prozesskosten auch jeder andere auf die Eintragung rückführbare Vermögensschaden, insbesondere auch Verwässerungsschäden bei Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss zu ersetzen sind (vgl. etwa Koch in: Hüffer/Koch, a.a.O., § 246a Rz. 26). Dass in der Praxis eine Darlegung und ein Nachweis solcher Schäden sehr schwierig sein werden, rechtfertigt es nicht, den Nachteil für den Aktionär als gleichwertig zu erachten.

b)

Ein Rechtsverstoß liegt, wie oben unter B. 1. dargelegt, nicht vor.Randnummer193

Selbst wenn die von der Antragsgegnerin gerügten Mängel des Kapitalerhöhungsbeschlusses im Hinblick auf eine Verletzung der Informationspflicht (Schließung der Rednerliste ohne Ankündigung, unzureichende Beantwortung einzelner Fragen) vorlägen oder man die Anfechtungsklage nach den dargestellten Maßstäben insoweit jedenfalls nicht als offensichtlich unbegründet ansehen wollte, wären diese vermeintlichen Mängel nicht geeignet, einen besonders schweren Rechtsverstoß zu begründen.Randnummer194

Ein besonders schwerer Rechtsverstoß liegt nach den Gesetzesmaterialien nur in Fällen vor, in denen es für die Rechtsordnung „unerträglich“ wäre, den Beschluss ohne vertiefte Prüfung im Hauptsacheverfahren eintragen und umsetzen zu lassen. Dies kommt nach der Gesetzesbegründung (Rechtsausschuss zu § 246a AktG, BT-Drucks. 16/13098, S. 42) in Betracht bei einer Verletzung elementarer Aktionärsrechte, die durch Schadensersatz nicht angemessen zu kompensieren wären, wie etwa bei einer Beschlussfassung in einer Geheimversammlung oder bei absichtlichen Verstößen gegen das Gleichbehandlungsgebot bzw. die gesellschaftsrechtliche TreuepflichtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
gesellschaftsrechtliche Treuepflicht
Treuepflicht
mit schweren Folgen (vgl. BT-Drucks. a.a.O.; OLG Saarbrücken ZIP 2011, 469 ff., juris Rn. 49).Randnummer195

Die von der Antragsgegnerin gerügten Verstöße gegen das Informationsrecht aus § 131 AktG hingegen wären, selbst wenn sie vorlägen, in diesem Sinne nicht als schwerer Rechtsverstoß zu werten, weil es für die Rechtsordnung nicht unerträglich wäre, den Kapitalerhöhungsbeschluss einzutragen und umsetzen zu lassen, ohne vertieft im Hauptsacheverfahren zu prüfen, ob die Schließung der Rednerliste hätte angekündigt werden müssen oder ob die ein oder andere Information auf gestellte Fragen hin noch hätte gegeben werden müssen. Es handelt sich um keine schwere Rechtsverletzung, wenn einzelne Fragen von Aktionären in der Hauptversammlung zu Unrecht teilweise nicht oder nicht erschöpfend beantwortet worden sind (vgl. etwa KG, Beschl. v. 18.05.2010, 14 AktG 1/10, juris Rz. 37 = AG 2010, 494 ff.¸ OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.02.2010, 5 Sch 2/09, Rz. 72 = AG 2010, 596 ff.; Schwab in: K.Schmidt/Lutter, a.a.O. § 246a Rz. 24.). Angesichts der Tatsache, dass rund 290 Fragen der Aktionäre beantwortet worden sind, von denen allein 75 Fragen von den Bevollmächtigten der Antragsgegnerin gestellt worden sind, kann darin, dass diese Antworten nach Auffassung der Antragsgegnerin nicht umfassend genug waren bzw. einzelne Fragen nicht beantwortet worden sind, kein gezielter Eingriff gesehen werden, der auf eine vorsätzliche, zielgerichtete Missachtung der Minderheitsaktionäre hindeuten würde.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.Randnummer197

Der Beschluss ist nach § 246a Abs. 3 S. 4 AktG unanfechtbar.Randnummer198

Der Streitwert bemisst sich nach § 247 AktG. Der Senat setzt diesen unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Wertes des von der Antragsgegnerin gehaltenen Stammkapitals und des Interesses der Antragstellerin an der Erhöhung des Stammkapitals nach billigem Ermessen auf 2.000.000,- € fest.

Löffler I www.K1.de I www.gesellschaftsrechtskanzlei.com I Gesellschaftsrecht I GmbH-Recht I Gesellschafterstreit I Erfurt I Thüringen I Sachsen I Sachsen-Anhalt I Hessen I Deutschland 2022

