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OLG Köln, Beschluss vom 11.04.2019 – 24 Kap 1/18

Donnerstag, 11. April 2019

Tenor

1. Der Musterfeststellungsantrag zu 1. wird als unbegründet, die Musterfeststellungsanträge zu 4. bis 6. werden als unzulässig zurückgewiesen.

2. Es wird festgestellt, dass die Musterfeststellungsanträge zu 2. und 3. gegenstandslos sind.

3. Den Musterklägervertretern wird für das erstinstanzliche Musterverfahren gemäß § 41a RVG eine aus der Landeskasse zu zahlende besondere Gebühr zu einem Gebührensatz von 0,3 nach § 13 Abs. 1 RVG bewilligt.

Gründe

I.

Das Musterverfahren betrifft Ansprüche der Musterkläger und einer Vielzahl anderer Anleger, die den „Lloyd Fonds Schiffsportfolio II“ gezeichnet haben. Hierbei handelt es sich um eine von der Musterbeklagten zu 5) angebotene quotale Beteiligung an sechs jeweils in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft betriebenen Einschiffunternehmen, namentlich der „Zweite MS ‚ANNINA SCHULTE‘ Shipping GmbH und Co. KG“, der „Zweite MS‚ VALENTINA SCHULTE‘ Shipping GmbH und Co. KG“, der „MS ‚MEMPHIS‘ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG“, der „MS ‚CHICAGO‘ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG“, der „MS ‚LLOYD DON CARLOS‘ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG“ und der „MS ‚LLOYD DON GIOVANNI‘ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG“. Die Beteiligung an den einzelnen Gesellschaften erfolgte konzeptgemäß jeweils über die Musterbeklagte zu 4) als Treuhandkommanditistin, daneben war u.a. jeweils die Musterbeklagte zu 5) Kommanditistin der einzelnen Schiffsgesellschaften. Die Musterbeklagte zu 6) ist Kommanditistin, Vertragsreederin und Platzierungsgarantin der MS „MEMPHIS“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG und der MS „CHICAGO“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG. Die Anlage wurde durch die Musterbeklagten zu 1), 2) und 3) vertrieben.

Die Beteiligung betrifft die Vollcontainerschiffe MS „ANNINA SCHULTE“ und MS „VALENTINA SCHULTE“ mit einer Containerkapazität von je 2.824 TEU, MS „MEMPHIS” und MS “CHICAGO” mit einer Containerkapazität von je 5.085 TEU und MS „LLOYD DON CARLOS“ und MS „LLOYD DON GIOVANNI“ mit einer Containerkapazität von je 8.024 TEU. Unter dem Datum 05.02.2007 veröffentlichte die Musterbeklagte zu 5) einen Verkaufsprospekt, wegen dessen Inhalt auf die von den Musterklägern als Anlage „KapK 1“ und von den Musterbeklagten zu 1) und 2) als Anlage „KapK 1/farbig“ zur Akte gereichten Ablichtungen desselben verwiesen wird. Zum Zeitpunkt der Prospekterstellung war die Werftauslieferung der MS „LLOYD DON CARLOS“ (am 23.06.2006), der MS „LLOYD DON GIOVANNI“ (am 08.08.2006) und der MS „ANNINA SCHULTE“ (am 15.01.2007) bereits erfolgt, die Werftauslieferungen der weiteren Schiffe standen für Februar 2007 bis Mai 2008 an. Alle Schiffe waren jeweils bereits verchartert, wobei die Charterdauer der Anfangsbeschäftigung für die MS „ANNINA SCHULTE“ und „VALENTINA SCHULTE“ je 4 Jahre ab Ablieferung, für die MS “MEMPHIS” und MS „CHICAGO” je mindestens 8, maximal 10 Jahre ab Übernahme sowie für die MS „LLOYD DON CARLOS“ und MS „LLOYD DON GIOVANNI“ je 10 Jahre ab Ablieferung betrug.

Die Musterkläger halten mehrere Aussagen des Prospekts für unrichtig, irreführend und unvollständig; an andere Stelle lasse der Prospekt die gebotene Aufklärung vermissen. Dies betreffe zunächst die irreführende und falsche Darstellung der Marksituation (Feststellungsziel zu 1. a). Insbesondere kläre der Prospekt nicht darüber auf, dass bereits vor Prospekterstellung mit einem Einbruch der Charterraten zu rechnen gewesen sei, zuvörderst bedingt durch eine massive Erhöhung der Kapazitäten der weltweiten Containerschiffflotte. Die Prospektdarstellung auf S. 32 vermittle lediglich, dass die Nachfrage nach Containerschiffen jährlich um etwa 9 % steige und dass es ein Flottenwachstum von 11,9 % gegeben habe, lasse bei der Darstellung aber die Bestellungen der Größenklassen über 4000 TEU aus und zeige nicht das gesamte Ausmaß der Neubestellungen und der darauf folgenden Überkapazitäten. Es werde verschwiegen, dass es bereits in den Vorjahren keine Nachfragelücken gegeben habe und die Flotte in den nächsten Jahren massiv wachsen werde. Ferner stelle der Prospekt die Wechselkursrisiken der Anlage nicht zutreffend dar (Feststellungsziel zu 1. b), die sich aus der teilweisen Finanzierung in japanischen Yen ergäben. Der Anleger werde nicht darüber informiert, dass wegen der hohen Volatilität des Yen erhebliche Risiken bestünden. Ein aufklärungsbedürftiges Risiko ergebe sich zudem daraus, dass in den Darlehensverträgen sogenannte 105%-Klauseln enthalten sind, die die einzelnen Fondgesellschaften bei Überschreiten einer näher definierten Wechselkursschwelle zu Sonderzahlungen verpflichteten. Auch kläre der Prospekt nicht über eine angebliche Interessenkollision (Feststellungsziel zu 1. c) auf, die sich daraus ergebe, dass die von der Musterbeklagten zu 4) durch einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit einem Teil ihrer Aufgaben beauftragte SECHZEHNTE PAXAS Treuhand und Beteiligungsgesellschaft mbh (im Folgenden: SECHZEHNTE PAXAS) mittelbar von der Musterbeklagten zu 1) kontrolliert werde. Da die Deutsche Bank Gruppe mittelbar 50 % des Kapitals der SECHZEHNTEN PAXAS halte, kontrolliere die Musterbeklagte zu 1) dasjenige Unternehmen, das seinerseits die Kontroll- und Informationsrechte der Anleger wahrnehmen solle. Der Prospekt sei auch irreführend, soweit er eine Risikostreuung behaupte (Feststellungsziel zu 1. d), die tatsächlich nicht gegeben sei. Der Prospekt enthalte zudem falsche bzw. irreführende Angaben zu den – zu niedrig angesetzten – Schiffsbetriebskostensteigerungen (Feststellungsziel zu 1. e). Die Musterkläger legen hierzu Studien vor, aus denen sich ergebe, dass die prospektierten Steigerungsraten von 2,5 % bzw. 3,0 % unvertretbar niedrig gewesen seien. Tatsächlich hätten die Steigerungen in den vorangegangenen Jahren deutlich über diesen Sätzen gelegen, dies hätte auch für die Zukunft zu einer deutlichen höheren Kalkulation führen müssen. Ähnliches gelte für die Darstellung der Schiffskaufpreise (Feststellungsziel zu 1. f), die tatsächlich höher gewesen seien als im Prospekt angegeben. Da die Kaufpreise für Containerschiffe sich im Jahr 2007 auf einem historischen Höchststand befunden hätten, hätte der Prospekt, um den Anlegern eine realistische Einschätzung der Werthaltigkeit der Beteiligung zu ermöglichen, auch eine Darstellung der historischen Kaufpreise enthalten müssen. Auch das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung werde nicht ausreichend dargestellt (Feststellungsziel zu 1. g). Der Prospekt informiere nämlich nicht darüber, dass auch die Entnahme von Gewinnanteilen bei einer Herabminderung des Kapitalanteils unter die geleistete Einlage infolge Verlusts zu einer Haftung führen könne. Der Prospekt kläre auch bezüglich des Totalverlustrisikos (Feststellungsziel zu 1. h) nicht ausreichend darüber auf, dass die Rentabilität des Investments wegen einer zu hohen Fremdfinanzierungsquote und zu hoher Weichkosten von vornherein in Frage gestanden habe. Dies gelte insbesondere wegen der hohen Fremdfinanzierungsquote und des hohen Weichkostenanteils. Zudem seien die im Prospekt enthaltenen Sensitivitätsanalysen unvertretbar (Feststellungsziel zu 1. i), da sie dem Anleger einen falschen Eindruck vermittelten. Insbesondere werde ein Zusammentreffen verschiedener negativer Szenarien oder ein „Worst-Case-Szenario“ nicht dargestellt. Soweit der Prospekt damit werbe, zwei der Schiffe erreichten die derzeit maximale Größe, um den Panamakanal durchfahren zu können, sei auch dies irreführend, da der zukünftige Ausbau des Panamakanals (Feststellungsziel zu 1. j) bereits seit 2004 bekannt gewesen sei und die Prospektangabe daher die wirtschaftliche Zukunft der Investition nicht wiederspiegele. Vielmehr habe aus diesem Grund bereits vor der Emission des Prospektes die Unwirtschaftlichkeit der Panamax-Schiffe festgestanden. Insgesamt sei zu berücksichtigen, dass der Prospekt ein zu positives Gesamtbild der Anlage (Feststellungsziel zu 1. j) zeichne; dem Anleger werde suggeriert, es handele sich um eine risikolose Anlage. Die Musterkläger sind ferner der Ansicht, der Prospekt hätte über das wirtschaftliche Risiko durch Schiffsgläubigerrechte aufklären müssen (Feststellungsziel zu 1n). Es handele sich dabei nicht um ein nur allgemeines, sondern um ein spezielles, sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjektes ergebendes Risiko. Insbesondere könnten Schiffsgläubigerrechte zur Sicherung von Forderungen entstehen, deren Schuldner nicht der Schiffseigentümer selbst, sondern Dritte – insbesondere die Charterer – seien. Insoweit bestehe ein spezielles Risiko, das es ausschließlich bei international tätigen Frachtschiffen gebe.

Die seitens der Rechtsanwaltskanzlei Beckmann, Heinrich-Hertz-Straße 11, 59423 Unna, vertretenen Beigeladenen Namen entfernt meinen, der Prospekt sei auch deswegen fehlerhaft, weil er nicht über die Anlageziele und die Anlagepolitik (Feststellungsziel zu 1l) aufkläre, insbesondere nicht über die aus der in § 4 Nr. 3 b) ee) der Gesellschaftsverträge geregelten Ermächtigung der Geschäftsführung zu Spekulationsgeschäften. Auch kläre der Prospekt nicht über das Risiko umweltrechtlicher Regelungen (Feststellungsziel zu 1m) auf, durch die gerade die mit Schweröl betriebene Containerschifffahrt betroffen werde.

Unter dem 15.03.2018 hat das Landgericht Essen im Rahmen eines zwischen den Musterklägern und der Musterbeklagten zu 1) geführten Rechtsstreits (17 O 347/16) den nachfolgenden Vorlagebeschluss erlassen, der am 20.04.2018 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht worden ist:

Dem Oberlandesgericht Köln werden gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG folgende Feststellungsziele zum Zwecke der Herbeiführung eines Musterentscheides vorgelegt:

1. Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospekt über die Beteiligung am LLOYD Fonds SCHIFFSPORTFOLIO II in der Fassung vom 05.02.2007 (nachfolgend „Verkaufsprospekt“) unrichtig, irreführend und unvollständig ist, insbesondere wird festgestellt,

a) dass die zu erwartende Neutonnage und die Nachfrage sowie die Marktaussichten für Containerschiffe im Verkaufsprospekt falsch und/oder irreführend dargestellt wird und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

b) dass im Verkaufsprospekt keine ordnungsgemäßen und ausreichenden Hinweise auf Wechselkursrisiken aus der Finanzierung in japanischen Yen und über den Abschluss einer „105%-Klausel“ mit den finanzierenden Banken enthalten sind und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

c) dass im Verkaufsprospekt kein ordnungsgemäßer und ausreichender Hinweis darauf enthalten ist, dass die Musterbeklagte die SECHZEHNTE PAXAS Treuhand- und Beteiligungsgesellschaft mbH kontrolliert, welche selbst als mittelbar Beauftragte der Treuhänderin damit beauftragt ist, die interessen der Anleger auch im Zusammenhang mit dem Vertrieb des Fonds wahrzunehmen und weshalb eine aufklärungspflichtige Interessenkollision und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

d) dass entgegen der Prospektdarstellung durch eine Investition in verschiedenen Größenklassen der Containerschifffahrt keine Risikostreuung erreicht wurde und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

e) dass die Angaben der Schiffsbetriebskostensteigerungen der Schiffe des LLOYD Fonds SCHIFFSPORTFOLIO II in der tabellarischen Darstellung auf Seite 59 des Verkaufsprospektes unvertretbar niedrig sind und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

f) dass im Verkaufsprospekt kein hinreichender Hinweis darauf enthalten ist, dass die Kaufpreise für die Schiffe des LLOYD Fonds SCHIFFSPORTFOLIO II den Marktwert der Schiffe weit überstiegen und insbesondere die auf den S. 25 bis 28 des Verkaufsprospektes enthaltenen Aussagen, dass die Kaufpreise der Schiffe des Fonds „günstig“ wären, falsch sind und dass insoweit erhebliche Prospektfehler vorliegen;

g) dass im Verkaufsprospekt kein ordnungsgemäßer und ausreichender Hinweis auf das Haftungsrisiko der Anleger und das Risiko des Wiederauflebens der Haftung enthalten ist, insbesondere die Angaben zur Haftung gemäß §§ 171 f. HGB auf S. 14 und S. 19 falsch und irreführend sind und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

h) dass im Verkaufsprospekt kein ordnungsgemäßer und ausreichender Hinweis enthalten ist, dass aufgrund des hohen Weichkosten- und Fremdfinanzierungsanteils das Risiko eines Totalverlustes der von den Anliegern geleisteten Einlage deutlich ansteigt und die im Verkaufsprospekt enthaltenen Hinweise nicht dazu geeignet sind, dieses gesteigerte Totalverlustrisiko ordnungsgemäß, ausreichend und richtig darzustellen und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

i) dass die Sensitivitätsanalysen auf den Seiten 62 f. des Verkaufsprospekts für eine sachgerechte Risikodarstellung irreführend sind und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

j) dass der Verkaufsprospekt keinen Hinweis auf die Erweiterung des Panamakanals enthält und demnach nicht über den wegfallenden Wettbewerbsvorteil der Panama-Schiffe aufgeklärt wird, obwohl ein solcher Hinweis erforderlich gewesen wäre und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

k) dass der Verkaufsprospekt in seiner Gesamtschau die Risiken verharmlost und dieser damit nicht dazu geeignet ist, den Anleger hinreichend über die Risiken der Anlage zu informieren;

2. a) Es wird festgestellt, dass die unter Ziff. 1 a) – k) aufgezeigten Prospektmängel jeweils für die Musterbeklagten bei der gebotenen sachkundigen Prüfung mit Banküblicher Sorgfalt erkennbar waren.

b) Es wird festgestellt, dass die unter Ziff. 1 a) – k) aufgezeigten Prospektmängel jeweils für die Musterbeklagten auch im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung des Verkaufsprospektes erkennbar waren.

3. Es wird festgestellt, dass den Musterbeklagen die Darlegungs- und Beweislast dafür obliegt, dass die unter Ziff. 1 a) – k) aufgeführten Prospektmängel richtig gestellt wurden.

4. Es wird festgestellt, dass zu vermuten ist, dass die unter Ziff. 1 a) – k) dargestellten Prospektmängel jeweils kausal für die Zeichnungen von Anlegern sind, auch wenn der Verkaufsprospekt zu spät oder gar nicht an den Anleger übergeben wurde.

5. Es wird festgestellt, dass allein aus dem Umstand, dass die Anleger des LLOYD Fonds SCHIFFSPORTFOLIO II letztmalig im Jahr 2008 eine Ausschüttung erhalten haben, keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis angenommen werden kann, da sich allein daraus keine hinreichenden Informationen über die unter Ziff. 1 a) – k) aufgeführten Prospektmängel ergeben.

6. Es wird festgestellt, dass weder der Verkaufsprospekt noch die Geschäftsberichte und Rundschreiben der Vorgesellschaft von 2008-2014 hinreichende Informationen über die unter Ziff. 1a) – k) aufgeführten Prospekt- und Beratungsmängel enthalten, so dass der Verkaufsprospekt und die Geschäftsberichte und Rundschreiben allein oder zusammen mit den ausbleibenden Ausschüttungen keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis herbeiführen können. Mit Beschluss vom 21.08.2018 (Bl. 87 ff. GA), veröffentlicht im elektronischen Bundesanzeiger am 30.08.2018 (Bl. 106, 113 GA), hat der Senat die Musterkläger bestimmt. Mit weiterem Beschluss vom 15.01.2019 hat der Senat auf Antrag der Beigeladenen Namen entfernt die Feststellungsziele wie folgt um die Feststellungsziele zu 1. l) und m) erweitert (Bl. 672 ff.GA): l) Der Emissionsprospekt zu der streitgegenständlichen Beteiligung stellt nur unvollständig die Anlageziele und die Anlagepolitik im Zusammenhang mit den Risikohinweisen zu Spekulationsgeschäften dar und ist insoweit irreführend. m) Der Emissionsprospekt zu der streitgegenständlichen Beteiligung stellt nur unvollständig die rechtlichen Risiken im Zusammenhang mit den umweltrechtlichen Veränderungen dar und ist insoweit irreführend. Auf den mit Schriftsatz vom 19.02.2019 gestellten Antrag der Musterkläger hat der Senat sodann mit Beschluss vom 05.03.2019 die Feststellungsziele wie folgt um das Feststellungsziel zu 1 n) erweitert (Bl. 837 ff. GA): Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospekt über die Beteiligung am LLOYD Fonds SCHIFFSPORTFOLIO II in der Fassung vom 05.02.2007 (nachfolgend „Verkaufsprospekt“) unrichtig, irreführend und unvollständig ist, da n) der Emissionsprospekt keine hinreichenden Hinweise auf die Risiken der Inanspruchnahme der Schiffsgesellschaft durch die Gläubiger der Charterer der Schiffe enthält und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt. Nach weiteren sprachlichen Anpassungen und inhaltlichen Klarstellungen der Antragsfassung im Schriftsatz vom 19.02.2019 und in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2019 beantragen die Musterkläger und Beigeladenen nunmehr: 1. Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospekt über die Beteiligung am LLOYD Fonds SCHIFFSPORTFOLIO II in der Fassung vom 05.02.2007 (nachfolgend „Verkaufsprospekt“) unrichtig, irreführend und unvollständig ist, da a) die zu erwartende Neutonnage und die Nachfrage sowie die Marktaussichten für Containerschiffe im Verkaufsprospekt falsch und/oder irreführend dargestellt wird und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; b) im Verkaufsprospekt keine ordnungsgemäßen und ausreichenden Hinweise auf Wechselkursrisiken aus der Finanzierung in japanischen Yen und über den Abschluss einer „105%-Klausel“ mit den finanzierenden Banken enthalten sind und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; c) im Verkaufsprospekt kein ordnungsgemäßer und ausreichender Hinweis darauf enthalten ist, dass die Musterbeklagte die SECHZEHNTE PAXAS Treuhand- und Beteiligungsgesellschaft mbH kontrolliert, welche selbst als mittelbar Beauftragte der Treuhänderin damit beauftragt ist, die interessen der Anleger auch im Zusammenhang mit dem Vertrieb des Fonds wahrzunehmen und weshalb eine aufklärungspflichtige Interessenkollision und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; d) entgegen der Prospektdarstellung durch eine Investition in verschiedenen Größenklassen der Containerschifffahrt keine Risikostreuung erreicht wurde und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; e) die Angaben der Schiffsbetriebskostensteigerungen der Schiffe des LLOYD Fonds SCHIFFSPORTFOLIO II in der tabellarischen Darstellung auf Seite 59 des Verkaufsprospektes unvertretbar niedrig sind und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; f) im Verkaufsprospekt kein hinreichender Hinweis darauf enthalten ist, dass die Kaufpreise für die Schiffe des LLOYD Fonds SCHIFFSPORTFOLIO II den Marktwert der Schiffe weit übersteigen und insbesondere die auf den S. 25-28 des Verkaufsprospektes enthaltenen Aussagen, dass die Kaufpreise der Schiffe des Fonds „günstig“ wären, falsch sind und dass insoweit erhebliche Prospektfehler vorliegen; g) im Verkaufsprospekt kein ordnungsgemäßer und ausreichender Hinweis auf das Haftungsrisiko der Anleger und das Risiko des Wiederauflebens der Haftung enthalten ist, insbesondere die Angaben zur Haftung gemäß §§ 171 f. HGB auf S. 14 und S. 19 falsch und irreführend sind und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; h) im Verkaufsprospekt kein ordnungsgemäßer und ausreichender Hinweis enthalten ist, dass aufgrund des hohen Weichkosten- und Fremdfinanzierungsanteils das Risiko eines Totalverlustes der von den Anliegern geleisteten Einlage deutlich ansteigt und die im Verkaufsprospekt enthaltenen Hinweise nicht dazu geeignet sind, dieses gesteigerte Totalverlustrisiko ordnungsgemäß, ausreichend und richtig darzustellen und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; i) die Sensitivitätsanalysen auf den Seiten 62 f. des Verkaufsprospekts für eine sachgerechte Risikodarstellung irreführend sind und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; j) der Verkaufsprospekt keinen Hinweis auf die Erweiterung des Panamakanals enthält und demnach nicht über den wegfallenden Wettbewerbsvorteil der Panama-Schiffe aufgeklärt wird, obwohl ein solcher Hinweis erforderlich gewesen wäre und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; k) der Verkaufsprospekt in seiner Gesamtschau die Risiken verharmlost und dieser damit nicht dazu geeignet ist, den Anleger hinreichend über die Risiken der Anlage zu informieren; l) der Verkaufsprospekt zu der streitgegenständlichen Beteiligung nur unvollständig die Anlageziele und die Anlagepolitik im Zusammenhang mit den Risikohinweisen zu Spekulationsgeschäften darstellt und insoweit irreführend ist; m) der Verkaufsprospekt zu der streitgegenständlichen Beteiligung nur unvollständig die rechtlichen Risiken im Zusammenhang mit den umweltrechtlichen Veränderungen darstellt und insoweit irreführend ist; n) der Emissionsprospekt keine hinreichenden Hinweise auf die Risiken der Inanspruchnahme der Schiffsgesellschaft durch die Gläubiger der Charterer der Schiffe enthält und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt. 2. a) Es wird festgestellt, dass die unter Ziff. 1 a) – n) aufgezeigten Prospektmängel jeweils für die Musterbeklagten bei der gebotenen sachkundigen Prüfung mit Banküblicher Sorgfalt erkennbar waren. b) Es wird festgestellt, dass die unter Ziff. 1 a) – n) aufgezeigten Prospektmängel jeweils für die Musterbeklagten auch im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung des Verkaufsprospektes erkennbar waren. 3. Es wird festgestellt, dass den Musterbeklagen die Darlegungs- und Beweislast dafür obliegt, dass die unter Ziff. 1 a) – n) aufgeführten Prospektmängel richtig gestellt wurden. 4. Es wird festgestellt, dass zu vermuten ist, dass die unter Ziff. 1 a) – n) dargestellten Prospektmängel jeweils kausal für die Zeichnungen von Anlegern sind, auch wenn der Verkaufsprospekt zu spät oder gar nicht an den Anleger übergeben wurde. 5. Es wird festgestellt, dass allein aus dem Umstand, dass die Anleger des LLOYD Fonds SCHIFFSPORTFOLIO II letztmalig im Jahr 2008 eine Ausschüttung erhalten haben, keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis angenommen werden kann, da sich allein daraus keine hinreichenden Informationen über die unter Ziff. 1 a) – n) aufgeführten Prospektmängel ergeben. 6. Es wird festgestellt, dass weder der Verkaufsprospekt noch die Geschäftsberichte und Rundschreiben der Vorgesellschaft von 2008-2014 hinreichende Informationen über die unter Ziff. 1a) – n) aufgeführten Prospekt- und Beratungsmängel enthalten, so dass der Verkaufsprospekt und die Geschäftsberichte und Rundschreiben allein oder zusammen mit den ausbleibenden Ausschüttungen keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis herbeiführen können. Die Musterbeklagten beantragen, die Musteranträge zurückzuweisen. Sie sind der Auffassung, die Feststellungsanträge zu 3. bis 6. seien bereits nicht musterverfahrensfähig und damit unzulässig. Der Feststellungsantrag zu 3. betreffe eine allgemeine Rechtsfrage ohne Bezug zu dem angeblich fehlerhaften Prospekt; ihm fehle zudem das Rechtsschutzbedürfnis. Der Antrag zu 4. sei ebenso wie die Anträge zu 5. und 6. auf die Feststellung individueller Fragen gerichtet; diese Anträge seien damit ebenfalls unzulässig. In der Sache seien die mit dem Feststellungsziel zu 1. gerügten Prospektfehler nicht gegeben. Der Schiffsmarkt werde im Prospekt nicht einseitig positiv dargestellt. Vielmehr weise der Prospekt ausdrücklich auf die bestehenden Risiken hin und stehe in Übereinstimmung mit einschlägigen Publikationen, insbesondere der von der Musterbeklagten zu 5) in Auftrag gegebenen „Marktstudie für Containerschiffe verschiedene Größen zwischen 2.500 und um 8.000 TEU“ des Institutes für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (im Folgenden: ISL-Studie) vom 10.11.2016. Die im Prospekt zum Ausdruck gekommene optimistische Einschätzung, es werde nicht zu einem Einbruch der Charterraten kommen, sei ex ante jedenfalls vertretbar gewesen. Auf das Währungsrisiko werde ausreichend hingewiesen, während auf 105%-Klauseln in den Darlehensverträgen nicht habe gesondert hingewiesen werden müssen; diese seien lediglich eine konkrete Ausprägung des Währungsrisikos. Hinsichtlich der SECHZEHNTEN PAXAS gebe es keinen Interessenkonflikt, der nicht im Prospekt dargestellt sei, da die SECHZEHNTE PAXAS weder Projektinitiatorin sei noch mit Kontrollrechten ausgestattet sei, sondern nur untergeordnete büroorganisatorische Tätigkeiten wahrnehme. Daher sei ein näherer Hinweis auf die mittelbare Beteiligung der Deutsche Bank Gruppe an der SECHZEHNTEN PAXAS nicht notwendig gewesen. Die Prospektdarstellung zur Risikostreuung sei nicht zu beanstanden, da sich diese aus den unterschiedlichen Schiffstypen, unterschiedlichen Charterern und Reedern sowie unterschiedlichen Charterlaufzeiten ergebe. Von einer einheitlichen Entwicklung der Charterraten für alle Schiffstypen könne nicht ausgegangen werden. Ferner sei die Prognose hinsichtlich der Betriebskostensteigerungen aus ex-ante-Sicht vertretbar gewesen; die angenommene Steigerungsrate sei tatsachenbasiert sowie zum damaligen Zeitpunkt marktüblich und folglich mindestens vertretbar gewesen. Die Prognosen beruhten insoweit auf den von den Vertragsreedern der einzelnen Schiffe mitgeteilten Umständen. Der Prospekt weise auch die Bau- und Kaufpreise nachvollziehbar und zutreffend aus. Der entsprechenden Darstellung im Prospekt läge für jedes Schiff ein Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dipl-Ing. Name entfernt zu Grunde. Dass der Prospekt die Einschätzung des Gutachters, wonach die Preise „günstig“ seien, wiedergebe, sei nicht irreführend. Aus dem Prospekt ergebe sich gerade auch, dass der Gutachter auf die Entwicklung der Marktpreise abstelle und die verfahrensgegenständlichen Schiffspreise in diese Entwicklung einordne. Über das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung finde eine ausreichende Aufklärung statt; zu einer abstrakten Erläuterung des § 172 Abs. 4 HGB bestehe keine Verpflichtung. Das Fremdfinanzierungsrisiko werde ebenso wie das Totalverlustrisiko ausreichend dargestellt. Im Übrigen sei das Totalverlustrisiko durch die hier gegebenen Fremdfinanzierungsraten sowie die tatsächliche Weichkostenquote nicht in besonderer Weise erhöht gewesen. Soweit die Musterkläger die Sensitivitätsanalysen in Zweifel zögen, sei dies nicht berechtigt, weil diese sowohl in der Sache zutreffend seien als auch deutlich darauf hinwiesen werde, dass weder ein Worst-case-Szenario dargestellt sei noch eine Abhängigkeit einzelner Faktoren voneinander. Auf den Ausbau des Panamakanals habe nicht hingewiesen werden müssen, weil diese Angabe keine für die Anlage wesentlichen Umstände betreffe, zumal bei Prospekterstellung weder das „Ob“ des Ausbaus noch der Zeitpunkt der Fertigstellung absehbar gewesen seien. Auch die Darstellung der Anlageziele und der Anlagepolitik sei zutreffend gewesen, eine Ermächtigung der Geschäftsführung zu Spekulationsgeschäften sei gerade nicht erfolgt. Die weiter angeführten umweltrechtlichen Veränderungen seien Umstände, deren Relevanz für die verfahrensgegenständliche Beteiligung nicht ersichtlich sei. Auch in der Gesamtschau ergebe sich keine andere Bewertung. Eine Entwertung von Risikohinweisen finde nicht statt. Über das Risiko etwaiger Schiffsgläubigerrechte habe nicht aufgeklärt werden müssen. Letztlich seien auch die Feststellungsanträge zu 2. a) und 2. b) unbegründet, da der Prospekt mit aller erforderlichen Sorgfalt insbesondere durch die Einholung eines umfangreichen Prospektgutachtens geprüft worden sei, ohne dass Fehler erkennbar gewesen wären. Wegen des weiteren Vortrags der Musterparteien und der Beigeladenen wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. II. Die beantragten Feststellungen sind nicht zu treffen. Die Musterverfahrensanträge erweisen sich teilweise als unzulässig (dazu sogleich unter 1.); soweit sie zulässig sind, sind sie unbegründet bzw. gegenstandslos (unten 2.). Im Einzelnen gilt: 1. Die Musterverfahrensanträge zu 1. bis 3. sind zulässig, die Anträge zu 4.–6. hingegen unzulässig. a) Der Anwendungsbereich des KapMuG ist hinsichtlich aller Musterbeklagten gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG eröffnet. Diese werden nach dem Inhalt der zu den Akten gelangten Aussetzungsbeschlüsse von den einzelnen Klägern der Ausgangsverfahren wegen unterlassener Aufklärung auf der Grundlage falscher, irreführender oder unvollständiger Prospektangaben – und damit „wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen Unterlassung der gebotenen Aufklärung“ – auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Durch die Aussetzung der einzelnen Klageverfahren sind die jeweiligen Beklagten gemäß § 8 Abs. 5 KapMuG zu Musterbeklagten des hiesigen Verfahrens geworden. Bedenken hiergegen werden von den Beteiligten auch nicht erhoben. b) Wegen der einzelnen Feststellungsziele ist der Senat gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 KapMuG grundsätzlich an den Inhalt des Vorlagebeschlusses des Landgerichts Essen vom 15.03.2018 gebunden. Denn nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers soll gerade keine Prüfung der Vorlagevoraussetzungen durch das Oberlandesgericht erfolgen (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren, BT-Drucks. 15/5091, S. 23); daran hat auch die Neufassung des KapMuG nichts geändert (BGH, Beschluss vom 04.05.2017 – III ZB 61/16 –, Rn. 9, juris). Die Bindungswirkung eines Vorlagebeschlusses ist jedoch insoweit nicht gegeben, als dieser Feststellungsziele enthält, die nicht unter § 1 Abs. 1 KapMuG fallen (vgl. Vollkommer in: Kölner Kommentar zum KapMuG, 2. Aufl. 2014, § 6 Rn. 81). Dies ist etwa der Fall, wenn der geltend gemachte Anspruch schon nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein kann (BGHZ 190, 383, Rn. 8). Darüber hinaus ist das mit einem Musterverfahren befasste Oberlandesgericht nur befugt, das Vorliegen der allgemeinen Prozessvoraussetzungen zu prüfen (BGH, Beschluss vom 04.05.2017, III ZB 61/16, Rn.13, juris). Im Einzelnen gilt daher Folgendes: aa) Soweit die Musterbeklagten zu 4) und 5) den Einwand erheben, das Feststellungziel zu 1 j) (Fehlen eines Hinweises auf die anstehende Erweiterung des Panamakanals) sei nicht musterverfahrensfähig, vermögen sie damit nicht durchzudringen. Allerdings sind nach § 1 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 KapMuG nur Ansprüche in Bezug auf öffentliche Kapitalmarktinformationen musterverfahrensfähig. Dies sind gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KapMuG öffentliche Informationen über Tatsachen, Umstände, Kennzahlen und sonstige Unternehmensdaten, die einen Emittenten von Wertpapieren oder einen Anbieter sonstiger Vermögensanlagen betreffen und für eine Vielzahl von Kapitalanlegern bestimmt sind. Der Begriff der „Unternehmensdaten“ ist in diesem Zusammenhang der Oberbegriff, der die anderen Beispiele mitumfasst (Kruis in: Kölner Kommentar zum KapMuG, 2. Aufl. 2014, § 1 Rn. 23). Unternehmensdaten sind dabei Umstände, die in dem Unternehmen, mit dem die Vermögensanlage in Zusammenhang steht, oder in der sonstigen Vermögensanlage selbst begründet sind und zur Information von Anlegern dienen können. Der Begriff ist allerdings nicht einschränkend, sondern vielmehr allgemein zu verstehen, nämlich in dem Sinn, dass die Information einen dem Unternehmen oder der Anlage innewohnenden Umstand betreffen muss (so Großerichter in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 2018, § 1 KapMuG Rn. 24). Zu den so verstandenen Umständen gehören auch die Einsatzmöglichkeiten der einzelnen Schiffe, an denen der Fonds beteiligt ist; auch der Prospekt selbst erwähnt für die Schiffe MS „MEMPHIS“ und MS „CHICAGO“ die Möglichkeit, den Panamakanal zu befahren. Vor diesem Hintergrund hat der Senat keine Bedenken, auch absehbare bauliche Veränderungen einer der weltweit wichtigsten Schiffspassagen als Unternehmensdatum im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 KapMuG einzuordnen. bb) Der Antrag zu 2. ist ebenfalls zulässig. Die Rüge der Musterbeklagten, der Antrag betreffe eine lediglich individuelle und damit nicht musterverfahrensfähige Frage, greift nicht durch. Denn mit Antrag zu 2. ist nicht die Frage aufgeworfen, ob die Musterbeklagten den Prospekt vor der Emission mit hinreichender Sorgfalt geprüft haben. Vielmehr betrifft der Antrag die verallgemeinerungsfähige Frage nach der objektiven Erkennbarkeit der behaupteten Prospektfehler im Rahmen der nach allgemeinen Maßstäben gebotenen Prüfung. cc) Der auf die Feststellung gerichtete Antrag zu 3., dass den Musterbeklagten die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigstellung der gerügten Prospektmängel obliegt, ist ebenfalls zulässig. Denn auch dieser Antrag ist auf eine verallgemeinerungsfähige, nicht von individuellen Voraussetzungen abhängige Rechtsfrage gerichtet, die in den einzelnen ausgesetzten Verfahren Bedeutung erlangen kann. dd) Der Antrag zu 4. ist hingegen unzulässig. Mit ihm wird die Feststellung begehrt, dass zu vermuten ist, dass die gerügten Prospektmängel jeweils kausal für die Zeichnungen von Anlegern waren, auch wenn ein Prospekt zu spät oder gar nicht an den Anleger übergeben wurde. Die Musterkläger nehmen dabei Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach es der Lebenserfahrung entspricht, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist und dass ein Prospekt schon dann Verwendung findet, wenn er dem Vertriebskonzept entsprechend die Grundlage des Beratungsgesprächs bildet (so etwa BGH, Urteil vom 07.12.2009 – II ZR 139/08 –, Rn. 24, juris). Das so verstandene Feststellungsziel betrifft jedoch eine individuelle Frage der Kausalität; es ist deshalb nicht feststellungsfähig und der darauf gerichtete Antrag daher unzulässig (vgl. hierzu etwa BGHZ 177, 88, Rn. 15; Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren, BT-Drucks. 15/5091, S. 20). Denn auch wenn die von den Musterklägern angesprochene Vermutung also solche verallgemeinerungsfähig ist, sind die Voraussetzungen, an die sie anknüpft, nur individuell feststellbar. Die Grundlage der Kausalitätsvermutung liegt nämlich darin, dass der Prospekt von einem Anlageberater oder -vermittler als alleinige Arbeitsgrundlage benutzt wird. Dies kann nur im jeweiligen Einzelfall festgestellt werden, da es auf den Inhalt des Prospektes erst dann ankommt, wenn auf seiner Grundlage ein Beratungsgespräch stattgefunden hat (BGH, Urteil vom 24.07.2018 – II ZR 305/16 –, Rn. 14, juris). Die mit dem Antrag zu 4. begehrte Feststellung könnte deshalb nicht in der von den Musterklägern erstrebten Allgemeinheit, sondern jeweils erst nach Klärung der individuellen Beratungssituation im Einzelfall getroffen werden. Zur Vermeidung von Missverständnissen weist der Senat darauf hin, dass über den Antrag zu 4. auch im Falle seiner Zulässigkeit nicht in der Sache zu befinden gewesen wäre, weil er – im Hinblick auf die Unbegründetheit des Feststellungsantrags zu 1. – jedenfalls gegenstandlos wäre (s.u. zu c). ee) Aus den vorstehenden Erwägungen folgt auch die Unzulässigkeit der Anträge zu 5. und 6. Individuelle Voraussetzungen des Verjährungsbeginns, die in der Person des Gläubigers vorliegen und bei mehreren Gläubigern für jeden persönlich festgestellt werden müssen, können nicht Gegenstand eines Musterantrags sein (vgl. BGHZ 177, 88, Rn. 15). Die Formulierung des Antrags zu 6., „dass der Verkaufsprospekt und die Geschäftsberichte und Rundschreiben allein oder zusammen mit den ausbleibenden Ausschüttungen keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis herbeiführen können“, legt zwar das Verständnis nahe, dass es für die begehrte Feststellung nicht auf die individuelle Kenntnis, sondern auf den sachlichen Gehalt der genannten Unterlagen ankommen soll. Eine solche abstrakte Betrachtung kann einer Feststellung im Musterverfahren zugänglich sein (in diese Richtung Vollkommer, NJW 2007, 3094, 3097, der insbesondere bei § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB eine typisierende rechtliche Betrachtung für möglich erachtet). Allerdings sind insbesondere beim Begriff der grob fahrlässigen Unkenntnis, der einen Unterfall der groben Fahrlässigkeit im Sinne von § 277 BGB darstellt, gerade auch subjektive, in der Individualität des Handelnden begründete Umstände zu berücksichtigen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt für den Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht ein ausschließlich objektiver, nur auf die Verhaltensanforderungen des Verkehrs abgestellter Maßstab; vielmehr sind auch Umstände zu berücksichtigen, die die subjektive, personale Seite der Verantwortlichkeit betreffen (BGHZ 119, 147, Rn. 11). Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt insofern für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes personales Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einherzugehen pflegt (BGH, NJW 2009, 681, Rn. 35). Diese allgemeinen Grundsätze sprechen gegen die Musterverfahrensfähigkeit entsprechender Anträge (ebenso Kruis, in: Kölner Kommentar zum KapMuG, a.a.O., § 2 Rn. 36). Vor diesem Hintergrund kommt es in Bezug auf den Antrag zu 6. nicht entscheidend darauf an, ob er nach dem ergänzenden Vorbringen im Schriftsatz vom 19.02.2019 hinreichend bestimmt ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gilt entsprechend, vgl. Vollkommer, in: Kölner Kommentar zum KapMuG, a.a.O., § 11 Rn. 27). Gleiches gilt für die weitere Rüge der Musterbeklagten, dass der Antrag auch deshalb Bedenken begegnet, weil die Geschäftsberichte und Rundschreiben für sich genommen nicht als öffentliche Kapitalmarktinformationen zu qualifizieren sind (vgl. BGHZ 177, 88, Rn. 17). Abschließend sei auch insoweit darauf hingewiesen, dass auch die Anträge zu 5. und zu 6. im Falle ihrer Zulässigkeit jedenfalls gegenstandlos wären. 2. Die hiernach zulässigen Feststellungsanträge sind unbegründet, weil der Prospekt nach dem an ihn anzulegenden Prüfungsmaßstab nicht die von den Musterklägern bzw. Beigeladenen gerügten Fehler aufweist (Feststellungsziel zu 1., dazu sogleich unter a) bzw. gegenstandslos, weil es auf die damit aufgeworfenen Fragen nicht mehr ankommt (siehe dazu unten unter b). a) Feststellungsziel zu 1. Die Prospektfehler, deren Feststellung mit dem Antrag zu 1. begehrt wird, liegen insgesamt nicht vor. Der streitgegenständliche Verkaufsprospekt zum „Lloyd Schiffsportfolio II“ genügt zu allen angesprochenen Fragestellungen den Anforderungen. Maßstab für die Beurteilung des Prospekts ist § 8g Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG) in der zum Zeitpunkt der Prospekterstellung am 05.02.2007 gültigen Fassung (ab 01.07.2005, gültig bis 31.05.2012), der auch auf die hier verfahrensgegenständliche Vermögensanlage Anwendung fand. Denn nach § 8f VerkProspG galt die Prospektpflicht für Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hielt oder verwaltete (Treuhandvermögen). Der Begriff der Treuhand war dabei weit zu verstehen; maßgeblich war lediglich das Vorliegen einer Personenmehrheit, die einen Treuhänder bestellt hat (vgl. Arndt/Bruchwitz, Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 2008, § 8f Rn. 32 f.). Der Verkaufsprospekt musste gemäß § 8g Abs. 1 VerkProspG alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalten, die notwendig sind, um dem Publikum eine zutreffende Beurteilung des Emittenten und der Vermögensanlagen im Sinne des § 8f Abs. 1 VerkProspG zu ermöglichen. Bestanden die Anteile an einem Treuhandvermögen im Sinne des § 8f Abs. 1 VerkProspG und bestand dieses ganz oder teilweise aus einem Anteil an einer Gesellschaft, so musste der Prospekt auch hinsichtlich dieser Gesellschaft die entsprechenden Angaben enthalten. Gestützt auf die Verordnungsermächtigung in § 8g Abs. 2 VerkProspG hat die Bundesregierung die Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte (Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung – VermVerkProspV) erlassen, die in der hier maßgeblichen Fassung (gültig vom 01.07.2005 bis zum 31.05.2012) die insoweit erforderlichen Angaben konkretisiert hat. Zu den aus dem VerkProspG folgenden materiellen Anforderungen an den Prospekt, die sich inhaltlich weitgehend mit der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung decken (vgl. Emmerich, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2007, § 311 Rn. 183; Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2007, § 6 Rn. 82; Fleischer, BKR 2004, 339, 343), gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Der Prospekt muss alle für die Beurteilung der Anlage wichtigen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse möglichst zeitnah darstellen und durch seine Aussagen von den Verhältnissen und der Vermögens-, Ertrags- und Liquiditätslage des Unternehmens, dessen Papiere zum Kauf angeboten werden, dem interessierten Publikum ein zutreffendes Bild vermitteln. Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können. Diese Aufklärungspflicht erstreckt sich auf solche Umstände, von denen zwar noch nicht feststeht, die es aber wahrscheinlich machen, dass sie den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden. Für die Frage, ob ein Emissionsprospekt nach diesen Grundsätzen unrichtig oder unvollständig ist, kommt es dabei nicht allein auf die darin wiedergegebenen Einzeltatsachen an, sondern wesentlich auch darauf, welches Gesamtbild der Prospekt von den Verhältnissen des Unternehmens unter Berücksichtigung der von dem Anleger zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt (vgl. nur BGHZ 195, 1 Rn. 23; BGHZ 203, 1, Rn. 74; BGH, NJW-RR 2014, 1075, Rn. 12). Hierbei sind solche Angaben wesentlich, die ein Anleger „eher als nicht“ bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde (BGHZ 177, 1, Rn. 24; BGHZ 203, 1, Rn. 74). Nach den vorstehenden Maßstäben gilt zu den einzelnen (angeblichen) Prospektfehlern Folgendes: aa) Feststellunsgsziel zu 1 a) (Darstellung des Containerschiffsmarktes) (1) Soweit die Musterkläger die im Prospekt enthaltene Darstellung der Marktaussichten rügen, beziehen sie sich insbesondere auf die folgenden Passagen: S. 32: „Der Containerverkehr war in den beiden vergangenen Jahrzehnten das dynamischste Segment der Weltschifffahrt. Dies zeigte sich in jährlichen prozentualen Wachstumsraten im oberen einstelligen oder teilweise sogar zweistelligen Bereich. Im Vergleich zum Wachstum des Welthandels verzeichnete der internationale Containerverkehr in dieser Zeit einen überproportionalen Zuwachs. Insgesamt wird von ISL und anderen Marktanalysten mit einer Stabilisierung des Containerverkehrswachstums auf einem Niveau von ca. 9 % p.a. bis zum Jahr 2009 ausgegangen. Daraus resultierend sind die langfristigen Prognosen, die von einer Verdoppelung des Containerumschlags innerhalb der nächsten zehn Jahre ausgehen, durchaus als realistisch einzuschätzen.“ S. 32 f.: „Anfang Oktober 2009 umfasste die Weltflotte der Containerschiffe ca. 3.820 Schiffe mit zusammen fast 9,2 Millionen Stellplätzen. Bezogen auf die Anzahl der Schiffe entfällt zwar der überwiegende Teil auf Feederschiffe, die in diesem Segment bereitgestellte Kapazität nimmt hingegen nur einen Anteil von 22,5 % ein. Im Größensegment der Panamax-Schiffe sind zurzeit 635 Schiffe in Fahrt, 2 mehr als im Größensegment der Sub-Panamax-Schiffe und 171 mehr als im Größensegment der Post-Panamax-Containerschiffe (…) Die Flottenentwicklung in den kleineren und mittleren Segmenten bis hin zu den Sub-Panamax-Schiffen unter 3.000 TEU ist unterproportional. Während die Stellplatzkapazität der gesamten Vollcontainerflotte um 11,9 % zunahm, lagen alle Größenklassen unter 4.000 TEU darunter. Der Trend zum Größenwachstum der Schiffe wurde und wird zwar generell beibehalten, jedoch wurden von den Reedereien mit Ablieferungen bis zum Jahr 2010 wieder 653 neue kleine und mittlere Vollcontainerschiffe bis 3.000 TEU bestellt, um auch zukünftig die kleineren Verkehre und Zubringerdienste ausreichend versorgen zu können. Verschrottungen von älteren Schiffen haben im Jahr 2005 vor diesem Hintergrund nicht stattgefunden und auch in 2006 sind bisher nur wenige Abwrackungen von Vollcontainerschiffen bekannt.“ Die Musterkläger sind insoweit der Auffassung, die Prospektdarstellung sei deswegen unrichtig, weil – wie die Musterbeklagten auch gewusst hätten – das Anwachsen der Containerschiffstonnage zu Überkapazitäten führen werde und damit auch zu der Gefahr, dass die Charterraten einbrechen. Hierauf sei nicht hingewiesen worden, obwohl bereits im Jahr 2004 das Sinken der Charterraten vorhersehbar gewesen sei. Insbesondere seien die zu erwartenden Überkapazitäten schon vor Prospekterstellung in verschiedenen Studien thematisiert worden und auch Gegenstand der Berichterstattung in der Tagespresse gewesen. (2) Die Prospektdarstellung ist jedoch entgegen dieser Einschätzung nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehören zu den Umständen, über die der Prospekt ein zutreffendes und vollständiges Bild zu vermitteln hat, auch die für die Anlageentscheidung wesentlichen Prognosen über die voraussichtliche künftige Entwicklung des Anlageobjekts. Jedoch übernimmt der Prospektherausgeber grundsätzlich keine Gewähr dafür, dass die von ihm prognostizierte Entwicklung tatsächlich eintritt. Das Risiko, dass sich eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger. Dessen interessen werden dadurch gewahrt, dass Prognosen im Prospekt durch Tatsachen gestützt und ex ante betrachtet vertretbar sein müssen. Sie sind nach den damals gegebenen Verhältnissen und unter Berücksichtigung der sich abzeichnenden Risiken zu erstellen (BGH, NJW-RR 2010, 1393, Rn. 19, m.w.Nachw.). Genügt der Prospekt diesen Maßgaben, ist auch eine optimistische Prognose der Entwicklung einer Kapitalanlage unbedenklich (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 1393, Rn. 22). (a) Die Prospektangaben ergeben sich im Wesentlichen aus der von der Musterbeklagten zu 5) eingeholten und mit Datum vom 10.11.2006 erstellten ISL-Studie (Anlage MB 1+2 – 1). Der Studie lagen – wie sowohl im Prospekt ausgeführt als auch von den Musterbeklagten unwidersprochen vorgetragen wird – aktuelle Berichte internationaler Organisationen und von Marktbeobachtern, neueste Flottendatenbanken sowie die langjährige Erfahrung des 1954 gegründeten ISL in der Beobachtung und Kommentierung von Schifffahrtsmärkten zugrunde. Dies legt der Prospekt auf S. 31 (in der Fußnote) offen; zudem zeigen auch die Musterkläger nicht auf, dass und weshalb eine Studie des ISL als Grundlage für eine realistische Einschätzung der Marktaussichten ungeeignet gewesen sein könnte. (b) Nicht zu beanstanden ist auf dieser Grundlage zunächst die im Prospekt enthaltene Darstellung der durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten der Containerschifffahrt. Soweit der Prospekt (S. 32) ein jährliches Containerverkehrswachstum von 9 % bis zum Jahr 2009 sowie eine Verdopplung des Containerumschlages innerhalb der folgenden 10 Jahre prognostiziert, ergibt sich diese Prognose aus S. 6 der ISL-Studie vom 10.11.2006. Gleiches gilt für die im Prospekt aufgeführte Darstellung des in den Jahren 2002 bis 2006 erfolgten Flottenwachstums von 11,9 % (S. 9 der ISL-Studie). Auch soweit die Musterkläger vorbringen, der Prospekt sei insoweit unvollständig, als er bei der Angabe der Wachstumsraten die Schiffsgrößenklassen über 4.000 TEU außer Betracht lasse, kann dem nicht gefolgt werden. Denn den Prospektangaben kann ohne weiteres entnommen werden, dass die Größenklassen über 4.000 TEU wegen der unterdurchschnittlichen Wachstumsraten der Größenklassen unter 4.000 TEU auf oder über der durchschnittlichen Wachstumsrate von 11,9 % liegen. Dass der Prospekt für die Größenklasse der Schiffe MS „VALENTINA SCHULTE“ und MS „ANNINA SCHULTE“ ein unterdurchschnittliches Wachstum nennt, ist entgegen der Darstellung der Musterkläger ebenfalls nicht falsch, sondern richtig. Denn die Kapazität der einschlägigen Größenklasse von 2.500 – 2.999 TEU ist nach der auf S. 9 der ISL-Studie vom 10.11.2006 abgedruckten Tabelle um 11 % p.a. gestiegen; das durchschnittliche Wachstum lag mit 11,9 % aber darüber. (c) Die in diesem Zusammenhang ebenfalls erhobene Rüge der Musterkläger, der Prospekt verschweige die Zunahme der Stellplatzkapazität, die zwangsläufig zu Überkapazitäten auf dem Containerschiffsmarkt – und damit in der Folge zu einem Einbrechen der Charterraten – führe, trifft nicht zu. Die Zunahme der Stellplatzkapazität der gesamten Vollcontainerflotte wird auf Seite 33 des Prospekts mit 11,9 % angegeben, dass diese Information sachlich unrichtig ist, wird auch von den Musterklägern nicht vorgebracht. Der Prospekt zeichnet auch kein unvollständiges oder unzutreffendes Bild in Bezug auf die durch die Entwicklung der Stellplatzkapazität bedingte künftige Entwicklung der Charterraten. Dies gilt auch, soweit der Prospekt die Erwartung zum Ausdruck bringt, ein „drastischer und dauerhafter Einbruch der Charterraten“ sei nicht zu erwarten (S. 33 des Prospektes) und er insgesamt die Ausführungen zum Schiffsmarkt unter die Überschrift „Positive Entwicklungen in der Containerschiffahrt“ stellt (S. 31 des Prospektes). Eine so formulierte Prognose war auch vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt der Prospekterstellung zu erwartenden Überkapazitäten auf dem Containerschiffsmarkt nicht unvertretbar. (aa) In diesem Zusammenhang ist zunächst einmal festzuhalten, dass die vorbezeichnete Formulierung keineswegs einen stetigen Anstieg der Charterraten suggeriert. Vielmehr impliziert die Formulierung, es sei nicht mit einem „drastischen und dauerhaften Einbruch“ zu rechnen, durchaus, dass es jedenfalls zu einem kurz- oder auch mittelfristigen Absinken der Charterraten kommen kann; zudem weist die Aussage bei verständiger Würdigung auch auf eine zum Zeitpunkt der Prospekterstellung herrschende angespannte Marktsituation hin. Mögliche negative Entwicklungen bzw. schlechte Prognosen werden also keineswegs verschwiegen. Zudem führt der Prospekt bei der Darstellung des Schifffahrtsmarktes ab S. 31 des Prospektes im Unterpunkt „Ratenentwicklung im Chartermarkt“ (S. 33 des Prospektes) an, die Charterraten unterlägen grundsätzlich Marktschwankungen. Zwar sei es seit 2002 zu deutlichen Erhöhungen der Charterraten gekommen, doch verzeichneten die Charterraten seit Mitte Juni 2006 eine rückläufige Tendenz. Letztlich weist der Prospekt gerade auch auf die Unsicherheit einer abweichenden Marktentwicklung hin und verdeutlicht dem Anleger auch auf diese Weise das Risiko der Beteiligung. Entsprechende Hinweise finden sich insbesondere auf S. 18 des Prospektes. (bb) Unabhängig davon war aus der maßgeblichen Sicht ex ante nicht notwendiger Weise mit Überkapazitäten zu rechnen, die für den wirtschaftlichen Erfolg des Fonds relevant werden würden. Dies gilt bereits deshalb, weil alle Schiffe langfristig (4 bis 10 Jahre fest) verchartert waren, so dass es insoweit von vornherein nur auf eine mittelfristige Prognose ankommen konnte. Dass es in dem danach maßgeblichen Zeitraum zu Überkapazitäten kommen würde, stand indes keineswegs fest; eine entsprechende Erwartung wird auch von den Musterklägern, deren Ausführungen sich im Wesentlichen auf die Jahre unmittelbar nach Prospekterstellung beziehen, nicht dargelegt. Zudem ist zu beachten, dass die ILS-Studie vom 10.11.2006 von einem beachtlichen Verschrottungspotential bei den kleineren Schiffen ausgeht und im langfristigen Zeithorizont von 10 Jahren auch mit Verschrottungen bei den großen Schiffen zu rechnen war. Schließlich prognostiziert die ISL-Studie auch, dass Schiffsraum durch Wartezeiten vor den großen Häfen gebunden würde, in welchen insbesondere infolge eines Investitionsrückstaus größere Schiffe nicht gelöscht werden können. Soweit die ISL-Studie vom 10.11.2006 auf S. 7 die im Prospekt nicht wiedergegebene Prognose einer nicht näher bezeichneten „Ocean Ship cons. 2004“ enthält, die eine schlechtere Entwicklung vorhersagt, ergibt sich auch hieraus nicht, dass der Prospekt negative Entwicklungen verschweige. Zunächst geht auch diese Prognose nicht von einem Einbruch der Charterraten aus, sondern zeigt lediglich eine geringere Steigerung des weltweiten Containerumschlages auf. Zudem liegt die Prognose dieser Studie aus dem Jahr 2004 schon im Jahr 2005 unter den tatsächlich erreichten Werten und war damit zum Zeitpunkt der Prospekterstellung bereits überholt. Soweit die Musterkläger ein Eingehen des Prospektes darauf vermissen, dass die Gefahr einer Abschwächung des chinesischen Wirtschaftswachstums bestehe (so S. 3 der ISL-Studie vom 10.11.2006), enthält diese Feststellung entgegen der Ansicht der Musterkläger schon keine für die vorliegende Beteiligung relevante Warnung, zum anderen ist auch dieser Aspekt, wie die auf S. 6 der ISL-Studie vom 10.11.2006 angenommene Abschwächung des chinesischen Sondertrendes zeigt, in die Gesamtbeurteilung der ISL-Studie eingeflossen. In Übereinstimmung mit den vorgenannten Prognosen der ISL-Studie vom 10.11.2006 gingen sowohl die „Deutsche Bank-Research-Studie“ vom 06.04.2006 (KapK 2a) als auch die weiter (als Anlage BK1 zum Schriftsatz der von der Kanzlei Hahn vertretenen Beigeladenen vom 04.03.2019) vorgelegte Marktstudie des ISL für Containerschiffe der Größenklasse um 8.000 TEU vom 04.05.2006 davon aus, dass sich innerhalb eines Prognosezeitraums von zwei Jahren die bestehenden und zu erwartenden Überkapazitäten zwar negativ auf den Containerschiffsmarkt auswirken, aber gerade nicht zu einem Einbruch der Charterraten führen werden. Nach der „Deutsche-Bank-Research-Studie“ waren zwar einerseits bis 2008 Überkapazitäten unausweichlich, so dass die Charterraten „in den nächsten Monaten unter Druck“ (S. 7 f.) sein würden. Allerdings stünden einem „massiven Verfall der Charter- und Frachtraten“ andere Aspekte wie Engpässe in der weltweiten Hafeninfrastruktur u.a. entgegen. Die Studie gelangt daher zu dem Ergebnis, die Nachfrage nach Containerverkehren werde expandieren, dies insbesondere stärker als nach anderen Schiffstypen. Dieser Einschätzung entspricht dabei auch die ISL-Studie vom 04.05.2006. Dieser ist gerade zu entnehmen, dass die Situation innerhalb des Prognosezeitraums von zwei Jahren „zurückhaltend“ beurteilt werden müssen, während ab dem Jahr 2008 die Möglichkeit einer „nachhaltigen Trendumkehr“ gesehen wird (Seite 20 f. der ISL-Studie vom 04.05.2006). Auch diese Studie erkennt zudem in den vorgenannten dämpfenden Aspekten – etwa bezüglich des Verschrottungspotenzials oder der Überlastung einzelner Häfen – die Möglichkeit einer Minderung des Kapazitätszuwachses. Gleiches gilt schließlich auch für die Darstellung in der von den Musterklägern vorgelegten Seite 238 des „Drewry Annual Container Market and Forecast September 2004“ (Anlage KapK 4). Denn gerade der letzte Absatz der Ziff. 7.2 dieser Anlage drückt die Erwartung aus, der Markt werde sich zwar in der zweiten Jahreshälfte 2006 abschwächen, dennoch sei mit auf „vergleichsweise hohem Niveau“ verbleibenden Charterraten zu rechnen. Auch aus der dortigen tabellarischen Darstellung des Flottenwachstums kann die von den Musterklägern dargelegte Schlussfolgerung nicht gezogen werden. Denn zunächst beschränkt sich die Darstellung auf die zurückliegende Entwicklung der Jahre 2002 bis 2004 sowie auf die Prognose für das Jahr 2006, wohingegen der verfahrensgegenständliche, im Jahr 2007 aufgelegte Prospekt außerhalb des Prognosezeitraums liegt. Zudem entspricht auch diese Darstellung der oben zitierten Aussage des Prospektes, nach welchem im zweiten Halbjahr 2006 eine rückläufige Tendenz der Charterraten zu verzeichnen sei. Gerade diese Einschätzung kann den vorgelegten Zahlen entnommen werden. Ferner kann auch der Verweis der Musterkläger auf den „Maersk Sealand, Containershipping Trade Outlook“ (KapK 5) einen Prospektfehler nicht begründen. Denn auch diese Veröffentlichung geht ausweislich der Darstellung auf S. 4 gerade nicht von einer drastischen Änderung der Angebots- und Nachfragesituation aus; entsprechende Befürchtungen seien unberechtigt („this view is not supported by hard numbers“). Im Übrigen verhält sich diese Veröffentlichung prognostisch lediglich bis in das Jahr 2007 und ist damit nicht dazu geeignet, die im Prospekt enthaltene längerfristige Prognose zu überprüfen. Schließlich führt auch der zum Zeitpunkt der Prospekterstellung geplante Ausbau des Panama-Kanals nicht zu einer anderen Bewertung. Denn der Kanalausbau brachte vorhersehbar schon für die bisherige Post-Panamax-Klasse, soweit sie nach dem Ausbau den Kanal würde befahren können, Vorteile mit sich, hier also für die Schiffe MS „LLOYD DON CARLOS“ und MS „LLOYD DON GIOVANNI“. Insbesondere aber hat die ISL-Studie vom 10.11.2016 – wie sich aus den dortigen Ausführungen unter S. 21 erschließt – den bevorstehenden Ausbau bereits berücksichtigt, ohne dass dieser Umstand die oben genannte Markteinschätzung negativ beeinflusst hätte. Dass hingegen konkrete negative Auswirkungen gerade für die verfahrensgegenständlichen Schiffe zu erwarten gewesen wären, dies zudem zu den Zeitpunkten, in denen die jeweilige Anschlusscharter anstehen sollte, ist der Studie nicht zu entnehmen. Soweit die durch die Rechtsanwälte Beckmann vertretenen Beigeladenen Hinweise auf die drohende Verdrängung der Schiffe MS „ANNINA SCHULTE“ und MS „VALENTINA SCHULTE“ sowie auf deren angebliche Unrentabilität vermissen, kann auch dem nicht gefolgt werden. Denn aus der ISL-Studie vom 10.11.2006 folgt, dass die Tendenz zu einer Größenzunahme der Schiffe lediglich zu einer Verdrängung der kleinsten Einheiten unter 500 TEU – zu denen keines der Fondsschiffe zählt – führen wird, während für die Schiffsgrößen zwischen 500 und 2.500/3.000 TEU sogar zusätzlicher Bedarf zu erwarten sei (ISL-Studie vom 10.11.2006 S. 7). Die angebliche Unrentabilität der Asien-Europa-Route – die Beigeladenen verweisen dazu auf Anlage E&C (Container) 13 – kann dahinstehen, da für eine (Weiter-)Beschäftigung der Schiffe auch andere Routen in Betracht kommen – wie etwa die Übersicht auf S. 35 des Prospektes zeigt. (cc) Dass die im Prospekt enthaltene Prognose unvertretbar gewesen wäre, ergibt sich schließlich auch nicht aus den weiter vorgelegten Publikationen aus der Tagespresse. Insbesondere war hieraus nicht ersichtlich, dass ein für die Schiffe des Fonds relevanter „Einbruch“ der Charterraten zu erwarten sei. Dies gilt zunächst für die von den Musterklägern herangezogene Darstellung der Zeitung „Die Welt“ in einem am 28.09.2004 erschienenen Artikel (Anlage Kap K3). Dieser beschränkt sich prognostisch bereits auf die Jahre 2005 und 2006 und vermag auch im Übrigen die Behauptung nicht zu tragen, es sei bereits im September 2004 vorhergesagt worden, die Charterraten würden aufgrund des Verhältnisses von Umschlagswachstum zu Schiffsneubauten einbrechen. Soweit er auf den Neubau von Containerschiffen abstellt, steht die dort zum Ausdruck kommende Einschätzung, wonach es bereits ab 2005 zu einem Rückgang der Frachtraten und zu einem Überangebot an Containerstellplätzen kommen werde, zudem in Übereinstimmung mit den Prospektangaben. Die von der Beigeladenen Dhekil als Anlage zum Schriftsatz der Kanzlei Röhrenbeck vom 17.12.2018 vorgelegten Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 12.08.2005 (Anlage BG-1, Bl. 582 f.GA), vom 25.05.2005 (Anlage BG-2, Bl. 585 GA) und vom 16.07.2004 (Anlage BG-3, Bl. 588 GA) tragen keine andere Beurteilung. Der Artikel vom 12.08.2005 geht für das Jahr 2007 von „sinkende(n) Charterraten“ (Bl. 583 GA) aus, nicht aber von deren „Einbruch“. Der Artikel vom 25.05.2005 befasst sich zum kleineren Teil mit dem internationalen Seegüterverkehr. Soweit er aber ein mögliches Überangebot anführt, bleibt er eine Prognose insbesondere der Charterraten schuldig und stellt – wie auch die ISL-Studie – entscheidend auf die Entwicklung der Nachfrage ab, zu der allerdings keine weiteren Feststellungen getroffen werden. Der Artikel vom 16.07.2004 bezieht sich dagegen schon nicht auf die Entwicklung der Charterraten, sondern auf die Preisentwicklung neuer und gebrauchter Schiffe. bb) Feststellungsziel zu 1 b) (Aufklärung über Risiken aus der Teil-Finanzierung in Yen) (1) Zur Finanzierung der einzelnen Schiffe wurden Darlehen entweder in US-Dollar (65 % der Finanzierungssumme) oder in japanischen Yen (35 % der Finanzierungssumme) aufgenommenen. Die einzelnen – zum Teil erst nach Prospekterstellung abgeschlossenen – Darlehensverträge enthielten jeweils Klauseln, nach denen der Darlehensgeber Ausgleichszahlungen in Höhe der Differenz zwischen planmäßiger und tatsächlicher Restvaluta verlangen kann, wenn zu bestimmten Stichtagen infolge von Währungsschwankungen die noch offene Restvaluta des Darlehns 105 % der planmäßigen Restvaluta (in US-Dollar) beträgt. Die Musterkläger rügen die im Prospekt enthaltene Darstellung der hiermit verbundenen Risiken und beziehen sich insoweit auf die folgenden Passage (S. 21 des Prospekts): „(…) Die Hypothekendarlehen valutieren planmäßig in US-Dollar und japanischen Yen, so dass Wechselkursschwankungen des Yen zum US-Dollar am Tage der Valutierung zu einer höheren Yen-Schuld führen können. Entwickelt sich während der Betriebsphase der US-Dollar gegenüber dem japanischen Yen schwächer, führt dies zu höheren Zins- und Tilgungsleistungen. (…)“ (2) Die von den Musterklägern vertretene Auffassung, die Prospektaussage sei bereits insoweit falsch, als eine schwächere Entwicklung des US-Dollar entgegen der Darstellung im Prospekt gerade nicht zu höheren Tilgungsleistungen führe, geht fehl. Sie tragen hierzu vor, dass bei einer Unterschreitung des Wechselkurses von 107,9 Yen pro USD Sonderzahlungen erforderlich würden, die entgegen der Prospektaussage nicht zu einer Tilgung des Darlehens führten, sondern nur dem Ausgleich eines Währungsrisikos dienten. Dies ist indes unzutreffend: Die Verwirklichung des Wechselkursrisikos in Form einer Abschwächung des US-Dollar hat nach dem oben beschriebenen Inhalt der Darlehensverträge gerade die Notwendigkeit zusätzlicher Tilgungsleistungen zur Folge. Da nämlich ein schwächerer Dollar in Bezug auf den in JPY ausgereichten Darlehensanteil zu einer Erhöhung der Darlehensschuld führt, soll durch die vereinbarten Ausgleichszahlungen eine außerplanmäßige Tilgung erfolgen, mit der die restliche Darlehensschuld auf das vereinbarte Maß zurückgeführt wird. Der Prospekthinweis, dass es durch eine nachteilige Wechselkursentwicklung zu höheren Tilgungsleistungen kommen kann, ist daher zutreffend. (3) Soweit die Musterkläger darüber hinaus ausdrückliche Hinweise sowohl auf die oben angesprochene sogenannte „105%-Klausel“ als auch die angebliche besondere Volatilität des Yen vermissen, kann dem nicht gefolgt werden. Über die genannten Punkte musste der Prospekt nicht gesondert aufklären. Die zurückliegende Kursentwicklung des JPY ist eine allgemein bekannte und ohne Weiteres nachvollziehbare Tatsache, die schon aus diesem Grund nicht aufklärungsbedürftig ist. Die künftige Entwicklung war dagegen gerade nicht abschätzbar und daher der wesentliche Faktor des bestehenden Wechselkursrisikos – über das der Prospekt aber auch in der oben zitierten Passage ausdrücklich aufklärt. Eine den Musterklägern offenbar vorschwebende detailliertere Aufklärung über die Wirkungsweisen, unter denen nachteilige Wechselkursentwicklungen zu wirtschaftlichen Verlusten führen würden, war nicht geboten. Dass eine Abschwächung des US-Dollar gegenüber den Yen zu einer höheren Darlehnsschuld und in der Folge zu höheren Tilgungsleistungen führen würde, ergibt sich ohne weiteres aus dem Prospekt; dass eine solche Erhöhung der Darlehensschuld den wirtschaftlichen Erfolg der Anlage negativ beeinflussen würde, lag auf der Hand. Auch eine eigene Aufklärung über die von den Musterklägern angesprochenen „105%-Klauseln“ war nicht erforderlich. Insoweit gilt nichts anders als bei sogenannten „loan-to-value-Klauseln“, nach denen der Darlehensnehmer dann, wenn der Wert der gestellten Sicherheiten eine bestimmte Grenze – häufig 105 % – unterschreitet, entweder zusätzliche Sicherheiten stellen oder einen Teil des Darlehens vorzeitig zurückzahlen muss, während die Darlehensgeber im Fall einer Verletzung der Klausel in letzter Konsequenz kündigen können. Derartige Klauseln konkretisieren nur die allgemeinen Gläubigerrechte aus § 490 BGB und stellen keinen eigenen Risikofaktor dar, der sich auch verwirklichen könnte, wenn die Emission wie prospektiert läuft; es handelt sich um bankenübliche Vereinbarungen, die nicht gesondert aufklärungsbedürftig sind (vgl. OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Urteil vom 28.11.2014 – 19 U 83/14 –, Rn. 55, juris; vgl. OLG HamburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamburg
, Urteil vom 08.03.2016 – 4 U 25/15 –, Rn. 79, juris; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Beschluss vom 10.12.2018 – 13 U 430/18 –, Rn. 58, juris). Die in den Darlehensverträgen der streitgegenständlichen Beteiligungen enthaltenen 105%-Klauseln weichen von den genannten Klauseln zwar insoweit ab, als eine Überschreitung des prozentualen Verhältnisses zwischen der aktuellen Darlehenssumme und dem vertraglichen Darlehensstand nicht zu einem Anspruch der Bank auf Verstärkung von Sicherheiten, sondern unmittelbar zu einem Anspruch auf Ausgleichszahlungen führt. Damit wird aber nur dem Umstand Rechnung getragen, dass sich durch die veränderten Bedingungen – anders als bei einer „loan-to-value-Klausel“ – nicht der Wert der Sicherheit verringert, sondern wechselkursbedingt die Höhe der Darlehensschuld erhöht. Letztlich stellen die hier in Rede stehenden Vereinbarungen also nur eine Ausprägung des allgemeinen Wechselkursrisikos dar, über das der Prospekt aber aufklärt (vgl. OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Beschluss v. 02.09.2015, Az. 23 U 205/14, vorgelegt als Anlage B (4/5) 10, dort S. 6; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Beschluss vom 10.12.2018 – 13 U 430/18 –, Rn. 53, juris). (4) Soweit schließlich die teilweise Finanzierung der Schiffe über Schiffshypothekendarlehen dazu führen kann, dass die Banken bei Zahlungsschwierigkeiten von ihren Kündigungsrechten Gebrauch machen und etwa Sicherheiten verwerten, belehrt der Prospekt hierüber auf S. 20 f.: „Sollten die Darlehen nicht mehr bedient werden können, kann es dazu kommen, dass die finanzierenden Banken ihre dafür bestellten Sicherheiten verwerten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Banken ihre Darlehenszusagen auf Grund der üblichen Kündigungsmöglichkeiten in den Kreditverträgen zurückziehen oder von ihren Sonderkündigungsrechten Gebrauch machen. Im schlechtesten Fall könnte es zur Liquidation einer oder mehrerer Emittentinnen kommen, die den Verlust eines erheblichen Teils der Einlage zur Folge haben kann.“ Soweit die Musterkläger diese Formulierung nunmehr deshalb für verharmlosend halten, weil tatsächlich der vollständige Verlust des investierten Geldes drohe (Schriftsatz vom 28.03.2019, Seite 5), verkennen sie, dass sich die Formulierung „die den Verlust eines erheblichen Teils der Einlage zur Folge haben kann“ erkennbar jeweils auf „die Liquidation“ einer einzelnen Emittentin bezieht. Die weitergehende Annahme, dass es bei der kündigungsbedingten Liquidation aller Emittentinnen auch zum Totalverlust der Einlage kommen kann, liegt auf dieser Grundlage auf der Hand und wird durch die genannte Formulierung auch nicht ausgeschlossen. Dies gilt umso mehr, als im Prospekt mehrfach – etwa auf den Seiten 15, 17 und 18 – auf die Möglichkeit eines Totalverlustes hingewiesen wird. cc) Feststellungsziel zu 1 c) (Aufklärung über eine angebliche Interessenkollisionen der SECHZEHNTE PAXAS Treuhand- und Beteiligungsgesellschaft mbH) (1) Der Prospekt ist auch insoweit nicht fehlerhaft, als er nicht genügend über mögliche Interessenkonflikte der SECHZEHNTEN PAXAS Treuhand- und Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: SECHZEHNTE PAXAS), der die Musterbeklagte zu 4) vertraglich einen Teil der ihr obliegenden Aufgaben übertragen hat, aufklärt. Der Prospekt enthält hierzu auf S. 81 die nachfolgenden Angaben: „Mit Datum vom 31. Januar 2007 hat die Treuhänderin mit der SECHZEHNTE PAXAS Treuhand- und Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: PAXAS) einen Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen, wonach die Treuhänderin Teile ihrer Aufgaben – insbesondere die Betreuung von Anlegern – an die PAXAS übertragen kann. Für durch die Deutsche Bank Gruppe eingeworbene Anleger ist diese Übertragung bereits fest vereinbart. Die PAXAS wird im Auftrag der Treuhänderin die Beitrittserklärungen der Anleger prüfen und durch Gegenzeichnung annehmen. Weiterhin gehören zu ihren Aufgaben in Bezug auf die von ihr betreuten Anleger die Erfassung, Speicherung und Verwaltung der Anlegerdaten, die Anlegerinformation, die Abwicklungen der Übertragung von Anteilen sowie alle weiteren Maßnahmen im Zusammenhang mit der Betreuung und Information der Anleger. (…)“ Die Musterkläger tragen hierzu vor, eine Interessenkollision ergebe sich daraus, dass die Deutsche Bank Gruppe mittelbar zu 50 % des Kapitals der SECHZEHNTE PAXAS halte. Dem Prospekt (dort S. 97) sei zwar – wahrheitsgemäß – zu entnehmen, dass Gesellschafter der SECHZEHNTEN PAXAS die Deutsche Immobilien Leasing GmbH und die BLI Beteiligungsgesellschaft für Leasinginvestitionen mbH seien, die Deutsche Immobilien Leasing GmbH werde allerdings – was sich aus dem Prospekt nicht ergibt, aber unstreitig ist – zu 100 % von der Musterbeklagten zu 1) gehalten. Hierdurch habe die Musterbeklagte zu 1) mittelbar die Kontrolle über dasjenige Unternehmen, das nicht nur die Anleger informiere und betreue, sondern auch Kontroll- und Informationsrechte wahrnehmen solle. Die SECHZEHNTE PAXAS sei damit nicht unparteilich, sondern wirtschaftlich abhängig, woraus sich aufklärungspflichtige Interessenkollisionen ergäben. (2) Diese Einschätzung trifft aus den nachfolgenden Gründen nicht zu. (a) Der Prospekt muss die wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits der Fondsgesellschaft, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Prospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, und der diesem Personenkreis gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile darstellen (BGH, Beschluss vom 24.02.2015 – II ZR 104/13 –, Rn. 16, juris; BGH, ZIP 2010, 1801 Rn. 25; BGH, Beschluss vom 15.01.2013 – II ZR 43/12, juris, Rn. 7; BGH, Beschluss vom 23.09.2014 – II ZR 320/13, juris Rn. 23). Dem entsprechen die Vorgaben der §§ 7 Abs. 2 und 3, 12 Abs. 2 und 3 VermVerkProspV. Die insoweit erforderlichen Angaben sind im Prospekt enthalten. Der Prospekt klärt auf S. 18 bereits ausführlich und auch ausreichend über mögliche Interessenkollisionen auf, gerade auch darüber, dass die Musterbeklagte 5) alleinige Gesellschafterin der Musterbeklagten zu 4) ist. Auch ergeben sich aus der Darstellung der einzelnen Vertragspartner (S. 87 ff. des Prospektes) die jeweils bestehenden Verflechtungen. Die Musterkläger und die Beigeladenen erinnern insoweit auch nichts. (b) Soweit die Musterkläger rügen, die Übertragung von Teilen der von der Treuhänderin wahrzunehmenden Aufgaben auf die SECHZEHNTE PAXAS führe zu einer nicht im Prospekt dargestellten Interessenkollision, verfängt dies nicht. Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass Stellung und Aufgaben der SECHZEHNTEN PAXAS im Prospekt zutreffend und vollständig dargestellt werden. Dies ergibt sich sowohl aus dem Strukturüberblick auf S. 8 des Prospektes als auch aus der oben zitierten Darstellung im Kapitel über die abgeschlossenen Treuhand- und Verwaltungsverträge (S. 79 ff. des Prospektes). Der zwischen der Musterbeklagten zu 4) und der SECHZEHNTEN PAXAS mit Datum vom 31.01.2007 abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag wird – wie oben dargelegt – auf S. 81 des Prospektes angesprochen, die Verhältnisse der SECHZEHNTEN PAXAS selbst auf S. 97 des Prospektes dargestellt. Entgegen der Ansicht der Musterkläger war es im Übrigen nicht erforderlich, eine mittelbare Beteiligung der Musterbeklagten zu 1) an der SECHZEHNTEN PAXAS darzustellen. Eine Prospektpflicht besteht nur unter den oben dargestellten Voraussetzungen, also in Bezug auf Verflechtungen der Fondsgesellschaft, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern einerseits und den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Prospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, andererseits. Weder die SECHZEHNTE PAXAS noch die Musterbeklagte zu 1) sind aber Gesellschafterin der einzelnen Emittentinnen oder mit einer der maßgeblichen Fondsbeteiligten verflochten. Auf etwaige zwischen der SECHZEHNTEN PAXAS und den Musterbeklagten zu 1) und 2) angeblich abgeschlossene Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge kommt es deshalb schon aus diesem Grunde nicht an. Die Musterkläger tragen allerdings nunmehr nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Schriftsatz vom 28.03.2019 vor, die Musterbeklagte zu 1) habe „auf das Geschäftsgebaren und die Gestaltung des Fonds entscheidenden Einfluss“ ausgeübt und sei „aktiv an der Prospektgestaltung und Werbung beteiligt gewesen“; sie hafte deshalb als „Hintermann“ für den Prospektinhalt. Dies ändert an der Bewertung allerdings nichts. Maßgeblich für die Einordnung als „Hintermann“ ist der tatsächliche Einfluss auf die Gesellschaft bei der Initiierung des Projekts; er muss eine Schlüsselposition besitzen, die mit derjenigen der Geschäftsleitung vergleichbar ist (BGH, ZIP 2014, 2284, Rn. 110 ff.). Das Vorbringen der Musterkläger zu einem etwaigen Einfluss auf das Geschäftsgebaren und die Gestaltung des Fonds ist jedoch substanzlos. Konkrete Tatsachen, die einen tatsächlichen Einfluss der Musterbeklagten zu 1) auf die Gestaltung des Fonds nahelegen würden, sind nicht vorgetragen. Dass die Musterbeklagte zu 1) als Bank, die mit dem Vertrieb der Anlage betraut war, an der Werbung beteiligt war und zudem eigene „Verdienstinteressen“ verfolgt hat, rechtfertigt ihre rechtliche Einordnung als „Hintermann“ des Fonds jedenfalls nicht (vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation auch OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Musterentscheid vom 29.05.2018 – 5 Kap 1/17 -, abrufbar unter www.Bundesanzeiger.de). Des Weiteren ergibt sich aber auch nicht, dass die nach dem Prospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich in die Hand der SECHZEHNTEN PAXAS gelegt worden seien. Insbesondere ist die SECHZEHNTE PAXAS entgegen der Darstellung der Musterkläger nicht mit der Wahrnehmung von Kontrollpflichten betraut worden. Aus den Angaben auf S. 81 des Prospekts ergibt sich allein, dass die SECHZEHNTE PAXAS mit der Prüfung der Beitrittserklärungen, deren Annahme durch Gegenzeichnung sowie mit der Erfassung, Speicherung und Verwaltung der Anlegerdaten, der Anlegerinformation, der Abwicklung von Übertragungen von Anteilen sowie aller weiteren Maßnahmen im Zusammenhang mit der Betreuung und Information der Anleger betraut worden ist. Soweit die Musterkläger auf die im Prospekt (dort S. 81) enthaltene Wendung abstellen, wonach der SECHZEHNTE PAXAS nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag „insbesondere die Betreuung der Anleger“ übertragen werden könne, gehen sie an dem Umstand vorbei, dass damit nicht die inhaltliche Wahrnehmung der Anlegerrechte angesprochen ist, sondern die organisatorische Betreuung der Anleger. Soweit schließlich auf Seite 97 des Prospektes – neben der wahrheitsgemäßen Darstellung, dass der Geschäftsführer der SECHZEHNTEN PAXAS, Herr vor dem Esche, zugleich Aufsichtsratsmitglied der Anbieterin ist – ausgeführt wird, weitere Verflechtungen seien der Anbieterin nicht bekannt, führt auch dies nicht zu einem Prospektfehler. Denn eine – allein maßgebliche – weitere Verflechtung mit der Anlagegesellschaft oder deren Geschäftsführern bestand tatsächlich nicht. dd) Feststellungsziel zu 1 d) (Darstellung zur Risikostreuung) (1) Auch zu dem Feststellungsziel 1 d) ist die begehrte Feststellung nicht zu treffen. Die Musterkläger beziehen sich insoweit zum einen auf die zu den „Eckdaten der Vermögensanlage“ (S. 7 des Prospekts) enthaltene Angabe „Risikostreuung durch verschiedene Reedereien, renommierte Charterer und unterschiedliche Größenklassen der Schiffe.“ und zum anderen auf die in der einleitenden Darstellung des Fondskonzepts (Seite 6 des Prospekts) zu findende Formulierung „Durch die Investition in verschiedene Größenklassen der Containerschifffahrt soll eine hohe Risikostreuung erreicht werden“. Die genannten Darstellungen seien sachlich unbegründet und nachweislich unzutreffend. Eine Risikostreuung finde nämlich tatsächlich nicht statt; stattdessen entwickelten sich die ChartererlöSE im Markttief unabhängig von Charterer und Größenklasse einheitlich negativ. (2) Die beantragte Feststellung ist nicht zu treffen. Die Prospektangaben sind zunächst insoweit sachlich richtig, als die Investition in sechs Schiffe dreier verschiedener Größenklassen erfolgte, wobei die Schiffe der einzelnen Größenklassen jeweils unterschiedlich bereedert und verchartert waren. Die Darstellung der Einzelschiffe, ihrer Bereederung und Charterer sowie der weiteren Einzelheiten ergibt sich dabei aus S. 12 des Prospektes, insbesondere aber aus den jeweiligen Einzeldarstellungen der Schiffe ab S. 25 des Prospektes, der Charterer ab S. 37 des Prospektes und der Vertragsreeder ab S. 40 des Prospektes. Diese Angaben werden als solche von den Musterklägern auch nicht angegriffen. Die Darstellung ist auch weder sachlich unbegründet noch unzutreffend, soweit sie die Investitionsstruktur des Fonds mit einer Risikostreuung in Verbindung bringt. Denn das Risiko der Beteiligung besteht – worauf die Musterkläger an anderer Stelle auch durchaus mit Nachdruck hinweisen – nicht nur im Auftreten eines allgemeinen Markttiefs. Tatsächlich hängt das wirtschaftliche Gelingen einer Schiffsbeteiligung in nicht unerheblichem Maße von den Leistungen und der Vertragstreue der einzelnen Vertragspartner – zu welchen auch und gerade Vertragsreeder und Charterer gehören – ab. Vor diesem Hintergrund liegt es bei verständiger Würdigung auf der Hand, dass die Vercharterung der Schiffe an unterschiedliche Charterer und die Aufgabenübertragung an unterschiedliche Vertragsreeder zu einer Risikostreuung führt, da etwaige Störungen (wie etwa Zahlungsschwierigkeiten, Leistungsmängel oder sonstige Unstimmigkeiten) sich nur in den einzelnen Vertragsverhältnissen auswirken. Darüber hinaus können auch die unterschiedlichen Schiffgrößen von der Marktentwicklung in unterschiedlichem Ausmaß betroffen sein, so dass die Darstellung einer Risikostreuung durch Investition in verschiedene Größenklassen sachlich berechtigt ist. Die Musterkläger selbst bringen an anderer Stelle vor, dass etwa die Rentabilität von Transporten von der Kapazität (und damit letztlich von der Größe) des jeweiligen Schiffes abhängt; andererseits kann nicht jeder Hafen von jedem Schiff angefahren werden. Die unterschiedlichen Schiffsgrößen bedienen also unterschiedliche – natürlich teilweise überlappende – Marktsegmente und unterliegen deshalb tendenziell unterschiedlichen Marktschwankungen. Hierzu gehören schließlich auch Umstände wie der Ausbau des Panamakanals; insoweit gehen auch die Musterkläger davon aus, dass hierdurch die verschiedenen Größenklassen in unterschiedlicher Weise betroffen werden – und entkräften ihre Argumentation hierdurch selbst. Soweit die Musterkläger darauf abstellen, dass sich die ChartererlöSE in einem Markttief unabhängig von Charterer und Größenklasse einheitlich negativ entwickeln, ist dies zwar insoweit richtig, als in einem allgemeinen Markttief – wie es etwa durch eine Abschwächung des Welthandles oder eine weltweite Wirtschaftskrise verursacht werden kann – letztlich alle Schiffsgrößenklassen betroffen sein werden. Selbst aus dem von den Musterklägern dargelegten Zahlenmaterial, insbesondere der im Schriftsatz vom 19.09.2018 aufgeführten Tabelle (die sich ohnehin auf die Größenklassen zu 1.000, 1.700 und 3.500 TEU beschränkt und damit nicht alle Schiffsgrößen der verfahrensgegenständlichen Beteiligung abbildet) ergibt sich, dass eine negative Marktentwicklung keineswegs alle Schiffsgrößen gleichermaßen betreffen muss. Die Tabellenwerte zeigen entgegen der Behauptung der Musterkläger durchaus unterschiedliche Entwicklungen der aufgeführten Größenklassen auf, die in einzelnen Jahren wesentlich voneinander abwichen, insbesondere in den Jahren 1999, 2000, 2001, und 2004. Im Übrigen folgt aus der Tatsache, dass sich bestimmte Risiken mehr oder weniger gleichmäßig auf alle Größenklassen auswirken können, nicht, dass sich hinsichtlich anderer Risiken keine Streuung erzielen lässt. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass auch die unterschiedlichen Charterdauern der verschiedenen Schiffsklassen zu einer weiteren Streuung möglicher Risiken führen. Insbesondere die Anschlussvercharterung der einzelnen Größenklassen der beteiligten Schiffe unterliegt auch aus diesem Grund keinem einheitlichen Marktrisiko, das etwa in der Erschwernis der Vercharterung in einem schwachen Anschlussjahr liegen kann. ee) Feststellungsziel 1e) (Kalkulation der Schiffsbetriebskostensteigerungen) (1) Der Prospekt enthält in dem mit „Risiken der Vermögensanlage“ überschriebenen Kapitel auf seiner Seite 21 u.a. den nachfolgenden Abschnitt: „Schiffsbetriebskosten Die Schiffsbetriebskosten beruhen auf Erfahrungswerten der Vertragsreeder sowie der Geschäftsführung der jeweiligen Emittentin. Dennoch besteht das Risiko, dass es zu Überschreitungen der Kostenansätze z.B. im Bereich der Personalaufwendungen, Schmieröle oder Dockungskosten kommen kann, die zu Lasten der Liquidität der Emittentinnen gehen und schließlich die Auszahlungen an den Anleger verringern können.“ In der Wirtschaftlichkeitsprognose auf S. 58 ff. des Prospekts wird in Bezug auf die Schiffsbetriebskosten von einer jährlichen Steigerung von 3,0 % (MS „ANNINA SCHULTE“ und MS „VALENTINA SCHULTE“) bzw. von 2,5 % (MS „MEMPHIS”, MS “CHICAGO”, MS „LLOYD DON CARLOS“ und MS „LLOYD DON GIOVANNI“) ausgegangen. Erläuternd heißt es hierzu auf Seite 60 des Verkaufsprospekts: „Die Schiffsbetriebskosten fallen zum größten Teil in US-Dollar an und wurden von den Vertragsreedern auf Basis von 365 Tagen p.a., wie auf Seite 59 in der unteren Tabelle dargestellt, anhand von Erfahrungswerten geschätzt.“ Die Musterkläger meinen, die im Prospekt genannten Steigerungsraten der Betriebskosten der Fondschiffe von im Mittel 3 % bzw. 2,5 % (S. 59 des Prospektes) seien unvertretbar niedrig. Dies ergebe sich zuvörderst aus den von ihnen vorgelegten Betriebskostenstudien der HSH Nordbank für die Jahre 2005-2008, denen sich ein Anstieg der Schiffsbetriebskosten in den Jahren 2000 bis 2008 von jährlich 10,22 % entnehmen lasse. Auch aus der Darstellung der Beratungsfirma Moore Stephens LLP (Anl. KapK 17) folge für die Jahre 2002 bis 2010 eine Steigerungsrate von durchschnittlich 6,5 % p.a. Der Prospekt hätte zudem darauf hinweisen müssen, dass in der Vergangenheit eine Steigerung von mindestens 5 % normal gewesen sei; auch eine Begründung der tatsächlich ausgewiesenen Kostensteigerungsquote hätte aus diesem Grund erfolgen müssen. Vor diesem Hintergrund sei auch die Sensitivitätsanalyse auf Seite 62 f. des Prospekts falsch, da bei Betriebskostensteigerungen von 10 % p.a. ein positiver Kapitalrückfluss nicht mehr möglich sei. (2) Die beantragte Feststellung ist nicht zu treffen; die angenommenen Betriebskostensteigerungen waren nicht unvertretbar niedrig. Die im Prospekt enthaltenen Prognosen müssen durch sorgfältig ermittelte Tatsachen gestützt und – aus ex ante-Sicht – vertretbar sein; sie sind nach den bei der Prospekterstellung gegebenen Verhältnissen und unter Berücksichtigung der sich abzeichnenden Risiken zu erstellen (BGH, NJW-RR 2012, 1312, Rn. 17, m.w.Nachw.). Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen diese Grundsätze zeigen die Musterkläger nicht substantiiert auf. Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass der Prospekt – insoweit von den Musterklägern unbeanstandet – ausdrücklich darauf hinweist, dass die für die Schiffsbetriebskosten prognostizierten Ansätze überschritten werden können und dies zu Lasten der Liquidität der Emittentinen gehen können. Auch sind die Musterkläger den Angaben im Prospekt – und dem entsprechenden Vortrag der Musterbeklagten zu 1) und 2) im Schriftsatz vom 29.11.2018 (Bl. 295 GA) – insoweit nicht substantiiert entgegentreten, als die im Prospekt genannten Werte auf Erfahrungswerten der Vertragsreeder sowie der Geschäftsführung der jeweiligen Emittentin basierten. Gleiches gilt für die Darstellung der Musterbeklagten zu 1) und 2), der Ansatz der genannten Steigerungsraten sei zum damaligen Zeitpunkt „Marktstandard“ bei der Konzeption von geschlossenen Schiffbeteiligungen gewesen. Entgegen der Auffassung der Musterkläger ist der Ansatz der genannten Steigerungsraten von 2,5 % bzw. 3 % aber auch in der Sache nicht zu beanstanden; insbesondere belegen die von den Musterklägern diesbezüglich vorgelegten Studien die Unvertretbarkeit der prospektierten Steigerungsrate nicht. Den als Anlage KapK 13 bis KapK 16 vorgelegten Studien der HSH Nordbank kann schon aus methodischen Gründen der für die Beurteilung der Prospektaussage wesentliche Aspekt nicht entnommen werden, ob die dort erstellte Prognose vertretbar gewesen ist. Denn zum einen lag, worauf die Musterbeklagten richtigerweise hinweisen, zum Zeitpunkt der Prospekterstellung keine der vorgelegten Studien – deren jüngste vom 30.03.2007 datiert – vor, so dass den Prospektverantwortlichen die Studien nicht bekannt sein konnten. Die Studien nehmen zudem eine jeweils retrospektive Bewertung vor, was für die Vertretbarkeit der im Prospekt zum maßgeblichen Zeitpunkt vorgenommenen ex-ante-Prognose schon grundsätzlich nur eingeschränkte Aussagen zulässt. Hinzu kommt, dass die den Studien zugrunde gelegten Schiffstypen denjenigen der verfahrensgegenständlichen Beteiligung nicht entsprechen. Dies gilt insbesondere für das Alter der Schiffe, das in den Studien der HSH Nordbank mit bis zu sieben Jahren angegeben wird. Die verfahrensgegenständlichen Schiffe waren dagegen sämtlich neu bzw. zum Zeitpunkt der Prospekterstellung noch gar nicht fertiggestellt. Die Studien der HSH Nordbank stellen aber selbst den wesentlichen Einfluss des Schiffsalters auf die Entwicklung der Betriebskosten heraus; dies gilt nicht nur bezogen auf Werft-, Dock- und Klassekosten der Schiffe, sondern gerade auch die operativen Kosten. Diese liegen nach der Studie 2008 (Anlage KapK 15, dort S. 1) bei 9-10 Jahre alten Schiffen gemäß einer preisbereinigten Auswertung um ca. 40–50 % über den operativen Kosten von 1–2 Jahre alten Schiffen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Prospekt die Trockendockkosten im Unterschied zur Studie der HSH-Nordbank vom 30.03.2007 (Anlage KapK 13) gesondert ausweist (vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation auch OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
, Beschluss vom 05.01.2016 – 34 U 243/15 –, Rn. 103, juris). Die Präsentation der Moore Stephens LLP (Anlage KapK 17) nimmt dagegen ohne Alters- und sonstige Angaben eine reine Größenklassifizierung vor, die lediglich zwischen Feedermax (100 – 1.000 TEU), Containerschiffen (1.000 – 2.000 TEU) und Main Liners (2.000 – 6.000 TEU) unterscheidet und damit ebenfalls eine Vergleichbarkeit mit den Fondsschiffen ausschließt – die zudem hinsichtlich der Größenklasse der Schiffe MS „LLOYD DON GIOVANNI“ und MS „LLOYD DON CARLOS“ nicht abgebildet sind. Sowohl die Studien der HSH Nordbank und von Moore Stephens LLP gehen zudem von einer prozentualen Steigerung bezogen auf ein Normaljahr 2000 bzw. 2002 aus, so dass schon aus diesem Grund die ausgewiesenen prozentualen Steigerungsraten nicht mit den verfahrensgegenständlichen, auf das Jahr 2007 bezogenen Raten verglichen werden können. Vielmehr befanden sich die Betriebskosten aufgrund der von den Musterklägern referierten Steigerungen Anfang 2007 bereits auf einem vergleichsweise hohen Stand; dass sich diese Entwicklung angesichts der aus allen vorgelegten Studien ersichtlichen Schwankungen auch künftig fortsetzen würde, war keineswegs zwingend. Genauso ließe sich mit dem von den Musterklägern an anderer Stelle (siehe sogleich unter ff) verwendeten Muster argumentieren, die Betriebskosten hätten sich bereits auf einem „historischen“ Niveau befunden und mit einer entsprechenden Steigerung sei in den Folgejahren nicht mehr zu rechnen gewesen. Auch dem von den Musterklägern vorgelegten Artikel aus der Financial Times Deutschland vom 12.01.2007 (Anlage KapK 34, Bl. 870 GA) kann für die Schiffe der streitgegenständlichen Anlage die behaupte Betriebskostensteigerung nicht entnommen werden. Zwar mag es zu einer Steigerung der Betriebskosten der dort genannten Schiffe gekommen sein. Da die für die streitgegenständlichen Schiffe prospektierten Werte jedoch auf Durchschnittswerten basieren und der Prospekt zudem von einem ebenfalls durchschnittlichen Anstieg der Betriebskosten für die gesamte Laufzeit des Fonds in der dort genannten Höhe ausgeht, was sowohl eine Über- als auch Unterschreitung der prognostizierten Werte impliziert, ist hiermit auch eine kurzfristig vor Prospekterstellung erfolgte deutliche Steigerung der Betriebskosten zu vereinbaren. Überdies ergeben sich aus dem Artikel keine konkreten Angaben zu Art und Höhe der einzelnen Steigerungsraten, auf welche sich die zitierte Wertung des damaligen Vorstandes der Musterbeklagten zu 5) beziehen soll, wonach die Steigerung „zuletzt sehr kritisch“ gewesen sei. Schließlich steht dem Erkenntniswert des Artikels auch der Umstand entgegen, dass es sich bei den Schiffen des aufgelösten Fonds um nicht näher bezeichnete Tanker handelt, nicht aber um mit den verfahrensgegenständlichen Fondsschiffen vergleichbare Containerschiffe. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es auch nach den von den Musterklägern vorgelegten Unterlagen nicht unvertretbar war, mit Betriebskostensteigerungen von 2,5 % bzw. 3 % p.a. zu kalkulieren. Vor diesem Hintergrund ist auch die Einholung des von den Musterklägern zum Beweis der Unvertretbarkeit der angestellten Prognose angebotenen Sachverständigengutachtens nicht angezeigt. Der Senat folgt vielmehr der auch von anderen Oberlandesgerichten vertreten Auffassung, dass eine Kalkulation in dieser Größenordnung auch für die Jahre 2006/2007 nicht zu beanstanden ist (vgl. etwa OLG HamburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamburg
, WM 2017, 1096, 1102; OLG Stuttgart, Urteil vom 08.12.2015 – 6 U 199/14 –, Rn. 39, juris; OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
, Beschluss vom 05. Januar 2016 – 34 U 243/15 –, Rn. 105, juris). ff) Feststellungsziel zu 1 f) (Darstellung der Schiffskaufpreise) (1) Zu den Kauf- bzw. Baupreisen, zu denen die einzelnen Schiffe erworben wurden, enthält die im Verkaufsprospekt auf Seite 12 abgedruckte tabellarische Übersicht der Schiffsdaten die nachfolgenden Angaben: ― MS „ANNINA SCHULTE“ und MS „VALENTINA SCHULTE“: jeweils 53,90 Mio. US-Dollar; ― MS „MEMPHIS“ und MS „CHICAGO“: jeweils 77,86 Mio. US-Dollar ― MS „LLOYD DON CARLOS“ und MS „LLOYD DON GIOVANNI“: jeweils 99,50 Mio. US-Dollar. Im Rahmen der näheren Darstellung der Anlageobjekte (S. 25 ff. des Verkaufsprospekts) wird sodann auf Seite 27 ausgeführt: → Die Schiffsgutachten Der von den Emittentinnen mit der Erstellung der jeweiligen Schiffsgutachten beauftragte, öffentlich bestellte und vereidigte Schiffsgutachter Dipl.-Ing. Ulrich Blankenburg hat folgende Feststellungen getroffen: MS „ANNINA SCHULTE“ (Gutachten vom 22. November 2006): Der marktkonforme Kaufpreis liegt in der Tendenz des seit Mitte 2003 stark gestiegenen Neubau-Marktes. Bezogen auf die Ladefähigkeit von Containern und unter Berücksichtigung der genannten Charter und des sich daraus ergebenden Ertragswertes wird der Kaufpreis als günstig beurteilt. MS „VALENTINA SCHULTE“ (Gutachten vom 22. November 2006): Der marktkonforme Kaufpreis liegt in der Tendenz des seit Mitte 2003 stark gestiegenen Neubau-Marktes. Bezogen auf die Ladefähigkeit von Containern und unter Berücksichtigung der genannten Charter und des sich daraus ergebenden Ertragswertes wird der Kaufpreis als günstig beurteilt. MS „MEMPHIS“ (Gutachten vom 24. November 2006): Der angemessene Kaufpreis liegt im Trend des auf hohem Niveau liegenden Neubau-Marktes. Bezogen auf die Ladefähigkeit von Containern und unter Berücksichtigung der genannten Charter und des sich daraus ergebenden Ertragswertes wird der Kaufpreis als günstig beurteilt. MS „CHICAGO“ (Gutachten vom 24. November 2006): Der angemessene Kaufpreis liegt im Trend des auf hohem Niveau liegenden Neubau-Marktes. Bezogen auf die Ladefähigkeit von Containern und unter Berücksichtigung der genannten Charter und des sich daraus ergebenden Ertragswertes wird der Kaufpreis als günstig beurteilt. MS „LLOYD DON CARLOS“ (Gutachten vom 20. November 2006): Der Kaufpreis wird als günstig, im Trend der stark gestiegenen Marktpreise liegend beurteilt. Bezogen auf die Ladefähigkeit von Containern und unter Berücksichtigung der genannten Charter und des sich daraus ergebenden Ertragswertes wird der Kaufpreis als günstig beurteilt. MS „LLOYD DON GIOVANNI“ (Gutachten vom 20. November 2006): Der Kaufpreis wird als günstig, im Trend der stark gestiegenen Marktpreise liegend beurteilt. Bezogen auf die Ladefähigkeit von Containern und unter Berücksichtigung der genannten Charter und des sich daraus ergebenden Ertragswertes wird der Kaufpreis als günstig beurteilt.“ Die Musterkläger ziehen die Richtigkeit der auf Seite 12 des Prospekts angegebenen Preise nicht in Zweifel. Durch die Angabe der reinen Bau- bzw. Kaufpreise werde jedoch verschleiert, dass zu diesen Kosten noch Kosten für Erstausrüstung, Bauaufsicht, Übernahmekosten und Dienstleistungen vor Ablieferung sowie fondsspezifische Kosten wie die Kosten für Eigenkapitalvermittlung, Projektierung, Finanzierungsvermittlung, Treuhandgebühren, Zwischenfinanzierungskosten und Kosten für Rechts- und Steuerberatung hinzukämen, so dass sich insgesamt deutlich höhere tatsächliche Kaufpreise ergäben. Zudem sei die Darstellung eines jeweils „günstigen“ Preises unrichtig und irreführend; insoweit wäre eine Darstellung der historischen Kaufpreisentwicklung erforderlich gewesen, die dem Anleger eine Einschätzung der Prospektdarstellung ermöglicht hätte. (2) Die begehrte Feststellung ist nicht zu treffen. (a) Ein Prospektfehler liegt zunächst nicht darin, dass der Prospekt die Aussage enthält, die Kauf-/Baupreise stellten sich nach dem Gutachten des Sachverständigen Blankenburg als „günstig“ dar. Soweit die Musterkläger in diesem Zusammenhang rügen, es habe eine „starke Überteuerung“ in Relation zum aktuellen Marktumfeld vorgelegen, ergibt sich dies aus ihrem Sachvortrag nicht. Es ist bereits nicht dargetan, welchen anderen (niedrigeren) Marktwert die Schiffe zum Erwerbszeitpunkt gehabt haben sollen. Aus der von den Musterklägern vorgelegten „Global Shipping Markets Review“ der HSBC Shipping Servicves (Anlage KapK 21) ergibt sich solches – worauf vor allem die die Musterbeklagten zu 1) und 2) zu Recht hinweisen – gerade nicht. Aus den auf S. 80 der genannten Anlage ersichtlichen Zahlen für 2007 ergeben sich zu den Kauf-/Baupreisen der verfahrensgegenständlichen Schiffe für die Schiffsgrößen zu 2.824 TEU (MS „ANNINA SCHULTE“ und MS „VALENTINA SCHULTE“ zu je 53.000.000 USD) die Vergleichswerte für die – etwas geringere – Schiffsgröße 2.750 TEU mit 52.500.000 USD sowie für die Schiffsgrößen zu 5.085 TEU (MS „MEMPHIS“ und MS „CHICAGO“ zu je 77.860.000 USD) die Vergleichswerte für die ebenfalls geringere Schiffsgröße zu 4.600 TEU mit 78.000.000 USD. Unter Ansatz der von den Musterklägern selbst herangezogenen Anpassungsfaktoren wären daraus marktübliche Schiffspreise von 53.917.500 USD für die Schiffe „ANNINA SCHULTE“ und „VALENTINA SCHULTE“ sowie von 86.190.000 USD für die Schiffe „MEMPHIS“ und „CHICAGO“ zu folgern. Aus Anlage KapK21 ergibt sich letztlich als Vergleichswert für die Fondschiffe zu 8.024 TEU (99.500.000 USD) der für Containerschiffe der Größenklasse 8.200 TEU angegebene Preis von 125.000.000 USD, was auch unter Berücksichtigung des Größenunterschiedes eine Bewertung der Schiffspreise für die MS „LLOYD DON GIOVANNI“ und MS „LLOYD DON CARLOS“ als über Marktniveau liegend ausschließt. Soweit die Musterkläger letztlich den Antrag gestellt haben, den Musterbeklagten die Vorlage der Schiffsgutachten aufzugeben (Bl. 719 GA), bestand hierfür keine Veranlassung. Ein ordnungsgemäßer Beweisantritt nach § 421 ZPO lag nicht vor; die Vorlage diente schon nach eigenem Vortrag der Ausforschung. (b) Des Weiteren war auch die von den Musterklägern vermisste Darstellung der historischen Kaufpreisentwicklung nicht erforderlich. Denn aus dem Prospekt ergibt sich nachvollziehbar, dass die Bezugsgröße des Gutachters das aktuelle Marktumfeld war; hierauf beziehen sich die Bewertungen der einzelnen Kaufpreise als „günstig“. Zudem ist aus den im Prospekt wiedergegebenen Aussagen des Gutachters auch zu ersehen, dass die Preise seit 2003 stark gestiegen sind und zum Zeitpunkt der Prospekterstellung auf einem hohen Niveau lagen (die Kaufpreise lägen „in der Tendenz des seit Mitte 2003 stark gestiegenen Neubau-Marktes“, „im Trend des auf hohem Niveau liegenden Neubau-Marktes“ und „im Trend der stark gestiegenen Marktpreise“). Weitergehende Angaben zu der Entwicklung der Bau- und Kaufpreise waren hingegen nicht zu fordern. Soweit die Musterkläger schließlich rügen, die Anleger seien nicht darüber informiert worden, dass sie sich an Schiffen beteiligten, deren Kaufpreise auf „Höchstniveau“ befinden, kann dem schon deswegen nicht gefolgt werden, weil die vermisste Angabe bezogen auf den Zeitpunkt der Prospekterstellung nicht möglich war; dass es sich um „Höchstpreise“ handelte, lässt sich allenfalls retrospektiv feststellen. (c) Der Prospekt verschleiert schließlich auch keine Zusatzkosten. Richtig ist noch, dass die Schiffskaufpreise im Prospekt auf S. 12 f. zunächst im Überblick dargestellt werden, während eine nähere Darstellung und Aufschlüsselung in der Investitions- und Finanzierungsrechnung auf S. 52 f. des Prospektes erfolgt. Entgegen der Ansicht der Musterkläger ist diese Darstellung aber nicht irreführend. Denn es ist bereits nicht ersichtlich, dass ein verständiger Anleger unter dem Begriff des „Kaufpreises“ oder des „Baupreises“ auch die vorgenannten Nebenkosten fasst; bereits der allgemeine Sprachgebrauch unterscheidet zwischen den Kosten für den Bau bzw. dem Kauf eines Gegenstandes und etwa dessen „Erstausrüstung“. Jedenfalls aber kann der verständige Leser insoweit keinem Irrtum unterliegen, da der Prospekt für ein dahingehendes Verständnis keine Veranlassung bietet. Dies gilt insbesondere für die Darstellungen auf S. 11 und 52 des Prospektes, die bereits ausdrücklich zwischen Bau- bzw. Kaufpreisen einerseits und den Kosten für Erstausrüstung, Übernahmekosten, Bauaufsicht und Dienstleistungen vor Ablieferung unterscheidet. Schließlich enthalten die „Erläuterungen zur Investitions- und Finanzierungsrechnung“ ab S. 53 des Prospektes diesbezügliche nähere Erläuterungen, so dass insgesamt transparent wird, dass die eingangs ausgewiesenen Kaufpreise die vorgenannten Nebenkosten nicht enthalten, sondern dass diese Kosten zusätzlich anfallen. Gleiches gilt für die Prospektangaben zu den Baunebenkosten auf S. 27 f. des Prospektes sowie für die von den Musterklägern angeführten fondsspezifischen Kosten, die sich nachvollziehbar aus den in der Anlage enthaltenen Investitions- und Finanzierungsübersichten ergeben. (d) Soweit die Musterkläger die im Prospekt enthaltene Angaben zu den kalkulierten Restwerten der einzelnen Schiffe angreifen und insoweit damit argumentieren, dass bereits die Kauf-/und Baupreise überhöht gewesen seien, geht dieses Argument nach den obigen Feststellungen fehl. Der Prospekt stellt im Übrigen sowohl die Kalkulation der Restwerte als auch die hinsichtlich der Veräußerung bestehenden Risiken nachvollziehbar und transparent dar. Der erwartete Veräußerungspreis wird auf S. 13 des Prospektes genannt, die Prognoseberechnung auf dessen S. 52 f. dargestellt. Entsprechende Hinweise auf Veräußerungsrisiken finden sich auf S. 21, 52 und 56 des Prospektes. Hierbei wird ausgeführt, der tatsächlich zu erzielende Verkaufspreis sei von dem Zustand des Schiffs sowie den zum jeweiligen Veräußerungszeitpunkt herrschenden Marktverhältnissen abhängig. Insbesondere enthält der Prospekt bereits auf S. 21 den Hinweis, es bestehe auch das Risiko, keinen Veräußerungserlös zu erzielen. gg) Feststellungsziel zu 1 g) (Aufklärung über das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung) (1) Der Prospekt enthält in dem mit „Risiken der Vermögensanlage“ überschriebenen Kapitel auf S. 19 folgende Hinweise: „Haftung Die Kommanditisten werden mit einer Hafteinlage von 0,20 Euro je 1,0 US-Dollar Pflichteinlage in das Handelsregister eingetragen. Werden die Kapitalkonten des Anlegers durch Entnahmen (Auszahlungen) unter die Hafteinlage gemindert, so lebt die Außenhaftung gegenüber Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe der Hafteinlage wieder auf (§ 172 Abs. 4 i.V.m. § 171 Abs. 1 HGB). Auch nach einem Ausscheiden haften Kommanditisten bis zu 5 Jahre in Höhe der jeweiligen Hafteinlage für die bis zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens begründeten Verbindlichkeiten gegenüber der jeweiligen Emittentin. Sollten die Emittentinnen z.B. illiquide werden, könnten die empfangenen Auszahlungen bis zur Höhe der Hafteinlage zurückgefordert werden. (…)“ Der Prospekt enthält ferner auf S. 69 („Rechtliche Grundlagen“) folgenden Hinweis: „Die Kommanditisten werden mit einer Hafteinlage von 0,20 Euro je 1,00 US-Dollar in das Handelsregister eingetragen (siehe § 3 Ziff. 2 der Gesellschaftsverträge). Werden die Kapitalkonten des Anlegers durch Entnahmen (Auszahlungen) unter die Hafteinlage gemindert, so lebt die Außenhaftung gegenüber Gläubigern der Emittentin bis zur Höhe der Hafteinlage wieder auf (§ 172 Abs. 4 i.V.m. § 171 Abs. 1 HGB)“. Hinweise zur Höhe der Hafteinlage befinden sich zudem auf den Seiten 14 und 21 des Prospektes. Weitere Hinweise auf das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung finden sich im Glossar auf Seite 178 des Prospektes zum Stichwort „Hafteinlage“: „Bei Fondsgesellschaften in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft bezeichnet die Hafteinlage (auch Haftsumme genannt) die gesetzlich geregelte Einlage eine Kommanditisten (§ 171 Abs. 1 HGB), auf die sich seine Haftung nach vollständiger Einlageleistung und Eintragung der Haftsumme im Handelsregister beschränkt. Wird die Einlage erbracht, erlischt die Haftung. Werden in der Fondsgesellschaft über den handelsrechtlichen Gewinn hinaus Auszahlungen an die Gesellschafter vorgenommen, so kann dies unter Umständen zu einer Rückzahlung der Hafteinlage im Sinne von 172 Abs. 4 HGB führen. In diesen Fällen lebt die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft im Umfang der zurückgewährten Hafteinlage wieder auf.“ sowie in § 10 Ziff. 1 des exemplarisch abgedruckten Gesellschaftsvertrages der MS MEMPHIS Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG (S. 149 des Prospektes): „Die Kommanditisten haften Dritten gegenüber nur mit ihrer Hafteinlage. Die gesetzliche Kommanditistenhaftung Dritten gegenüber ist mit Einzahlung der Hafteinlage erfüllt; sie kann jedoch durch Entnahmen ganz oder teilwiese wieder aufleben und ist in jedem Fall der Höhe nach auf die Entnahmen bis zum Betrag der Hafteinalge beschränkt“. Die Musterkläger sind der Auffassung, nach der Darstellung zur Haftung der Kommanditisten scheine es, als führten nur Entnahmen oder Auszahlungen zu einem Wiederaufleben der Haftung, nicht aber dann, wenn ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert sei. Da nach den Angaben des Prospekts (Seite 50) der Anleger i.H.v. 1.538,00 USD hafte, obwohl von der beispielshaft angegebenen Beteiligungssumme i.H.v. 100.000 USD erst 12.000 USD zurückgezahlt worden sein sollen, gehe der Prospekt wohl davon aus, dass die Haftung nicht durch Eigenkapitalrückzahlung, sondern durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert sei. Hierüber sei im Emissionsprospekt nicht aufgeklärt worden. Der Emissionsprospekt beschreibe insbesondere nicht, dass es sich hier um einen fest eingeplanten Umstand handele. (2) Diese Einwände verfangen nicht. Der Prospekt muss allerdings den Anleger auch über ein mögliches Wiederaufleben der persönlichen Haftung aus § 171 Abs. 1 HGB in Höhe seiner Einlage aufklären, die gemäß § 172 Abs. 4 HGB durch eine (verdeckte) Rückzahlung der Haftungseinlage ausgelöst werden kann. Die diesbezügliche Aufklärungspflicht ergibt sich daraus, dass die an den Anleger erfolgte Auszahlung (Ausschüttung) durch den Fonds nicht sicher ist, sondern gegebenenfalls zurückgezahlt werden muss. Die wieder auflebende Kommanditistenhaftung hat erhebliche Auswirkungen auf die prognostizierte Rendite, die nachträglich wieder entfallen oder verringert werden kann. Da diese Renditeerwartung regelmäßig wesentlicher Maßstab für die Beurteilung der Anlage ist, kommt dem Risiko der wieder auflebenden Kommanditistenhaftung im Regelfall besondere Bedeutung für die Anlageentscheidung zu (vgl. etwa BGH, NJW-RR 2016, 567, Rn. 15 m.w.Nachw.). Ausreichend ist hiernach allerdings, dass dem Anleger das Risiko jedenfalls im Kern hinreichend deutlich vor Augen geführt wird, während eine abstrakte Erläuterung der Haftung aus § 172 Abs. 4 HGB nicht geboten ist (BGH, a.a.O. –, Rn. 21, juris, m.w.Nachw.). Dabei reicht es aus, dem Anleger zu verdeutlichen, dass ein Kommanditist, der keinen realen Gewinn entnimmt, sondern sich durch Ausschüttungen Haftungskapital auszahlen lässt, gegenüber den Gesellschaftsgläubigern dafür einstehen muss (BGH, NJW-RR 2016, 567, Rn. 21). An diesen Grundsätzen gemessen liegt eine ordnungsgemäße Aufklärung über das Risiko eines Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB vor. Den oben dargestellten Hinweisen ist nachvollziehbar und zweifelsfrei zu entnehmen, dass die Kommanditistenhaftung wieder auflebt, wenn das Kapitalkonto des Anlegers durch Auszahlungen unter die Hafteinlage gemindert ist. Soweit sich die Prospekthinweise auf den Fall beschränken, dass das Kapitalkonto durch Entnahmen herabgemindert wird, geben sie zutreffend den Regelungsgehalt des § 172 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 HGB wieder. Zwar weist der Prospekt nicht zusätzlich darauf hin, dass eine Herabminderung des Kapitalkontos auch – gemäß § 172 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 HGB – durch Verluste und nicht nur durch Entnahmen erfolgen kann, so dass eine Haftung auch bei Gewinnentnahmen eintreten kann. Eine dahingehende Erläuterung war nach den vorgenannten Grundsätzen jedoch nicht erforderlich. Vielmehr verdeutlichen die Prospektangaben das für den Anleger letztlich maßgebliche Risiko, dass trotz einer vollständig geleisteten Hafteinlage – deren Definition der Prospekt an mehreren Stellen vornimmt – erhaltene Auszahlungen gegebenenfalls zurückgeführt werden müssen. Hierdurch steht dem verständigen Anleger deutlich vor Augen, dass an ihn erfolgte Auszahlungen durch den Fonds nicht sicher sind, sondern gegebenenfalls zurückgezahlt werden müssen. Unbegründet ist schließlich auch der Einwand der Musterkläger, das im Prospekt enthaltene Beispiel für eine Beteiligung (S. 50 des Prospektes) stelle den Eintritt der Kommanditistenhaftung insoweit unrichtig dar, als sich aus ihr der nicht nachvollziehbare Umstand ergebe, dass nach Entnahmen von 12.000,00 € bereits ein Haftungsvolumen von 1.538,00 € bestehe. Abgesehen davon, dass die oben dargestellten wiederholten und zutreffenden Hinweise auf das Wiederaufleben der Haftung ohnehin nicht durch einen Berechnungsfehler in einem Berechnungsbeispiel entwertet werden könnten, würde durch einen etwaigen Fehler in der Beispielrechnung das Haftungsrisiko des Anlegers nicht zu positiv, sondern negativer dargestellt werden, als es tatsächlich ist. Dies würde indes nicht zu einer unzureichenden Risikoaufklärung und damit auch nicht zu einem Prospektfehler führen. hh) Feststellungsziel zu 1 h) (Darstellung des Totalverlustrisikos) (1) Der Prospekt weist an verschiedenen Stellen auf das bestehende Totalverlustrisiko hin. Entsprechende Hinweise finden sich etwa auf Seiten 15 und 17 des Prospektes: S. 15: „Anlegerprofil: Diese Vermögensanlage richtet sich an Anleger, die sich an einem langfristigen Investment beteiligen möchten (frühestmögliche ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 2025), die nachhaltige Renditen erzielen möchten, die sich aber auch des Charakters dieser unternehmerischen Beteiligung bewusst und mit den wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Grundzügen einer solchen Vermögensanlage vertraut sind. Diese Vermögensanlage ist daher nur für Anlieger geeignet, die bei unerwartet negativer Entwicklung einen entstehenden Verlust bis zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals hinnehmen können. Detaillierte Angaben zu den ‚Risiken der Vermögensanlage‘ finden sich auf der Seite 17 ff. „ S. 17 (unter der Überschrift “ Risiken der Vermögensanlage“): „Bei der vorliegenden Vermögensanlage handelt es sich um eine unternehmerische Beteiligung, die für den Anleger mit erheblichen Risiken verbunden ist. Die wirtschaftliche Entwicklung der Vermögensanlage kann über die gesamte prognostizierte Fondslaufzeit nicht vorhergesagt werden und steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. Wenn die künftigen wirtschaftlichen, steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen von den hier unterstellten Annahmen abweichen, kann dies die Ertrags-, Liquiditäts- und Wertentwicklung, insbesondere die Höhe der Auszahlungen an die Anleger, gegenüber den Prognosen erheblich zum Nachteil verändern. (…) Maximalrisiko: Das Maximalrisiko für den Anleger besteht in der Kumulation folgende Risiken: Totalverlust der Einlage, Nichtanerkennung der Beschränkung der Kommanditistenhaftung im Ausland, zu leistenden Steuerzahlungen sowie Verpflichtungen aus einer eventuellen persönlichen Anteilsfinanzierung.“ Die Musterkläger sind der Auffassung, diese Hinweise seien nicht ausreichend. Wegen der aus dem Prospekt ersichtlichen Fremdfinanzierungsquote von 62,9 % des Gesamtinvestitionskapitals sowie einem Weichkostenanteil von 25,9 % bezogen auf das Beteiligungskapital habe die gesamte Rentabilität des Investments von vornherein in Frage gestanden. Bevor die Anlage in die Gewinnzone gelangen könne, müssten neben den Vertriebs- und weiteren Nebenkosten die laufenden Betriebskosten der Schiffe, die Verwaltungsgebühren der Fondsgesellschaft sowie die Zins- und Tilgungsraten für die bestehenden Fondsfinanzierungen erwirtschaftet werden. Diese Tatsache werde im Emissionsprospekt bewusst verschleiert. Die erteilten Hinweise auf einen möglichen Totalverlust sein damit weder ordnungsgemäß noch ausreichend. Insbesondere der hohe Fremdfinanzierungsanteil, der mit hohen Nebenkosten gekoppelt sei, lasse einen wirtschaftlich günstigen Verlauf der Beteiligung eher als unwahrscheinlich erscheinen. (2) Dem kann nicht gefolgt werden. (a) Im Ansatz zutreffend gehen die Musterkläger allerdings davon aus, dass der Verkaufsprospekt überhaupt einen Hinweis auf das Risiko eines Totalverlusts der Anlage enthalten musste. Zwar wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch die Ansicht vertreten, dass für Schifffonds wegen des erheblichen Sachwertes, der selbst bei schlechtem Ertrag verbleibt, die vom Bundesgerichtshof für Immobilienfonds entwickelten Grundsätze (vgl. hierzu etwa BGH, NJW-RR 2010, 115, Rn. 25 m.w.Nachw.) entsprechend gelten. Auch aus der Fremdkapitalquote eines solchen Fonds ergebe sich kein strukturelles Risiko, das dem Anleger gegenüber gesondert aufklärungsbedürftig wäre; zu einem Totalverlust könne es erst kommen, wenn die Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft den Wert des Schiffes vollständig aufzehren. Soweit bei einem teilweise fremdfinanzierten Fonds, der Zins- und Tilgungsleistungen zu erbringen hat, im Fall der Verwertung des Sachwertes das Risiko besteht, dass der Erlös hinter den Kreditverbindlichkeiten zurückbleibt, handele es sich um Risiken allgemeiner Natur, die Anlegern regelmäßig bekannt und damit nicht aufklärungsbedürftig seien. Etwas anderes könne sich nur dann ergeben, wenn weitere, dem Anleger unbekannte risikoerhöhende Umstände hinzutreten, etwa ein überteuerter Erwerb, der Einsatz von Eigenkapital für investitionsfremde Zwecke oder der Verfall der betreffenden Preise (vgl. etwa OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
, Urteil vom 27. Mai 2016 – I-16 U 38/15 –, Rn. 48, juris; ebenso OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
a.M., WM 2018, 461, 466). Diesen Überlegungen vermag der Senat sich indes nicht anzuschließen, weil der mit einem Schiff verbundene Sachwert demjenigen einer Immobile nicht vergleichbar ist. Die Erhaltung des Sachwertes eines Schiffes ist – anders als regelmäßig bei einem Grundstück – mit erheblichen laufenden Kosten (wie z.B. Liegegebühren, Personalkosten, etc.) verbunden, die beim Ausbleiben entsprechender Einnahmen den Sachwert des Schiffes zügig aufzehren können. Hinzu kommt, dass der Grundstücksmarkt erfahrungsgemäß auch in wirtschaftlich schwächeren Zeiten relativ stabil bleibt, während die Marktpreise für Schiffe durchaus beachtlichen Schwankungen unterliegen. Es kann also bei einem Schiffsfonds nicht davon ausgegangen werden, dass den Verbindlichkeiten der Gesellschaft jedenfalls ein verbleibender Sachwert des Fondsobjektes gegenübersteht. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner weiteren Erörterung, ob sich eine Aufklärungspflicht über das Totalverlustrisiko im vorliegenden Fall jedenfalls aus der von Musterklägern beanstandeten Fremdfinanzierungsquote von über 60 % ergab. (b) Die danach gebotene Aufklärung war jedoch ausreichend. Der Prospekt weist – wie oben dargestellt – an verschiedenen Stellen eindeutig und nachdrücklich auf das bestehende Totalverlustrisiko hin. Durch diese Hinweise ist das Anlagerisiko auch angesichts der Fremdfinanzierungsquote sowie des Anteils der weichen Kosten zutreffend beschrieben. Beide Umstände werden im Prospekt korrekt dargestellt. Der Emissionsprospekt weist den Fremdfinanzierungsanteil sowohl in seinen einzelnen Bestandteilen als auch im Rahmen einer Gesamtquote aus. Die Investitions- und Finanzierungsrechnung auf S. 52 des Prospektes zeigt unter Ziff. 11 der Tabelle die Höhe der Schiffshypothekendarlehen sowohl in absoluten Zahlen als auch prozentual bezogen auf die Gesamtfinanzierung. Hinzu kommt der unter Ziff. 12 in gleicher Weise ausgewiesene Anteil der Kontokorrentkredite. Durch einen einfachen Rechenschritt ist hierüber die Fremdfinanzierungsquote in Höhe von insgesamt 62,9 % zu ersehen. Schließlich weist der Prospekt auf das mit der Fremdfinanzierung verbundene Risiko auf Seite 20 f. auch ausdrücklich hin: „Die Finanzierung der Schiffe erfolgt teilweise durch Schiffshypothekendarlehen. Sollten die Darlehen nicht mehr bedient werden können, kann es dazu kommen, dass die finanzierenden Banken ihre dafür bestellten Sicherheiten verwerten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Banken ihre Darlehenszusagen aufgrund der üblichen Kündigungsmöglichkeiten in den Kreditverträgen zurückziehen oder von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Im schlechtesten Fall könnte es zur Liquidation einer oder mehrerer Emittentinnen kommen, die den Verlust eines erheblichen Teiles der Anlage zur Folge haben kann.“ Diesem Hinweis kann der verständige Anleger entnehmen, dass die Fremdfinanzierung das – allgemein bekannte – Risiko birgt, dass ausbleibende Zahlungen zu einem Zugriff der finanzierenden Banken auf die Anlageobjekte selbst – und damit zu einem Totalverlust – führen können. Aus der Tabelle auf S. 52 des Prospekts ist auch der Anteil der Weichkosten zu ersehen. Die Tabelle ist übersichtlich nach objektbedingten und sonstigen Kosten gegliedert, so dass dem Anleger die Beurteilung ermöglicht wird, welcher Anteil seines Eigenkapitals in die Anlageobjekte fließt und welcher Anteil auf Vergütungen oder sonstige Nebenkosten entfällt. Aus den Prospektangaben auf S. 56 f. („Wirtschaftlichkeitsprognose“) ergeben sich zudem in übersichtlicher und nachvollziehbarer Weise Einnahmen und Ausgaben des Portfolios, aus denen der verständige Anleger ohne weiteres ersehen kann, welche Positionen von den Chartereinnahmen abzuziehen sind, bevor es zu Auszahlungen kommen kann. Hiermit ist gerade der von den Musterklägern vermisste Hinweis darauf verbunden, dass vor dem Erreichen der „Gewinnzone“ vorrangig zu bedienende Kosten stehen. Eines weitergehenden Hinweises bedurfte es entgegen der Auffassung der Musterkläger nicht. ii) Feststellungsziel zu 1 i) (Sensitivitätsanalyse) (1) Der Prospekt enthält auf seinen Seiten 62 und 63 – auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird – eine Sensitivitätsanalyse, die nach dem Inhalt der dortigen Vorbemerkungen den Anlegern die Auswirkungen von Abweichungen von den prognostizierten Werten erläutern soll. Die Musterkläger meinen, die Sensivitätsanalyse lege die Erwartung nahe, selbst im schlimmsten Fall könne der Anleger noch einen Kapitalrückfluss von 160 % erwarten, so dass er annehmen müsse, mit der Anlage keinerlei Risiko einzugehen. Zudem enthalte die Analyse kein „worst-case-Szenario“. Schließlich enthalte der Prospekt auch insoweit eine Falschdarstellung, als er von Steigerungen der Schiffsbetriebskostensteigerungen von bis zu 10 % p.a. ausgehe, was aber sodann in der grafischen Darstellung auf Seite 63 nicht zutreffend wiedergegeben werde. (2) Auch insoweit liegen die behaupteten Prospektfehler nicht vor. (a) Die Sensitivitätsanalyse musste kein „worst-case-Szenario“ enthalten. Sensitivitätsanalysen unterstellen vielmehr positive und/oder negative Abweichungen von einer Planungsannahme und messen die Auswirkungen auf das Anlageergebnis (Voß in: Arndt/Voß, Wertpapierverkaufsprospektgesetz, 2008, § 2 Verkaufsprospektverordnung Rn. 130), wozu nicht zwingend die Darstellung extremer Verläufe gehört. Auch nach den Vorgaben des IDW S4 (Stand 18.05.2006, vgl. Arndt/Voß, Wertpapierverkaufsprospektgesetz, 2008, S. 534 ff.) kann sich die Sensitivitätsanalyse auf die Darstellung realistischer und damit objektiv erwartbarer Entwicklungen beschränken, ohne den Eintritt des schlimmsten Falles zu beschreiben (vgl. Arndt/Voß, a.a.O, S. 578 unter 4.1.4). Schließlich wird darauf, dass die Sensitivitätsanalyse den „worst case“ nicht darstellt, durch die Ausführungen auf S. 62 hingewiesen. Dort heißt es: „Bei den Positiv- und Negativszenarien handelt es sich um Beispiele, die den Einfluss einzelner Faktoren verdeutlichen sollen. Größere Abweichungen vom Basisszenario bzw. die Kumulierung von Abweichungen sind grundsätzlich möglich. Die Wahrscheinlichkeiten eines Eintritts der einzelnen abgebildeten Szenarien sind wirtschaftlich sinnvoll nicht zu konkretisieren.“ Der Prospekt erläutert ferner ausdrücklich, es werde in den einzelnen Szenarien unterstellt, dass alle weiteren kalkulierten Annahmen prospektgemäß verlaufen (S. 62 im Einleitungstext). Dem verständigen Anleger wird über die genannten Prospektangaben also unmissverständlich vor Augen geführt, dass die auf S. 62 f. des Prospektes dargestellten Szenarien nur beispielhaft die Entwicklung der Beteiligung verdeutlichen und dabei gerade keine Beschreibung der Kumulation mehrerer negativer Entwicklungen oder gar eines „worst-case-Szenarios“ darstellen. Im Übrigen weist der Prospekt – wie oben ausgeführt – neben dem vorgenannten Hinweis auf die Möglichkeit größerer und auch kumulierter Abweichungen auch an mehreren Stellen auf das bestehende Totalverlustrisiko hin. Auch dies verbietet die Annahme der Musterkläger, der Prospekt suggeriere einen Mindest-Kapitalrückfluss von 160 %. (b) Die weiter erhobene Rüge der Musterkläger, die Darstellung sei deswegen irreführend, weil zwei in engem wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Parameter, nämlich VeräußerungserlöSE und Charterraten, isoliert dargestellt würden (Bl. 721 GA), erschließt sich nicht. Nach den o.a. Vorgaben waren es gerade nicht erforderlich, Negativszenarien einzelner Parameter in ihrem Zusammenwirken darzustellen. Soweit die Musterkläger offenbar davon ausgehen, dass die Sensitivitätsanalysen einen Ursachenzusammenhang zwischen den dort beispielhaft enthaltenen Werten implizierten (indem etwa an Absinken der VerkaufserlöSE auf nur um 10 % mit einem Sinken der Charterraten um 20 % einhergehe, vgl. Seite 41 des Schriftsatzes vom 19.09.2018, Bl. 156 GA), lässt sich dieser den fraglichen Darstellungen bei verständiger Betrachtung nicht entnehmen. Auch insoweit liegt daher kein Prospektfehler vor. (c) Die Musterkläger meinen letztlich, der Prospekt enthalte insoweit eine Falschdarstellung, als er von Betriebskostensteigerungen von 10 % p.a. ausgehe, die indes eine mittelfristige Insolvenz der Gesellschaften zur Folge hätten – so dass es zu dem aus der Sensivitätsanlyse ersichtlichen Mittelrückfluss nicht kommen könne. Dies geht aber schon deshalb fehl, weil die Sensitivitätsanalyse derartige Steigerungsraten erkennbar nicht zu Grunde legt. Sie zieht vielmehr eine 10 %ige Abweichung der Betriebskosten von den prospektierten Werten der Ergebnisprognose in Betracht, nicht aber eine jährliche Kostensteigerung in dieser Höhe. Insoweit wird auf S. 62 des Prospektes unmissverständlich und für den verständigen Anleger ohne weiteres nachvollziehbar erläutert, in den Szenarien würden „Abweichungen der prognostizierten Betriebskosten von 5 % bzw. 10 % dargestellt“. Die von den Musterklägern zu Grunde gelegte jährliche Steigerung in Höhe bis zu 10 % jährlich ergäbe hingegen über die gesamte Fondslaufzeit eine Abweichung im deutlich dreistelligen Prozentbereich, mit der aber ersichtlich nicht kalkuliert worden ist. jj) Feststellungsziel zu 1 j) (Unterbliebener Hinweis auf die Erweiterung des Panamakanals) (1) Die Musterkläger rügen weiter, dass im Prospekt auf den bevorstehenden Ausbau des Panamakanals hätte hingewiesen werden müssen. Der Rüge liegt insoweit zu Grunde, dass die Bevölkerung der Republik Panama am 22.10.2006 in einer Volksabstimmung den seit einiger Zeit diskutierten Plänen für eine Erweiterung des Panamakanals zugestimmt hatte. Mit dem Bau wurde im September 2007 begonnen; nach Fertigstellung der Erweiterung im Jahre 2016 können nunmehr Schiffe mit einer Länge bis zu 366 m und einer Breite bis zu 49,1 m (zu denen auch die der bisherigen Post-Panmax-Klasse zugehörigen Schiffe MS „LLOYD DON GIOVANNI“ und MS „LLOYD DON CARLOS“ gehören), den Kanal passieren. Hierauf hätte nach Ansicht der Musterkläger im Prospekt hingewiesen werden müssen, zumal sich auf seiner Seite 26 die Angabe finde, dass die Schiffe MS „MEMPHIS“ und MS „CHICAGO“ aufgrund ihrer Ausmaße den Panama-Kanal passieren können, „wobei die derzeit maximal möglichen Dimensionen voll ausgenutzt werden“. (2) Auch insoweit ist ein Prospektfehler nicht gegeben. Ein Verkaufsprospekt muss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne über alle Umstände, die von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichten. Dazu gehört auch eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln. Die Aufklärungspflicht erstreckt sich auch auf solche Umstände, von denen zwar noch nicht feststeht, die es aber wahrscheinlich machen, dass sie den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden (vgl. etwa BGHZ 195, 1, Rn. 23 m.w.Nachw.). Hieran gemessen ist nicht zu beanstanden, dass der Prospekt den von den Musterklägern vermissten Hinweis nicht enthält; dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Prospekt auf S. 26 darauf hinweist, dass die Schiffe MS „MEMPHIS“ und MS „CHICAGO“ die derzeit maximal möglichen Dimensionen des Kanals voll ausnutzen. Diese Angabe trifft – was auch die Musterkläger nicht in Abrede stellen – sachlich zu; der Prospekt stellt hiermit auch keinen besonderen Wettbewerbsvorteil der beiden Schiffe heraus. Auch im Übrigen war die bevorstehende Erweiterung der Kanalpassage für den Fonds nicht von wesentlicher Bedeutung. Denn da die Schiffe MS „LLOYD DON GIOVANNI“ und MS „LLOYD DON CARLOS“ zum Zeitpunkt der Prospekterstellung den Panama-Kanal wegen ihrer Größe nicht befahren konnten, fehlte bereits für zwei der sechs Schiffe der Beteiligung eine unmittelbare Relevanz dieses Umstandes. Die beiden kleineren Schiffe (MS „ANNINA SCHULTE“ und MS „VALENTINA SCHULTE“) konnten und können den Panamakanal vor und nach der Erweiterung befahren, ohne dessen Dimensionen voll ausnutzen zu können. Die Musterkläger tragen auch nicht vor, dass die übrigen Fondsschiffe ausschließlich oder primär auf Routen mit Panamakanalpassage eingesetzt würden. Vielmehr ergibt sich aus der Darstellung auf S. 35 des Prospektes, dass Panamax-Schiffe auch auf Routen ohne Kanalpassage eingesetzt werden. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass der Ausbau des Panamakanals eine Gefährdung des von den Anlegern verfolgten Zwecks bedeutete. Denn unabhängig davon, ob die Befürchtung berechtigt war, dass die bisherige Panamax-Klasse durch den Ausbau Wettbewerbsnachteile erleiden würde, musste der Kanalausbau für die bisherige Post-Panamax-Klasse zu bisher nicht gegebenen Vorteilen führen, soweit ihr – was auf die Fondsschiffe MS „LLOYD DON GIOVANNI“ und MS „LLOYD DON CARLOS“ zutrifft – nunmehr die Kanalpassage ermöglicht wird. Die Behauptung der Musterkläger, durch den Ausbau des Kanals seien „die Schiffe des Lloyd Fonds Schiffsportfolio II erst recht wirtschaftlich im Nachteil, da nunmehr viel größere Schiffe durch den Kanal passen“ (Bl. 723 GA), ist vor diesem Hintergrund nicht recht nachvollziehbar. Tatsächlich können nach dem Ausbau des Kanals nunmehr alle sechs statt bisher nur vier Schiffe den Panamakanal durchfahren; einem etwaigen Wettbewerbsnachteil der bisherigen Panamax-Schiffe stünde ein entsprechender Wettbewerbsvorteil der bisherigen Post-Panamax-Schiffe gegenüber. Dabei kann unterstellt werden, dass die Kosten für den Transport eines Containers mit der Schiffsgröße abnehmen; der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf es hierzu nicht. Denn der Wettbewerbsvorteil der MS „LLOYD DON GIOVANNI“ und MS „LLOYD DON CARLOS“ besteht gegenüber kleineren Schiffen auch dann, wenn nunmehr noch größere Schiffe durch den Panamakanal passen. Das Vorbringen der Musterkläger ist hier auch insoweit kaum noch nachvollziehbar, als sie einerseits für die Schiffe der (alten) Panamax-Klasse in der optimalen Ausnutzung der früheren Kanalgröße keinen wirtschaftlichen sehen Vorteil wollen, andererseits aber nunmehr die „viel größeren Schiffe“ gegenüber sämtlichen fondszugehörigen Schiffen wirtschaftlich im Vorteil sehen. Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt der Prospekterstellung der maßgebliche Zeitpunkt der Fertigstellung der Kanalerweiterung noch nicht sicher vorhersehbar war; der Ausbau war zwar beschlossen, hatte aber noch nicht begonnen. Selbst wenn das „Ob“ des Ausbaus – wie dies die Musterkläger behaupten – sicher gewesen sein sollte, konnte angesichts des Umfangs der Arbeiten keinesfalls sicher vorhergesagt werden, wann es zur Fertigstellung kommen würde. Eine optimistische Darstellung des bevorstehenden Ausbaus hätte dabei sogar insoweit missdeutet werden können, als damit die Marktaussichten der fondszugehörigen Post-Pananmax-Schiffe zu günstig dargestellt würden. kk) Feststellungsziel 1 k) (Verharmlosung der Risiken in der Gesamtschau) (1) Die Musterkläger meinen, dass der Verkaufsprospekt in seiner Gesamtschau die Risiken verharmlost und damit nicht dazu geeignet ist, den Anleger hinreichend über die Risiken der Anlage zu informieren. Risikohinweise würden durch die Darstellung des Prospektes entwertet, da dem Anleger suggeriert werde, dass durch die positiven Marktbeschreibungen und die günstigen Schiffe keine Risiken einträten. Der Prospekt sei deshalb auch insoweit fehlerhaft. (2) Dies trifft nicht zu. Für die Frage, ob ein Emissionsprospekt unrichtig oder unvollständig ist, kommt es allerdings nicht allein auf die darin wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern wesentlich auch darauf an, welches Gesamtbild er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt. Dabei ist auf den Empfängerhorizont abzustellen, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines durchschnittlichen Anlegers abzustellen ist, der als Adressat des Prospekts in Betracht kommt und der den Prospekt sorgfältig und eingehend gelesen hat (BGH, NZG 2012, 13384, Rn. 66; BGH, NJW-RR 2017, 930, Rn. 19; jeweils m.w.Nachw.) Der Prospekt ist aber auch vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Die beschriebenen Einzeltatsachen sind, wie oben ausgeführt, als solche zutreffend und die im Prospekt enthaltenen Prognosen vertretbar. Auch das Gesamtbild führt nicht zu einer anderen Bewertung. Dass insbesondere die Risikohinweise des Prospektes dadurch entwertet würden, dass die Beschreibung des positiven Marktumfeldes und der günstigen Schiffe eine risikolose Anlage suggeriert, trifft nicht zu. Vielmehr wird der Leser des Emissionsprospektes ausdrücklich und wiederholt darauf hingewiesen, dass es sich bei der Anlage um eine unternehmerische Beteiligung handele (vgl. Hinweise S. 1 unten, S. 5 und S. 17 ff. des Prospektes), bei der ein Totalverlust ernsthaft in Betracht komme (vgl. hierzu insbesondere S. 17 des Prospektes). Letztlich wird in der den Risikohinweisen ab S. 17 des Prospektes vorangestellten Einleitung ausdrücklich darauf hingewiesen, die wirtschaftliche Entwicklung könne nicht über die gesamte Fondslaufzeit vorhergesagt werden. ll) Feststellungsziel zu 1 l) (Aufklärung über Anlageziele und Anlagepolitik) (1) Die durch die Kanzlei Beckmann vertretenen Beigeladenen Namen entfernt – und ihnen folgend die Musterkläger – sind der Auffassung, die Darstellung der Anlageziele und der Anlagepolitik für die konkrete Beteiligung sei unvollständig und verletze damit die für Initiatoren geltende dahingehende Verpflichtung etwa aus § 9 VermVerkProspV, § 19 KAGG, § 42 Abs. 1 Nr. 14, Abs. 2 Nr. 2 InvG, § 307 Abs. 1 Nr. 1, 6 KAGB. Zur Begründung führen sie an, es fehle eine Aufklärung darüber, dass das Fondskonzept vorgesehen habe, dass gemäß § 4 Nr. 3b) ee) der Gesellschaftsverträge die Geschäftsführungen der einzelnen Emittentinnen berechtigt seien, bestimmte Zins- und Währungsgeschäfte abzuschließen, zu ändern und zu beenden. Über dieses Risiko im Zusammenhang mit der Anlagepolitik, mit dem die Anleger nicht hätte rechnen müssen, hätte aufgeklärt werden müssen, da die Geschäftsführungen auf diese Weise zu hoch spekulativen Geschäften mit den Anlagegeldern ermächtigt würden (S. 2 f. des Schriftsatzes vom 03.12.2018, Bl. 372 f. GA). (2) Die begehrte Feststellung ist nicht zu treffen. Der Antrag ist bereits deswegen unbegründet, weil die Gesellschaftsverträge – ausweislich des exemplarisch vorgelegten „Gesellschaftsvertrags der Kommanditgesellschaft MS ,MEMPHIS‘ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co.KG“ (Bl. 145 ff. des Prospektes) – entgegen der Ansicht der Beigeladenen überhaupt keine Ermächtigung zu Spekulationsgeschäften der Geschäftsführung enthalten. § 4 Nr. 3 b) der Gesellschaftsverträge regelt vielmehr lediglich das Erfordernis einer vorherige Zustimmung der Gesellschafter u.a. zu den in § 4 Nr. 3 b) ee) dargestellten Geschäften. Hiermit ist indes gerade kein Risiko verbunden, über das die Anleger aufzuklären wären, insbesondere auch kein eigenständiges Anlageziel. Die Darstellung der tatsächlichen Anlageziele und Anlagepolitik findet sich im Abschnitt über die rechtlichen Grundlagen der Vermögensanlage. Diese Darstellung, wegen deren Einzelheiten auf S. 74 des Prospekts Bezug genommen wird, entspricht auch den tatsächlichen Anlagezielen – Geschäftsgegenstand der einzelnen Schiffsgesellschaften ist nämlich keineswegs die Zins- und Währungsspekulation, sondern gemäß § 1 Nr. 3 S. 1 der jeweiligen Gesellschaftsverträge der Erwerb und der Betrieb des jeweiligen Fondsobjektes. Sämtliche weiteren Geschäfte können nur vorgenommen werden, soweit sie hiermit in Zusammenhang stehen (§ 1 Nr. 3 S. 2 der jeweiligen Gesellschaftsverträge). mm) Feststellungsziel zu 1 m) (Rechtliche Risiken umweltrechtlicher Veränderungen) (1) Die durch die Rechtsanwaltskanzlei Beckmann vertretenen Beigeladenen rügen weiter, der Prospekt kläre nicht über die Risiken auf, die umweltrechtliche Regelungen auf nationaler und internationaler Ebene gerade für die mit Schweröl betriebene Containerschifffahrt mit sich brächten. (2) Ein Prospektfehler liegt auch insoweit nicht vor. Die Beigeladenen lassen bereits nicht erkennen, dass und inwieweit der Prospekt ein unzutreffendes Bild der Beteiligung zeichnet und dass insoweit Aufklärungspflichten verletzt worden sind. Zwar gehen die Beigeladenen noch zu Recht davon aus, dass zu den Prospektangaben auch Prognosen über die voraussichtliche künftige Entwicklung des Anlageobjektes gehören (BGH, NJW-RR 2010, 115, Rn. 1ß m.w.Nachw.). Dem Vorbringen der Beigeladenen lässt sich aber bereits nicht entnehmen, welche konkreten Auswirkungen die aufgeführten umweltrechtlichen Veränderungen auf die Beteiligung haben können. Die Ausführungen zu Umwelt- und Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Schiffsdieselmotoren (S. 7 ff. des Schriftsatzes vom 03.12.2018, Bl. 377 ff. GA) bleiben abstrakt und nehmen auf die hier verfahrensgegenständlichen Schiffe in keiner Weise Bezug. Insbesondere der von den Beigeladenen in diesem Zusammenhang als Risiko eingestufte „Substandard“ (S. 6 des Schriftsatzes vom 03.12.2018, Bl. 376 GA) betrifft die Schiffe der Beteiligung offenbar nicht. Auch soweit die Beigeladenen in der Folge auf internationale Übereinkommen eingehen (S. 16 ff. des Schriftsatzes vom 03.12.2018, Bl. 386 ff. GA), lassen sie offen, ob und inwieweit die aufgeführten Abkommen konkrete Auswirkungen auf die verfahrensgegenständlichen Beteiligungen haben werden. Gleiches gilt für die ebenfalls lehrbuchartigen Ausführungen zu Kraftstoffen (Bl. 399 ff. GA). Die abschließende Darstellung der „Auswirkungen“ (ab S. 44 des Schriftsatzes vom 03.12.2018, Bl. 414 GA) führt ebenfalls nicht weiter; auch sie bleibt abstrakt. Zu welchem Zeitpunkt welche konkreten Einschränkungen für die Fondsschiffe zu erwarten sind oder waren, wird gerade nicht dargelegt. Abstrakte Hinweise zu der Möglichkeit einer Änderung umweltrechtlicher Bestimmungen waren nicht erforderlich, da es allgemein bekannt ist, dass sich gesetzliche Regelungen und Rahmenbedingungen bei einem langfristigen Investment wie dem hier verfahrensgegenständlichen ändern können. Im Übrigen wird schon in der einleitenden Bemerkung zu den Risiken der Vermögensanlage darauf hingewiesen, dass u.a. Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen die im Prospekt vorhergesagten Ergebnisse entscheidend beeinflussen können. Dies ist ausreichend. nn) Feststellungsziel zu 1 n) (Aufklärung über Schiffsgläubigerrechte) (1) Die Musterkläger halten den Prospekt auch deshalb für fehlerhaft, weil er keinen Hinweis auf das durch Schiffsgläubigerrechte bestehende Risiko enthält. Sie weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass viele internationale und ausländische Regelungen über die deutschen Vorschriften in § 596 HGB n.F. und § 754 HGB a.F. hinausgingen und – insofern nach deutschem Rechtsverständnis ungewöhnlich – Gläubiger des Charterers wegen ihrer offenen Forderungen durch einen Arrest auf das Schiff zugreifen und dieses „an die Kette“ legen können. Hierbei handele es sich, wie eine Reihe von Schiffsarresten aus der jüngeren Vergangenheit zeigten, auch keineswegs um ein nur theoretisches Risiko. (2) Hierüber war nicht gesondert aufzuklären. Bei den von den Musterklägern v.a. im Schriftsatz vom 11.03.2019 ausführlich dargestellten Reglungen handelt es sich um allgemeine gesetzliche Vorgaben im Zusammenhang mit Forderungen und um sachenrechtliche Vorgaben im Bereich des Seehandels, die nicht gesondert aufklärungspflichtig sind (vgl. hierzu OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, Beschluss vom 23.02.2017 – 21 U 2838/16 –, Rn. 10, juris). Vielmehr steht jedem Anleger vor Augen, dass ein Containerschiff dazu bestimmt ist, Waren durch die Welt in internationale Häfen zu transportieren und daher mit ausländischen und internationalen Rechtsordnungen in Berührung kommt und dem dortigen Recht unterliegen kann (vgl. OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Düsseldorf
, Urteil vom 14.04.2016 – 16 U 30/15 –, Rn. 42, juris; Senat, Urteil 27.12.2018, 24 U 29/18 [n.v.]). Dass dieses Recht von der in Deutschland geltenden Rechtslage einschließlich der sie tragenden Prinzipien abweichen kann, liegt auf der Hand. Im Übrigen ist das angesprochene Risiko der dinglichen Haftung des Schiffes für eigentümerfremde Forderungen aber auch keineswegs so groß, wie dies von den Musterklägern dargestellt wird. Die Musterbeklagten zu 1) und 2) weisen in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass insbesondere die von den Musterklägern den Vordergrund gestellten Ladungsschäden versicherbar sind. Zudem entsteht das Risiko, dass Schiffsgläubigerrechte wegen Drittforderungen geltend gemacht werden, allenfalls dann, wenn der unmittelbare Vertragspartner – insbesondere der Charterer – seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt. Vor diesem Hintergrund besteht eine Aufklärungspflicht auch deshalb nicht, weil Pflichtverletzungen regelmäßig kein spezifisches Risiko der Kapitalanlage darstellen (BGH, NJW-RR 2015, 732, Rn. 24; OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
, Urteil vom 29.09.2016 – 34 U 231/15 –, Rn. 113, juris). Tatsächlich klärt der Prospekt aber sogar ausdrücklich darüber auf, dass Vertragsverletzungen der maßgeblichen Vertragspartner ein Risiko darstellen (vgl. Seite 17 f. des Prospekts): „Es besteht das Risiko, dass Vertragspartner ihren Verpflichtungen nicht oder nur teilweise nachkommen – sei es auf Grund eingeschränkter Leistungsfähigkeit (Bonität) oder eingeschränkter Leistungsbereitschaft. (…) Im schlechtesten Fall könnte es durch den Ausfall von Vertragspartnern zu einer teilweisen oder vollständigen Rückabwicklung der Vermögensanlage kommen, die für den Anleger gegebenenfalls den Verlust eines erheblichen Teiles seiner Einlage bis hin zum Totalverlust zur Folge hätte.“ b) Feststellungsziele zu 2. und 3. Nachdem der Antrag zu 1. aus den dargelegten Gründen unbegründet ist, erweisen sich die Feststellungsziele zu 2. a) und b) sowie das Feststellungsziel zu 3. als gegenstandslos. Ungeachtet der in § 6 Abs. 1 S. 2 KapMuG angeordneten Bindungswirkung des Vorlagebeschlusses ist im Kapitalanleger-Musterverfahren fortlaufend zu prüfen, ob für die einzelnen Feststellungsziele ein Sachentscheidungsinteresse fortbesteht. Das ist dann nicht der Fall, wenn auf Grundlage der bisherigen Ergebnisse durch die beantragte Feststellung keines der ausgesetzten Verfahren weiter gefördert werden kann. An einer erschöpfenden Erledigung des Vorlagebeschlusses besteht in diesen Fällen kein berechtigtes Interesse, ohne dass es darauf ankommt, ob die gestellten Fragen ausdrücklich in ein Eventualverhältnis gestellt worden sind. Das Musterverfahren dient nicht dazu, abstrakte Tatsachen- oder Rechtsfragen ohne Bezug zur Entscheidung in zumindest einem der ausgesetzten Ausgangsverfahren zu beantworten. Ist die Entscheidungserheblichkeit einzelner Feststellungsziele aufgrund der vorausgegangenen Prüfung im Musterverfahren entfallen, ist der zugrundeliegende Vorlagebeschluss hinsichtlich dieser Feststellungsziele gegenstandslos geworden. Dies ist im Tenor und in den Gründen des Musterentscheids zum Ausdruck zu bringen (vgl. BGHZ 213, 65, Rn. 106; BGH, WM 2014, 1946, Rn. 63; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Beschluss vom 12.07.2017 – 23 Kap 1/16 –, Rn. 112, juris). So liegt der Fall auch hier: Die gerügten Unvollständigkeiten und Unrichtigkeiten des Prospekts liegen nicht vor, so dass die darauf aufbauenden Fragen nach der Erkennbarkeit etwaiger Prospektmängel (Feststellungsziele zu 2.) und nach der Beweislast für ihre Richtigstellung (Feststellungziel zu 3.) schon begrifflich nicht mehr beantwortet werden können. Aus denselben Gründen wären im Übrigen auch die Feststellungsziele zu 4. bis 6. im Falle der Zulässigkeit der darauf gerichteten Anträge gegenstandslos. III. 1. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, § 16 Abs. 2 KapMuG. 2. Der Senat hat es für angemessen erachtet, den Musterklägervertretern auf ihren rechtzeitig gestellten Antrag (vgl. § 41a Abs. 2 S. 1 RVG) eine besondere Gebühr nach § 41a Abs. 1 S. 1 RVG zu bewilligen. Im Hinblick auf den nach Aktenlage ohne weiteres gegebenen hohen Aufwand für das Betreiben des Musterverfahrens, der den Aufwand der Vertreter der Beigeladenen deutlich übersteigt, hat der Senat auch keine Bedenken, insoweit antragsgemäß den gesetzlichen Höchstsatz einer 0,3-Gebühr anzusetzen. Die Entscheidung konnte mit dem Musterentscheid getroffen werden (§ 41a Abs. 3 S. 1 RVG). Der Wert sämtlicher ausgesetzter Verfahren, nach dem gemäß § 41a Abs. 1 S. die besondere Gebühr zu berechnen ist, beträgt bis 1.400.000,00 €.

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OLG Köln, Urteil vom 31. Oktober 2018 – 11 U 166/17

Mittwoch, 31. Oktober 2018

§ 31 BGB, § 249 BGB, § 280 BGB, § 633 Abs 2 BGB, § 826 BGB

1. Der Übergang vom Schadensersatzanspruch auf den Vorschussanspruch ist keine Klageänderung und daher grundsätzlich auch noch im Berufungsverfahren zulässig.

2. Der Übergang von einem Antrag auf Feststellung der Pflicht zur Erstattung von Umsatzsteuer im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs zu einem Antrag auf Zahlung der Umsatzsteuer im Rahmen eines Vorschussanspruchs ist eine Klageerweiterung, die der in erster Instanz erfolgreiche Berufungsbeklagte in der Berufung nur unter den Voraussetzungen einer Anschlussberufung und damit innerhalb der wirksam gesetzten Berufungserwiderungsfrist geltend machen kann (Anschluss an BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 – VII ZR 145/12)

3. Die Berufungserwiderungsfrist ist nur wirksam gesetzt, wenn dem Berufungsbeklagten eine beglaubigte Abschrift der Verfügung zugestellt wird und er über die Rechtsfolgen der Versäumung der Berufungserwiderungsfrist belehrt worden ist.

4. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Ausschluss fiktiver Mängelbeseitigungskosten im Werkvertrag (BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 45/17 gilt auch für die Durchgriffshaftung des Geschäftsführers einer Bauunternehmung wegen Baumängeln aus § 826 BGB.

Tenor

Auf die Berufung und Anschlussberufung der Klägerin sowie die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 15.11.2017 (11 O 309/13) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1.

Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin

a) 9.831,82 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2013,

b) 204.300,00 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 07.06.2014,

c) 150.686,56 EUR (Schadensersatz in Höhe v. 82.797,53 EUR brutto und Vorschuss in Höhe von 67.889,03 EUR netto) zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2013 sowie

d) vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.594,91 EUR

zu zahlen.

2.

Die Beklagte zu 1) wird darüber hinaus – gesamtschuldnerisch haftend mit dem Beklagten zu 2) – verurteilt, an die Klägerin folgende Umsatzsteuerbeträge zu zahlen:

a) 1.868,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2013,

b) 38.817,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 07.06.2014 sowie

c) 12.898,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2013 .

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin auch allen weiteren Schaden zu ersetzen, der dadurch zukünftig entsteht, dass im Rahmen der Bauvorhaben

– Kreisverkehr A Straße/B Ring,

– C einschließlich Kreisverkehrsplatz am Amtsgericht D,

– Endausbau E-straße,

– Kreisverkehrsplatz F Straße/G-Ring,

– Kreisverkehr H-straße/I/B Ring,

– Dorferneuerung J, K-straße, L-straße und

– M…

das derzeit vorhandene Bettungsmaterial unterhalb der Pflasterflächen noch ausgetauscht werden muss und der über die bezifferten Vorschuss- und Schadensersatzkosten gem. Ziff. 1) a) – c) und Ziff. 2 a) – c) hinausgeht.

4. Es wird ferner festgestellt, dass der Beklagte zu 2) – gesamtschuldnerisch haftend mit der Beklagten zu 1) – verpflichtet ist, der Klägerin zukünftig ausgewiesene Umsatzsteuerbeiträge zu ersetzen, die im Zusammenhang mit der Sanierung der im Tenor zu Ziff. 3) bezeichneten Bauvorhaben entstehen und in Rechnung gestellt werden.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte zu 1) 6.077,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.01.2018 zu zahlen.