Schlagworte: AktG § 246a, AktG § 247, AktG § 255 Abs. 2, Anfechtungsklage, Ausgabebetrag, Barkapitalerhöhung, bedingte Kapitalerhöhung, Beschlussanfechtungsklage, Beschlussmängel, Beschlussmängelklage, Beschlussmängelrecht, Beschlussmängelstreit, Beschlussmängelstreitigkeiten, Beschlussnichtigkeitsklage, Besonderheiten bei der Kapitalerhöhung, Bezugsrechtskapitalerhöhung, faktischer Bezugszwang, Folgen bei Beschlussmängeln, Freigabeverfahren nach § 246a AktG analog, Genehmigte Kapitalerhöhung, Gesellschafterstreit, Gesellschafterstreit GmbH, Gesellschafterstreit vor Gericht, Gesellschafterstreitigkeiten, Gesellschafterstreitigkeiten sicher vermeiden oder schnell gewinnen, Grundlagen der genehmigten Kapitalerhöhung, Grundlagen der ordentlichen Kapitalerhöhung, Kapitalerhöhung, Kapitalerhöhung Verwässerungsschutz, Kapitalerhöhungsbeschluss, Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung, Kapitalerhöhungsbeschluss des Vorstands, Lösung von Gesellschafterstreit, mittelbare Entwertung des Geschäftsanteils, Nebenabreden zu Kapitalerhöhung, Nichtigkeits- und Anfechtungsklage, Nichtigkeitsklage, Ordentliche Kapitalerhöhung, Sachkapitalerhöhung, Scheitern der Kapitalerhöhung, Stammkapitalerhöhung, Unangemessene Benachteiligung, unangemessener Ausgabebetrag, Verdeckte Sacheinlage bei Gründung und Kapitalerhöhung, Vermögensinteressen, vermögensmäßige Entwertung, Verwässerung, Verwässerungsschutz

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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 05.09.2018 – 9 U 43/18

Mittwoch, 5. September 2018

Einsicht PrüfungsberichtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einsicht Prüfungsbericht
Prüfungsbericht
§ 810 BGB, § 326 HGB, §§ 326ff HGB, § 339 Abs 2 HGB, § 47 Abs 1 GenG, § 59 Abs 1 S 2 GenG

1. Als Anspruchsgrundlage für ein Einsichtsrecht eines Genossenschaftsmitglieds nach seinem Ausscheiden aus der Genossenschaft kommt allein § 810 BGB in Betracht.

2. Ein rechtliches Interesse an einer Einsicht i.S.d. § 810 BGB besteht, wenn sie zur Förderung, Erhaltung oder Verteidigung einer rechtlich geschützten Position benötigt wird.

3. Mitglieder der Genossenschaft haben gemäß § 59 Abs. 1 S. 2 GenG lediglich einen Anspruch auf Einsicht in das zusammengefasste Ergebnis des Prüfungsberichts.

4. Hinsichtlich des Protokolls der Generalversammlung besteht ein Einsichtsanspruch nur hinsichtlich der Generalia der Generalversammlung sowie der Beschlüsse über die Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
Feststellung des Jahresabschlusses
und die Gewinn-/Verlustverwendung.

5. Es bedarf auch der Einsicht in das Protokoll zur Prüfung einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung, weil die in § 47 Abs. 1 GenG vorgeschriebene Feststellung über die Beschlussfassung konstitutive Wirkung hat.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. März 2018 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen I – des Landgerichts Kiel abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 90 % und die Beklagte 10 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 6.558,04 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger, zum 31. Dezember 2016 ausgeschiedenes Mitglied der beklagten Genossenschaft, begehrt zur Überprüfung seines Auseinandersetzungsguthabens von der Beklagten Abschriften des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2016 nebst Gewinn- und Verlustrechnung und zugehörigem Prüfungsbericht des Genossenschaftsverbandes sowie eine Abschrift des Protokolls der ordentlichen Generalversammlung vom 11. Mai 2017, hilfsweise Einsicht in die genannten Unterlagen. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Sachverhalts sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.Randnummer2

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Hilfsanträge unter Klagabweisung im Übrigen stattgegeben und einen entsprechenden Anspruch des Klägers auf § 810 BGB gestützt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese weiterhin eine vollständige Klageabweisung verfolgt. Ihr Berufungsvorbringen ergibt sich aus der Berufungsbegründung vom 24. Mai 2018 nebst Anlagen (Bl. 83 – 125 d.A.) sowie aus dem ergänzenden Schriftsatz vom 26. Juli 2018 (Bl. 143 – 149 d.A).Randnummer3

Sie beantragt,Randnummer4

die Klage unter Aufhebung des am 23. März 2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Kiel, Az. 14 HKO 170/17, abzuweisen.Randnummer5

Der Kläger beantragt,Randnummer6

die Berufung abzuweisen.Randnummer7

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sein Vorbringen in zweiter Instanz ergibt sich aus der Berufungserwiderung vom 18. Juli 2018 (Bl. 133 – 138 d.A.) sowie ergänzend aus den Schriftsätzen vom 20. Juli 2018 (Bl. 141 d.A.) und 6. August 2018 (Bl. 151 – 152 d.A.).Randnummer8

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15. August 2018 haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Einsicht in das Protokoll der ordentlichen Generalversammlung vom 11. Mai 2017 nach Aushändigung einer teilweise geschwärzten Abschrift des Protokolls durch die Beklagte übereinstimmend für erledigt erklärt.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat, soweit über sie noch zu entscheiden ist, Erfolg. Die Klage ist insoweit unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß § 810 BGB auf Einsichtnahme in den Jahresabschluss der Beklagten für das Geschäftsjahr 2016 nebst Gewinn- und Verlustrechnung (dazu unten 1.) und den zugehörigen Prüfungsbericht des Genossenschaftsverbandes (dazu unten 2.).Randnummer10