Die weitergehenden Berufungen der Klägerin sowie der Beklagten zu 1) und 2) gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 15.11.2017 (11 O 309/13) werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der durch sie eingelegten Berufung haben die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu 71 % und die Beklagte zu 1) darüber hinaus zu weiteren 29 % zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des von ihr jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zu 1) zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des von ihr jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 600.000,00 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beklagte zu 1) ist ein im Jahre 2008 durch Umwandlung aus der Bauunternehmung N GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
(künftig ebenfalls als Beklagte zu 1 bezeichnet) entstandenes Straßenbauunternehmen, deren persönliche haftende Gesellschafterin die N Verwaltungs-GmbH war, als deren Geschäftsführer bis zum Jahre 2015 der Beklagte zu 2) fungierte.Randnummer2

Die Klägerin hatte die Beklagte zu 1) in der Zeit vom 05.08.2003 bis zum 20.06.2007 mit verschiedenen Straßenbauvorhaben beauftragt, von denen sieben streitgegenständlich sind. Bei vier dieser Bauvorhaben war nach dem Leistungsverzeichnis ein Pflasterbett aus Natursteinsplitt geschuldet, bei zweien ein Pflasterbett aus Splitt und bei einem weiteren ein Brechstein/Splitt-Gemisch.Randnummer3

Zu dem von ihr verwendeten Bettungsmaterial hat die Beklagte zu 1) vorgetragen, dass sie als solches bei der Ausführung ihrer Arbeiten für alle Bauvorhaben – ebenso wie bei anderen Bauvorhaben ab 2002 – ein Gemisch aus einem VIADUR-Bettungsmaterial, einer kupferhaltigen Hochofenschlacke und Quarzsand, verwendet habe. Dieses Gemisch sei von ihr bei ihrer Tochterfirma, der O N GmbH (im Weiteren: O N GmbH,) deren Geschäftsführer zu diesem Zeitpunkt ebenfalls der Beklagte zu 2) war, erworben worden. Die O N GmbH wiederum habe das VIADUR-Bettungsmaterial von der P P GmbH (im Weiteren: P GmbH) bezogen und diesem im Verhältnis 1 : 1 Quarzsand aus eigener Produktion beigemischt.Randnummer4

Nach Fertigstellung der Arbeiten wurden diese von der Klägerin in der Zeit vom 09.01.2004 bis 10.09.2007 abgenommen, so dass sich die wesentlichen Daten der jeweiligen Bauvorhaben im Einzelnen wie folgt darstellen:Randnummer5

  BauvorhabenLeistungsverzeichnisAbnahme
1.Kreisverkehr F Straße/
G-Ring
Pflasterbett aus Natursteinsplitt24.11.2008
2.Kreisverkehr H-straße/
I/B Ring
Pflasterbett aus Natursteinsplitt13.09.2006
3.Dorferneuerung JPflasterbett aus Natursteinsplitt20.10.2005
4.MPflasterbett aus Natursteinsplitt01.01.2004
5.Kreisverkehr A Straße/
B Ring
Pflasterbett aus Splitt09.01.2004
6.CPflasterbett aus Split20.12.2006
7.E-straßePflasterbett aus Splitt-
Brechsand-Gemisch.
10.09.2007

Randnummer6

Im Jahre 2012 stellte die Stadt Grevenbroich in dem dort von der Beklagten zu 1) verwendeten Bettungsmaterial eine erhöhte Belastung mit Schwermetallen fest. Daraufhin ließen auch die Klägerin und andere Auftraggeber aus der Region das Bettungsmaterial untersuchen und stellten dabei vergleichbare Belastungen fest. In Bezug auf die Bauvorhaben „C“ und „E-straße“ ist ein selbstständiges Beweisverfahren bei dem Landgericht Aachen (12 OH 14/12) durchgeführt worden.Randnummer7

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 05.04.2013 wurden die Beklagten unter Fristsetzung bis zum 30.04.2013 aufgefordert, die erforderlichen Arbeiten zur Mängelbeseitigung durchzuführen bzw. 337.280,34 EUR an die Klägerin zu zahlen. Am 12.05.2014 erfolgte überdies die Aufforderung, bis zum 20.05.2014 mitzuteilen, ob Bereitschaft zur Mängelbeseitigung betreffend die Bauvorhaben „E-straße“ und „C“ bestehe. Entsprechende Arbeiten oder Erklärungen durch die Beklagte zu 1) erfolgten nicht.Randnummer8

Ende 2014 wurde im Zusammenhang mit der Verlegung von Glasfaserkabeln bei den beiden Bauvorhaben „Dorferneuerung J“ und „M“ auch ein Teil des Bettungsmaterials ausgetauscht und entsorgt.Randnummer9

Ebenfalls im Jahr 2014 schrieb die Klägerin Straßenbauarbeiten im Bereich „Q-, R- und S-straße“ in D aus. Die Beklagte zu 1) gab unter dem 14.08.2014 ein Angebot in Höhe von 763.073,65 EUR brutto ab. Mit Schreiben vom 30.10.2014 teilte die Klägerin der Beklagten zu 1) mit, dass diese gem. § 16 Abs. 1 Nr. 2 lit. c VOB/A 2012 wegen einer nachweislich schweren Verfehlung vom Verfahren ausgeschlossen werde, und erteilte stattdessen der Firma T Bauunternehmung GmbH den Auftrag für einen Betrag in Höhe von 804.440,00 EUR.Randnummer10

Die Klägerin hat mit ihrer Klage von den Beklagten die Zahlung von Vorschuss, Schadensersatz, die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden sowie die Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftig anfallender Umsatzsteuerbeiträge wegen der behaupteten Verwendung nicht vertragsgemäßen Bettungsmaterials verlangt, von der Beklagten zu 1) aus dem Gesichtspunkt der Mangelgewährleistung, von dem Beklagten zu 2) aus Delikt.Randnummer11

Sie hat zuletzt beantragt,Randnummer12

1.) die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen,Randnummer13

a) an die Klägerin 212.659,65 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 185.743,44 EUR seit dem 01.05.2013 und aus weiteren 26.916,26 EUR seit Zustellung des Schriftsatzes vom 16.07.2015 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.833,15 EUR zu zahlen,Randnummer14

b) an die Klägerin weitere 204.300 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2014 zu zahlen,Randnummer15

2.) festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin auch allen weiteren Schaden zu ersetzen, der dadurch zukünftig entsteht, dass im Rahmen der BauvorhabenRandnummer16

– Kreisverkehrsplatz F Straße/G-RingRandnummer17

– Kreisverkehr H-straße/I/B RingRandnummer18

– Kreisverkehr A Straße/B RingRandnummer19

– Dorferneuerung J, K-straße, L-straße (2. BA)

– M…Randnummer20

– C einschließlich Kreisverkehrsplatz am Amtsgericht DRandnummer21

– Endausbau E-straßeRandnummer22

das derzeit vorhandene Bettungsmaterial unterhalb der Pflasterflächen noch ausgetauscht werden muss, und der über die bezifferten Schadensersatzkosten hinausgeht,Randnummer23

3.) festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin zukünftig ausgewiesene Umsatzsteuerbeiträge zu ersetzen, die im Zusammenhang mit der Sanierung der im Klageantrag zu 2.) bezeichneten Bauvorhaben entstehen und in Rechnung gestellt werden.Randnummer24

Die Beklagten haben beantragt,Randnummer25

die Klage abzuweisen.Randnummer26

Widerklagend hat die Beklagte zu 1) beantragt,Randnummer27

die Klägerin zu verurteilen, an sie 110.162,99 EUR nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.Randnummer28

Die Klägerin hat beantragt,Randnummer29

die Widerklage abzuweisen.Randnummer30

Die Beklagten haben jede Ersatzpflicht ihrerseits in Abrede gestellt und die Einrede der Verjährung erhoben.Randnummer31

Die Beklagte zu 1) hat ferner mit ihrer Widerklage Schadensersatz verlangt, weil sie bei der Ausschreibung von Straßenbauarbeiten im Bereich „Q-, R- und S-straße“ ausgeschlossen wurde, obwohl sie dort das preislich niedrigste Angebot abgegeben habe.Randnummer32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der wechselseitigen Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung vom 15.11.2017 Bezug genommen.Randnummer33

Mit diesem Urteil hat das Landgericht Aachen der Klage nach der Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen zu evtl. Absprachen der Parteien hinsichtlich des zu verwendenden Bettungsmaterials sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Qualität des verwendeten Bettungsmaterials und den Kosten eines Austauschs gegen beide Beklagten aus den vier Bauvorhaben, bei denen als Bettungsmaterial Natursteinsplitt ausgeschrieben war, stattgegeben und die Klage wegen der übrigen drei Bauvorhaben wie auch die Widerklage abgewiesen.Randnummer34

Zur Begründung hat die Kammer u.a. ausgeführt, dass hinsichtlich der vier Bauvorhaben „Kreisverkehr F Straße/G-Ring, Kreisverkehr H-straße/I/B Ring, Dorferneuerung J, K-straße, L-straße und M“ das von der Beklagten zu 1) eingebaute Bettungsmaterial gem. § 13 Nr. 1 VOB/B mangelhaft gewesen sei. Denn die Beklagte zu 1) habe gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen, als sie statt des in den Leistungsverzeichnissen der o.a. Bauvorhaben vereinbarten „Natursteinsplitts“ das Recyceling-Material „VIADUR Bettungssand“ verwendete. Das von der Beklagten zu 1) eingebaute Material – ein Gemisch aus der kupferhaltigen Hochofenschlacke VIADUR 0/5 und natürlichem Quarzsand – sei auch nicht für den vorgesehenen Verwendungszweck geeignet. Denn die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für den Einbau solchen Materials nach dem sog. Verwertererlass seien nicht gegeben, was näher ausgeführt worden ist.Randnummer35

Es habe auch keine nachträgliche Vertragsänderung dahingehend stattgefunden, dass ein nicht unter den Begriff „Natursplitt“ fallendes Gemisch verwendet werden konnte. Eine solche sei von der Beklagten zu 1) schon nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden.Randnummer36

Der Anspruch gegen die Beklagte zu 1) sei nicht verjährt. Wegen des arglistigen Verhaltens der Beklagten zu 1) sei auch bei dem vorliegenden VOB-Vertrag entsprechend des in § 634a Abs. 3 BGB festgelegten Grundsatzes die regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB anzuwenden.Randnummer37

Vorliegend sei der Beklagten zu 1) bewusst gewesen, dass das durch sie verwendete Material nicht aus natürlichen Stoffen bestanden und damit nicht der vertraglichen Vereinbarung zur Verwendung von Natursplitt entsprochen habe. Denn der Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung sei insoweit eindeutig und schließe die Verwendung industrieller Materialien aus. Die Beklagte zu 1) habe diesen Umstand auch nicht offenbart. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass sie die Klägerin bzw. die zuständigen Bauleiter nicht auf die Verwendung von „VIADUR“ in Abweichung zum vereinbarten Natursplitt hingewiesen habe.Randnummer38

Etwas anderes ergebe sich allerdings für die Bauvorhaben „Kreisverkehr A Straße/B Ring, C und E-straße“. Insoweit seien Ansprüche jedenfalls verjährt, weil es an einem arglistigen Verschweigen der Beklagten zu 1) fehle. Denn hier hätten die Parteien vertraglich vereinbart, dass ein Plattenbett aus Splitt, ein Pflasterbett aus Splitt bzw. ein Pflasterbett aus einem Splitt-Brechsand Gemisch hergestellt werden sollte. Insoweit sei aber eine Kenntnis der Beklagten zu 1) , dass der Begriff „Splitt“ nur Naturstein umfasse, nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit festzustellen. Denn die „Begriffsbestimmungen Straßenbau“ sähen vor, dass unter Splitt gebrochene Mineralstoffe zu verstehen seien, also ein körniges Material für die Verwendung im Bauwesen, das natürlich, künstlich oder recycelt sein könne.Randnummer39

Hinsichtlich der Bauvorhaben „Kreisverkehr F Straße/G-Ring, Kreisverkehr H-straße/I/B Ring, Dorferneuerung J und M“ habe die Klägerin erst frühestens ab 2011 Kenntnis von dem Mangel mit der Folge gehabt, dass die dreijährige Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen habe und gem. § 195 BGB mit Klageerhebung am 19.08.2013 noch nicht abgelaufen gewesen sei. Der Klägerin könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht vorgeworfen werden, dass sie grob fahrlässig keine Kenntnis gehabt habe oder ein Mitverschulden trage. Dies ist näher ausgeführt worden.Randnummer40

Die Klägerin habe auch gegen den Beklagten zu 2) gem. § 826 BGB einen Anspruch auf Zahlung von 124.153,04 EUR. Der Beklagte zu 2) habe der Klägerin als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten zu 1) in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt. Er habe hierbei insbesondere auch Sittenwidrig gehandelt, nämlich arglistig getäuscht, indem er die Klägerin trotz seines Wissens um den Materialaustausch nicht auf das mangelhafte Bettungsmaterial hingewiesen habe. Dabei habe er aufgrund seiner – unstreitigen – Kenntnis in seiner Funktion als Geschäftsführer billigend in Kauf genommen, dass das für den vorgesehenen Verwendungszweck ungeeignete Material VIADUR statt des vereinbarten Natursplitts verwendet worden sei.Randnummer41

Die zulässigen Feststellungsanträge seien ebenfalls begründet. Insbesondere seien sie zulässig, da der tatsächliche Schaden trotz Einholung diverser Sachverständigengutachten und eines Zahlungsantrags noch nicht abschließend beziffert werden könne, da weitere Schäden zu befürchten seien.Randnummer42

Die Widerklage hingegen sei nicht begründet. Die Beklagte zu 1) habe gegen die Klägerin keinen Zahlungsanspruch, weder aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB noch aus einer anderen Anspruchsgrundlage. Denn die Klägerin sei berechtigt gewesen, die Beklagte zu 1) von der öffentlichen Vergabe auszuschließen, da der Beklagten zu 1) eine nachweislich schwere Verfehlung anzulasten sei. Denn sie habe nach den getroffenen Feststellungen vorsätzlich gehandelt, als sie statt des Natursplitts recyceltes Material verwendete. Ihr sei vorzuwerfen, dass sie wiederholt und trotz Kenntnis das mangelhafte Material verwendet habe. Der Beklagten zu 1) komme auch keine sog. „Selbstreinigung“ zugute. Eine solche setze Maßnahmen zur Vorsorge gegen erneute Verfehlungen voraus, woran es wegen des unkooperativen Verhaltens der Beklagten zu 1) aber fehle. Die Klägerin habe schließlich auch ermessensfehlerfrei gehandelt, insbesondere keine sachfremden Erwägungen angestellt und sich mit dem Ausschluss auch für ein geeignetes und erforderliches Mittel entschieden.Randnummer43

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beklagten zu 1) und 2) mit der Berufung und die Klägerin mit Berufung und Anschlussberufung.Randnummer44

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin die Ansprüche betreffend die Bauvorhaben „Kreisverkehr A Straße/B Ring (Antrag zu 1), C einschließlich Kreisverkehrsplatz am AG D und Endausbau E-straße“ (Antrag zu 2) weiter. Hierzu trägt sie vor, dass die Beklagte zu 1) unabhängig von der konkreten Leistungsverpflichtung generell und systematisch ein von dem Leistungsverzeichnis abweichendes Bettungsmaterial verwendet habe, so dass irgendwelche Irrtümer über die Bedeutung des Begriffes „Splitt“ für deren Handeln nicht hätten ursächlich werden können. Bei „Splitt“ handele es sich stets um ein gebrochenes Material, was auf ein Kupferschlackengranulat nicht zutreffe. Vorliegend sei kein Nachweis (etwa durch Lieferscheine, Rechnungen der P) darüber erbracht worden, welches Material überhaupt eingebaut worden und ob dieses mit einer Güteprüfung versehen gewesen sei. Dass sich die Beklagten über die vom Leistungsverzeichnis abweichende Ausführung bewusst gewesen seien, belege nicht zuletzt auch ihr eigener Vortrag, dass auch insoweit abweichende Vereinbarungen das Bettungsmaterial betreffend getroffen worden sein sollen. Dieses Vorbringen macht sich die Klägerin hilfsweise zu eigen.Randnummer45

Der Beklagte zu 2) müsse ebenfalls entsprechende Kenntnis gehabt haben, weil dieser auch Geschäftsführer der O N GmbH gewesen sei, welche das von der P GmbH gelieferte VIADUR mit Sand verarbeitet und an die Beklagte zu 1) geliefert habe.Randnummer46

Als Reaktion auf die neue BGH-Rechtsprechung (Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, juris) zum Ausschluss eines auf fiktive Mängelbeseitigungskosten gerichteten Schadensersatzanspruches hat die Klägerin die Klage, soweit der Austausch des Bettungsmaterials noch nicht erfolgt ist, von einem Schadensersatz- auf einen Kostenvorschussanspruch umgestellt und sie gleichzeitig um die Umsatzsteuer auf die noch nicht entstandenen Sanierungskosten erhöht, hinsichtlich ihrer eigenen Berufung durch Erweiterung der Berufung und wegen der Bauvorhaben, hinsichtlich derer das Landgericht der Klage stattgegeben hatte, im Wege der Anschlussberufung.Randnummer47

Die Klägerin beantragt,Randnummer48

die Beklagte zu 1) unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 15.11.2017 (11 O 309/13) gesamtschuldnerisch haftend mit dem Beklagten zu 2) zu verurteilen,Randnummer49

1. an die Klägerin einen Mängelbeseitigungskostenvorschuss in Höhe von 9.831,82 EUR netto zzgl. 19 % USt = 11.699,87 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2013 zu zahlen;Randnummer50

2. an die Klägerin ein Mängelbeseitigungskostenvorschuss in Höhe von 204.300,00 EUR netto zzgl. 19 % USt = 243.117,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2014 zu zahlen;Randnummer51

3. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin auch allen weiteren Schaden zu ersetzen, der dadurch zukünftig entsteht, dass im Rahmen der BauvorhabenRandnummer52

– Kreisverkehr A Straße/B Ring,Randnummer53

– C einschließlich Kreisverkehrsplatz am Amtsgericht D,Randnummer54

– Endausbau E-straße,Randnummer55

das derzeit vorhandene Bettungsmaterial unterhalb der Pflasterflächen noch ausgetauscht werden muss und der über die bezifferten Vorschuss- und Schadensersatzkosten hinausgeht.Randnummer56

Soweit das Landgericht Aachen der Klageforderung hinsichtlich der Bauvorhaben „Kreisverkehr F Straße/G-Ring, Kreisverkehr H-straße/I/B Ring, Dorferneuerung J, K-straße, L-straße und M“ entsprochen hat, beantragt die Klägerin klageerweiternd,Randnummer57

das Urteil – unter Aufrechterhaltung der Verurteilung des Beklagten zu 2) – neu zu fassen undRandnummer58

a) die Beklagte zu 1) gesamtschuldnerisch haftend mit dem Beklagten zu 2) zu verurteilen, an die Klägerin 169.662,76 EUR (Schadensersatz in Höhe v. 82.797,53 EUR und Vorschuss in Höhe von 86.865,23 EUR) zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2013 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.594,91 EUR zu zahlen.Randnummer59

b) festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin auch allen weiteren Schaden zu ersetzen, der dadurch zukünftig entsteht, dass im Rahmen der BauvorhabenRandnummer60

– Kreisverkehrsplatz F Straße/G-Ring,Randnummer61

– Kreisverkehr H-straße/I/B Ring,Randnummer62

– Dorferneuerung J, K-straße, L-straße und

– M…Randnummer63

das derzeit vorhandene Bettungsmaterial unterhalb der Pflasterflächen noch ausgetauscht werden muss und der über die bezifferten Vorschuss- und Schadensersatzkosten gem. Klageantrag zu a) hinausgeht.Randnummer64

Ferner beantragt sie in Bezug auf den Beklagten zu 2) – hilfsweise auch für die Beklagte zu 1) -Randnummer65

die Beklagten unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 15.11.2017 – 11 O 30/13 – zusätzlich zu verurteilen,Randnummer66

1. an die Klägerin 9.831,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2013 zu zahlen;Randnummer67

2. an die Klägerin 204.300,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2014 zu zahlen;Randnummer68

3. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin auch allen weiteren Schaden zu ersetzen, der dadurch zukünftig entsteht, dass im Rahmen der BauvorhabenRandnummer69

– Kreisverkehr A Straße/B RingRandnummer70

– C einschließlich Kreisverkehrsplatz am AG DRandnummer71

– Endausbau E-straßeRandnummer72

das derzeit vorhandene Bettungsmaterial unterhalb der Pflasterflächen noch ausgetauscht werden muss und der über die bezifferten Schadensersatzkosten hinausgeht;Randnummer73

4. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin zukünftig ausgewiesene Umsatzsteuerbeträge zu ersetzen, die im Zusammenhang mit der Sanierung der im vorbezeichneten Klageantrag bezeichneten Bauvorhaben entstehen und in Rechnung gestellt werden.Randnummer74

Schließlich beantragt die Klägerin hilfsweise,Randnummer75

die Revision zuzulassen.Randnummer76

Die Beklagten beantragen,Randnummer77

die Berufung der Klägerin aus dem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 19.12.2017 in Verbindung mit der Berufungsbegründung aus dem Schriftsatz vom 19.02.2018 sowie die Anschlussberufung (Klageerhöhung) aus dem Schriftsatz vom 26.03.2018 zurückzuweisen.Randnummer78

Die Beklagten tragen zur Berufung der Klägerin vor, dass das eingebaute Bettungsmaterial grds. der Ausschreibung „Splitt“ bzw. „Splitt-Brechsandgemisch“ entsprochen habe. Das verwendete VIADUR habe aus gebrochenen Gesteinskörnungen bestanden; Gegenteiliges sei nicht festgestellt worden. Die Klägerin sage auch nicht, wie sie die Begriffe Natursteinsplitt, Splitt und Splitt-Brechsandgemisch verstanden haben wolle, die von ihr immerhin in dieser differenzierten Form als Bettungsmaterial ausgeschrieben worden seien. Aus fachtechnischer Sicht falle unter den Begriff „Brechsand-Splitt-Gemisch“ auch industriell hergestelltes oder recyceltes Material, so dass die Beklagte zu 1) den Begriff nicht anders habe verstehen müssen. Die Verwendung von RCL-Material sei zudem von der Klägerin jedenfalls in den Leistungsverzeichnissen der Bauvorhaben „C“ und „E-straße“ auch ausdrücklich zugelassen worden.Randnummer79

Zur eigenen Berufung meint sie, dass auch hinsichtlich der vier Bauvorhaben, bei denen der Verbau von „Natursteinsplitt“ vereinbart gewesen sei, der Verjährungseinwand durchgreife. Dabei nehme sie hin, dass die Kammer sich keine Überzeugung über eine abändernde Vereinbarung den vorgenommenen Materialwechsel betreffend habe bilden könne. Allerdings beruhe die Unkenntnis der Klägerin auf grober Fahrlässigkeit. Denn für einen Fachmann sei der Unterschied zwischen Natur- und recyceltem Material ohne weiteres erkennbar gewesen. Denn das verwendete Material sei braungrau, Natursplitt hingegen dunkelfarbig. Dies sei erstinstanzlich vorgetragen und unter Beweis gestellt worden. Der seitens der Klägerin mit der Bauaufsicht betraute Zeuge U habe aber im Rahmen der Beweisaufnahme bekundet, sich das Material nicht einmal angeschaut zu haben, womit er seine Objektüberwachungspflicht gröblich missachtet habe. Nach dem Vortrag der Klägerin habe außerdem der Verwertererlass gegolten, der eine Dokumentationspflicht des Unternehmers begründe. Wie der Senat an anderer Stelle (Urt. v. 30.08.2017 – 11 U 4/16) entschieden habe, sei der Klägerin damit aber spätestens ab Erhalt der Schlussrechnung bekannt gewesen, dass eine Dokumentation fehle. Hinsichtlich der Schadenshöhe würden nur die veranschlagten Eigenkosten der Klägerin (3.985,38 EUR und 2.091,90 EUR) angegriffen. Der Klägerin seien keine eigenen Kosten entstanden; auch dürften diese nicht nach den Sätzen der HOAI berechnet werden. Außerdem werde in der Urteilsbegründung nur ein Betrag von 124.153,04 EUR genannt, tenoriert worden sei aber ein Betrag von 156.763,84 EUR.Randnummer80

Die Verurteilung des Beklagten zu 2) beruhe auf reiner Spekulation. Es möge sein, dass der Beklagte zu 2) Kenntnis von der Verwendung des VIADUR gehabt habe, nicht aber von der Abweichung zu der vertraglichen Vereinbarung; eine konkrete Anweisung seinerseits, dieses Material einzusetzen, habe es jedenfalls nicht gegeben. Vielmehr sei er davon ausgegangen, dass es sich bei dem Gemisch aus VIADUR und Quarzsand um ein zulässiges Produkt gehandelt habe, weil auf jedem Lieferbeleg vermerkt gewesen sei, dass das Material gütegeprüft und fremdüberwacht sei. Mit der Kalkulation vor der Beteiligung an einer Ausschreibung sei der Kalkulator, Herr X, befasst gewesen. Das Ergebnis der Kalkulation sei alsdann der Geschäftsführung, den Herren Y und Z N, bei größeren Bauvorhaben auch dem Beklagten zu 2) vorgelegt worden. Mit der gesamten Baustellenlogistik, also der Bestückung der Baustelle, dem Einsatz des Personals, dem Einkauf etc. habe der Beklagte zu 2) nichts zu tun gehabt. Dies sei allein Sache der jeweiligen Projekt- oder Bauleiter gewesen.Randnummer81

Im Hinblick auf das Urteil des Senates vom 30.08.2017 – 11 U 4/16 -, welches die persönliche haftung des Beklagten zu 2) abgelehnt habe und Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin beim Bundesgerichtshofes sei, werde die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens bis zum Abschluss des vorgenannten Rechtsmittelverfahrens beantragt.Randnummer82

Zu ihrem Widerklageantrag zu 1) trägt die Beklagte zu 1) vor, dass sich ihre grundsätzliche Zuverlässigkeit bereits aus ihrer Eintragung in der sog. Präqualifikationsliste ergebe. Jedenfalls läge ein Fall der „Selbstreinigung“ vor. Denn sie habe ab Kenntnis von dem Problem mit VIADUR das Material 2012 von dem Produzenten abholen lassen und dieses seither nicht mehr verwendet. Sie habe überdies im Mai 2012 gegen die Lieferfirma P GmbH ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet sowie im Juni 2012 die betroffenen Kommunen unterrichtet und eigene Untersuchungen angestellt. Ferner habe sie mit diversen kommunalen Auftraggebern unter Übernahme erheblicher Kosten vergleichsweise Regelungen getroffen. Hinzu komme, dass sich die Klägerin auch widersprüchlich verhalte. Denn in der Zeit vom 23.04.2013 bis 27.05.2014 seien – dies ist zwischen den Parteien unstreitig – noch drei Aufträge an die Beklagte zu 1) erteilt und unbeanstandet durchgeführt worden, der Ausschluss von der Vergabe im vorliegenden Fall sei aber erst am 30.10.2014 erfolgt. Vor allem habe es keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass sich die Beklagte zu 1) auch künftig vertragsuntreu verhalten werde.Randnummer83

Mit dem Widerklageantrag zu 2) begehrt die Beklagte zu 1) die Rückzahlung des am 07.12.2017 an die Klägerin zur Abwendung der Vollstreckung gezahlten Betrages in Höhe von 190.214,36 EUR. Dieser Betrag werde nun zurückgefordert, weil die Klage unbegründet sei.Randnummer84

Die Beklagten beantragen,Randnummer85

1. unter teilweiser Abänderung des Urteils des LG Aachen vom 15.11.2017 – 11 O 309/13 – die Klage gegen beide Beklagte insgesamt abweisen,Randnummer86

2. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte zu 1) einen Betrag von 110.162,99 EUR nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab Zustellung des Schriftsatzes der Beklagten vom 23.12.2016 zu zahlen,Randnummer87

3. die Klägerin verurteilen, an die Beklagte zu 1) einen weiteren Betrag in Höhe von 190.214,36 EUR nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 07.12.2017 zu zahlen.Randnummer88

Die Klägerin beantragt,Randnummer89

die Berufung der Beklagten unter Einbeziehung der zweitinstanzlichen Widerklageerweiterung zurückzuweisen.Randnummer90

Die Klägerin meint, dass ihrerseits keine grob fahrlässige Unkenntnis von dem abweichend zum Leistungsverzeichnis verwendeten Bettungsmaterials vorliege. Erste Anzeichen über fehlerhaftes Material seien erst im Jahr 2011 aufgetaucht. Auch in der Schlussrechnung und den beigefügten Unterlagen hätten sich keine Hinweise auf das tatsächlich verbaute Material ergeben. Dabei sei zu bedenken, dass es gar keiner Güteüberwachungsnachweise bedurft hätte, wenn Natursteinsplitt als Bettungsmaterial verwendet worden wäre. Daher fehle es an jeglichen Anhaltspunkten für die Annahme einer ihrerseits bestehenden Überprüfungspflicht.Randnummer91

Der Anspruch auf Erstattung des Verwaltungsaufwandes von 2.091,90 EUR und 3.985,38 EUR sei begründet. Die Angemessenheit sei unter Beweis gestellt worden. Es sei ausdrücklich der Mitarbeiter D2 zur Überwachung der Sanierungsarbeiten abgestellt worden, der ansonsten andere Aufgaben hätte ausführen können, die die Klägerin drittseitig habe vergeben müssen.Randnummer92

Wenn der Beklagte zu 2) bestreite, von der Diskrepanz zu den jeweiligen Beschaffenheitsvereinbarungen gewusst zu haben, so sei diese Behauptung lebensfremd. Außerdem erfordere dann jedenfalls die sekundäre Darlegungslast, dass er in diesem Fall diejenigen benenne, die die maßgeblichen Entscheidungen getroffen hätten.Randnummer93

In Bezug auf den Antrag zu 1) der Widerklage ergebe sich eine schwere Verfehlung der Beklagten zu 1) bereits daraus, dass diese seit 2002 über 10 Jahre hinweg in einer Vielzahl von Fällen falsches Material habe einbauen lassen. Die noch in 2013 und 2014 an sie vergebenen Aufträge stünden der Zurückweisung in 2014 nicht entgegen, weil erst mit dem Gutachten des selbständigen Beweisverfahrens aus Mai 2014 der Nachweis über die Verwendung stark kontaminierten Materials erbracht worden sei. Hinzu komme, dass die Beklagte zu 1) versucht habe, ihre eigene Verantwortlichkeit durch die widerlegte Behauptung zu verschleiern, die Verwendung des Materials sei mit der Klägerin abgesprochen gewesen. Schließlich sei von der Beklagten zu 1) auch die Höhe des Schadensersatzes unsubstantiiert dargelegt. Insbesondere werde ohne Vorlage der Urkalkulation willkürlich ein Gewinn von 20 % genannt. In anderen Verfahren habe die Beklagte zu 1) hingegen einmal einen Satz von 9 % und einmal einen solchen von 25 % geltend gemacht.Randnummer94

Was den Widerklageantrag zu 2) anbelange, so sei nur die Sicherungsvollstreckung gem. § 720a ZPO angedroht worden. Anstatt Sicherheit zu leisten, habe die Beklagte zu 1) dann aber gezahlt.Randnummer95

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbeteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.Randnummer96

Die Akte 12 OH 14/12 LG Aachen (im Weiteren: Beiakte) lag vor und ist zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

II.Randnummer97

Berufung und Anschlussberufung der Klägerin sind zulässig und bis auf einen geringen Teil des geltend gemachten Zinsanspruches begründet. Demgegenüber ist die Berufung der Beklagten zwar ebenfalls zulässig, hat jedoch in der Sache nur in einem geringen Umfang Erfolg.

1.Randnummer98

Sämtliche Rechtsmittel sind in zulässiger Weise erhoben worden, dies gilt insbesondere auch für die Anschlussberufung der Klägerin.Randnummer99

Mit Urteil vom 22.02.2018 – VII ZR 46/17 – hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung geändert und entschieden, dass im Werkvertragsrecht der Schadensersatz nicht nach noch nicht entstandenen und damit fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen werden kann. Diese Rechtsprechung gilt auch für laufende Bauprozesse (BGH, Urt. v. 21.6.2018 – VII ZR 173/16 -, juris). Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung hat die Klägerin ihre Klage gegenüber der Beklagten zu 1), soweit die Mangelbeseitigung noch nicht erfolgt ist, von einem fiktiven Schadensersatzanspruch auf einen Kostenvorschussanspruch umgestellt und nunmehr im Wege der Anschlussberufung unter Aufgabe des dahingehenden Feststellungsbegehrens auch die insoweit anfallende Umsatzsteuer im Rahmen der Leistungsanträge geltend gemacht.Randnummer100

Der Übergang vom Schadensersatzanspruch auf den Vorschussanspruch ist keine Klageänderung und damit auch noch im Berufungsverfahren zulässig. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Klageänderung oder Klageerweiterung in der Berufungsinstanz richten sich nicht nach den §§ 296, 530, 531 ZPO, sondern nach §§ 263, 264, 533 ZPO (BGH, Urt. v. 20.09.2016 – VIII ZR 247/15 -, Rz. 18, juris; BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17 -, juris). Vorliegend ist ein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO im Sinne einer Beschränkung des ursprünglichen Klageantrages gegeben. Eine solche Änderung ist auch in der Berufungsinstanz nicht als Klageänderung anzusehen, so dass § 533 ZPO auf sie keine Anwendung findet, auch wenn die Änderung ohne eigene Berufung nur in der Berufungserwiderung erfolgt (BGH, Urt. v. 07.05.2015 – VII ZR 145/12 -, Rz. 24, juris).Randnummer101

Soweit die Klägerin allerdings hinsichtlich der Umsatzsteuer vom Feststellungsantrag auf den Zahlungsantrag übergegangen ist, liegt hierin eine Erhöhung des Zahlungsantrages und damit eine Klageerweiterung i.S.d. § 264 Nr. 2 ZPO. Auch wenn die veränderten Umstände materiell-rechtlich eine Klageumstellung erfordern, beschränkt sich die Klägerin in dieser Konstellation nicht auf die Abwehr der Berufung, sondern begehrt einen höheren als den erstinstanzlich zuerkannten Betrag und bestimmt damit die Grenzen des Berufungsverfahrens neu. Dies ist nur durch ein eigenes zulässiges Rechtsmittel möglich (BGH, Urt. v. 07.05.2015 – VII ZR 145/12-, Rz. 30, juris).Randnummer102

Soweit die Klägerin bezogen auf drei Bauvorhaben selbst Berufung eingelegt hat, war eine Erweiterung der Berufungsanträge auch noch nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung möglich, weil sich die Erweiterung auf fristgerecht vorgebrachte Anfechtungsgründe bezieht (BGH, Urt. v. 07.05.2015 – VII ZR 145/12 -, NJW-RR 2005, 714, 715). Denn im Zusammenhang mit dem bisherigen Feststellungsantrag hätte auch über die prinzipielle Umsatzsteuerpflicht entschieden werden müssen. Soweit allerdings in Bezug auf die restlichen Bauvorhaben ein Rechtsmittel zunächst nicht eingelegt war, bedarf es hierzu einer Anschlussberufung, die rechtzeitig, also gem. § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO bis zum Ablauf der Berufungserwiderungsfrist, bei Gericht angebracht werden muss. Diese Voraussetzungen liegen vor. Zwar wurde diese Frist zuletzt bis zum 20.02.2018 verlängert, während der klageerweiternde Schriftsatz vom 26.03.2018 erst am 27.03.2018 bei Gericht einging. Dies ist jedoch unschädlich, weil die Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO im gegebenen Fall nicht wirksam in Lauf gesetzt wurde. Von Amts wegen zu überprüfende Voraussetzung hierfür ist nämlich, dass die Frist zur Berufungserwiderung wirksam gesetzt wurde, was nur dann der Fall ist, wenn dem Berufungsbeklagten gemäß § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO eine beglaubigte Abschrift der richterlichen Verfügung zugestellt und er über die Rechtsfolgen der Versäumung der Berufungserwiderungsfrist gemäß §§ 521 Abs. 2 S. 2, 277 Abs. 2 ZPO belehrt worden ist (BGH, Beschluss v. 23.09.2008 – VIII ZR 85/08 -, NJW 2009, 515, Rn. 5 f; BGH, Urt. v. 07.05.2015 – VII ZR 145/12 -, NJW-RR 2005, 714, 715). Hieran fehlt es vorliegend, weil die die Berufungserwiderungsfrist setzende Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 16.01.2018 (Bl. 1483 d.A.) eine Belehrung der Klägerin über die Folgen einer Fristversäumung nicht enthält.

2.Randnummer103

Auf die hier in Rede stehenden Vertragsverhältnisse kommen die VOB/B 2002 bzw. die im hier relevanten Umfang identische VOB/B 2006 (im Folgenden nur als VOB/B bezeichnet) sowie das BGB in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung zur Anwendung.

3.Randnummer104

Die gegenüber der Beklagten zu 1) geltend gemachten Zahlungsanträge sind im Wesentlichen, der Feststellungsantrag ist vollumfänglich begründet.

a)Randnummer105

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten zu 1) gemäß § 13 Nr. 5 S. 2 VOB/B bzw. § 13 Nr. 7 VOB/B der geltend gemachte Kostenvorschuss- bzw. Schadensersatzanspruch bis auf die für die Bauvorhaben „M“ in Höhe von 2.091,90 EUR und die „Dorferneuerung J“ in Höhe von 3.985,38 EUR beanspruchten Verwaltungsaufwendungen in voller Höhe zu.

aa)Randnummer106

Das von der Beklagten zu 1) bei allen streitgegenständlichen Bauvorhaben verbaute Bettungsmaterial war mangelhaft.Randnummer107

Eine Werkleistung ist nach § 13 Nr. 1 VOB/B bzw. § 633 Abs. 2 BGB mangelhaft, wenn sie nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehören zur vereinbarten Beschaffenheit alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Dieser bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind (BGH Urt. v. 08.11.2007 – VII ZR 183/05 -, BauR 2008, 344 „Blockheizkraftwerk“; BGH Urt. v. 08.05.2014 – VII ZR 203/11 -, BauR 2014, 1291).Randnummer108

Danach war das verwendete Bettungsmaterial in allen hier zu entscheidenden Fällen mangelhaft, weil es nicht der vereinbarten Qualität und Zusammensetzung entsprach und – unabhängig von der vereinbarten Qualität – darüber hinaus auch für den vereinbarten Zweck, d.h. als Bettungsmaterial für Pflaster im Bereich öffentlicher Straßen und Plätze, nicht geeignet war.Randnummer109

Da die Klägerin für ihre abweichende Behauptung, die Beklagte zu 1) habe als Bettungsmaterial auch Bauschutt verwandt, beweisfällig geblieben ist, ist von der Behauptung der Beklagten zu 1) auszugehen, wonach diese durchgehend ein Gemisch aus 50 % Quarzsand und 50 % VIADUR-Bettungsmaterial, ein kupferhaltiges Hochofenschlackegranulat (Schlackengranulat aus der Kupfererzeugung, CUG), eingebaut hat. Hierbei handelt es sich entgegen der ursprünglichen Behauptung der Beklagten um einen Recycling-Baustoff, wie sich sowohl aus der Produktbeschreibung des Herstellers, der P GmbH (Anlage B 1 = Bl. 164 f d.A.), wie auch aus dem Prüfbericht der „A1 GmbH“ vom 05.11.2007 (Anlage WK 7) ergibt.Randnummer110

(1) Dieses Material entspricht für die Bauvorhaben „Kreisverkehr F Straße/G-Ring, Kreisverkehr H-straße/I/B Ring, Dorferneuerung J und M“ bereits nicht der Vereinbarung der Parteien.Randnummer111

Denn unstreitig weicht das eingebaute Material bei diesen vier Bauvorhaben von dem in den jeweiligen Leistungsverzeichnissen vorgesehenen Bettungsmaterial aus Naturstein ab. Die in erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme hat die Behauptung der für eine nachträgliche Änderung der vereinbarten Beschaffenheit beweispflichtigen Beklagten (vgl. BGH, Beschluss v. 05.06.2003 – VII ZR 196/01 -, juris), es sei insoweit eine nachträgliche vertragliche Vereinbarung über den Einbau des tatsächlich eingesetzten Bettungsmaterials getroffen worden, nicht ergeben. Auf die diesbezügliche Beweiswürdigung des landgerichtlichen Urteils, welche von den Beklagten unangegriffen geblieben ist und an deren Richtigkeit und Vollständigkeit auch im Übrigen keine Zweifel bestehen, wird insoweit Bezug genommen.Randnummer112

(2) Aber auch in den drei Bauvorhaben, in denen die Leistungsverzeichnisse den Einbau von Splitt („Kreisverkehr A Straße/B Ring, C“) bzw. eines Splitt-Brechsand-Gemischs („E-straße“) vorgesehen haben, stellt der Einbau des VIADUR-Gemisches einen Mangel dar.Randnummer113

Dabei kann dahinstehen, ob auch mit dem Begriff „Splitt“ nur ein Naturstein-Produkt gemeint sein kann (so der Senat im Urteil vom 30.8.2017 – 11 U 4/16 – sowie im Beschluss vom 03.11.2015 – 11 U 65/15). Insoweit verweisen die Beklagten auf die „Begriffsbestimmungen Straßenbautechnikausführung“, wonach unter „Splitt“ ein körniges Material zu verstehen sei, welches natürlich, künstlich oder recycelt sein könne. In ähnlicher Weise könnten die Begriffsbestimmungen in den TL Pflaster StB 06 auszulegen sein, die in Ziff. 1.2.4. für das Bettungsmaterial auf das Baustoffgemisch in Ziff. 1.2.3. und dort wiederum auf die Gesteinskörnung in Ziff. 1.2.2. verweisen, welche auch industriell hergestellte Gesteinskörnungen zulassen.Randnummer114

Abgesehen davon, dass die Sonderregelungen in den Positionen 3.200 und 3.210 für das Bauvorhaben „C“ sowie Ziff. 9.3 für das Bauvorhaben „A Straße“ die Verwendung von Recyclingmaterial nur in explizit zugelassenen Fällen erlauben, der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. B2 „Splitt“ ebenfalls als Naturprodukt einordnet und die Vorgabe von „Splitt“ jedenfalls nur die Verwendung eines einheitlichen Materials und nicht eines Materialgemischs wie vorliegend der Fall meinen kann, liegt hier wie auch in allen anderen Bauvorhaben ein Mangel jedenfalls in der Tatsache begründet, dass der Einbau des VIADUR-Gemischs einen Verstoß gegen die allgemeinen Regeln der Technik darstellt.Randnummer115

Der Auftragnehmer hat die allgemein anerkannten Regeln der Technik als Mindestanforderungen zu beachten. Hierzu gehören insbesondere auch die gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen, vgl. § 4 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B. Darunter fallen alle Regelungen des privaten und öffentlichen Rechts, wie beispielsweise die Bauordnungen der Länder, Brandschutzvorschriften oder die der Wärmeschutzverordnung (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 19).Randnummer116

Eine Missachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik liegt im vorliegenden Zusammenhang zum einen in dem Verstoß gegen die Mitteilung 20 zur sog. LAGA-Regelung. Die Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) ist ein Arbeitsgremium der Deutschen Umweltministerkonferenz. Ihre Zielsetzung ist die Sicherstellung eines möglichst ländereinheitlichen Vollzugs des Abfallrechts in der Bundesrepublik Deutschland. Sie veröffentlicht Empfehlungen dazu in den sog. LAGA-Mitteilungen. Bedeutung haben die LAGA bzw. ihre Beschlüsse vor allem bei Bau- und Sanierungsmaßnahmen, bei bestimmten betrieblichen Abfällen und im Umweltbereich. Die LAGA hat in ihrer wichtigsten Mitteilung 20 von 1997 verschiedene Zuordnungskategorien festgelegt, in denen z.B. die Behandlung und Beseitigung von Bodenaushub und Bauschutt geregelt wird. Diese Mitteilung ist 2004 unter anderem für den Bereich Boden aktualisiert worden. Die den Bauschutt betreffenden Teile der LAGA M 20 waren für die hier relevanten Verträge noch auf dem Stand von 1997.Randnummer117

Anwendung findet die LAGA u.a. für Bodenmaterial, welches unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht in bodenähnlichen Anwendungen verwertet wird (Ziff. 2), wobei unter einer bodenähnlichen Anwendung u.a. die Verwertung des Bodenmaterials im Landschaftsbau oder die Verfüllung von Abgrabungen und Senken zu verstehen ist. Wie der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. B2 nachvollziehbar dargelegt hat, ist die Anwendung der LAGA-Mitteilung 20 vorliegend deshalb geboten, weil das streitgegenständliche Pflasterbettungsmaterial in einer „bodenähnlichen Anwendung“, nämlich als Pflasterbettung außerhalb von Bauwerken, eingebaut wurde (Bl. 961 f. d.A.). Wie der Sachverständige weiter ausgeführt hat, haben die von ihm für alle Bauvorhaben durchgeführten Feststoffuntersuchungen des verwendeten Bettungsmaterials insbesondere Werte im Blei- und Arsenbereich ergeben, die die maximal zulässigen Zuordnungswerte „Z2“ nach LAGA-Mitteilung 20 deutlich überschritten (Bl. 148 f. der Beiakte; Bl. 943 ff. d.A.).Randnummer118

Unabhängig davon ist das Material jedenfalls deshalb für den vorgesehenen Verwendungszweck für alle Bauvorhaben ungeeignet, weil die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für den Einbau des Materials nach dem sog. Verwertererlass nicht vorliegen. Die Verwendung des Materials war nach dem Verwertererlass schon deshalb unzulässig, weil die Beklagte das Material eingebaut hat, ohne dass die erforderlichen Nachweise über die Eignung bzw. die Unbedenklichkeit des Materials vorgelegen hätten.Randnummer119

Nach dem Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz IV – 3 – 953-26308 – IV – 8 – 1573-30052 – und des Ministeriums für Verkehr, Energie und Landesplanung – III A 3 – 32-40/45 – v. 14.9.2004 über die „Anforderungen an die Güteüberwachung und den Einsatz von Metallhüttenschlacken im Straßen- und Erdbau“ (Verwertererlass) bedurfte zwar der Quarzsand keiner eigenen Güteüberwachung. Demgegenüber ist aber die Verwendung von Schlackengranulat aus der Kupfererzeugung (CUG) – hierum soll es sich nach dem Vortrag der Beklagten handeln – nur zulässig, wenn die Anforderungen an die Güteüberwachung erfüllt sind. Auch nach Ziff. 3.1. des Erlasses vom 14.09.2004 sowie dem entsprechenden Erlass vom 09.10.2001 über die Güteüberwachung von mineralischen Stoffen im Straßen- und Erdbau ist eine solche für mineralische Stoffe aus industriellen Prozessen – was auf den VIADUR-Baustoff zutrifft – und mineralische Stoffe aus Bautätigkeiten (Bauschutt) durchzuführen.Randnummer120

Der damit erforderliche Eignungsnachweis des verbauten Bettungsmaterial-Gemisches liegt bei den hier streitgegenständlichen Bauvorhaben aber durchgehend nicht vor. Das eingebaute Material war nicht güteüberwacht. Für das VIADUR-Bettungsmaterial beruft sich die Beklagte zu 1) lediglich auf die allgemeinen Produktinformationen des Herstellers und einen Prüfbericht aus dem Jahr 2009.Randnummer121

Unabhängig von der Güteüberwachung des Materials regelt die o.g. Verordnung auch bestimmte Anforderungen an die Ausschreibung der Arbeiten (vgl. Ziff. 2.2. des Erlasses), welche hier schon deshalb nicht eingehalten sind, weil das Material nicht ausgeschrieben war. Danach ist bei der Ausschreibung nicht nur auf die Einhaltung der Grenzwerte zu achten, der Baulastträger hat auch Auskünfte bei den zuständigen Behörden und Fachdienststellen über die wasserwirtschaftlichen, hydrogeologischen und hydrologischen Standortgegebenheiten einzuholen.Randnummer122

Letztlich scheitert die Zulässigkeit des Einbaus – unabhängig von der konkreten Zusammensetzung des Materials – auch an dem Fehlen der erforderlichen Dokumentation. Ziff. 5 des Erlasses regelt nämlich, dass der Träger der Baumaßnahme die Art und Herkunft des mineralischen Stoffes, den Gütenachweis einschließlich Analyseergebnissen, die eingebaute Menge sowie den Ort des Einbaus und die Einbauweise zu dokumentieren und die Aufzeichnungen zusammen mit der Bauakte aufzubewahren hat. Allein der Umstand, dass die entsprechenden Nachweise der Güteüberwachung einschließlich der Analyseergebnisse nicht vorliegen, begründet schon einen Mangel des Werkes, und zwar auch dann, wenn sich das Material nach sachverständiger Begutachtung letztlich als unbedenklich erweisen würde. Der Einbau eines Materials, dessen Zusammensetzung und Überwachung nicht geklärt ist, ist nach dem Verwertererlass nicht zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann ein Mangel eines Werkes unabhängig von den konkreten Eigenschaften des Werkes auch dann vorliegen, wenn eine allgemein anerkannte Regel der Technik vorsieht, dass eine bestimmte Ausführungsweise nur dann zulässig ist, wenn die Standsicherheit im Einzelfall geprüft ist, und der Standsicherheitsnachweis bei einem derart ausgeführten Werk nicht vorliegt (BGH Urt. v. 7.3.2013 – VII ZR 134/12 -, BauR 2013, 952). Zwar obliegt die Dokumentationspflicht nach dem Verwertererlass im Verhältnis zur Behörde dem Bauherrn, also der Klägerin. Im Verhältnis zwischen Bauherrn und Unternehmer gilt aber, dass das eingebaute Material nur tauglich ist, wenn der Auftragnehmer die entsprechenden Nachweise dem Auftraggeber vorlegt.Randnummer123

bb) Auch die weiteren Voraussetzungen für den Anspruch auf Vorschuss nach § 13 Nr. 5 S. 2 VOB/B bzw. Schadensersatz gem. § 13 Nr. 7 VOB/B BGB liegen vor. Eine Nachfrist zur Nachbesserung für alle Bauvorhaben bis auf die Bauvorhaben „E-straße“ und „C“ wurde mit Anwaltsschriftsatz vom 05.04.2013 bis zum 30.04.2013 gesetzt. Im Hinblick auf die anderen beiden Bauvorhaben erfolgte unter dem 12.05.2014 eine Fristsetzung zur Mitteilung über die Bereitschaft zur Nachbesserung bis zum 20.05.2014. Eine solche Frist genügt zwar grundsätzlich als Aufforderung zur Nachbesserung nicht (BGH, Urt. v. 16.09.1999 – VII ZR 456/98 -, NJW 1999, 3710). Allerdings war insoweit eine weitere Fristsetzung entbehrlich. Denn aus dem Gesamtverhalten des Auftragnehmers i.V.m dem Verstreichenlassen einer solchen Erklärungsfrist kann auf eine endgültige Erfüllungsverweigerung i.S.d. §§ 637 II, 323 II Nr. 1 BGB rückgeschlossen werden (BGH, aaO; OLG Stuttgart, Urt. v. 23.11.2006 – 13 U 53/06 -, juris).Randnummer124

So ist es hier. Denn ernsthafte Zweifel an der Leistungsbereitschaft der Beklagten zu 1) bestanden schon, weil die im Jahre 2013 gesetzte Frist ergebnislos verstrichen war und man sich auch in Bezug auf die beiden restlichen Bauvorhaben bereits seit längerem – auch im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens – über das Vorliegen von Mängeln auseinander gesetzt hatte, ohne dass sich die Beklagte selbst nach dem Vorliegen des Gutachtens vom 01.04.2014 zu einer Verantwortlichkeit für den Mangel bekannt hätte. Zudem hatte die Beklagte zu 1) vorgerichtlich zu erkennen gegeben, dass sie zum Austausch des Bettungsmaterials nicht oder allenfalls gegen gesonderte Vergütung bereit wäre. Auch im Termin vor dem Senat hat die Beklagte zu 1) sich einer gütlichen Einigung in Form eines kostenfreien Austausches des Materials verschlossen. Damit erschien es aus Sicht eines verständigen Auftraggebers ausgeschlossen, dass die Beklagte zu 1) sich durch eine vorgerichtliche (weitere) Fristsetzung zum Austausch des Materials hätte bewegen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.2014 – VII ZR 58/13 -, juris).Randnummer125

cc) Die Haftung – jedenfalls in Bezug auf den geltend gemachten Kostenvorschuss – ist auch nicht gemäß § 640 Abs. 2 BGB aF ausgeschlossen. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin auf das neue Material an sich hingewiesen wurde oder sie den Austausch hätte erkennen können. Eine vorbehaltlose Abnahme gemäß § 640 Abs. 2 BGB aF setzt nämlich Kenntnis von dem Mangel als solchem hinsichtlich seiner Bedeutung und seiner Auswirkungen voraus (Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 640 Rn. 20). Dies hätte aber insbesondere auch einen Hinweis der Beklagten zu 1) auf die mit dem Einbau des Recyclingmaterials verbundenen Risiken vorausgesetzt, an dem es aber unstreitig fehlt.Randnummer126

dd) Soweit die Klageforderung auf einen Schadensersatzanspruch im Sinne des § 13 Nr. 7 VOB/B gestützt wird, liegen auch dessen spezielle Voraussetzungen vor. So ist unzweifelhaft ein wesentlicher Mangel gegeben; das erforderliche Verschulden wird vermutet.Randnummer127

ee) Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Ansprüche ergibt sich für die Bauvorhaben „F-Str/G-Ring, Kreisverkehr H-straße/I/B Ring, Dorferneuerung J, M“ entsprechend den zutreffenden Ausführungen des landgerichtlichen Urteils, auf welches insoweit verwiesen werden kann, eine Nettokostensumme von insgesamt 67.889,03 EUR. Dieser Kostenvorschussanspruch umfasst auch die Umsatzsteuer (OLG Stuttgart, Beschluss v. 04.02.2015 – 10 W 3/15 -, BauR 2016, 146, 148), so dass sich insgesamt ein Anspruch in Höhe von 80.787,95 EUR errechnet. Als Schadensersatz bzw. Ersatzvornahmekosten für die bereits ausgeführten Arbeiten hinsichtlich der beiden zuletzt genannten Bauvorhaben gemäß der Schlussrechnung der Fa. C2 GmbH ist ein weitere Brutto-Betrag in Höhe von 82.797,53 EUR hinzuzurechnen. Mithin ergibt sich hier ein Gesamtanspruch von netto 150.686,56 EUR oder brutto 163.585,48 EUR.Randnummer128

Hinzukommen gemäß den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. B2 in seinem Ergänzungsgutachten vom 06.02.2017 (Bl. 1031 d.A.) weitere Kostenvorschussansprüche für das Bauvorhaben „A Str.“ in Höhe von 9.831,82 EUR netto = 11.699,86 EUR brutto sowie für die Bauvorhaben „E-straße und C“ gemäß dem Gutachten im selbständigen Beweisverfahren vom 18.04.2014 (Bl. 151 der Beiakte) in Höhe von insgesamt 204.300,00 EUR netto = 213.300,00 EUR brutto.Randnummer129

Der Klägerin steht allerdings kein Anspruch auf die von den Beklagten insoweit nur noch in Abrede gestellten Verwaltungsaufwendungen für die Schadensbeseitigungsmaßnahmen bei dem Bauvorhaben „M“ (2.091,90 EUR) und „Dorferneuerung J“ (3.985,38 EUR) zu.Randnummer130

Hierbei soll es sich nach dem Vortrag der Klägerin um Architekten-/Ingenieurleistungen gehandelt haben, welche die Klägerin nicht fremd vergeben hat, sondern durch einen eigenen Mitarbeiter ausführen ließ. Der geltend gemachte Betrag entspricht dabei einer Abrechnung nach HOAI und erfasst auch die Umsatzsteuer. Allerdings stellt die Abrechnung nach HOAI bereits für den geltend gemachten Eigenaufwand einer Bauvorhabenverwaltung keine zulässige Schadensberechnung dar. Umsatzsteuer kann bereits deshalb nicht begehrt werden, weil eine solche nicht angefallen ist. Zwar ist anerkannt, dass der Auftraggeber als Teil der erstattungsfähigen Mängelbeseitigungskosten – jedenfalls unter Berücksichtigung der hier anzunehmenden erhöhten technischen Anforderungen an die nachträglichen Mängelbeseitigungsmaßnahmen und der daraus folgenden Überwachungsbedürftigkeit durch einen Fachmann – solche Regiekosten geltend machen kann (OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2013 – 22 U 32/13 -, Rn. 137, juris; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl., Rn. 2114). Insbesondere im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Schadensersatzanspruch nur auf den Ausgleich eines konkreten Schadens gerichtet sein kann, hätte es an dieser Stelle allerdings näherer Darlegungen der Klägerin zu den konkret entfalteten Tätigkeiten bedurft. Dies ist aber trotz des wiederholten Bestreitens der Beklagten auch im Rahmen der Berufungserwiderung nicht geschehen. Es wird weder vorgetragen, warum überhaupt Verwaltungsaufwendungen notwendig geworden noch, in welchem Umfang sie erforderlich gewesen sind. Der bloße Hinweis der Klägerin auf die Tätigkeit ihres Mitarbeiters D2 kann hierzu nicht genügen.

ff)Randnummer131

Die Ansprüche der Klägerin sind auch insgesamt nicht verjährt.Randnummer132

Für alle Bauvorhaben gelten die Regelungen des § 13 Nr. 4 Abs. 1 und 3 VOB/B. In den Vertragsunterlagen findet sich keine abweichende Vereinbarung; den Abnahmeprotokollen ist vielmehr zu entnehmen, dass auch die Parteien von einer Verjährungsfrist von 4 Jahren ab Abnahme ausgehen.Randnummer133

Dass § 13 Nr. 4 VOB/B auch bei einem Vertrag mit der öffentlichen Hand gegen § 309 Nr. 8 b) ff) BGB verstoßen dürfte (BGH, Urt. v. 10.10.2013 – VII ZR 19/12 -, NZBau 2014, 47), kann dahinstehen, weil die Einbeziehung der VOB/B in den Ausschreibungsunterlagen der Klägerin selbst vorgegeben war, diese also als Verwenderin anzusehen ist.Randnummer134

(1) Die Abnahmen erfolgten in der Zeit vom 09.01.2004 – 10.09.2007, d.h., die Verjährungen wären mit Ablauf des 09.01.2008 – 10.09.2011 bereits eingetreten gewesen.Randnummer135

Es fehlen jegliche Anhaltspunkte für einen Quasi-Neubeginn der Verjährung gem. § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B als auch für irgendwelche Hemmungstatbestände, weil alle dahingehenden Aktivitäten der Parteien erst nach dem Eintritt der o.g. Verjährungszeitpunkte einsetzten. Denn die ersten Untersuchungen fanden im Mai 2012 statt, das selbständige Beweisverfahren wurde mit Schriftsatz vom 02.08.2012 eingeleitet, die Aufforderung zur Mängelbeseitigung erfolgte erst am 05.04.2013.Randnummer136

(2) Allerdings verjähren Ansprüche wegen arglistig verschwiegener Mängel gem. § 634a Abs. 3 BGB in der regelmäßigen Verjährungszeit von 3 Jahren, beginnend mit dem Ende des Jahres, ab dem die Kenntnis vom Mangel vorlag, §§ 195, 199 BGB. Dieser Tatbestand ist vorliegend in allen Fällen erfüllt.Randnummer137

„Arglistig verschweigt“, wer sich bewusst ist, dass ein bestimmter Umstand für die Entschließung seines Vertragspartners erheblich ist, nach Treu und Glauben diesen Umstand mitzuteilen verpflichtet ist und ihn trotzdem nicht offenbart (BGH, Urteile vom 20.12.1973 – VII ZR 184/72 -, BGHZ 62, 63, 66 und vom 12.03.1992 – VII ZR 5/91 -, BGHZ 117, 318 f.). Arglistiges Verschweigen erfordert nicht, dass der Unternehmer bewusst die Folge der vertragswidrigen Ausführung in Kauf genommen hat. Es verlangt keine Schädigungsabsicht und keinen eigenen Vorteil. Es genügt, wenn dem Unternehmer die vertragswidrige Ausführung und das damit einhergehende Risiko bewusst ist (BGH, Urt. v. 05.08.2010 – VII ZR 46/09 -, NZBau 2010, 771; Urt. v. 08.03.2012 – VII ZR 116/10 -, NZBau 2012, 359). Auch handelt arglistig, wer auf Fragen des Auftraggebers ohne tatsächliche Anhaltspunkte unrichtige Angaben über die Mängelfreiheit macht (BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05 -, NJW 2006, 2839). Verwendet der Unternehmer in bewusster Abweichung von der Vereinbarung einen neuen, nicht erprobten Baustoff, so genügt er seiner Mitteilungspflicht gegenüber dem Besteller nur dadurch, dass er ihn darauf und auf das mit der Verwendung dieses Baustoffes verbundene Risiko hinweist (BGH, Urt. v. 23.05.2002 – VII ZR 219/01 -, Rn. 15, juris; Kniffka, aaO., Rn. 146).Randnummer138

Für die Kenntnis kommt es dabei auf den Auftragnehmer selbst und auf die Personen an, derer er sich für die Durchführung der Abnahme bedient, regelmäßig also die Bauleiter (BGH, Urt. v. 3010.13 – VII ZR 339/12 -, NZBau 2014, 31); deren Wissen dem Auftragnehmer zugerechnet wird (Kniffka, aaO Rn. 149).Randnummer139

Die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche die Arglist begründenden Umstände trägt der Auftraggeber (Kniffka, aaO Rn. 150).Randnummer140

Bei den Bauvorhaben, welche den Einbau von Naturstein-Splitt vorsahen („F-Str/G-Ring, Kreisverkehr H-straße/I/B Ring, Dorferneuerung J, M“) ergibt sich die Arglist der Beklagten zu 1) bereits daraus, dass dem Beklagten zu 2) als damaligem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten zu 1), erst Recht aber seinen Bauleitern bekannt war, dass vom Leistungsverzeichnis abweichendes Material zum Einsatz kam. Recyclingmaterial kann auch bei weitester Auslegung nicht mehr unter den Begriff Natursplitt gefasst werden. Dies genügt für die Annahme der Arglist, eine Kenntnis von der Kontamination ist dafür nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 05.08.2010 – VII ZR 46/09 -, BauR 2010, 1966).Randnummer141

Bei den übrigen drei Bauvorhaben („A Straße, E-straße und C“) hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Kenntnis der Beklagten davon, dass „Splitt“ nur Naturstein und nicht das hier verwendete Material erfasse, lasse sich nicht nachweisen. Diese Auffassung hält jedoch einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.Randnummer142

Bedenken bestehen schon gegen die Annahme, die Beklagte zu 1) sei subjektiv davon ausgegangen, dass das verwendete Material dem in den Verträgen vorgesehenen entspreche. Hiergegen spricht bereits die Tatsache, dass sie auch für die drei hier in Rede stehenden Bauvorhaben vorgetragen hat, es seien ausdrückliche Vereinbarungen über einen Materialwechsel getroffen worden. Das impliziert, dass sie sich der Abweichung vom Vertrag bewusst war. Dies kann im Ergebnis aber auch dahinstehen, weil jedenfalls ein bewusster Verstoß gegen den Verwertererlass gegeben ist.Randnummer143

Die Beklagte zu 1) in Person ihres damaligen Geschäftsführers, des Beklagten zu 2), war als erfahrene Fachfirma im Bereich des Straßenbaus bekannt, dass Hochofenschlacke aus der Kupfererzeugung nur mit den entsprechenden Nachweisen und Dokumentationen im Straßenbau als Bettungsmaterial verwendet werden darf. Dass dies anders gewesen sein könnte, wird von ihr auch nicht vorgetragen, im Gegenteil nimmt sie im Zusammenhang mit der fehlenden Dokumentation selbst auf den Verwertererlass Bezug. Indem sie die Klägerin über das Risiko der Verwendung nicht gütegeprüften Bettungsmaterials nicht aufklärte, handelte sie arglistig (BGH, Urt. v. 23.05.2002 – VII ZR 219/01 -, Rn. 15, juris; Urt. v. 21.07.2017 – V ZR 250/15 -, NJW 2018, 389; Kniffka in: ibr-online-Kommentar, Stand: 12.03.2018, § 634a BGB Rn. 61). Für die entsprechende Kenntnis der Vorschrift spricht auch das von der Beklagten zu 1) selbst angeführte Schreiben vom 06.06.2012 (Anlage K 29, Bl. 537 f. d.A.), denn hier wird behauptet, dass für das verwendete Bettungsmaterial entsprechende Prüfzeugnisse ausgestellt worden wären. Solche legt die Beklagte zu 1) jedoch nicht vor, sondern beschränkt sich allein auf allgemeine Hinweise des Lieferanten aus dem Jahre 2009 (Anlagen WK5 und WK 6). Schließlich ist die Arglist der Beklagten zu 1) auch darin zu sehen, dass sie ohne nähere Prüfung – und damit ohne tatsächliche Grundlage – nicht von der Unbedenklichkeit des Materials ausgehen durfte und diese daher „ins Blaue hinein“ behauptet hat (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05 -, NJW 2006, 2839).Randnummer144

(3) Für den Beginn der dreijährigen Verjährung der Ansprüche gem. § 199 BGB kommt es bei Behörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts auf das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des für die Vorbereitung und Verfolgung dieser Ansprüche zuständigen Bediensteten an (BGH Urt. v. 28.11.2006 – VI ZR 196/05, NJW 2007, 834). Dies wären hier die Zeugen V, U und W gewesen, die für die Bauüberwachung zuständig waren.Randnummer145

Maßgeblich ist dabei die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände, nicht die zutreffende rechtliche Einordnung. Eine solche Kenntnis ist gegeben, wenn der Gläubiger auf Grund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person Klage erheben kann – sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage -, die bei verständiger Würdigung der ihm bekannten Tatsachen so viel Aussicht auf Erfolg bietet, dass sie für ihn zumutbar ist (MüKo/Grothe, BGB, 5. Auflage, § 199 Rn. 28). Bei mehreren Pflichtverletzungen ist die Verjährung für jede Pflichtverletzung gesondert in den Blick zu nehmen, auch wenn diese alle nur zu einem einheitlichen Schaden führen (Palandt/Ellenberger, aaO § 199 Rn. 28; BGH, Urt. v. 24.03.2011 – III ZR 81/10 -, NJW-RR 2011, 842). Darlegungs- und beweisbelastet für die verjährungsbegründenden Umstände ist der Schuldner. Ihm obliegt es, die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis seines Gläubigers von den in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB genannten Voraussetzungen darzutun (MüKo/Grothe, aaO., § 199 Rn. 46).Randnummer146

Im gegebenen Fall lagen laut dem Klägervortrag erste Vermutungen über mögliche Bodenkontaminationen erst im Jahr 2011 und gesichertere Erkenntnisse erst durch das Schreiben des Landrates vom 03.05.2012 vor, so dass die Verjährung mit dem Ablauf des 31.12.2015 eingetreten wäre. Klage wurde bereits mit am 22.08.2013 eingegangener Klage vom 19.08.2013 erhoben, die am 30.08.2013 an beide Beklagten zugestellt wurde, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Die Ansprüche betreffend die Bauvorhaben „E-straße“ und „C“ wurden mit am 30.5.2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz, der am 02.06.2014 zugestellt wurde, in den Rechtsstreit einbezogen, so dass es insoweit auf die bereits zuvor durch das selbständige Beweisverfahren gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB eingetretene Verjährungshemmung nicht mehr ankommt..Randnummer147

Eine frühere Kenntnis der Klägerin von dem Mangel ist von der Beklagten zu 1) nicht nachgewiesen worden.Randnummer148

Insofern hat die von der Beklagten zu 1) unangegriffen gebliebene Beweiswürdigung des Landgerichts ergeben, dass die maßgeblichen Mitarbeiter der Klägerin keine Kenntnis von dem Materialwechsel hatten. So haben der als Oberbauleiter für die Klägerin tätige Zeuge V wie auch der ebenfalls mit Bauleitungsaufgaben befasste Zeuge W bekundet, dass sie das Bettungsmaterial zwar vor der Einbringung gesehen hätten, für sie aber nicht erkennbar gewesen sei, ob es sich hierbei um Splitt oder ein Granulat-Sandgemisch gehandelt habe. Der von der Klägerin mit der Bauaufsicht betraute Architekt U, dessen Kenntnis der Klägerin ohnehin nicht zurechenbar wäre, hat bekundet, er habe auf die Art des Bettungsmaterials nicht geachtet, weil es hierbei hauptsächlich auf die Einbaufähigkeit, also die Korngröße, ankomme. Letzteres wurde auch von dem von der Beklagten zu 1) mit Bauleitungsaufgaben betrauten Zeugen E2 bestätigt.Randnummer149

Aber auch eine grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen war bei der Klägerin nicht gegeben.Randnummer150

Eine solche steht der positiven Kenntnis gleich und führt zu einer Vorverlagerung des Verjährungsbeginns.Randnummer151

Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn die oben genannten Umstände dem Gläubiger nur deshalb nicht bekannt sind, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (BGH, Urt. v. 27.05.2008 – XI ZR 132/07 -, NJW-RR 2008, 1495, Rn. 34; Urt. v. 14.01.2010 – VII ZR 213/07 -, NJW 2010, 1195 Rn. 17; MüKo/Grothe, aaO., § 199 Rn. 31). Ihm obliegt es, sich zumindest über diejenigen Umstände zu informieren, bei denen dies mühelos und ohne erheblichen Kostenaufwand möglich ist, so dass das Unterlassen von Ermittlungen geradezu unverständlich erscheint (BGH, Urt. v. 22.07.2010 – III ZR 99/09 -, NZG 2011, 68, 69; MüKo/Grothe, aaO, § 199 Rn. 31). So befindet sich etwa ein Besteller im Zustand grob fahrlässiger Unkenntnis, der nicht bemerkt, dass die Schlussrechnung des von ihm beauftragten Unternehmers überhöht ist, wenn ihm die entsprechenden Leistungsverzeichnisse und Aufmaße vorliegen und sich aus diesen ohne weiteres die Unangemessenheit des Rechnungsbetrags ergibt (BGH, Urt. v. 09.04.2008 – XII ZR 89/06 -, MDR 2008, 854; MüKo/Grothe, aaO, § 199 Rn. 34). Doch muss sich die Gesellschaft auch das Wissen oder das grob fahrlässige Nichtwissen derjenigen Personen zurechnen lassen, von denen bei ordnungsgemäßer Organisation der unternehmensinternen Kommunikation eine Information des Vertretungsorgans erwartet werden konnte (MüKo/Grothe, aaO, § 199 Rn. 36). Für die Frage, wann ein arbeitsteiliges Unternehmen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem ein nach der betrieblichen Organisation im Allgemeinen zur Entgegennahme entsprechender Informationen zuständiger Sachbearbeiter oder Agent Kenntnis gewonnen hat oder gewonnen hätte (MüKo/Grothe, aaO, Rn. 39). Hat ein öffentlich-rechtlicher Leistungsträger die Durchführung seiner Leistungsaufgaben einer anderen Körperschaft des öffentlichen Rechts übertragen, so ist allein die Perspektive der beauftragten Körperschaft maßgebend (BGH, Urt. v. 19.03.1985 – VI ZR 190/83 -, NJW 1985, 2583; MüKo/Grothe, aaO, § 199 Rn. 42).Randnummer152

Die Beklagten begründen die grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin damit, dass die Materialabweichung einem Fachmann hätte auffallen müssen. Sie berufen sich darauf, dass sich das eingebaute Material „visuell und haptisch“ von den ausgeschriebenen Materialien deutlich unterscheide. Das gelte jedenfalls für die Bauvorhaben, bei denen Naturstein ausgeschrieben gewesen sei. Der insoweit beantragten ergänzenden Beweisaufnahme bedarf es hingegen nicht.Randnummer153

Denn der Senat vermag auch unter Berücksichtigung des vorgelegten Privatgutachtens und der dortigen Lichtbilder nicht von einer groben Fahrlässigkeit der Klägerin auszugehen.Randnummer154

Die Mitarbeiter der Klägerin hatten für eine genauere Prüfung keinen Anlass. Wie dargelegt, hat die durchgeführte Beweisaufnahme ergeben, dass für diese nur die richtige Körnung des Materials von Bedeutung gewesen ist. Auch bei dem ausgeschriebenen Material gab es Spielräume bei der konkreten Ausführung. Fraglich ist auch, ob die Erkennbarkeit gegeben sein musste, auch wenn einem das eigentlich vereinbarte Bettungsmaterial als Vergleichsmöglichkeit nicht unmittelbar zur Verfügung stand.Randnummer155

Letztlich kann dieser Punkt aber auch dahinstehen, weil sich jedenfalls in allen Fällen die Mangelhaftigkeit des eingebauten Bettungsmaterials aus dem Verstoß gegen den Verwertererlass ergibt. Selbst wenn die maßgeblichen Mitarbeiter der Klägerin also den Einbau abweichenden Bettungsmaterials hätten erkennen müssen, gilt dies nicht gleichermaßen für die Tatsache, dass es sich damit auch um solches Material handelte, das den Anforderungen des Verwertererlasses unterlag, ohne aber dessen Anforderungen zu entsprechen. Soweit der erkennende Senat in anderer Besetzung in einem vergleichbaren Fall (Beschluss v. 30.08.2017 – 11 U 4/16) darauf abgestellt hatte, dass der dortigen Klägerin spätestens nach Vorlage der Schlussrechnung die Verwendung von Recyclingmaterial sowie die Tatsache, dass eine entsprechende Dokumentation fehlte, hätte bekannt gewesen sein müssen, liegen derartige besondere Umstände im vorliegenden Fall nicht vor. Hierfür fehlt es bereits an einem hinreichend schlüssigen Vortrag der Beklagten in erster und zweiter Instanz, aus welchen Hinweisen in der Schlussrechnung zum dort abgerechneten Material sich die Abweichung sowie die Verletzung der Bestimmungen des Verwertererlasses für die Klägerin ergeben haben sollen. Vielmehr beschränkt sich ihr Vortrag auf die pauschale Bezugnahme auf das frühere Verfahren. Die Urkundenlage zeigt jedoch gerade ein ganz anderes Bild auf. So enthält die Schlussrechnung zum Bauvorhaben „F2/Hstr.“ keinerlei Hinweise auf die Verwendung von Recyclingmaterial. Bei den Bauvorhaben „A Str.“, „E-straße“ und „C“ ergibt sich, dass das Bettungsmaterial unter der allgemeinen Position „Plattenbelag herstellen“ oder „Betonpflaster herstellen“ ausgeschrieben und abgerechnet wurde (Pos. 1.00420, Pos. 1.400 bzw. Pos. 3.400) In keiner der vorgelegten Schlussrechnungen sind also Hinweise auf die Verwendung von Recycling-Material vorhanden. Dass dies bei den übrigen Bauvorhaben, für die Schlussrechnungen nicht vorgelegt worden sind, anders wäre, wird von der darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten zu 1) nicht dargelegt. Zwar trifft es zu, dass die nach dem Verwertererlass erforderlichen Nachweise offensichtlich fehlten. Daraus kann jedoch keine grobe Fahrlässigkeit der Klägerin abgeleitet werden, weil sie, und darauf kommt es im vorliegenden Zusammenhang an, schon gar nicht davon ausgehen musste, dass derartige Nachweise überhaupt erforderlich waren. Denn mangels gegenteiliger Anhaltspunkte durfte sie ohne weiteres annehmen, dass bei allen Bauvorhaben Material zum Einsatz gekommen sei, welches entsprechend der Ausschreibung den besonderen Anforderungen des Verwertererlasses erst gar nicht unterliegen würde.

b)Randnummer156

Auch der gestellte Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.Randnummer157

Die Klägerin hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass der von ihr gestellte Feststellungsantrag auf die Erstattung evtl. über die Zahlungsanträge hinausgehender Mangelbeseitigungskosten gerichtet ist.

aa)Randnummer158

Der Feststellungsantrag ist zulässig.Randnummer159

Zwar ist ein solcher Feststellungsantrag für zusätzliche Kosten der Mängelbeseitigung in der Sache nicht erforderlich, weil in dem Ausspruch eines Vorschussanspruches zugleich auch die Feststellung der auf die tatsächliche Höhe der Mangelbeseitigungskosten gerichteten Zahlungspflicht enthalten ist, man also ohne weiteres aufgrund dieses Titels auch Mehrforderungen geltend machen kann (BGH, Urt. v. 25.09. 2008 – VII ZR 204/07 -, juris). Dies macht aber einen dennoch gestellten Feststellungsantrag nicht unzulässig. Denn ein rechtliches Interesse ist immer dann zu bejahen, wenn der entstandene oder noch entstehende Schaden nicht bereits in vollem Umfang durch den Antrag auf Zahlung erfasst wird. Der Besteller, der – wie vorliegend – nicht zu überblicken vermag, ob der von ihm verlangte Vorschuss für die Mängelbeseitigung ausreicht, kann deshalb nicht gehindert werden, ergänzend die den Vorschuss übersteigende Kostentragungspflicht des Unternehmers feststellen zu lassen (BGH, Urt. v. 15.01.2008 – VI ZR 3/07 -, BauR 2008, 867; Urt. v. 20.02.1986 – VII ZR 318/84 -, juris). So ist es hier. Denn einem solchen Feststellungsantrag kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine klarstellende Funktion zu und ist damit nicht unzulässig.

bb)Randnummer160

Der Antrag ist überdies auch begründet. Denn es ist durchaus wahrscheinlich, dass die tatsächlich entstehenden Kosten die von dem Sachverständigen nach allgemeinen Grundsätzen kalkulierte Höhe übersteigen werden. (vgl. hierzu: Zöller/Greger, ZPO, 32. Auflage, § 256 Rn. 18).

4.Randnummer161

Der Klägerin steht in gleicher Weise gegenüber dem Beklagten zu 2) ein Anspruch auf Schadensersatz in der ausgeurteilten Höhe – wenn auch nur in der Form eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages – sowie ein solcher auf Feststellung des Ersatzes eines weiteren Schadens und der im Falle der Mangelbeseitigung noch anfallenden Umsatzsteuer zu.

a)Randnummer162

Dabei kann dahinstehen, ob sich ein solcher Anspruch aus dem Gesichtspunkt einer Schutzgesetzverletzung gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB ergeben könnte.Randnummer163

Jedenfalls besteht eine haftung des Beklagten zu 2) – und damit vermittelt durch das deliktische Verhalten des Beklagten zu 2) gem. § 31 BGB auch der Beklagten zu 1) – aus § 826 BGB wegen einer vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung der Klägerin. In diesem Fall ist auch eine persönliche haftung des GmbH-Geschäftsführers Dritten gegenüber gegeben (Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbH-Gesetz, 21. Auflage, § 43 Rn. 86).Randnummer164

Der Beklagte zu 2) hat der Klägerin in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einen Schaden zugefügt.

aa)Randnummer165

Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH, Urt. v. 15.10.2013 – VI ZR 124/12 -, Rn. 8, juris). Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen (BGH, aaO; Urt. v. 28.06.2016 – VI ZR 536/15, Rn. 6, juris). Es ist also zunächst der tatsächliche Gesamtcharakter der Handlung durch eine „umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck“ zu ermitteln. Damit sie als Verstoß gegen das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ gewertet werden kann, bedarf es neben der Pflichtwidrigkeit der Handlung oder des Unterlassens zusätzlich einer „besonderen Verwerflichkeit“ der Handlung, die sich wiederum „aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann“ (BGH, aaO; Urt. v. 15.10.2013 – VI ZR 124/12 -, NJW 2014, 1380).Randnummer166

Als Sittenwidrig ist insbesondere ein arglistig täuschendes Verhalten anzusehen (BGH, Urt. v. 04.03.2004 – III ZR 96/03 -, Rn. 40, juris; Reichold in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK/BGB, 8. Auflage, § 826 Rn. 57). Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Nach dem Vortrag der Parteien und dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht – wie bereits dargelegt – fest, dass die Beklagte zu 1) nicht nur bei den hier streitgegenständlichen sieben Bauvorhaben, sondern über einen Zeitraum von ca. 10 Jahren hinweg in einer Vielzahl weiterer Fälle von den Leistungsverzeichnissen abweichendes, jedenfalls aber wegen fehlender Unbedenklichkeitsbescheinigungen ungeeignetes Bettungsmaterial verbaut hat. So werden von der Klägerin – durch die Beklagten unbestritten – weitere drei Bauvorhaben bezeichnet, bei denen abweichendes Bettungsmaterial verbaut wurde und die nur wegen des Zeitablaufs nicht zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht worden sind. Darüber hinaus ergibt sich aus den von den Parteien zitierten und vorgelegten Entscheidungen aus anderen Verfahren (11 U 4/16, 11 U 65/06, 7 U 2/14, 16 U 175/13 jeweils OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Köln
), dass auch bei weiteren Bauvorhaben das hier streitige Material zur Anwendung kam. Diese Handhabung der Beklagten erfolgte auch systematisch und planmäßig. Denn die Beklagten tragen selbst vor, dass das VIADUR-Quarzsand-Gemisch wegen seiner angeblich guten Eigenschaften beim Einbau bewusst und nicht etwa nur versehentlich verwendet wurde. Das Bewusstsein über die Abweichung von den vertraglichen Erfordernissen folgt dabei – wie bereits dargelegt – insbesondere aus dem Umstand, dass sich die Beklagten in allen hier streitgegenständlichen wie auch in den zuvor bereits entschiedenen Fällen auf vorangegangene Vereinbarungen eines Materialtauschs berufen haben, ohne dass diese Behauptung im Ergebnis hätte nachgewiesen werden können. Soweit die vorliegend durchgeführte Beweisaufnahme die erstinstanzliche Behauptung der Beklagten über eine solche Absprache nach den überzeugenden Ausführungen des landgerichtlichen Urteils gerade widerlegt hat, wird dies durch die Berufung der Beklagten ausdrücklich nicht angegriffen.

bb)Randnummer167

Durch diesen Verstoß gegen die guten Sitten ist bei der Klägerin auch ein Schaden verursacht worden.Randnummer168

Der gem. § 826 BGB ersatzfähige Schaden wird von der Rechtsprechung seit jeher weit verstanden und beschränkt sich daher nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter. Ausreichend ist bereits die Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses wie insbesondere die Vereitelung einer Erwerbsanwartschaft (BGH, Urt. v. 19.07.2004 – II ZR 402/02 -, Rn. 41, juris). Einen solchen Schaden hat der Bundesgerichtshof auch im Falle der arglistigen Täuschung über einen Mangel angenommen und für diesen Fall den deliktischen Schadensersatzanspruch dann auf das positive Interesse bezogen, wenn die für den Schadenseintritt ursächliche unerlaubte Handlung zugleich die Voraussetzungen für einen vertraglichen Gewährleistungsanspruch erfüllt (BGH, Urt. v. 25.11.1997 – VI ZR 402/96 -, juris).

cc)Randnummer169

Ein sittenwidriges Verhalten ist stets auch rechtswidrig (Staudinger/Oechsler, BGB, Neub. 2014, § 826 Rn. 45 mwN).

dd)Randnummer170

Schließlich handelte der Beklagte zu 2) auch schuldhaft sowohl hinsichtlich des Sittenverstoßes als auch hinsichtlich des Schadens.

(1)Randnummer171

Nach einhelliger Ansicht genügt es für die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit, wenn der Schädiger die Tatumstände kannte, die sein Verhalten im konkreten Einzelfall Sittenwidrig gemacht haben (BGH, Urt. v. 13.9.2004 – II ZR 276/02 -, NJW 2004, 3706, 3710). Dem steht es gleich, dass er sich der Erkenntnis dieser Tatsachen „bewusst verschlossen“ hat (BGH, Urt. v. 21.04.2009 – VI ZR 304/07 -, NJW-RR 2009, 1207, Rn. 20). Nicht erforderlich ist es hingegen, dass sich der Täter der Sittenwidrigkeit seines Verhaltens selbst bewusst ist (BGH, Urt. v. 20.11.1990 – VI ZR 6/90 -, NJW 1991, 634, 636). Ein bloß fahrlässiger Sittenverstoß, also ein Kennen-Müssen der zugrundeliegenden Tatumstände, reicht hingegen nicht (BGH, Urt. v. 28.06.2016 – VI ZR 536/15 -, WM 2016, 1975; Urt. v. 15.10.2013 – VI ZR 124/12 -, Rn. 12, juris; Urt. v. 04.062013 – VI ZR 288/12, Rn. 22, juris; Förster in: BeckOK/BGB, 46. Ed., 01.05.2018, § 826 Rn. 29).