1. Jahresabschluss der Beklagten für das Geschäftsjahr 2016 nebst Gewinn- und VerlustrechnungRandnummer11

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einsichtnahme in den Jahresabschluss der Beklagten für das Geschäftsjahr 2016 nebst Gewinn- und Verlustrechnung. Vom Landgericht zutreffend erkannt, kommt als Anspruchsgrundlage für ein Einsichtsrecht Klägers nach seinem Ausscheiden aus der Genossenschaft allein § 810 BGB in Betracht. Danach besteht ein Recht auf Einsicht in eine Originalurkunde unter anderem dann, wenn die Urkunde zumindest auch im Interesse des Anspruchstellers errichtet wurde und an der Einsicht ein rechtliches Interesse besteht.Randnummer12

Ein rechtliches Interesse an einer Einsicht besteht, wenn eine solche zur Förderung, Erhaltung oder Verteidigung einer rechtlich geschützten Position benötigt wird, so etwa wenn sich der Berechtigte über das Bestehen oder den Umfang eines Rechts Gewissheit verschaffen will (Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl. 2018, § 810 Rn. 2).Randnummer13

Dies ist im Hinblick darauf, dass die Beklagte gemäß § 339 HGB hinsichtlich des festgestellten Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Berichts des Aufsichtsrats veröffentlichungspflichtig ist und der Jahresabschluss mit Bilanz, Lagebericht, Bericht des Aufsichtsrats, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang veröffentlicht worden ist, nicht der Fall. Dem Kläger sind die begehrten Informationen damit aus allgemeinen Quellen zugänglich.Randnummer14

Die insoweit vom Kläger erhobene Rüge verspäteten, weil erst zweitinstanzlichen Vortrags der Beklagten greift nicht durch. Tatsache und Zeitpunkt der Veröffentlichung sind zwischen den Parteien unstreitig. Neues unstreitiges Vorbringen aber kann unabhängig von den Zulassungsvoraussetzungen des § 531 Abs. 2 in das Berufungsverfahren eingeführt werden (BGH, Urteil vom 18. November 2004 – IX ZR 229/03, BGHZ 161, 138 Rn. 11 ff).Randnummer15

Anderes ergibt sich auch nicht aus der Erwägung des Klägers, dass der Anspruch nach § 810 BGB auf Einsicht in die Originalurkunde gerichtet sei. Der Kläger vermengt insoweit Voraussetzungen und Inhalt des geltend gemachten Anspruchs.Randnummer16

Anhaltspunkte dafür, dass die veröffentlichte Fassung vom festgestellten Jahresabschluss abweichen könnte und von daher ein Interesse an der Einsicht in das Original bestünde, sind nicht dargetan oder anderweitig ersichtlich. Fehl geht insoweit der pauschale Hinweis des Klägers, die Beklagte könnte hinsichtlich der veröffentlichten Fassung gemäß § 339 Abs. 2 HGB von „Erleichterungen“ nach §§ 326 bis 329 HGB Gebrauch gemacht haben. Wie die veröffentlichte Fassung (Anlage BK 6, Bl. 114 – 123 R d.A.) ausweist, wurde von § 326 HGB, unbeschadet der Frage, ob dessen Voraussetzungen vorliegen würden, offensichtlich kein Gebrauch gemacht. Das es sich bei der veröffentlichten Fassung um eine verkürzte Bilanz i.S.v. §§ 327, 266 Abs. 1 S. 3 HGB handeln würde, ist vom Kläger nicht konkret dargelegt. § 327a HGB ist offensichtlich nicht einschlägig. § 328 HGB enthält Formvorschriften, keine Erleichterungen. § 329 HGB schließlich betrifft Prüfung- und Unterrichtungspflichten des Betreibers des Bundesanzeigers.Randnummer17

Soweit der Kläger auf einen minderen Beweiswert der Veröffentlichung gegenüber dem Original abstellt, greift auch dies zu kurz. Der Anspruch aus § 810 BGB eröffnet die Einsicht, nicht die Verwendung des Originals zu Beweiszwecken. Mit Blick auf den Erkenntniswert für den Kläger selbst ist auch hier darauf hinzuweisen, dass Anhaltspunkte dafür, dass die veröffentlichte Fassung vom festgestellten Jahresabschluss abweichen könnte, nicht ersichtlich sind.Randnummer18

2. Prüfungsbericht des GenossenschaftsverbandsRandnummer19

Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß § 810 BGB auf Einsichtnahme in den Prüfungsbericht des Genossenschaftsverbands. Weder wurde diese Urkunde im Interesse des Klägers errichtet, noch ist ein rechtliches Interesse an der Einsicht ersichtlich.

a.)Randnummer20

Im Interesse des die Einsicht Verlangenden errichtet ist eine Urkunde, wenn sie auch dazu bestimmt ist, ihm als Beweismittel zu dienen oder sonst seine rechtlichen Beziehungen zu fördern. Für die Beurteilung ist der Zweck, nicht der Inhalt der Urkunde ausschlaggebend (BeckOK-BGB/Gehrlein, Stand 1. Mai 2018, § 810 Rn. 2 m.w.N.).Randnummer21

Gemäß § 59 Abs. 1 S. 2 GenG haben die Mitglieder der Genossenschaft lediglich einen Anspruch auf Einsicht in das zusammengefasste Ergebnis des Prüfungsberichts, nicht aber in den gesamten Prüfungsbericht. Mithin ist der Prüfungsbericht auch nur insoweit im Sinne des § 810 BGB im Interesse der Mitglieder errichtet. Der Anspruch eines ausgeschiedenen Mitglieds aber kann nicht weiter gehen als die Rechte der Mitglieder selbst.

b.)Randnummer22

Zudem bedarf es einer Einsicht in den Prüfungsbericht des Genossenschaftsverbandes zur Förderung, Erhaltung oder Verteidigung einer rechtlich geschützten Position des Klägers offensichtlich nicht. Wie sich unstreitig aus dem veröffentlichten Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers, dem Genossenschaftsverband e.V., ergibt, hat die Prüfung zu keinerlei Einwendungen geführt.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 91a, 708 Nr. 10, 713 ZPO.Randnummer24

Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Einsicht in das Protokoll der ordentlichen Generalversammlung vom 11. Mai 2017 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist gemäß § 91a Abs. 1 ZPO über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Danach sind die Parteien insoweit jeweils hälftig mit den Kosten zu belasten.Randnummer25

Ein Anspruch des Klägers gemäß § 810 BGB auf Einsicht in das Protokoll der Generalversammlung bestand nur hinsichtlich der Generalia der Generalversammlung sowie der Beschlüsse über die Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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und die Gewinn-/Verlustverwendung, nicht aber im Hinblick auf die übrigen Teile des Protokolls. Nur insoweit ist das Protokoll der Generalversammlung mit Blick darauf, dass die Beschlussfassung über die Verwendung des Jahresergebnisses für die Bemessung des Auseinandersetzungsguthabens maßgeblich ist, auch im Interesse ausgeschiedener Mitglieder errichtet.Randnummer26

Entgegen der Auffassung der Beklagten bestand im vorgenannten Umfang auch ein rechtliches Interesse des Klägers an einer Einsicht in das Protokoll, obwohl die Beschlüsse über die Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
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sowie die Gewinn-/Verlustverwendung ihrem Inhalt nach veröffentlicht sind. Die genannten Beschlüsse sind, wie ausgeführt, Grundlage für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens des Klägers. Dies setzt eine wirksame Beschlussfassung voraus. Zur Prüfung einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung aber bedarf der Kläger der Einsicht in das Protokoll, weil die in § 47 Abs. 1 GenG vorgeschriebene Feststellung über die Beschlussfassung konstitutive Wirkung hat; ein von der Gesellschafterversammlung gefasster Beschluss ist ohne formelle Feststellung durch den Vorsitzenden nicht wirksam (BGH, Urteil vom 23. September 1996 – II ZR 126/95, ZIP 1996, 2071 Rn. 22; Müller, GenG, 2. Aufl. 1998, § 47 Rn. 4a; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, GenG, 4. Aufl. 2012, § 43 Rn. 24 und 27, § 47 Rn. 1; Lang/Weidmüller-Cario, Genossenschaftsgesetz, 35. Aufl. 2006, § 43 Rn 56, § 51 Rn. 12). Eine erfolgte Feststellung des BeschlussergebnissesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
Feststellung des Beschlussergebnisses
ergibt sich regelmäßig aus dem Protokoll über die Generalversammlung, das nach § 47 Abs. 1 GenG insoweit Beweiszwecken dient.Randnummer27

Bei der Kostenverteilung hat der Senat die geltend gemachten Ansprüche auf Einsicht in den Jahresabschluss nebst Gewinn- und Verlustrechnung und auf Einsicht in den Prüfungsbericht mit je 2/5 des Streitwerts und den Anspruch auf Einsicht in das Protokoll der Generalversammlung mit 1/5 bewertet.

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Schlagworte: Auskunfts-/Einsichts-/Informations-/Kontrollrechte, Einsicht in Unterlagen der Gesellschaft, Einsicht Prüfungsbericht, nachhaltige Weigerung der Einsicht in Geschäftsunterlagen oder Auskunft, Sicherung von Geschäftsunterlagen in die Einsicht genommen werden soll

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BGH, Urteil vom 13. Juli 1967 – II ZR 238/64

Montag, 13. Juli 1964

§ 15 GmbHG, § 35 BGB

Wird das Übernahmerecht eines GmbH-Gesellschafters durch die Genehmigung der Abtretung eines Geschäftsanteils gefährdet und sodann vom Anteilsinhaber verletzt, so ist der Genehmigungsbeschluß anfechtbar, wenn der Beschluß nach dem Gesellschaftsvertrag erst nach der Anbietung des Geschäftsanteils an den übernahmeberechtigten Gesellschafter hätte gefaßt werden dürfen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten zu 1 und zu 3 wird das am 17. September 1964 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe – Zivilsenat 5 a in Freiburg – aufgehoben.

Auf die Berufung dieser beiden Beklagten wird das am 8. März 1963 verkündete Urteil der I. Zivilkammer des Landgerichts Baden-Baden insoweit abgeändert, als es sie betrifft.