(2)Randnummer172

Die zum Verstoß gegen die guten Sitten folgenden Umstände waren nach diesen Maßstäben vom Vorsatz des Beklagten zu 2) umfasst.Randnummer173

Denn es steht fest, dass der systematisch vorgenommene Materialaustausch auf Veranlassung, jedenfalls aber mit Wissen und Billigung des Beklagten zu 2) geschehen ist.Randnummer174

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der diesbezügliche Vortrag der Klägerin auch hinreichend substantiiert und damit schlüssig. Denn es bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu 2) über die entsprechende Kenntnis verfügte. Er räumt selbst ein, gewusst zu haben, dass das VIADUR-Gemisch verwendet worden ist. Als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten zu 1) und auch der O N GmbH, welche die Beklagte zu 1) mit dem Bettungsmaterial belieferte, muss er entgegen seiner weiteren Behauptung aber auch gewusst haben, dass dieses Material nicht dem vereinbarten Bettungsmaterial entsprach, in jedem Fall aber nicht über die erforderlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen verfügte. Aufgrund dieser Tatsache bedurfte es angesichts der mangelnden Kenntnis der Klägerin von den inneren organisatorischen Strukturen bei der Beklagten zu 1) keiner Darstellung weiterer Einzelheiten, insbesondere stellt sich die Behauptung über die Kenntnis des Beklagten zu 2) nicht als eine bloße Spekulation dar.Randnummer175

Vielmehr wäre es nunmehr aus dem Gesichtspunkt der sekundären Darlegungslast zunächst an diesem gewesen vorzutragen, wer bei der Beklagten zu 1) die maßgeblichen Entscheidungen im vorliegenden Zusammenhang getroffen hat und warum dies darüber hinaus ohne sein Wissen und seine Billigung erfolgen konnte. Der Grundsatz der sekundären Darlegungslast besagt, dass ausnahmsweise der nicht Beweisbelastete die Darlegungslast trägt, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Gegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind (BGH, Urt. v. 18.05.1999 -, NJW 1999, 2887, 2888). So ist es hier. Denn der Klägerin ist es nicht möglich, über die inneren Entscheidungsabläufe bei der Beklagten zu 1) Angaben zu machen. Insofern ist es zulässig, wenn sie sich zunächst auf die grundsätzliche Verantwortlichkeit des Beklagten zu 2) als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten zu 1) und den sich daraus ergebenden Anschein über seinen Wissenstand beruft.Randnummer176

Daher wäre es zunächst an dem Beklagten zu 2) gewesen, diesem Vortrag einen anderen konkreten Sachverhalt entgegenzuhalten, den die Klägerin dann ggf. hätte widerlegen müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Soweit der Beklagte zu 2) in erster Instanz lediglich darauf abgestellt hat, dass die Projektleitung bei dem Zeugen G2 gelegen hat, so vermag dies die o.g. Fragen bereits nicht vollständig zu beantworten. Darüber hinaus hat die durch das Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme ergeben, dass der Zeuge G2 entsprechend seiner Bekundung nur für das Bauvorhaben „E-straße“ für die Beklagte zu 1) als Bauleiter tätig war. Inwieweit der weitergehende Vortrag des Beklagten zu 2) in der Berufung im Lichte des § 531 Abs. 2 ZPO überhaupt berücksichtigungsfähig ist, kann dahinstehen. Denn auch dieser lässt einen hinreichenden Aufschluss über die konkreten Verantwortlichkeiten bzgl. der streitgegenständlichen Bauvorhaben nicht zu. So schließt die Behauptung, dass das Ergebnis der Kalkulation regelmäßig mit der Geschäftsführung und nur bei größeren Projekten mit dem Beklagten zu 2) besprochen worden sei, zum einen nicht aus, dass er vorliegend in allen Fällen informiert wurde, zumal er zu dem hier relevanten Zeitraum noch alleiniger Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war und nicht die Herren Y und Z N. Wenn dann weiter vorgetragen wird, dass mit dem Einkauf des Materials allein die Projekt- und Bauleitung befasst gewesen sei, so ist diese Angabe in ihrer Allgemeinheit einer Nachprüfung bereits nicht zugänglich. Zum anderen vermag diese Darstellung auch bereits im Ansatz nicht zu erklären, warum angesichts der wechselnden Bauleitung über so viele Jahre hinweg systematisch und von den vertraglichen Vorgaben abweichend bei zahlreichen Bauvorhaben verschiedener Auftraggeber das gleiche VIADUR-Quarzsand-Gemisch verwendet wurde. Auch dürften vertragsabweichende Vereinbarungen, so wie sie von den Beklagten für alle Fälle vorgetragen werden, nicht allein durch die Projektleitung initiiert, sondern zumindest von der Geschäftsführung, also dem Beklagten zu 2), genehmigt worden sein. Ist der Beklagte zu 2) mithin seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, kann die von der beweisbelasteten Klägerin behauptete Tatsache, dass die maßgeblichen Entscheidungen von dem Beklagten zu 2) veranlasst wurden, als zugestanden gewertet werden (vgl. BGH, Urt v. 29.03.1993 – II ZR 295/96 -, NJW 1993, 1200).Randnummer177

Sofern der Beklagte zu 2) überdies vorträgt, er sei davon ausgegangen, dass es sich bei dem Gemisch aus VIADUR und Quarzsand um ein zulässiges Produkt gehandelt habe, weil sich auf jedem Lieferbeleg der Vermerk befunden habe, dass das Material gütegeprüft und fremdüberwacht sei, so hat er für diese bestrittene Behauptung keinen Nachweis erbracht. Der Beklagte zu 2) hat als Beleg dafür, dass es sich bei VIADUR um ein gütegeprüftes Produkt gehandelt habe, allein einen Lieferschein und einen Prüfbericht vorgelegt, die aber beide erst aus dem Jahr 2009 stammen und daher für die hier relevante Zeitspanne ohne Aussagekraft sind. Für das vorliegend konkret verbaute Bettungsmaterial werden aber keinerlei Rechnungen, Lieferscheine oder andere Belege beigebracht, die Aufschluss darüber geben könnten, welcher Kenntnisstand im Hause der Beklagten zu 1) und hier insbesondere bei dem Beklagten zu 2) über die konkret verbauten Materialen und deren Qualität bestanden hat. Der allgemeine Hinweis des Herstellers über die Qualität des von ihm vertriebenen Produkts vermag ohnehin die Dokumentationspflicht für das konkret verbaute Material nicht zu ersetzen.Randnummer178

Dass ihm die Anforderungen des Verwertererlasses bekannt gewesen sind, wurde bereits dargelegt und von dem Beklagten zu 2) auch in seinem – auf die dahingehenden Hinweise des Senates in der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2018 erfolgten – Schriftsatz vom 21.08.2018 nicht in Abrede gestellt.

(3)Randnummer179

Der Vorsatz des Beklagten zu 2) bezog sich darüber hinaus auch auf die bei der Klägerin eingetretene Schädigung.Randnummer180

Der Schädigungsvorsatz setzt keine Absicht voraus; vielmehr genügt auch hier ein Handeln mit bedingtem Vorsatz. Dem Schädiger muss danach bewusst gewesen sein, dass sein Handeln gewisse Schadensfolgen nach sich ziehen kann, die er auch billigend in Kauf genommen hat (Förster, aaO Rn. 34). In Abgrenzung dazu vertraut der bewusst fahrlässig Handelnde ernsthaft darauf, dass der Schaden schlussendlich ausbleibt. Der bedingt vorsätzlich Handelnde dagegen findet sich mit dem Taterfolg ab, auch wenn dieser ihm an sich ungelegen ist, und setzt ein Mittel ein, womöglich sogar ungern, in der Erkenntnis, dass er sein Ziel nicht anders erreichen kann (Förster, aaO Rn. 33 mwN).Randnummer181

Da sich die unerlaubte Handlung bei § 826 BGB auf die Schädigung konzentriert, d.h. anders als bei § 823 BGB keine Rechtsguts- oder Schutzgesetzverletzung vorgeschaltet ist, muss der Vorsatz des Täters die „gesamten Schadensfolgen“ umfassen, um ihn dafür einstehen lassen zu können. Dabei genügt es allerdings, wenn der Schädiger „Art und Richtung“ des Schadens vorausgesehen und zumindest billigend in Kauf genommen hat, während dies für den genauen Kausalverlauf und die Höhe des Schadens nicht der Fall gewesen sein muss“ (BGH, Versäumnisurteil v. 22.09.2016 – VII ZR 14/16 -, NJW 2016, 3715 Rn. 32).Randnummer182

Auch diese Umstände sind gegeben. Denn dem Beklagten zu 2) war bewusst, dass Bettungsmaterial zur Verwendung kam, welches die nach dem Verwertererlass erforderliche Gütekontrolle nicht durchlaufen hatte und bereits aus diesem Grunde mit einem nicht unerheblichen Kostenaufwand hätte ausgetauscht werden müssen. Abgesehen davon musste er aber auch mit der Möglichkeit rechnen, dass das VIADUR-Quarzsand-Gemisch kontaminiert sein könnte. Diese Schadensfolgen hat er auch billigend in Kauf genommen. Denn ein derartiges Einverständnis mit dem Schadenseintritt ist bereits dann anzunehmen, wenn der Schädiger vor einer solchen Folge schlichtweg „die Augen verschließt“ oder anders ausgedrückt „so leichtfertig handelt, dass er eine Schädigung des anderen Teils in Kauf genommen haben muss (BGH, Urt. v. 13.07.2010 – XI ZR 28/09 -, NJW-RR 2011, 197, Rn. 53; BGH v. 20.11.12 – VI ZR 168/11 -, juris; Förster, aaO Rn. 40). Dies war bei dem Beklagten zu 2) der Fall. Wie der Beklagte zu 2) selbst vorträgt, war von Beginn an vorgesehen, das VIADUR-Quarzsand-Gemisch auf Dauer für eine Vielzahl von Bauvorhaben einzusetzen. Dennoch wurden von seiner Seite aus zu keinem Zeitpunkt, insbesondere nicht zu Beginn der Umstellung auf das VIADUR-Gemisch, irgendwelche Qualitätskontrollen veranlasst. In Bezug auf das VIADUR will er sich allein auf die Herstellerangaben verlassen haben, während er zu Herkunft und Qualität des hinzugefügten Quarzsandes nur sehr allgemeine Angaben zu machen vermochte. Auch wurde für keines der streitgegenständlichen Bauvorhaben ein Lieferschein oder eine sonstige Urkunde vorgelegt, die über Herkunft und Qualität des verwendeten Bettungsmaterials Auskunft geben würde. Fest steht allein, dass das als Bettungsmaterial verwendete Gemisch in allen hier in Rede stehenden Fällen erheblich kontaminiert war. Wenn der Beklagte zu 2) damit aber trotz der von Beginn an auf Dauer und damit auf eine Vielzahl von Fällen angelegten Verwendung des VIADUR-Gemisches konsequent jegliche Qualitätskontrolle Unterlassen hat, kann er redlicherweise auch nicht auf das Ausbleiben eines Schadens vertraut haben. Vielmehr lässt ein solches Vorgehen nur den Rückschluss darauf zu, dass er im Gegenteil eine evtl. Schädigung der Klägerin hingenommen, d.h. billigend in Kauf genommen hat.

ee)Randnummer183

Der zu ersetzende Schaden beläuft sich gemäß dem Berufungsantrag zu 1) der Klägerin auf 9.831,82 EUR netto, dem Berufungsantrag zu 2) auf 204.300,00 EUR netto sowie gemäß dem Anschlussberufungsantrag zu 1) auf insgesamt 150.686,56 EUR (Schadensersatz in Höhe von 82.797,53 EUR brutto und 67.889,03 EUR netto).Randnummer184

Der Inhalt des Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB in Fällen arglistiger Täuschung orientiert sich an demjenigen der culpa in contrahendo (vgl. BGH, Urt. vom 16.10.1987 – V ZR 153/86 -, NJW-RR 1988, 328, 329) und ist wie dort prinzipiell auf den Ersatz des Vertrauensschadens (negatives Interesse) gerichtet, was bedeutet, dass der Getäuschte so zu stellen ist, wie er ohne die Täuschung gestanden hätte (BGH, Beschluss v. 02.11.2000 – III ZB 55/99 -, NJW 2001, 373, 374). Der Geschädigte kann daher entweder einen an sich ungewollten, allein wegen der Täuschung abgeschlossenen Vertrag auflösen und im Zuge dessen die Aufwendungen ersetzt verlangen, die er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben seines Vertragspartners und unter Berücksichtigung der beidseitigen Rückabwicklung des Vertrages nutzlos erbracht hat (BGH, Urt. v. 25.05.1977 – VIII ZR 186/75 -, NJW 1977, 1536). Alternativ kann er aber auch an dem abgeschlossenen Vertrag festhalten und den täuschungsbedingten Mehraufwand ersetzt verlangen (BGH, Beschluss v. 02.11.2000 – III ZB 55/99 -, NJW 2001, 373, 374).Randnummer185

Damit kann die Klägerin von dem Beklagten zu 2) zum einen den Ersatz der bereits entstanden Mangelbeseitigungskosten in Höhe von 82.797,53 EUR brutto verlangen. Im Übrigen steht ihr aber auch ein Anspruch auf Ersatz der potentiell entstehenden Mangelbeseitigungskosten in Höhe von jeweils netto 9.831,82 EUR, 204.300,00 EUR netto sowie 67.889,03 EUR netto zu. Diesen Betrag kann die Klägerin allerdings auch auf der rechtlichen Grundlage eines Schadensersatzanspruches gem. § 826 BGB nur als zweckgebundenen abrechenbaren Betrag verlangen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass auch im Verhältnis zum Architekten hinsichtlich der von ihm zu vertretenden Planungs- oder Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, ein Zahlungsanspruch in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten ausscheidet. Vor der Mangelbeseitigung steht dem Besteller entweder ein Anspruch auf Befreiung von bereits eingegangenen Verbindlichkeiten oder ein Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4, § 280 BGB auf Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags zu (BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/18 -, juris). Nichts anderes kann auch im vorliegenden Fall gelten, bei der die die Durchgriffshaftung des Beklagten zu 2) begründende deliktische Handlung einen maßgeblichen ursächlichen Beitrag zu der die Gewährleistungspflicht der Beklagten zu 1) auslösenden Schlechtleistung dargestellt hat.Randnummer186

Denn die vom Bundesgerichtshof für den Fall der Architektenhaftung angestellten Überlegungen sind jedenfalls dann auf deliktische Schadensersatzansprüche in Form einer Durchgriffshaftung eines Geschäftsführers übertragbar, wenn die für den Schadenseintritt ursächliche unerlaubte Handlung zugleich die Voraussetzungen für einen vertraglichen Gewährleistungsanspruch erfüllt. Zum einen ist auch ein deliktischer Anspruch, der nicht an eine Eigentumsverletzung und damit an das Integritätsinteresse des Geschädigten anknüpft, sondern auf der Eingehung eines nachteiligen Rechtsgeschäftes beruht, auf das positive Interesse gerichtet (BGH, Urt. v. 25. November 1997 – VI ZR 402/96 -, juris), der im Gewährleistungsfall in der Beseitigung des Mangels liegt. Zum anderen ergibt sich die Vergleichbarkeit beider Konstellationen daraus, dass bei einer deliktischen Haftung ebenso wie im Fall eines zu ersetzenden Mangelfolgeschadens, als welcher sich der gegenüber dem Architekten gegebene Anspruch gem. §§ 634 Nr. 4, 280 BGB in der vom BGH entschiedenen Fallkonstellation darstellt, ein gesetzlich verbriefter Vorschussanspruch nicht besteht. Dass die sich daraus ergebenden Gewährleistungsansprüche unmittelbar nur die Beklagte zu 1) betreffen, ist dabei ohne Belang. Entscheidend ist, dass der vertragliche Gewährleistungs- wie auch der deliktische Schadensersatzanspruch gem. § 249 BGB auf die Beseitigung des Mangels sowie der Mangelfolgeschäden gerichtet sind. Dieses Ergebnis wird überdies den Interessen beider Parteien gerecht, führt sie doch zum Gleichlauf der Ansprüche sowohl hinsichtlich ihrer Höhe als auch ihrer Abwicklung.Randnummer187

Soweit der Klägerin damit ein Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer auch hinsichtlich der noch durchzuführenden Mangelbeseitigungsarbeiten zustehen würde, war der Senat jedoch gem. § 308 ZPO an die Anträge der Klägerin gebunden, die insoweit gegenüber dem Beklagten zu 2) nur die Zahlung der Nettobeträge und im Übrigen die Feststellung der Zahlungspflicht betreffend der ggf. später anfallenden Umsatzsteuer begehrt.

b)Randnummer188

Die Feststellungsanträge sind zulässig und begründet. Dies folgt für den die Umsatzsteuer betreffenden Feststellungsantrag aus der hohen Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Sanierungsmaßnahmen tatsächlich durchgeführt und damit die Umsatzsteuerbeträge anfallen werden. Hinsichtlich der Ersatzpflicht für weitergehende Schäden kann auf die hierzu bereits bei der Beklagten zu 1) gemachten Ausführungen Bezug genommen werden.

c)Randnummer189

Eine Aussetzung wegen der im Verfahren 11 U 4/16OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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– anhängigen Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht. Denn die hierfür gem. § 148 ZPO erforderliche Vorgreiflichkeit des im Revisionsverfahren zu untersuchenden Rechtsverhältnisses für die vorliegend zu treffende Entscheidung ist nicht gegeben. Der Beklagten zu 2) stützt sich zur Begründung seines dahingehenden Antrages darauf, dass der Bundesgerichtshof über die gleiche Rechtsfrage zu entscheiden habe und es daher zu sich widersprechenden Entscheidungen kommen könne. Abgesehen davon, dass beide Umstände das Merkmal der Vorgreiflichkeit nicht zu begründen vermögen (Thomas/Putzo, ZPO, 39. Auflage, § 148 ZPO Rn. 3 mwN), ist aber die vom Beklagten zu 2) aufgezeigte Problematik von möglicherweise widersprüchlichen Entscheidungen nicht gegeben. Denn mit der Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich die Klägerin des hiesigen Rechtsstreits gegen die Zurückweisung des gegen den Beklagten zu 2) aus dem Gesichtspunkt der deliktischen Haftung geltend gemachten Schadensersatzanspruches in dem besagten Verfahren, welches sich lediglich auf ein Bauvorhaben bezog. Weist der Bundesgerichtshof die Nichtzulassungsbeschwerde zurück, dann ist dies für das vorliegende Verfahren ohne Aussagekraft, weil sich die Überprüfung gem. § 543 Abs. 2 ZPO darauf beschränkt, ob die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Eine Bestätigung der angegriffenen Entscheidung in der Sache ist damit hingegen nicht verbunden. Nichts anderes ergäbe sich aber auch dann, wenn die Revision zugelassen und die erstinstanzliche Entscheidung alsdann bestätigt würde. Denn die angegriffene Entscheidung betraf einen spezifischen Einzelfall, der sich insbesondere auf nur ein Bauvorhaben bezog, während die vorliegend erfolgte Beurteilung auf der Basis einer Vielzahl von sich über ca. 10 Jahre hinweg erstreckenden Bauvorhaben und damit auf eine vollkommen abweichende Entscheidungsgrundlage bezieht. Hinzu kommt, dass die Revisionsprüfung sich gem. § 545 ZPO allein auf die Verletzung des Rechts und Verstöße der allgemeinen Denkgesetze beschränkt, konkrete Auslegungen des Sachverhaltes des Berufungsgerichts jedoch grundsätzlich unangetastet lässt.

5.Randnummer190

Die Zinsansprüche ergeben sich hinsichtlich der Bauvorhaben „F-Str/G-Ring, Kreisverkehr H-straße/I/B Ring, Dorferneuerung J, M und A Str.“ aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, §§ 286, 288 BGB.Randnummer191

Insoweit wurden die Beklagten zu 1) und 2) mit Anwaltsschreiben vom 05.04.2013 jeweils zur Zahlung der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten incl. USt bis zum 30.04.2013 aufgefordert, so dass diese sich seit dem 01.05.2013 in Verzug befinden. Der geltend gemachte Betrag in einer die Klageforderung überschießenden Höhe von 205.879,52 EUR überstieg zwar die im Ergebnis begründete Forderung, stellt sich aber nicht als derart übersetzt dar, dass die Klägerin hieraus keine Rechte mehr ableiten könnte (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Auflage, § 286 Rn. 20).Randnummer192

Hinsichtlich der Mängelbeseitigungskosten betreffend die Bauvorhaben „C“ und „E-straße“ steht der Klägerin ein Zinsanspruch gegen die Beklagten allerdings gem. §§ 288, 291 ZPO erst ab Rechtshängigkeit dieser Forderung nach der Zustellung des klageerhöhenden Schriftsatzes vom 27.05.2014 am 06.06.2014 zu. Denn in dem Schreiben der Klägerin vom 12.05.2014 liegt keine wirksame Mahnung zur Zahlung des geltend gemachten Zahlungsbetrages bis zum 20.05.2014. Dies hätte eine hinreichend bestimmte Zahlungsaufforderung vorausgesetzt (Palandt/Grüneberg, aaO Rn. 17), während die Beklagte zu 1) im o.g. Schreiben lediglich dazu aufgefordert wurde, sich bis zu dem genannten Zeitpunkt zu ihrer Bereitschaft zu erklären, die Mängel selbst zu beseitigen.

6.Randnummer193

Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der geltend gemachten außergerichtlichen Kosten in der vom Landgericht zutreffend berechneten Höhe von 2.594,91 EUR ist ebenfalls beiden Beklagten gegenüber gegeben. Diese Kosten stellen einen ersatzfähigen Mangelfolgeschaden gem. § 13 Abs. 7 VOB/B dar (BGH, Urt. v. 18.07.2017 – VI ZR 465/16, IBRRS 20018, 0058; Manteufel in: ibr-online-Kommentar/VOB/B, Stand: 16.06.2018, § 13 Rn. 560).

7.Randnummer194

Soweit die Beklagte zu 1) mit ihrer Berufung die erstinstanzlich erhobene Widerklage weiterverfolgt, ist diese zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

a)Randnummer195

Die Widerklage ist zulässig. Ferner ist § 181 GWB – mit der damit verbundenen Sonderzuweisung an die Vergabekammern gem. §§ 104 II, 102 GWB – vorliegend nicht einschlägig. Gem. § 100 Abs. 1 Nr. 1 GWB in der vom 30.06.2013 bis 17.04.2016 geltenden Fassung in Verbindung mit § 2 der Vergabeverordnung (VGV) Artikel 7 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114, L 351 vom 26.11.2004, S. 44) in der Fassung vom 01.01.2014 kommen die Regelungen des GWB nur für öffentliche Aufträge mit einem Netto-Auftragswert ab einem Schwellenwert von 5.186.000,00 zur Anwendung, während der Auftragswert sich vorliegend lediglich auf netto 661.000,00 EUR belief.

b)Randnummer196

Die Widerklage ist jedoch nicht begründet.Randnummer197

Der Beklagten zu 1) steht – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat – gegenüber der Klägerin kein Schadensersatzanspruch wegen des Ausschlusses von der Vergabe betreffend die Kanal- und Straßenbauarbeiten „Q-, S- und R-straße“ mit Schreiben vom 30.10.2014 zu.Randnummer198

Für einen aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB in Betracht kommenden Schadensersatzanspruch fehlt es bereits an einer Pflichtverletzung der Klägerin.Randnummer199

Eine solche könnte allein in einem unzulässigen Ausschluss von dem Vergabeverfahren gelegen haben.Randnummer200

Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) war die Klägerin jedoch berechtigt, sie mit Schreiben vom 30.10.2014 unter Berufung auf § 16 Abs. 1 Nr. 2 c) VOB/A 2012 – welche wortgleich der aktuellen Regelung in § 16 Abs. 2 Nr. 3 VOB/A entspricht – von der Teilnahme an der Vergabe auszuschließen.Randnummer201

Danach können Angebote von Bietern ausgeschlossen werden, wenn nachweislich eine schwere Verfehlung begangen wurde, die die Zuverlässigkeit als Bewerber in Frage stellt. Diese Voraussetzungen waren vorliegend im Fall der Beklagten zu 1) gegeben.

aa)Randnummer202

Zunächst ist eine schwere Verfehlung der Beklagten zu 1) erwiesen.Randnummer203

Eine solche liegt insbesondere bei einem strafrechtlich relevanten Verhalten, also jedenfalls einem schuldhaften Verstoß gegen die Vorschriften des § 6e EU-VOB/A, einem Verstoß gegen Wettbewerbsregeln oder bei Verurteilungen vor, die ein dem Strafrechtsverstoß ähnliches Unwerturteil enthalten, wobei der Verstoß darüber hinaus einen konkreten Bezug zur relevanten Ausschreibung haben und von einem gewissen Gewicht sein muss (Ingenstau/Korbion/v. Wietersheim, VOB, 19. Auflage, § 16 VOB/A Rn. 44; jurisPK/Summa, Vergaberecht, 5. Auflage, § 16 VOB/A Rn. 178; Ziekow/Völlink/Herrmann, Vergaberecht, 3. Auflage, § 16 VOB/A Rn. 10). Dabei kommt es auf das Verschulden einer Person der Leitungsebene i.S.d. § 123 Abs. 2 GWB bzw. § 130 OWiG an (jurisPK, aaO Rn. 192; Ingenstau/Korbion, aaO Rn. 45).Randnummer204

Zum einen spricht vorliegend wegen der Missachtung des Verwertererlasses bereits viel dafür, dass sich die Beklagte zu 1) eines Verstoßes gegen umweltrechtliche Verpflichtungen gem. § 6e Abs. 6 Nr. 1 EU-VOB/A schuldig gemacht hat. Jedenfalls aber liegt in der Tatsache, dass die Beklagte zu 1) sich in den hier streitgegenständlichen – der Vergabeentscheidung zeitlich vorausgehenden – sieben Fällen der Klägerin gegenüber jeweils aus dem Gesichtspunkt einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gem. § 826 Abs. 1 BGB haftbar gemacht hat, eine Verfehlung, die in ihrem Unwerturteil einem strafrechtlich relevanten Verhalten gleichkommt. Der sachliche und zeitliche Bezug zur streitgegenständlichen Ausschreibung ist ebenfalls gegeben, weil alle Fälle Aufträge zur Ausführung von Straßenbauarbeiten betrafen, deren mangelhafte Ausführung seit weniger als 3 Jahren, nämlich seit 2012 als möglich erschienen und seit 2014 als sicher feststanden.Randnummer205

Darüber hinaus handelt es sich um schwere Verfehlungen der Beklagten zu 1). Denn die Vertragsverletzungen wurden von ihr – wie aufgezeigt – seit 2003 systematisch in einer Vielzahl von Fällen begangen, worauf erste Hinweise sich erst durch zufällige Prüfungsmaßnahmen in den Jahren 2011/2012 ergaben. Dabei zeigten sich durchweg hohe Belastungen des Bettungsmaterials mit diversen Schwermetallen, was zu einer nicht unerheblichen Gefährdung des Grundwassers führte. Die Beklagte zu 1), vertreten durch den Beklagten zu 2), nahm diese Gefahren auch billigend in Kauf, indem sie es in Kenntnis von der sich aus dem Verwertererlass ergebenden Pflicht zur Güteüberwachung durchgehend unterließ, Maßnahmen zur Prüfung des von ihr verwendeten VIADUR-Quarzsand-Gemisches vorzunehmen und die Klägerin auf die potentielle Gefährdung hinzuweisen. Dass das Ermittlungsverfahren gegen den Projektleiter G2 der Beklagten zu 1) sowie den Beklagten zu 2) – in diesem Fall unter der Auflage einer Bußgeldzahlung, wie im Termin eingeräumt – eingestellt worden ist, steht der Annahme einer schweren Verfehlung nicht entgegen (Ingenstau/Korbion, aaO Rn. 48).

bb)Randnummer206

Aufgrund dieser schweren Verfehlungen durfte die Klägerin auf der Grundlage einer pflichtgemäßen Ermessensausübung (vgl. hierzu: Willenbruch/Wieddekind/Stolz, Kompaktkommentar Vergaberecht, 4. Auflage, § 16 VOB/A, Rn. 78) davon ausgehen, dass die zukünftige Zuverlässigkeit der Beklagten zu 1) in Frage gestellt sei.Randnummer207

Ob ein Bieter die notwendige Zuverlässigkeit besitzt, welche unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles die ordnungsgemäße und vertragsgerechte Ausführung des ausgeschriebenen Auftrags einschließlich der Erbringung von Gewährleistungen erwarten lässt, ist Gegenstand einer vom Auftraggeber zu treffenden Prognose. Die Prognoseentscheidung ist auf den konkreten ausgeschriebenen Auftrag zu beziehen und hat alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Die Unzuverlässigkeit muss dabei weder positiv festgestellt werden, noch muss eine für eine strafrechtliche Verurteilung erforderliche Überzeugung bestehen (Ingenstau/Korbion, aaO Rn. 45). Bei der Entscheidung werden nachträglich eintretende Umstände, insbesondere solche, die für den Bieter sprechen könnten (Stichwort „Selbstreinigung“) zugelassen (jurisPK, aaO Rn. 181; Ziekow/Völlink/Herrmann, aaO; Burg, NZBau 2014, 595, 597).Randnummer208

Zweifel an der zukünftigen Zuverlässigkeit der Beklagten zu 1) ergaben sich zunächst aus der Schwere, Dauer und Anzahl der vorsätzlich begangenen Vertragsverletzungen i.S.d. § 826 BGB, für die auf die bereits erfolgten Darlegungen Bezug genommen werden kann.Randnummer209

Die Eintragung in der Präqualifikationsliste gem. § 6b VOB/A steht der negativen Prognose nicht entgegen, weil es hierbei nur um die allgemeine Eignung nach § 16b VOB/A geht und die Liste hauptsächlich einer vereinfachten Abwicklung des Verfahrens dient (Kus/Verfürth, Einführung in die VOB/A, Rn. 99).

cc)Randnummer210

Der Beklagten zu 1) kann in diesem Zusammenhang auch nicht der Gedanke der sog. „Selbstreinigung“ zugutegehalten werden. Dieser findet im Gesetz keine unmittelbare Erwähnung, sondern ergibt sich aus Art 57 Abs. 6 der RL 2014/24. Danach setzt eine „Selbstreinigung“ voraus, dass der Bieter dafür Sorge getroffen hat, dass erneute Verfehlungen verhindert werden. Dazu zählen in erster Linie ein Bemühen um die Aufklärung der Vorgänge, ohne welche eine Vermeidung der Verfehlungen nicht möglich ist, personelle und organisatorische Konsequenzen, um diejenigen, die an den Vorgängen beteiligt waren, an der erneuten Vornahme der inkriminierten Handlungen zu hindern (Stichwort: Entwicklung eines Compliance-Systems) und ggf. zusätzlich eine Schadenswiedergutmachung (Ziekow/Völlink/Herrmann, aaO Rn. 10; Burg, aaO S. 598).Randnummer211

Keine dieser Maßnahmen wurde von der Beklagten zu 1) ergriffen. Zunächst hat die Beklagte zu 1) keinen wirklichen Aufklärungsbeitrag geleistet. Die Anschreiben an die Gemeinden und die Anfrage bei der Lieferantin einschließlich der Rücknahmeforderung noch vorhandenen Materials genügen hierfür nicht, stellten sie doch lediglich Maßnahmen zur Schadensbegrenzung dar. Der eingeholte Prüfbericht zu der kupferhaltigen Hochofenschlacke VIADUR aus dem Jahre 2009 und das gegen den Hersteller eingeleitete selbständige Beweisverfahren sind ohne Aussagekraft über den Gütegrad des tatsächlich verwendeten Gemisches in den Vorjahren und dienen in erster Linie der Sicherung eventueller Regressansprüche gegen die O N GmbH. Auch durfte sich die Untersuchung nicht auf das VIADUR beschränken, sondern hätte angesichts der hohen Kontamination der Proben auch den Quarzsand bzw. evtl. sonstige Zusätze und vor allem das bei der Beklagten zu 1) noch vorhandene Material in den Blick nehmen müssen. Denn es ist bis zuletzt vollkommen offen geblieben, worauf genau die Belastung des Materials beruhte. Diese entscheidende Frage aufzuklären hat sich die Beklagte zu 1) hingegen nie bemüht. Wenn man einem Auftragnehmer auch wohl nicht generell entgegen halten kann, dass er nicht von vornherein einen Mangel einräumt und auch ansonsten für ihn günstige Rechtspositionen einnimmt, so besteht vorliegend aber die Besonderheit, dass die Beklagte zu 1) durch alle Verfahren (11 U 4/16, 11 U 65/06, 7 U 2/14, 16 U 105/13 und 16 U 175/13 jeweils OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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und offenbar auch noch in weiteren Verfahren) fortlaufend Absprachen und ein Wissen der für die Klägerin tätigen Mitarbeiter behauptet hat, die durch die durchgeführte Beweisaufnahme jedoch nicht bestätigt wurde. Auch hat sie ansonsten Behauptungen – etwa in Bezug auf vorhandene Gütenachweise (vgl. das Schreiben vom 22./24.09.2014 an die Stadt D, Anlage WK 14) – aufgestellt, die sie im Anschluss nicht hat belegen können.Randnummer212

Darüber hinaus sind keinerlei organisatorische oder personelle Veränderungen bei der Beklagten zu 1) erkennbar, vielmehr wird lediglich pauschal behauptet, dass nunmehr wieder alles vertragsgerecht abgewickelt werde. Maßnahmen zur Aufklärung darüber, wie es zu den fortlaufenden Vertragsverletzungen kommen konnte, sind nicht ergriffen worden, denn irgendwelche Erklärungen hierfür werden nicht abgegeben.Randnummer213

Da es bereits an den ersten beiden Voraussetzungen fehlt, kann es dahinstehen, ob die Klägerin – und zwar in dem hier relevanten Zeitraum – tatsächlich Bemühungen zur Schadenswiedergutmachung unternommen hat, und ob es auf diesen Aspekt im Rahmen der sog. „Selbstreinigung“ überhaupt ankommt.Randnummer214

Schließlich steht der von der Klägerin getroffenen Ausschlussentscheidung auch nicht die Tatsache entgegen, dass die Klägerin in der Zeit zwischen dem 23.04.2013 und dem 27.05.2014 drei weitere Aufträge erteilte, die wohl auch anstandslos abgewickelt wurden, ohne dass entschieden werden müsste, ob auch dieser Umstand ein Fall der „Selbstreinigung“ sein könnte oder im Rahmen der Verhältnismäßigkeit oder unter dem Aspekt des „widersprüchlichen Verhaltens“ zu beurteilen wäre.Randnummer215

Jedenfalls ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass dem Auftraggeber bei der von ihm zu treffenden Prognoseentscheidung ein Beurteilungsspielraum zusteht. Dieser ist nur eingeschränkt einer Überprüfung dahin zugänglich, ob die Vergabestelle von einem zutreffend ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, ihre Entscheidung nicht nach sachfremden Erwägungen getroffen hat, sie bei der Entscheidung einen sich sowohl im Rahmen des Gesetzes als auch im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltenden Beurteilungsmaßstab zutreffend angewandt und sie das vorgeschriebene Verfahren eingehalten hat (Ziekow/Völlink/Herrmann, aaO, Rn. 8; Burg, aaO S. 598). Dies ist hier der Fall.Randnummer216

Zum einen setzt sich die Klägerin in ihrem Aktenvermerk vom 12.09.14 (Anlage WK 14) mit allen hier angesprochenen Aspekten, insbesondere auch dem Selbstreinigungsgedanken, ausführlich auseinander.Randnummer217

Zum anderen ergaben sich gesicherte Erkenntnisse, die im Sinne eines Nachweises im o.g. Sinne standgehalten hätten, erst aus dem Gutachten des selbständigen Beweisverfahrens aus April 2014. Die Beweisaufnahme aus Juli desselben Jahres setzte sich dann erstmals mit der Behauptung auseinander, die Verwendung des Materials beruhe auf Absprachen mit der Klägerin bzw. sei deren maßgeblichen Mitarbeitern bekannt gewesen. Hätte die Klägerin also vorher nur aufgrund ihrer übrigen Erkenntnisse Auftragsvergaben abgelehnt, hätte sie sich der hohen Gefahr ausgesetzt, dass diese Entscheidungen mangels hinreichender Tatsachengrundlage einer gerichtlichen Überprüfung nicht standgehalten hätten. Ob dies im Ergebnis wirklich so gewesen wäre, mag dahinstehen. Denn an dieser Stelle ist allein entscheidend, ob die Klägerin von einem falschen Sachverhalt oder einem falschen Beurteilungsmaßstab ausgegangen ist. Aus den o.g. Gründen ist aber die vorläufige Zurückhaltung bei der Entscheidung über einen Ausschluss der Beklagten zu 1) von Vergabeverfahren durchaus nachvollziehbar. Insofern ist der Fall hier auch nicht mit der von der Beklagten zu 1) zitierten Entscheidung des OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
aM vom 24.02.2009 (11 Verg 19/08 -, BauR 2009, 1343) vergleichbar, weil bei dem dort zu entscheidenden Sachverhalt vor der Erteilung weiterer Aufträge die zur Ablehnung führenden Gründe bereits positiv bekannt gewesen waren. Die weiter herangezogene Entscheidung des VÜA-Bund vom 26.11.1997 (1 VÜ 19/97; Anlage WK 13) ist bereits deshalb nicht einschlägig, weil es dort um eine generelle und nicht wie vorliegend allein um eine auftragsbezogene Ablehnung ging.Randnummer218

Soweit es schließlich anderweitige Entscheidungen gibt, die – wie etwa die von der Beklagten zu 1) zitierte des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Urt. v. 24.03.2015 – 20 K 6764/13 -, juris) Ausschlussentscheidungen gegen die Beklagte zu 1) als rechtswidrig angesehen haben, sind diese für das vorliegende Verfahren ohne präjudizielle Wirkung, weil sie Entscheidungen zu Bauvorhaben anderer Auftraggeber mit nur teilweise übereinstimmendem Sachverhalt betrafen.

8.Randnummer219

Der Beklagten zu 1) steht allerdings der mit ihrem Antrag zu 2) klageerweiternd mit der Berufung geltend gemachte Schadensersatzanspruch gem. § 717 Abs. 2 ZPO auf Rückforderung des zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlten Urteilsbetrages lediglich in Höhe von 6.077,28 EUR zu.

a)Randnummer220

Der Antrag kann zulässigerweise bereits im laufenden Verfahren auch widerklagend geltend gemacht werden (Ulrici in: BeckOK, ZPO 29. Edition, 01.07.2018, § 717 Rn. 18 f.). Ihrer erstmaligen Geltendmachung im Berufungsrechtszug steht ebenfalls nichts entgegen, da die Klageerweiterung sachdienlich ist und der Senat den insoweit maßgeblichen Sachverhalt seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat, § 533 Nr. 1 und 2 ZPO (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.05.2014 – 22 U 171/13 -, Rn. 86, juris).

b)Randnummer221

Er ist allerdings nur zu einem geringen Teil begründet.Randnummer222

Das erstinstanzliche Urteil ist dahin abgeändert worden, dass der Klägerin die sog. Verwaltungsaufwendungen in Höhe von insgesamt 6.077,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2014 nicht zustehen.Randnummer223

Der für einen solchen Anspruch vorausgesetzte „Vollstreckungsdruck“ vor der Zahlung ist auch im Falle der drohenden Sicherungsvollstreckung i.S.d. § 720a ZPO gegeben (vgl. KG Berlin, Urt. v. 25.01.2018 – 8 U 58/16 -, juris), wie sie hier durch die Klägerin angedroht worden ist, und kann überdies auch noch im Berufungsverfahren geltend gemacht werden (Zöller/Herget, ZPO, 32. Auflage, § 717 Rn.13).Randnummer224

Die Ersatzpflicht umfasst zwar auch die auf die zur Abwendung der Vollstreckung erbrachte Zinsleistung und sonstige Kostenanteile (BeckOK/ZPO, aaO Rn. 16). Da die Beklagte zu 1) aber lediglich den geleisteten Gesamtbetrag von 190.214,36 EUR, nicht jedoch dargelegt hat, wie sich dieser genau zusammensetzt, ist eine Bestimmung der auf den o.g. Teilbetrag entfallenden Kosten und Zinsen an dem gezahlten Betrag nicht möglich.Randnummer225

Der Schaden kann auch nicht im Hinblick darauf verneint werden, dass wegen der weitgehend erfolgreichen Berufung der Klägerin der letztlich vollstreckbare Betrag weit höher ist als der Urteilsausspruch in erster Instanz. Weil § 717 Abs. 2 ZPO auf eine unverzügliche Wiederherstellung des status quo ante gerichtet ist, könnte etwa eine Aufrechnung erst dann wirksam erklärt werden, wenn die Berechtigung des Betrages, wegen dem vollstreckt wurde, bereits rechtskräftig festgestellt worden ist (BeckOK/ZPO, aaO Rn. 21.1.). Nichts anderes würde im Hinblick auf die sog. Dolo-agit-Einrede gelten. Da die Rechtskraft des vorliegenden Urteils jedoch erst mit Ablauf der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde, deren Zurückweisung oder der Zurückweisung einer vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision eintritt, war mithin zunächst auf die Rückzahlung des o.g. Teilbetrages zu erkennen.Randnummer226

Ein Zinsanspruch besteht insoweit gem. §§ 288, 291 BGB erst ab Rechtshängigkeit, also ab dem 23.01.2018. Zwar kann zu dem gem. § 717 Abs. 2 ZPO zu ersetzende Schaden auch ein Zinsschaden gehören. Dessen Entstehung ist aber konkret darzulegen (BGH, Urt. v. 03.07.1997 – IX ZR 122/96 -, NJW 1997, 2601, 2603), woran es vorliegend fehlt.

9.Randnummer227

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

10.Randnummer228

Der Streitwert für das Berufungsverfahren bestimmt sich wie folgt:Randnummer229

Berufung der Klägerin:Randnummer230

Antrag zu 1): 9.831,82 EUR
Antrag zu 2): 204.300,00 EUR
Feststellungsantrag zu 3): 17.000,00 EUR (anteilig)
Feststellungsantrag zu 4): kein Mehrwert, da in der Anschlussberufung enthalten in Bezug auf den gegen den Beklagten zu 2) gestellten Antrag zu 4)
Summe: 231.131,82 EURRandnummer231

Berufung der Beklagten:Randnummer232

Antrag zu 1): 156.763,84 EUR + 23.000,00 EUR (Feststellungsantrag – anteilig),
Antrag zu 2): Widerklageantrag zu 1): 110.162,99 EUR,
(nur die Beklagte zu 1) betreffend)
Antrag zu 3): Widerklageantrag zu 2): kein Mehrwert, da wirtschaftliche Identität mit der Hauptberufung besteht, § 45 Abs. 1 S. 3 GKG.
Summe: 289.926,83 EURRandnummer233

Anschlussberufung der Klägerin:Randnummer234

18.976,20 EUR + 40.685,00 EUR
Summe: 59.661,20 EURRandnummer235

Gesamtstreitwert: 580.719,85 EUR.Randnummer236

Hiervon ist der Beklagte zu 2) mit einem Streitwert in Höhe von 410.895,66 EUR an der Berufung beteiligt.

10.Randnummer237

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat den Fall auf der Grundlage anerkannter Grundsätze alleine nach den tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Sachverhaltes entschieden.

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Schlagworte: BGB § 826, Durchgriffshaftung, Durchgriffshaftung GmbH, Geschäftsführerhaftung, Geschäftsführerhaftung bei GmbH, Geschäftsführerhaftung GmbH, GmbH-Geschäftsführerhaftung, GmbHG § 43, GmbHG § 43 Abs. 2, Haftung des Geschäftsführers, Haftung Geschäftsführer, Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Haftung nach § 43 GmbHG, Haftung nach § 826 BGB, Haftung wegen sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB, Haftung wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG

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OLG Köln, Beschluss vom 19. Oktober 2018 – 18 W 53/17

Freitag, 19. Oktober 2018

§ 23 Abs 3 Nr 2 AktG, § 88 Abs 1 S 1 Alt 2 AktG, § 88 Abs 2 S 1 AktG, § 88 Abs 2 S 2 AktG, § 147 AktG, § 148 Abs 1 S 2 Nr 3 AktG

1. Wird die Klagezulassung nach § 148 AktG zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft im Wege der Stufenklage begehrt, bedarf es einer schlüssigen Darlegung der tatbestandlichen Voraussetzungen des verfolgten Schadensersatzanspruchs. Es müssen Tatsachen vorgetragen werden, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, den geltend gemachten Anspruch als entstanden erscheinen zu lassen. Darüber hinaus erfordert § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG das Vorliegen von Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch die betreffenden Verhaltensweisen tatsächlich ein Schaden entstanden ist, wobei der Schadenseintritt nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich ist.

2. Werden Ersatzansprüche der Aktiengesellschaft gegen die (ehemaligen) Vorstandsmitglieder auf § 88 AktG gestützt, weil diese der Aktiengesellschaft durch Wettbewerb und Geschäftsführung für Dritte in namentlich aufgeführten Gesellschaften mit Tätigkeiten in demselben Geschäftszweig Schäden zugefügt haben sollen, ist der den Pflichtenkreis des Vorstands gegenüber der Gesellschaft determinierende Unternehmensgegenstand der Gesellschaft maßgeblich. Dieser bestimmt sich grundsätzlich nach dem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand und nicht nach dem tatsächlichen Geschäftszweig der Gesellschaft. Zu der Zuwiderhandlung gegen das so bestimmte Wettbewerbsverbot sind konkrete Umstände darzulegen.

3. Die Aktionärsminderheit kann ihren Antrag auf Klagezulassung nicht mit Erfolg darauf stützen, die Aktiengesellschaft sei gemäß § 88 Abs. 2 S. 2 AktG berechtigt, statt des Schadensersatzanspruchs zu verlangen, dass die Vorstandsmitglieder die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Aktiengesellschaft eingegangen gelten lassen und die aus den Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgeben. Eine Zulassung dieses Anspruchs gemäß § 148 AktG kommt nicht in Betracht.

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 11.05.2017 – 91 O 3/16 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Gründe

I.

1.

Die Antragstellerin begehrt die Zulassung gemäß § 148 AktG, Ersatzansprüche der Beigeladenen als deren Aktionärin im eigenen Namen gegen die Antragsgegner, die Vorstandsmitglieder der Beigeladenen sind, im Wege einer Stufenklage geltend zu machen.Randnummer2

Die Antragsgegner gaben in einer vom 20.08.2007 datierenden Geschäftspräsentation an, das geplante Ziel für die Beigeladene sei der „Aufbau eines granularen Portfolios aus Immobilien- und Kreditinvestments (mit Immobilienbesicherung)“ (Anlage AS17, S.14, Anlagenheft I [im Folgenden: AH I]). Hierfür sollten Immobilien und immobiliengesicherte Kredite gekauft und wieder verkauft werden. Diese Geschäftspräsentation erhielt auch Herr A zur Kenntnis. Am 28.11.2007 schlossen die Antragsgegner, die zu diesem Zeitpunkt jeweils 50 % der Aktien der Beigeladenen hielten, mit Herrn A eine als „Eckpunkte der Partnerschaft“ überschriebene schriftliche Vereinbarung, in der Absprachen einer künftigen gemeinsamen Zusammenarbeit niedergelegt wurden, die u.a. die Beteiligung von Herrn A oder einer von ihm beherrschten Unternehmensstruktur an der Beigeladenen durch Aktienerwerb nach einer Kapitalerhöhung vorsah (Anlage AG2, Bl. 102 AH IV).Randnummer3

Am 29.11.2007 fand eine außerordentliche Hauptversammlung der Beigeladenen statt, die bis dahin unter der Firma B firmiert und die Herstellung und den Vertrieb von Waren zum Unternehmensgegenstand hatte. Auf der Hauptversammlung wurde neben der Änderung der Firma auch die des Unternehmensgegenstands beschlossen und in § 2 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen wie folgt festgelegt (Anlage E-3, Bl. 143 f.; Anlage E-4, Bl. 157, 159 AH II):Randnummer4

Gegenstand des Unternehmens ist die Beratung von Banken und Grundpfandrechtsgläubigern bei der Umsetzung und Sanierung von Krediten, soweit hierfür keine staatliche Genehmigung erforderlich ist.Randnummer5

Am selben Tag wurden die Antragsgegner zum Vorstand der Beigeladenen bestellt. Zu diesem Zeitpunkt gingen die Antragsgegner auch anderen Tätigkeiten nach. Feste Vergütungen für ihre Vorstandstätigkeit wurden nicht vereinbart, die Antragsgegner sollten der Beigeladenen vielmehr ihre tatsächlich geleisteten Tätigkeiten bis zu einem festgelegten jährlichen Höchstbetrag in Rechnung stellen können.Randnummer6

Am 07.12.2007 beschloss die Hauptversammlung der Beigeladenen die Erhöhung des Grundkapitals um 25.000,00 EUR auf 75.000,00 EUR durch Ausgabe von 25.000 neuen Namensaktien. Am 20.12.2007 unterzeichnete Herr A einen Zeichnungsschein für die 25.000 neuen Aktien, wobei er neben seinen Namen in Klammern die Firma der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gegründeten Antragstellerin setzte. Die Antragstellerin wurde am 27.12.2007 in der Schweiz gegründet und am Folgetag in das Handelsregister eingetragen, deren Aktien wurden für Herrn A treuhänderisch gehalten. Am 18.01.2008 wurde der am 29.11.2007 beschlossene Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen ins Handelsregister eingetragen. Am 23.01.2008 überwies die Antragstellerin den Ausgabebetrag für die jungen Aktien an die Beigeladene, die Durchführung der Kapitalerhöhung wurde jedoch erst am 11.03.2009 ins Handelsregister eingetragen.Randnummer7

Am 26.02.2008 gründete die Beigeladene als hundertprozentige Tochtergesellschaft die Objektgesellschaft Börsenhotel C GmbH, deren Unternehmensgegenstand der „Erwerb und die Verwaltung von Immobilien und Immobilienkrediten, insbesondere der Erwerb des Immobilienkredits betreffend das Börsenhotel D, Estraße 19 und die Verwaltung des Börsenhotels“ war (Anlage AS7, AH I). Einige Wochen, nachdem die Tochtergesellschaft einen durch das Börsenhotel grundpfandrechtlich gesicherten Immobilienkredit erworben hatte, erfolgte planmäßig dessen gewinnbringender Weiterverkauf.Randnummer8

Ab 2008 gründeten die Antragsgegner allein oder gemeinsam mehrere eigene Gesellschaften und übernahmen darin oder in anderen Gesellschaften Geschäftsführer- oder Vorstandsposten.Randnummer9

Nachdem die Antragstellerin geltend machte, die Antragsgegner hätten ihre Pflichten als Vorstandsmitglieder nachhaltig verletzt, wurde in der Hauptversammlung der Beigeladenen vom 02.02.2015 ein Sonderprüfer sowie ein besonderer Vertreter zur Geltendmachung eventueller Schadensersatzansprüche bestellt (Anlage AS5, AH I). Der Sonderprüfer sollte Vorgänge bei der Geschäftsführung sowie Überwachung durch den Aufsichtsrat seit dem Geschäftsjahr 2008 prüfen (Anlage AS5, AH I). Dem ursprünglich tätigen Sonderprüfer wurde der Auftrag später entzogen und statt seiner am 24.04.2016 ein neuer Sonderprüfer bestellt (Anlagen B15, B16, Bl. 96 ff AH II). Das Ergebnis der Sonderprüfung liegt bislang nicht vor.Randnummer10

Die Antragstellerin forderte den Aufsichtsrat der Beigeladenen mit Schreiben vom 20.07.2015, 30.09.2015, 20.10.2015 und 25.11.2015 (Anlagen AS10 bis AS13, AH I) auf, Schadensersatzansprüche gegen die Antragsgegner im Klagewege geltend zu machen. Die Antragsgegner erklärten mehrfach Verjährungsverzichte, zuletzt bis zum 31.12.2016 (Anlagen B14, B 15, Bl. 94 f. AH II). Im Laufe des vorliegenden Verfahrens forderte die Antragstellerin den Aufsichtsrat mit Schreiben vom 29.08.2016 erneut auf, Klage zu erheben, nunmehr unter Mitteilung der beabsichtigten Klageanträge (Anlage 259,  Bl. 292 ff. AH V).Randnummer11

Die Antragstellerin hat behauptet, die zahlreichen verfahrensgegenständlichen Gesellschaften, die die Antragsgegner entweder selbst gegründet oder in denen sie Geschäftsführer- oder Vorstandsposten übernommen hätten, seien sämtlich im Geschäftsfeld der Beklagten tätig geworden. Eine wirksame Einwilligung hierfür sei ihnen vom Aufsichtsrat nicht erteilt worden, auch habe es in den Jahren 2008 bis 2015 keinen ordnungsgemäß gewählten Aufsichtsrat gegeben. Die Antragsgegner hätten in schwerwiegender Weise gegen das in § 88 Abs. 1 AktG normierte Wettbewerbsverbot verstoßen. Die Antragstellerin hat den Standpunkt vertreten, maßgeblich sei insoweit nicht der in der Satzung festgelegte, sondern der tatsächliche Unternehmensgegenstand der Beigeladenen, und behauptet, dieser sei der Aufbau eines granularen Portfolios aus Immobilien- und Kreditinvestments, wie er in der im Jahr 2007 erfolgten Präsentation dargestellt gewesen sei. Dieser Geschäftsplan habe sie veranlasst, die Aktien zu zeichnen. Dass in die Satzung der Beigeladenen entgegen vorheriger Absprachen nur eine beratende Tätigkeit aufgenommen worden sei, sei weder ihr noch Herrn A mitgeteilt worden. Das satzungsmäßige Beratungsgeschäft der Beigeladenen sei nie betrieben worden. Sie hat gemeint, es läge auf der Hand, dass das gewinnbringende Geschäft der Konkurrenzunternehmen ohne das pflichtwidrige Handeln der Antragsgegner von der Beigeladenen selbst getätigt worden wäre. Es komme aber gar nicht darauf an, ob der Beigeladenen tatsächlich ein Schaden entstanden sei, weil § 88 Abs. 2 Satz 2 AktG eine davon unabhängige Gewinnabschöpfung erlaube. Ebenso wenig komme es darauf an, ob die Antragsgegner im Geschäftsfeld der Beigeladenen tätig geworden seien, weil § 88 Abs. 1 AktG auch den Betrieb branchenfremder Handelsgewerbe sowie die Stellung als Vorstand, Geschäftsführer oder pers46;nlich haftender Gesellschafter in solchen ohne Einwilligung verbiete.Randnummer12

Des Weiteren hat die Antragstellerin behauptet, die Antragsgegner hätten Gelder sowohl der Beigeladenen als auch der Objektgesellschaft Börsenhotel C GmbH in treuwidriger Art und Weise für sich vereinnahmt.

2.

Die Antragstellerin hat zunächst beantragt zuzulassen, dass sie im eigenen Namen gegen die Antragsgegner jeweils Ersatzansprüche der Beigeladenen in Höhe von mindestens 100.000,00 EUR geltend macht, die der Beigeladenen durch Wettbewerb und Geschäftsführung für Dritte durch die Antragsgegner gemäß § 88 AktG in den namentlich aufgeführten Gesellschaften entstanden sind. Diese Anträge hat sie mit Schriftsätzen vom 30.08.2016 konkretisiert und die Klageanträge formuliert, deren Zulassung sie begehrt.Randnummer14

Sie begehrt zuzulassen, dass sie im eigenen Namen gegen die Antragsgegner im Wege der Stufenklage zunächst umfangreich Auskunft und Rechnungslegung in Bezug auf die einzelnen Gesellschaften geltend machen kann, insbesondere über die Jahresergebnisse, die Kosten und Einnahmen, den Immobilienbestand und die Unternehmensbeteiligungen, Bankkredite zur Finanzierung der Immobilien, Zahlungen und Darlehensgewährungen an die Antragsgegner, ihnen nahestehende Personen und Familienangehörige, Verkaufspreise und Nebenabreden bezüglich Anteilsübertragungen sowie auf zweiter Stufe die Klage auf Zahlung des nach Erteilung der Auskünfte noch zu beziffernden Betrages. Ferner hat sie die Zulassung des Antrags auf Verurteilung der Antragsgegner begehrt, der Beigeladenen jeweils bis zum 31.03. des Folgejahres Auskunft über die mit den zuvor gestellten Klageanträgen geltend gemachten Auskünfte zu erteilen sowie festzustellen, dass die Antragsgegner verpflichtet seien, den der Beigeladenen entstandenen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Tätigkeit der Antragsgegner in den genannten Objektgesellschaften entstanden sei.Randnummer15

Wegen der Anträge im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 30.08.2016 (Bl. 140 bis 251 GA und Bl. 729 bis 919 GA).Randnummer16

Die Antragsgegner und die Beigeladene haben beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

3.

Die Antragsgegner haben in Abrede gestellt, dass die Antragstellerin Aktionärin der Beigeladenen geworden und somit antragsberechtigt sei. Jedenfalls habe diese ihre Antragsbefugnis zeitweilig verloren, weil sie ihrer Mitteilungspflicht gemäß § 20 Abs. 1 AktG nicht genügt habe. An einer den Anforderungen des § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AktG genügenden Aufforderung zur Klageerhebung fehle es ebenfalls. Die Antragstellerin lege zudem weder den Verdacht von Pflichtverletzungen noch den Verdacht daraus resultierender Schäden begründende Tatsachen im Sinne des § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG schlüssig dar. Die Antragsgegner haben bestritten, mit den anderen Gesellschaften Geschäfte im Geschäftszweig der Beigeladenen getätigt zu haben. Diese hätten sämtlich einen anderen als den statutarischen Unternehmensgegenstand der Beigeladenen, eine Konkurrenztätigkeit liege nicht vor. Die Antragsgegner haben behauptet, es habe ihrer Vereinbarung mit Herrn A entsprochen, dass die Beigeladene nur Beratungstätigkeiten erbringe und Immobilientransaktionen über im Jahr 2008 unstreitig gegründete Gesellschaften in F (G-Gesellschaften) erfolgen würden, dies sei in der Folge auch so gehandhabt worden. Der Erwerb der mit der Immobilie Börsenhotel besicherten Forderung durch die Tochtergesellschaft der Beigeladenen sei eine einmalige Ausnahme gewesen. Der Aufsichtsrat habe ihnen bereits im Jahr 2007 und auch später ihre Tätigkeiten in den anderen Gesellschaften gestattet.Randnummer18

Die Beigeladene hat gemeint, eine Konkurrenztätigkeit und einen Schaden habe die Antragstellerin nicht schlüssig dargelegt. Der beabsichtigten Klage stünden zudem Gründe des Gesellschaftswohls entgegen. Die Klage würde der Beigeladenen Schaden, weil sie mangels Schlüssigkeit abgewiesen werden und die Beigeladene mit erheblichen Kosten belastet würde.

4.

Das Landgericht Köln hat die Verfahren gegen die beiden Antragsgegner am 15.12.2016 verbunden (Bl. 579 GA) und nach mündlicher Verhandlung die Anträge mit Beschluss vom 11.05.2017 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne offen bleiben, ob die Antragstellerin Aktionärin sei und ihre Aktionärsrechte geltend machen könne. Jedenfalls habe sie nicht dem Erfordernis des § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG genügend dargetan, dass Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigten, der Beigeladenen sei durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Antragsgegner mit der Gründung der verfahrensgegenständlichen Gesellschaften im Geschäftszweig der Beigeladenen tätig geworden seien. Zwar komme es nicht allein auf den in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand, sondern auf den tatsächlichen Geschäftszweig an. Jedoch sei nicht anzunehmen, dass der tatsächliche über den in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand hinausgegangen sei. Eine Änderung des Unternehmensgegenstands durch die Gründung der Objektgesellschaft Börsenhotel C GmbH sei nicht erfolgt. Dies sei lediglich eine einmalige Abweichung vom satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand gewesen. Ferner habe die Antragstellerin keine ausreichenden verdachtsbegründenden Tatsachen dafür dargelegt, dass der Beigeladenen aus den behaupteten Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot ein Schaden entstandenen sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses (Bl. 1604 ff. GA) Bezug genommen.Randnummer20

Die Antragstellerin hat mit am 24.05.2017 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 1612 f. GA). Zur Begründung vertieft sie im Wesentlichen ihr Vorbringen zu den behaupteten Wettbewerbsverstößen und trägt vor, eine Satzungsänderung habe sie nicht beantragt, weil sie davon ausgegangen sei, dass die Festlegung des Satzungszwecks, wie er gemäß der Geschäftspräsentation aus dem Jahr 2007 vereinbart worden sei, auf Ebene der für die Durchführung der einzelnen Projekte zu gründenden Tochtergesellschaften ausreiche, und sie zudem einen langwierigen Rechtsstreit besorgt habe. Sie behauptet, die Antragsgegner unterschritten dauerhaft den statutarischen Satzungszweck, gelebt worden sei hingegen der gemäß Geschäftspräsentation vereinbarte Unternehmensgegenstand. Selbst wenn hilfsweise auf das im Internetauftritt der Beigeladenen als Tätigkeitsbereich aufgeführte „H“ und/oder die Beratungstätigkeit abgestellt werde, handele es sich bei den aufgeführten Unternehmen um Konkurrenzunternehmen, weil „H“ das Halten und Verwalten von Immobilien umfasse und die Konkurrenzunternehmen teilweise auch Beratungstätigkeiten anböten. Der Beigeladenen sei ein Schaden in Form entgangenen Gewinns entstanden, weil die Geschäfte sämtlich hätten mit dieser durchgeführt werden müssen. Darüber hinaus liege der Schaden der Beigeladenen darin, dass die Antragsgegner ihre Arbeitskraft der Beigeladenen nicht mehr zur Verfügung stellten, so dass keine weiteren Projekte mehr durchgeführt worden seien. Hinzukomme, dass die Antragsgegner zulasten der Beigeladenen Scheingeschäfte zur Finanzierung eigener privater Interessen vorgenommen hätten.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 23.08.2017 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde vorgelegt (Bl. 1705 ff. GA). In den Gründen hat es ausgeführt, auch die Geschäftsgegenstände „Verwaltung von Immobilien“ und „H“ unterfielen nicht dem Unternehmensgegenstand der Beigeladenen. Soweit die I Vermögensverwaltung GmbH und die J AG auch Beratungsleistungen als Gegenstand ihrer Unternehmungen aufführten, könne dahinstehen, ob eine Konkurrenzsituation gegeben sei, denn es fehle jedenfalls an der Darlegung eines daraus resultierenden Schadens. Soweit die Antragstellerin zu etwaigen Ersatzansprüchen wegen Untreue und sittenwidriger Schädigung vortrage, seien diese Ansprüche von den Anträgen nicht umfasst und nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung.Randnummer22

Die Antragsgegner und die Beigeladene haben zur Beschwerdebegründung Stellung genommen.

II.

1.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 11.05.2017 ist zulässig. Insbesondere ist sie gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 148 Abs. 2 Satz 7 AktG statthaft und die Frist des § 569 Abs. 1 ZPO wahrend eingelegt worden.Randnummer24

In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Anträge zu Recht abgelehnt.Randnummer25

Der Senat kann ebenso wie das Landgericht offen lassen, ob die formalen Voraussetzungen gemäß § 148 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 AktG für die beantragte Klagezulassung erfüllt sind. Die Anträge auf Klagezulassung sind jedenfalls unbegründet, weil die Antragstellerin keine Tatsachen dargetan hat, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Beigeladenen durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden ist, wie dies gemäß § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG erforderlich wäre.

a)

Zwar erfolgt im Zulassungsverfahren keine abschließende Prüfung, ob der Gesellschaft der nach zugrunde liegendem Lebenssachverhalt und Person des Ersatzpflichtigen bestimmt zu bezeichnende Ersatzanspruch im Sinne von §§ 148 Abs. 1 Satz 1, 147 Abs. 1 Satz 1 AktG zusteht, weil diese dem eigentlichen Klageverfahren vorbehalten ist. Erforderlich ist jedoch eine Prüfung der Erfolgsaussichten der zuzulassen begehrten Klage, für die § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG den Maßstab bestimmt. In dieser Regelung kommt die gesetzgeberische Intention zum Tragen, nach der das Gericht einem Antrag auf Klagezulassung nur dann stattgeben darf, wenn die Klage eine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (BT-Drucks. 15/5092, S. 22; vgl. Arnold in: MünchKomm zum AktG, 4. Auflage 2018, § 148 Rn. 1). Dies erfordert zweierlei:Randnummer27

Zum einen bedarf es einer schlüssigen Darlegung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Anspruchs, wobei zu berücksichtigen ist, dass gemäß § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG nur für bestimmte Verhaltensweisen – Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung – eine Klagezulassung in Betracht kommt. Es müssen mithin Tatsachen vorgetragen werden, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, den geltend gemachten Anspruch als entstanden erscheinen zu lassen. Denn die zuzulassen beantragte Klage kann – wie jede andere Klage auch – nur dann Erfolg haben, wenn sie schlüssig ist. Dabei kommt es für die Beurteilung, ob ein Sachvortrag schlüssig und damit erheblich ist, nicht darauf an, für wie wahrscheinlich die Darstellung zu erachten ist (BGH, Urteil vom 07.03.2001, X ZR 160/99, NJW-RR 2001, 887 f., zitiert nach: juris, Rn. 10).Randnummer28

Über die schlüssige Darlegung der den Anspruch begründenden Umstände hinaus erfordert § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG das Vorliegen von Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft tatsächlich durch Verhaltensweisen der bezeichneten Art ein Schaden entstanden ist (vgl. BT-Drucks. 15/5092, S. 22; Spindler in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 148 Rn. 28). Ein Verdacht in diesem Sinne ist erst dann gegeben, wenn diese Tatsachen die behaupteten Verhaltensweisen und den behaupteten Schaden nicht bloß möglich, sondern wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 22.02.2010, 18 W 1/10, AG 2010, 414 ff., zitiert nach: juris, Rn. 28 zu § 142 Abs. 2 AktG). Dieses Erfordernis ist sachgerecht, weil die Regelung des § 148 AktG als Sonderregelung einer Aktionärsminderheit die Möglichkeit geben soll, im Wege gesetzlicher Prozessstandschaft einen Anspruch der Gesellschaft geltend zu machen (BT-Drucks. 15/5092, S. 22) und es sich damit um eine gesetzlich kodifizierte Form der actio pro socio handelt (Spindler in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 148 Rn. 2). Ein gerechtfertigtes Interesse, einer Aktionärsminderheit die Prozessführungsbefugnis zuzusprechen, besteht aber nur dann, wenn der zu führen beabsichtigte Prozess aussichtsreich ist.Randnummer29

Diesen Anforderungen hat die Antragstellerin nicht Genüge getan. Nach ihrem Vorbringen ist nicht davon auszugehen, dass sie mit der zuzulassen beantragten Klage obsiegen könnte.

b)

Umstände, aufgrund derer davon auszugehen wäre, dass der Beigeladenen gegen die Antragsgegner ein Schadensersatzanspruch gemäß § 88 Abs. 2 Satz 1 AktG zusteht, weil die Antragsgegner im Geschäftszweig der Beigeladenen im Sinne des § 88 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. AktG Geschäfte gemacht haben, und der lediglich hinsichtlich seiner konkreten Höhe noch nicht bezifferbar ist, hat die Antragstellerin nicht dargetan.

aa)

Nach Vorstellung des Gesetzgebers handelt es sich bei der Unredlichkeit im Sinne des § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG vor allem um „ins Kriminelle reichende Treuepflichtverstöße“ (BT-Drucks. 15/5092, S. 22). Darunter sollen auch Verstöße gegen Wettbewerbsverbote fallen können (Arnold in: MünchKomm zum AktG, 4. Auflage 2018, § 148 Rn. 35; Spindler in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 148 Rn. 25), so dass grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch gemäß § 88 Abs. 2 Satz 1 AktG wegen Geschäftemachens im Sinne des § 88 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. AktG in Betracht käme. Bei dem „Geschäftemachen“ dient das Verbot des § 88 Abs. 1 AktG wegen seiner Beschränkung auf den Geschäftszweig der Gesellschaft der Konkurrenzverhütung (BGH, Urteil vom 02.04.2001, II ZR 217/99, NJW 2001, 2476 f., zitiert nach: juris, Rn. 4). Wann die Wettbewerbsverstöße eine solche Qualität erreichen, dass sie von § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG erfasst werden, bedarf vorliegend keiner Erörterung. Denn die Antragstellerin hat keine Umstände dargetan, aufgrund derer der Verdacht begründet wäre, dass die Antragsgegner mit den Unternehmen, an denen sie beteiligt oder deren Organ sie sind, überhaupt im Sinne des § 88 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. AktG im Geschäftszweig der Beigeladenen tätig geworden sind.

bb)

Maßgeblich für die Frage, ob die Antragsgegner gegen das in § 88 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. AktG normierte Wettbewerbsverbot verstoßen haben, ist der den Pflichtenkreis des Vorstands gegenüber der Gesellschaft determinierende Unternehmensgegenstand der Gesellschaft.Randnummer33

Gemäß § 82 Abs. 2 AktG hat der Vorstand im Verhältnis zur Gesellschaft die Beschränkungen einzuhalten, die die Satzung, der Aufsichtsrat, die Hauptversammlung und die Geschäftsordnungen für die Geschäftsführungsbefugnis getroffen haben.Randnummer34

Gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG gehört der Gegenstand des Unternehmens zum Mindestinhalt der Satzung einer Aktiengesellschaft. Zweck dieser Regelung ist es, die Grenze der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands zu bestimmen sowie außenstehende Dritte über den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft zu informieren und damit Schaffung der notwendigen Publizität (OLG Köln, Urteil vom 15.01.2009, 18 U 205/07, AG 2009, 416 ff., zitiert nach: juris, Rn. 101). Bei der Satzung handelt es sich im Schwerpunkt um einen Organisationsvertrag, der die Grundlagen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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objektiv festlegt. Mit Errichtung der Satzung verselbständigt sich diese gegenüber den Gesellschaftern und objektiviert das rechtliche Wollen der Gesellschaft (Limmer in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Auflage 2015, § 23 Rn. 12; vgl. BGH, Entscheidung vom 06.03.1967, II ZR 231/64, WM 1967, 606 ff., zitiert nach: Rn 38 zur Satzung des Vereins). Änderungen können nur im Wege der Satzungsänderung gemäß § 179 AktG durch die Hauptversammlung beschlossen werden.Randnummer35

Aus der Bindung des Vorstands an die Satzung der Gesellschaft folgt, dass der Vorstand den in der Satzung bestimmten Unternehmensgegenstand zu beachten hat und sich seine Maßnahmen innerhalb dessen bewegen müssen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.01.2015, 6 U 48/14, AG 2016, 410 ff., zitiert nach: juris, Rn. 39; Landwehrmann in: Heidel, Aktienrecht, 3. Auflage 2011, § 93 Rn. 72). Maßnahmen, die den in der Satzung angegebenen Unternehmensgegenstand überschreiten, sind ihm verboten (OLG Köln, Urteil vom 15.01.2009, 18 U 205/07, AG 2009, 416 ff., zitiert nach: juris, Rn. 101). Nimmt er sie dennoch vor, handelt er pflichtwidrig (BGH, Urteil vom 15.01.2013, II ZR 90/11, NJW 2013, 1958 ff., zitiert nach: juris, Rn. 16). Je präziser der Unternehmensgegenstand gefasst ist, desto genauer ist seine Geschäftsführungsbefugnis begrenzt (Koch in: Hüffer/Koch, AktG, 13. Auflage 2018, § 82 Rn. 9). Ist der tatsächliche unternehmerische Tätigkeitsbereich der Gesellschaft von den Satzungsbestimmungen dauerhaft nicht mehr gedeckt, trifft den Vorstand die Verpflichtung, diesen satzungswidrigen Zustand zu beenden und grundsätzlich den tatsächlichen Tätigkeitsbereich der Gesellschaft wieder an die Satzungsvorgaben anzupassen (OLG Stuttgart, Urteil vom 13.07.2005, 20 U 1/05, AG 2005, 693 ff., zitiert, nach: juris, Rn. 82). Wenn der statutarische Unternehmensgegenstand jedoch die Grenze seiner ihm bei der Führung der Gesellschaft eingeräumten Befugnisse bestimmt und eine Überschreitung rechtswidrig wäre, kann es dem Vorstand andererseits nicht unter Wettbewerbsgesichtspunkten im Sinne des § 88 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. AktG verwehrt sein, in jenseits dieses Unternehmensgegenstands liegenden Geschäftsfeldern Geschäfte zu tätigen. Der von der Rechtsordnung bezweckte Schutz der Gesellschaft vor geschäftlichen Handlungen, die der Gesellschaft nachteilig sein können (vgl. BGH, Urteil vom 21.02. 1978, KZR 6/77, NJW 1978, 1001 f., zitiert nach: juris, Rn. 14 zum insoweit vergleichbaren § 112 HGB), kann nur so weit reichen, wie die Gesellschaft diese Geschäfte selbst tätigen dürfte. Aus der Nichtvornahme eines Geschäfts, das sie ohnehin nicht hätte vornehmen dürfen, kann ihr kein Nachteil erwachsen, den es zu verhüten gilt.Randnummer36

Soweit in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vorherrscht, maßgeblich für die Bestimmung des Geschäftszweigs im Sinne des § 88 Abs. 1 AktG sei nicht der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand, sondern der tatsächliche Geschäftszweig der Gesellschaft (OLG Frankfurt, Urteil vom 05.11.1999, 10 U 257/98, AG 2000, 518 ff., zitiert nach: juris, Rn. 59; Koch in: Hüffer/Koch, AktG, 13. Auflage 2018, § 88 Rn. 3; Mertens/Cahn in: KölnKomm zum AktG, 3. Auflage 2010, § 88 Rn. 13; Oltmanns in: Heidel, Aktienrecht, 3. Auflage 2011, § 88 Rn. 4), vermag dies mit Blick auf die bestehende Bindung des Vorstands an den statutarischen Unternehmensgegenstandes nach Auffassung des Senats jedenfalls nicht zu gelten, wenn und soweit sich die tatsächlichen Geschäfte der Gesellschaft nicht mehr im Rahmen des durch die Hauptversammlung beschlossenen Unternehmensgegenstands halten, sondern darüber hinausgehen (so auch Mertens/Cahn in: KölnKomm zum AktG, 3. Auflage 2010, § 88 Rn. 13). Ob es auf das tatsächliche Geschäftsfeld ankommt, wenn dieses enger ist als der in der Satzung festgelegte Unternehmensgegenstand, bedarf mangels Entscheidungsrelevanz keiner Erörterung.Randnummer37

Dem stehen die von den Vertretern der Auffassung, die auch dann auf den tatsächlichen Unternehmensgegenstand der Gesellschaft abstellt, wenn die tatsächlichen Aktivitäten der Gesellschaft über ihren satzungsmäßigen Geschäftszweig hinausgehen (Spindler in: MünchKomm zum AktG, 4. Auflage 2014, § 88 Rn. 16; Bürgers in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 88 Rn. 6), in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, in denen dieser für das Personengesellschaftsrecht ausgesprochen hat, für das Wettbewerbsverbot im Sinne der §§ 112, 113 HGB sei der im Gesellschaftsvertrag festgelegte Gegenstand des Unternehmens allein nicht entscheidend (BGH, Urteil vom 05.12.1983, II ZR 242/82, NJW 1984, 1351 ff., zitiert nach: juris, Rn. 31; BGH, Urteil vom 21.02.1978, KZR 6/77, NJW 1978, 1001 f., zitiert nach: juris, Rn. 12), nicht entgegen. In diesen Entscheidungen, auf die sich auch die Antragstellerin bezieht, wird ausgeführt, auf den im Gesellschaftsvertrag festgelegten Gegenstand des Unternehmens allein könne es nicht ankommen, weil dieser nachträglich eingeschränkt oder erweitert werden könne (BGH, jeweils a.a.O.). Auch der Bundesgerichtshof stellt mithin auf den vereinbarten Unternehmensgegenstand ab, der jedoch deshalb nicht mit dem im Gesellschaftsvertrag niedergelegten übereinstimmen muss, weil in einer Personenhandelsgesellschaft eine Änderung des Gesellschaftsvertrages grundsätzlich jederzeit formfrei möglich ist (Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 38. Auflage 2018, § 105 Rn. 62; vgl. BGH, Urteil vom 07.02.1972, II ZR 169/69, BGHZ 58, 115 ff., zitiert nach: juris, Rn. 16). Eine solche formfreie Änderung des Unternehmensgegenstandes ist mit Blick auf § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG und § 179 Abs.1 Satz 1 AktG in einer Aktiengesellschaft aber gerade nicht möglich, so dass die Erwägungen des Bundesgerichtshofs sich nicht übertragen lassen und den Unternehmenszweck überschreitende tatsächliche Geschäfte für den vom Schutzbereich des § 88 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. AktG umfassten Geschäftszweig nicht maßgeblich sein können. Für diese Auffassung spricht zudem, dass der Bundesgerichtshofs in einer weiteren Entscheidung ausgesprochen hat, dass eine GmbH, die einen nichtigen Beschluss über die Erweiterung eines Unternehmensgegenstands gefasst hat, diesen Unternehmensgegenstand nicht betreiben dürfe und Erwerbschancen der Gesellschaft auf diesem Gebiet damit nicht berührt sein könnten (BGH, Urteil vom 13.02.1995, II ZR 225/93, NJW 1995, 1358 ff., zitiert nach: juris, Rn. 8, 10).Randnummer38

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 05.11.1999 (OLG Frankfurt, Urteil vom 05.11.1999, 10 U 257/98, AG 2000, 518 ff., zitiert nach: juris, Rn. 59) steht der vom Senat vertretenen Auffassung ebenfalls nicht entgegen. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in seiner Entscheidung eine Wettbewerbslage mit der Erwägung abgelehnt, die Gesellschaft habe nicht dargetan, dass sie im maßgeblichen Zeitraum auch in den Ländern tatsächlich Geschäfte gemacht habe, in denen die angeblichen Wettbewerbshandlungen vorgenommen wurden (OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, a.a.O., Rn. 60). Dass die dort verfahrensgegenständlichen Geschäfte über den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand der Gesellschaft hinausgingen, ergibt sich aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt nicht.

cc)

Unternehmensgegenstand der Beigeladenen ist gemäß § 2 Abs. 1 ihrer Satzung die Beratung von Banken und Grundpfandrechtsgläubigern bei der Umsetzung und Sanierung von Krediten.Randnummer40

Ohne Relevanz für die Bestimmung des Unternehmensgegenstandes ist, ob die Antragsgegner und Herr A, bevor die Hauptversammlung diesen Unternehmensgegenstand beschlossen hat, sich darauf verständigt und vereinbart hatten, der Gegenstand des Unternehmens solle der Aufbau eines granularen Portfolios aus Immobilien- und Kreditinvestments (mit Immobilienbesicherung) sein. Selbst wenn diese streitige Vereinbarung getroffen worden sein sollte, konnte diese den maßgeblichen statutarischen Unternehmensgegenstand nicht festlegen. Die Änderung der Satzung der bereits existenten Gesellschaft erforderte gemäß § 179 Abs. 1 Satz 1 AktG einen Beschluss der Hauptversammlung. Nur dieser beschlossene und in das Handelsregister eingetragene Unternehmensgegenstand ist maßgeblich. Ob die Antragstellerin die Änderung dieses Unternehmensgegenstandes hätte erwirken können und aus welchen Erwägungen sie unterlassen hat, eine Änderung anzustreben, bedarf keiner Erörterung. Ohne Entscheidungsrelevanz ist auch, ob, wie die Antragstellerin behauptet, sie oder Herr A über den zu beschließen beabsichtigten Unternehmensgegenstand getäuscht worden sind. Selbst wenn sich aufgrund dessen Rechte oder Ansprüche der Antragstellerin ergäben, sind diese jedenfalls nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.Randnummer41

Soweit die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung ausführt, ein Verstoß gegen das Konkurrenzverbot läge auch dann vor, wenn auf das „H“ als Geschäftsbereich der Beigeladenen abgestellt würde, verhilft dies ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg. Auf den Bereich des „Hs“ kann es bereits deshalb nicht ankommen, weil dieser nicht vom statutarischen Unternehmensgegenstand der Beigeladenen umfasst ist.Randnummer42

Eine spätere Änderung des Unternehmensgegenstandes, namentlich eine Erweiterung ist nicht erfolgt. Insbesondere konnte die Gründung der Objektgesellschaft C Börsenhotel GmbH keine Änderung des Unternehmensgegenstands der Beigeladenen bewirken. Der Unternehmensgegenstand der Objektgesellschaft C Börsenhotel GmbH vermag auch im Übrigen bereits deshalb nicht maßgeblich für die Bestimmung des Geschäftszweigs zu sein, innerhalb dessen den Antragsgegnern gemäß § 81 Abs.1 Satz 1, 2. Alt. AktG untersagt ist, Geschäfte zu machen, weil die Gründung der Objektgesellschaft ihrerseits nicht vom Unternehmensgegenstand der Beigeladenen gedeckt war und demgemäß nicht hätte erfolgen dürfen. Der Unternehmensgegenstand der Beigeladenen sieht das Halten von Beteiligungen an anderen Unternehmen nicht vor. Zwar ist die Beigeladene gemäß § 2 Abs. 2 ihrer Satzung zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks notwendig oder nützlich erscheinen, was ausdrücklich die Gründung von Tochtergesellschaften einschließt. Die Gründung war jedoch kein zulässiges Neben- oder Hilfsgeschäft. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass nicht lediglich Geschäfte, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Unternehmensgegenstand laut Satzung stehen, als Neben- oder Hilfsgeschäfte zulässig sind, liegt ein solches nicht vor. Für die Beurteilung, ob ein vom Unternehmensgegenstand gedecktes Hilfsgeschäft vorliegt, ist entscheidend, ob die Geschäfte dem Unternehmensgegenstand gedient haben oder ob sie auf eine selbstständige Gewinn-erzielung gerichtet waren (vgl. BGH, Beschluss vom 14.01.2014, II ZB 5/12, AG 2014, 402 ff., zitiert nach: juris, Rn. 48; BGH, Urteil vom 15.01.2013, II ZR 90/11, NJW 2013, 1958 ff., zitiert nach: juris, Rn. 19). Die Objektgesellschaft C Börsenhotel GmbH sollte erkennbar und nach dem übereinstimmenden Vortrag der Verfahrensbeteiligten nicht die Beratungstätigkeit der Beigeladenen unterstützen, sondern ein eigenständiges auf Gewinnerzielung gerichtetes singuläres Geschäft abwickeln, wie es tatsächlich auch umgesetzt wurde.