Auch ihnen gegenüber wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern als Gesamtschuldnern auferlegt.

Tatbestand

Im Frühjahr 1955 überließ der Hauptgesellschafter der Beklagten zu 1 seinen Geschäftsanteil Herrn Prof. Dr. St, der Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten zu 1 war, zur treuhänderischen Verwertung. St entschloß sich, diesen Geschäftsanteil teils an Gesellschafter, teils an Nichtgesellschafter zu übertragen. Nach § 4 der Satzung der Beklagten zu 1 bedarf die Übertragung von GeschäftsanteilenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Übertragung
Übertragung von Geschäftsanteilen
an Nichtgesellschafter „der schriftlichen Genehmigung der Gesellschafterversammlung“. Dort ist weiter vorgesehen, daß ein Geschäftsanteil, der einem Nichtgesellschafter verkauft werden soll, „zunächst jedem Gesellschafter gemäß dessen Anteil am Stammkapital und, soweit eine Übernahme nicht erfolgt, der Gesellschaft selbst anzubieten“ ist. Die Gesellschafterversammlung vom 10. September 1955 genehmigte die Teilung des Geschäftsanteils des Hauptgesellschafters; sie genehmigte ferner, daß drei Teile dieses Geschäftsanteils an Nichtgesellschafter, nämlich den Dipl.-Kaufmann Dr. Rudolf Fa, den Fabrikanten F. R. Wo und den Geheimen Kommerzienrat Dr. Hermann Sch, veräußert werden dürfen. Dr. Fa und F. R. Wo hatten sich gegenüber Oskar Hu, einem Gesellschafter der Beklagten zu 1, verpflichtet, ihm ihre Teilgeschäftsanteile abzutreten und haben von ihm auch das Geld zum Ankauf dieser Anteile erhalten. Nach dem (am 11. Dezember 1955) eingetretenen Tod von Oskar Hu haben sie ihre beiden Geschäftsanteile an dessen alleinige Erbin, Frau Erika von Lö übertragen, die sie weiter an den Beklagten zu 2 abgetreten hat, der in wirksamer Weise zuvor schon einen anderen Geschäftsanteil erworben hatte. Die Beklagte zu 3 ist die alleinige Erbin von Dr. Sch.

Die Kläger, die in ungeteilter Erbengemeinschaft einen Geschäftsanteil besitzen, halten den Beschluß vom 10. September 1955 für unwirksam, weil er der Schriftform entbehre und ergangen ist, ohne daß die Anbietungspflicht erfüllt wurde. Sie haben demgemäß beantragt, den Beschluß insoweit für unwirksam zu erklären, als er die Abtretung von Teilgeschäftsanteilen an Dr. Fa, F. R. Wo und Dr. Sch genehmigt. Insoweit haben sie ihn auch hilfsweise angefochten. Zugleich haben sie beantragt festzustellen, daß die Beklagten zu 2 und 3 nicht Gesellschafter der Beklagten zu 1 seien.

Das Landgericht hat die Klage gegenüber dem Beklagten zu 2 abgewiesen und ihr im übrigen zu den Hauptanträgen stattgegeben.

Die Berufung der Beklagten zu 1 und 3 hatte keinen Erfolg.

Mit der Revision, um deren Zurückweisung die Kläger bitten, verfolgen die Beklagten zu 1 und 3 den Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

Außer anfechtbaren und nichtigen Gesellschafterbeschlüssen gibt es auch Beschlüsse, die zwar ordnungsgemäß gefaßt sind, für sich aber keine Wirkungen entfalten (RGZ 148, 175; BGHZ 15, 181; BGH WM 1962, 201; 1966, 447). Ein Gesellschafterbeschluß ist unwirksam, wenn zur Abstimmung der Gesellschafter nach Gesetz oder Satzung noch ein Erfordernis hinzukommen muß und dieses fehlt. So liegt es, wenn ein Gesellschafterbeschluß, der der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf, diese Zustimmung nicht gefunden hat (BGH WM 1966, 447) oder wenn ein Gesellschafterbeschluß ohne Zustimmung des Betroffenen in ein unentziehbares Recht eines Gesellschafters eingreift (BGH WM 1962, 201).

Der Beschluß vom 10. September 1955 ist wirksam.

1. § 4 des Gesellschaftsvertrages verlangt entgegen der Ansicht der Kläger nicht, daß alle Gesellschafter den Genehmigungsbeschluß unterschreiben.

Die Kläger meinen: Das Formerfordernis diene dem Schutz des Übernahmerechts und sei diesem Zweck entsprechend zu bestimmen. Durch § 4 des Gesellschaftsvertrages solle jeder einzelne Gesellschafter davor geschützt werden, daß sein Übernahmerecht übergangen werde. Nur wenn alle Gesellschafter den Genehmigungsbeschluß unterschrieben, sei eine Gewähr dafür gegeben, daß das Übernahmerecht beachtet sei. Darum müsse unter dem Erfordernis der schriftlichen Genehmigung der Gesellschafterversammlung verstanden werden, daß alle Gesellschafter den Genehmigungsbeschluß zu unterschreiben hätten.

Damit verlangen die Kläger, daß sich jeder einzelne Gesellschafter schriftlich zum Übernahmerecht äußern müsse, und setzen voraus, daß sich die Stellungnahme der einzelnen Gesellschafter zum Übernahmerecht mit der Abstimmung decke. Hierfür gibt § 4 des Gesellschaftsvertrages keinen Anhalt.

2. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1 keine Einstimmigkeit bei der Beschlußfassung über die Genehmigung erfordert. Die gegenteilige Ansicht der Kläger läßt sich weder aus dem Übernahmerecht noch aus § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages herleiten. Der einzelne Gesellschafter hat das Übernahmerecht nur in Höhe seines Anteils am Stammkapital (pro rata) und kann demzufolge mit seinem Übernahmerecht nicht verhindern, daß ein Dritter durch eine Anteilsübertragung Gesellschafter wird. Eine solche Möglichkeit bietet auch die Abstimmungsregelung nicht.

3. Das Berufungsgericht meint, § 4 des Gesellschaftsvertrages erfordere, daß die zur Gesellschafterversammlung erschienenen Gesellschafter oder ihre mit schriftlicher Vollmacht (§ 47 Abs. 3 GmbHG) versehenen Vertreter entweder eine Zustimmungserklärung oder ein Sitzungsprotokoll unterzeichnen, das die Präsens, die Prüfung der Vollmachten, den Wortlaut des Beschlusses und das Ergebnis der Abstimmung festhält.

Diese Auslegung des GesellschaftsvertragesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auslegung
Auslegung des Gesellschaftsvertrages
unterliegt der freien Nachprüfung durch das Revisionsgericht (BGHZ 14, 36/37; 36, 314/15), da sie eine körperschaftliche Frage, nämlich den Mitgliederbestand betrifft, der im Leben der Gesellschaft unter vielen Gesichtspunkten von entscheidender Bedeutung ist.

Mit dem Wortlaut des § 4 des Gesellschaftsvertrages ist, wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, die Annahme unvereinbar, mit der „schriftlichen Genehmigung der Gesellschafterversammlung“ sei schriftliche Abstimmung gemeint.

Im übrigen ist dieses Satzungserfordernis unklar. Die Gesellschafterversammlung als solche ist nicht in der Lage, schriftlich eine Genehmigung zu erteilen. Sie kann nur durch Beschlußfassungen tätig werden und hat kein Organ, das für sie zeichnen könnte. In Betracht kommt die Unterzeichnung des Gesellschafterbeschlusses durch alle Gesellschafter, durch die an der Abstimmung beteiligten Gesellschafter, durch diejenigen Gesellschafter, die für die Genehmigung gestimmt haben, und, wenn der Beschluß Teil einer Versammlungsniederschrift ist, durch den Protokollführer. Hierzu sagt der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1 nichts. Er läßt auch offen, ob die „schriftliche Genehmigung der Gesellschafterversammlung“ ein Erfordernis für die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses, also der internen Willensbildung, oder ein Umstand ist, der die Wirksamkeit der Genehmigung nach außen, also die Willenserklärung, beeinflußt.

Eine Bestimmung, die die Abtretung der Geschäftsanteile gemäß § 15 Abs. 4 GmbHG an besondere Voraussetzungen knüpft, muß klar und eindeutig sein. Da es hieran fehlt, kann § 4 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten zu 1 nur zu der denkbar geringsten Anforderung anwendbar sein. Zur „schriftlichen Genehmigung der Gesellschafterversammlung“ muß daher genügen, daß der Genehmigungsbeschluß gefaßt, niedergelegt und vom Protokollführer oder einem Gesellschafter unterschrieben ist.

Dies ist der Fall. Es ist unstreitig, daß die Gesellschafterversammlung vom 10. September 1955 die Abtretung je eines Teilgeschäftsanteils an Dr. Fa, F. R. Wolff und Dr. Sch genehmigt hat. Unstreitig ist weiter, daß Dr. Fa als Protokollführer verwendet wurde. Er hat den Genehmigungsbeschluß unterzeichnet. Da der Protokollführer nicht Gesellschafter zu sein braucht, ist es unerheblich, daß Dr. Fa erst Gesellschafter werden sollte und bei der Beschlußfassung noch nicht Gesellschafter war. An der Versammlung nahm für die Kläger der Rentmeister a. D. G teil. Er hatte nicht den Auftrag, einer Neuverteilung der Geschäftsanteile zuzustimmen, und hat dies auch nicht getan. An der Versammlung hat er lediglich zur Unterrichtung der Kläger teilgenommen. Selbst wenn es bei dieser Sachlage falsch gewesen wäre, daß das von Dr. Falk unterschriebene Schriftstück den Genehmigungsbeschluß als einstimmig gefaßt bezeichnet, so ist das unschädlich, da zur Beschlußfassung die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreichte (§ 9 des Gesellschaftsvertrages), die Genehmigung mit dieser Mehrheit beschlossen worden ist und die unrichtige Wiedergabe des Stimmenverhältnisses das Schrifterfordernis nicht beeinträchtigt.

Es muß daher davon ausgegangen werden, daß § 4 des Gesellschaftsvertrages insoweit nicht verletzt worden ist, als er die „schriftliche Genehmigung der Gesellschafterversammlung“ verlangt.