dd)

Die Antragstellerin hat keine Umstände dargetan, die den gemäß § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG vorausgesetzten Verdacht begründen würden, dass die Antragsgegner Geschäfte im durch den statutarischen Unternehmenszweck umgrenzten Tätigkeitsbereich gemacht haben.Randnummer44

Soweit die Antragstellerin die Unternehmensgegenstände der Gesellschaften, mit denen die Antragsgegner Geschäfte im Geschäftszweig der Beigeladenen getätigt haben sollen, vorgetragen hat, vermag dies einen solchen Verdacht nicht zu begründen. Diesen lässt sich nicht entnehmen, dass die anderen Unternehmen Geschäftstätigkeiten zum Gegenstand haben, die auch nur teilweise im maßgeblichen Geschäftsfeld der Beigeladenen liegen. Die meisten der Gesellschaften führen in ihrem Unternehmensgegenstand überhaupt keine Beratungstätigkeit auf. Soweit die Unternehmen als Unternehmensgegenstand auch Beratungstätigkeiten aufführen, wird weder von der Antragstellerin aufgezeigt noch ist sonst ersichtlich, dass es sich um solche handelt, die im Geschäftsfeld der Beigeladenen liegen:Randnummer45

Die im den Antragsgegner zu 1) betreffenden (beabsichtigten) Klageantrag zu 16) aufgeführte J H GmbH hat als Unternehmensgegenstand die „Beteiligung als Komplementär oder Kommanditist oder Gesellschafter an Kommanditgesellschaften oder Gesellschaften sowie die Bereitstellung von Beratungs- und anderen Dienstleistungen an Beteiligungsunternehmen und Dritte“. Dem lässt sich mit Blick auf die Gesamtstruktur des Unternehmensgegenstandes nicht entnehmen, dass dieser auch die Beratung von Banken und Grundpfandrechtsgläubigern bei der Umsetzung und Sanierung von Krediten umfasst.Randnummer46

Die im den Antragsgegner zu 1) betreffenden Klageantrag zu 10) aufgeführte K Transfer AG, die mit der L Gesellschaft für Immobilientransfer AG verschmolzen worden ist, hat den „Erwerb und die Veräußerung von Immobilien im In- und Ausland, insbesondere die Vermittlung und Verwertung von Immobilien, die Projektentwicklung und Bebauung von Grundstücken, die Vermietung, Verpachtung und Verwaltung von Grundbesitz“ zum Gegenstand. Soweit die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung vorträgt, bei der Geschäftspräsentation im Jahr 2007 sei die L Gesellschaft für Immobilientransfer AG als Gesellschaft vorgestellt worden, die im Auftrage von Grundrechtspfandrechtsgläubigern und Insolvenzverwaltern immobilienbesicherte Darlehen aus Insolvenzverfahren verwerte und diesbezüglich berate, vermag der Senat nicht zu erkennen, dass es sich um Beratungstätigkeiten handelt, die die Beigeladene nach ihrem Unternehmensgegenstand erbringt. Deren Beratungsleistungen zielen nicht auf Verwertung, sondern auf Umsetzung und Sanierung von Krediten. Darüber hinaus ist nicht erkennbar, dass eine solche Beratungstätigkeit von der L Gesellschaft für Immobilientransfer AG im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ab 2010 durchgeführt wurde. Der von der Antragstellerin vorgetragene, eine Beratungstätigkeit nicht aufführende Unternehmensgegenstand begründet keinen solchen Verdacht. Dafür dass das ebenfalls in der Präsentation genannte Unternehmen I H e.K., auf das sich der den Antragsteller zu 1) betreffende Klageantrags zu 26) bezieht, im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Beratungsleistungen, die im Bereich des Unternehmensgegenstands der Beigeladenen lägen, erbracht hat, sind ebenfalls keinerlei Anhaltspunkte erkennbar.Randnummer47

Den Unternehmensgegenstand der im den Antragsgegner zu 1) betreffenden Klageantrag zu 11) aufgeführte I Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH hat die Antragstellerin mit „Verwaltung eigenen Vermögens“ angegeben. Zwar hat die Antragstellerin ergänzend vorgetragen, auf der Website dieser Gesellschaft würden auch „Beratungstätigkeiten im Immobiliensegment“ angeboten. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass dieses Angebot Beratungsleistungen für Banken und Grundpfandrechtsgläubiger bezüglich Umsetzung und Sanierung von Krediten umfasst. Wie die Antragstellerin selbst zitiert, wirbt die Gesellschaft in erster Linie damit, sie führe ein Immobilienportfolio, welches durch An- und Verkäufe stetige Optimierung erfahre. Die in dem Internetauftritt (Anlage AS 272, Bl. 117 f. AH VI) benannten und erläuterten Schwerpunkte Consulting, Akquise, Veräußerung und Equity legen ebenfalls nicht nahe, dass das Unternehmen Beratungsleistungen erbringt, die im maßgeblichen Geschäftsbereich der Beigeladenen liegen.Randnummer48

Den Unternehmensgegenstand der J AG, die im den Antragsgegner zu 1) betreffenden Klageantrag zu 13) genannt ist, hat die Antragstellerin mit „Erwerb von Beteiligungen und von Immobilien und die Verwaltung eigenen Vermögens“ vorgetragen. Soweit diese Gesellschaft in ihrem Internetauftritt (Anlage AS 273, Bl. 119 AH VI) angibt, sie widme besondere Aufmerksamkeit der Beratung von Insolvenzverwaltern und Grundpfandgläubigern, ergibt sich aus dem Kontext dieser Passage, dass die Beratung Verwertungsszenarien im Auge hat. Die Beratungsleistungen der Beigeladenen zielen hingegen nicht auf Verwertung von Immobilien, sondern auf Umsetzung und Sanierung von Krediten. Auch bezüglich der J AG fehlt es mithin an geeigneten Anhaltspunkten, die hinreichend wahrscheinlich erscheinen ließen, dass diese Gesellschaft Geschäfte im Geschäftszweig der Beigeladenen getätigt hat.Randnummer49

Soweit die im den Antragsgegner zu 2) betreffenden Klageantrag zu 4) aufgeführte M Gesellschaft mbHBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Gesellschaft mbH
als Unternehmensgegenstand die „Verwaltung von Vermögen und Beteiligungen an anderen Unternehmen sowie den Erwerb von Immobilien auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und die Beratung beim An- und Verkauf von Immobilien und Unternehmen“ hat, handelt es sich erkennbar um andersartige Beratungsleistungen und damit um eine andere Ausrichtung des Unternehmensgegenstandes.Randnummer50

Die im den Antragsgegner zu 2) betreffenden Klageantrag zu 15) aufgeführte M Advisory GmbH weist die „Beratung in den Bereichen Erwerb von Immobilien und Strukturierung von Immobilientransaktionen“ als Unternehmensgegenstand aus. Dies bietet ebenfalls keinen Anhaltspunkt für die Annahme, diese werde im Tätigkeitsbereich der Beigeladenen tätig. Nach dem Wortlaut liegt die Ausrichtung auf dem Gebiet der Immobilientransaktionen, nicht der Umsetzung und Sanierung von Krediten.Randnummer51

Dafür, dass diese Gesellschaften außerhalb ihrer Unternehmensgegenstände im maßgeblichen Geschäftszweig der Beigeladenen tätig geworden sind, gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

c)

Tatsachen, aufgrund derer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könnte, dass der Beigeladenen gegen die Antragsgegner ein Schadensersatzanspruch gemäß § 88 Abs. 2 Satz 1 AktG zustünde, weil die Antragsgegner gegen § 88 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., Satz 2 AktG verstoßen haben, hat die Antragstellerin nicht dargetan.Randnummer53

Sinn und Zweck dieser Verbotsnormen ist der Schutz der Gesellschaft vor anderweitigem Einsatz der Arbeitskraft ihrer Vorstandsmitglieder (BGH, Urteil vom 02.04.2001, II ZR 217/99, NJW 2001, 2476 f., zitiert nach: juris, Rn. 4; BGH, Urteil vom 17.02.1997, II ZR 278/95, NJW 1997, 2055 f., zitiert nach: juris, Rn. 9). Offen bleiben kann, ob oder inwieweit ein solcher Verstoß überhaupt gegeben ist, wenn – wie hier – von vornherein bekannt ist, dass das Vorstandsmitglied im Zeitpunkt seiner Bestellung bereits andere Tätigkeiten ausübt und dass er diese weiterhin auszuüben beabsichtigt. Offen bleiben kann ebenfalls, ob für die Tätigkeiten der Antragsgegner wirksame Einwilligungen des Aufsichtsrats in die Fortsetzung dieser und die Aufnahme weiterer Tätigkeiten vorliegen. Denn jedenfalls fehlt es an Umständen, die den hinreichenden Verdacht begründen könnten, der Beigeladenen sei ein Schaden dadurch entstanden, dass ihr die Antragsgegner ihre Arbeitskraft nicht – im geschuldeten Umfang – zur Verfügung gestellt haben.Randnummer54

Unstreitig haben die Antragsgegner keine feste Vergütung für ihre Vorstandstätigkeit erhalten, sondern waren berechtigt, der Beigeladenen ihre Tätigkeiten bis zu einer zuvor festgelegten Höchstbetragsgrenze in Rechnung zu stellen. Ein durch die Zahlung fester Bezüge entstandener Schaden scheidet damit von vornherein aus. Einen anderweitig entstandenen Schaden hat die Antragstellerin ebenfalls nicht dargetan. Namentlich hat sie keine tatsächlichen Umstände vorgetragen, die den Verdacht begründeten, der Beigeladenen seien aufgrund des anderweitigen Einsatzes der Arbeitskraft der Antragsgegner Geschäfte entgangen, die sie bei Einsatz der Arbeitskraft für sie innerhalb ihres eigenen unternehmerischen Tätigkeitsbereichs hätte tätigen können. Die bloße Möglichkeit ist hierfür nicht ausreichend. Vielmehr hätte es der konkreten Darlegung bedurft, dass die Beigeladene Beratungsmandate tatsächlich hätte akquirieren können und die Beratungen nur deshalb nicht erfolgt sind, weil die Antragsgegner diese zu leisten aufgrund ihrer Tätigkeit für andere Unternehmen unterlassen haben.

d)

Die Antragstellerin kann ihren Antrag nicht mit Erfolg darauf stützen, die Beigeladene sei gemäß § 88 Abs. 2 Satz 2 AktG berechtigt, statt des Schadensersatzanspruchs zu verlangen, dass die Antragsgegner die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Beigeladenen eingegangen gelten lassen und die aus den Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgeben. Nach Auffassung des Senats kommt eine Zulassung dieses Anspruchs gemäß § 148 AktG nicht in Betracht.Randnummer56

Ob das sog. Eintrittsrecht, das heißt die Befugnis, aus verbotener Tätigkeit ihrer Vorstandsmitglieder erzielten Geschäftsgewinn an sich zu ziehen, einen Ersatzanspruch im Sinne des § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG darstellt, ist umstritten (bejahend: Mock in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Auflage 2015, § 147 Rn. 12; Koch in: Hüffer/Koch, AktG, 13. Auflage 2018, § 147 Rn. 2; Spindler in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Auflage 2015, § 147 Rn. 3; ablehnend: Arnold in: MünchKomm zum AktG, 4. Auflage 2018, § 147 Rn. 25). Welcher der Auffassungen der Vorzug zu geben ist, bedarf keiner Erörterung. Denn § 148 AktG lässt die Geltendmachung der in § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG bezeichneten Ersatzansprüche nicht generell zu, sondern knüpft die Zulassung gemäß § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG an weitere Voraussetzungen, weshalb die Geltendmachung auf Ersatzansprüche beschränkt ist, die durch bestimmte schwerwiegende Verhaltensweisen – Unredlichkeit und grobe Verletzungen des Gesetzes – entstanden sind und durch die der Gesellschaft ein Schaden entstanden ist. Der Eintritt eines Schadens ist mithin erforderliches Element der in Betracht kommenden Ansprüche (vgl. Arnold in: MünchKomm zum AktG, 4. Auflage 2018, § 148 Rn. 38, 42; Holzborn/Jänig in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Auflage 2017, § 148 Rn. 7; Rieckers/Vetter in: KölnKomm zum AktG, 3. Auflage 2015, § 148 Rn. 324). Dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Regelung Schadensersatzansprüche im Blick hatte, wird auch aus der Begründung des Gesetzentwurfs deutlich, in der die sich der Zulassung anschließende Klage als „Haftungsklage“ bzw. „Schadensersatzklage“ bezeichnet und als einer der in Betracht kommenden, der Geltendmachung des Ersatzanspruchs entgegen stehenden Gründe des Gesellschaftswohls eine sehr geringe Schadenssumme genannt wird (BT-Drucks. 15/5092, S. 22).Randnummer57

Der Vorteil des Eintrittsrechts gemäß § 88 Abs. 2 Satz 2 AktG liegt aber gerade darin, dass die Gesellschaft die Ergebnisse der verbotswidrig geschlossenen Geschäfte an sich ziehen kann, ohne den für den Schadensersatzanspruch erforderlichen Nachweis eines Schadens führen zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 22.01.1988, 2 StR 133/87, NJW 1988, 2483 ff., zitiert nach: juris, Rn. 40 f.; BGH, Urteil vom 06.12.1962, KZR 4/62, BGHZ 38, 306 ff., zitiert nach: juris, Rn. 15 zu § 113 HGB; Spindler in: MünchKomm zum AktG, 4. Auflage 2014, § 88 Rn. 32). Der Gesellschaft fallen, weil diese nur das wirtschaftliche Ergebnis der unzulässigen Beteiligung beanspruchen kann, einerseits die Vorteile des Geschäfts zu, andererseits hat sie auch die Nachteile zu tragen, insbesondere die dem Vorstand bei dem unzulässigen Geschäft entstandenen Aufwendungen zu ersetzen (Spindler in: MünchKomm zum AktG, 4. Auflage 2014, § 88 Rn. 36; vgl. auch BGH, Urteil vom 05.12.1983, II ZR 242/83, NJW 1984, 1351 ff., zitiert nach: juris, Rn. 36 zu § 113 HGB). Der Anspruch gemäß § 88 Abs. 2 Satz 2 AktG ist kein Schadensersatzanspruch, sondern kann stattdessen geltend gemacht werden. Mit Blick auf das in § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG normierte Erfordernis (des Verdachts) eines Schadens ist die Möglichkeit, eine Klage gemäß § 148 AktG zuzulassen, die ein Eintrittsrecht zum Gegenstand haben soll, deshalb abzulehnen.Randnummer58

Offen bleiben kann vor diesem Hintergrund, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 88 Abs. 2 Satz 2 AktG vorliegen und ob die Antragstellerin nicht ihr bestehendes Wahlrecht zwischen der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 88 Abs. 2 Satz 1 BGB und der Geltendmachung eines Eintrittsrechts gemäß § 88 Abs. 2 Satz 2 AktG bereits zugunsten des Schadensersatzanspruchs ausgeübt hat oder für die gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderliche Bestimmtheit der zu erheben beabsichtigten Klage hätte ausüben müssen.

e)

Soweit die Antragstellerin hilfsweise darauf abstellt, die Antragsgegner hätten seit Jahren kein operatives Geschäft mehr für die Beigeladene betrieben und damit den statutarischen Satzungszweck unterschritten, hat sie nicht aufgezeigt, welcher konkrete Schaden der Beigeladenen dadurch entstanden sein soll, der mit einer Klage geltend gemacht werden könnte. Dies gilt ungeachtet dessen, ob die Antragstellerin die Ansprüche auf  § 88 Abs. 2 Satz 1 AktG, auf § 93 Abs. 2 AktG oder auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB stützen zu können meint. Hierzu hätte es der Antragstellerin oblegen darzulegen, welche Geschäftsmöglichkeiten bestanden haben und von der Beigeladenen hätten wahrgenommen werden können. Die beabsichtigten Klageanträge führen insoweit nicht weiter, weil nicht dargetan ist, dass mit den Gesellschaften Geschäfte innerhalb des Unternehmensgegenstands der Beigeladenen getätigt worden sind. Nur solche hätte die Beigeladene jedoch selbst abschließen dürfen und nur insoweit bestand eine Geschäftsführungsbefugnis der Antragsgegner.

f)

Ohne Erfolg begehrt die Antragstellerin die Zulassung der Klagen zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 826 BGB. Bezüglich dieses Anspruchs fehlt es ebenfalls bereits an Tatsachen, die den Verdacht begründen, dass die Antragsgegner Geschäfte getätigt haben, die sie hätten für die Beigeladene tätigen müssen, und der Beigeladenen daraus ein Schaden entstanden ist, so dass es eines Eingehens auf die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen nicht bedarf.

g)

Ob die Behauptungen der Antragstellerin mit verdachtsbegründenden Tatsachen unterlegt sind, die Antragsgegner hätten Gelder und Ressourcen der Beigeladenen für eigene Zwecke und zum eigenen Vorteil genutzt sowie Gelder der Objektgesellschaft Börsenhotel C GmbH ohne diese beanspruchen zu können für sich vereinnahmt, kann dahinstehen. Einen beabsichtigten Klageantrag, der einen Ersatzanspruch aus einem solchen Lebenssachverhalt zum Gegenstand hätte, hat die Antragstellerin nicht zuzulassen begehrt. Die Anträge betreffen sämtlich andere Unternehmen und keine der Beigeladenen durch treuwidrige Entnahmen oder ihr treuwidrig belastete Kosten entstandenen Schäden. Da es sich um eigenständige und konkret bezifferbare Streitgegenstände handelt, sind diese auch nicht von der Stufenklage mitumfasst.Randnummer62

Selbst wenn die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren neue, darauf gerichtete Anträge gestellt hätte, wären diese, weil das Landgericht insoweit keine Entscheidung getroffen hat, nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens und eine Entscheidung des Senats insoweit nicht veranlasst.

h)

Soweit die Antragstellerin geltend macht, sie oder Herr A seien von den Antragsgegnern über verschiedene Umstände – namentlich im Zusammenhang mit dem Unternehmenszweck oder der Existenz und der personellen Zusammensetzung des Aufsichtsrats – getäuscht worden, kann sich daraus kein der Beigeladenen zustehender Ersatzanspruch im Sinne des § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG ergeben, den die Antragstellerin im eigenen Namen geltend zu machen gemäß § 148 AktG begehren könnte. Auch etwaige sonstige Verletzungen von Aktionärsrechten sind ohne Entscheidungsrelevanz, weil diese einen Anspruch der Beigeladenen nicht zu begründen vermögen.Randnummer64

Unerheblich sind schließlich auch etwaige Versäumnisse oder Pflichtverletzungen des Aufsichtsrats, weil die Klage, deren Zulassung begehrt wird, sich gegen dessen Mitglieder nicht richtet.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

3.

Über die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu entscheiden war nicht veranlasst, weil diese gemäß § 148 Abs. 2 Satz 8 AktG ausgeschlossen ist.Randnummer67

Beschwerdewert:Randnummer68

Der Beschwerdewert wird gemäß § 3 ZPO, § 53 Abs. 1 Nr. 5 GKG im Hinblick auf die Bedeutung der Sache für die Parteien auf 200.000,00 EUR festgesetzt, sich zusammensetzend wie folgt:Randnummer69

Antrag gegen den Antragsgegner zu 1):100.000,00 EUR
Antrag gegen den Antragsgegner zu 2):    100.000,00 EUR
gesamt:200.000,00 EUR

Löffler I www.K1.de I www.gesellschaftsrechtskanzlei.com I Gesellschaftsrecht I Wettbewerbsverbot der Gesellschafter I Wettbewerbsverbot der Geschäftsführer I nachvertragliches Wettbewerbsverbot I Erfurt I Thüringen I Sachsen I Sachsen-Anhalt I Hessen I Deutschland 2022

Schlagworte: AktG § 88, Verstoß gegen Wettbewerbsverbot, Wettbewerbsverbot, Wettbewerbsverbot der Geschäftsführer, Wettbewerbsverbot der Gesellschafter, Wettbewerbsverbot Vorstand

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OLG Köln, Beschluss vom 24. August 2018 – I-4 Wx 4/18

Freitag, 24. August 2018

§ 53 Abs 2 S 1 GmbHG, § 54 Abs 1 S 2 GmbHG

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Handelsregister – Köln vom 18.06.2018 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten zu 2) und 3) jeweils zur Hälfte zu tragen.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I. 

Gegenstand des Verfahrens ist die Zurückweisung eines Antrages auf Eintragung eines satzungsdurchbrechenden Beschlusses.

Im Gesellschaftsvertrag der Beteiligten zu 1) ist in § 12 folgende Kündigungsregelung enthalten: 

Kündigung der Gesellschaft

Die Gesellschaft ist kündbar unter Einhaltung einer Frist von 1 Jahr, jeweils zum Ende eines Geschäftsjahres. Die Kündigung ist durch eingeschriebenen Brief an die Gesellschaft auszusprechen. … “

Am 14.12.2017 fassten die Gesellschafter der Beteiligten zu 1) folgenden notariell beurkundeten Beschluss:

„1. Die Gesellschafter sind sich darüber einig, dass allen aktuellen Gesellschaftern – abweichend von den Satzungsregelungen – das Recht zustehen soll, die Gesellschaft nach Maßgabe der nachstehenden Regelung ordentlich zu kündigen. Das Kündigungsrecht soll dabei wie folgt lauten: 

„Die Gesellschaft ist mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende des Kalenderjahres kündbar. … “

Am selben Tage beantragten die Beteiligten zu 2) und 3) unter Bezugnahme auf vorstehenden Beschluss folgende Eintragung in das HandelsregisterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Eintragung
Eintragung in das Handelsregister
Handelsregister
: Randnummer9

„§ 12 des Gesellschaftsvertrages ist durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 14. Dezember 2017 durchbrochen worden.“ 

Nachdem die Beteiligten zu 2) und 3) trotz der vom Handelsregister hiergegen geäußerten Bedenken (Schreiben vom 29.12.2017; Bl. 145 – 147 d. A.) an ihrem Eintragungsantrag festgehalten haben, hat das Handelsregister diesen Antrag durch Beschluss vom 18.06.2018 (Bl. 149f. d. A.) zurückgewiesen, weil der Beschluss vom 14.12.2017 nichtig sei.

Dieser Beschluss wurde den Beteiligten zu 2) und 3) zu Händen ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 20.06.2018 zugestellt. Mit ihrer Beschwerde vom 13.07.2018 (Bl. 154f. d. A.), der das Handelsregister durch Beschluss vom 19.07.2018 (Bl. 157 d. A..) nicht abgeholfen hat, verfolgen sie ihr Eintragungsbegehren weiter.

Sie sind unter Bezugnahme auf verschiedene obergerichtliche Entscheidungen der Auffassung, dass der Beschluss vom 14.12.2017 den Anforderungen der §§ 53, 54 GmbHG genüge und deshalb nicht nichtig, sondern einzutragen sei.

II. 

Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, denn das Handelsregister hat die Eintragung des Beschlusses zu Recht abgelehnt.

Mit ihrer Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 07.06.1993 – II ZR 81/92 -, NJW 1993, 2246) sowie verschiedener Oberlandesgerichte (OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Nürnberg
, Beschluss vom 05.03.2010 – 12 W 376/10 -, MDR 2010, 822; OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Dresden
, Beschluss vom 09.11.2011 – 12 W 1002/11 -, NZG 2012, 507) übersehen die Antragsteller, dass für die Frage der Wirksamkeit sog. satzungsdurchbrechender Beschlüsse zwischen „punktuellen“ und „zustandsbegründenden“ Beschlüssen zu unterscheiden ist.

„Punktuelle“ Beschlüsse sind solche, bei denen sich die Abweichung von der Satzung auf einen konkreten Einzelfall beschränkt und sich deshalb die Wirkung des Beschlusses in der jeweiligen Maßnahme erschöpft.

Zustandsbegründend sind Beschlüsse dagegen, wenn sie einen von der Satzung abweichenden rechtlichen Zustand begründen (BGH, a. a. O., S. 2247).

Diese Differenzierung ist für die rechtliche Behandlung derartiger Beschlüsse von Bedeutung. Während punktuell satzungsdurchbrechende Beschlüsse wirksam, aber anfechtbar sind, sind zustandsbegründend satzungsdurchbrechende Beschlüsse „dagegen ohne Einhaltung der für eine Satzungsänderung geltenden Formvorschriften … unwirksam“ (BGH, a. a. O., S. 2247).

Bei dem hier in Rede stehenden Beschluss handelt es sich nicht um eine punktuelle Abweichung von der Satzung. Es geht vielmehr darum, für die derzeitigen Gesellschafter der Beteiligten zu 1) eine dauerhafte Abweichung von der Kündigungsregelung in § 12 des Gesellschaftsvertrages und damit einen dauerhaften Zustand zu schaffen.

Eine zustandsbegründende Satzungsdurchbrechung ohne förmliche Satzungsänderung ist aber nicht möglich und deshalb ist das Handelsregister zu Recht von der Nichtigkeit des Beschlusses vom 14.12.217 ausgegangen. Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs dazu, dass zustandsbegründende satzungsdurchbrechende Beschlüsse die Formvorschriften der §§ 53, 54 GmbHG wahren müssen, wird von der überwiegenden Auffassung dahin verstanden, dass eine derartige Satzungsdurchbrechung letztlich nur durch eine formelle Satzungsänderung möglich sei, weil zu den Anforderungen an die Satzungsänderung gemäß § 54 Abs. 1 S. 2 GmbHG auch gehört, dass der Anmeldung der Wortlaut des (geänderten) Gesellschaftsvertrages beizufügen ist. Dies wird z. T. ausdrücklich so ausgeführt (OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Beschluss vom 13.10.2011 – 20 W 95/11 -, GmbHR 2012, 394, 396; Priester, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl., 2014, § 53 Rn 30; Hoffman, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl., 2010, § 53 Rn 37), z. T. ergibt sich dies aber auch aus der Forderung, dass „zustandsbegründende Satzungsdurchbrechungen … zu ihrer Wirksamkeit der Einhaltung sämtlicher Bestimmungen über die Satzungsänderung“ bedürfen (OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Düsseldorf
, Beschluss vom 23.09.2016 – 3 Wx 130/15 -, NZG 2016, 1424 Rn 15; OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Dresden
, a. a. O.; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., 2016, § 53 Rn 30 sowie Harbarth, in: MünchKommGmbHG, 2. Aufl., 2016, § 53 Rn 49, wenn dort auf einen „Satzungsänderungsbeschluss“ abgestellt wird). Demgegenüber ist die Auffassung, dass es für die Wirksamkeit auch der zustandsbegründenden Satzungsdurchbrechung ausreichend sei, wenn die Formvorschrift des § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG gewahrt werde und der Beschluss als solcher – ohne eine geänderte Urkunde des Gesellschaftsvertrages – in das Handelsregister eingetragen wird (Ulmer/Casper, in Großkomm GmbHG, 2. Aufl., 2016, § 53 Rn 38) vereinzelt geblieben. Lediglich nach dieser Auffassung wäre der hier in Rede stehende Beschluss so wie beantragt in das Handelsregister einzutragen und damit auch wirksam.

Der Senat folgt dieser Auffassung jedoch nicht, sondern schließt sich der herrschenden Meinung an, denn allein diese trägt den der maßgeblichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1993 zugrunde liegenden Erwägungen hinreichend Rechnung. Allerdings wird dort die Konsequenz, dass es wirksame zustandsbegründende Satzungsdurchbrechungen außerhalb der formellen Satzungsänderung nicht geben kann, nicht ausdrücklich formuliert. Es ergibt sich aber gleichwohl, dass gerade dies gemeint gewesen ist. Der Bundesgerichtshof bezieht sich in seiner Entscheidung ausdrücklich auf den wenige Jahre zuvor veröffentlichte Aufsätze von Priester (ZHR 151 (1987), 40), auf den die Unterscheidung zwischen „punktuellen“ und „zustandsbegründenden“ Beschlüssen zurück geht. Bereits in diesem Zusammenhang hatte er im Hinblick auf das Informationsinteresse Dritter eine Änderung des Satzungstextes für unerlässlich gehalten und ausgeführt:

„Zustandsbegründende Satzungsdurchbrechungen müssen demnach zu ihrer Wirksamkeit in den Satzungstext wörtlich aufgenommen werden … “ (a. a. O., S. 56).

Genau hieran hat der Bundesgerichtshof dann aber auch angeknüpft, wenn er in seiner Grundsatzentscheidung ausführt, dass „der Rechtsverkehr über die Verhältnisse der Gesellschaft entgegen dem mit der Registerpublizität verfolgten Zweck unzutreffend informiert“ wird, wenn die zum Handelsregister eingereichte Satzungsurkunde „den materiellen Satzungsinhalt nicht richtig und vollständig“ wiedergibt (a. a. O., S. 2247). Gerade das wäre aber der Fall, wenn man es zuließe dass neben der in der Satzungsurkunde enthaltenen Regelung des § 12 auch noch der hiervon abweichende Beschluss vom 14.12.2017 gelten würde, denn dann wären die für die Gesellschaft maßgeblichen grundlegenden Regelungen nicht mehr allein aus der Satzungsurkunde zu entnehmen. Entgegen der von Ulmer/Casper (a. a. O.) vertretenen abweichenden Auffassung ist deshalb die Einhaltung des § 54 Abs. 1 S. 2 GmbHG für zustandsbegründende Beschlüsse deshalb auch keine „pure Förmelei“, sondern dient der Wahrung berechtigter Interessen. Soweit Ulmer/Casper sich für ihre Auffassung auch auf die Kommentierung von Hoffmann (a. a. O., Rn 35) berufen, geschieht dies im Übrigen zu Unrecht. Hoffmann will auf die Einhaltung des § 54 Abs. 1 S. 2 GmbHG ausdrücklich nur für „punktuelle“ Satzungsdurchbrechungen verzichten.

Diese enge Zulassung satzungsdurchbrechender Beschlüsse ist auch nicht mit erkennbaren Nachteilen für die Gesellschaft oder ihre Gesellschafter verbunden. Der satzungsdurchbrechende Beschluss bedarf ebenso wie der satzungsändernde der notariellen Beurkundung und der Eintragung in das HandelsregisterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Eintragung
Eintragung in das Handelsregister
Handelsregister
. Es ist auch ohne weiteres möglich, es grundsätzlich bei der Satzungsregelung zu belassen und diese lediglich um eine auf den konkreten Fall zugeschnittene abweichende Regelung zu ergänzen (vgl. den Formulierungsvorschlag bei Priester, a. a. O., S. 56). Der einzige „Zusatzaufwand“ besteht dann darin, dass die so geänderte Satzungsurkunde neu ausgedruckt werden muss. Das ist im Hinblick auf den damit verbundenen Gewinn an Transparenz aber ohne weiteres zumutbar.

III. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswertes folgt aus § 36 Abs. 3 GNotKG. 

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, weil die maßgebliche Rechtsfrage bereits höchstrichterlich entschieden ist und seit dieser Entscheidung keine neue Gesichtspunkte aufgetreten sind, die eine erneute Befassung des Bundesgerichtshofs mit dieser Frage erfordern würden.

Schlagworte: satzungsdurchbrechender Beschluss, Satzungsdurchbrechung

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Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 28.05.2018 – 27 U 13/17

Montag, 28. Mai 2018

§ 433 Abs. 1, § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1, § 346 Abs. 1 BGB

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln (4 O 177/16) vom 18.04.2017 wird zurückgewiesen.

Damit ist die Anschlussberufung wirkungslos (§ 524 Abs. 4 ZPO).

Die Kosten des Rechtsmittels und der Anschlussberufung trägt der Kläger.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor seiner Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 22.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrages über ein Fahrzeug des Fabrikats W F 2,0 TDI.

Im April 2015 schlossen die Parteien einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Personenkraftwagen W F, 2,0 TDI DSG, Erstzulassung 2011, mit einer Laufleistung von 23.100 km zu einem Kaufpreis in Höhe von 22.000 €. Das Fahrzeug verfügt über einen Dieselmotor des Typs EA 189. In dem Fahrzeug ist eine nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG unzulässige Abschaltvorrichtung eingebaut.

Die vom Hersteller für den Motor vorgesehene und auch in dem von der Klägerin erworbenen Pkw eingesetzte Motorsteuerung sieht hinsichtlich der Abgasrückführung zwei Betriebsmodi vor, und zwar einen hinsichtlich des Stickstoffausstoßes optimierten Betriebsmodus 1 mit einer verhältnismäßig hohen Abgasrückführungsrate sowie einen hinsichtlich des Partikel-Ausstoßes optimierten Betriebsmodus 0 mit einer erheblich geringeren Abgasrückführungsrate vor. Dabei vermag die Motorsteuerung zu erkennen, ob das Fahrzeug auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte eingesetzt wird oder ob es im Straßenverkehr betrieben wird, und schaltet bei einer Prüfung der Emissionen auf dem Prüfstand in den Modus 1. Auf diese Art und Weise wird sichergestellt, dass bei der Prüfung der betreffenden Fahrzeuge nach den gesetzlich vorgesehenen Maßgaben der Euro-5-Abgasnorm geringere Stickoxid-Emissionen gemessen werden und dementsprechend die Stickoxid-Grenzwerte im Laborbetrieb eingehalten werden. Dagegen schaltet die Motorsteuerung in den Modus 0, wenn das Fahrzeug im Straßenverkehr eingesetzt wird.

Das Kraftfahrzeug-Bundesamt erlegte dem Hersteller W nach dem Bekanntwerden der vorstehenden Manipulation auf, die entsprechende Software aus den Fahrzeugen zu entfernen und gab in der folgenden Zeit sukzessive Software-Updates für eine Vielzahl verschiedener Fahrzeug- und Motoren-Typen des Herstellers W frei. In der Zwischenzeit verzichtete das Kraftfahrt-Bundesamt darauf, die EG-Typengenehmigung zu widerrufen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 17. November 2015 forderte der Kläger die Beklagte auf, bis zum 16. Dezember 2015 ein mangelfreies Fahrzeug gleichen Typs und gleicher Ausstattung nachzuliefern, hilfsweise das ausgelieferte Fahrzeug nachzubessern.

Mit Schreiben vom 27. November 2015 verwies die Beklagte darauf, dass für Anfang 2016 herstellerseits eine Rückrufaktion zur Behebung des Mangels geplant sei und es als sinnvoll erachtet werde, diese abzuwarten.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 18. Januar 2016 erklärte der Kläger alsdann den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 2. Februar 2016 auf, das Fahrzeug am Wohnsitz des Klägers abzuholen und den Kaufpreis abzüglich eines Nutzungswertersatzes in Höhe von 976,91 € an den Kläger zurückzuzahlen.

Mit Schreiben vom 18. Januar 2016 wies die Beklagte den erklärten Rücktritt zurück.

Das Kraftfahrtbundesamt erteilte am 3. Juni 2016 die Freigabe für das Software-Update für das streitgegenständliche Fahrzeugmodell. Die technische Lösung für das Fahrzeug des Klägers steht seit dem 9. September 2016 zur Verfügung.

Mit Schriftsatz vom 9. November 2016 forderte die Streithelferin den Kläger auf, das Update durchführen zu lassen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 22.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2016 abzüglich eines Nutzungswertersatzes in Höhe von 3.375,37 € zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung des Pkw W F, Baujahr 2011 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer WxxZZxxFZxx00xx81,

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des vorgenannten Fahrzeugs in Verzug befindet,

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.789,76 € freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 22.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2016 abzüglich eines Nutzungswertersatzes in Höhe von 0,08 € pro gefahrenen Kilometer zum Zeitpunkt der Rücknahme des Fahrzeugs, mindestens jedoch 3.375,37 € zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pkw W F, Baujahr 2011 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer WxxZZxxFZxx00xx81. Ferner hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.789,76 € freizustellen und es hat festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Verzug befindet.

Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, das verkaufte Fahrzeug weise einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB auf. Der Käufer eines Pkw könne grundsätzlich davon ausgehen, dass für das Fahrzeug ohne eine weitere technische Aufarbeitung dauerhaft eine Betriebserlaubnis bestehe. In Anbetracht der vorhandenen unzulässigen Abschaltvorrichtung sei das Fahrzeug jedoch einem Software-Update zu unterziehen, um die Betriebserlaubnis aufrechtzuerhalten. Zudem entspreche das Fahrzeug nicht den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers und Herstellers, da dieses die angegebene Schadstoffnorm Euro 5 nicht erfülle. Vor diesem Hintergrund sei auch ein Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB zu bejahen. Der Rücktritt sei auch nicht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen, da die Pflichtverletzung nicht unerheblich sei. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung sei zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch nicht feststand, ab wann das Software-Update zur Verfügung stehen würde und ob nicht nach Installation des Updates mit negativen Folgen bezüglich anderer Parameter gerechnet werden musste. Zudem hätte das Update durch die Streithelferin erfolgen sollen, die die Abschaltvorrichtung arglistig aufgespielt habe und in deren Motorsoftware zu vertrauen, wenig Anlass bestehe. Ferner sei in Anbetracht des Makels des „Abgas-Skandals“ mit einem merkantilen Minderwert des Fahrzeugs zu rechnen. Schließlich bestünden Zweifel, dass die Nachrüstung des Fahrzeugs lediglich Kosten in Höhe von 100 € verursache. Einer Fristsetzung zur Nachbesserung habe es nicht bedurft, da der Beklagten eine Nachbesserung nicht möglich gewesen sei.

Wegen der weiteren tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Landgerichts im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen die Zuerkennung der Klage wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Sie trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter vor, das Fahrzeug weise schon keinen Sachmangel auf. Es verfüge nach wie vor über eine Klassifizierung der Abgasnorm EU 5 und könne vom Kläger uneingeschränkt genutzt werden. Seit September stehe für das Fahrzeug das Software-Update zur Verfügung. Unzutreffend führe das Landgericht aus, das Fahrzeug erfülle die Vorgaben der Schadstoffnorm Euro 5 im normalen Straßenverkehr nicht. Für die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte zur Erlangung der EG-Typengenehmigung sei nicht der normale Straßenbetrieb, sondern nur der synthetische Fahrzyklus unter Laborbedingungen maßgeblich. Ein Mangel liege auch nicht darin begründet, dass das Fahrzeug eines Software-Updates bedurfte, da sich hieraus keine nachteiligen Abweichungen des Ist-Zustandes vom Soll-Zustand ergeben hätten. Das Fahrzeug habe jederzeit uneingeschränkt genutzt werden können. Das Fahrzeug habe jederzeit über eine Betriebserlaubnis verfügt. Ein Entzug der Betriebserlaubnis habe zu keinem Zeitpunkt gedroht.

Die Pflichtverletzung sei auch nicht erheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB. Die Kosten für die Installation des Software-Updates beliefen sich auf weniger als 100 €. Unerheblich sei, ob der Kläger sein Vertrauen in die Streithelferin verloren habe, da nicht diese, sondern die Beklagte Vertragspartnerin sei. Zudem werde die Umrüstung durch das Kraftfahrt-Bundesamt kontrolliert. Zudem sei ein arglistiges Verhalten der Streithelferin nicht festgestellt. Ein merkantiler Minderwert des Fahrzeugs sei nicht gegeben. Unabhängige Institute wie Schwacke und DAT hätten keinen Wertverlust der betroffenen Fahrzeuge festgestellt. Unzutreffend habe das Landgericht zudem die Erheblichkeit der Pflichtverletzung damit begründet, dass im Januar 2016 nicht festgestanden habe, ab wann das Software-Update zur Verfügung stehen würde. Bereits im November habe festgestanden, in welcher Art und Weise das Software-Update auf die Motorsteuerung einwirken müsse und dass die Umsetzung weniger als eine Stunde in Anspruch nehmen würde und die Kosten sich auf weniger als 100 € beliefen. Mithin sei im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung eine technische Lösung bekannt gewesen, die nur unerhebliche Kosten verursachen würde. Auch weil der Kläger sein Fahrzeug habe uneingeschränkt weiter nutzen können, alle notwendigen Genehmigungen vorgelegen hätten und eine Nachbesserung absehbar gewesen sei, liege keine erhebliche Pflichtverletzung vor. Zudem sei nicht auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung, sondern auf denjenigen der gerichtlichen Entscheidung abzustellen.

Weiterhin habe das Landgericht rechtfehlerhaft eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung angenommen. Bereits im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung habe die ordnungsgemäße Behebbarkeit des Mangels mittels des Software-Updates festgestanden. Die vom Kläger gesetzte Frist zur Nacherfüllung sei unangemessen kurz gewesen. Zu berücksichtigen sei nämlich die Vielzahl der betroffenen Fahrzeuge, dass die Beklagte zunächst keine Kenntnis von der betroffenen Software gehabt habe und dass die Annahme einer kürzeren Frist einen unauflösbaren Widerspruch zu dem mit dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmten Zeit- und Maßnahmenplan begründet hätte. Die vom Kläger gesetzte Frist habe auch keine angemessene Frist in Gang gesetzt, da der Kläger bewusst eine zu kurze Frist – und mithin nur zum Schein – gesetzt habe.

Selbst wenn man eine ordnungsgemäße Fristsetzung bejahte, wäre das Angebot der Beklagten, das Software-Update durchzuführen, innerhalb einer angemessenen Nacherfüllungsfrist erfolgt, da eine angemessene Nachfrist nicht vor der sich auf der Grundlage des mit dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmten Zeit- und Maßnahmenplans ergebenden Datums der technischen Überarbeitung abgelaufen sei.

Hinsichtlich der Verpflichtung des Klägers zum Nutzungsersatz im Falle eines Rückgewährschuldverhälnisses habe das Landgericht bei der Ermittlung des Nutzungsersatzes unzutreffend eine Laufleistung des Fahrzeugs von 275.000 Kilometern angenommen. Zutreffend sei hingegen von einer Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 250.000 Kilometern auszugehen.

Soweit das Landgericht die Beklagte verurteilt habe, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu erstatten, rügt die Beklagte, dass eine Geschäftsgebühr von 2,0 für angemessen erachtet worden sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 18. April 2017 – 4 O 177/16 – teilweise abzuändern, soweit das Urteil die Beklagte beschwert und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt er sinngemäß,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 18. April 2017 – 4 O 177/16 – teilweise dahin abzuändern, dass der vom Kaufpreis in Abzug zu bringende Nutzungswertersatz sich lediglich mit 0,067 € je gefahrenem Kilometer berechnet.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

Zur Anschlussberufung trägt er vor, das Landgericht sei zu Unrecht von einer Laufleistung des Fahrzeugs von nur 275.000 Kilometern ausgegangen. Vielmehr sei eine Laufleistung von 350.000 Kilometern zugrunde zu legen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Nach einstimmiger Überzeugung des Senats hat die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Zudem ist eine mündliche Verhandlung nicht geboten.

Mit Hinweisbeschluss vom 12. April 2018 hat der Senat wie folgt ausgeführt:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten verspricht keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat nimmt zunächst in vollem Umfang Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung.

1. Zutreffend hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des vereinbarten Kaufpreises aus § 433 Abs. 1, § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1, § 346 Abs. 1 BGB bejaht.

a) Das dem Kläger von der Beklagten im April 2015 verkaufte Fahrzeug W F 2,0 TDI war zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht frei von Sachmängeln im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB, da es nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

aa) Die übliche Beschaffenheit bestimmt sich nach dem Empfängerhorizont eines Durchschnittskäufers, und zwar danach, welche Beschaffenheit er anhand der Art der Sache erwarten kann. Es kommt mithin auf die objektiv berechtigte Käufererwartung an, die sich in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte jedenfalls im Regelfall an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen orientiert (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2009 – VIII ZR 191/07, BGHZ 181, 170 Rn. 14). Der vernünftige Durchschnittskäufer erwartet, wenn er ein für den Betrieb im Straßenverkehr vorgesehenes Fahrzeug erwirbt, dass das betreffende Fahrzeug entweder zu Recht zugelassen oder zulassungsfähig ist. Dementsprechend geht er nicht nur davon aus, dass das Fahrzeug die technischen und die rechtlichen Voraussetzungen der Zulassung erfüllt, sondern auch, dass der Hersteller die für den Fahrzeugtyp erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen nicht durch eine Täuschung erwirkt hat.

Zum einen kann nämlich der Käufer gesetzeskonformes Verhalten der Hersteller und aller übrigen Beteiligten erwarten, und das gilt auch dann, wenn seitens eines oder mehrerer Hersteller in so großer Zahl rechtswidrig manipuliert wird, dass im Ergebnis die Anzahl der durch Täuschung erwirkten diejenige der rechtmäßig zustande gekommenen Zulassungen, Erlaubnisse und Genehmigungen übersteigt. Denn solange die Manipulationen heimlich vorgenommen werden und solange die für den Betrieb eines Pkw im Straßenverkehr erforderlichen Zulassungen, Erlaubnisse und Genehmigungen durch entsprechende Täuschungen erwirkt werden, kann dies keinen Einfluss auf die Erwartungen des Durchschnittskäufers haben. Zum anderen erstrecken sich die berechtigten Erwartungen eines vernünftigen durchschnittlichen Käufers auch auf die Erwirkung aller letztendlich für den Betrieb des erworbenen Fahrzeugs im Straßenverkehr erforderlichen Zulassungen, Erlaubnisse und Genehmigungen, mag der Käufer sich auch bis zum Bekanntwerden von Manipulationen keine konkreten Vorstellungen von den einzelnen technischen Einrichtungen, rechtlichen Voraussetzungen und Zulassungs- bzw. Genehmigungsverfahren gemacht haben. Denn eine Täuschung in dem für den erlaubten Betrieb und die Zulassung des Fahrzeugs bedeutsamen Bereich gefährdet aus der Sicht eine vernünftigen Durchschnittskäufers eventuell die für seine Nutzung des Pkw im Straßenverkehr maßgebende Zulassung. Darüber hinaus hat sie für ihn auch insofern unabsehbare Folgen, als er die Folgen für den Verkehrs- und Wiederverkaufswert seines Fahrzeuges im Falle eines Bekanntwerdens der Manipulation nicht sicher zu prognostizieren vermag und ihm deshalb erhebliche finanzielle Einbußen als drohend erscheinen, die er mit dem Erwerb eines anderen Fahrzeugs vermeiden könnte (vgl. OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Köln
, NZV 2018, 72, juris Rn. 36 ff.).

bb) Nach diesen Maßstäben ist das von der Beklagten verkaufte Fahrzeug mangelhaft. Unstreitig war in das Fahrzeug eine Software installiert, die für den Betrieb des Fahrzeugs auf einem Prüfstand einen hinsichtlich geringer Stickoxid-Emissionen optimierten Betriebsmodus sowie eine Erkennung des Prüf-Betriebes und eine Umschaltung in den optimierten Betriebsmodus vorsieht. Allein die Installation dieser Software führt dazu, dass das Fahrzeug nicht die übliche Beschaffenheit aufweist, da der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages noch davon ausgehen durfte, dass sich der Hersteller rechtmäßig verhalten und die für den Betrieb seines Pkw sowie für die Zulassung desselben erforderlichen Zulassungen, Genehmigungen und Erlaubnisse nicht durch Täuschung und nicht unter Anwendung einer Manipulations-Software erwirkt hatte (vgl. OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Köln
, NZV 2018, 72, juris Rn. 39 f.; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, Beschluss vom 23. März 2017 – 3 U 4316/16, juris Rn. 13; OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
, Beschluss vom 21. Juni 2016 – 28 W 14/16, juris Rn. 28; OLG CelleBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Celle
, MDR 2016, 1016, juris Rn. 6 f.; LG Hamburg, Urteil vom 7. März 2018 – 329 O 105/17, juris Rn. 32; LG Braunschweig, Urteil vom 6. Februar 2018 – 11 O 1175/17, juris Rn. 102; LG Ravensburg, Urteil vom 9. Januar 2018 – 2 O 171/17, juris Rn. 31; LG Potsdam, Urteil vom 24. November 2017 – 6 O 36/17, juris Rn. 17; LG Neuruppin, Urteil vom 24. Mai 2017 – 1 O 170/16, juris Rn. 36; LG Münster, Urteil vom 14. März 2016 – 11 O 341/15, juris Rn. 18; LG Regensburg, Urteil vom 4. Januar 2017 – 7 O 967/16, juris Rn. 30; LG Oldenburg, DAR 2016, 658, juris Rn. 26). Unerheblich ist daher, ob das Fahrzeug die maßgebenden Grenzwerte insbesondere der Euro-5-Abgasnorm hinsichtlich der Stickoxid-Ausstoßes auch ohne die betreffende Manipulations-Software einzuhalten vermag, und ob die für die Einhaltung der Euro-5-Norm im Prüfbetrieb maßgebenden Einzelheiten für den gewöhnlichen Fahrbetrieb nicht nur hinsichtlich der Emissionen, sondern auch im Zusammenhang mit dem Kraftstoffverbrauch und den Fahrleistungen bedeutungslos sind (vgl. auch OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Köln
, NZV 2018, 72, juris Rn. 40; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, Beschluss vom 23. März 2017 – 3 U 4316/16, juris Rn. 13; LG Neuruppin, Urteil vom 24. Mai 2017 – 1 O 170/16, juris Rn. 36).

Dass das Fahrzeug – worauf die Beklagte hinweist – fahrbereit, verkehrstauglich und (zunächst) uneingeschränkt genutzt werden konnte, ist vor diesem Hintergrund für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit nicht von Belang (vgl. auch LG Regensburg, Urteil vom 4. Januar 2017 – 7 O 967/16, juris Rn. 31).

b) Der Kläger hat der Beklagten letztlich auch eine angemessene Frist zur Nacherfüllung im Sinne des § 323 Abs. 1 BGB gesetzt.

Es kann dahinstehen, ob der Kläger berechtigt war, von der Beklagten Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs gleichen Typs und gleicher Ausstattung zu verlangen, oder ob sich sein Nacherfüllungsanspruch im Hinblick auf den Kauf eines konkreten Gebrauchtfahrzeugs auf eine Nachbesserung beschränkte, da der Kläger vorsorglich auch zur Nachbesserung innerhalb der gesetzten Frist aufgefordert hat.

Dahinstehen kann ferner, ob eine Nacherfüllung zum Zeitpunkt der Nachbesserungsaufforderung am 17. November 2015 überhaupt möglich und eine Fristsetzung gemäß § 326 Abs. 5 BGB gegebenenfalls entbehrlich war. Jedenfalls hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 22. November 2015 eine angemessene Frist zur Nacherfüllung in Lauf gesetzt, die zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vom 18. Januar 2016 verstrichen war.

aa) Aufgrund der in § 323 Abs. 1 BGB vorgesehenen angemessenen Nachfrist soll der Schuldner Gelegenheit erhalten, seine im Wesentlichen vorbereitete Leistung nunmehr zu erbringen. Die Nachfrist braucht deshalb nicht so lang zu sein, dass der Schuldner innerhalb dieser Frist seine Leistung überhaupt erst vorbereiten kann. Zwar sind bei Prüfung der Frage, ob die Nachfrist angemessen ist, die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles zu berücksichtigen. Die Nachfrist muss aber nicht zu einer Ersatzlieferungsfrist werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1985 – V ZR 134/84, NJW 1985, 2640, juris Rn. 23, Urteil vom 6. Dezember 1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855, juris Rn. 16, BGH, Urteil vom 10. Februar 1982 – VIII ZR 27/81 -, NJW 1982, 1279, juris Rn. 52; jeweils zu § 326 BGB a.F.).

bb) Nach diesen Grundsätzen war nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles eine Frist von nicht mehr als sieben Wochen objektiv angemessen. Zwar war die Beklagte selbst weder für den Sachmangel im Sinne eines Verschuldens verantwortlich, noch verfügte sie über die für seine Behebung maßgebenden Kenntnisse und Fertigkeiten und musste daher die Entwicklung einer bis dahin nicht vorhandene Software durch den Hersteller, deren Genehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt und schließlich deren Bereitstellung vor einer möglichen Nachbesserung abwarten. Indes ist das gewichtige Interesse des Klägers an einer umgehenden Behebung des Mangels zu sehen, dem die Unsicherheit eines nicht absehbar langen Zuwartens selbst mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich nicht eingeschränkte Nutzbarkeit des Pkw nicht zuzumuten war. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass zum einen das Gelingen und der Zeitpunkt eines genehmigten Software-Updates nicht feststanden und damit die für den Kläger bedeutsame Zulassung weiter in Frage stand und zum anderen in der Zwischenzeit die Veräußerbarkeit des erworbenen Pkw sowie sein Verkehrswert in Frage standen. Es liegt nämlich in der Natur der Sache und ist allgemein bekannt, dass ein Pkw, dessen Zulassung auf dem Einsatz einer Manipulations-Software sowie einer entsprechenden Täuschung seitens des Herstellers beruht und dessen fortgesetzter Betrieb im Straßenverkehr der Entwicklung sowie des Einsatzes einer bis dahin noch nicht vorhandenen Software und der Freigabe der Software seitens des Kraftfahrzeug-Bundesamtes bedarf, am Fahrzeug-Markt schwerer absetzbar ist als ein Pkw, der keinen Unsicherheiten dieser Art ausgesetzt ist (vgl. OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Köln
, NZV 2018, 72, juris Rn. 47 f.).

cc) Zwar belief sich die von Seiten des Klägers gesetzte Nachfrist auf lediglich ca. 3,5 Wochen und könnte daher zu kurz bemessen gewesen sein. Indes setzt eine zu kurz bemessene Frist in der Regel die angemessene Frist – hier von sieben Wochen – in Lauf (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1985 – V ZR 134/84, NJW 1985, 2640, juris Rn. 21).

Entgegen der Behauptung der Beklagten bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Frist nur zum Schein gesetzt hat. Allein der Umstand, dass der Gläubiger anstelle einer angemessenen siebenwöchigen Frist eine Nachfrist von ca. 3,5 Wochen setzt, bietet keinen Anhalt für eine solche Schein-Fristsetzung. Zudem ist zu bemerken, dass der Kläger den Rücktritt auch nicht bereits nach Ablauf der zu kurz bemessenen Nachfrist, sondern erst am 18. Januar 2016 erklärt hat. Es ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass der Kläger eine innerhalb der angemessenen Frist angebotene Nacherfüllung durch die Beklagten keinesfalls annehmen wollte.

Mit dem Schreiben vom 22. November 2015 hat der Kläger daher eine angemessene Frist von sieben Wochen in Lauf gesetzt, die zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vom 18. Januar 2016 fruchtlos verstrichen war. Dabei kann es dahinstehen, ob der Beklagten zum Zwecke der Durchführung der Nachbesserung nach Ablauf der Nachfrist im Hinblick auf die Vielzahl der nachzubessernden Fahrzeuge und der damit verbundenen Terminsdichte noch ein weiterer Zeitraum von einigen wenigen Wochen zuzubilligen gewesen wäre, da es zumindest erforderlich gewesen wäre, innerhalb der angemessenen Frist von sieben Wochen, eine konkrete Nachbesserung mit Terminsvorschlägen anzubieten. Dies ist indes nicht geschehen.

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Rücktritt nicht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen, da der Sachmangel nicht als unerheblich anzusehen ist.

Ob ein Sachmangel geringfügig ist, erfordert eine umfassende Interessenabwägung und eine Würdigung der Umstände des Einzelfalles (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 16 m.w.N.). Dabei ist in der Regel von einer Eheblichkeitsschwelle von fünf Prozent des Kaufpreises auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 38).

Legt man entsprechend dem Vorbringen der Beklagten Mängelbeseitigungskosten von weniger als 100 € zugrunde, ist diese vom Bundesgerichtshof aufgestellte kostenbezogene Erheblichkeitsschwelle nicht erreicht. Indes führt eine Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles dazu, dass selbst bei einer Unterschreitung dieser kostenbezogenen Erheblichkeitsschwelle hier abweichend vom Regelfall nicht von einem geringfügigen Mangel ausgegangen werden kann.

Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die notwendige Software zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung weder vom Kraftfahrt-Bundesamt geprüft und genehmigt war noch überhaupt zur Verfügung stand. Zu diesem Zeitpunkt war lediglich ein vom Hersteller vorgelegter Zeit- und Maßnahmenplan vom Kraftfahrt-Bundesamt im Wege einer nachträglichen Nebenbestimmung zur Typengenehmigung für verbindlich erklärt worden und der Hersteller hatte einer weiteren Auflage des Kraftfahrt-Bundesamtes folgend bis zum 25. November 2015 lediglich eine generelle Lösung zur Beseitigung der Manipulation vorgelegt. Demnach stand zum Zeitpunkt des Rücktritts weder fest, mit welchem sachlichen und finanziellen Aufwand es gelingen würde, den Mangel in einer auch von dem für die Zulassung bedeutsamen Kraftfahrt-Bundesamt genehmigten Art und Weise zu beheben, noch dass die vom Hersteller angekündigte Nachbesserung im Wege eines bloßen Software-Updates überhaupt gelingen und zur Genehmigung des Kraftfahrt-Bundesamtes führen würde. Tatsächlich erteilte das Kraftfahrt-Bundesamt die Freigabe des Software-Updates erst am 3. Juni 2016 und erst am 9. September 2016, nahezu 10 Monate nach der Mängelbeseitigungsaufforderung, stand das Software-Update für das Fahrzeug des Klägers zur Verfügung.

Schon mit Rücksicht auf diese ganz erhebliche Ungewissheit zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung kann ein unerheblicher Sachmangel im Sinne des § 323 Abs. 5 BGB  mit Blick auf die möglichen Folgen für den Kläger nicht angenommen werden.

Hinzu kommt, dass der Kläger im Falle einer Anwendung des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB für einen unabsehbaren Zeitraum das Risiko einer Insolvenz sowohl des Herstellers, der über die für eine eventuell mögliche Behebung des Sachmangels erforderlichen technischen Daten verfügte, als auch der Beklagten aufgebürdet würde. Weil der Hersteller W einer kaum überschaubaren Anzahl von Ansprüchen geschädigter Kunden und Händler in der ganzen Welt ausgesetzt war und ist, bestand für den Kläger das nicht zu vernachlässigende Risiko, dass er infolge einer zwischenzeitlichen Insolvenz des Herstellers und wegen des Unvermögens der Beklagten, das Software-Problem selbst zu lösen und eine notwendige Freigabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt zu erwirken, letztendlich ein Fahrzeug würde behalten müssen, dessen Zulassung zum Betrieb im Straßenverkehr in Frage stand.

In Anbetracht dieser Gesamtumstände überwiegt das Rückabwicklungsinteresse des Klägers das Bestandsinteresse der Beklagten, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass diese selbst den Sachmangel weder im Sinne eines Verschuldens zu verantworten hat, noch überhaupt von ihm beim Gefahrübergang Kenntnis hatte.

2. Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das Landgericht zur Ermittlung des zu leistenden Nutzungsersatzes eine Laufleistung des Fahrzeugs von 275.000 Kilometern angenommen hat. Auch wenn sich inzwischen die Kilometerlaufleistung von Dieselfahrzeugen wieder leicht verringert hat, ist nach wie vor davon auszugehen, dass diese eine Laufleistung von bis zu 300.000 Kilometern haben. Die Schätzung durch das Landgericht gemäß § 287 ZPO ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.

3. Zu Recht hat das Landgericht auch angenommen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

Der Kläger hatte seine Leistung am rechten Ort, zur rechten Zeit in der richtigen Art und Weise angeboten. Die Rückgewähr der Kaufsache hat dort zu erfolgen, wo sie sich bestimmungsgemäß befindet, mithin hier beim Käufer. Dieser hat das Fahrzeug zur Abholung bereitzustellen und den Verkäufer hierüber in Kenntnis zu setzen.

Mit Schreiben vom 18. Januar 2016 hat der Kläger die Beklagte aufgefordert, das Fahrzeug spätestens bis zum 2. Februar 2016 abzuholen. Eine Reaktion hierauf von Seiten der Beklagten erfolgte jedoch nicht, so dass diese sich mit Ablauf des 2. Februar 2016 in Annahmeverzug befand.

4. Letztlich hat das Landgericht auch zutreffend vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe einer zweifachen Geschäftsgebühr zuerkannt, da es sich sowohl rechtlich als auch tatsächlich um eine umfangreiche Angelegenheit handelt.

Da der Fall keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, sondern sich in der Anwendung höchstrichterlich geklärter abstrakter Rechtssätze auf den vorliegenden Einzelfall erschöpft und es weder für § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO noch für § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO auf die Anzahl der Umstände nach vergleichbarer Fälle ankommt und da eine mündliche Verhandlung weder zur weiteren Aufklärung der Sache noch aus anderen Gründen geboten erscheint (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO), liegen hier auch die übrigen Voraussetzungen der Zurückweisung der Berufung durch Beschluss im schriftlichen Verfahren vor.“

Zur Begründung der Zurückweisung nimmt der Senat auf diesen Hinweis Bezug. Eine Stellungnahme der Beklagten ist hierzu nicht erfolgt, sodass zu einer weitergehenden Begründung kein Anlass besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Am 06.06.2018 erging folgender Berichtigungsbeschluss:

Der Tenor des Beschlusses des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. Mai 2018 wird gemäß § 319 ZPO wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass die Kostenentscheidung wie folgt lautet: Die Kosten des Rechtsmittels und der Anschlussberufung trägt die Beklagte.

Schlagworte: Dieselskandal

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OLG Köln, Urteil vom 24. Mai 2018 – I-18 U 36/17

Donnerstag, 24. Mai 2018

§ 47 Abs 4 S 2 GmbHG, § 246 Abs 4 AktG

Ist ein den Gegenstand einer positiven Beschlussfeststellungsklage bildender Beschluss nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar, können Einwände gegen dessen Rechtmäßigkeit nur von einem – dem Rechtsstreit ggf. als Nebenintervenient beitretenden – Gesellschafter, nicht aber von der beklagten Kapitalgesellschaft (hier: einer GmbH) geltend gemacht werden.

Tenor

Das Versäumnisurteil vom 06.02.2018 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass sich seine vorläufige Vollstreckbarkeit nach diesem Urteil richtet.

Der Beklagten werden die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

A.

Der Kläger ficht einen Beschluss an, mit dem ein Antrag in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 11.08.2016 abgelehnt wurde, und begehrt die Feststellung, dass an dessen Stelle ein anderer Beschluss gefasst wurde.Randnummer2

Der Kläger ist Gesellschafter der Beklagten. Einziger weiterer Gesellschafter der Beklagten ist der diese im hiesigen Rechtsstreit vertretende Geschäftsführer Herr T (im Folgenden: Mitgesellschafter). Beide Gesellschafter sind je zur Hälfte am Stammkapital der Beklagten beteiligt, das 25.000,00 EUR beträgt.Randnummer3

Der Gesellschaftsvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:Randnummer4

„§ 6 Gesellschafterversammlung

( … )Randnummer5

7.) Die Gesellschafterversammlung ist beschlußfähig, wenn mindestens 51% aller Stimmen vertreten sind.Randnummer6

Ist eine Gesellschafterversammlung hiernach nicht beschlußfähig, kann eine neue Gesellschafterversammlung mit gleicher Tagesordnung binnen einer Ladungsfrist von mindestens zehn Tagen einberufen werden; ( … )

( … )Randnummer7

§ 7 Gesellschafterbeschlüsse

( … )Randnummer8

2.) Die Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt, soweit nicht das Gesetz zwingend oder dieser Gesellschaftsvertrag eine andere Mehrheit vorschreiben. Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt.Randnummer9

Jede EUR 50,- (in Worten: Euro fünfzig) eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme, ohne Rücksicht auf die Höhe der jeweiligen Einzahlung.

( … )Randnummer10

5.) Die Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen kann nur innerhalb von sechs Wochen geltend gemacht werden. Die Frist beginnt mit dem Tage der betreffenden Gesellschafterversammlung ( … ).“Randnummer11

Mit Einschreiben vom 01.07.2016 lud der Kläger den Mitgesellschafter zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung auf den 28.07.2016 in die Geschäftsräume des Notars C in L ein. Die Einladung (Anlage K2, Bl. 16 ff. GA) enthielt unter anderem als Tagesordnungspunkt 12 die Ankündigung einer Beschlussfassung, wonach die Beklagte berechtigt sein sollte, gegen den Geschäftsführer T Schadensersatzklage „wegen Schädigung des Gesellschaftsvermögens und treuwidrigem Verhalten in Höhe von bis zu 385.000 EUR“ zu erheben.Randnummer12

Die Einladung enthielt keine gesonderte Begründung zu Tagesordnungspunkt 12. Vielmehr erfolgte eine Begründung zu den Tagesordnungspunkten 9 bis 12 gemeinsam, wobei die Tagesordnungspunkte 9 bis 11 u.a. die Abberufung des Mitgesellschafters als Geschäftsführer und die Kündigung dessen Geschäftsführeranstellungsvertrages zum Gegenstand hatten. In der Sammelbegründung wurden dem Mitgesellschafter verschiedene Fehlverhalten vorgeworfen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Anlage K2 Bezug genommen. Ein konkreter Bezug zu der in Tagesordnungspunkt 12 genannten Schadenssumme von 385.000,00 EUR ergab sich weder aus einem einzelnen noch aus einer Kombination der vorgeworfenen Lebenssachverhalte.Randnummer13

Am 28.07.2016 erschien der Mitgesellschafter nicht, so dass am 11.08.2016 eine Folgeversammlung stattfand, die gemäß § 6 Ziffer 7 des Gesellschaftsvertrages einberufen worden war und in der beide Gesellschafter anwesend waren. Der Mitgesellschafter übernahm als der Lebensältere die Versammlungsleitung, wie dies § 6 Ziffer 5 des Gesellschaftsvertrages vorsieht.Randnummer14

Zu Tagesordnungspunkt 12 vertrat der Kläger in der Versammlung am 11.08.2016 die bereits im Einladungsschreiben geäußerte die Auffassung, der Mitgesellschafter unterliege einem Stimmverbot. Gleichwohl stimmte der Mitgesellschafter bei der Beschlussfassung mit. Der Kläger stimmte mit seinen Stimmen für den Antrag. Der Mitgesellschafter stimmte gegen den Antrag und stellte in seiner Eigenschaft als Versammlungsleiter fest, dass der Beschluss abgelehnt sei. Dies wurde in der notariellen Niederschrift über die Gesellschafterversammlung protokolliert.Randnummer15

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, der festgestellte Beschluss darüber, dass der Beschlussvorschlag zu Tagesordnungspunkt 12 abgelehnt wurde, sei nichtig, weil der Mitgesellschafter als derjenige, gegen den die Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden sollen, gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG vom Stimmrecht ausgeschlossen gewesen sei. Bei richtiger Zählung, ohne Berücksichtigung der Stimmen des Mitgesellschafters, habe der Versammlungsleiter das Zustandekommen des Beschlusses feststellen müssen. Der Gesellschaft stehe gegen den Mitgesellschafter als Geschäftsführer ein Schadensersatzanspruch von mindestens 100.000,00 EUR zu, den dieser aufgrund eigenmächtiger Maßnahmen verursacht habe.Randnummer16

Die Klage ist am 17.09.2016 beim Landgericht eingegangen. Der vom Kläger eingezahlte Gerichtskostenvorschuss ist am 21.09.2016 gutgeschrieben worden (Zahlungsanzeige I). Das Gericht hat unter dem 11.10.2016 die Zustellung der Klageschrift an die Beklagte verfügt, die am 14.10.2016 erfolgt ist.Randnummer17

Der Kläger hat beantragt,

a)

den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 11.08.2016 zum Tagesordnungspunkt 12: Schadensersatzklage gegen Geschäftsführer T wegen Schädigung des Gesellschaftsvermögens und treuwidrigen Verhaltens in Höhe von bis zu 385.000 EUR, mit dem der Antrag des Klägers auf Beschlussfassung diesen Inhalts abgelehnt wurde, für nichtig zu erklären;

b)

festzustellen, dass der Beschluss mit dem Inhalt zustande gekommen sei, dass die Beklagte bei Gesellschafter-Geschäftsführer T Schadensersatz in Höhe von bis zu 385.000,00 EUR geltend machen kann.Randnummer20

Die Beklagte hat beantragt,Randnummer21

die Klage abzuweisen.Randnummer22

Nach Auffassung der Beklagten habe der Mitgesellschafter in der Gesellschafterversammlung zu Tagesordnungspunkt 12 mitstimmen dürfen, weil der Kläger einen Schadensersatzanspruch weder in der Einladung noch in der Gesellschafterversammlung substantiiert dargelegt habe und völlig offen sei, welche konkreten Pflichtverletzungen dem Mitgesellschafter als Geschäftsführer vorgeworfen würden. Selbst wenn der Mitgesellschafter einem Stimmverbot unterlegen hätte und dieser in seiner Eigenschaft als Versammlungsleiter den Beschluss positiv hätte feststellen müssen, wäre dieser Beschluss auf eine Anfechtung des Mitgesellschafters hin für nichtig zu erklären gewesen, weil es an einer substantiierten Darlegung des behaupteten Verstoßes des Mitgesellschafters gegen ihm als Geschäftsführer obliegende Pflichten fehle. Das Verhalten des Mitgesellschafters sei deshalb nicht kausal für das Ergebnis.Randnummer23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 60 ff. GA) Bezug genommen.

2.

Das Landgericht Köln hat mit am 02.02.2017 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Mitgesellschafter habe zwar einem Stimmverbot unterlegen, die Klage unterliege aber dennoch der Abweisung, weil der Beschluss so, wie er bei Berücksichtigung des Stimmverbotes des Mitgesellschafters hätte festgestellt werden müssen, keinen Bestand gehabt hätte, wenn der Mitgesellschafter von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch gemacht hätte, wovon auszugehen sei. Der begehrte Beschluss sei zu unbestimmt, es fehle an einer hinreichenden Darlegung, dass der Gesellschaft ein Schaden entstanden sei.Randnummer25

Wegen der weiteren Einzelheiten der rechtlichen Würdigung des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 62 ff. GA) Bezug genommen.

3.

a)

Der Kläger hat gegen das ihm zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 10.02.2017 zugestellte Urteil mit am 08.03.2017 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz vom 07.03.2017 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 10.05.2017 mit am 08.05.2017 eingegangenem Schriftsatz begründet.Randnummer27

Mit der Berufung verfolgt der Kläger die in erster Instanz geltend gemachte kassatorische Anfechtungsklage verbunden mit der positiven Beschlussfeststellungsklage in vollem Umfang weiter. Er meint, das erstinstanzliche Urteil sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Das Landgericht hätte ihm – gegebenenfalls nach einem Hinweis – vor seiner Entscheidung Gelegenheit geben müssen, zu den Pflichtverletzungen des Mitgesellschafters als Geschäftsführer, aufgrund derer der Beschluss zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gefasst werden sollte, weiter vorzutragen. Der Kläger hat im zweiten Rechtszug zu verschiedenen Sachverhalten vorgetragen, aufgrund derer die Beklagte seiner Meinung nach berechtigt sei, vom Mitgesellschafter als Geschäftsführer Schadensersatz zu verlangen. Der Kläger ist der Ansicht, bei einer Zwei-Personen-Gesellschaft wie der Beklagten reiche es aus, wenn der den Beschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG beantragende Gesellschafter für sich selbst die Vorwürfe individualisiere und seinem Gegenüber „im wesentlichen Kern“ benenne. Dem habe die Ladung zur Gesellschafterversammlung genügt, zumal er gegenüber dem Mitgesellschafter in einem Schreiben vom 17.01.2016 (Anlage K6, Bl. 98 ff. GA) bereits alle bis dahin bekannten Vorwürfe gegen ihn benannt gehabt habe.Randnummer28

Die Beklagte bestreitet den neuen Sachvortrag des Klägers in der Berufungsinstanz weitgehend und ist der Ansicht, dieser sei verspätet. Die klägerseits behaupteten Schadenersatzansprüche gegen den Mitgesellschafter als Geschäftsführer seien nicht gegeben.Randnummer29

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im zweiten Rechtszug wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

b)

Mit Ladungsverfügung vom 11.01.2018 sind die Parteien u.a. darauf hingewiesen worden, dass der Beschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG, dessen Feststellung der Kläger begehre, nach vorläufiger Auffassung des Senats zwar mangels hinreichender Bestimmtheit anfechtbar wäre, die Beklagte selbst indes nicht anfechtungsberechtigt sei und daher keine Anfechtungsgründe gegen die vom Kläger begehrte Beschlussfeststellung einwenden könne. Solche Anfechtungsgründe könnten allein durch den Mitgesellschafter im Wege der Nebenintervention geltend gemacht werden. Von dem Erfordernis einer Nebenintervention sei auch nicht deshalb abzusehen, weil die Beklagte durch den allein anfechtungsberechtigten Mitgesellschafter gesetzlich vertreten werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfügung vom 11.01.2018 (Bl. 168 f. GA) verwiesen.

c)

Nachdem in der mündlichen Verhandlung vom 06.02.2018 für die Beklagte niemand erschienen ist, hat der Senat mit am selben Tag verkündeten Versäumnisurteil das Urteil des Landgerichts abgeändert und dahingehend neu gefasst, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung zu Tagesordnungspunkt 12, mit dem der Antrag des Klägers auf Beschlussfassung abgelehnt wurde, für nichtig erklärt und festgestellt worden ist, dass zu Tagesordnungspunkt 12 ein Beschluss mit dem Inhalt zustande gekommen ist, dass die Beklagte bei dem Geschäftsführer T Schadensersatz von bis zu 385.000,00 EUR geltend machen kann.Randnummer32

Das Versäumnisurteil ist der Beklagten am 14.02.2018 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 23.02.2018, der am selben Tag bei Gericht eingegangen ist, hat sich für die Beklagte deren jetziger Prozessbevollmächtigter bestellt und Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt, der in der Folgezeit ohne Begründung geblieben ist.Randnummer33

Die Beklagte beantragt,Randnummer34

das Versäumnisurteil vom 06.02.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.Randnummer35

Der Kläger beantragt,Randnummer36

das Versäumnisurteil des Senats vom 06.02.2018 zu bestätigen.Randnummer37

Der Mitgesellschafter ist dem Rechtsstreit nicht beigetreten.

B.

1.

Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Senats vom 06.02.2018 ist gemäß §§ 539 Abs. 3, 338 ff. ZPO zulässig. In der Sache bleibt er jedoch ohne Erfolg. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 02.02.2017 ist nach den hierfür maßgeblichen §§ 511 ff. ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist zudem begründet, weil das Landgericht eine Anfechtbarkeit des festzustellen begehrten Beschlusses mangels Geltendmachung durch einen Anfechtungsberechtigten nicht hätte berücksichtigen dürfen, und führt unter Aufhebung des angegriffenen Urteils zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses und zur begehrten Feststellung, dass der Beschluss mit dem Inhalt zustande gekommen ist, dass die Beklagte bei dem Geschäftsführer T Schadensersatz von bis zu 385.000,00 EUR geltend machen kann.Randnummer39

Dies beruht im Einzelnen auf folgenden Erwägungen:

a)

Der Einspruch, der von der Beklagten die zweiwöchige Frist des § 339 Abs. 1 ZPO wahrend eingelegt worden ist und auch im Übrigen keinen Zulässigkeitsbedenken begegnet, hat das Verfahren gemäß § 342 ZPO in die Lage vor Eintritt der säumnis zurückversetzt.

b)

Gegen die Zulässigkeit der Anfechtungsklage (Klageantrag a) und der Klage auf Feststellung eines positiven Beschlussergebnisses (Klageantrag b) bestehen keine Bedenken.Randnummer42

Die formal einwandfrei zustande gekommene Feststellung der Ablehnung des BeschlussantragsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ablehnung
Ablehnung des Beschlussantrags
zu Tagesordnungspunkt 12 stellt einen Beschluss dar, gegen den die Anfechtungsklage zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1986, II ZR 73/85, NJW 1986, 2051 ff., zitiert nach: juris, Rn. 7; BGH, Urteil vom 12.06.1989, II ZR 246/88, NJW 1989, 2694 ff., zitiert nach: juris, Rn. 12).Randnummer43

Wird – wie vorliegend – geltend gemacht, dass in einer Gesellschafterversammlung ein Antrag abgelehnt wurde, weil ein von der Abstimmung ausgeschlossener Gesellschafter dagegen gestimmt habe, kann die gegen den ablehnenden Beschluss erhobene kassatorische, auf Nichtigerklärung des Beschlusses gerichtete Anfechtungsklage mit dem Antrag auf Feststellung eines Beschlusses mit dem Inhalt, der Beschlussantrag sei angenommen worden, verbunden werden, wobei diese positive Beschlussfeststellungsklage ebenso wie die Anfechtungsklage nur gegen die Gesellschaft zu richten ist (BGH, Urteil vom 20.01.1986, II ZR 73/85, NJW 1986, 2051 ff., zitiert nach: juris, Rn. 8; BGH, Urteil vom 13.03.1980, Az.: II ZR 54/78, BGHZ 76, 191 ff., zitiert nach: juris, Rn. 27 ff.).

c)

Die zur Gewährleistung rechtlichen Gehörs erforderliche Unterrichtung der Gesellschafter, denen gegenüber eine stattgebende Entscheidung materiell-rechtlich wirkt und denen gegen den festzustellenden Beschluss gegebenenfalls Anfechtungsrechte zustehen können, ist zur Überzeugung des Senats erfolgt (vgl. zu diesem Erfordernis BGH, Urteil vom 20.01.1986, II ZR 73/85, NJW 1986, 2051 ff., zitiert nach: juris, Rn. 9). Vorliegend ist der die Beklagte vertretende Geschäftsführer, der entsprechend § 246 Abs. 4 Satz AktG dazu verpflichtet ist, die Gesellschafter davon zu unterrichten, dass der Beschluss angefochten und eine anders lautende gerichtliche Feststellung des BeschlussergebnissesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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begehrt wird, neben dem Kläger der einzige weitere Gesellschafter der Beklagten. Durch die Klagezustellung an die Beklagte erhielt er zugleich als Geschäftsführer und Gesellschafter Kenntnis von dem prozess sowie den Anträgen der Anfechtungs- und der zeitgleich erhobenen positiven Beschlussfeststellungsklage.

d)

Dem Antrag des Klägers, den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 11.08.2016 zu Tagesordnungspunkt 12, mit dem der Antrag auf Beschlussfassung über eine Schadensersatzklage abgelehnt wurde, für nichtig zu erklären, war zu entsprechen.Randnummer46

Umstände, die bereits die Nichtigkeit des Beschlusses zur Folge hätten, sind vom Kläger nicht dargelegt worden und auch sonst nicht ersichtlich.Randnummer47

Der Beschluss ist jedoch anfechtbar.

aa)

Der Kläger ist als Gesellschafter der Beklagten anfechtungsberechtigt (vgl. Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Auflage 2017, Anhang nach § 47 Rn. 136) und hat die Anfechtungsklage rechtzeitig erhoben. § 7 Ziffer 5 des Gesellschaftsvertrages bestimmt, dass die Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen nur innerhalb von sechs Wochen ab dem Tage der betreffenden Gesellschafterversammlung geltend gemacht werden kann. Gegen die Wirksamkeit einer solchen Satzungsbestimmung bestehen keine Bedenken (vgl. BGH, Urteil vom 12.06.1989, II ZR 246/88, NJW 1989, 2694 ff., zitiert nach: juris, Rn. 24).Randnummer49

Diese Frist ist gewahrt. Der angefochtene Beschluss wurde am 11.08.2016 gefasst. Die Klageschrift ist am 17.09.2016 beim Landgericht Köln eingegangen. Der vom Kläger eingezahlte Gerichtskostenvorschuss ist am 21.09.2016 bei der Gerichtskasse verbucht worden, mithin einen Tag vor Ablauf der sechswöchigen Frist. Damit hat der Kläger das für die Zustellung Erforderliche so rechtzeitig veranlasst, dass die erfolgte Zustellung als demnächst im Sinne des § 167 ZPO anzusehen ist und die Wirkung der Klageerhebung zum Zeitpunkt ihrer Einreichung hervorgerufen hat. Dass die Zustellung erst am 11.10.2016 verfügt wurde und am 14.10.2016 erfolgt ist, steht dem nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2006, IV ZR 23/05, NJW 2006, 3206 ff., zitiert nach: juris, Rn. 20 f.).

bb)

Der vom Kläger geltend gemachte Anfechtungsgrund greift durch.Randnummer51

Wie bereits das Landgericht Köln in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, hätte der Mitgesellschafter an der Beschlussfassung zu dem Tagesordnungspunkt 12 gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2, 2. Alt. GmbHG nicht mitwirken dürfen, weil dieser Tagesordnungspunkt die Einleitung eines Rechtsstreits gegen ihn betraf.

Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, ein Stimmverbot des Mitgesellschafters habe nicht bestanden, weil Umstände, die den Schadensersatzanspruch begründen sollen, dessen Geltendmachung Gegenstand der Beschlussfassung sein sollte, weder in der Einladung noch in der Gesellschafterversammlung substantiiert dargelegt worden seien. Das in § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG normierte Stimmverbot hängt nicht davon ab, ob der Ersatzanspruch, der gegen den Gesellschafter geltend gemacht werden soll, hinreichend substantiiert mitgeteilt worden ist. In § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG kommt der allgemeine Grundsatz zum Ausdruck, dass ein Gesellschafter regelmäßig von der Abstimmung über Maßnahmen ausgeschlossen ist, die gegen ihn ergriffen werden sollen (BGH, Urteil vom 29.01.1976, II ZR 19/75, WM 1976, 378 f., zitiert nach: juris, Rn. 10). Der dem Stimmrechtsausschluss zugrunde liegende Gedanke, dass ein Gesellschafter, um dessen unmittelbare Inanspruchnahme es geht, den ihm vorgeworfenen Sachverhalt regelmäßig nicht unbefangen beurteilen können wird (BGH, Urteil vom 20.01.1986, II ZR 73/85, NJW 1986, 2051 ff., zitiert nach: juris, Rn. 11), greift bereits dann Platz, wenn es (erst) um die Beurteilung der Frage geht, ob die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung und die Schädigung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Schädigung der Gesellschaft
hinreichend bestimmt sind. Denn bereits dann besteht der den Ausschluss von der Abstimmung rechtfertigende abstrakte Interessenkonflikt. Darauf, ob der betreffende Gesellschafter sachlich im Recht ist, kommt es für den Stimmrechtsausschluss nicht an (Roth in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Auflage 2015, § 47 Rn. 73). Die von der Beklagten vorgenommene Differenzierung würde überdies bei der praktischen Anwendung nicht selten auf Schwierigkeiten stoßen, weil die Frage hinreichender Substantiierung wertender Betrachtung unterliegt. Die damit verbundenen Unsicherheiten in den Abstimmungsprozess als solchen hineinzutragen widerspräche dem praxisorientierten Erfordernis möglichst klarer Regelungen über die Abstimmungsbefugnis.

Gegen das Verbot in § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG verstoßende Stimmabgaben sind nichtig (Drescher in: MünchKomm zum GmbHG, 2. Auflage 2016, Bd. 2, § 47 Rn. 215; Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Auflage 2017, § 47 Rn. 104). Da hiernach die zum Tagesordnungspunkt 12 abgegebene Stimme des Mitgesellschafters nicht mitzuzählen war, sondern lediglich die vom Kläger abgegebene Stimme zählte und dieser für den Beschluss gestimmt hat, war die Bewertung der Stimmen des Mitgesellschafters als gültig unzutreffend und lag die Voraussetzung des § 7 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrages, nach der bei Stimmengleichheit ein Antrag als abgelehnt gilt, nicht vor. Die Feststellung des Versammlungsleiters war demnach unrichtig. Die in der Gesellschafterversammlung vom 11.08.2016 als beschlossen festgestellte Ablehnung des Antrags war auf die Anfechtung hin für nichtig zu erklären.

e)

Die mit der Anfechtung des ablehnenden Beschlusses verbundene positive Feststellungsklage ist ebenfalls begründet. Das Zustandekommen des Beschlusses war gemäß dem Klageantrag b) festzustellen.

aa)

Da die Stimmen des Mitgesellschafters nicht mitzuzählen sind, ist der Beschluss mit den Stimmen des Klägers zustande gekommen.

bb)

Gründe, die der Feststellung entgegenstehen, sind nicht gegeben.

(1)

Das angerufene Gericht darf im Rahmen einer positiven Feststellungsklage grundsätzlich lediglich das Ergebnis einer tatsächlich erfolgten Willensbildung der Gesellschafterversammlung feststellen. Es darf nicht an Stelle der Gesellschafterversammlung entscheiden (Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Auflage 2017, Anhang nach § 47 Rn. 189). Etwaige Mängel des Beschlusses, dessen Feststellung im Wege der positiven Feststellungsklage begehrt wird, sind vom Gericht nur zu berücksichtigen, wenn diese zur Nichtigkeit des begehrten Beschlusses führen würden (Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Auflage 2017, Anhang nach § 47 Rn. 182). Denn die Nichtigkeit kann jedermann geltend machen, mithin auch die mit der Anfechtungsklage und der verbundenen positiven Beschlussfeststellungsklage in Anspruch genommene Gesellschaft (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.1980, II ZR 84/79, NJW 1980, 1527 f., zitiert nach: juris, Rn. 23). Mängel, die lediglich zur Anfechtbarkeit führen, hindern die positive Beschlussfeststellung hingegen nur, wenn eine anfechtungsberechtigte Person diese Anfechtungsgründe im Wege der Nebenintervention erfolgreich geltend gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 13.03.1980, Az.: II ZR 54/78, BGHZ 76, 191 ff., zitiert nach: juris, Rn. 34). Eine Berücksichtigung bloßer Anfechtungsgründe von Amts wegen, ohne dass diese von einem Anfechtungsbefugten geltend gemacht werden, scheidet daher aus. Dem steht nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof in jüngeren Entscheidungen vom 31.05.2011 formuliert hat, der Beschluss, der an die Stelle des erfolgreich angefochtenen Beschlusses trete, müsse seinerseits gesetzes- und satzungskonform sein (BGH, Urteile vom 31.05.2011, II ZR 109/10, NZG 2011, 902 ff., und II ZR 116/10, jeweils zitiert nach: juris, Rn. 9). Hierin ist keine Änderung seiner vorzitierten Rechtsprechung, sondern lediglich die Kurzfassung eines abstrakten Rechtssatzes im Rahmen einer kontinuierlich fortgesetzten Rechtsprechung zu sehen (so auch Rensen, Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH, 2014, Rn. 452). Dafür spricht bereits, dass der Bundesgerichtshof in seinen vorgenannten Entscheidungen vom 31.05.2011 an zitierter Stelle selbst auf seine – oben genannte – Entscheidung vom 13.03.1980 und auf ein Urteil vom 20.01.1986 vergleichend Bezug nimmt. In jenen Entscheidungen vom 13.03.1980 und vom 20.01.1986 (II ZR 73/85, BGHZ 97, 28 ff., zitiert nach: juris, Rn. 8) war jeweils die Geltendmachung von Anfechtungsgründen durch anfechtungsberechtigte Personen und nicht die Berücksichtigung von Anfechtungsgründen durch das Gericht von Amts wegen angesprochen. Den Entscheidungen vom 31.05.2011 ist daher nicht zu entnehmen, dass die Berücksichtigung von Anfechtungsgründen durch das Gericht auch ohne deren Geltendmachung durch hierzu Berechtigte erfolgen solle. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Bundesgerichtshof das Anfechtungsrecht, das aus der Mitgliedschaft selbst folgt (BGH, Urteil vom 27.04.2009, II ZR 167/07, NJW 2009, 2300 ff., zitiert nach: juris, Rn. 13), im Falle der Verbindung einer Anfechtungsklage mit einer positiven Beschlussfeststellungsklage von der Entscheidungsbefugnis der Gesellschafter darüber, ob ein anfechtbarer Beschluss durch rechtsgestaltende Wirkung für nichtig erklärt werden oder weiterhin Bestand haben soll, entkoppeln wollte. Ein Bedürfnis hierfür besteht auch nicht. Durch das Erfordernis, den Gesellschaftern in diesem Fall durch eine Information über den Rechtsstreit die Kenntnis zu verschaffen, die ihnen ermöglicht, ihre Rechte nach einem Beitritt als Nebenintervenient geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1986, II ZR 73/85, NJW 1986, 2051 ff., zitiert nach: juris, Rn. 9), wird den Interessen der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Interessen der Gesellschafter
in ausreichendem Maße Rechnung getragen, ohne in ihre Kompetenz, darüber zu entscheiden, ob ein Beschluss angefochten werden soll, einzugreifen.

(2)

Der Beschluss, dessen positive Feststellung der Kläger begehrt, ist nicht nichtig. Einen Nichtigkeitsgrund begründende Umstände hat die Beklagte nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere liegt ein Einberufungsmangel der Gesellschafterversammlung vom 11.08.2016 nicht vor. Der Mitgesellschafter ist geladen worden und war in der Gesellschafterversammlung anwesend. Offen bleiben kann, ob der beantragte Beschluss zu Tagesordnungspunkt 12 in der Einladung zur Gesellschafterversammlung hinreichend umrissen ist. Ein solcher Mangel der Mitteilung der Tagesordnung vermag allenfalls zur Anfechtbarkeit des begehrten Beschlusses, nicht hingegen zu dessen Nichtigkeit zu führen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.02.2000, 16 U 59/99, NZG 2000, 1180 ff., zitiert nach: juris, Rn. 96; Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Auflage 2017, Anhang nach § 47 Rn. 45; Wertenbruch in: MünchKomm zum GmbHG, 2. Auflage 2016, Bd. 2, § 47 Anh. Rn. 37).

Ferner verstößt der vom Kläger festzustellen begehrte Beschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG nicht im Sinne von § 241 Nr. 3 AktG analog gegen gläubigerschützende oder sonst im öffentlichen Interesse liegende Vorschriften. § 46 Nr. 8 GmbHG dient nicht dem Schutz der Allgemeinheit oder der Gesellschaftsgläubiger. Zweck der Norm ist vielmehr, dass es den Gesellschaftern vorbehalten bleiben soll zu entscheiden, welche internen Vorgänge aus dem Verhältnis zwischen der Gesellschaft und der Geschäftsführung nach außen offenbart werden (BGH, Urteil vom 20.11.1958, II ZR 17/57, BGHZ 28, 355 ff., zitiert nach: juris, Rn. 9; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.08.1994, 6 U 185/93, GmbHR 1995, 232).

(3)

Soweit die Beklagte eingewendet hat, der Beschluss sei zu unbestimmt und genüge daher nicht den Anforderungen, die an einen Beschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG zu stellen seien, steht dies der begehrten Feststellung nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, ob der Einwand in der Sache zutreffend ist. Denn die Unbestimmtheit eines solchen Beschlusses führt nicht zu dessen Nichtigkeit, sondern zu dessen Anfechtbarkeit. Mit einem Anfechtungsgrund vermag die Beklagte indes gemäß den oben dargestellten Grundsätzen nicht gehört zu werden.Randnummer61

In einer GmbH steht die Entscheidung, ob ein mangelhafter Beschluss angefochten werden soll, ausschließlich den Gesellschaftern zu (BGH, Urteil vom 28.01.1980, Az. II ZR 84/79, NJW 1980, 1527 f., zitiert nach: juris, Rn. 25). Die Beklagte hat keine Anfechtungsbefugnis, so dass sie sich nicht auf Anfechtungsgründe berufen kann. Einem Urteil, das die nur von der Gesellschaft einredeweise geltend gemachte Anfechtbarkeit eines Beschlusses berücksichtigen würde, käme im Verhältnis der Gesellschafter zueinander nicht die bindende Wirkung entsprechend § 248 AktG zu (BGH, a.a.O., Rn. 26).

(4)

Dem Geschäftsführer der Beklagten steht keine Anfechtungsbefugnis als deren Organ zu. Die Regelung in § 245 Nr. 4 AktG, nach der der Vorstand einer Aktiengesellschaft zur Anfechtung befugt ist, ist nicht entsprechend anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.1980, Az. II ZR 84/79, NJW 1980, 1527 f., zitiert nach: juris, Rn. 25; Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Auflage 2017, Anhang nach § 47 Rn. 140). Ist ein Geschäftsführer zugleich Gesellschafter, steht ihm eine Anfechtungsbefugnis nur als Gesellschafter zu (vgl. Wertenbruch in: MünchKomm zum GmbHG, 2. Auflage 2016, Bd. 2, § 47 Anh. Rn. 191).

(5)

Anfechtungsgründe hätten vorliegend nur durch den einzigen weiteren Gesellschafter, den Mitgesellschafter T, nach einem Beitritt zum Rechtsstreit als – streitgenössischer – Nebenintervenient geltend gemacht werden können. Ein Beitritt als Nebenintervenient gemäß § 66 ZPO durch ihn ist jedoch nicht erfolgt.Randnummer64

Eine Nebenintervention war auch nicht ausnahmsweise deshalb entbehrlich, weil es sich um eine Zweipersonengesellschaft handelt und der Mitgesellschafter als Vertreter der Beklagten in den prozess involviert ist.Randnummer65

Einwendungen als im prozess beachtliches Verteidigungsmittel können allein von am prozess beteiligten Personen geltend gemacht werden. Der Mitgesellschafter persönlich ist vorliegend jedoch weder in seiner Funktion als Geschäftsführer der GmbH noch als Gesellschafter selbst am prozess beteiligt. Die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses zu ihm kann er nur über die Nebenintervention gemäß § 66 ZPO erreichen (vgl. Weth in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Auflage 2018, § 66 Rn. 3). Erst diese Beteiligung als Dritter an der Führung eines fremden Rechtsstreits würde ihm ermöglichen, Anfechtungsgründe als Verteidigungsmittel gemäß § 67 ZPO gegen die positive Beschlussfeststellungslage in den Rechtsstreit einzubringen. Von dieser Möglichkeit hat er keinen Gebrauch gemacht.

(6)

Das Landgericht durfte die begehrte Feststellung des Beschlusses auch nicht mit der Begründung versagen, der Beschluss hätte auch dann keinen Bestand gehabt, wenn seine Fassung wie beantragt in der Gesellschafterversammlung festgestellt worden wäre, weil der Beschluss anfechtbar gewesen wäre und davon auszugehen sei, dass der Mitgesellschafter von der ihm zustehenden Anfechtungsmöglichkeit tatsächlich Gebrauch gemacht hätte. Diese Argumentation steht nicht in Einklang damit, dass ein in der Gesellschafterversammlung gefasster Beschluss trotz bestehender Anfechtbarkeit wirksam gewesen wäre, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil mit der diesem entsprechend § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG zukommenden materiellen Rechtskraftwirkung für nichtig erklärt worden wäre. Die Anfechtbarkeit als solche steht der Wirksamkeit des Beschlusses in diesem Fall nicht entgegen. Vielmehr bedarf es erst der Entschließung eines Gesellschafters, den Beschluss rechtsgestaltend für nichtig erklären zu lassen. Diese den Gesellschaftern obliegende Entscheidung durfte das Landgericht nicht antizipieren. Die Annahme des Landgerichts, der Mitgesellschafter hätte den festzustellenden Beschluss angefochten, wenn seine Fassung bereits in der Gesellschafterversammlung festgestellt worden wäre, wird durch Feststellungen nicht getragen. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass der Mitgesellschafter von der Möglichkeit des Beitritts als Nebenintervenient und der Geltendmachung von Anfechtungsgründen in der so erworbenen Stellung als Prozessbeteiligter keinen Gebrauch gemacht hat, obwohl der Senat unter dem 11.01.2018 diesbezügliche Hinweise erteilt hatte, eher gegen die Annahme, dass er Anfechtungsklage erhoben hätte.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

3.

Der Senat lässt die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Der nach den obigen Erwägungen maßgebende abstrakte Rechtssatz, dass die GmbH Anfechtungsgründe mit Rücksicht auf die mangelnde Anfechtungsbefugnis (§ 245 AktG analog) auch nicht einwendungsweise geltend machen kann, sondern dass nur ein als streitgenössischer Nebenintervenient beigetretener Gesellschafter hierzu befugt ist, lässt sich zwar – wie oben ausgeführt – der höchstrichterlichen Rechtsprechung entnehmen, ist aber nach den letzten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs hierzu (vgl. BGH, Urteile vom 31.05.2011, II ZR 109/10, NZG 2011, 902 ff., und II ZR 116/10, jeweils zitiert nach: juris, Rn. 9) nicht hinreichend geklärt.Randnummer69

Streitwert:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 212.500,00 EUR festgesetzt, sich zusammensetzend aus 20.000,00 EUR für den Anfechtungsantrag und 192.500,00 EUR für den Feststellungsantrag.Randnummer71

Die Verbindung von Anfechtungs- und positiver Feststellungsklage stellen einen Fall objektiver Klagehäufung gemäß § 260 ZPO dar (Wertenbruch in: MünchKomm zum GmbHG, 2. Auflage 2016, Bd. 2, § 47 Anh. Rn. 285; Rensen, Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH, 2014, Rn. 447). Bei Anfechtungsklagen gegen Gesellschafterbeschlüsse einer GmbH ist der Streitwert in entsprechender Anwendung des § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen zu bestimmen (BGH, Beschluss vom 10.11.2009, II ZR 196/08, NZG 2009, 1438 f., zitiert nach: juris, Rn. 3). Ob § 247 Abs. 1 Satz 2 AktG auf Anfechtungsklagen gegen Gesellschafterbeschlüsse einer GmbH entsprechend Anwendung findet, kann offen bleiben, weil die Bedeutung der Sache für den Kläger vorliegend höher als 10% des Stammkapitals zu bewerten ist. Angemessen erscheint ein Streitwert von 20.000,00 EUR. Den Streitwert für den Feststellungsantrag hat der Senat gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO mit der Hälfte von 385.000,00 EUR bemessen.

Schlagworte: Nebenintervention, Zwei-Personen-Gesellschaft

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OLG Köln, Beschluss vom 18. Mai 2017 – 18 U 107/16

Donnerstag, 18. Mai 2017

§ 251 Abs 1 Nr 2 InsO, § 251 Abs 2 InsO, § 138 ZPO

Die substantiierte Darlegung einer Schlechterstellung setzt die Benennung konkreter einzelner Positionen höheren oder geringeren Wertes schon deshalb voraus, weil nur ein derart konkreter Tatsachenvortrag die Gegenseite in die Lage versetzt, konkrete Tatsachenbehauptungen zu bestreiten, und weil anschließend dem Gericht nur so eine gezielte Beweiserhebung unter Inanspruchnahme fremder Sachkunde möglich ist.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Bonn (14 O 103/14) vom 16.06.2016 wird als unzulässig verworfen, soweit sich das Rechtsmittel gegen die Verwerfung des Musterverfahrensantrages richtet, und im Übrigen, d.h. hinsichtlich der geltend gemachten Ausgleichsansprüche nach §§ 251, 253 InsO, zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsmittels tragen die Kläger.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 500.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Parteien streiten zum einen um die Durchführung eines Musterverfahrens, zum anderen um den Ausgleich wegen einer Schlechterstellung der Kläger als Alt-Aktionäre im Zuge einer Planinsolvenz.

In der Zeit von März bis Oktober des Jahres 2013 erwarben die Kläger insgesamt 500.000 Inhaberaktien der Beklagten.

Über deren Vermögen wurde jedoch mit Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 1. November 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet, und zwar sowohl wegen Überschuldung als auch wegen Zahlungsunfähigkeit. Insofern wird auf den betreffenden Beschluss zum Az. 99 IN 153/13 Bezug genommen (vgl. Anlage B 2, AH zum SS. der RAe GÖRG v. 27. Oktober 2014). Im weiteren Lauf des Verfahrens legte die Beklagte einen Insolvenzplan vor – wegen der Details wird auf die Anlage K 6 und hier insbes. auf deren S. 216 Bezug genommen (vgl. AH zur Klageschrift), der in einem Erörterungs- und Abstimmungstermin vom 20. März 2014 angenommen wurde. Diesen Insolvenzplan bestätigte das Amtsgericht Bonn mit einem Beschluss vom 13. Juni 2014 zu dem erwähnten Az. Zuvor hatte das Amtsgericht Bonn einen auf Versagung der Bestätigung gerichteten Antrag mit einem Beschluss vom 27. Mai 2014 zum o.g. Az. zurückgewiesen. Wegen der Details wird auf die Anlage B 3 verwiesen (vgl. AH zum SS. der RAe GÖRG v. 27. Oktober 2014). Die gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Bonn über die Bestätigung des Insolvenzplans gerichtete sofortige Beschwerde verwarf das Landgericht Bonn mit einem Beschluss vom 10. Juli 2014 – 6 T 189/14. Zur Begründung führte das Landgericht Bonn aus, dass das Rechtsmittel nur dann zulässig sei, wenn der Beschwerdeführer eine wesentliche Schlechterstellung glaubhaft mache. Daran fehle es hier, weil die Beschwerdeführer – die Kläger – als Alternative die Möglichkeit einer Kapitalerhöhung unter Wahrung des Bezugsrechts behauptet habe, ohne indessen darzulegen und glaubhaft zu machen, dass neben den Beschwerdeführern selbst auch andere Altaktionäre an einer Kapitalerhöhung teilgenommen hätten. Diese Erwägungen gälten sinngemäß für die darüber hinaus genannte Möglichkeit eines „debt equity swap“. Entsprechende Maßnahmen stünden unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Gläubiger. Es sei indessen nicht nachvollziehbar, warum die Gläubiger Maßnahmen zugunsten nachrangiger Gläubiger oder Alt – Aktionäre zustimmen sollten. Das von den Beschwerdeführern problematisierte Bezugsrecht habe schließlich nur dann einen wirtschaftlichen Wert, wenn es realistisch ausgeübt werden könne. Das sei aber nicht glaubhaft gemacht worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B 4 verwiesen (vgl. AH zum SS. der RAe GÖRG v. 27. Oktober 2014).

Der oben erwähnte Insolvenzplan sieht vor, dass das Grundkapital der Beklagten auf Null herabgesetzt und anschließend im Wege einer Barkapitalerhöhung sowie einer gemischten Sach- und Barkapitalerhöhung auf eine Summe von 12,5 Mio. EUR erhöht werden sollte. Zu diesem Zweck sollten 12.500.000 nennwertlose Stückaktien unter Ausschluss des BezugsrechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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der Alt-Aktionäre ausgegeben werden. Dementsprechend sollten die Rechte der Alt-Aktionäre im Zuge der Durchführung der geplanten Maßnahmen untergehen. Der Insolvenzplan sieht mit Rücksicht auf den auch im Falle einer Regelinsolvenz eintretenden Rechtsverlust für die Alt-Aktionäre weder eine Insolvenzquote noch andere Leistungen vor. Im Insolvenzplan legten die Verfasser dar, dass kein Gläubiger im Vergleich zur Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens schlechter stehen werde. Zu diesem Zwecke war eine Vergleichsrechnung beigefügt. Gleichwohl sah der Insolvenzplan für den Fall, dass ein Beteiligter eine Schlechterstellung nachweisen würde, die Hinterlegung von zunächst 5 Mio. EUR zwecks Ausgleichs vor. Der für den eventuellen Ausgleich bereitgestellte Betrag wurde später um 7 Mio. EUR erhöht. Wegen der Details des Insolvenzplans nebst Anlage wird auf die bereits genannte Anlage K 6 zur Klageschrift Bezug genommen.

Die Kläger haben im ersten Rechtszug von der Beklagten Ausgleich wegen einer Schlechterstellung verlangt und allgemein behauptet, sie stünden ohne den Insolvenzplan schlechter. Denn bei ordnungsgemäßer Fortführung des Unternehmens und unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots habe eine Abfindung pro Aktie erzielt werden können. Die Klägerin haben die Auffassung vertreten, dass es gegen die auch verfassungsrechtlich geschützten Mitgliedschaftsrechte der Alt-Aktionäre verstoße, sie auszuschließen, das Unternehmen später aber dennoch weiterzuführen. Schon aus dieser Fortführung ergebe sich ferner ein Anscheinsbeweis dafür, dass die bestehende Mitgliedschaften der Alt-Aktionäre einen gewissen Wert gehabt hätten und nicht mit „Null“ anzusetzen seien. Auch die kurzfristige wirtschaftliche Erholung der Beklagten spreche hierfür. Die vorliegende Vergleichsrechnung sei schon deshalb fehlerhaft, weil sie nicht eine Fortführungsprognose im Sinne des „going concern“ zum Gegenstand gehabt habe. Die Annahmen der Vergleichsrechnung hielten deshalb den betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Standards der Unternehmensbewertung und der bilanziellen Wertfestsetzung nicht stand. Die Kläger haben gemeint, dass die auf S. 4 ff. ihres Schriftsatzes vom 3. Dezember 2014 und auf S. 19 ff. ihres Schriftsatzes vom 30. März 2016 näher ausgeführten Fehler der Vergleichsrechnung der Art und dem Umfang nach derart gravierend seien, dass sie sich mindernd auf die in der Rechnung angegebene Regelinsolvenzquote ausgewirkt hätten. Dementsprechend habe den Insolvenzgläubigern bei der Annahme des Insolvenzplans keine taugliche Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestanden und sie hätten die Regel- nicht mit der Planinsolvenz vergleichen können. Die Kläger haben behauptet, die Vergleichsrechnung habe lediglich dazu gedient, eine Planinsolvenz zu Lasten der Alt-Aktionäre durchzuführen, und gemeint, daraus ergebe sich bereits eine Schlechterstellung.

Eine Schlechterstellung ergebe sich auch daraus, dass mit dem bestätigten Insolvenzplan insofern unzulässig in die Rechte der Alt-Aktionäre eingegriffen worden sei, wie auch in dem Ausschluss des Bezugsrechte eine „kalte Enteignung“ gelegen habe. Denn es habe keine rechtfertigenden Gründe für den mit dem Ausschluss des BezugsrechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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verbundenen „Rauswurf“ der Alt-Aktionäre gegeben, zumal die Anforderungen an solche Gründe schon deshalb höher anzusetzen seien, weil das Unternehmen plangemäß fortgeführt worden sei. Ein Totalverlust der Rechte könne auch mit Rücksicht auf die bestehenden Handlungsalternativen nicht gerechtfertigt werden. Die Ausgestaltung zum einen des § 225a Abs. 2 InsO, zum anderen der §§ 251, 253 InsO verstoße gegen die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 GG, soweit sie einen rechtlichen und wirtschaftlichen Totalverlust der geschützten Anteilsrechte auch gegen den Willen der Alt-Aktionäre gestatte und keinen hinreichenden Rechtsschutz vorsehe. Statt des Totalverluste der Rechte habe man sich hier innerhalb der Regelinsolvenz auf einen „debt equity swap“ und eine Kapitalerhöhung unter Beibehaltung des Bezugsrechts beschränken können. Die mit der stattdessen gewählten Vorgehensweise verbundene Ungleichbehandlung von Gläubigern und Alt-Aktionären verstoße ferner gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Kläger haben ferner die Ansicht vertreten, das Insolvenzverfahren habe insofern unter einem formalen Mangel gelitten, als es anstelle einer Niederlegung des Insolvenzplans in der Geschäftsstelle der öffentlichen Bekanntmachung bedurft habe.

Sie haben die Auffassung vertreten, dass die Ausgleichsklage fristgerecht erhoben worden und dies der Beklagten auch innerhalb der hierfür im Insolvenzplan vorgesehenen Frist angezeigt worden sei. Auch setze die Ausgleichsklage einen Antrag auf Gewährung von Minderheitenschutz nach § 251 Abs. 1 InsO nicht voraus, denn die hier erfolgte Bereitstellung von Mitteln zum Ausgleich nachgewiesener Schlechterstellungen habe solche Anträge verhindern sollen. Auch sehe weder § 251 Abs. 3 InsO ein entsprechendes Erfordernis vor, noch gebe es eine diesbezügliche Bestimmung im Insolvenzplan. Schließlich habe die gemäß § 253 Abs. 4 InsO erhobene sofortige Beschwerde ausgereicht.

Die Kläger haben behauptet, der auszugleichende wirtschaftliche Wert ihrer Beteiligung sei mit mindestens 1,- EUR/Aktie anzusetzen.

Schließlich haben sie gemeint, das Verfahren sei auszusetzen und gemäß Art. 100 Abs. 1 GG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der hier maßgebenden Bestimmungen der §§ 225a, 251, 253 InsO einzuholen bzw. dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorzulegen, ob die mit dem ESUG eingeführten, hier maßgebenden Bestimmungen der InsO mit der Richtlinie 77/91 EWG, die eine Zustimmung der Aktionäre vorsehe, vereinbar seien.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie, die klagende Partei, einen in das billige Ermessen des Gerichts belassenen, angemessenen Ausgleich der durch den bestätigten Insolvenzplan vom 13. Juni 2014 (AG Bonn, Az. 99 IN 153/13) begründeten Schlechterstellung aus den bereitgestellten Ausgleichsmitteln als Kompensation, nicht jedoch unter 500.000,- EUR, nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Kläger haben diesen Klageantrag mit einem Schriftsatz vom 30. März 2016 um einen Musterverfahrensantrag mit im einzelnen genannten Feststellungszielen ergänzt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen und den Musterverfahrensantrag als unzulässig zu verwerfen.

Die Beklagte hat zunächst die Aktionärsstellung der Kläger zur Zeit des Wirksamwerdens des Insolvenzplans bestritten und ferner die Ansicht vertreten, die Kläger hätten die erforderliche Schlechterstellung nicht hinreichend und anhand einer Vergleichsrechnung dargetan. So hätten sie nicht nachvollziehbar dargelegt, dass im Regelinsolvenzverfahren die vorhandene Überschuldung habe beseitigt werden und das Unternehmen wieder marktfähig gemacht werden können. Die Kläger könnten indessen lediglich eine Schlechterstellung im Vergleich zum Regelinsolvenzverfahren geltend machen, nicht hingegen eine Beteiligung an dem auf der Durchführung des Insolvenzplans beruhenden Fortführungswert. Ergebnis des Regelinsolvenzverfahrens sei es, dass die betreffende Aktiengesellschaft aufgelöst werde (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG) und später die überschuldete, nach Verwertung und Verteilung des Vermögens an die Gläubiger vermögenslose Aktiengesellschaft von Amts wegen gelöscht werde (§ 394 Abs. 1 S. 2 FamFG). Dabei erhielten die Aktionäre auch keine Quote, denn eine solche komme nach § 199 InsO erst nach vollständiger Befriedigung sämtlicher Gläubiger in Betracht und diese scheide bei einer Überschuldung aus. In diesem Zusammenhang komme es im Übrigen nicht darauf an, dass die Kläger bereit seien, an einer Kapitalerhöhung mitzuwirken, sondern es habe die gesamt Überschuldung in Höhe von 874 Mio. EUR Unterdeckung beseitigt werden müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (vgl. Bl. 345 ff. GA) Bezug genommen .

2. Mit dem den Klägerin am 20. Juni 2016 (vgl. Bl. 387 GA) zugestellten Urteil hat das Landgericht den Musterverfahrensantrag als unzulässig verworfen und die Klage abgewiesen.

Im Rahmen der Entscheidungsgründe hat es hinsichtlich des Musterverfahrensantrages insbesondere auf die Grenzen des in § 1 Abs. 1 KapMuG geregelten Anwendungsbereichs des Gesetzes über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten abgestellt und ausgeführt, dass hier ein Ausgleichsanspruch wegen Schlechterstellung, nicht aber Ansprüche im Sinne des KapMuG geltend gemacht würden. So handele es sich bei dem Insolvenzplan und bei der anliegenden Vergleichsrechnung nicht um eine öffentliche Kapitalmarktinformation, und der seitens der Kläger geltend gemachte Ausgleichsanspruch sei kein Anspruch, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Kapitalanleger zustehe, sondern der Anspruch stehe nach dem Insolvenzplan und § 251 Abs. 3 InsO jedem Beteiligten zu, also z.B. auch Gläubigern. Schließlich hänge die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen ab, sondern der Rechtsstreit sei entscheidungsreif.

Der geltend gemachte Ausgleichsanspruch stehe den Klägern nicht zu, weil sie den in § 251 Abs. 1 InsO vorgesehenen Minderheitenschutzantrag nicht angebracht hätten und die stattdessen erhobene sofortige Beschwerde diesem Antrag nicht gleichkomme. Die Notwendigkeit eines entsprechenden Antrages als Voraussetzung eines Ausgleichsanspruchs ergebe sich hier nicht nur aus dem Gesetz, sondern auch aus den Bestimmungen des Insolvenzplans.

Hinzu komme, dass die Kläger die rechtzeitige Einreichung einer Ausgleichsklage nicht innerhalb der im Insolvenzplan vorgesehenen Frist nachgewiesen hätten. Denn sie hätten innerhalb der betreffenden Frist lediglich schriftlich mitgeteilt, form- und fristgerecht beim Landgericht Bonn Klage erhoben zu haben, jedoch keine Nachweis über den fristgerechten Eingang der Klage beim Landgericht Bonn beigefügt.

Schließlich hätten die Kläger nicht dargelegt, dass die sie durch den Insolvenzplan schlechter gestellt worden seien als im Falle einer Regelinsolvenz. Verfassungs- und unionsrechtliche Einwände griffen insofern nicht durch.

Wegen der weiteren Details wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (vgl. Bl. 352 ff. GA) verwiesen.

3. a) Mit ihrer hier am 7. Juli 2016 eingegangenen Berufung (vgl. Bl 391 f. GA), die sie – nach entsprechender Fristverlängerung (vgl. Bl. 398 GA) – mit einem am 20. September 2016 eingegangenen Schriftsatz begründet haben (vgl. Bl. 402 ff. GA) stellen die Kläger das angefochtene Urteil des Landgerichts insgesamt zur Überprüfung.

Sie meinen, das KapMuG sei hier sehr wohl anwendbar. So handele es sich bei dem begehrten Ausgleich um den aus der Masse zu leistenden Ersatz eines Schadens. Auch habe es sich bei dem Inhalt des Insolvenzplans um eine öffentliche Kapitalmarktinformation gehandelt, und zwar spätestens dann, als er im Rahmen der Gläubiger- und Hauptversammlung offengelegt worden sei. Ebenso stehe der Anspruch den Klägern gerade in ihrer Eigenschaft als Kapitalanleger zu. Schließlich hänge die Entscheidung des Rechtsstreits von den Feststellungszielen ab.

Im Zusammenhang mit dem begehrten Ausgleich, treffe es nicht zu, dass ein Minderheitenschutzantrag im Sinne des § 251 Abs. 1 InsO Voraussetzung der Ausgleichsklage nach § 251 Abs. 3 S. 2 InsO sei. Außerdem habe die erhobene sofortige Beschwerde dem Minderheitenschutzantrag gleichgestanden. Es sei auch nicht richtig, dass die Kläger mit Rücksicht auf die Prüfung der Schlechterstellung schon im Insolvenzverfahren und im Verfahren nach § 253 InsO nicht mehr schutzwürdig seien. Vielmehr stünden dem Schutz der Rechte des Alt-Aktionärs allzu hohe Hürden entgegen. So könne ihm der gebotene Nachweis einer Schlechterstellung bei der Insolvenzantragstellung schon mit Rücksicht auf den Insolvenzgrund nicht gelingen, und später sei der Nachweis nach Auffassung des Landgerichts auch nicht mehr möglich. Auf diese Art und Weise werde der Nachweis einer Schlechterstellung insgesamt unmöglich gemacht und würden die Alt-Aktionäre um ihre Recht gebracht. Ferner habe ein Versagungsantrag auch deshalb nicht gestellt werden können, weil der Insolvenzplan vor dem Abstimmungstermin faktisch nicht habe eingesehen werden können. Schließlich habe der Insolvenzplan an sich nicht bestätigt werden dürfen, weil er so strukturiert gewesen sei, dass das Ergebnis einem verbotenen Stimmenkauf gleichgekommen sei.

Das seitens der Kläger ergriffene Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde sei gemäß § 253 Abs. 4 InsO in ein Schadenersatzbegehren umzudeuten. Auch der entsprechende Anspruch sei Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Die Kläger meinen, dass die Bestimmungen des Insolvenzplans über weitere Anspruchsvoraussetzungen unwirksam seien.

Indem das Landgericht von den Klägerin den Vollbeweis einer Schlechterstellung durch eine eigene Vergleichsrechnung verlangt habe, habe es wesentliche richterrechtliche Regeln missachtet, die zu einer Beweislastumkehr führten. Denn hier befinde sich der Anspruchsteller typischerweise in Beweisnot, und insofern seien die für die Arzthaftung geltenden Grundsätze der Beweislastumkehr hinsichtlich der Kausalität bei groben Behandlungsfehlern sowie diejenigen der Produkthaftung sinngemäß zur Anwendung zu bringen. Vor diesem Hintergrund habe es ausgereicht, die dem Insolvenzplan zugrundeliegende Vergleichsrechnung in Zweifel zu ziehen. Weiteres sei dem Alt-Aktionär in keinem Fall möglich. Dem Alt-Aktionär die Ermittlung der Geschäftszahlen im Falle einer Regelinsolvenz aufzugeben, sei jedenfalls fehlerhaft. Dass die Vergleichsrechnung falsch sei, ergebe sich insbesondere aus den mit „Null“ angesetzten Vermögenswerten. Dazu gehörten langfristige Immobilienanlagen, die am ehesten die Kapitaldienstfähigkeit sicherstellten und deshalb auch weiter gehalten worden seien. Im Ergebnis sei es Sache der die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragenden Schuldnerin gewesen, nicht nur Prognosen anzustellen, sondern konkrete Tatsachen vorzutragen, auf die sich die negative Prognose habe stützen können. Soweit in diesen Zusammenhang Bewertungen vorgenommen worden seien, bestünden Bedenken gegen die hinzugezogenen Gesellschaften K und Q, weil hier Interessenkonflikte vorliegen könnten. Die Kläger selbst hätten aufgrund der veröffentlichten Unterlagen einen Nettoinventarwert von eventuell 29,03 EUR/Aktie anstelle der prognostizierten 28,30 EUR/Aktie ermittelt. Tatsächlich seien die Neu-Aktien mit 200,- EUR/Stück gehandelt worden. Demgegenüber hätten die Neuaktionäre lediglich 12,5 Mio. EUR, d.h. 0,02 EUR/Alt-Aktie, aufgewendet.

Der Netto-Vermögenswert bilde jedenfalls einen Anscheinsbeweis für einen verbliebenen Vermögenswert der Alt-Aktien. Für den Anscheinsbeweis sprächen die zwischenzeitliche Entschuldung, die zu erwartenden Ausschüttungen, die zu erwartenden Erlöse bei einer Veräußerung der Beklagten und die Vermögenswerte im Zusammenhang mit Tochtergesellschaften. Auch habe sich der Aktienkurs überaus rasch erholt. Soweit das Landgericht von einer Überschuldung ausgegangen sei, habe es sich den Vortrag der Beklagte zu eigen gemacht, obgleich hierbei unzutreffend von Liquidationswerten ausgegangen worden sei.

Schließlich träfen auch die verfassungs- und unionsrechtlichen Ausführungen des Landgerichts nicht zu.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landgerichts Bonn vom 16. Juni 2014 abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Kläger, einen in das billige Ermessen des Gerichts belassenen, angemessenen Ausgleich der durch den bestätigten Insolvenzplan vom 13. Juni 2014 (Amtsgericht Bonn, Az. 99 IN 153/13) begründeten Schlechterstellung aus den bereitgestellten Ausgleichsmittel al Kompensation, nicht jedoch unter 1,- EUR/Aktie der Kläger, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. im Wege des Kapitalmusterverfahrens gemäß der Feststellungsziele in Bl. 311 ff. der erstinstanzlichen Akte zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung hinsichtlich der Antrages zu Ziff. 2 als unzulässig zu verwerfen und sie im Übrigen zurückzuweisen.

Sie hält an ihrem erstinstanzlichen Vorbringen insbesondere zur Frage der Schlechterstellung und zum Ausgang des Regelinsolvenzverfahren in diesem Zusammenhang fest.

Außerdem meint sie, die Berufung sei unzulässig, soweit die Kläger sich gegen die Verwerfung des Kapitalmusterverfahrensantrages als unzulässig wenden.

b) Nachdem der Senat mit einem auf den 15. Februar 2017 datierten, tatsächlich aber erst später gefassten Beschluss (vgl. Bl. 502 ff. GA sowie Senatsbeschluss vom 18. April 2017, Bl. 548 ff. GA) darauf hingewiesen hat, dass er beabsichtige, das Rechtsmittel teilweise als unzulässig zu verwerfen und im Übrigen zurückzuweisen, u.a. weil die Kläger die allgemein behauptete Schlechterstellung nicht hinreichend konkret dargetan hätten, habe die Kläger ihr Vorbringen mit einem Schriftsatz vom 27. April 2017 ergänzt (vgl. Bl. 553 ff. GA). Wegen der Details wird auf die oben genannten Senatsbeschlüsse sowie den erwähnten Schriftsatz Bezug genommen.

II.

1. Auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Klägers bleibt es bei den Ausführungen des Senats im Hinweisbeschuss. Ergänzend bedarf es lediglich der folgenden Ausführungen:

a) Es mag zwar sein, dass der geltend gemachte Anspruch im Zusammenhang mit der erforderlichen Schlechterstellung Prognosen hinsichtlich der Vermögenswerte und der Verbindlichkeiten erfordert und dass damit gewisse Unsicherheiten verbunden sind. Richtig ist auch, dass substantiierter Vortrag hierzu unter Berücksichtigung der durch § 138 ZPO eingeräumten Spielräume nicht die Vorlage privat beauftragter Sachverständigengutachten erfordert. Indessen setzt die substantiierte Darlegung einer Schlechterstellung die vom Senat im Hinweisbeschluss geforderte Benennung konkreter einzelner Positionen höheren oder geringeren Wertes schon deshalb voraus, weil nur ein derart konkreter Tatsachenvortrag die Gegenseite in die Lage versetzt, konkrete Tatsachenbehauptungen zu bestreiten, und weil anschließend dem Gericht nur so eine gezielte Beweiserhebung unter Inanspruchnahme fremder Sachkunde möglich ist. Derart konkrete Darlegungen lässt aber nicht nur das bisherige Vorbringen der Kläger vermissen – die allgemeine Behauptung eines bestimmten Unternehmens- und Aktienwertes kann dieses Vortrag ebensowenig ersetzen wie Ausführungen zum Inhalt eines Jahresabschlusses einer Tochtergesellschaft für 2016, und auch Vorbringen zu nach der Sanierung gezahlten Dividenden liegt neben der Sache -, sondern der entsprechende Mangel ist von den Klägern auch nach dem Hinweis des Senats nicht behoben worden.

b) Einer Entscheidung durch Urteil unter Zulassung der Revision bedarf es hier auch im Hinblick auf die vorstehend bemühten Grundsätze der Darlegungslast sowie des § 138 ZPO nicht, weil der Senat lediglich auf allgemein geltende Grundsätze abstellt und hinsichtlich der konkreten Anspruchsgrundlage überdies an die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den in Bezug genommenen Bestimmungen des § 251 Abs. 1 Nr. 2 und § 251 Abs. 2 InsO anknüpft. Da auch die übrigen vom Senat erörterten Probleme, mit dem Gesetz und allgemeinen Grundsätzen gelöst werden können, besteht kein weiterer Klärungsbedarf und § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO kann zur Anwendung gebracht werden.

2. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Schlagworte: StaRUG § 28 Abs. 1 Nr. 1

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OLG Köln, Urteil vom 09. März 2017 – 18 U 19/16

Sonntag, 19. März 2017

§ 117 AktG, § 130 Abs 2 S 1 AktG, § 136 Abs 1 S 1 AktG, § 142 Abs 1 S 1 AktG, § 147 Abs 1 AktG, § 241 Nr 5 AktG, § 243 Abs 1 AktG, § 245 Nr 4 AktG, § 246 Abs 1 AktG, § 246 Abs 2 S 2 AktG, § 248 Abs 1 S 1 AktG, § 253 Abs 2 Nr 2 AktG, § 317 Abs 1 S 1 AktG, § 318 Abs 1 AktG, § 318 Abs 2 AktG, § 66 Abs 1 ZPO, § 513 ZPO

1. Der besondere Vertreter kann der Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Verfolgung von Ersatzansprüchen und über seine Bestellung auf Seiten der Gesellschaft als Nebenintervenient beitreten und er ist als Nebenintervenient berechtigt, Rechtsmittel einzulegen. Sein Interventionsinteresse folgt aus der Gestaltungswirkung einer Entscheidung, die seine Bestellung und die Entscheidung für eine Verfolgung von Ersatzansprüchen für nichtig erklärt.

2. Es ist nicht erforderlich, dass im Geltendmachungsbeschluss nach § 147 AktG bereits abschließend Anspruchsgrundlagen genannt werden, auf die die geltend zu machenden Ansprüche gestützt werden sollen; dass die durchzusetzende Summe genannt wird, wird ebenfalls nicht vorausgesetzt.

3. Die Sachverhalte, die den Anspruch begründen, müssen hinreichend genau in dem Sinne bestimmt sein, dass im Falle einer späteren Klageerhebung durch den besonderen Vertreter festgestellt werden kann, ob der Klagegegenstand mit den von der Hauptversammlung gemeinten Ansprüchen übereinstimmt (vgl. u.a. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, Urteil vom 28. November 2007, 7 U 4498/07). Ist in dem Hauptversammlungsbeschluss jeweils umrissen, worin die vorgebliche Pflichtverletzung und der Tatbeitrag bestehen sollen, ist dieser nicht zu beanstanden.

4. Ob – und ggf. in welcher Höhe – ein Schaden entstanden ist, ist im Rahmen der Frage, ob ein materiell-rechtlicher Anspruch tatsächlich besteht oder nicht, von Bedeutung.

5. Der besondere Vertreter kann auch Schadenersatzansprüche nach § 317 Abs. 1 S. 1, Abs. 3; § 318 Abs. 1 und 2 AktG geltend machen. Im Hinblick auf den engen dogmatischen Zusammenhang ist nicht davon auszugehen, dass § 147 AktG nur Ansprüche aus § 117 AktG, nicht jedoch die im Ansatz gleichartige, aber schärfere Haftung des herrschenden Unternehmens nach § 317 AktG erfassen will.

6. Dass der Versammlungsleiter Beschlussvorschläge nicht zur Abstimmung gestellt hat, stellt vorliegend einen offenbaren und schweren Leitungsfehler dar, der zu einer Abwahlpflicht führte.

Tenor

I. Auf die Berufung der Streithelferin zu 1) der Beklagten, des Streithelfers zu 2) der Beklagten, der Streithelferin zu 3) der Beklagten und der Streithelferin zu 4) der Beklagten gegen das am 14.01.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 91 O 30/15 – wird das Urteil des Landgerichts Köln dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.

II. Die Berufung der Klägerin Sp AG und die Berufung der Beklagten sowie der Streithelferin zu 5) der Beklagten gegen das am 14.01.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 91 O 31/15 – werden zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin Sp AG 52 Prozent, die Beklagte 48 Prozent. Von den Kosten, die der Streithelferin zu 1) der Beklagten im Verfahren – 91 O 30/15 Landgericht Köln – entstanden sind, trägt die Klägerin Sp AG ebenfalls 52 Prozent selbst. Die Klägerin ST SE trägt weiter die Kosten der Streithelferin zu 3) der Beklagten sowie die Kosten der Streithelferin zu 4) der Beklagten. Von den Kosten des Streithelfers der Klägerin Sp AG trägt die ST SE 48 Prozent; im Übrigen trägt der Streithelfer der Klägerin Sp AG seine Kosten selbst. Seine Kosten trägt der Streithelfer der ST SE selbst.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien und deren Streithelferin/Streithelfern wird nachgelassen, die Vollstreckung jeweils gegen Zahlung von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht vom jeweils vollstreckenden Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags geleistet wird.

V. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

A. Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit von Beschlüssen, die in der Hauptversammlung der Beklagten am 19.06.2015 gefasst wurden.

Die Beklagte ist eine börsennotierte AG mit Sitz in L.. Ihr Grundkapital beträgt 104.780.000,00 EUR und ist eingeteilt in 4.030.000 auf den Namen lautende Stückaktien. Die Klägerin T. AG ist eine F1gesellschaft mit Sitz in I.. Sie hielt und hält (seit 2010) Aktien der Beklagten, zuletzt 16.753 Aktien, was rund 0,42 % des Grundkapitals entspricht. Die Streithelferinnen zu 3) und 4) der Beklagten sind ebenfalls deren Aktionärinnen. Der Streithelfer der Klägerin T. AG, Herr Dr. J., wurde zum besonderen Vertreter der Beklagten zur Geltendmachung von Ansprüchen nach § 147 AktG bestimmt. Der Streithelfer der Klägerin U. SE ist der Vorstand der Beklagten. Die Beklagte ist Teil eines faktischen Konzerns im Sinne der §§ 311 ff. AktG. Konzernobergesellschaft ist die Klägerin U. SE. Diese hält, zum Teil mittelbar über Tochtergesellschaften, 93,63 % der Anteile an der Beklagten, nachdem sie ihre Beteiligung im Jahr 2008 auf 87,72 % erhöhte hatte.

In der Vergangenheit wurden innerhalb der Konzerngruppe diverse Transaktionen getätigt, in denen die Klägerin T. AG eine unzulässige Verlagerung von Vermögenswerten der Beklagten auf andere Konzerngesellschaften der U. – Gruppe sieht. Der Beklagen wurden und werden außerdem Darlehen durch die Klägerin U. SE gewährt. Die Beklagte erklärte mit Pressemitteilung vom 20.02.2014, sie wolle den Widerruf ihrer Börsenzulassung (das sog. „Delisting“) beantragen. Hierin und in der ihrer Meinung nach restriktiven Dividendenpolitik der Beklagten sieht die Klägerin T. AG eine Aushöhlung ihrer Minderheitsbeteiligung.

Anlässlich der Hauptversammlung der Beklagten am 04.07.2014 versuchten die Klägerin T. AG und die weitere Aktionärin „VHW“ (VHW) als Minderheitsgesellschafterinnen wegen des von ihnen gehegten Verdachts, dass die Beklagte nachteilige Geschäfte zu Gunsten der Klägerin U. SE getätigt habe, einen Beschluss der Hauptversammlung über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gemäß § 147 AktG herbeizuführen. Dieses Vorhaben scheiterte, weil der damalige Versammlungsleiter der Beklagten die Beschlussvorschläge der Klägerin T. AG wegen rechtlicher Bedenken nicht zur Abstimmung stellte. Der zugrundeliegende Sachverhalt war Gegenstand des Rechtsstreits Az. – 91 O 96/14 – Landgericht Köln. Gegen das in diesem Rechtsstreit ergangene klageabweisende Urteil legte die Klägerin T. AG Berufung zum OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Köln
. – Az. 18 U 96/15 – ein. Nachdem über das Ergänzungsverlangen der Klägerin T. AG in der Hauptversammlung am 04.07.2014 nicht abgestimmt worden war, stellten die Klägerin T. AG und die VHW erneut ein Ergänzungsverlangen. Gegenstand war wiederum die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen sowie die Bestellung eines besonderen Vertreters. Die Beklagte kündigte an, dass über das Minderheitsverlangen im Zuge der Einberufung der nächsten Hauptverhandlung entschieden werde.

Die Klägerin T. AG beantragte daraufhin zusammen mit der VHW die gerichtliche ErmächtigungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ermächtigung
gerichtliche Ermächtigung
zur Veröffentlichung des Ergänzungsverlangens gemäß § 122 Abs. 3 AktG sowie die gerichtliche Bestellung eines unabhängigen Versammlungsleiters.Die Beklagte teilte in der Folgezeit mit, sie werde die Ergänzung zur Tagesordnung veröffentlichen und erklärte weiter, ihrer Ansicht nach seien die konkreten Beschlussvorschläge unzulässig. Das Minderheitsverlangen machte sie im Rahmen der Einladung zur Hauptverhandlung vom 19.06.2015 als Tagesordnungspunkt (TOP) 7 bekannt.

Weitere Ergänzungen der Tagesordnung auf Ergänzungsverlangen der Klägerin T. AG sowie der VHW vom 15.05.2015 hinsichtlich der Bestellung eines Sonderprüfers nach § 142 AktG (TOP 8) und der Geltendmachung von (weiteren) Ersatzansprüchen nach § 147 AktG sowie der Bestellung eines besonderen Vertreters (TOP 9) machte die Beklagte durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger vom 26.05.2015 bekannt. Die Klägerin T. AG und die VHW erklärten daraufhin ihren Antrag auf gerichtliche Zulassung des Ergänzungsverlangens für erledigt, hielten aber an dem Antrag auf Bestellung eines Versammlungsleiters, der nicht mit dem Vorstandsvorsitzenden der Klägerin U. SE identisch sein sollte, fest.

Das Amtsgericht Köln. wies den Antrag der Klägerin T. AG, gerichtet auf die Bestellung eines Versammlungsleiters, der nicht mit dem Vorstandsvorsitzenden der Klägerin U. SE, identisch sein sollte, zurück. Dagegen legte die Klägerin T. AG Beschwerde ein.

Mit Beschluss des OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Köln
vom 16.06.2015 – Az. 18 Wx 1/15 – wurde Rechtsanwalt Dr. X zum Versammlungsleiter hinsichtlich des Tagesordnungspunkts des Ergänzungsverlangens bestellt, dessen Gegenstand die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
gemäß § 147 Abs. 1 Satz 2 AktG gegen frühere und gegenwärtige Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten und der Klägerin U. SE war (Tagesordnungspunkt 7). Der Ablauf der Hauptversammlung am 19.06.2015 gestaltete sich – bezogen auf diesen Tagesordnungspunkt (TOP) 7- dann wie folgt:

Zunächst leitete der Versammlungsleiter Dr. C die Hauptversammlung der Beklagten (nämlich zu den Tagesordnungspunkten TOP 1 bis TOP 6).

Sodann übernahm der gerichtlich bestellte Versammlungsleiter Dr. X die Leitung der Hauptversammlung der Beklagten, und zwar zum Tagesordnungspunkt 7 und zum entsprechenden Beschlussantrag (Bl. 142 f. AH I). Der Tagesordnungspunkt 7 war von der Klägerin T. AG und der VHW inhaltlich geändert worden, und zwar wie folgt:

– Die Regelung des § 62 AktG wurde als Anspruchsgrundlage aus dem Beschlussantrag gestrichen.

– Statt 14 sollten nur 10 Sachverhalte zur Abstimmung gestellt werden; die zuvor unter unter lit. c), l), m) und n) aufgeführten Sachverhalte wurden vollständig gestrichen.

– Die Ausdehnung der Anspruchsgeltendmachung auf sämtliche mit der Klägerin U. SE verbundene Unternehmen im Sinne von §§ 15 ff. AktG und Personen/Unternehmen, die von SE – verbundenen Unternehmen nach dem 31. Dezember 2013 Aktien der Beklagten erworben hatten (jeweils einschließlich der gesetzlichen Vertreter), wurde gestrichen.

Die geänderten Beschlussvorschläge lagen während der Dauer der gesamten Hauptversammlung am 19.06.2015 zur Einsichtnahme aus, worauf der Versammlungsleiter hinwies.

Die Klägerin T. AG und die weitere Aktionärin VHW änderten die Beschlussvorlage sodann bezüglich der Tätigkeit des besonderen Vertreters, nachdem der Versammlungsleiter Dr. X einen entsprechenden Hinweis erteilt hatte. Während es zunächst unter Tagesordnungspunkt 7 Ziffer II hieß (Bl. 111 AH I):

„Dem Besonderen Vertreter ist – soweit gesetzlich zulässig unmittelbar, und sonst über den Vorstand der U. AG – Zugang zu Personal und zu seinen Auftrag betreffenden Unterlagen der Gesellschaft zu gewähren.“

lautete die geänderte Fassung:

„Dem Besonderen Vertreter ist – [soweit gesetzlich zulässig unmittelbar, und sonst] über den Vorstand der U. AG – Zugang zu Personal und zu seinen Auftrag betreffenden Unterlagen der Gesellschaft zu gewähren.“

Die Änderung wurde von einem Vertreter der Klägerin T. AG verlesen und vom Versammlungsleiter wiederholt. Der Vertreter der Klägerin U. SE erklärte, dass sie die Beschlussvorlage auch nach den Änderungen weiterhin für unzulässig halte. Für den Fall, dass sie zur Abstimmung gestellt werden würde, beantragte die Klägerin U. SE, getrennt nach einzelnen Sachverhalten sowie nach Personengruppen abstimmen zu lassen. Insbesondere sollte gesondert abgestimmt werden über …

– Ansprüche gegen die Mitglieder des Vorstands der Beklagten zum einen,

– Ansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats der Beklagten zum anderen,

– Ansprüche gegen die Klägerin U. SE und deren Organmitglieder.

Über diesen Antrag der Klägerin U. SE ließ der Versammlungsleiter Dr. X die Hauptversammlung der Beklagten abstimmen. Der Antrag auf eine getrennte Abstimmung nach Personengruppen wurde mit den Stimmen der Mehrheitsaktionärin, der Klägerin U. SE, angenommen. Der Versammlungsleiter verkündete daraufhin als Ergebnis der Beschlussfassung, dass sowohl nach Sachverhalten als auch nach Personengruppen getrennt abgestimmt werden solle: Über die einzelnen Sachverhaltskomplexe (insgesamt 10) wurde nach Personengruppen getrennt abgestimmt. Zum Tagesordnungspunkt 7 Ziffer I. erfolgten demnach 3 x 10 = 30 Abstimmungen. Die Klägerin U. SE wurde vom Versammlungsleiter hinsichtlich der Frage der Geltendmachung von Ansprüchen gegen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten zur Abstimmung zugelassen.

Vorangegangen war der Abstimmung einer Erklärung der Klägerin T. AG und der VHW, welche die Auffassung vertraten, dass die Klägerin U. SE insofern einem Stimmverbot unterliege, da sie in eigener Sache richte. Bezogen auf den Tagesordnungspunkt 7 Ziffer I waren die Klägerin U. SE und ihre Tochtergesellschaften nach einem Hinweis des Versammlungsleiters Dr. X von der Abstimmung ausgeschlossen, soweit der (zuvor aufgetrennte) Beschluss die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gemäß § 147 AktG gegen sie, die Klägerin U. SE, beinhaltete.

Sodann erfolgte die Abstimmung zum Antrag Tagesordnungspunkt 7 Ziffer II (Bestellung des Streithelfers der Klägerin T. AG als besonderer Vertreter für die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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der Gesellschaft gegen die Klägerin U. SE und ihre gesetzlichen Vertreter).

Bezogen auf den Tagesordnungspunkt 7 Ziffer II waren die Klägerin U. SE und ihre Tochtergesellschaften nach einem Hinweis des Versammlungsleiters Dr. X von der Abstimmung ausgeschlossen.

Das Abstimmungsergebnis ergab, dass die Hauptversammlung der Beklagten die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Klägerin U. SE zu sämtlichen Sachverhaltspunkten beschloss.

Hinsichtlich der Ansprüche gegen die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats der Beklagten wurde die Geltendmachung von Ansprüchen jeweils mit den Stimmen der Mehrheitsaktionärin, der Klägerin U. SE, abgelehnt.

Die Abstimmung über die Bestellung des Streithelfers der Klägerin T. AG, des Herrn Rechtsanwalts Dr. J. als besonderer Vertreter, Tagesordnungspunkt 7 Ziffer II., erfolgte in einem gesonderten Abstimmungsgang. Der Streithelfer der Klägerin T. AG, Rechtsanwalt Dr. J., wurde von der Hauptversammlung zum besonderen Vertreter bestimmt.

Durch ihren Vertreter legte die Klägerin U. SE Widerspruch gegen die in der Hauptversammlung zu TOP 7 gefassten Beschlüsse ein.

B. Verfahren Az. 18 U 19/16 OLG L. (= Az. 91 O 30/15 LG L.)

1. Im Verfahren Az. 18 U 19/16 OLG L. (= Az. 91 O 30/15 LG L.) wendet sich die Klägerin U. SE mit einer Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage als Großaktionärin gegen Beschlüsse der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015, wie sie Gegenstand von TOP 7 waren.

Sie meint, mit dem Beschluss zur Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Geltendmachung von Ersatzansprüchen
gegen sie und mit dem weiteren Beschluss zur Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 147 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AktG sollten Schadensersatzansprüche für vermeintliche Schäden verfolgt werden. Schadensersatzansprüche seien aber weder dargelegt noch begründet, und die unter Ausschluss ihrer Stimmen gefassten Beschlüsse seien rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam gefasst, unterlägen zudem formalen Mängeln. Die Klägerin U. SE hat weiter die Auffassung vertreten, die Beschlüsse seien schon deshalb für nichtig zu erklären, weil die Beschlussanträge mangels Verlesung unter Verstoß gegen das Mündlichkeitsprinzip zur Abstimmung gestellt worden seien. Sie seien überdies nichtig, weil sie fehlerhaft festgestellt worden seien. Darüber hinaus seien die Ersatzansprüche, die von dem besonderen Vertreter verfolgt werden sollten, teilweise verjährt.

Entscheidend sei jedoch, dass etwaige Ersatzansprüche nicht hinreichend dargelegt seien. Es fehle an einer ausreichenden Begründung. Es müsse zumindest ein Anfangsverdacht für das Bestehen solcher Ersatzansprüche dargelegt werden. Anträge auf die Geltendmachung von Schadensersatzins Blaue hinein“ seien unzulässig. Es fehle an konkreten Anhaltspunkten für ein haftungsbegründendes Verhalten der jeweiligen Anspruchsgegner. Der bloße Hinweis auf zwischen dem abhängigen und dem herrschenden Unternehmen erfolgte Transaktionen genüge nicht. Der Sache nach handele es sich um einen „verkappten Sonderprüfungsantrag“. Der besondere Vertreter müsse nämlich erst die Ansprüche im Einzelnen ermitteln, bevor er sie geltend machen könne.

Die Klägerin U. SE hat beantragt,

1. festzustellen, dass folgende Beschlüsse der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 nichtig sind:

a) Der ausweislich des notariellen Protokolls der Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 7.I.a) (Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb von C3stoffaktivitäten und einer in der Straßensanierung tätigen Gesellschaft aus dem U. SE-Konzern in 2009 zu einem überhöhten Preis) ergangene Beschluss, mit dem die Hauptversammlung die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
der Beklagten gegen das herrschende Unternehmen, die Klägerin T. AG mit Sitz in Y, P, einschließlich deren gesetzlichen Vertretern, die die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen veranlasst haben, beschlossen hat.

b) Der ausweislich des notariellen Protokolls der Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 7.I.b) (Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Verkauf der Beteiligung an der C. GmbH, E., zum 1.1.2011 an eine Gesellschaft der U. SE-Gruppe zu einem zu niedrigen Preis) ergangene Beschluss, mit dem die Hauptversammlung die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
der Beklagten gegen das herrschende Unternehmen, die Klägerin T. AG mit Sitz in Y, P, einschließlich deren gesetzlichen Vertretern, die die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen veranlasst haben, beschlossen hat.

c) Der ausweislich des notariellen Protokolls zur Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 7.I.c) (Vermögensschaden der Gesellschaft durch die von der U. SE veranlassten, seit 2009 bestehenden Darlehensbeziehungen mit Unternehmen des U. SE-Konzerns durch nicht marktgerechten Zins sowie nicht marktgerechte Kreditkommissionen und sonstige Kommissionen sowie das Unterlassen der Wahrnehmung günstigerer Finanzierungsalternativen) ergangene Beschluss, mit dem die Hauptversammlung die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Geltendmachung von Ersatzansprüchen
der Beklagten gegen das herrschende Unternehmen, die Klägerin T. AG mit Sitz in Y, P, einschließlich deren gesetzlichen Vertretern, die die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen veranlasst haben, beschlossen hat.

d) Der ausweislich des notariellen Protokolls zur Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 7.I.d) (Vermögensschaden der Gesellschaft durch den im Dezember 2012 mit der U. SE abgeschlossenen Darlehensvertrag im Gesamtvolumen von bis zu Euro 120 Mio. im Hinblick auf dessen fehlende Marktüblichkeit) ergangene Beschluss, mit dem die Hauptversammlung die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
der Beklagten gegen das herrschende Unternehmen, die Klägerin T. AG mit Sitz in Y, P, einschließlich deren gesetzlichen Vertretern, die die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen veranlasst haben, beschlossen hat.

e) Der ausweislich des notariellen Protokolls zur Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 7.I.e) (Vermögensschaden der Gesellschaft durch die von der U. SE veranlasste Gewährung von Großmütterzuschüssen in Höhe von Euro 276,2 Mio. an die E2J1E2 F F1 AG („E2J1E2“) sowie die Akquisition konzernverbundener Unternehmen der U. SE durch die E2J1E2, insbesondere infolge von Überbewertungen der von der U. SE eingebrachten Beteiligungen) ergangene Beschluss, mit dem die Hauptversammlung die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
der Beklagten gegen das herrschende Unternehmen, die Klägerin T. AG mit Sitz in Y, P, einschließlich deren gesetzlichen Vertretern, die die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen veranlasst haben, beschlossen hat.

f) Der ausweislich des notariellen Protokolls zur Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 7.I.f) (Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb von ausgewählten VerkehrswegeC3- und C3stoffaktivitäten sowie der F. M. Z. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
, der M. B. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
und der D K. H. N. & A. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
von der F. M. AG, O-G, im Jahr 2010 zu einem überhöhten Kaufpreis) ergangene Beschluss, mit dem die Hauptversammlung die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
der Beklagten gegen das herrschende Unternehmen, die Klägerin T. AG mit Sitz in Y, P, einschließlich deren gesetzlichen Vertretern, die die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen veranlasst haben, beschlossen hat.

g) Der ausweislich des notariellen Protokolls zur Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 7.I.g) (Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb von drei Grundstücken der F. M. GmbH 2011 zu einem überhöhten Kaufpreis) ergangene Beschluss, mit dem die Hauptversammlung die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
der Beklagten gegen das herrschende Unternehmen, die Klägerin T. AG mit Sitz in Y, P, einschließlich deren gesetzlichen Vertretern, die die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen veranlasst haben, beschlossen hat.

h) Der ausweislich des notariellen Protokolls zur Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 7.I.h) (Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb der I1 L1 C1 GmbH von der U. SE-Gruppe zu einem überhöhten Kaufpreis) ergangene Beschluss, mit dem die Hauptversammlung die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
der Beklagten gegen das herrschende Unternehmen, die Klägerin T. AG mit Sitz in Y, P, einschließlich deren gesetzlichen Vertretern, die die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen veranlasst haben, beschlossen hat.

i) Der ausweislich des notariellen Protokolls zur Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 7.I.i) (Vermögensschaden der Gesellschaft durch von der U. SE veranlasste nicht marktgerechte Darlehensvereinbarungen mit und den Verkauf der E1 a.s., Q/U1 („E1T1Q1“) an eine Tochtergesellschaft der E2J1E2 zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis) ergangene Beschluss, mit dem die Hauptversammlung die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Geltendmachung von Ersatzansprüchen
der Beklagten gegen das herrschende Unternehmen, die Klägerin T. AG mit Sitz in Y, P, einschließlich deren gesetzlichen Vertretern, die die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen veranlasst haben, beschlossen hat.

j) Der ausweislich des notariellen Protokolls zur Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 7.I.j) (Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Verkauf der L2 V1 AG („L3“) an die J2 M1 GmbH zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis) ergangene Beschluss, mit dem die Hauptversammlung die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
der Beklagten gegen das herrschende Unternehmen, die Klägerin T. AG mit Sitz in Y, P, einschließlich deren gesetzlichen Vertretern, die die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen veranlasst haben, beschlossen hat.

k) Der ausweislich des notariellen Protokolls zur ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten zu Tagesordnungspunkt 7.II. gefasste Beschluss, mit dem die Hauptversammlung die Bestellung von Herrn Rechtsanwalt Dr. U1 J., geschäftsansässig im Hause N1 I2 & Partner Rechtsanwälte mbB, Q1 B1 xxx, xxx C2, sowie, für den Fall, dass Herr Dr. J. sein Amt nicht annehmen kann oder wegfällt, ersatzweise Herrn Rechtsanwalt Dr. E1 M2, geschäftsansässig im Hause N1 I2 & Partner Rechtsanwälte mbB, Q1 B1 xxx, xxx C2, als besonderen Vertreter gemäß § 147 Abs. 2 S. 1 AktG beschlossen hat.

2. hilfsweise, die unter Ziffer 1. genannten Beschlüsse für nichtig zu erklären;

3. höchst hilfsweise, die Unwirksamkeit der unter Ziffer 1. genannten Beschlüsse festzustellen

Die Beklagte hat

den Klageanspruch anerkannt.

Deren Streithelfer haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die angefochtenen Hauptversammlungsbeschlüsse verteidigt und die Auffassung vertreten, dass die anspruchsbegründenden Sachverhalte hinreichend konkretisiert seien. Mehr könne und dürfe nicht verlangt werden.

2. Das Landgericht hat der Anfechtungsklage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtenen Beschlüsse seien für nichtig zu erklären, weil ihnen eine gesetzliche Grundlage fehle. Für eine Beschlussfassung nach § 147 Abs. 1 AktG sei erforderlich, dass zumindest tatsächliche Anhaltspunkte für ein schadenersatzbegründendes Verhalten des in Anspruch zu nehmenden Haftungsschuldners bestünden. Es reiche nicht aus, wenn wie vorliegend lediglich gleichsam ins Blaue hinein ein haftungsbegründendes Verhalten der in Aussicht genommenen Haftungsschuldner ohne jeglichen konkreten Anhaltspunkt behauptet werde. Der Verzicht auf ein solches, vordergründig den Wortlaut des § 147 Abs. 1 AktG einschränkendes Merkmal würde das System des Minderheitenschutzes dem §§ 147, 142 AktG sowie der §§ 311 ff. AktG negieren. Der Regelungsgehalt des § 147 AktG sowie seine Voraussetzungen könnten nicht ohne Berücksichtigung des § 142 AktG wie auch der Minderheitenschutzregeln im faktischen Konzern (§§ 311 ff. AktG) bestimmt werden. Wenn auch nur im Sinne einer Sollvorschrift gehe der Gesetzgeber ersichtlich davon aus, dass die tatsächlichen Grundlagen des Anspruchs bei § 147 AktG bereits weitestgehend geklärt seien und eine der Geltendmachung vorangehende Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen nicht erforderlich sei. Die Frist wäre nämlich bei komplexen Sachverhalten in aller Regel nicht einzuhalten. Überdies ergebe sich die Richtigkeit dieses Verständnisses aus den unterschiedlichen Voraussetzungen für die Herbeiführung eines Beschlusses zur Bestellung von Sonderprüfern sowie eines Beschlusses nach § 147 AktG. Während nämlich im Falle des § 147 AktG in § 136 AktG ausdrücklich ein Stimmverbot für den Aktionär vorgesehen sei, gegen den ein Anspruch geltend gemacht werden solle, existiere eine solche Regelung im Falle des § 142 AktG nicht. Dies bedeute, dass unter Umständen Minderheitsaktionäre in der Hauptversammlung in ihrem Begehren, einen Beschluss über die Bestellung von Sonderprüfern herbeizuführen, scheiterten, während der Beschluss nach § 147 AktG wegen des Stimmverbote allein mit den Stimmen der Minderheitsaktionäre herbeigeführt werden könne. Dies sei als Entscheidung des Gesetzgebers hinzunehmen und rechtfertige es nicht, die Systematik des Gesetzes allein aus Minderheitsschutzgesichtspunkten zu ignorieren und dem besonderen Vertreter die bereits erwähnte Sonderprüfungskompetenz zuzuerkennen.

Das Verhältnis der §§ 147 und 142 AktG habe Auswirkungen auch auf die an einen Beschluss nach § 147 AktG zu stellenden Anforderungen. Dabei gehe es zum einen um die hinreichende Bestimmtheit des Beschlussantrags, die es ermöglichen solle, festzustellen, ob der später von dem besonderen Vertreter geltend gemachte Anspruch mit demjenigen identisch sei, der Gegenstand des Hauptversammlungsbeschlusses sei. Insoweit bestünden keine Bedenken, denn die Anknüpfung in den Beschlussanträgen an bestimmte konzerninterne Geschäfte und die Benennung der potentiellen Anspruchsgegner dürften hinreichend sicher die Feststellung ermöglichen, ob die später von dem Streithelfer zu 2) der Beklagten geltend zu machenden Ansprüche hiermit identisch seien.

Erforderlich sei aber darüber hinaus, dass die Beschlussfassung auf der Grundlage eines Sachverhalts erfolge, aus dem sich der geltend zu machende Anspruch schlüssig ergebe, jedenfalls aber eine konkrete Wahrscheinlichkeit hierfür bestehe. Komme nämlich dem besonderen Vertreter allein die Aufgabe zu, einen der Gesellschaft zustehenden Anspruch geltend zu machen, so müsse dieser Anspruch in seinen wesentlichen Elementen bekannt sein, also nach Gläubiger, Schuldner und Anspruchsgrund, wozu bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen pflichtwidrigen schädigenden Verhaltens zumindest auch ein Sachverhalt gehöre, aus dem sich eben diese Pflichtwidrigkeit und der Schaden ergeben würden. Sei Letzteres nicht bekannt, stelle das Gesetz die Möglichkeit einer Sonderprüfung zur Verfügung. Für einen Beschluss nach § 147 AktG sei dann grundsätzlich kein Raum.

Die Richtigkeit dieser Auffassung ergebe sich auch daraus, dass selbst im Rahmen des § 142 AktG erforderlich sei, dass der Antragsteller Tatsachen vortrage, die den Verdacht rechtfertigten, dass bei dem zum Gegenstand des Antrags gemachten Vorgang Unredlichkeiten vorgekommen seien oder Gesetz oder Satzung grob verletzt worden seien. Die bloße Äußerung eines Verdachts genüge nicht. Vielmehr müssten die Tatsachen behauptet, wenn auch nicht bewiesen und auch nicht glaubhaft gemacht werden.

Die Tatsachen müssten geeignet sein, das Gericht entweder von hinreichenden Verdachtsmomenten zu überzeugen oder zur Amtsermittlung zu veranlassen. Die bloße Möglichkeit von Pflichtverletzungen genüge dafür nicht. § 147 Abs. 1 AktG setze voraus, dass der Anspruch zumindest in tatsächlicher Hinsicht weitgehend bekannt sei. Solche tatsächlichen Anhaltspunkte für ein pflichtwidriges Verhalten seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Allein aus dem Umstand, dass es konzernintern Aktivitäten gegeben habe, die zu einer Benachteiligung der Beklagten zu Gunsten der Klägerin U. SE hätten führen können, würden sie nicht folgen. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass jedenfalls nach herrschender Meinung davon auszugehen sei, dass unter die in § 147 Abs. 1 AktG erwähnten Ansprüche auch solche aus § 317 AktG fielen. Denn auch hierfür sei erforderlich, dass die abhängige Gesellschaft zur Durchführung eines für sie nachteiligen Rechtsgeschäfts veranlasst werde und der Gesellschaft hieraus ein Schaden entstanden sei. In den gleichlautenden Beschlüssen würden nämlich lediglich diverse Konzerntransaktionen dargestellt – unstreitig im wesentlichen wörtlich übernommen aus den Geschäftsberichten – mit der durch keinerlei konkrete Tatsachen untermauerten Behauptung, die jeweils von der Klägerin T. AG gezahlten Preise seien unangemessen niedrig bzw. die von der Beklagten erbrachten Gegenleistungen unangemessen zu hoch. Es handele es sich hier um einen als Behauptung formulierten Verdacht der Minderheitsaktionäre. Ein solcher Verdacht sei allerdings durch eine Sonderprüfung etwa nach § 315 AktG zu klären. Dass diese Vorschrift wie auch § 142 Abs. 2 AktG ein bestimmtes Quorum vorsehe, sei als gesetzgeberische Entscheidung hinzunehmen. § 147 Abs. 1 AktG sei das falsche Instrument mit der Folge, dass die angefochtenen Beschlüsse den Anforderungen des § 147 AktG nicht genügten und deshalb für nichtig zu erklären seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil, Bl. 410 f. d. A. Bezug genommen.

3. Gegen das stattgebende Urteil des Landgerichts Köln., verkündet am 14.01.2016 (Bl. 409 d. A.), der Beklagten zugestellt am 15.01.2016 (Bl. 432 d. A.), wenden sich die insgesamt vier Streithelfer der Beklagten.

Sie meinen, für § 147 Abs. 1 AktG sei die Bezeichnung eines konkreten Sachverhalts ausreichend, weitergehende „tatsächliche Anhaltspunkte“ seien (wenngleich solche vorgetragen worden seien) nicht erforderlich, die entgegenstehende Auffassung des Landgerichts führe zur weitgehenden Entwertung gesetzlicher Minderheitsrechte. Das Landgericht habe sich – was rechtsfehlerhaft sei – nicht mit dem konkretem Vortrag auseinandergesetzt.

Der Streithelfer zu 2) der Beklagten meint, es lägen alle Voraussetzungen vor, die an die Rechtmäßigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen gemäß § 147 AktG zu stellen seien. Die Vorschrift verlange nicht, dass der geltende zu machende Anspruch sich aus dem vorgetragenen Sachverhalt schlüssig ergeben oder eine konkrete Wahrscheinlichkeit hierfür bestehen müsse. Jedenfalls sei die erforderliche Schlüssigkeit gegeben. § 147 Abs. 1 S. 1 AktG erfordere keine sachliche Rechtfertigung, und es läge auch keine Behauptung ins Blaue hinein vor. Die Durchführung einer Sonderprüfung sei keine Voraussetzung für die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
, die gerichtliche Vorprüfung im Anfechtungsprozess sei systemwidrig. Auch mache die Prüfungskompetenz des besonderen Vertreters die Regelung des § 142 AktG nicht überflüssig. Eine strikte Abgrenzung zwischen Sonderprüfung und der Tätigkeit eines Besonderen Vertreters sei weder geboten noch sinnvoll möglich. Es habe ein ordnungsgemäßer Beschlussvorschlag vorgelegen, da bei der Antragstellung auf den in der Hauptversammlung schriftlich vorliegenden Beschlusstext Bezug genommen worden sei. Eine Verlesung des gesamten Beschlusswortlauts sei nicht erforderlich. Zudem habe der Versammlungsleiter unmittelbar vor Eintritt in die Beschlussfassung nachgefragt, ob gegen einen Verzicht auf die Verlesung des schriftlich vorliegenden Beschlussvorschlags Widerspruch erhoben würde bzw. ob ein Aktionär auf Verlesung bestehe, und dies sei nicht der Fall gewesen. Zweifel oder Unklarheiten im Hinblick auf den genauen Beschlussgegenstand seien nicht gerügt worden. Auch die Feststellung der Beschlüsse sei fehlerfrei erfolgt. Erforderlich sei nur, dass der Wortlaut des Beschlussvorschlags im notariellen Protokoll oder dessen Anlagen enthalten sei, und dies sei der Fall gewesen.

Die Streithelferin zu 3) vertritt die Ansicht, dass die Anfechtungsklage bereits deswegen als rechtsmissbräuchlich abzuweisen sei, weil die erhobene Klage nur dazu diene, die eigene Inanspruchnahme so lange zu verschleppen, bis eine Verjährung eingetreten sei. Den besonderen Vertreter treffe eine eigene Ermittlungsbefugnis. Er habe über die Geltendmachung des Anspruchs nach eigenem Ermessen zu entscheiden. Das, was das Landgericht zwingend im Wege der Vorprüfung in ein vorgeschaltetes förmliches Sonderprüfungsverfahren eingebettet sehen wolle, unterfalle den Rechten und Pflichten des besonderen Vertreters nach § 147 AktG, und einer Sonderprüfung bedürfe es in keinem Fall. Die Ersatzansprüche seien auch nicht ins Blaue hinein behauptet, sondern zusammengefasst bereits in der Einladung zur Hauptversammlung vom 04.07.2014 nachzulesen. Gleiches gelte für die Hauptversammlung vom 19.06.2015.

Die Streithelferin zu 3) behauptet schließlich, dass ein weitergehender Vortrag wegen der Rechtsnatur der Geschäfte nicht habe erfolgen können, da es in einer solchen Konstellation lebensnah sei, dass wegen des kollusiven Zusammenwirkens von Hauptaktionär und der von ihm bestimmten Verwaltung das vertuscht werde, woran die übrigen Aktionäre mit Recht Anstoß nähmen.

Die Streithelferin zu 4) meint, das Landgericht habe aufgrund seiner eigenen Feststellungen zu einer abweichenden Entscheidung gelangen müssen, so dass das erstinstanzliche Urteil keinen Bestand haben könne.

Die Streithelfer der Beklagten beantragen,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts L. vom 14. Januar 2016, Aktenzeichen 91 O 30/15, abzuweisen.

Die Klägerin U. SE sowie ihr Streithelfer beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung. Die Klägerin U. SE ist der Ansicht, das Landgericht habe der Klage zu Recht stattgegeben. In den angefochtenen Hauptversammlungsbeschlüssen fehlten tatsächliche Anhaltspunkte. Der geltend zu machende Anspruch müsse in seinen wesentlichen Elementen, also nach Gläubiger, Schuldner und Anspruchsgrund bekannt sein.

Bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen pflichtwidrig schädigenden Verhaltens gehöre dazu ein Sachverhalt, aus dem sich diese Pflichtwidrigkeit und ein Schaden ergäben. Ein solcher Sachverhalt sei nicht vorgetragen. Die Auffassung des Landgerichts finde ihre Stütze in der Entstehungsgeschichte des § 147 AktG. Dem besonderen Vertreter kämen keine Ermittlungsbefugnisse zu. Nach der gesetzlichen Konzeption sei § 147 AktG kein Minderheitenrecht, was bei der Auslegung zu berücksichtigen sei. Es liege ein zumindest faktisches Stufenverhältnis vor zwischen der Bestellung eines besonderen Vertreters und eines Sonderprüfers. Sie meint, lege man im Rahmen der Konkretisierung nicht die erforderlichen strengen Maßstäbe an, führe dies zu einer Umgehung der gesetzlichen Anforderungen an die Ausübung von Minderheiten den Rechten, insbesondere derjenigen im faktischen Konzern bis zu einer faktischen Negierung des vom Gesetzgeber legitimierten faktischen Konzerns. Die Beschlüsse seien auch deshalb anfechtbar, weil konzernrechtliche Ansprüche gegen das beherrschende Unternehmen nach § 317 AktG nicht von § 147 AktG erfasst seien. Die Klägerin U. SE meint, sie sei in der Hauptversammlung zu Unrecht von der Abstimmung ausgeschlossen worden. Ein Stimmverbot nach § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG komme nur in Betracht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für das Bestehen der Ansprüche vorlägen, was nicht der Fall sei, und das Behaupten solcher Ansprüche sei rechtsmissbräuchlich.