4. Zu Unrecht meinen die Kläger auch, der Genehmigungsbeschluß habe in ein unentziehbares Recht eingegriffen.

Zwischen dem Erfordernis der schriftlichen Genehmigung der Gesellschafterversammlung und der Anbietungspflicht besteht allerdings ein Zusammenhang. „Jeder zum Verkauf gelangende Anteil am Stammkapital ist zunächst jedem Gesellschafter gemäß dessen Anteil am Stammkapital und, soweit eine Übernahme nicht erfolgt, der Gesellschaft selbst anzubieten“. Das „zunächst“ kann nicht bedeuten, daß die Anbietungspflicht zuerst gegenüber den Gesellschaftern und sodann gegenüber der Gesellschaft besteht. Wäre dies der Sinn der Bestimmung, so wäre das Wort „zunächst“ mit Rücksicht auf den Soweit-nicht-Satz überflüssig, und es fehlte eine satzungsmäßige Sanktion für den Fall der Verletzung der Anbietungspflicht. Die Anbietung eines Geschäftsanteils und das hieraus resultierende Übernahmerecht sind außerdem nur so lange sinnvoll, als die Anteilsübertragung noch nicht wirksam ist. Denn, wenn der Gesellschaftsanteil auf einen Dritten bereits übergegangen ist, kann er nicht mehr von seinem bisherigen Inhaber einem Gesellschafter oder der Gesellschaft angeboten oder noch von diesen erworben werden (vgl. RG JW 1934, 1412, 1413). Darum ist der Gesellschaftsvertrag dahin zu verstehen, daß das Genehmigungserfordernis mit dazu dient, die Einhaltung der Bestimmungen über die Anbietungspflicht zu erreichen.

Der Genehmigungsbeschluß führte nicht zum Untergang, sondern bloß zu einer Gefährdung des Übernahmerechts. Erst wenn zu ihm die Abtretung hinzukam, konnte es wegen des damit vollzogenen Gesellschafterwechsels nicht mehr ausgeübt werden. Bei der Beklagten zu 1 kann die Abtretung entweder vor oder nach der Beschlußfassung der Gesellschafterversammlung liegen. Wird zuerst abgetreten, so wird jeder einzelne Gesellschafter vor die Entscheidung über ein Übernahmerecht gestellt, das möglicherweise gar nicht zum Zuge kommt, weil es nur bei Abtretung an einen Nichtgesellschafter gegeben ist und nicht praktisch werden kann, wenn eine solche Anteilsübertragung von der Gesellschafterversammlung nicht genehmigt wird. Eine Stellungnahme zum Übernahmerecht erübrigt sich, wenn die Gesellschafterversammlung einer noch nicht vorgenommenen Abtretung die Genehmigung versagt. Aber auch die Genehmigung einer erst in Aussicht genommenen Abtretung führt zu einer mißlichen Lage: Sie eröffnet die Möglichkeit zu einem Inhaberwechsel, ohne daß die Übernahmeberechtigten Gelegenheit zun Ausübung des Übernahmerechts hatten. Aber wenn der Anteilsinhaber die genehmigte Abtretung vornimmt, ohne seine Anbietungspflicht erfüllt oder seinen Mitgesellschaftern Zeit zur Ausübung des Übernahmerechts gelassen zu haben, so wird dieses Recht nicht von der Gesellschafterversammlung, sondern von dem Abtretenden verletzt. Die Gesellschafterversammlung nimmt mit der Genehmigung einer noch nicht vollzogenen Abtretung nur eine Gefährdung des Übernahmerechts vor und tut das sogar im Einklang mit dem Gesellschaftsvertrag. Wird die genehmigte Abtretung unter Verletzung von Anbietungspflicht und Übernahmerecht vorgenommen, so bleibt den beeinträchtigten Gesellschaftern ein Schadensersatzanspruch gegen den Abtretenden. Aus diesen Gründen berechtigte die Mißachtung des Übernahmerechts der Kläger nicht zur Annahme der Unwirksamkeit. Dagegen war der Genehmigungsbeschluß im vorliegenden Fall anfechtbar, weil die Genehmigung entgegen der Bestimmung des § 4 des Gesellschaftsvertrages erteilt worden ist, bevor der abtretende Gesellschafter seiner Anbietungspflicht nachgekommen war.

II.

Auch die von den Klägern geltend gemachten Nichtigkeitsgründe tragen die Klage nicht.

1. Die Kläger haben geltend gemacht, das Verbot der gleichzeitigen Übertragung mehrerer Teile eines Geschäftsanteils eines Gesellschafters an denselben Erwerber (§ 17 Abs. 5 GmbHG) sei dadurch umgangen worden, daß Teile des Geschäftsanteils des früheren Hauptgesellschafters an Dr. Fa und F. R. Wo abgegeben worden seien, obwohl Oskar Hu, der gleichfalls einen Teilgeschäftsanteil erworben habe, den Kaufpreis auch für Dr. Fa und F. R. Wo bezahlt und beide ihm ein Optionsrecht auf ihre Teilgeschäftsanteile eingeräumt haben.