Schließlich ist sie der Ansicht, die streitgegenständlichen Beschlüsse seien rechtswidrig und anfechtbar, weil sie an formellen Mängeln litten. Den angefochtenen Beschlüssen liege schon eine nicht ordnungsgemäße Antragstellung zugrunde: Die Beschlussanträge seien mangels Verlesung unter Verstoß gegen das Mündlichkeitsprinzip zur Abstimmung gestellt worden. Die Anträge müssten verlesen werden. Die Ausnahme, dass nämlich Verwaltungsvorschläge im Sinne des § 124 Abs. 3 S. 1 AktG durch Bezugnahme auf die zuvor im Bundesanzeiger veröffentlichte Fassung zur Abstimmung gestellt werden könnten, sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Es handele sich nicht um einen Beschlussvorschlag der Verwaltung, und eine bloße Bezugnahme auf die Bekanntmachung zu Tagesordnungspunkt 7 im Bundesanzeiger vom 12.05.2015 reiche auch deswegen nicht aus, weil es sich hier noch nicht um einen konkreten Beschlussantrag der Minderheitsaktionäre gehandelt habe. Dies sei bereits aus der entsprechenden Formulierung klar ersichtlich. Es fehle die Einleitung „Die Hauptversammlung beschließt“.

Eine Bezugnahme auf die bekanntgemachte Fassung scheitere jedenfalls daran, dass die antragstellenden Aktionäre diese in der Hauptversammlung in deutlich abgeänderter Fassung hätten stellen wollen. Dies ergebe sich aus einem Vergleich der aufgrund des Ergänzungsverlangens der antragstellenden Aktionäre vom 31.10.2014 am 12.05.2015 bekanntgemachten Tagesordnung und den als Anlage 5 im notariellen Protokoll der Hauptversammlung beigefügten geänderten Schlussanträgen. Insbesondere der stark veränderte Kreis an Anspruchsgegnern zeige, dass es sich nicht nur um geringfügige, redaktionelle oder klarstellende Änderungen, sondern um wesentliche inhaltliche Abweichungen gehandelt habe.

Durch die ersatzlose Streichung von lit c) des ursprünglich bekannt gemachten Beschlussvorschlags in der am Tag der Versammlung ausliegenden Fassung habe sich nahezu die gesamte Nummerierung des Beschlussvorschlags verschoben, so dass nicht ohne weiteres auf die „Tagesordnungspunkte“ habe Bezug genommen werden dürfen. Hinzu komme, dass auf der streitgegenständlichen Hauptversammlung der Beklagten zwei unterschiedliche Fassungen der Anträge ausgelegen hätten, deren eine dann noch bei der mündlichen Antragstellung modifiziert worden sei. Im Ergebnis sei der Beschlussantrag, welcher in der Hauptversammlung vorgelegen habe, daher als neuer Antrag zu werden, welcher zwar möglicherweise noch von der Tagesordnung unter TOP 7 gedeckt gewesen, jedenfalls aber in dieser Fassung nicht bekanntgemacht worden sei. In der letztendlichen Form habe er den Teilnehmern der Hauptversammlung erstmals in der Hauptversammlung (schriftlich) vorgelegen. Da der bekanntgemachte Beschlussvorschlag (gemäß Veröffentlichung der Beklagten im Bundesanzeiger vom 12.05.2015) schon von dem erst auf der Hauptverhandlung ausgelegten Beschlussantrag zu Tagesordnungspunkt 7 in sehr erheblichem Maße abgewichen sei, sei eine Verlesung in jedem Fall geboten gewesen. Mangels materiellen Beschlussinhaltes gehe der Beschluss ins Leere. Weder seien die Beschlussanträge verlesen worden, noch sei eine Bezugnahme auf bekanntgemachte oder schriftlich vorliegende Beschlussanträge erfolgt bzw. sei dies nicht ausreichend gewesen.

Die Beschlussfeststellung sei darüber hinaus fehlerhaft gewesen. Nach § 130 Abs. 2 S. 1 AktG müsse das notarielle Protokoll eine ausdrückliche und eindeutige Feststellung des BeschlussergebnissesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
Feststellung des Beschlussergebnisses
durch den Versammlungsleiter beinhalten, woran es fehle. Es sei zunächst beim Beschlussaufruf auf die Verlesung der wesentlich geänderten Beschlussvorschläge zu TOP 7 Ziffer I. und II. verzichtet worden und insoweit auch nicht ausdrücklich auf die vom Notar dem Protokoll als Anl. 5 beigefügte Textfassung verwiesen worden.

Dann sei auch nicht im Rahmen der Beschlussfeststellung auf mündlich geänderte und/oder schriftlich vorliegende Beschlussanträge Bezug genommen worden, um den Inhalt der gefassten Beschlüsse unzweideutig zu bezeichnen. Im Ergebnis sei damit unklar geblieben, in welcher Fassung die von den Minderheitsaktionären gemachten Vorschläge letztendlich Beschlussinhalt geworden seien. Der Versammlungsleiter Dr. X habe nicht durch Bezugnahme auf die einzelnen Gliederungspunkte der Anlage 5 zum notariellen Protokoll die für einen Hauptversammlungsbeschluss notwendige Klarheit geschaffen, und der Versammlungsleiter habe es auch bei der Feststellung des Beschlusses zu TOP 7 Ziffer II. versäumt, eine Feststellung zu dem diesbezüglich gestellten Gegenantrag zu treffen. Schließlich sei die genaue Zahl der zu TOP 7 von einem Stimmverbot betroffenen Aktien nicht protokolliert worden. Die Beschlüsse auch deswegen anfechtbar, weil sie einen überschießenden Inhalt aufwiesen und teilweise wegen eingetretener Verjährung offensichtlich unbegründete Ersatzansprüche zum Gegenstand hätten.

Der Streithelfer der Klägerin U. SE meint, es bestehe kein Anlass zu einer völlig ausufernden Auslegung des § 147 AktG. Ohne das Vorliegen von konkreten verdachtsbegründenden Tatsachen, dass sich das abstrakte Risiko einer Nachteilszufügung auch im konkret bezeichneten Sachverhalt niedergeschlagen habe, könne gegen den Willen des Mehrheitsaktionärs keine Sonderprüfung durchgesetzt werden. Das Abschreiben von Geschäftsvorgängen aus den Geschäftsberichten der Beklagten genüge nicht den Voraussetzungen, die § 147 AktG aufstelle. Eine Heranziehung der Geschäftsberichte der Beklagten zur Auslegung der Beschlüsse, bei der es nicht auf den Verständnishorizont einzelner, bestimmter Personen ankomme, scheide aus und der Grundsatz der „falsa demonstratio non nocet“ gelte bei der Auslegung von Hauptversammlungsbeschlüssen nicht.

C. Verfahren Az. 18 U 21/16 OLG L. (= Az. 91 O 31/15 LG L.)

Im Verfahren Az. 18 U 21/16 OLG L. (= Az. 91 O 31/15 LG L.) wendet sich die Klägerin T. AG zum einen gegen die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Feststellung des BeschlussergebnissesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
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und gegen bestimmte Beschlussvorlagen unter Tagesordnungspunkt 7 der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015, zum anderen dagegen, dass in der Hauptversammlung erneut ein Beschlussvorschlag zu dem angekündigten und bekanntgemachten Tagesordnungspunkt 9 vom Versammlungsleiter der Beklagten nicht zur Abstimmung gestellt wurde.

Dem liegt zugrunde, dass auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 nach der Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 7, die der gerichtlich bestellte Versammlungsleiter Dr. X geleitet hatte, (wieder) Herr Dr. C die Leitung der Versammlung zur Behandlung der Tagesordnungspunkt 8 und 9 übernahm, sich über diese Punkte in der Hauptversammlung sodann eine Debatte entspann: Der Versammlungsleiter Dr. C erklärte, dass er den Beschlussvorschlag zu Tagesordnungspunkt 9 für unzulässig halte. Es gehe um nicht substantiierte Vorwürfe, denen kein nachprüfbarer Sachverhalt zu Grunde liege. Der Beschlussvorschlag sei zu unbestimmt und könne nicht zur Abstimmung zugelassen werden. Zur Begründung seiner Auffassung verwies der Versammlungsleiter Dr. C auf das Rechtsgutachten des Prof. Dr. I3, das in der Hauptversammlung ausgelegt wurde (Anlage K 13, Bl. 108 AH I).

Daraufhin stellte Rechtsanwalt Dr. G1 L4 für die T. Invest AG den Antrag, den Versammlungsleiter Dr. C abzuwählen (Anlage K 13, Bl. 113 AH I). Dieser erklärte, dass er einen wichtigen Grund für die Abberufung nicht erkennen könne. Sodann wurde über den Abberufungsantrag abgestimmt. Ergebnis der Abstimmung war, dass die Abberufung des Dr. C als Versammlungsleiter mit den Stimmen der Mehrheitsaktionärin, der Streithelferin zu 5) der Beklagten, abgelehnt wurde.

Im Anschluss hieran ließ der Versammlungsleiter Dr. C über den Beschlussvorschlag zu Tagesordnungspunkt 8 (Sonderprüfung) abstimmen. Auch dieser Vorschlag wurde mit den Stimmen der Mehrheitsaktionärin, der Streithelferin zu 5) der Beklagten, abgelehnt.

Der Beschlussvorschlag zu Tagesordnungspunkt 9 wurde, wie vom Versammlungsleiter Dr. C angekündigt, nicht zur Abstimmung gestellt. Die Klägerin T. AG erklärte zu sämtlichen in der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 gefassten Beschlüssen Widerspruch zu Protokoll des Notars.

Wegen des Ablaufs der Hauptversammlung vom 19.06.2015 im Einzelnen wird auf das notarielle Protokoll des Notars Dr. Q2, UR Nr. 1382/2015 (Anl. K 13, Bl. 67 ff. AH I), dort insbesondere Seite 63 ff. (Blatt 98 f. AH I) verwiesen.

Die Klägerin T. AG hat die Rechtsansicht vertreten, die ablehnende Beschlussfassung der Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt (TOP) 7 I. Unterpunkte a) bis j) sei, jeweils soweit es um die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats der Beklagten gehe, für nichtig zu erklären. Für die Klägerin U. SE, Streithelferin zu 5) der Beklagten als Mehrheitsaktionärin habe ein Stimmverbot hinsichtlich des gesamten einheitlichen Beschlussvorschlags bestanden. Es habe nicht getrennt über die Ansprüche gegen die Klägerin U. SE (die Streithelferin zu 5) der Beklagten) einerseits und gegen die Organe der Beklagten andererseits abgestimmt werden dürfen, denn die konzerninternen Transaktionen, die Gegenstand der Ersatzansprüche seien, würden einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einheitlichen Vorgang bilden.

Abgesehen davon habe das Stimmverbot auch bei getrennter Abstimmung bestanden, weil sämtliche Ansprüche in einem engen Zusammenhang stünden. Hinsichtlich sämtlicher Sachverhalte des Tagesordnungspunktes 7 habe ein umfassendes Stimmverbot für die Klägerin U. SE bestanden. Diese habe das Stimmverbot teilweise umgehen wollen, indem sie eine nach Personengruppen getrennte Beschlussfassung beantragt habe. Obwohl § 20 Abs. 2 der Satzung die Entscheidung über die Form der Abstimmung ausdrücklich dem Versammlungsleiter zuweise, habe dieser die Verfahrensfragen nicht selbst entschieden, sondern eine Beschlussfassung der Hauptversammlung herbeigeführt. Dies sei verfahrensmäßig unzulässig. Die Klägerin T. AG hat behauptet, die antragstellenden Minderheitsaktionäre hätten der Beklagten bereits mit Schreiben an deren anwaltliche Vertreter vom 12.06.2015 mitgeteilt, dass sie, ohne jegliches Präjudiz, die vom Amtsgericht Köln beanstandeten Teile des Beschlussvorschlags streichen und zudem eine Einzelabstimmung über die einzelnen Unterpunkte beantragen würden. Die nach dieser Maßgabe ausformulierten Beschlussvorschläge seien der Beklagten dann am 18.06.2015 übermittelt worden. Sie meint, bei den Änderungen des Beschlussvorschlages handele es sich um Streichungen bzw. rein redaktionelle Anpassungen, der ursprüngliche Vorschlag sei im Ergebnis nur um nebensächliche Punkte reduziert worden und im L5 des Beschlussvorschlags seien keine Änderungen vorgenommen worden.

Die Klägerin T. AG hat weiter behauptet, dass sich dann, wenn man die zu Unrecht berücksichtigten ablehnenden Stimmen der Klägerin U. SE von den festgestellten Beschlussergebnissen abziehe, ergebe, dass sämtliche unter dem Tagesordnungspunkt 7 zur Abstimmung gestellten Beschlussvorschläge mit der erforderlichen Mehrheit der verbleibenden Stimmen angenommen worden seien, was im Rahmen der positiven Beschlussfeststellungsklage festzustellen sei.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Beschluss sei formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Auf das vollständige Verlesen des gestellten Antrags habe verzichtet werden können, und eine Bezugnahme sei auch nicht nur bei Beschlussvorschlägen zulässig, die zuvor im Wortlaut im Bundesanzeiger veröffentlicht worden seien. Es habe eine Bezugnahme vorgelegen, die eine eindeutige Bestimmung des Beschlussvorschlags ermöglicht habe, und die Rechte der Aktionäre im Hinblick auf eine geordnete Beschlussfassung seien gewahrt.

Weiter hat die Klägerin T. AG die Rechtsansicht vertreten, dass die Beschlüsse auch materiell rechtmäßig, da hinreichend konkret formuliert seien. Es liege kein Stufenverhältnis in dem Sinne vor, dass einem Antrag nach § 147 AktG zur Konkretisierung der Ansprüche zwingend eine Sonderprüfung vorauszugehen habe. Der Versammlungsleiter Dr. C sei nicht berechtigt gewesen, den Beschlussvorschlag zu Tagesordnungspunkt 9 als unzulässig zurückzuweisen. Dies stelle einen schweren und vorsätzlichen Eingriff in ihre Minderheitsrechte dar, es habe daher ein wichtiger Grund für die Abwahl des Versammlungsleiters vorgelegen. Der Versammlungsleiter habe außerhalb seiner Kompetenzen gehandelt und habe sich in einem Interessenkonflikt befunden:

– Es bestehe keinerlei Bedürfnis dafür, in Fällen des § 122 AktG ein Prüfungsrecht des Versammlungsleiters anzuerkennen. Der Versammlungsleiter habe kein eigenes Prüfungs- und Zurückweisungsrecht, dies sei auch unter keinem Gesichtspunkt erforderlich oder auch nur zweckmäßig.

– Der Versammlungsleiter Dr. C habe über die Zulassung eines Beschlussvorschlags entschieden, der unter anderem die Geltendmachung von Ansprüchen gegen ihn selbst sowie gegen die von ihm vertretene Mehrheitsaktionärin, die Klägerin U. SE, zum Gegenstand gehabt habe. Er habe einem gesetzlichen Stimmverbot gemäß § 136 Abs. 1 S. 1 3. Alt. AktG unterlegen, und die Zurückweisung des Beschlussvorschlags stelle einen eklatanten Verstoß gegen das Verbot des „Richtens in eigener Sache“ dar.

Die Klägerin T. AG hat weiter die Auffassung vertreten, dass der Beschlussvorschlag zu TOP 9 nicht rechtsmissbräuchlich gewesen sei, weil zugleich ein Antrag auf Durchführung einer Sonderprüfung gestellt worden sei. Ein „Stufenverhältnis“ zwischen Sonderprüfung und Anspruchsdurchsetzung nach § 147 AktG in dem Sinne, dass einem Antrag nach § 147 AktG zur Konkretisierung der Ansprüche zwingend eine Sonderprüfung vorauszugehen habe, gebe es nicht. Keinesfalls sei der Beschlussvorschlag als „evident rechtswidrig“ zu qualifizieren. Weiter hat die Klägerin T. AG die Auffassung vertreten, dass es die Treuepflicht allen Aktionären geboten habe, angesichts des eklatant rechtswidrigen Vorgehens des Versammlungsleiters, für dessen Abwahl zu stimmen.

Hinsichtlich ihres Antrags auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Versammlungsleiters hat die Klägerin T. AG die Rechtsansicht vertreten, die ausnahmsweise Zulassung einer allgemeinen Feststellungsklage sei geboten. Es liege ein Eingriff in die Minderheitsrechte vor, und eine effektive Rechtsschutzmöglichkeit sei ihr nur bei Zulassung der allgemeinen Feststellungsklage eröffnet.

Die Klägerin T. AG hat beantragt:

I. 1.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. a) in Bezug auf den Vorstand der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Vorstand der Gesellschaft wegen des von der U. SE veranlassten Erwerbs von C3stoffaktivitäten und einer in der Straßensanierung tätigen Gesellschaft aus dem U. SE-Konzern in 2009 zu einem überhöhten Preis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. a) in Bezug auf den Vorstand folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Vorstands der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren K1 S1, Q3 L5 und Mag. N2 L6. Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb von C3stoffaktivitäten und einer in der Straßensanierung tätigen Gesellschaft aus dem U. SE-Konzern in 2009 zu einem überhöhten Preis.

Die U. AG hat im Geschäftsjahr 2009 ausgewählte C3stoffaktivitäten und eine in der Straßensanierung tätige Gesellschaft in Form von Unternehmenserwerben aus dem U. SE-Konzern übernommen. Das Kaufpreisvolumen belief sich auf rd. 3,2 Mio. Euro und war angeblich „in wesentlichen Teilen mit Wertgutachten unterlegt“ (Geschäftsbericht 2009, S. 95). Geltend zu machen ist der sich aus dem Erwerb ergebende Schaden der U. AG. Da überhöhte Preise gezahlt wurden, ist der Gesellschaft zum Vorteil des Verkäufers U. SE ein Vermögensschaden entstanden, der zu ersetzen ist.“

2.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. a) in Bezug auf den Aufsichtsrat der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Aufsichtsrat der Gesellschaft wegen des von der U. SE veranlassten Erwerbs von C3stoffaktivitäten und einer in der Straßensanierung tätigen Gesellschaft aus dem U. SE-Konzern in 2009 zu einem überhöhten Preis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. a) in Bezug auf den Aufsichtsrat folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Aufsichtsrats der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren Dr. K2 M3 (Vorsitzender des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), B2 D1, E2 T1 (Mitglied des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), S2 O1 und G1 P1, Dr. U1 C (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG) und Dr. Q3 O2 (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG). Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb von C3stoffaktivitäten und einer in der Straßensanierung tätigen Gesellschaft aus dem U. SE-Konzern in 2009 zu einem überhöhten Preis.

Die U. AG hat im Geschäftsjahr 2009 ausgewählte C3stoffaktivitäten und eine in der Straßensanierung tätige Gesellschaft in Form von Unternehmenserwerben aus dem U. SE-Konzern übernommen. Das Kaufpreisvolumen belief sich auf rd. 3,2 Mio. Euro und war angeblich „in wesentlichen Teilen mit Wertgutachten unterlegt“ (Geschäftsbericht 2009, S. 95). Geltend zu machen ist der sich aus dem Erwerb ergebende Schaden der U. AG. Da überhöhte Preise gezahlt wurden, ist der Gesellschaft zum Vorteil des Verkäufers U. SE ein Vermögensschaden entstanden, der zu ersetzen ist.“

3.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. b) in Bezug auf den Vorstand der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Vorstand der Gesellschaft wegen des von der U. SE veranlassten Verkaufs der Beteiligung an der C. GmbH zum 01.01.2011 an eine Gesellschaft der U. SE-Gruppe zu einem zu niedrigen Preis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. b) in Bezug auf den Vorstand folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Vorstands der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren K1 S1, Q3 L5 und Mag. N2 L6. Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Verkauf der Beteiligung an der C. GmbH, E., zum 1.1.2011 an eine Gesellschaft der U. SE-Gruppe zu einem zu niedrigen Preis.

Die U. hat AG im Geschäftsjahr 2010 ihre Beteiligung an der C. GmbH, E., vormals R1 Gesellschaft für P2 mbH, an die U. SE-Gruppe zum Übergangsstichtag 1.1.2011 zum Preis von 2,7 Mio. Euro veräußert (Geschäftsbericht 2010, S. 103). Es ist der Schaden geltend zu machen, der sich daraus ergibt, dass die Beteiligung an der C. GmbH zu einem für die U. AG nachteiligen, weil zu niedrigen Preis an die U. SE-Gruppe veräußert wurde.“

4.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. b) in Bezug auf den Aufsichtsrat der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Aufsichtsrat der Gesellschaft wegen des von der U. SE veranlassten Verkaufs der Beteiligung an der C. GmbH zum 01.01.2011 an eine Gesellschaft der U. SE-Gruppe zu einem zu niedrigen Preis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. b) in Bezug auf den Aufsichtsrat folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Aufsichtsrats der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren Dr. K2 M3 (Vorsitzender des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), B2 D1, E2 T1 (Mitglied des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), S2 O1 und G1 P1, Dr. U1 C (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG) und Dr. Q3 O2 (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG). Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Verkauf der Beteiligung an der C. GmbH, E., zum 1.1.2011 an eine Gesellschaft der U. SE-Gruppe zu einem zu niedrigen Preis.

Die U. hat AG im Geschäftsjahr 2010 ihre Beteiligung an der C. GmbH, E., vormals R1 Gesellschaft für P2 mbH, an die U. SE-Gruppe zum Übergangsstichtag 1.1.2011 zum Preis von 2,7 Mio. Euro veräußert (Geschäftsbericht 2010, S. 103). Es ist der Schaden geltend zu machen, der sich daraus ergibt, dass die Beteiligung an der C. GmbH zu einem für die U. AG nachteiligen, weil zu niedrigen Preis an die U. SE-Gruppe veräußert wurde.“

5.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. c) in Bezug auf den Vorstand der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Vorstand der Gesellschaft wegen der von der U. SE veranlassten, seit 2009 bestehenden Darlehensbeziehungen mit Unternehmen des U. SE-Konzerns zu nicht marktgerechtem Zins und nicht marktgerechten Kreditkommissionen und sonstigen Kommissionen sowie dem Unterlassen der Wahrnehmung günstigerer Finanzierungsalternativen abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. c) in Bezug auf den Vorstand folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Vorstands der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren K1 S1, Q3 L5 und Mag. N2 L6. Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch die von der U. SE veranlassten, seit 2009 bestehenden Darlehensbeziehungen mit Unternehmen des U. SE-Konzerns durch nicht marktgerechten Zins sowie nicht marktgerechte Kreditkommissionen und sonstige Kommissionen sowie das Unterlassen der Wahrnehmung günstigerer Finanzierungsalternativen.

Die U. AG hat ab 2009 (vgl. u.a. Geschäftsbericht 2009, S. 95; Geschäftsbericht 2011, S. 104) einen wesentlichen Teil ihres Finanzierungsbedarfs über Barkredite der U. SE gedeckt. Die Kreditinanspruchnahme entwickelte sich wie folgt:

2009: 127,3 Mio. Euro

2010: 45,7 Mio. Euro

2011: 90,2 Mio. Euro

2012: 99,9 Mio. Euro

Die Höhe der Kreditinanspruchnahme trotz einer ständig sehr komfortablen Liquiditätssituation der Gesellschaft stellt eine Kreditpolitik zu Lasten der Gesellschaft zum Vorteil des Großaktionärs U. SE dar. Es ist insbesondere der Schaden geltend zu machen, der sich daraus ergibt, dass der verrechnete Zins nicht marktgerecht (d.h. zu hoch) gewesen ist, bzw. nicht marktgerechte Kreditkommissionen und sonstige Provisionen an die U. SE vergütet wurden und dass günstigere Finanzierungsalternativen als ein Konzerndarlehen von den Verantwortlichen nicht weiter verfolgt wurden.“

6.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. c) in Bezug auf den Aufsichtsrat der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Aufsichtsrat der Gesellschaft wegen der von der U. SE veranlassten, seit 2009 bestehenden Darlehensbeziehungen mit Unternehmen des U. SE-Konzerns zu nicht marktgerechtem Zins und nicht marktgerechten Kreditkommissionen und sonstigen Kommissionen sowie dem Unterlassen der Wahrnehmung günstigerer Finanzierungsalternativen abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. c) in Bezug auf den Aufsichtsrat folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Aufsichtsrats der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren Dr. K2 M3 (Vorsitzender des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), B2 D1, E2 T1 (Mitglied des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), S2 O1 und G1 P1, Dr. U1 C (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG) und Dr. Q3 O2 (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG). Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch die von der U. SE veranlassten, seit 2009 bestehenden Darlehensbeziehungen mit Unternehmen des U. SE-Konzerns durch nicht marktgerechten Zins sowie nicht marktgerechte Kreditkommissionen und sonstige Kommissionen sowie das Unterlassen der Wahrnehmung günstigerer Finanzierungsalternativen.

Die U. AG hat ab 2009 (vgl. u.a. Geschäftsbericht 2009, S. 95; Geschäftsbericht 2011, S. 104) einen wesentlichen Teil ihres Finanzierungsbedarfs über Barkredite der U. SE gedeckt. Die Kreditinanspruchnahme entwickelte sich wie folgt:

2009: 127,3 Mio. Euro

2010: 45,7 Mio. Euro

2011: 90,2 Mio. Euro

2012: 99,9 Mio. Euro

Die Höhe der Kreditinanspruchnahme trotz einer ständig sehr komfortablen Liquiditätssituation der Gesellschaft stellt eine Kreditpolitik zu Lasten der Gesellschaft zum Vorteil des Großaktionärs U. SE dar. Es ist insbesondere der Schaden geltend zu machen, der sich daraus ergibt, dass der verrechnete Zins nicht marktgerecht (d.h. zu hoch) gewesen ist, bzw. nicht marktgerechte Kreditkommissionen und sonstige Provisionen an die U. SE vergütet wurden und dass günstigere Finanzierungsalternativen als ein Konzerndarlehen von den Verantwortlichen nicht weiter verfolgt wurden.“

7.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. d) in Bezug auf den Vorstand der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Vorstand der Gesellschaft wegen des im Dezember 2012 mit der U. SE zu nicht marktüblichen Konditionen abgeschlossenen Darlehensvertrags im Gesamtvolumen von bis zu EUR 120 Mio. abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. d) in Bezug auf den Vorstand folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Vorstands der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren K1 S1, Q3 L5 und Mag. N2 L6. Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch den im Dezember 2012 mit der U. SE abgeschlossenen Darlehensvertrag im Gesamtvolumen von bis zu Euro 120 Mio. im Hinblick auf dessen fehlende Marktüblichkeit.

Der Vorstand der U. AG hat mit Zustimmung des Aufsichtsrats im Juni 2012 beschlossen, die Akquisition konzernverbundener Unternehmen der U. SE durch die E2J1E2 C3 J3 F1 AG („E2J1E2“) im Wege von Einlagen „F1proportional“ mit der E2J1E2-Mitgesellschafterin U. SE zu finanzieren. Der hierfür von der U. AG im Dezember 2012 wie vereinbart erbrachte Finanzierungsanteil der E2J1E2 belief sich auf ca. 276,2 Mio. Euro. Zur Finanzierung hat die U. AG neben eigenen Mitteln mit der U. SE als Kreditgeberin das Darlehen über (revolvierend) bis zu 120 Mio. Euro mit einer Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossen, wovon die U. AG zum 31.12.2012 108 Mio. Euro in Anspruch genommen hat.

Ohne die Gewährung der sog. Großmütterzuschüsse (d.h. die (Mit-) Finanzierung des Beteiligungserwerbs der E2J1E2 durch die U. AG u.a. mittels Kreditmitteln der U. SE) hätte die U. AG über ausreichend liquide Mittel verfügt, ihr Geschäft ohne weitere Kredite finanzieren zu können. Durch das Konstrukt der Großmütterzuschüsse und die Veranlassung der U. SE, dass die U. AG dazu bei ihr Kredite aufnehmen musste, hat die U. SE der U. AG Kredite aufgezwungen, die die U. AG als unabhängige Gesellschaft nicht aufgenommen hätte, da diese primär den interessen der U. SE dienten.

Es sind Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die daraus erwachsen, dass der Darlehensvertrag im Gesamtvolumen von bis zu Euro 120 Mio. weder markt- noch sachgerecht ist und dass die U. SE beim Abschluss des Geschäfts ihre Stellung als Mehrheitsaktionär zum eigenen Vorteil ausgenutzt hat, wodurch der U. AG ein erheblicher Vermögensschaden entstanden ist.“

8.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. d) in Bezug auf den Aufsichtsrat der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Aufsichtsrat der Gesellschaft wegen des im Dezember 2012 mit der U. SE zu nicht marktüblichen Konditionen abgeschlossenen Darlehensvertrags im Gesamtvolumen von bis zu EUR 120 Mio. abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. d) in Bezug auf den Aufsichtsrat folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Aufsichtsrats der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren Dr. K2 M3 (Vorsitzender des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), B2 D1, E2 T1 (Mitglied des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), S2 O1 und G1 P1, Dr. U1 C (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG) und Dr. Q3 O2 (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG). Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch den im Dezember 2012 mit der U. SE abgeschlossenen Darlehensvertrag im Gesamtvolumen von bis zu Euro 120 Mio. im Hinblick auf dessen fehlende Marktüblichkeit.

Der Vorstand der U. AG hat mit Zustimmung des Aufsichtsrats im Juni 2012 beschlossen, die Akquisition konzernverbundener Unternehmen der U. SE durch die E2J1E2 C3 J3 F1 AG („E2J1E2“) im Wege von Einlagen „Beurteilungsproportional“ mit der E2J1E2-Mitgesellschafterin U. SE zu finanzieren. Der hierfür von der U. AG im Dezember 2012 wie vereinbart erbrachte Finanzierungsanteil der E2J1E2 belief sich auf ca. 276,2 Mio. Euro. Zur Finanzierung hat die U. AG neben eigenen Mitteln mit der U. SE als Kreditgeberin das Darlehen über (revolvierend) bis zu 120 Mio. Euro mit einer Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossen, wovon die U. AG zum 31.12.2012 108 Mio. Euro in Anspruch genommen hat.

Ohne die Gewährung der sog. Großmütterzuschüsse (d.h. die (Mit-) Finanzierung des F1erwerbs der E2J1E2 durch die U. AG u.a. mittels Kreditmitteln der U. SE) hätte die U. AG über ausreichend liquide Mittel verfügt, ihr Geschäft ohne weitere Kredite finanzieren zu können. Durch das Konstrukt der Großmütterzuschüsse und die Veranlassung der U. SE, dass die U. AG dazu bei ihr Kredite aufnehmen musste, hat die U. SE der U. AG Kredite aufgezwungen, die die U. AG als unabhängige Gesellschaft nicht aufgenommen hätte, da diese primär den interessen der U. SE dienten.

Es sind Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die daraus erwachsen, dass der Darlehensvertrag im Gesamtvolumen von bis zu Euro 120 Mio. weder markt- noch sachgerecht ist und dass die U. SE beim Abschluss des Geschäfts ihre Stellung als Mehrheitsaktionär zum eigenen Vorteil ausgenutzt hat, wodurch der U. AG ein erheblicher Vermögensschaden entstanden ist.“

9.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. e) in Bezug auf den Vorstand der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Vorstand der Gesellschaft wegen der von der U. SE veranlassten Gewährung von Großmütterzuschüssen in Höhe von EUR 276,2 Mio. an die E2J1E2 F F1 AG („E2J1E2“) sowie die Akquisition konzernverbundener Unternehmen der U. SE durch die E2J1E2, insbesondere infolge von Überbewertungen der von der U. SE eingebrachten Beteiligungen, abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. e) in Bezug auf den Vorstand folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Vorstands der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren K1 S1, Q3 L5 und Mag. N2 L6. Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch die von der U. SE veranlasste Gewährung von Großmütterzuschüssen in Höhe von Euro 276,2 Mio. an die E2J1E2 F F1 AG („E2J1E2″) sowie die Akquisition konzernverbundener Unternehmen der U. SE durch die E2J1E2, insbesondere infolge von Überbewertungen der von der U. SE eingebrachten Beteiligungen.

Die sog. Beteiligungsproportionale Finanzierung der E2J1E2 (vgl. oben lit. d)) sah sog. Großmutterzuschüsse der Aktionäre U. AG und U. SE (Beteiligung 35/65 Prozent) vor. Die U. AG musste Barmittel i.H.v. 276,2 Mio. Euro zur Verfügung stellen, die U. SE brauchte demgegenüber nur Sacheinlagen zu leisten – im Wesentlichen in Form der Einbringung von zahlreichen konzernverbundenen Unternehmen. Hieraus ergibt sich eine massive Schädigung der U. AG insbesondere in Zusammenschau mit der von der U. SE veranlassten Kreditaufnahme sowie den Veräußerungen von Unternehmen der U. AG zur Finanzierung der Großmütterzuschüsse (vgl. lit. d)).

Es sind die Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die sich daraus ergeben, dass die U. AG von ihrer herrschenden Mehrheitsaktionärin veranlasst wurde, (Bar-)Einlagen in die E2J1E2 zu leisten, während die U. SE selbst in intransparenter Art und Weise Sacheinlagen leistete, die sehr viel schwieriger zu bewerten sind als Barmittel und die weit weniger wert waren als der dafür angesetzte Wert. Während also nur die U. AG leicht zu bewertende Liquidität ohne Bewertungsrisiko (u.a. mittels aufgezwungener Kredite durch die U. SE als Kreditgeber) in die E2J1E2 einlegen musste, legte die U. SE Beteiligungen mit hohen Bewertungsrisiken in die E2J1E2 ein. Die Wertermittlung der eingelegten Beteiligungen ist nicht nachvollziehbar, die Einlagewerte waren deutlich überhöht. Dies zeigen nicht zuletzt die aktuellen Wertberichtigungen.

Daher hat die U. SE ihre Stellung als herrschender Aktionär missbraucht und die U. AG geschädigt. Der dadurch entstandene Vermögensschaden der U. AG ist zu ersetzen.“

10.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. e) in Bezug auf den Aufsichtsrat der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Aufsichtsrat der Gesellschaft wegen der von der U. SE veranlassten Gewährung von Großmütterzuschüssen in Höhe von EUR 276,2 Mio. an die E2J1E2 F F1 AG („E2J1E2“) sowie die Akquisition konzernverbundener Unternehmen der U. SE durch die E2J1E2, insbesondere infolge von Überbewertungen der von der U. SE eingebrachten Beteiligungen, abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. e) in Bezug auf den Aufsichtsrat folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Aufsichtsrats der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren Dr. K2 M3 (Vorsitzender des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), B2 D1, E2 T1 (Mitglied des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), S2 O1 und G1 P1, Dr. U1 C (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG) und Dr. Q3 O2 (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG). Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch die von der U. SE veranlasste Gewährung von Großmütterzuschüssen in Höhe von Euro 276,2 Mio. an die E2J1E2 F F1 AG („E2J1E2″) sowie die Akquisition konzernverbundener Unternehmen der U. SE durch die E2J1E2, insbesondere infolge von Überbewertungen der von der U. SE eingebrachten Beteiligungen.

Die sog. Beurteilungsproportionale Finanzierung der E2J1E2 (vgl. oben lit. d)) sah sog. Großmutterzuschüsse der Aktionäre U. AG und U. SE (Beteiligung 35/65 Prozent) vor. Die U. AG musste Barmittel i.H.v. 276,2 Mio. Euro zur Verfügung stellen, die U. SE brauchte demgegenüber nur Sacheinlagen zu leisten – im Wesentlichen in Form der Einbringung von zahlreichen konzernverbundenen Unternehmen. Hieraus ergibt sich eine massive Schädigung der U. AG insbesondere in Zusammenschau mit der von der U. SE veranlassten Kreditaufnahme sowie den Veräußerungen von Unternehmen der U. AG zur Finanzierung der Großmütterzuschüsse (vgl. lit. d)).

Es sind die Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die sich daraus ergeben, dass die U. AG von ihrer herrschenden Mehrheitsaktionärin veranlasst wurde, (Bar-)Einlagen in die E2J1E2 zu leisten, während die U. SE selbst in intransparenter Art und Weise Sacheinlagen leistete, die sehr viel schwieriger zu bewerten sind als Barmittel und die weit weniger wert waren als der dafür angesetzte Wert. Während also nur die U. AG leicht zu bewertende Liquidität ohne Bewertungsrisiko (u.a. mittels aufgezwungener Kredite durch die U. SE als Kreditgeber) in die E2J1E2 einlegen musste, legte die U. SE Beteiligungen mit hohen Bewertungsrisiken in die E2J1E2 ein. Die Wertermittlung der eingelegten Beteiligungen ist nicht nachvollziehbar, die Einlagewerte waren deutlich überhöht. Dies zeigen nicht zuletzt die aktuellen Wertberichtigungen.

Daher hat die U. SE ihre Stellung als herrschender Aktionär missbraucht und die U. AG geschädigt. Der dadurch entstandene Vermögensschaden der U. AG ist zu ersetzen.“

11.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. f) in Bezug auf den Vorstand der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Vorstand der Gesellschaft wegen des von der U. SE veranlassten Erwerbs von ausgewählten VerkehrswegeC3- und C3stoffaktivitäten sowie der F. M. Z. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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von der F. M. AG, O-G, im Jahr 2010 zu einem überhöhten Kaufpreis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. f) in Bezug auf den Vorstand folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Vorstands der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren K1 S1, Q3 L5 und Mag. N2 L6. Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb von ausgewählten VerkehrswegeC3- und C3stoffaktivitäten sowie der F. M. Z. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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von der F. M. AG, O-G, im Jahr 2010 zu einem überhöhten Kaufpreis.

Tochtergesellschaften der U. AG erwarben 2010 VerkehrswegeC3- und C3stoffaktivitäten der F. M. AG, O-G, sowie die F. M. Z. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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GmbH & Co. KG
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sowie die D K. H. N. & A. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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für insgesamt 36,5 Mio. Euro. Der Geschäftsbericht für 2010, insbesondere S. 8, legt offen, dass bei diesem Geschäft Interessenkonflikte bestanden. Verkäufer sind Unternehmen der U. SE-Gruppe. Es sind die Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die sich daraus ergeben, dass die durch Tochtergesellschaften der U. AG 2010 von der U. SE erworbenen VerkehrswegeC3- und C3stoffaktivitäten sowie drei Gesellschaften zu einem überhöhten Preis erworben wurden.

Dadurch ist der U. AG zum Vorteil der U. SE ein Vermögensschaden entstanden, der zu ersetzen ist.“

12.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. f) in Bezug auf den Aufsichtsrat der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Aufsichtsrat der Gesellschaft wegen des von der U. SE veranlassten Erwerbs von ausgewählten VerkehrswegeC3- und C3stoffaktivitäten sowie der F. M. Z. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
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von der F. M. AG, O-G, im Jahr 2010 zu einem überhöhten Kaufpreis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. f) in Bezug auf den Aufsichtsrat folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Aufsichtsrats der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren Dr. K2 M3 (Vorsitzender des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), B2 D1, E2 T1 (Mitglied des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), S2 O1 und G1 P1, Dr. U1 C (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG) und Dr. Q3 O2 (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG). Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb von ausgewählten VerkehrswegeC3- und C3stoffaktivitäten sowie der F. M. Z. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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GmbH & Co. KG
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von der F. M. AG, O-G, im Jahr 2010 zu einem überhöhten Kaufpreis.

Tochtergesellschaften der U. AG erwarben 2010 VerkehrswegeC3- und C3stoffaktivitäten der F. M. AG, O-G, sowie die F. M. Z. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
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GmbH & Co. KG
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sowie die D K. H. N. & A. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
für insgesamt 36,5 Mio. Euro. Der Geschäftsbericht für 2010, insbesondere S. 8, legt offen, dass bei diesem Geschäft Interessenkonflikte bestanden. Verkäufer sind Unternehmen der U. SE-Gruppe. Es sind die Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die sich daraus ergeben, dass die durch Tochtergesellschaften der U. AG 2010 von der U. SE erworbenen VerkehrswegeC3- und C3stoffaktivitäten sowie drei Gesellschaften zu einem überhöhten Preis erworben wurden. Dadurch ist der U. AG zum Vorteil der U. SE ein Vermögensschaden entstanden, der zu ersetzen ist.“

13.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. g) in Bezug auf den Vorstand der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Vorstand der Gesellschaft wegen des von der U. SE veranlassten Erwerbs von drei Grundstücken der F. M. GmbH im Jahr 2011 zu einem überhöhten Kaufpreis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. g) in Bezug auf den Vorstand folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Vorstands der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren K1 S1, Q3 L5 und Mag. N2 L6. Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb von drei Grundstücken der F. M. GmbH 2011 zu einem überhöhten Kaufpreis.

2011 hat die U. AG von der zur U. SE-Gruppe gehörenden F. M. GmbH drei Grundstücke zu einem Kaufpreis von 2,6 Mio. Euro erworben. In der Vergangenheit hatte die F. M. GmbH diese Grundstücke der F. M. Z. GmbH entgeltlich zur Nutzung überlassen. Die F. M. Z. GmbH wurde 2010 von der U. SE erworben. Bei den Grundstücken handelt es sich angabegemäß um betriebsnotwendige Grundstücke der F. M. Z. GmbH. Es sind die Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die sich daraus ergeben, dass die U. AG 2011 die Grundstücke (mittelbar) von der U. SE nicht zu einem marktgerechten, sondern zu einem überhöhten Preis erworben hat. Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft wären dieses Geschäft nicht eingegangen. Dadurch ist der U. AG zum Vorteil der U. SE ein Vermögensschaden entstanden, der auszugleichen ist.“

14.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. g) in Bezug auf den Aufsichtsrat der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Aufsichtsrat der Gesellschaft wegen des von der U. SE veranlassten Erwerbs von drei Grundstücken der F. M. GmbH im Jahr 2011 zu einem überhöhten Kaufpreis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. g) in Bezug auf den Aufsichtsrat folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Aufsichtsrats der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren Dr. K2 M3 (Vorsitzender des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), B2 D1, E2 T1 (Mitglied des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), S2 O1 und G1 P1, Dr. U1 C (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG) und Dr. Q3 O2 (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG). Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb von drei Grundstücken der F. M. GmbH 2011 zu einem überhöhten Kaufpreis.

2011 hat die U. AG von der zur U. SE-Gruppe gehörenden F. M. GmbH drei Grundstücke zu einem Kaufpreis von 2,6 Mio. Euro erworben. In der Vergangenheit hatte die F. M. GmbH diese Grundstücke der F. M. Z. GmbH entgeltlich zur Nutzung überlassen. Die F. M. Z. GmbH wurde 2010 von der U. SE erworben. Bei den Grundstücken handelt es sich angabegemäß um betriebsnotwendige Grundstücke der F. M. Z. GmbH. Es sind die Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die sich daraus ergeben, dass die U. AG 2011 die Grundstücke (mittelbar) von der U. SE nicht zu einem marktgerechten, sondern zu einem überhöhten Preis erworben hat. Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft wären dieses Geschäft nicht eingegangen. Dadurch ist der U. AG zum Vorteil der U. SE ein Vermögensschaden entstanden, der auszugleichen ist.“

15.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. h) in Bezug auf den Vorstand der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Vorstand der Gesellschaft wegen des von der U. SE veranlassten Erwerbs der I1 L1 C1 GmbH von der U. SE-Gruppe zu einem überhöhten Kaufpreis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. h) in Bezug auf den Vorstand folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Vorstands der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren K1 S1, Q3 L5 und Mag. N2 L6. Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb der I1 L1 C1 GmbH von der U. SE-Gruppe zu einem überhöhten Kaufpreis.

Ende Dezember 2011 hat eine Tochtergesellschaft der U. AG, die U. B3 GmbH, die I1 L1 C1 GmbH („L1 GmbH“), von der U. SE-Gruppe erworben. Der Kaufpreis Betrug 30,0 Mio. Euro. Es sind die Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die sich daraus ergeben, dass die U. AG die L1 GmbH zu einem nicht marktkonformen, überhöhten Preis erworben hat. Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft wären dieses Geschäft nicht eingegangen. Dadurch ist der U. AG ein Vermögensschaden entstanden, der auszugleichen ist.“

16.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. h) in Bezug auf den Aufsichtsrat der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Aufsichtsrat der Gesellschaft wegen des von der U. SE veranlassten Erwerbs der I1 L1 C1 GmbH von der U. SE-Gruppe zu einem überhöhten Kaufpreis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. h) in Bezug auf den Aufsichtsrat folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Aufsichtsrats der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren Dr. K2 M3 (Vorsitzender des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), B2 D1, E2 T1 (Mitglied des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), S2 O1 und G1 P1, Dr. U1 C (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG) und Dr. Q3 O2 (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG). Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb der I1 L1 C1 GmbH von der U. SE-Gruppe zu einem überhöhten Kaufpreis.

Ende Dezember 2011 hat eine Tochtergesellschaft der U. AG, die U. B3 GmbH, die I1 L1 C1 GmbH („L1 GmbH“), von der U. SE-Gruppe erworben. Der Kaufpreis Betrug 30,0 Mio. Euro. Es sind die Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die sich daraus ergeben, dass die U. AG die L1 GmbH zu einem nicht marktkonformen, überhöhten Preis erworben hat. Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft wären dieses Geschäft nicht eingegangen. Dadurch ist der U. AG ein Vermögensschaden entstanden, der auszugleichen ist.“

17.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. i) in Bezug auf den Vorstand der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Vorstand der Gesellschaft wegen nicht marktgerechter Darlehensvereinbarungen mit und des Verkaufs der E3 T2 a.s., Q/U1, an eine Tochtergesellschaft der E2J1E2 zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. i) in Bezug auf den Vorstand folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Vorstands der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren K1 S1, Q3 L5 und Mag. N2 L6. Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch von der U. SE veranlasste nicht marktgerechte Darlehensvereinbarungen mit und den Verkauf der F2 T2 a.s., Q/U1 („E1T1Q1″) an eine Tochtergesellschaft der E2J1E2 zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis.

E1T1Q1 war eine mittelbare 100%ige Tochtergesellschaft der U. AG. Sie ist im Straßen- und GleisC3 in der U2 Republik tätig. Sie hatte in den Jahren 2009-2012 bis zu ihrem Verkauf mit der U. a.s., U3 (ein Tochterunternehmen der U. SE) als Kreditgeber Darlehensverträge geschlossen. Diese beinhalteten eine kurzfristige Kreditgewährung für Betriebs- bzw. Investitionsbedürfnisse der E1T1Q1 von bis zu 2.000.000.000 CZK. Zum Jahreswechsel wurden die in unterschiedlichem Umfang in Anspruch genommen Kredite jeweils glattgestellt und im Folgejahr neu ausgegeben. 2009 belief sich das Kreditvolumen der E1T1Q1 auf maximal 36,7 Mio. Euro, 2011 auf maximal 45,3 Mio. Euro und 2012 auf 40,2 Mio. Euro; die Zahlen für 2010 sind nicht bekannt.

2012 hat die U. AG die E1T1Q1 an eine Tochtergesellschaft der E2J1E2 – und damit an ein im Mehrheitsbesitz der U. SE stehendes Unternehmen – für 97,1 Mio. Euro veräußert. Der Verkauf an eine nahestehende Gesellschaft/Tochterunternehmen des herrschenden Unternehmens erfolgte mit einer Kaufpreisfestsetzung zum Nachteil der U. AG. Es sind die Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die sich daraus ergeben, dass die U. AG bei dem Verkauf der E1T1Q1 einen zu niedrigen, nicht marktgerechten Kaufpreis erzielt hat. Ein Verkauf an eine unabhängige dritte Partei außerhalb der U. SE-Gruppe auf Basis einer marktgerechten Bewertung hätte einen höheren Verkaufspreis erzielt als er tatsächlich realisiert wurde. Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft wären das Geschäft mit der U. SE-Gruppe nicht eingegangen. Dadurch ist der U. AG ein Vermögensschaden entstanden, der auszugleichen ist.“

18.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. i) in Bezug auf den Aufsichtsrat der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Aufsichtsrat der Gesellschaft wegen nicht marktgerechter Darlehensvereinbarungen mit und des Verkaufs der E3 T2 a.s., Q/U1, an eine Tochtergesellschaft der E2J1E2 zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. i) in Bezug auf den Aufsichtsrat folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Aufsichtsrats der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren Dr. K2 M3 (Vorsitzender des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), B2 D1, E2 T1 (Mitglied des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), S2 O1 und G1 P1, Dr. U1 C (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG) und Dr. Q3 O2 (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG). Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch von der U. SE veranlasste nicht marktgerechte Darlehensvereinbarungen mit und den Verkauf der F2 T2 a.s., Q/U1 („E1T1Q1″) an eine Tochtergesellschaft der E2J1E2 zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis.

E1T1Q1 war eine mittelbare 100%ige Tochtergesellschaft der U. AG. Sie ist im Straßen- und GleisC3 in der U2 Republik tätig. Sie hatte in den Jahren 2009-2012 bis zu ihrem Verkauf mit der U. a.s., U3 (ein Tochterunternehmen der U. SE) als Kreditgeber Darlehensverträge geschlossen. Diese beinhalteten eine kurzfristige Kreditgewährung für Betriebs- bzw. Investitionsbedürfnisse der E1T1Q1 von bis zu 2.000.000.000 CZK. Zum Jahreswechsel wurden die in unterschiedlichem Umfang in Anspruch genommen Kredite jeweils glattgestellt und im Folgejahr neu ausgegeben. 2009 belief sich das Kreditvolumen der E1T1Q1 auf maximal 36,7 Mio. Euro, 2011 auf maximal 45,3 Mio. Euro und 2012 auf 40,2 Mio. Euro; die Zahlen für 2010 sind nicht bekannt.

2012 hat die U. AG die E1T1Q1 an eine Tochtergesellschaft der E2J1E2 – und damit an ein im Mehrheitsbesitz der U. SE stehendes Unternehmen – für 97,1 Mio. Euro veräußert. Der Verkauf an eine nahestehende Gesellschaft/Tochterunternehmen des herrschenden Unternehmens erfolgte mit einer Kaufpreisfestsetzung zum Nachteil der U. AG. Es sind die Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die sich daraus ergeben, dass die U. AG bei dem Verkauf der E1T1Q1 einen zu niedrigen, nicht marktgerechten Kaufpreis erzielt hat. Ein Verkauf an eine unabhängige dritte Partei außerhalb der U. SE-Gruppe auf Basis einer marktgerechten Bewertung hätte einen höheren Verkaufspreis erzielt als er tatsächlich realisiert wurde. Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft wären das Geschäft mit der U. SE-Gruppe nicht eingegangen. Dadurch ist der U. AG ein Vermögensschaden entstanden, der auszugleichen ist.“

19.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. j) in Bezug auf den Vorstand der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Vorstand der Gesellschaft wegen des durch die U. SE veranlassten Verkaufs der L2 V1 AG an die J2 M1 GmbH zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. j) in Bezug auf den Vorstand folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Vorstands der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren K1 S1, Q3 L5 und Mag. N2 L6. Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Verkauf der L2 V1 AG („L3″) an die J2 M1 GmbH zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis.

Im Jahr 2012 hat die U. AG die überwiegend im DeponieC3 tätige L3 für 51,4 Mio. Euro an die R2 M1 GmbH, ein Konzernunternehmen der U. SE, veräußert (vgl. Geschäftsbericht 2012, S. 71; Geschäftsbericht 2013, S. 78). Der Verkauf der L3 diente – wie auch der Verkauf der E1T1Q1 – der Finanzierung der Übernahme von Beteiligungen der U. SE, die diese in die E2J1E2 eingelegt hat (vgl. Antrag lit. d) und e)). Es sind die Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die sich daraus ergeben, dass die U. AG beim Verkauf ihrer 100%-Beteiligung an der L3 an die R2 M1 GmbH einen zu niedrigen, nicht marktgerechten Verkaufspreis erzielte, bzw. dass bei einem Verkauf an eine unabhängige dritte Partei außerhalb der U. SE ein besserer Verkaufspreis hätte erzielt werden können, als bei der konzerninternen Transaktion. Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft wären dieses Geschäft nicht eingegangen. Dadurch ist der U. AG ein Vermögensschaden entstanden, der auszugleichen ist.“

20.a) Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. j) in Bezug auf den Aufsichtsrat der Gesellschaft, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Aufsichtsrat der Gesellschaft wegen des durch die U. SE veranlassten Verkaufs der L2 V1 AG an die J2 M1 GmbH zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt.

b) Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 zu Tagesordnungspunkt 7, Beschlussvorschlag I. j) in Bezug auf den Aufsichtsrat folgenden Beschluss gefasst hat:

„Die Hauptversammlung beschließt die Geltendmachung der sich aus dem nachfolgend dargestellten Sachverhalt ergebenden Ersatzansprüche der U. AG (nachfolgend auch „Gesellschaft“), insbesondere solche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und § 826 BGB. Die Ersatzansprüche sind geltend zu machen gegen die für die jeweiligen Geschäfte/Maßnahmen verantwortlichen Mitglieder des Aufsichtsrats der U. AG. Insb. sind die Ersatzansprüche geltend zu machen gegen die Herren Dr. K2 M3 (Vorsitzender des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), B2 D1, E2 T1 (Mitglied des Aufsichtsrats bis 4.7.2014), S2 O1 und G1 P1, Dr. U1 C (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG) und Dr. Q3 O2 (aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der U. AG). Ersatzansprüche der Gesellschaft sind aus dem folgenden Sachverhaltskomplex geltend zu machen:

Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Verkauf der L2 V1 AG („L3″) an die J2 M1 GmbH zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis.

Im Jahr 2012 hat die U. AG die überwiegend im DeponieC3 tätige L3 für 51,4 Mio. Euro an die R2 M1 GmbH, ein Konzernunternehmen der U. SE, veräußert (vgl. Geschäftsbericht 2012, S. 71; Geschäftsbericht 2013, S. 78). Der Verkauf der L3 diente – wie auch der Verkauf der E1T1Q1 – der Finanzierung der Übernahme von Beteiligungen der U. SE, die diese in die E2J1E2 eingelegt hat (vgl. Antrag lit. d) und e)). Es sind die Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die sich daraus ergeben, dass die U. AG beim Verkauf ihrer 100%-Beteiligung an der L3 an die R2 M1 GmbH einen zu niedrigen, nicht marktgerechten Verkaufspreis erzielte, bzw. dass bei einem Verkauf an eine unabhängige dritte Partei außerhalb der U. SE ein besserer Verkaufspreis hätte erzielt werden können, als bei der konzerninternen Transaktion. Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft wären dieses Geschäft nicht eingegangen. Dadurch ist der U. AG ein Vermögensschaden entstanden, der auszugleichen ist.“

II. 1. Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015, wonach die Abwahl des satzungsmäßigen Versammlungsleiters Dr. C abgelehnt worden ist, wird für nichtig erklärt.

2. Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 vor der Abstimmung über die Beschlussvorschläge zu den Tagesordnungspunkten 8 und 9 folgenden Beschluss gefasst hat:

„Der satzungsmäßige Versammlungsleiter Herr Dr. U1 C wird mit sofortiger Wirkung abgewählt.“

3. Es wird festgestellt, dass die Nichtzulassung der Abstimmung über den Beschlussvorschlag zu Tagesordnungspunkt 9 durch den Versammlungsleiter Dr. U1 C in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 rechtswidrig war und die Klägerin T. AG in ihren Rechten verletzt hat.

Der Streithelfer der Klägerin T. AG hat sich dem Antrag der Klägerin T. AG zu Ziffer I. angeschlossen.

Die Beklagte und deren Streithelferin zu 5) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die angefochtenen Hauptversammlungsbeschlüsse verteidigt und dazu die Auffassung vertreten, ein Stimmverbot habe für ihre Streithelferin zu 5) nicht bestanden, die getrennte Abstimmung sei unproblematisch möglich gewesen.

Die Beklagte hat weiter die Auffassung vertreten, die von der Klägerin T. AG erstrebten Beschlüsse seien überdies rechtswidrig, weil die Beschlussanträge mangels Verlesung unter Verstoß gegen das Mündlichkeitsprinzip zur Abstimmung gestellt worden seien. Dazu hat sie behauptet, die geänderte Fassung des Ergänzungsverlangens hätten die Bevollmächtigten der Klägerin T. AG und der VHW ihr erst am Tage vor der Hauptversammlung, nämlich im Laufe des Nachmittags des 18.06.2015, übermittelt. Diese Fassung habe den Teilnehmern der Hauptversammlung am 19.06.2015 aus Zeitgründen dann nur noch durch Auslage auf der Hauptversammlung selbst zugänglich gemacht werden können. Der vom Vorstandsmitglied der Klägerin T. AG T1 gestellte Beschlussantrag zu Tagesordnungspunkt 7 habe auf den ihr – der Beklagten – am 18.06.2015 schriftlich übermittelten Beschlussvorschlag Bezug genommen.

Die Beklagte hat weiter die Auffassung vertreten, die Hauptversammlung habe zu Recht mit den Stimmen der Klägerin U. SE als Mehrheitsaktionärin die Beschlussfassung zu Tagesordnungspunkt 7 Ziffer I lit. a) – j) abgelehnt, weil es jeweils um die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten gegangen sei. Der gerichtlich bestellte Versammlungsleiter habe die Hauptversammlung auf Antrag ihrer Streithelferin über eine Beschlussfassung getrennt nach Anspruchsgegnern abstimmen lassen dürfen. Die Klägerin U. SE, ihre Streithelferin zu 5), habe weder bei der Abstimmung über den Verfahrensantrag, noch bei den nachfolgenden Abstimmungen über die jeweilige Geltendmachung von Ansprüchen gegen Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten einem Stimmverbot unterlegen, und diese habe es als Mehrheitsaktionärin nicht hinnehmen müssen, durch die Zusammenfassung aller Anspruchsgrundlagen und Anspruchsgegner zu einem einzigen Beschlussantrag auch insoweit von der Beschlussfassung ausgeschlossen zu sein, als es um Ansprüche gegen Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten gegangen sei, andernfalls sie doppelt benachteiligt wäre. Der gerichtlich bestellte Versammlungsleiter sei berechtigt gewesen, die Hauptversammlung über den Verfahrensantrag auf getrennte Beschlussfassung nach Anspruchsgegnern abstimmen zu lassen.

Weiter hat die Beklagte die Auffassung vertreten, das Stimmverbot des § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG könne über seinen klaren Wortlaut hinaus nicht ausgedehnt werden. Es liege auch keine von ihrer Streithelferin zu 5) oder von ihren Organen gemeinsam begangenen Pflichtverletzung vor: Dem Vorstand der Beklagten werfe die Klägerin T. AG jeweils eine Verletzung seiner Pflichten nach § 93 AktG durch Abschluss der jeweiligen Transaktion vor. Schon beim Aufsichtsrat der Beklagten sei die angebliche Pflichtverletzung jeweils eine andere. In Bezug auf die Streithelferin zu 5) sei der Vorwurf zu jeder Transaktion in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ein anderer. Es gehe insoweit weder um den Abschluss der Geschäfte, noch um eine Verletzung der Aufsichtspflichten, sondern jeweils um die angeblich rechtswidrige Veranlassung nachteiliger Maßnahmen ohne Nachteilsausgleich nach § 317 AktG.

Weiter hat die Beklagte die Auffassung vertreten, der positive Beschlussfeststellungsantrag zu den gegen ihren Vorstand und ihren Aufsichtsrat gerichteten Beschlüssen gemäß den Beschlussvorschlägen zu Tagesordnungspunkt 7 Ziffer I lit. a) bis lit. j) sei im Übrigen schon deshalb unbegründet, weil diesen Beschlüssen eine nicht ordnungsgemäße Antragstellung zugrunde liege. Die Beschlussanträge seien unter Verstoß gegen das Mündlichkeitsprinzip zur Abstimmung gestellt worden, weil der Versammlungsleiter die Beschlussanträge nicht verlesen habe. In der Hauptversammlung der Beklagten vom 19.07.2015 seien bezüglich Tagesordnungspunkt 7 Beschlussanträge gestellt worden, die inhaltlich deutlich von den am 12.05.2015 bekannt gemachten Tagesordnungspunkten abgewichen seien.

Zwar könne davon ausgegangen werden, dass die geänderten Beschlussanträge zumindest noch dem Gegenstand der Tagesordnung unterfielen, dies ändere aber nichts daran, dass ein Beschlussantrag in der Hauptversammlung grundsätzlich ausdrücklich und mündlich gestellt werden müsse, wogegen verstoßen worden sei. Insbesondere die ersatzlose Streichung von Tagesordnungspunkt 7 Ziffer I lit. c) des ursprünglichen Beschlussvorschlags habe zur Folge gehabt, dass sich in dem geänderten Beschlussvorschlag die Nummerierung deutlich verändert habe. Der Versammlungsleiter habe lediglich die Ziffer 7 mit dem jeweiligen Buchstaben zur Abstimmung gestellt, ohne deutlich zu machen, über welchen Sachverhalt die Hauptversammlung jeweils abgestimmt habe. Die Beklagte hat insoweit behauptet, dass infolgedessen zahlreiche Aktionäre tatsächlich gar nicht gewusst hätten, worüber sie konkret abgestimmt hätten. Angesichts des dargelegten Durcheinanders der Buchstaben sei für die Aktionäre nicht klar gewesen, über welchen Einzelkomplex jeweils abgestimmt worden sei. In der zur Abstimmung gestellten Form habe der Beschlussantrag den Teilnehmern der Hauptversammlung erstmals in der Hauptversammlung vorgelegen, und eine bloße Bezugnahme auf den im Bundesanzeiger veröffentlichten Tagesordnungspunkt sei daher nicht möglich gewesen.

Weiter hat die Beklagte die Auffassung vertreten, die Ersatzansprüche, die von dem besonderen Vertreter verfolgt werden sollten, seien teilweise verjährt. Entscheidend sei jedoch, dass etwaige Ersatzansprüche nicht hinreichend dargelegt seien. Es fehle an einer ausreichenden Begründung. Es müsse zumindest ein Anfangsverdacht für das Bestehen solcher Ersatzansprüche dargelegt werden. Anträge auf die Geltendmachung von Schadensersatz ins Blaue hinein seien unzulässig. Es fehle an konkreten Anhaltspunkten für ein haftungsbegründendes Verhalten der jeweiligen Anspruchsgegner. Der bloße Hinweis auf zwischen dem abhängigen und dem herrschenden Unternehmen erfolgte Transaktionen genüge nicht. Der Sache nach handele es sich um einen verkappten Sonderprüfungsantrag. Der besondere Vertreter müsse nämlich erst die Ansprüche im Einzelnen ermitteln, bevor er sie geltend machen könne.

Sie hat weiter die Auffassung vertreten, dass ein Grund für die Abwahl des Herrn Dr. C als Versammlungsleiter nicht vorgelegen habe. Dem Versammlungsleiter komme ein Prüfungsrecht zu, er müsse Sorge dafür tragen, dass keine gesetzes-, satzungswidrigen oder rechtsmissbräuchlichen Beschlüsse gefasst würden, und das ihm zustehende Prüfungsrecht habe er bezogen auf den Tagesordnungspunkt (TOP) 9 rechtmäßig ausgeübt, da es an der erforderlichen Konkretisierung (Anfangsverdacht für eine Pflichtverletzung) gefehlt habe. Der Versammlungsleiter sei auch keinem massiven Interessenkonflikt oder Stimmverbot unterlegen. Dadurch, dass er den Beschlussvorschlag der Klägerin T. AG zu TOP 9 nicht zur Abstimmung gestellt habe, habe er keine Entscheidung darüber getroffen, ob Ansprüche bestünden oder nicht, und selbst wenn der Antrag zur Abstimmung gestellt worden wäre und eine Mehrheit gefunden hätte, wäre noch die Prüfung durch den besonderen Vertreter vorzunehmen gewesen.

2. Das Landgericht hat mit seinem am 14.01.2016 verkündeten Urteil (Bl. 159 ff. d. A.) die Klage bezogen auf die Klageanträge zu Ziffer I und zu Ziffer II Nr. 3 abgewiesen.

Den Beschluss der Hauptversammlung vom 19.06.2015, wonach die Abwahl des satzungsmäßigen Versammlungsleiters Dr. C abgelehnt wurde, hat das Landgericht für nichtig erklärt.

Schließlich hat das Landgericht festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 vor der Abstimmung über die Beschlussvorschläge zu den Tagesordnungspunkten 8 und 9 folgenden Beschluss gefasst hat: „Der satzungsmäßige Versammlungsleiter Herr Dr. C wird mit sofortiger Wirkung abgewählt.“

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, hinsichtlich des Klageantrags zu Ziffer I gelte, dass die angefochtenen, ablehnenden Beschlüsse zu Tagesordnungspunkt 7 rechtmäßig seien. Dabei könne offenbleiben, ob für die Klägerin U. SE, die Streithelferin zu 5) der Beklagten, bei der Abstimmung über die Anträge betreffend die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gegen die Organe der Beklagten ein Stimmverbot bestanden habe oder nicht. Die ablehnenden Beschlüsse erwiesen sich nämlich aus anderen Gründen als richtig, weil den Anträgen zu TOP 7 die erforderliche Konkretisierung der darin angeführten Ersatzansprüche fehle, so dass die Beschlüsse, wären sie antragsgemäß zustande gekommen, anfechtbar gewesen wären.

Das Landgericht hat insofern die Auffassung vertreten, dass für eine Beschlussfassung nach § 147 Abs. 1 AktG für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zumindest tatsächliche Anhaltspunkte für ein schadenersatzbegründendes Verhalten des in Anspruch zu nehmenden Haftungsschuldners bestehen müssten und es nicht ausreiche, wenn – wie im zur Entscheidung anstehenden Fall – lediglich gleichsam ins Blaue hinein ein haftungsbegründendes Verhalten der in Aussicht genommenen Haftungsschuldner ohne jeglichen konkreten Anhaltspunkt behauptet werde. Der Verzicht auf ein solches, vordergründig den Wortlaut des § 147 Abs. 1 AktG einschränkendes Merkmal würde das System des MinderheitenscL3zes dem §§ 147, 142 AktG sowie der §§ 311 ff. AktG negieren. Der Regelungsgehalt des § 147 AktG sowie seine Voraussetzungen könnten nicht ohne Berücksichtigung des § 142 AktG wie auch der MinderheitenscL3zregeln im faktischen Konzern (§ 311 ff. AktG) bestimmt werden. Bereits die Existenz des § 142 AktG zeige, dass es bei § 147 AktG um die Geltendmachung bereits bekannter Ansprüche gehe. Wollte man nämlich dem besonderen Vertreter nach § 147 Abs. 2 S. 1 AktG eine umfassende Prüfungskompetenz des Inhalts zuerkennen, erst im Einzelnen die Voraussetzungen der in § 147 Abs. 1 AktG aufgeführten Ansprüche zu ermitteln, würde es der Regelung des § 142 AktG nicht bedürfen, und das Institut des Sonderprüfers wäre überflüssig; der besondere Vertreter in § 147 Abs. 2 S. 1 AktG wäre zugleich Sonderprüfer. Dieses Ergebnis werde bestätigt durch die Existenz der Sechsmonatsfrist in § 147 Abs. 1 S. 2 AktG. Wenn auch nur im Sinne einer Sollvorschrift gehe der Gesetzgeber ersichtlich davon aus, dass die tatsächlichen Grundlagen des Anspruchs bei § 147 AktG bereits weitestgehend geklärt seien und eine der Geltendmachung vorangehende Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen nicht erforderlich sei. Die Frist von sechs Monaten sei nämlich bei komplexen Sachverhalten in aller Regel nicht einzuhalten. Überdies ergebe sich die Richtigkeit dieses Verständnisses aus den unterschiedlichen Voraussetzungen für die Herbeiführung eines Beschlusses zur Bestellung von Sonderprüfern sowie eines Beschlusses nach § 147 AktG.

Während nämlich im Falle von § 147 AktG in § 136 AktG ausdrücklich ein Stimmverbot für den Aktionär vorgesehen sein, gegen den ein Anspruch geltend gemacht werden solle, existiere eine solche Regelung im Falle des § 142 AktG nicht. Dies bedeute, dass unter Umständen Minderheitsaktionäre in der Hauptversammlung mit ihrem Begehren, einen Beschluss über die Bestellung von Sonderprüfern herbeizuführen, scheitern würden, während der Beschluss nach § 147 AktG wegen des Stimmverbots allein mit den Stimmen der Minderheitsaktionäre herbeigeführt werden könnte – wie im vorliegenden Fall. Dieses auf den ersten Blick widersprüchliche Ergebnis sei nur dann erklärbar, wenn man für Anträge nach § 147 AktG ein zusätzliches Erfordernis verlange. Das Verhältnis der §§ 147 und 142 AktG habe Auswirkungen auch auf die an einen Beschluss nach § 147 AktG zu stellenden Anforderungen. Dabei gehe es zum einen um die hinreichende Bestimmtheit des Beschlussantrags, die es ermöglichen solle, festzustellen, ob der später von dem besonderen Vertreter geltend gemachte Anspruch mit demjenigen identisch sei, der Gegenstand des Hauptversammlungsbeschlusses sei. Insoweit bestünden vorliegend keine Bedenken, denn die Anknüpfung in den Beschlussanträgen an bestimmte konzerninterne Geschäfte und die Benennung der potentiellen Anspruchsgegner dürften hinreichend sicher die Feststellung ermöglichen, ob die später von dem Streithelfer zu 2) der Beklagten geltend zu machenden Ansprüche hiermit identisch seien.

Erforderlich sei aber darüber hinaus, dass die Beschlussfassung auf der Grundlage eines Sachverhalts erfolge, aus dem sich der geltend zu machende Anspruch schlüssig ergebe, jedenfalls aber eine konkrete Wahrscheinlichkeit hierfür bestehe. Komme nämlich dem besonderen Vertreter allein die Aufgabe zu, einen der Gesellschaft zustehenden Anspruch geltend zu machen, so müsse dieser Anspruch in seinen wesentlichen Elementen bekannt sein, also nach Gläubiger, Schuldner und Anspruchsgrund, wozu bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen pflichtwidrigen schädigenden Verhaltens zumindest auch ein Sachverhalt gehöre, aus dem sich eben diese Pflichtwidrigkeit und der Schaden ergäben. Sei Letzteres nicht bekannt, stelle das Gesetz, wie ausgeführt, die Möglichkeit einer Sonderprüfung zur Verfügung. Für einen Beschluss nach § 147 AktG sei dann grundsätzlich kein Raum. Dass die Herbeiführung einer Sonderprüfung unter Umständen an den Mehrheitsverhältnissen scheitere – § 136 AktG gelte nicht -, sei als gesetzgeberische Entscheidung hinzunehmen. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergebe sich auch daraus, dass selbst im Rahmen des § 142 AktG erforderlich sei, dass der Antragsteller Tatsachen vortrage, die den Verdacht rechtfertigten, dass bei dem zum Gegenstand des Antrags gemachten Vorgang Unredlichkeiten vorgekommen oder Gesetz oder Satzung grob verletzt worden seien, und daran fehle es.

Zugesprochen hat das Landgericht das Begehren hinsichtlich der Anträge zu Ziffer II. Nr. 1 und Nr. 2. Der satzungsmäßige Versammlungsleiter Dr. C habe die Abstimmung zu den Tagesordnungspunkten 8 und 9 der Hauptversammlung vom 19.06.2015 nicht leiten dürfen, weil er befangen gewesen sei, denn die Schadensersatzansprüche, wegen derer die Minderheitsaktionäre die Durchführung einer Sonderprüfung sowie vor allem einen Beschluss nach § 147 Abs.1 AktG hätten herbeiführen wollten, hätten sich auch gegen ihn als Anspruchsgegner richten sollen. Aus diesem Grund habe ein wichtiger Grund für seine Abwahl als Versammlungsleiter bestanden und auch die Mehrheitsaktionärin, die Streithelferin zu 5) der Beklagten sei aus ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gehalten, für eine Abwahl zu stimmen, so dass bei rechtmäßigem Verhalten der mit dem positiven Beschlussfeststellungsantrag zu Ziffer II Nr. 2 angeführte Beschluss zustande gekommen wäre.

Weiter hat das Landgericht ausgeführt, für die Frage des wichtigen Grundes für die Abwahl des satzungsmäßigen Versammlungsleiters gälten dieselben Erwägungen. Stehe fest, dass der Versammlungsleiter seine Pflicht nicht erfüllen könne oder wolle, sei er als Versammlungsleiter nicht (mehr) geeignet und es liege ein wichtiger Grund für seine Abwahl vor. Es habe auf der Hand gelegen, dass der zu Neutralität verpflichtete Aufsichtsratsvorsitzende Dr. C als Vorsitzender des Vorstands der Streithelferin der Beklagten sein Amt als Versammlungsleiter zu den in Rede stehenden Tagesordnungspunkten nicht unvoreingenommen habe ausüben können, weil er selbst Anspruchsgegner der von der Klägerin T. AG behaupteten Ersatzansprüche habe seien sollen.

Den Klageantrag zu Ziffer II. Nr. 3 hat das Landgericht mit der Begründung, dass es eine derartige isolierte Feststellungsklage nicht gebe, als unzulässig abgewiesen. Der Klägerin T. AG stünden im Übrigen andere Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

3. Gegen das Urteil des Landgerichts hat die Klägerin T. AG insoweit Berufung eingelegt, als die Klage abgewiesen worden ist.

Die Beklagte – unterstützt von der Streithelferin zu 5) – hat ihrerseits insoweit Berufung gegen das Urteil des Landgerichts eingelegt, als das Landgericht dem Klageantrag zu Ziffer II. 1 und dem Klageantrag zu Ziffer II. 2 stattgegeben hat.

Die Klägerin T. AG verfolgt mit ihrem Rechtsmittel weiter die Feststellung des Zustandekommens der Beschlüsse zu Tagesordnungspunkt 7, soweit diese in der Hauptversammlung vom 19.06.2015 abgelehnt wurden.

Sie meint, die Bezeichnung eines konkreten Lebenssachverhalts sei ausreichend und weitergehende „tatsächliche Anhaltspunkte“ seien nicht erforderlich. Zwischen Sonderprüfung und Anspruchsdurchsetzung nach § 147 AktG gebe es keine Stufenverhältnis in dem Sinne, dass einem Antrag nach § 147 AktG zur Konkretisierung der Ansprüche zwingend eine Sonderprüfung vorauszugehen habe. Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass die gesetzlichen Aktionärsrechte der §§ 142 ff. AktG nahezu entwertet würden, insbesondere in der für Minderheitsaktionäre besonders gefährlichen Situation der faktischen Konzernierung.

Die Klägerin T. AG meint, die Klägerin U. SE, die Streithelferin zu 5) der Beklagten, habe auch bei der Abstimmung über die Ansprüche, die gegen die Verwaltungsmitglieder der Beklagten gerichtet sein, einem Stimmverbot unterlegen. Der unmittelbare sachliche Zusammenhang zwischen Ansprüchen gegen diese und deren Organmitglieder einerseits sowie Ansprüchen gegen die Organmitglieder der Beklagten andererseits liege auf der Hand. Der Vorwurf laute in allen Fällen, dass der Vorstand der Beklagten auf Veranlassung der Mehrheitsaktionärin für die Beklagte wirtschaftlich ungünstige Transaktionen vorgenommen bzw. diesen zugestimmt habe, der Aufsichtsrat hingegen nicht eingeschritten sei. Damit handelt es sich genau um den Fall eines auf einer gemeinsamen Pflichtverletzung beruhenden Anspruchs. Eine Aufspaltung bzw. Aufteilung der Abstimmung nach Anspruchsgegnern habe nicht erfolgen dürfen. Der Versammlungsleiter sei verpflichtet, Verfahrensentscheidungen über die Konzentration bzw. die Entflechtung von Abstimmungsvorgängen selbst zu treffen, er könne sie nicht, auch nicht punktuell, auf die Hauptversammlung delegieren.

Weiter ist die Klägerin T. AG der Auffassung, der Beschlussvorschlag sei formell ordnungsgemäß erfolgt. Eine Verlesung des gesamten Beschlusswortlauts sei rechtlich nicht erforderlich, vielmehr ausreichend, dass auf den in der Hauptversammlung schriftlich vorliegenden Beschlusstext Bezug genommen worden sei. Der Beschlussvorschlag sei objektiv eindeutig gewesen, kein anwesender Teilnehmer habe dem prozess widersprochen. Sie behauptet, dass sowohl bei der Stellung des Beschlussantrags als auch unmittelbar vor Durchführung der Abstimmung zu TOP 7 ein Verweis des Versammlungsleiters auf die aktualisierten und in der Hauptversammlung ausliegenden Beschlussvorschläge erfolgt sei. Vor Eintritt in den Abstimmungsvorgang habe der Versammlungsleiter insoweit nochmals ausdrücklich nachgefragt, ob gegen einen Verzicht auf die Verlesung des geänderten Vorschlags Einwände bestünden.

Sie vertritt die Auffassung, die Zurückweisung des Beschlussantrags zu Tagesordnungspunkt (TOP) 9 sei rechtswidrig gewesen sei. Der Antrag zu TOP 9 sei mit der unter TOP 7 Ziffer I. beschlossenen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht deckungsgleich. Die Feststellungsklage sei zulässig, da nur so eine effektive Rechtsschutzmöglichkeit eröffnet sei.

Der Streithelfer der Klägerin T. AG meint, das angegriffene Urteil verletze insoweit geltendes Recht, als das Landgericht den Klageantrag zu Ziffer I. abgewiesen habe. Die zurückweisenden Hauptversammlungsbeschlüsse beruhten auf einer Missachtung des Stimmverbotes. Unter TOP 7 gehe es gerade um die Durchsetzung konzernrechtlicher Haftungsansprüche insbesondere nach § 317 AktG gegen den GroßAktionär und gegen Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats der geschädigten Gesellschaft.

Die vom Landgericht geforderten und verneinten tatsächlichen Anhaltspunkte für pflichtwidriges Verhalten seien schlüssig dargetan. Die Prüfung der Erfolgsaussichten der geltend zu machenden Ersatzansprüche dürfe kein Gegenstand des Prozesses über die Anfechtung der Beschlussfassung zum „Ob“ der Geltendmachung sein.

Die Klägerin T. AG beantragt

unter Ziffer I die Abänderung des Urteils des Landgerichts L. vom 14.01.2016, Az. 91 O 31/15 dergestalt, dass dem klageweise erstinstanzlich geltend gemachten Klageanspruch stattgegeben wird; ferner,

dass – Ziffer II – festgestellt wird, dass die Nichtzulassung der Abstimmung über den Beschlussvorschlag zu Tagesordnungspunkt 9 durch den Versammlungsleiter Dr. U1 C in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 rechtswidrig war und sie – die Klägerin T. AG – in ihren Rechten verletzt hat;

die Aufrechterhaltung des landgerichtlichen Urteils (Antrag zu Ziffer III).

Der Streithelfer der Klägerin T. AG beantragt,

der Anfechtungs- -und Beschlussfeststellungsklage bezogen auf die zu Ziffer I gestellten Anträge unter Abänderung des Urteils des Landgerichts L. vom 14. Januar 2016, Aktenzeichen 91 O 31/15, stattzugeben;

den auf Zurückweisung der Nebenintervention gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Beklagte und deren Streithelferin zu 5) beantragen jeweils,

1) die Berufung der Klägerin T. AG zurückzuweisen;

2) unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts L. die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin T. AG ihrerseits beantragt,

die Berufung der Beklagten sowie deren Streithelferin zurückzuweisen.

Die Beklagte vereidigt die Entscheidung des Landgerichts, soweit dieses die Klage (bezogen auf Ziffer I des Klageantrags) abgewiesen hat und vertritt – insofern weitergehend – die Auffassung, das Landgericht habe die Klage insgesamt abweisen müssen: Auch der Klageantrag betreffend die Abwahl des Versammlungsleiters sei unbegründet.

Zum Hintergrund der Auseinandersetzung zwischen den Parteien behauptet sie, die Klägerin T. AG habe die Beteiligung aufgeC3t, um im Falle eines „Squeeze – Out“ oder des Abschlusses eines Beherrschungsvertrages zu wirtschaftlich vorteilhaften Bedingungen ausscheiden zu können. Nachdem sich diese Spekulation der Klägerin T. AG nicht realisiert habe, suche sie seit einiger Zeit einen anderen Weg, um die Rendite ihres Investments zu verbessern.

Die Klägerin T. AG sei auf das Ansinnen eines Aktientausches nicht eingegangen versuche, Druck aufzuC3en, um sie zu einem Angebot zu veranlassen. Allein diesem Zweck dienten die von der Klägerin T. AG beantragten Ergänzungsverlangen und die beantragte Einsetzung eines besonderen Vertreters zur Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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.