Der Senat hat in seinem Urteil vom 28. November 1955 – II ZR 203/52 – (BGHZ 11, 124) den Standpunkt vertreten, § 17 Abs. 5 GmbHG sei nur anwendbar, wenn die Zerlegung einer einheitlichen Beteiligung in mehrere Geschäftsanteile Selbstzweck sei. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß es Oskar Hu nicht darum gegangen sei, mehrere Teile eines Geschäftsanteils zu erwerben, sondern darum, seinen eigenen Geschäftsanteil zu gegebener Zeit zu vergrößern, um die Mehrheit der Stimmen zu erlangen. Diese Feststellung ist rechtlich einwandfrei und schließt die Anwendung des § 17 Abs. 5 GmbHG aus. Es braucht darum nicht erst geprüft zu werden, ob ein Verstoß gegen diese Bestimmung denjenigen Beschluß nichtig macht, durch den die Gesellschafter die Abtretung an Dr. Fa und F. R. Wo genehmigt haben. Es kommt auch nicht darauf an, daß die Beklagten auf Grund der Anbietungspflicht des Hauptgesellschafters nur das Recht gehabt hätten, einen ihrem bisherigen Anteil am Stammkapital entsprechenden Anteil an den für Dr. Fa, F. R. Wo und Dr. Sch gebildeten Teilgeschäftsanteilen zu erwerben und daß auf diese Weise die Zahl der Teilgeschäftsanteile vermehrt worden wäre.

2. Auch der Vorwurf der Sittenwidrigkeit ist unbegründet.

Ihn haben die Kläger damit begründet, sie seien über die beabsichtigten Maßnahmen nicht unterrichtet worden; das sei geschehen, um in ihrer Abwesenheit Beschluß fassen zu können; sie seien über die Absicht Oskar Hu getäuscht worden, durch Dr. Fa und F. R. Wolff weitere Anteile und damit die Mehrheit für sich zu erwerben; die Gesellschaftermehrheit habe ihre Stimmenmacht mißbraucht, das Übernahmerecht der Kläger vereitelt und auf diese Weise das Vertrauen der Gesellschafter untereinander erschüttert.

Sittenwidrigkeit ist nur dann Nichtigkeitsgrund, wenn der Gesellschafterbeschluß seinem Inhalt nach gegen die guten Sitten verstößt. Ein lediglich in der Art des Zustandekommens des Beschlusses liegender Sittenverstoß begründet nur einen Anfechtungsgrund (vgl. Schilling in Großkomm. AktG § 195 Anm. 2 m. w. N.). Die behauptete mangelnde Unterrichtung und die angebliche Täuschung geben daher allenfalls einen Anfechtungsgrund, nicht aber einen Nichtigkeitsgrund ab. Ein Mißbrauch der Stimmenmacht, der übrigens gleichfalls nur Anfechtbarkeit begründet (vgl. BGHZ 8, 348, 355; 11, 231, 246/47), ist nicht ersichtlich, da die Ausnutzung der Mehrheit noch keinen Machtmißbrauch darstellt. Die Mißachtung des Übernahmerechts und die Erschütterung des Vertrauens der Gesellschafter machen den Genehmigungsbeschluß nicht inhaltlich Sittenwidrig. Die insoweit betroffenen Gesellschafter sind durch die Möglichkeit der Anfechtungsklage ausreichend geschützt.

III.

Es kann offenbleiben, ob die von den Klägern geltend gemachten Anfechtungsgründe zur Nichtigkeit des Genehmigungsbeschlusses hätten führen können. Denn als Anfechtungsklage ist die Klage verspätet erhoben worden.

Gleichviel ob man für die Anfechtung von GmbH-Gesellschafterbeschlüssen verlangt, die Klage müsse wie im Aktienrecht innerhalb eines Monats seit der Beschlußfassung erhoben werden, oder ob man es mit dem Reichsgericht (RGZ 170, 358, 380; 172, 76, 79; DR 1944, 775 Nr. 15) genügen läßt, daß der Anfechtungskläger mit aller ihm zumutbaren Beschleunigung vorgeht und die Klage in angemessener Frist erhebt, ist hier die Anfechtungsfrist versäumt, da zwischen dem angefochtenen Beschluß (10. September 1955) und der Erhebung der Anfechtungsklage (10. März 1961) 5 1/2 Jahre liegen. Diese lange Frist läßt sich nicht mit den geführten Vergleichsverhandlungen rechtfertigen.

Die Klage ist daher unter allen vorgetragenen Gesichtspunkten unbegründet. Sie war daher auf die Revision auch gegenüber den Beklagten zu 1 und 3 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, § 100 Abs. 4 ZPO.

Schlagworte: Abtretung, Abtretungsverbot, Anteilabtretung, Geschäftsanteil Abtretung, Geschäftsanteilsabtretung, Missachtung eines Zustimmungsvorbehalts in Satzung, Vorerwerbsrecht, Zustimmung aller beteiligten und stimmberechtigten Gesellschafter, Zustimmung aller betroffener Gesellschafter, Zustimmung des betroffenen Gesellschafters, Zustimmung Gesellschafter, Zustimmungserfordernis, Zustimmungserklärungen zur Abtretung vinkulierter Geschäftsanteile, Zustimmungspflicht bei keinerlei Entscheidungsspielraum, Zustimmungsvorbehalt anderer Gesellschaftsorgane

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