Die Beklagte bestreitet, dass der Versammlungsleiter sowohl bei der mündlichen Antragstellung, als auch bei der Abstimmung sowie der Feststellung der Beschlussfassung auf die geänderten Beschlussvorschläge ausdrücklich Bezug genommen habe. Es fehle ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechender Beschlussantrag zu TOP 7. Dazu behauptet sie, der gerichtlich bestellte Versammlungsleiter Dr. X habe nur in allgemeiner Form darauf hingewiesen, dass der Wortlaut der Beschlussvorschläge in der Versammlung ausliege, ohne dass er klargestellt habe, dass es sich dabei nicht um die ursprüngliche Fassung, sondern um die veränderte Fassung handelt. Es habe lediglich einen allgemeinen Hinweis des Versammlungsleiters Dr. X gegeben. Bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses habe der Versammlungsleiter dann eine nachträgliche Konkretisierung vorgenommen, indem er zusätzlich jeweils schlagwortartig angegeben habe, worüber die Hauptversammlung seiner Meinung nach abgestimmt habe.

Die Beklagte meint, dass tatsächliche Anhaltspunkte für ein pflichtwidriges Verhalten der in den angefochtenen Hauptversammlungsbeschlüssen genannten Anspruchsgegner weder vorgetragen noch sonst ersichtlich seien. Ein ausreichend bestimmter Antrag nach § 147 AktG liege nicht vor. Die positive Beschlussfeststellungsklage in Bezug auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegen Vorstand und Aufsichtsrat sei jeweils schon deshalb abzuweisen, weil insoweit ein rechtmäßiger ablehnender Mehrheitsbeschluss der Hauptversammlung der Beklagten vorliege. Die Klägerin T. AG unterliege insoweit keinem Stimmverbot nach § 136 Abs. 1 S. 1 AktG. Es gehe nicht um gemeinschaftlich begangene Pflichtverletzungen von Vorstand der Beklagten, Aufsichtsrat der Beklagten und der Streithelferin zu 5). Der Klägerin T. AG stehe das Zulassungsverfahren als Kontroll- und Überwachungsinstrument zur Verfügung.Weiter vertritt die Beklagte die Auffassung, der gerichtlich bestellte Versammlungsleiter habe die Hauptversammlung zu Recht über den Verfahrensantrag der Streithelferin der Beklagten abstimmen lassen, da die Hauptversammlung stets über die Aufteilung eines Sammelbeschlusses entscheiden könne. Weder habe ein wichtiger Grund zur Abwahl des Versammlungsleiters vorgelegen, noch habe eine Verpflichtung zu dessen Abwahl bestanden. Die abstrakte Gefahr eines Interessenkonflikts stelle keinen wichtigen Grund zur Abwahl dar, und der Versammlungsleiter Dr. C sei berechtigt gewesen, die Beschlussvorschläge der Klägerin T. AG zu TOP 9 nicht zur Abstimmung zu stellen. Der Beschlussantrag zu TOP 9 sei nicht hinreichend konkretisiert gewesen, er sei zudem redundant gewesen, da er im Ergebnis bereits durch die Beschlussanträge zu TOP 7 abgedeckt gewesen sei.

III.

A. Die Berufung der Streithelfer der Beklagten im Verfahren – Az. 18 U 19/16 – OLG L. (= Az. 91 O 30/15 LG L.) hat Erfolg.

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt, §§ 511 ff. ZPO.

a) Die Streithelferin zu 1) der Beklagten, die Streithelferin zu 3) der Beklagten und die Streithelferin zu 4) der Beklagten sind als deren Aktionärinnen berechtigt, Rechtsmittel einzulegen, dies im Hinblick auf die sich aus § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG ergebende Rechtskrafterstreckung und die Gestaltungswirkung eines stattgebenden Anfechtungsurteils (vgl. OLG ZweibrückenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Zweibrücken
, Urteil vom 30.09.2009 – 4 U 149/09, zitiert nach juris, dort Rdnr. 13).

b) Daneben ist (auch) der Streithelfer zu 2) der Beklagten, als Nebenintervenient berechtigt, Rechtsmittel einzulegen:

Der besondere Vertreter kann der Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Verfolgung von Ersatzansprüchen und über seine Bestellung auf Seiten der Gesellschaft als Nebenintervenient beitreten.

Nach § 66 Abs. 1 ZPO kann derjenige einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit zur Unterstützung beitreten, der ein rechtliches Interesse am Obsiegen einer Partei hat. Der besondere Vertreter hat ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Gesellschaft im Anfechtungsprozess gegen seine Bestellung und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.

(1) Der Beitritt ist nicht schon deshalb unzulässig, weil der besondere Vertreter als Organ nicht parteifähig wäre. Zwar müssen die allgemeinen Prozesshandlungsvoraussetzungen, zu denen die Parteifähigkeit gehört, auch in der Person des Nebenintervenienten vorliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 28.04.2015 – II ZB 19/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 13; BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 – VIII ZB 82/05, BGHZ 165, 358, 362; Beschluss vom 12. Juli 2012 – VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6) und der besondere Vertreter wird im Rahmen seines Aufgabenkreises als Organ der Gesellschaft angesehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1980 – II ZR 140/79, ZIP 1981, 178, 179; Beschluss vom 27. September 2011 – II ZR 225/08, ZIP 2011, 2195; Beschluss vom 18. Juni 2013 – II ZA 4/12, ZIP 2013, 1467 Rn. 3). Der Beitritt setzt aber keine der Anfechtungsbefugnis entsprechende besondere aktienrechtliche „Nebeninterventionsbefugnis“ voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2007 – II ZB 29/05, BGHZ 172, 136 Rn. 17 f.; Beschluss vom 26. Mai 2008 – II ZB 23/07, ZIP 2008, 1398 Rn. 7).

Der Streithelfer zu 2) der Beklagten ist als natürliche Person parteifähig (§ 50 ZPO). Ob er beim Beitritt im Rahmen der ihm als besonderem Vertreter zugewiesenen Aufgaben als Organ oder Organmitglied handelte, ist für seine Rechts- und Parteifähigkeit ohne Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 28.04.2015 – II ZB 19/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14). Bei Organen, die nur aus einer natürlichen Person bestehen, bedarf es der Unterscheidung zwischen Organ und Organmitglied nicht. Soweit ein Organmitglied ein rechtliches Interesse geltend machen kann, kann dieses auch gerade auf seiner Organstellung beruhen (BGH, a. a. O.; vgl. zum Aufsichtsratsmitglied BGH, Urteil vom 29. Januar 2013 – II ZB 1/11, ZIP 2013, 483 Rdnr. 13).

(2) Der Anfechtungsrechtsstreit wird auch zwischen anderen Personen geführt. Nach § 66 Abs. 1 ZPO setzt die Nebenintervention einen zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit voraus. Ob der gesetzliche Vertreter einer Partei nicht Dritter ist und daher nicht beitreten kann, kann auch hier offenbleiben. Der besondere Vertreter tritt vorliegend nicht als gesetzlicher Vertreter der beklagten Gesellschaft auf. Er ist nur insoweit gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft, als seine Befugnis reicht, Ersatzansprüche gegen Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats im Namen der Gesellschaft zu verfolgen, die ein abgespaltener Teil der umfassenden gesetzlichen Vertretungsmacht des Vorstands ist (BGH, Beschluss vom 28.04.2015 – II ZB 19/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 15; BGH, Urteil vom 18. Dezember 1980 – II ZR 140/79, ZIP 1981, 178, 179).

Im Anfechtungsstreit um seine Bestellung vertritt er die Gesellschaft nicht; sie wird vielmehr durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten (§ 246 Abs. 2 Satz 2 AktG). Eine Vertretung im Anfechtungsprozess widerspricht der gesetzlichen Regelung in § 246 Abs. 2 Satz 2 AktG und steht mit den beschränkten Aufgaben des besonderen Vertreters, Ersatzansprüche geltend zu machen, nicht in Einklang (BGH, Beschluss vom 28.04.2015 – II ZB 19/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 16).

(3) Das Interventionsinteresse des besonderen Vertreters folgt aus der Gestaltungswirkung einer Entscheidung, die seine Bestellung und die Entscheidung für eine Verfolgung von Ersatzansprüchen für nichtig erklärt. Bei gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsklagen kommt wegen der Gestaltungswirkung des § 241 Nr. 5 AktG eine Nebenintervention desjenigen Dritten in Betracht, der von der Nichtigerklärung betroffen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 1976 – II ZR 98/75, BGHZ 68, 81, 85; Beschluss vom 17. Januar 2006 – X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7; Beschluss vom 23. April 2007 – II ZB 29/05, BGHZ 172, 136 Rn. 10; Beschluss vom 26. Mai 2008 – II ZB 23/07, ZIP 2008, 1398 Rdnr. 8).

Die Nichtigerklärung des Bestellungsbeschlusses und des Beschlusses über die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
betrifft den besonderen Vertreter unmittelbar, weil er sein Amt und seinen Auftrag verliert. Dem steht nicht entgegen, dass die Aufgabe des besonderen Vertreters nicht die Verteidigung von Hauptversammlungsbeschlüssen, sondern die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ist. Für das rechtliche Interesse reicht es aus, dass die Gestaltungswirkung der Nichtigerklärung ihn und sein Amt berührt. Mit der rechtskräftigen Nichtigerklärung des Bestellungsbeschlusses verliert er die Befugnis, für die Gesellschaft Schadensersatzansprüche geltend zu machen (vgl. BGH, Beschluss vom 28.04.2015 – II ZB 19/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 19).

Die Nebenintervention des Streithelfers der Klägerin U. SE, also des Vorstands der Beklagten, ist zulässig. Das rechtliche Interesse ergibt sich aus der Anfechtungsbefugnis des Vorstands nach § 245 Nr. 4 AktG, denn er hat für die Rechtmäßigkeit des Korporationshandelns zu sorgen (vgl. BGH, Beschluss vom 30.06.2015 – II ZR 142/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 45).

2. Die Berufung ist auch begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Rechtsverletzung, § 513 ZPO.

a) Die Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere statthaft, §§ 241 ff. AktG. Die Beklagte wird zutreffend durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten, § 246 Abs. 2 S. 2 AktG.

b) Die Anfechtungsklage ist aber nicht begründet, da eine Verletzung des Gesetzes oder der Satzung nicht vorliegt, § 243 Abs. 1 AktG.

(1) Die Klägerin U. SE ist als Aktionärin der Beklagten befugt, Beschlüsse der Hauptversammlung anzufechten, § 245 Abs. 1 AktG. Der Umstand, dass sie nach § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG bei der Beschlussfassung von der Ausübung ihres Stimmrechts ausgeschlossen war, lässt die Anfechtungsbefugnis unberührt, da auch derjenige, der wegen einer ansonsten drohenden Interessenkollision einem Stimmverbot unterliegt, die Möglichkeit haben muss, die Rechtsmäßigkeit des ohne ihn gefassten Beschlusses überprüfen zu lassen (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, Urteil vom 27.08.2008 – 7 U 5678/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 25).

(2) Die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG ist eingehalten.

(3) Der von der Hauptversammlung der Beklagten gefasste Beschluss ist allerdings formell rechtmäßig, so dass ein Anfechtungsgrund nach § 243 Abs. 1 AktG in Form eines Verfahrensverstoßes nicht vorliegt.

aa) Soweit die Klägerin U. SE rügt, dass gegen das Mündlichkeitsprinzip verstoßen worden sei, da der der Beschlussfassung zugrunde liegende Beschlussantrag nicht verlesen worden sei, und soweit sie weiter rügt, dass die Veröffentlichung im Bundesanzeiger (Bl. 19 AH I) nicht ausreichend sei, da die Formulierung fehle: „Die Hauptversammlung beschließt“, greift dieser Einwand nicht durch.

Der Charakter als Beschlussvorlage ergibt sich aus dem übrigen Inhalt des im Bundesanzeiger veröffentlichten Textes, und es ist in der Hauptversammlung diskutiert worden, dass eine Beschlussfassung erfolgen soll. Die Antragstellung kann durch Bezugnahme auf den im Bundesanzeiger veröffentlichten Beschlussvorschlag bzw. den den Aktionären im Wortlaut vorliegenden Antragstext erfolgen oder durch Verlesung, und es besteht kein Anspruch auf Verlesung, wenn der Beschlusstext allen Aktionären vorliegt (Kubis in: MünchKomm. AktG, 3. Aufl. § 119 Rdnr. 152; Ziemons in: Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, 73. Lieferung 08.2016, Nr. 101141).

bb) Soweit die Klägerin U. SE rügt, dass die Bezugnahme auf die bekanntgemachte Fassung scheitere, da die Aktionäre die Beschlussvorlage in deutlich abgeänderter Fassung hätten stellen wollen, vermag sie damit ebenfalls nicht durchzudringen. Die Beschlussvorlage, wie sie in Anlage 5 zum Protokoll (Blatt 141 AH I) enthalten ist, unterscheidet sich zwar von der bekanntgemachten Fassung. Dies ist aber unschädlich, da sämtliche Punkte, die in Anlage 5 aufgeführt sind, auch in der im Bundesanzeiger bekanntgemachten Fassung enthalten sind. Der Umstand, dass die Beschlussvorlage, wie sie in Anlage 5 enthalten ist, gekürzt ist, lässt die Bekanntgabe als solche nicht entfallen.

cc) Soweit die Klägerin U. SE rügt, durch Streichung von lit. c) der ursprünglichen Fassung habe sich die gesamte „Nummerierung“ verschoben, ist dies ebenfalls unschädlich. Dass es bei Streichung von lit. c) zu Änderungen der „Nummerierung“ kam, war für die Aktionäre unerheblich, da die einzelnen Punkte Gegenstand der Erörterung in der Hauptversammlung gewesen (Blatt 96R und146 AH I) sind. Inhaltlich ergeben sich hieraus zudem keine Änderungen.

dd) Soweit die Klägerin T. U. SE rügt, es habe zwei Beschlussentwürfe gegeben, nämlich den bekanntgemachten vom 12.05.2015 und den abweichenden Beschlussentwurf vom 18.06.2015, ist dies unschädlich.

Ausgelegt während der Hauptversammlung war der Beschlussentwurf, wie er in Anlage 5 zum Protokoll wiedergegeben ist, und dass dieser eine Änderung zum ursprünglich gestellten Antrag darstellte, ist in der Hauptversammlung erörtert worden (zu vgl. Blatt 91R AH I).

ee) Soweit die Klägerin U. SE rügt, dass sich bezogen auf Tagesordnungspunkt 7 Ziffer II. eine weitere Änderung ergeben habe, ist dies ebenfalls unschädlich: Der Zusatz „soweit gesetzlich zulässig, und sonst“ stellt keine inhaltlich maßgebliche Änderung dar, ist zudem ebenfalls nur eine Reduzierung des Inhalts, verglichen mit der ursprünglichen Beschlussvorlage. Diese ist auch Gegenstand der Erörterung gewesen (vgl. Blatt 92R AH I).

ff) Soweit die Klägerin U. SE einen Verstoß gegen § 130 Abs. 2 Satz 1 AktG rügt, vermag sie damit ebenfalls nicht durchzudringen.

Nach § 130 Abs. 2 Satz 1 AktG sind in der Niederschrift der Ort und der Tag der Verhandlung, der Name des Notars sowie die Art und das Ergebnis der Abstimmung und die Feststellung des Vorsitzenden über die Beschlussfassung anzugeben. Diese Angaben sind im Protokoll enthalten. Insbesondere ist das Beschlussergebnis eindeutig festgehalten: Zu TOP 7 ist der Beschluss des Inhalts gefasst worden, wie er in der Anlage 5 zum Protokoll niedergeschrieben ist, was sich aus Blatt 96 f. AH I ergibt. Dort sind die einzelnen Unterpunkte des TOP 7 mit der Gliederung nach Kleinbuchstaben aufgeführt.

Der Einwand des Streithelfers u 2) der Beklagten [Bl. 111 AH I] des Inhalts, dass es sich bei den Punkten nicht um „Tagesordnungspunkte“ im eigentlichen Sinne handele, bezieht sich ersichtlich darauf, dass die einzelnen, mit Kleinbuchstaben versehenen Unterpunkte keine eigenen Tagesordnungspunkte darstellen würden, was der Versammlungsleiter sodann klargestellt hat (Bl. 111 AH I, 3. Abschnitt). Hieraus folgt keine Unklarheit über den Gegenstand des Beschlusses.

gg) Soweit die Klägerin U. SE beanstandet, die genaue Zahl der zu TOP 7 von einem Stimmverbot betroffenen Aktien sei nicht protokolliert worden, begründet dies keinen formellen Mangel, da insoweit ein Verstoß gegen §§ 130, 131 AktG nicht vorliegt.

(4) Materiell-rechtlich ist der von der Hauptversammlung der Beklagten gefasste Beschluss rechtmäßig.

Ein Verstoß gegen die Regelung des § 147 Abs. 1 AktG liegt nicht vor.

Nach § 147 Abs. 1 AktG müssen die Ersatzansprüche der Gesellschaft aus der Gründung gegen die nach den §§ 46 bis 48, 53 AktG verpflichteten Personen oder aus der Geschäftsführung gegen die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats oder aus § 117 AktG geltend gemacht werden, wenn es die Hauptversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit beschließt. Der Ersatzanspruch soll binnen sechs Monaten seit dem Tage der Hauptversammlung geltend gemacht werden, § 147 Abs. 1 Satz 2 AktG. Zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs kann die Hauptversammlung besondere Vertreter bestellen, § 147 Abs. 2 AktG.

Nicht gefordert wird, dass im Geltendmachungsbeschluss bereits abschließend Anspruchsgrundlagen genannt werden, auf welche die geltend zu machenden Ansprüche gestützt werden sollen, noch wird vorausgesetzt, dass die durchzusetzende Summe genannt wird (vgl. Stallknecht, Der besondere Vertreter nach § 147 AktG, 1. Aufl. 2015, S. 68 m. w. N.). Im Übrigen besteht Streit, welche Anforderungen an die Bestimmtheit der anspruchsbegründenden Tatsachen zu stellen sind.

aa. Teilweise wird – wie vorliegend erstinstanzlich vom Landgericht L. – vertreten, dass für einen Beschluss nach § 147 AktG ein auf überwiegend wahrscheinliche Tatsachen gestützter Sachverhalt vorgetragen werden müsse, aus dem sich schlüssig das Bestehen geltend gemachter Ansprüche ergibt. Erkennbar müsse sein, auf welchen konkreten, im L5 bereits bekannten Sachverhalt sich ein Anspruch stützen soll (vgl. LG Stuttgart, AG 2008, 757 [758]; Kocher/Lönner, ZIP 2016, 653 f.).

bb. Nach anderer Auffassung ist erforderlich, dass der Streitgegenstand hinreichend bestimmt ist, ohne dass verlangt wird, dass die geltend gemachten Ansprüche schlüssig dargelegt werden müssen (zu vgl. M2/Beneke, ZIP 2015, 2010, 2011f.). Die Ersatzansprüche seien nach Gegner und Gegenstand hinreichend konkret zu bezeichnen (vgl. LG Duisburg, Urteil vom 16.04.2013 – 20 O 12/13, zitiert nach juris, dort Rdnr. 62 und 65; LG Duisburg, Urteil vom 09.06.2016 – 22 O 50/16, zitiert nach juris, dort Rdnr. 56). Die Anfechtung des Beschlusses zur Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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soll danach auf krasse Fälle beschränkt sein und dürfe insbesondere auch nicht dazu genutzt werden, der Sonderprüfung ihren Anwendungsbereich zu sichern (Schröer in: MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2013, § 147 AktG Rdnr. 29). Die Prüfung, ob für die abhängige AG aus konzernrechtlichen Maßnahmen Schäden resultierten, solle dem besonderen Vertreter überlassen bleiben (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Urteil vom 27.08.2008 – 7 U 5678/07, AG 2008, 864, 867).

cc. Teilweise wird gefordert, dass kein dringender Verdacht, jedoch ein möglicher Anfangsverdacht dahingehend bestehen muss, dass mögliche Ersatzansprüche bestehen (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 27.10.2009 – 32 O 5/09 KfH, ZIP 2010, 329; LG J.berg, Urteil vom 04.12.2015 – 11 O 37/15 KfH, zitiert nach juris, dort Rdnr. 31).

dd. Nach vermittelnder Auffassung muss der Beschluss grundsätzlich so konkret gefasst sein, dass der zugrunde liegende Lebenssachverhalt ohne weitere Sachverhaltsaufklärung klar ist. Das Vorliegen eines irgendwie gearteten Verdachts soll danach nicht erforderlich sein. Einschränkungen des Mehrheitswillens sollen im Regelfall des § 147 Ab. 1 AktG allein das Rechtsmissbrauchsverbot bzw. das Schikaneverbot setzen. Die Hauptversammlungsmehrheit sei daher nicht gehindert, auch bei dürftiger Tatsachengrundlage einen besonderen Vertreter zu bestellen (vgl. Bayer, AG 2015, 637 [648]). Es müsse sich aus dem Beschluss ergeben, welche Tatsachen im Wesentlichen die Ansprüche begründen sollen (vgl. Stallknecht, a. a. O., S. 68).

Begründet wird dies damit, dass in § 147 Abs. 1 AktG in seiner gegenwärtigen Fassung nur noch die Mehrheitsentscheidung geregelt sei (Bayer a. a. O.). Eine Ausnahme von dieser Regel ist hiernach gegeben, wenn im Rahmen der Beschlussfassung gemäß § 147 Abs. 1 AktG ein konzernrechtlicher Ersatzanspruch gegen das herrschende Unternehmen und damit strukturell ein Minderheitsverlangen geltend gemacht wird. Die richterrechtliche Ausdehnung des § 147 AktG auf konzernrechtliche Ersatzansprüche sei in das vorhandene, geschriebene Schutzsystem einzupassen. Es müssten dann substantiierte Tatsachen behauptet werden, die mit gesteigerter Wahrscheinlichkeit den Verdacht indizierten, dass eine Pflichtverletzung vorliege, und weiter müsse substantiiert vorgetragen werden, dass hierdurch kausal für die AG ein Schaden entstanden sei. (vgl. Bayer a. a. O., S. 649). Der Geltendmachung des Ersatzanspruchs dürften dabei keine überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohl entgegenstehen (Bayer a. a. O., S. 651).

ee. Schließlich wird vertreten, es reiche grundsätzlich aus, dass umrissen werde, worin die Pflichtverletzung und der Tatbeitrag bestehen (zu vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1986 – II ZR 73/85, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14 zu § 47 GmbHG mit Hinweis auf § 147 AktG; vgl. OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Karlsruhe
, Beschluss vom 16.06.2014 – 11 Wx 49/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 49 und Rdnr. 54). Die Sachverhalte, die den Anspruch begründen, müssen danach hinreichend genau in dem Sinne bestimmt sein, dass im Falle einer späteren Klageerhebung durch den besonderen Vertreter festgestellt werden kann, ob der Gegenstand der Klage mit den von der Hauptversammlung gemeinten Ansprüchen übereinstimmt (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Urteil vom 28.11.2007 – 7 U 4498/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 40; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Urteil vom 27.08.2008 – 7 U 5678/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 499; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
DB 2004, 177 f.; OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Karlsruhe
, Beschluss vom 16.06.2014 – 11 Wx 49/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 49; vgl. KG Berlin, Beschluss vom 25.08.2011 – 25 W 63/11, zitiert nach juris, dort Rdnr. 24 f.; LG Stuttgart, Urteil vom 27.10.2009 – 32 O 5/09 KfH, zitiert nach juris, dort Rdnr. 38; Holzborn/Jänig in: Bürgers/Körber, Aktiengesetz, 4. Aufl. 2017, § 147 lit. b; vgl. Westermann, AG 2009, 237, 244). Vorgetragen werden muss danach, welche Transaktionen die Annahme einer Pflichtwidrigkeit rechtfertigen sollen und welcher Art der Schaden sein soll (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Urteil vom 27.08.2008 – 7 U 5678/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 52).

Begründet wird diese Auffassung damit, dass es die Durchsetzung der Ersatzansprüche unzumutbar erschweren würde, wenn im Anfechtungsprozess und – mangels Rechtskrafterstreckung – im nachfolgenden prozess nochmals gerichtlich geklärt werden müsste, ob der Haftungsgrund besteht (BGH a. a. O., Rdnr. 14. a. E.), und es könne möglicherweise zwischen den Gerichten zu widerstreitenden Beurteilungen kommen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 25.08.2011, a. a. O., Rdnr. 25).

Der letztgenannten Auffassung ist zu folgen. Um einer rechtsmissbräuchlichen Verwendung eines Geltendmachungsbeschlusses (vgl. hierzu Stallknecht, a. a. O., S. 67) entgegenzuwirken, ist eine Eingrenzung im o. g. Sinne erforderlich, aber auch ausreichend. Dem OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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(Urteil vom 28.11.2007 – 7 U 4498/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 55) ist darin zuzustimmen, dass bei der Bestimmung und Eingrenzung der Befugnisse des besonderen Vertreters auch das daneben existierende Rechtsinstitut des Sonderprüfers zu berücksichtigen ist. Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 AktG dient die Einsetzung eines Sonderprüfers der „Prüfung von Vorgängen bei der Gründung oder der Geschäftsführung“. Der Sonderprüfer hat damit einen Prüfungsauftrag, der nur insoweit gegenständlich beschränkt ist, als er sich auf bestimmte Vorgänge beziehen muss. Demgegenüber ist die Aufgabe des besonderen Vertreters nach § 147 Abs. 2 Satz 1 AktG die „Geltendmachung des Ersatzanspruchs“. Die unterschiedlichen Gesetzesformulierungen deuten darauf hin, dass der besondere Vertreter nicht wie der Sonderprüfer Vorgänge innerhalb der Gesellschaft umfassend und in alle Richtungen hin zu überprüfen, sondern er aus einem wenigstens im L5 bereits bekannten Sachverhalt Ansprüche durchzusetzen hat (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, a. a. O.). Weitere Einschränkungen enthält der Wortlaut der Vorschrift nicht.

Anders als beim Sonderprüfer liegt der Schwerpunkt der Aufgabe des besonderen Vertreters nicht in der Aufklärung noch unklarer Sachverhalte, und eine Befugnis, Prüfungen durchzuführen, hat er vielmehr nur als Annexkompetenz zu seiner Funktion, Ansprüche geltend zu machen (vgl. LG J.berg, Urteil vom 06.04.2016 – 12 O 14/16 KfH, zitiert nach juris, dort Rdnr. 26), was damit korrespondiert, dass das Gesetz für den besonderen Vertreter auch keine den Rechten des Sonderprüfers nach § 145 AktG entsprechenden „Ermittlungsbefugnisse“ vorsieht. Dafür, dass der besondere Vertreter Ansprüche aus im Wesentlichen bereits bekannten Sachverhalten durchzusetzen hat, spricht ferner die Regelung des § 147 Abs. 1 Satz 2 AktG, wonach der Ersatzanspruch binnen sechs Monaten seit dem Tage der Hauptversammlung geltend gemacht werden soll. Die Einhaltung dieser Frist wäre regelmäßig nicht möglich, wenn der besondere Vertreter zunächst umfangreiche Ermittlungen und eine Sachverhaltsaufklärung vorzunehmen hätte (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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a. a. O.). Auch ist zu berücksichtigen, dass die Erkenntnismöglichkeiten der Aktionäre neben der Sonderprüfung nahezu ausschließlich auf die Auskunftserteilung durch den Vorstand beschränkt sind und die Regelung des § 147 AktG nicht dadurch jeder praktischen Relevanz beraubt werden darf, dass zu viel an Bestimmtheit gefordert wird (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, ZIP 2008, 1916, 1920; KG Berlin, NZG 2011 1429, 1430; Stallknecht, a. a. O., S. 69).

Vorrangig ist eine Sonderprüfung nach § 142 AktG dabei nur, soweit eine Konkretisierung des Sachverhalts nicht möglich ist, es also an der Bestimmbarkeit des Ersatzanspruchs fehlt (vgl. LG Duisburg, Urteil vom 16.04.2013, 22 O 12/13, zitiert nach juris, dort Rdnr. 66; Nietsch, ZGR 2011, 589, 617).

Dem – berechtigten – Einwand auf Eingrenzung der Befugnisse des besonderen Vertreters zur Vermeidung rechtsmissbräuchlichen Vorgehens kann dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, dass umrissen werden muss, worin die Pflichtverletzung und der Tatbeitrag bestehen und was L5 des zu überprüfenden Sachverhalts sein soll (vgl. auch Linnerz, Anm. zu OLG L., Urteil vom 04.12.2015, BB 2016, 337, 338).

Soweit vertreten wird, dass die Ansprüche „glaubhaft“ zu machen seien, ist dem Wortlaut der Vorschrift eine entsprechende Begrenzung ihre Anwendungsbereichs nicht zu entnehmen. Die Glaubhaftmachung ist eine Art der Beweisführung, die (dem Richter) einen (geringeren) Grad von Wahrscheinlichkeit vermitteln soll (vgl. Reichold in: U1/Putzo, ZPO, 34. Aufl. 2013, § 294 Rdnr. 1), und dem Wortlaut der Vorschrift des § 147 AktG kann eine die Beweisführung enthaltende Regelung nicht entnommen werden.

In Anlehnung an die Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wonach die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten muss, kommt es nicht darauf an, ob der maßgebende Lebenssachverhalt bereits in der Klageschrift vollständig beschrieben oder der Klageanspruch schlüssig und substantiiert dargelegt worden ist; vielmehr ist es im allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 16.11.2016 – VIII ZR 297/15, zitiert nach juris, dort Rdnr. 12; BGH, Urteil vom 26.06.2013 – IV ZR 39/10, NJW 2013, 3580, Rdnr. 34; BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 – I ZR 295/00, WRP 2003, 1458 = BGH-Report 2003, 1438, unter II 3 a; BGH, Urteil vom 18.07.2000 – X ZR 62, 98, NJW 2000, 3492 unter II 1 c), d. h. eindeutig individualisierbar (vgl. Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Aufl. 2014, § 253, Rdnr. 12a).

Der Senat sieht sich dabei nicht gehindert, insoweit (auch) auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Problematik und zum Erfordernis substantiierten Vortrags zurückzugreifen, wonach ein Sachvortrag zur Begründung eines (Klage-) Anspruchs dann schlüssig dargetan ist, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen (vgl. BGH, Urteil vom 26.10.2016 – IV ZR 52/14; VersR 2017, 36, 38, zitiert nach juris, dort Rdnr. 27; BGH, Beschluss vom 15.12.2016 – IX ZR 224/15, WM 2017, 108, 109; BGH, Beschluss vom 16.11.2016 – VII ZR 23/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 8; BGH, Beschluss vom 15.12.2016 – IX ZR 224/15, zitiert nach juris, dort Rdnr. 6; BGH, Urteil vom 13.10.2006 – V ZR 66/06, WuM 2006, 702 f.; zitiert nach juris, dort Ziffer 21; BGH, Beschluss vom 26.10.2016 – IV ZR 52/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 29).

Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen, kann der Vortrag weiterer Einzelheiten nicht verlangt werden, was insbesondere dann gilt, wenn die Partei selbst keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat (vgl. BGH, Urteil vom 26.10.2016 – IV ZR 52/14, a. a. O.). Die Angabe näherer Einzelheiten, die Zeit, Ort und Umstände bestimmter Ereignisse betreffen, ist entbehrlich, soweit diese Einzelheiten für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind, und eine Eingrenzung ist erst geboten, wenn infolge der Einlassung des Gegners der Tatsachenvortrag unklar wird (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.1984 – VII ZR 123/83, zitiert nach juris, Rdnr. 12). Sonstige Zergliederungen der Sachdarstellung in Einzelheiten können allenfalls bedeutsam werden, wenn der Gegenvortrag dazu Anlass bietet (BGH, Urteil vom 12.07.1984, a. a. O.; BGH NJW 1962, 1394 Nr. 9).

Unter Berücksichtigung vorstehend angeführter Grundsätze gilt im vorliegenden Fall, dass die im Beschlussantrag der Beklagten aufgeführten tatsächlichen Angaben – bezogen auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen – hinreichend konkret umreißen, worin die Pflichtverletzung und der Tatbeitrag bestehen sollen (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1986 – II ZR 73/85, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14 zu § 47 GmbHG unter Hinweis auf § 147 AktG), und die Sachverhalte, die den Anspruch begründen, sind hinreichend genau in dem Sinne dargelegt, dass im Falle einer späteren Klageerhebung durch den besonderen Vertreter festgestellt werden kann, ob der Gegenstand der Klage mit den von der Hauptversammlung gemeinten Ansprüchen übereinstimmt.

Im Einzelnen gilt hierzu Folgendes:

Die Hauptversammlung der Beklagten hat unter Tagesordnungspunkt 7 die Geltendmachung der sich aus den unter der Ziffer I lit. a) – j) dargestellten Sachverhalten ergebenden Ersatzansprüche der Beklagten entsprechend den jeweiligen Beschlussvorschlägen bezogen auf die Klägerin U. SE und deren gesetzliche Vertreter, insbesondere Ansprüche aus den §§ 93, 116, 117, 317, 318 AktG, §§ 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 StGB und § 826 BGB beschlossen (vgl. S. 64 des Protokolls der 87. Ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten, Anlage K 8, Bl. 103R ff. AH I – 91 O 30/15 – LG L.). Soweit zwischen den vorstehend erwähnten gesetzlichen Vertretern der U. SE und Organmitgliedern der U. AG Personenidentität besteht, versteht der Senat den Beschluss dahin, dass von ihm Ansprüche nur insoweit erfasst sind, als die erwähnten gesetzlichen Vertreter in ihrer Eigenschaft als Organmitglieder der U. SE tätig waren.

Die Anwendung vorgenannter Grundsätze auf den Inhalt des zur Abstimmung gestellten Beschlussantrags und des daraufhin ergangenen Beschlusses der Hauptverhandlung der Beklagten ergibt, dass dieser nicht zu beanstanden ist, da jeweils umrissen ist, worin die vorgebliche Pflichtverletzung und der Tatbeitrag bestehen sollen:

Hinsichtlich des zur Überprüfung gestellten Vorgangs zu TOP 7, Ziffer I lit. a des Beschlusses des Inhalts, dass Ersatzansprüche der Gesellschaft aus dem Sachverhaltskomplex „Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb von C3stoffaktivitäten und einer in der Straßensanierung tätigen Gesellschaft aus dem U.-SE Konzern in 2009 zu einem überhöhten Preis (Bl. 142 AH I)“ geltend zu machen sind, gilt, dass der aufgeführte Sachverhaltskomplex nach Tatbeitrag und Pflichtverletzung umrissen ist. Denn es sind Zeitraum und der zugrundeliegende Sachverhalt neben dem beanstandeten Verhalten genannt, darüber hinaus ist dargetan, gegen wen sich der mögliche Anspruch richten soll, und in Absatz 2 des unter Ziffer I lit. a) aufgeführten Sachverhaltskomplexes ist das Kaufpreisvolumen mit rund 3,2 Mio. Euro beziffert.

Entsprechendes gilt hinsichtlich des Sachverhalts, wie er unter TOP 7, Ziffer I lit. b) aufgeführt ist. Danach ist Gegenstand der Überprüfung ein Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Verkauf der Beteiligung an der C. GmbH, E. zum 1.1.2011 an eine Gesellschaft der U. SE-Gruppe zu einem niedrigen Preis. Der Sachverhaltskomplex ist insofern umrissen, als Übergangsstichtag und Kaufpreis genannt sind.

Soweit die Klägerin U. SE meint, es fehle angesichts der auch im Jahr 2011 viele hundert Konzerngesellschaften umfassenden U.-SE Gruppe auch hier an einer hinreichenden Individualisierung der Beteiligten, trifft dies nicht zu.

Auch bezogen auf den Sachverhaltskomplex zu Ziffer I lit. c sind vorgeblicher Tatbeitrag und pflichtwidriges Verhalten hinreichend individualisierbar umrissen. Gegenstand der Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
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sind die von der U. SE veranlassten, seit 2009 bestehenden Darlehensbeziehungen mit Unternehmen des U. SE – Konzerns durch Vereinbarung nicht marktgerechter Zinsen sowie nicht marktgerechte Kreditkommissionen und sonstige Kommissionen sowie das Unterlassen der Wahrnehmung günstigerer Finanzierungsalternativen.

Dass der Sachverhalt zum Zeitpunkt der Beschlussfassung einen Zeitraum von „nahezu sechs Jahren“ umfasste, wie die Klägerin U. SE ausführt (Seite 7 des Schriftsatzes vom 27.01.2016 – gemeint wohl: „27.01.2017“ -, Bl. 926 d. A.), steht für sich genommen einer Eingrenzbarkeit und Individualisierung des Sachverhalts nicht entgegen, und eine Eingrenzung ist dergestalt erfolgt, dass zur Überprüfung gestellt wird, dass eine Deckung über Barkredite bei der U. SE über die für die jeweils genannten Volumina für die genannten Jahre von 2009 bis 2012 erfolgte. Soweit die Klägerin U. SE meint, die Erläuterung der angegebenen „Entwicklung der Kreditinanspruchnahme“ sei fehlerhaft dargestellt, vermag dies an der Individualisierbarkeit des Lebenssachverhalts nichts zu ändern.

Soweit der Sachverhalt zur Überprüfung gestellt wird, der einen Vermögensschaden der Gesellschaft durch den im Dezember 2012 mit der U. SE abgeschlossenen Darlehensvertrag im Gesamtvolumen von bis zu Euro 120 Mio. im Hinblick auf dessen fehlende Marktüblichkeit zum Gegenstand hat (Ziffer I, lit. d), ist auch dieser Sachverhalt hinreichend individualisiert und umrissen.

Soweit die Klägerin U. SE meint, der Beschluss sei offensichtlich das Ergebnis einer Vermischung der verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten und -instrumente der Beklagten, da einerseits eine syndizierte Avalkreditlinie mit einem Gesamtkreditvolumen von bis zu 2 Mrd. EUR und einer Laufzeit von fünf Jahren bestanden habe, anderseits bilaterale Avalkreditlinien und revolvierend ausnutzbare Barkreditlinien von Banken sowie der Klägerin U. SE bestanden hätten, und sich aus dem Beschluss nicht ergebe, aus welchem Darlehensvertrag Ersatzansprüche gegen die Klägerin U. SE geltend gemacht werden sollten (S. 8 des Schriftsatzes vom „27.01.2016“ – gemeint wohl: 27.01.2017 -, Bl. 927 d. A.), vermag dies die Annahme fehlender Individualisierbarkeit nicht zu stützen, da dies die Frage betrifft, ob Schadensersatzansprüche berechtigt sind, nicht jedoch den zur Überprüfung gestellten Lebenssachverhalt, der durch das Gesamtvolumen und die in den Verträgen bezeichneten Parteien (Kreditgeber und Kreditnehmer) eingegrenzt ist. Vorgebliche Pflichtverletzung und der Tatbeitrag sind konkretisierbar, da mitgeteilt wird, zwischen welchen Beteiligten sich die Transaktion vollzogen habe soll, welchen ziffernmäßigen Betrag diese zum Gegenstand hatte und worum es sich dem L5 nach handelte.

Bezogen auf den Sachverhalt, wie er Gegenstand von Ziffer I lit. e) ist, nämlich die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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wegen eines Vermögensschadens der Gesellschaft durch die von der U. SE veranlasste Gewährung von Großmutterzuschüssen in Höhe von 276,2 Mio. Euro an die E2J1E2 F F1 AG („E2J1E2“) sowie die Akquisition konzernverbundener Unternehmen der U. SE durch die E2J1E2, insbesondere infolge von Überbewertungen der von der U. SE eingebrachten Beteiligungen, gilt, dass dieser Sachverhalt eingrenzbar und individualisierbar ist.

Soweit die Klägerin U. SE behauptet, der vermeintlich anspruchsbegründende Lebenssachverhalt sei gänzlich falsch wiedergegeben, und der Großmutterzuschuss sei von der Beklagten nicht an die E2J1E2 gewährt worden, genauso wenig habe die E2J1E2 konzernverbundene Unternehmen akquiriert, und es seien auch keine Beteiligungen im Wege einer Sacheinlage in de E2J1E2 eingebracht worden (S. 8 des Schriftsatzes vom „27.01.2016“ – gemeint wohl: 27.01.2017 -, Bl. 927 d. A.), betrifft dies nicht die Individualisierung eines tatsächlichen Geschehens, sondern die Frage, ob ein behauptetes tatsächliches Geschehen sich so oder anders ereignet hat, mithin die materiell – rechtliche Frage, ob ein umrissener Sachverhalt Ersatzansprüche rechtfertigt oder nicht. Mit der Frage der Individualisierbarkeit hat dies nichts zu tun. Die Einwände der Klägerin U. SE greifen daher nicht durch. Ebenso wenig kommt es bezogen auf die Frage, ob der Lebenssachverhalt hinreichend genau umrissen ist, darauf an, ob – wie der Streithelfer der Klägerin T. AG Dr. J. behauptet – der Vorstand der Beklagten Entscheidungen auf einer nicht angemessenen Informationslage getroffen und sein berechtigtes Informationsbegehren blockiert hat oder ob das Gegenteil der Fall ist, wie die Beklagte behauptet (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 02.03.2017, S. 2).

Gegenstand von Ziffer I lit. f) des Beschlusses der Hauptversammlung der Beklagten ist die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Geltendmachung von Ersatzansprüchen
wegen eines Vermögensschadens der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb von ausgewählten VerkehrswegeC3- und C3stoffaktivitäten sowie der F. M. Z. GmbH und Co KG, der M. B. GmbH & Co KG und der D Hartschotterwerg H. N. & A. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
von der F. M. AG, O-G, im Jahr 2010 zu einem überhöhten Kaufpreis.

Bedenken bezogen auf die Individualisierbarkeit des tatsächlichen Geschehens bestehen im Hinblick darauf nicht, dass die Vertragspartner sowie der Inhalt des beanstandeten Rechtsgeschäfts mitgeteilt werden. Was unter „ausgewählten VerkehrswegeC3- und C3stoffaktivitäten“ zu verstehen ist, ergibt sich dabei aus Ziffer I lit. f) Absatz 2, wonach die durch Tochtergesellschaften der U. AG 2010 von der U. SE erworbenen VerkehrswegeC3- und C3stoffaktivitäten sowie der Erwerb von drei Gesellschaften Gegenstand von Schadenersatzansprüchen sein sollen. Diese Angaben reichen aus, um das tatsächliche Gesehen als hinreichend konkret umrissen anzusehen.

Nicht gehört werden kann die Klägerin U. SE mit ihrem Einwand, der Beschluss lasse nicht erkennen, in welcher Weise es zu einem Schaden der Beklagten gekommen sein solle, denn bei der Beklagten könne allenfalls ein mittelbarer Schaden entstanden sein, weil sich der Wert ihrer Beteiligung an diesen Gesellschaften entsprechend verringert habe, sofern – unterstellt – bei den Tochtergesellschaften der Beklagten ein unmittelbarer Schaden entstanden sei. Denn ob – und ggfs. in welcher Höhe – ein Schaden entstanden ist, ist nicht im Rahmen der Frage von Bedeutung, ob den Voraussetzungen des § 147 AktG an die Individualisierung eines Tatbeitrags oder einer Pflichtwidrigkeit Genüge getan ist, sondern im Rahmen der Frage, ob ein materiell – rechtlicher Anspruch tatsächlich besteht oder nicht.

Soweit der Beschluss unter Ziffer I lit. g) die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Geltendmachung von Ersatzansprüchen
wegen eines Vermögensschadens der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb von drei Grundstücken der F. M. GmbH 2011 zu einem überhöhten Kaufpreis zum Gegenstand hat, ist hiergegen im Hinblick auf die Bestimmtheitsanforderungen des § 147 AktG nichts zu erinnern. Denn der Gegenstand der Überprüfung ist sowohl sachlich – gegenständlich, als auch zeitlich sowie bezogen auf die beteiligten Personen hinreichend genau umrissen. Da die Grundstücke im Eigentum der F. M. GmbH gestanden haben sollen, hängt die Individualisierung nicht – wie die Klägerin U. SE meint – von zufälligen Umständen ab.

Ebenso sind die Parteien des Rechtsgeschäfts sowie der konkrete Erwerbsvorgang sowie die vorgebliche Pflichtverletzung und der Tatbeitrag im Beschluss aufgeführt, soweit er einen Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Erwerb der I1 L1 C1 GmbH von der U. SE – Gruppe zu einem überhöhten Kaufpreis zum Gegenstand hat, vgl. Ziffer I lit. h) des streitgegenständlichen Beschlusses der Beklagten. Durch Mitteilung von Datum („Ende Dezember 2011“), Erwerberin („U. B3 GmbH“) und Gegenstand des Rechtsgeschäfts ist die die hinreichende Individualisierbarkeit gegeben. Die vorgebliche Pflichtverletzung soll in der Zahlung eines überhöhten, d. h. nicht marktgerechten Preises gelegen haben. Ohne Belang ist es dabei – entgegen der Auffassung der Klägerin U. SE – dass die Veräußerin nicht genannt gewesen sein soll, denn der tatsächliche Vorgang ist hinreichend genau umrissen.

Nach Ziffer I lit. i) des streitgegenständlichen Beschlusses ist Gegenstand der Überprüfung von möglichen Ersatzansprüchen auch ein Vermögensschaden, der der Gesellschaft durch von der U. SE veranlasste nicht marktgerechte Darlehensvereinbarungen mit und den Verkauf der G2 T2 a. s., Q/U1 („E1T1Q1“) an eine Tochtergesellschaft der E2J1E2 zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis entstanden sein soll. Der Sachverhalt ist individualisierbar angegeben und ausreichend konkret umrissen. Eine Individualisierung war und ist der Klägerin U. SE auch möglich, was sich daraus ergibt, dass sie selbst als Veräußerin die L2 + X C3 GmbH bezeichnet (S. 11 des Schriftsatzes vom 27.01.2017, Bl. 930 d. A.), denn sie beruft sich darauf, dass etwaige Schäden unmittelbar bei dieser Gesellschaft und nicht bei der Beklagten entstanden seien. Mit letzterem Einwand kann sie bezogen auf die Bestimmtheitsanforderungen der Regelung des § 147 AktG nicht gehört werden, da dies eine Frage der materiell – rechtlichen Begründetheit möglicher Schadensersatzansprüche ist.

Entsprechendes gilt für den weiteren Vortrag der Klägerin T. AG, dass die unterstellten, nicht marktgerechten Darlehensbedingungen für die E1T1Q1 sogar vorteilhaft gewesen wären, da die E1T1Q1 die Kreditgeberin und nicht Kreditnehmerin gewesen sei. Gesichtspunkte einer möglichen Begründetheit von Ansprüchen sind nicht bereits (vorgreiflich) bei der Frage zu erörtern, ob die Ansprüche, derer sich die Beklagte berühmt, tatsächlich (in voller Höhe) bestehen oder nicht.

Schließlich ist auch der Inhalt des Beschlusses unter Ziffer I lit j) nicht zu beanstanden. Dort heißt es, dass Gegenstand möglicher Ersatzansprüche sein soll ein Vermögensschaden der Gesellschaft durch den von der U. SE veranlassten Verkauf der L2 V1 AG („L3“) an die J2 M1 GmbH zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis (Bl. 145 AH I). Tatbeitrag und vorgebliche Pflichtwidrigkeit sind ausreichend konkret umrissen, und Bedenken gegen die Individualisierung bestehen auch nicht im Hinblick auf den von der Klägerin U. SE vorgebrachten Einwand, dass der Beschluss fehlerhaft sei, da eine L2 V1 AG nicht existiere, tatsächlich die L2 V1 GmbH von der L2 + X C3 GmbH veräußert worden sei. Denn hierbei handelte sich um eine unbeachtliche Falschbezeichnung bei gleichzeitig unproblematischer Eingrenzbarkeit, da der zugrundeliegende Sachverhalt hinreichend genau umrissen ist.

Da bereits aufgrund der genannten Erwägungen der Inhalt der Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten zu TOP 7 Ziffer I lit. a) – j) Bedenken im Hinblick auf die Bestimmtheit der dort aufgeführten Sachverhalte nicht begegnet, kann offenbleiben, ob der im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigen des Streithelfers zu 2) der Beklagten vom 27.01.2017 (Bl. 820 ff. d. A.; Anl. MHP 16, Bl. 857 ff. d. A.) aufgeführte – unstreitige – Vortrag des Inhalts, dass Mitarbeiter der Rechtsabteilung der Beklagten am 09. Dezember 2015 Ablichtungen der vom Vorstand der Beklagten erstellten Unterlagen (VorstanE1T1Q1rotokolle, Verträge, notarielle Urkunden und Gutachten) an den besonderen Vertreter übermittelten (dies unter Gliederung und Aufnahme der Unterlagen in gesonderte Ordner gemäß lit. a) bis lit j), vgl. Anl. MHP 16, Bl. 857 ff. d. A., entsprechend dem von der Hauptversammlung gefassten Beschluss) dahingehend zu werten ist, dass dem Vorstand der Beklagten jeweils vollkommen klar war, von welchen zehn anspruchsbegründenden Sachverhalten in den Hauptversammlungsbeschlüssen die Rede war.

Der Inhalt der schriftlichen Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten des Streithelfers der Klägerin T. AG U. SE im Schriftsatz vom 27.01.2017, eingegangen bei Gericht am 31.01.2017 (Bl. 1042 ff. d. A.), gibt dem Senat dabei keinen Anlass, von den angestellten rechtlichen Erwägungen abzurücken.

Soweit mit Schriftsatz vom 02.03.2017 des Prozessbevollmächtigten des Streithelfers der Klägerin U. SE unter Bezugnahme auf den Schriftsatz der Gegenseite vom 18.02.2017 (Bl. 1188 ff. d. A.) vorgetragen wird (Bl. 1249 d. A.), der gegnerische Schriftsatz enthalte nach erster Durchsicht diverse unzutreffende Behauptungen, vermag dies schon deswegen eine hiervon abweichend Beurteilung nicht zu rechtfertigen, da nicht mitgeteilt wird, welche Behauptung unzutreffend sein soll. Ein entsprechender Hinweis des Senats war insoweit nicht veranlasst.

bb) Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 136 Abs. 1 AktG vor. Soweit die Klägerin U. SE meint, sie sei zu Unrecht von der Abstimmung ausgeschlossen worden, da ein Stimmverbot aus § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG nur in Betracht komme, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für das Bestehen der Ansprüche vorlägen, und die entsprechenden Behauptungen seien nur erfolgt, um sie als Mehrheitsaktionärin rechtsmissbräuchlich von der Abstimmung auszuschließen, kann sie hiermit nicht durchdringen.

Denn die Klägerin T. AG U. SE ist durch den Umstand, dass es – auf ihren eigenen Antrag hin (Bl. 92 AH I – 91 O 30/15 – LG L.) – zu einer getrennten Abstimmung nach Ansprüchen, die sich gegen den Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten einerseits, gegen sie selbst und ihre gesetzlichen Vertreter andererseits, kam, nicht beschwert, und es liegen keine solchen Umstände vor, die insoweit den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Gegenseite rechtfertigen würden: Wäre es nicht zu getrennten Abstimmungen gekommen, sondern bei einer einheitlichen Abstimmung verblieben, wäre die Klägerin U. SE nicht nur daran gehindert gewesen, an der Abstimmung teilzunehmen, die Ansprüche gegen sie betraf, sondern sie wäre darüber hinausgehend insgesamt nicht zur Abstimmung befugt gewesen, d. h. auch insoweit nicht, als Ansprüche gegen Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten geltend gemacht werden sollten.

cc) Schließlich sind die Beschlüsse nicht deshalb mit Erfolg anfechtbar, weil konzernrechtliche Ansprüche gegen das beherrschende Unternehmen nach § 317 AktG nicht von § 147 AktG erfasst seien. Das Gegenteil trifft zu. Geltend machen kann der besondere Vertreter auch die unter Nr. 1 Satz 1 des Hauptversammlungsbeschlusses aufgeführten Schadensersatzansprüche nach § 317 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 318 Abs. 1 und 2 AktG. Der Wortlaut der Regelung des § 147 Abs. 1 AktG schließt konzernrechtliche Verstöße insoweit ein, als diese Maßnahmen der Geschäftsführung der beherrschten Gesellschaft darstellen. Wenn aber die Vorschrift des § 147 AktG bereits für die aus solchen Maßnahmen resultierenden Ersatzansprüche gegen Vorstand und Aufsichtsrat gilt, so legt das in § 318 AktG ausdrücklich angeordnete, bei anderen abhängigkeitsbedingten Geschäftsführungsverstößen von Vorstand und Aufsichtsrat aber ebenfalls anzunehmende (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, Urteil vom 27.08.2008 – 7 U 5678/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 37; Hüffer, AktG, a.a.O., § 318 Rn. 10; Koppensteiner in: L.er Kommentar zum AktG, 2. Auflage, § 318 Rn. 10) Gesamtschuldverhältnis mit dem Ersatzpflichtigen nach § 317 AktG nahe, dass § 147 AktG auch auf die Ersatzansprüche gegen das herrschende Unternehmen angewandt werden kann (vgl. Holzborn/Jänig in: Bürgers/Körber, Aktiengesetz, 4. Aufl. 2017, § 147 Ziffer 1; Spindler in: Schmidt, K./Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 147 Rdnr. 4).

Hinzu kommt die nahezu identische Zielrichtung der Haftungstatbestände des § 117 AktG und des § 317 AktG. Ersatzansprüche nach § 117 AktG sind in § 147 AktG ausdrücklich genannt, weshalb die Minderheit erzwingen kann, dass solche Ansprüche gegebenenfalls auch gegen eine beherrschende Gesellschaft geltend gemacht werden. Bei einer faktischen Beherrschung decken sich die nebeneinander anwendbaren Haftungstatbestände nach § 117 AktG und § 317 AktG weitgehend, wobei die an Vorsatz geknüpfte Haftung nach § 117 AktG allerdings kaum praktische Bedeutung erlangt, weil der insofern weitere § 317 AktG die Fälle des § 117 AktG mit umfasst. Im Hinblick auf diesen engen dogmatischen Zusammenhang ist nicht davon auszugehen, dass § 147 AktG nur Ansprüche aus § 117 AktG, nicht jedoch die im Ansatz gleichartige, aber schärfere Haftung des herrschenden Unternehmens nach § 317 AktG erfassen will. Die Geltung des § 147 AktG auch für konzernrechtlichen Ansprüche entspricht zudem dem Sinn und Zweck der Bestimmung. Die Vorschrift will die tatsächliche Geltendmachung bestimmter Ersatzansprüche der Gesellschaft sichern, wodurch dem das pflichtgemäße Verhalten bewirkenden Haftungsdruck für die Organe Nachdruck verliehen werden soll (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
a. a. O. unter Hinweis auf BT-Drucks. 15/1592, S. 19 ff.; Schröer in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., § 147 Rn. 6). Bei Ansprüchen gegen das herrschende Unternehmen besteht die gesteigerte Gefahr, dass die Organe des beherrschten Unternehmens sie unter dem Einfluss des herrschenden Unternehmens nicht von sich aus geltend machen. Dann aber wäre es kaum nachvollziehbar, wenn ausgerechnet hier die Möglichkeit versagt bliebe, eine widerstrebende Verwaltung zur Klage zu zwingen, und hierfür spricht auch die Zielrichtung des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22.09.2005, BGBl. I S. 2802 (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
a. a. O.). Mit den Änderungen der §§ 147 bis 149 AktG sollte der Minderheitenschutz der Aktionäre nicht geschwächt, sondern gestärkt werden (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, a. a. O. unter Hinweis auf BT-Drucks. 15/5092, S. 20). Aus der Tatsache, dass bei dieser Novellierung konzernrechtliche Ansprüche unerwähnt blieben, kann daher nicht geschlossen werden, dass sie von § 147 AktG nicht (mehr) erfasst sein sollten (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
a. a. O.). Über den Wortlaut des § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG hinaus betrifft die Vorschrift daher auch Ansprüche aus dem Konzernverhältnis (Spindler in: Schmidt, K./Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 147 Rdnr. 4).

B. Berufungen im Verfahren – 18 U 21/16 – OLG L. (= 91 O 31/15 Landgericht L.), jetzt verbunden mit dem führenden Verfahren – 18 U 19/16 – OLG L.

Die Berufung der Klägerin T. AG und ihres Streithelfers ist zulässig aber unbegründet (siehe dazu nachfolgend Ziffer 1), ebenso die Berufung der Beklagten und deren Streithelferin zu 5), der U. SE (siehe dazu nachfolgend Ziffer 2).

Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung, § 513 ZPO:

1. Berufung der Klägerin T. AG und ihres Streithelfers Dr. J.

a) Die Berufung der Klägerin T. AG ist zulässig, insbesondere statthaft, ebenso die Berufung ihres Streithelfers Dr. J..

Der Streithelfer ist als natürliche Person parteifähig, § 50 ZPO. Ob der Streithelfer beim Beitritt der ihm als besonderem Vertreter zugewiesenen Aufgaben als Organ oder Organmitglied handelte, ist für seine Rechts- und Parteifähigkeit ohne Bedeutung (BGH, Beschluss vom 28.04.2015 – II ZB 19/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14). Er hat als besonderer Vertreter ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Gesellschaft im Anfechtungsstreit um seine Bestellung und über die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen (BGH a. a. O., Rdnr. 17). Das Interventionsinteresse folgt aus der Gestaltungswirkung einer Entscheidung, die seine Bestellung und die Verfolgung von Ersatzansprüchen für nichtig erklärt (BGH a. a. O., Rdnr. 19).

b) Die Berufung der Klägerin T. AG ist aber unbegründet. Das Landgericht hat die Klage bezogen auf den Klageantrag zu Ziffer I, Nr. 1 – Nr. 20, zu Recht abgewiesen, da die Klage bezogen hierauf zulässig aber nicht begründet ist.

(1) Die von der Klägerin T. AG erhobene Anfechtungsklage ist zulässig. Die Anfechtungsklage ist statthaft, §§ 241 ff. AktG, und es besteht ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin T. AG, da der Eintritt der Bestandskraft droht.

(2) Die Anfechtungsklage ist aber nicht begründet, da keine Verletzung des Gesetzes oder der Satzung vorliegt, § 243 Abs. 1 AktG.

aa) Die Klägerin T. AG ist als Aktionärin, die in der Hauptversammlung erschienen ist, die Aktien schon vor der Bekanntmachung der Tagesordnung erworben hatte und die gegen die streitgegenständlichen Beschlüsse Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat, anfechtungsbefugt, § 245 Abs. 1 AktG.

bb) Auch die Anfechtungsfrist nach § 246 Abs. 1 AktG ist eingehalten. Die angegriffenen Hauptversammlungsbeschlüsse datieren vom 19.06.2015. Eingegangen ist die Klage beim Landgericht L. am 17.07.2015 (Bl. 1 d. A.), also binnen der Monatsfrist. Die Zustellungen erfolgten jeweils demnächst i. S. d. § 167 ZPO.

cc) Die Anfechtungsklage ist aber nicht begründet: Der in der Hauptversammlung gefasste Beschluss der Beklagten des Inhalts, dass Schadensersatzansprüche gegen ihren Vorstand und ihren Aufsichtsrat nicht geltend gemacht werden, war nicht rechtswidrig und stellt keinen Verstoß gegen § 136 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. AktG dar.

Nach § 136 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. AktG kann niemand für sich oder einen anderen das Stimmrecht ausüben, wenn darüber Beschluss gefasst wird, ob die Gesellschaft gegen ihn einen Anspruch geltend machen soll.

a. Ein Beschluss, der die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Streithelferin der Beklagten zum Gegenstand hat, sollte nicht gefasst werden. Daher scheidet ein Verstoß gegen § 136 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. AktG unter diesem Gesichtspunkt aus: Die Streithelfern zu 5) der Beklagten hat nicht an einer Abstimmung der Hauptversammlung der Beklagten teilgenommen, die sich darauf bezieht, dass Ansprüche geltend gemacht werden, die sich gegen sie selbst richten sollten.

b. Es liegt auch kein Verstoß gegen die Bestimmung des § 136 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. AktG vor. Soweit die Streithelferin zu 5) der Beklagten beantragt hat, über die zur Abstimmung gestellten Punkte getrennt abzustimmen (vgl. Bl. 88, 89 AH I), ist weder hierin noch in der darauf folgenden Abstimmung ein Rechtsformmissbrauch zu sehen, der einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 136 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. AktG darstellen würde.

Der auf getrennte Abstimmung gerichtete Antrag war rechtmäßig. Ein Geschäftsordnungsantrag, der auf getrennte Abstimmungen abzielt, ist nicht rechtsformmissbräuchlich, so dass der Antrag und der darauf basierende Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden sind. Bei der Frage der einheitlichen oder getrennten Beschlussfassung handelt es sich um eine verfahrenstechnische Vorfrage, welche die Sachentscheidung nicht präjudiziert, so dass keine Gefahr eines „Richtens in eigener Sache“ besteht (vgl. Tielmann/Gahr, AG 2016, 199, 201). Es handelt sich nicht um ein Rechtsgeschäft zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter, sondern um einen Organisationsakt in Form eines Mitverwaltungsrechts, auf welches die Vorschrift des § 136 AktG keine Anwendung findet (vgl. Tielmann/Gahr a. a. O.; Spindler in K. Schmidt, Lutter, 3. Aufl. 2015, § 136 AktG, Rdnr. 329; offengelassen von Stallknecht, Der Besondere Vertreter nach § 147 AktG, 1. Aufl. 2015, S. 64; vgl. auch BGH, Beschluss vom 04.05.2009 – II ZR 166/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 8 zum Stimmverbot nach § 47 GmbHG und Ablehnung der Zusammenfassung von Beschlussanträgen).

c. Keinen Bedenken im Hinblick auf die Regelung des § 136 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. AktG begegnet es, dass die Streithelferin zu 5) der Beklagten an der Abstimmung teilnahm, soweit die Abstimmung die Geltendmachung von Ansprüchen (nur) gegen Mitglieder des Vorstands bzw. des Aufsichtsrats der Beklagten betraf: Zwar war die Streithelferin zu 5) der Beklagten als deren Mehrheitsaktionärin – mittelbar – durch den Beschluss, der auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten zielte, betroffen. Denn dem Inhalt des Tagesordnungspunkts 7 (Bl. 135R AH I – 18 U 21/16 – OLG L.) zufolge soll die Streithelferin der Beklagten an den Rechtsgeschäften der Beklagten mit Dritten – als deren Mehrheitsaktionärin – wie folgt beteiligt gewesen sein:

-lit a): Sie soll den Erwerb von C3stoffaktivitäten durch die Beklagte veranlasst haben;

-lit b): Sie soll veranlasst haben, dass die Beteiligung der Beklagten an der C. GmbH an einer Gesellschaft der U. SE – Gruppe verkauft worden sei;

-lit c): Sie soll veranlasst haben, dass seit 2009 Darlehensbeziehungen eingegangen wurden zwischen der Beklagten und Unternehmen des U. SE – Konzerns mit nicht marktgerechtem Zins/nicht marktgerechten Kreditkommissionen;

-lit d): Sie soll durch Abschluss eines nicht marktgerechten Darlehensvertrags mit der Beklagten (Kreditvergabe über ein Darlehen i. H. v. 120 Mio. EURO an die Beklagte) einen Schaden verursacht haben;

-lit e): Sie soll veranlasst haben, dass Großmütterzuschüsse in Höhe von 276,2 Mio. EUR an die E2J1E2 gewährt wurden;

-lit f): Sie soll einen Erwerb von VerkehrswegeC3- und C3stoffaktivitäten sowie der H1. N3. A1. GmbH und Co KG, der N3. C2. GmbH und Co KG und der C2 O3. I4. O4. und V1 GmbH und Co KG von der Fa. M. AG im Jahre 2010 zu einem erhöhten Kaufpreis veranlasst haben (Bl. 136R AH I);

-lit g): Sie soll veranlasst haben, dass die U. AG in 2011 drei Grundstücke von der Fa. M. GmbH erworben hat zu einem erhöhten Preis;

-lit h): Sie soll veranlasst haben, dass die Beklagte die die I1 L1 C1 GmbH von der U. SE – Gruppe zu einem überhöhten Kaufpreis erworben habe;

-lit i): Sie soll veranlasst haben, dass die Beklagte nicht marktgerechte Darlehensvereinbarungen mit der E1T1Q1 getroffen habe und die E1T1Q1 an eine Tochtergesellschaft der E2J1E2 zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis verkauft habe (Bl. 137 AH I);

-lit. j): Sie soll veranlasst haben, dass die L3 zu einem nicht marktgerechten, zu niedrigen Kaufpreis an die J2 M1 GmbH verkauft worden sei.

Gleichwohl war die Streithelferin zu 5) der Beklagten nicht wegen eines Verstoßes gegen § 136 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. AktG daran gehindert, an der Beschlussfassung hinsichtlich der Frage, ob der besondere Vertreter Ansprüche gegen die Beklagte geltend machen soll, mitzuwirken:

(aa) Die Regelung des § 136 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. AktG, welche die Neutralisierung von Sonderinteressen eines Aktionärs bezweckt, die ihrer Art nach typischerweise dazu führen würden, dass sich die Stimmabgabe nicht am Gesellschaftsinteresse, sondern am Eigeninteresse des Abstimmenden orientiert (vgl. RGZ 60, 172; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
a. Main GmbhR 1990, 79, 81; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, ZIP 2008, 73, 74; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, Urteil vom 03.03.2010 – z U 4744/09, zitiert nach juris, dort Rdnr. 37; LG Frankfurt, Urteil vom 26.02.2013 – 5 O 110/12, zitiert nach juris, dort Rdnr. 46; Vileda, AG 2013, 57, 58; Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141), lautet:

§ 136 AktG Ausschluss des Stimmrechts

(1) Niemand kann für sich oder für einen anderen das Stimmrecht ausüben, wenn darüber Beschluss gefasst wird, ob er zu entlasten oder von einer Verbindlichkeit zu befreien ist oder ob die Gesellschaft gegen ihn einen Anspruch geltend machen soll. Für Aktien, aus denen der Aktionär nach Satz 1 das Stimmrecht nicht ausüben kann, kann das Stimmrecht auch nicht durch einen anderen ausgeübt werden.

(2) Ein Vertrag, durch den sich ein Aktionär verpflichtet, nach Weisung der Gesellschaft, des Vorstands oder des Aufsichtsrats der Gesellschaft oder nach Weisung eines abhängigen Unternehmens das Stimmrecht auszuüben, ist nichtig. Ebenso ist ein Vertrag nichtig, durch den sich ein Aktionär verpflichtet, für die jeweiligen Vorschläge des Vorstands oder des Aufsichtsrats der Gesellschaft zu stimmen.

(bb) Dem Wortlaut der Vorschrift des § 136 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. AktG zufolge ist die Streithelferin zu 5) der Beklagten nicht daran gehindert, das Stimmrecht auszuüben und an der Beschlussfassung mitzuwirken. Denn es handelt sich bei den streitgegenständlichen Beschlüsse nicht um Beschlüsse des Inhalts, dass die Gesellschaft Ansprüche gegen sie geltend machen soll. Vielmehr ist (nach Abtrennung der Beschlussvorlage insoweit, als Ansprüche gegen die Streithelferin selbst isoliert geltend gemacht werden) Gegenstand der Beschlussfassung ausschließlich, ob Ansprüche gegen die Vorstände bzw. Aufsichtsratsmitglieder der Beklagten (und die Streithelferin zu 5) der Beklagten geltend gemacht werden sollen.

Eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 136 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. AktG scheidet aus.

Dies gilt zum einen für die Gesamtanalogie, da es an der erforderlichen Regelungslücke fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1986 – II ZR 73/85; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, Urteil vom 17.03.1995 – 23 U 5930/94, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17; LG Heilbronn, Urteil vom 15.11.1966 – 11 O 93/66, AG 1971, 94, 95; K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 136 AktG Rdnr. 29; offengelassen vom OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
, Urteil vom 31.03.2008 – 8 U 222/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 38). Angesichts der kasuistischen Fassung von § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG spricht die normative Auslegung gegen eine generelle Ausdehnung der Vorschrift, und auch die in § 136 Abs. 1 Satz 2 AktG enthaltene Ausnahmeregelung verdeutlicht den Willen des Gesetzgebers, konkrete Fallgestaltungen zu regeln (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, a. a. O.).

Dies gilt zum anderen aber auch für eine Einzelanalogie bezogen auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt.

Soweit die Zulässigkeit einer Einzelanalogie der Vorschrift des § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG für Fälle einer qualitativ und quantitativ vergleichbarer Interessenlage eines nicht von § 136 AktG direkt erfassten Problems der Stimmrechtsausübung und folgende Fallgruppen vertreten wird, etwa für die Beschlussfassung über die Abberufung eines Aufsichtsratsmitgliedes, das Aktionär ist, aus wichtigem Grund (vgl. K. Schmidt/Lutter a. a. O.), die Beschlussfassung über strafbare Handlungen wie Untreue oder Betrug (K. Schmidt/Lutter a. a. O.), die Beschlussfassung des Inhalts, dass eine Entscheidung, ob gegen einen von einem Stimmverbot erfassten Aktionär ein Anspruch geltend gemacht wird, vertagt werden soll (K. Schmidt/Lutter a. a. O.) oder die Beschlussfassung betreffend die Geltendmachung von Ansprüchen gegen Investmentgesellschaft und Fonds (vgl. LG Frankfurt, Urteil vom 26.02.2013 – 5 O 110/12, zitiert nach juris, dort Rdnr. 46), ist eine der genannten Fallgruppen nicht einschlägig. Vorliegend mangelt es an einer planwidrigen Regelungslücke, denn für den Fall einer ablehnenden Beschlussfassung ist ein Minderheitenschutz über das Recht zur gerichtlichen Bestellung eines Sonderprüfers gewährleistet (vgl. OLG I., Urteil vom 17.08.200 – 11 U 60/01; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Urteil vom 13.01.2006 – 16 U 137/04, zitiert nach juris, dort Rdnr. 67), und im Konzernrecht sind mit den §§ 312 ff. AktG Regelungen enthalten, die dem Zweck dienen, Sonderinteressen des beherrschenden Aktionärs zu neutralisieren (vgl. Tielmann/Gahr, AG 2016, 199, 204).

Der Schutzzweck der Vorschrift des § 136 AktG, der darin besteht, dass kein Aktionär „Richter in eigener Sache“ sein soll, wenn das Gesellschaftsvermögen zugunsten der Gesamtheit der Gesellschafter typischerweise des Schutzes gegenüber einzelnen Gesellschaftern bedarf (vgl. BGHZ 105, 324, 333; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Urteil vom 03.03.2010 – 7 U 4744/09, zitiert nach juris, dort Rdnr. 37; vgl. Nietsch, a. a. O., S. 616, Fn. 131), wird dann nicht berührt, wenn nicht die Gefahr im Raume steht, dass die Geltendmachung der Ansprüche insgesamt vereitelt wird, und dies ist nicht der Fall, da bei der Beschlussfassung über die Geltendmachung von Ansprüchen gegen sich selbst die Mehrheitsaktionärin ausgeschlossen ist (vgl. Tielmann/Gahr, a. a. O., S. 205). Die Regelung des § 136 AktG dient nicht dazu, Interessenkonflikte zwischen Mehrheits- und Minderheitsaktionärin zu regeln (vgl. Neumann/Siebert, DB 2006, 435, 438) und macht den Willen des Gesetzgebers deutlich, konkrete Fallgestaltungen zu erfassen (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Urteil vom 17.03.1995 – 23 U 5930/94, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17). Die in § 136 Abs. 1 AktG genannten Stimmverbote sollen eine Einflussnahme von verbandsfremden interessen vermeiden, es wird jedoch nicht an diesen Gedanken anknüpfend ein allgemeines Stimmverbot für jeglichen Fall der Gefahr des Einflusses von verbandsfremden Sonderinteressen normiert, sondern erfasst werden nur bestimmte typisierte Interessenkonflikte (vgl. Zöllner in: L.Komm AktG, § 136 Rdnr. 3 u. Rdnr. 6; Holzborn in: Bürgers/Körber, Aktiengesetz, 4. Aufl. 2017, § 136 Ziffer I).

Gegen die Annahme einer (Einzel-) Analogie spricht zudem, dass dies auf Kosten der Rechtssicherheit ginge und das sachgerechte Zusammenwirken der Gesellschafter in Frage stellen könnte (zu vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1986 – II ZR 73/85, zitiert nach juris, dort Rdnr. 11 zu § 47 Abs. 4 GmbHG; BGHZ 68, 107, 109; BGHZ 80, 69, 71). Die Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Interessen der Gesellschaft
sind dadurch gewahrt, dass das Abstimmungsverhalten am Maßstab der mitgliedschaftlichen Treuepflicht gemessen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.2012 – II ZR 230/09, zitiert nach juris, dort Rdnr. 33 a. E. zu § 47 GmbHG) und zudem die Verfolgung von Ansprüchen gegen die Mehrheitsaktionärin möglich bleibt. Da die Mehrheitsaktionärin bei der Beschlussfassung von Ansprüchen gegen sich selbst unmittelbar dem Stimmverbot des § 136 Abs. 1 AktG unterliegt, besteht insofern nicht die Gefahr, dass die Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft insgesamt vereitelt würde (vgl. Tielmann/Gahr, a. a. O., S. 205; vgl. auch OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Beschluss vom 18.02.2006 – 12 W 185/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 78 für die vollständige Vereitelung von Rechten der Minderheitsaktionäre auf Sonderprüfung nach § 142 AktG).

cc) Eine Ausweitung des Stimmverbots nach § 136 Abs. 1 3. Alt. AktG unter dem Gesichtspunkt, dass eine innere Verbundenheit dergestalt vorliegt, dass der Geltendmachungsbeschluss gegen die Organe der Gesellschaft eine Pflichtverletzung erfassen solle, welche auch dem vom Stimmverbot betroffenen Aktionär zur Last gelegt werde (vgl. dazu Stallknecht, Der besondere Vertreter nach § 147 AktG, 1. Aufl. 2015, S. 65; Nietsch, ZGR 2011, 589, 606, Verhoeven, ZIP 2008, 245, 252) ist nicht vorzunehmen.

Ist das Interesse und somit auch das Ausmaß des Interessenkonflikts für mehrere Gesellschafter identisch, kommt der in der Bestimmung des § 47 Abs. 4 GmbHG (und die Vorschrift ist der Regelung des § 136 AktG insofern vergleichbar, vgl. BGH, Beschluss vom 12.07.2011 – II ZR 58/10, zitiert nach juris) enthaltene Grundgedanke des Stimmverbots zum Tragen, dass nämlich ein Gesellschafter nicht Richter in eigener Sache sein darf (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1986, a. a. O., Rdnr. 11). Ausgeschlossen ist der Gesellschafter nach § 47 Abs. 2 Satz 1 GmbHG von der Abstimmung, wenn es um seine Entlastung, also die Billigung oder Missbilligung seiner Geschäftsführung geht. Das an diesen Fall einer Interessenkollision geknüpfte Stimmverbot ist der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgend über den Gesetzeswortlaut hinaus für alle Gesellschafterbeschlüsse generalisierungsfähig, die darauf abzielen, das Verhalten eines Gesellschafters ähnlich wie bei der Entlastung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zu billigen oder zu missbilligen (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1986, a. a. O., zitiert nach juris, dort Rdnr. 11).

Um die Frage der (Miss-) Billigung geht es danach regelmäßig auch, wenn die Gesellschafter beschließen, ob sie einen Mitgesellschafter wegen einer Pflichtverletzung zur Rechenschaft ziehen oder nicht. Der Gesellschafter, um dessen unmittelbare Inanspruchnahme es geht, kann den ihm vorgeworfenen Sachverhalt nicht unbefangen beurteilen und ist deshalb ausdrücklich nicht stimmberechtigt, und in demselben Maße befangen sind auch die Gesellschafter, die mit ihm die Pflichtverletzung gemeinsam begangen haben. Geht es um den Vorwurf gemeinsamer Verfehlungen, so ist die gegen einen Mittäter erhobene Beschuldigung auch „eigene Sache“ der übrigen Beteiligten, die also – wenn sie das Verhalten des Mittäters zu beurteilen haben – zugleich ihr eigenes Fehlverhalten zu billigen oder zu missbilligen hätten. Dieses Richten in eigener Sache ist ihnen versagt, so dass alle Gesellschafter, gegen die wegen einer gemeinsam begangenen Pflichtverletzung Ersatzansprüche geltend gemacht und gerichtlich durchgesetzt werden sollen, von der Abstimmung darüber ausgeschlossen sind (BGH, a. a. O.; BGH, Urteil vom 12.06.1989 – II ZR 246/88, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17; BGH, Urteil vom 04.05.2009 – II ZR 166/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 11; BGH, Urteil vom 07.02.2012 – II ZR 230/09, zitiert nach juris, dort Rdnr. 19; BGH, Urteil vom 07.04.2003 – II ZR 193/02, zitiert nach juris, dort Rdnr. 10; vgl. Otte, BB 2009, 2729, 2730). Kein Stimmverbot besteht, wenn dem abstimmenden Gesellschafter eine ganz andersartige als die zu beurteilende Pflichtverletzung angelastet wird (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.2012 – II ZR 230/09, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20).

An einer unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlichen, gemeinsam begangenen Pflichtverletzung der Streithelferin zu 5) der Beklagten einerseits, der Beklagten andererseits fehlt es. Die Klägerin T. AG hat insofern nicht hinreichend konkret dargetan, dass – und wie konkret – beide eine Pflicht gemeinsam verletzt, insbesondere kollusiv zusammengewirkt haben sollen oder ihr Verhalten aufeinander abgestimmt haben (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12.06.1989 – II ZR 246/88, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17). Dass – und welche – konkreten Pflichtverletzungen sich wertungsmäßig entsprechen, mit der Folge, dass ein Stimmverbot greift, kann der Senat vorliegend nicht feststellen: Die herrschende Gesellschaft einerseits, die beherrschte Gesellschaft andererseits treffen verschiedene Pflichten, nämlich solche aus § 317 AktG einerseits, solche aus § 93 AktG andererseits. Einer möglichen Personenidentität zwischen Organmitgliedern kommt bei der insoweit zugrunde zu legenden formalen Betrachtungsweise keine Bedeutung zu.

Soweit in der Literatur teilweise verlangt wird, dass bei der Frage, ob ein Stimmrechtsverbot vorliegt, zu prüfen ist, ob sich der beherrschende Gesellschafter durch die Teilnahme an der Abstimmung treuwidrig verhält (vgl. Heckschen, GmbHR 2016, 897, 900), sind die tatsächlichen Voraussetzungen für ein solches treuwidriges Verhalten ebenfalls nicht hinreichend konkret dargetan. Allein der Umstand, dass die Streithelferin der Beklagten zu 5) einerseits, die Beklagte andererseits an den zur Überprüfung gestellten Vorgängen beteiligt sind, reicht insofern nicht aus. Dies lässt weder der Gesetzeswortlaut zu, noch ist der Stimmrechtsausschluss durch die systematische Einordnung der Vorschrift des § 136 AktG, die ebenso wie § 47 GmbG keine Generalklausel vorsieht, gerechtfertigt (vgl. Heckschen, a. a. O. für die Vorschrift des § 47 Abs. 4 GmbHG), und im Hinblick auf die den Aktionären zustehenden Rechte nach §§ 142, 148 AktG besteht auch keine planwidrige Regelungslücke, die es zu schließen gälte.

Gleiches ergibt sich aus rechtlichen Erwägungen. Eine von Vorstand und Aufsichtsrat des beherrschten Unternehmens mit dem beherrschenden Aktionär gemeinsam begangene, unter § 317 Abs. 1 AktG fallende Pflichtverletzung ist ausgeschlossen, weil alleine der beherrschende Aktionär in den Geltungsbereich der Norm fällt. Auch ist das von dem beherrschenden Aktionär beeinflusste Verhalten der genannten Organe für sich gesehen, d.h. alleine aufgrund der Beeinflussung, nicht notwendig haftungsbegründend. Vielmehr müssen die Voraussetzungen der §§ 93, 116 AktG insoweit eigenständig geprüft werden. Denkbar bleibt mithin eine Haftung nur des beherrschenden Aktionärs, wohingegen die genannten Organe, etwa wegen schuldlosen Handelns, von der Haftung frei sind. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, den beherrschenden Aktionär in direkter Anwendung des § 136 Abs. 1 S. 1 AktG betreffend Ansprüche gegen Vorstand und Aufsichtsrat vom Stimmrecht auszuschließen. Der Wortlaut der Norm lässt dies nicht zu. Anlass für eine erweiternde Auslegung besteht wegen der bereits im Ansatz getrennt vorzunehmenden Prüfung von Ansprüchen gegen die genannten Organe und gegen den beherrschenden Aktionär nicht. Eine Analogie ist mangels planwidriger Gesetzeslücke nicht vorzunehmen. Denn die Rechte der Minderheitsaktionäre aus §§ 142, 148 AktG zielen auch und gerade auf eine solche Ausgangssituation ab, so dass der vom Gesetzgeber beabsichtigte Schutz gewährleistet ist.

c) Die Berufung der Klägerin T. AG ist auch bezogen auf Ziffer II des Berufungsantrags (= Ziffer II. Nr. 3 des ursprünglichen Klageantrags), inhaltlich gerichtet auf die Feststellung, dass die Nichtzulassung der Abstimmung über den Beschlussvorschlag zu Tagesordnungspunkt 9 durch den Versammlungsleiter Dr. C in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2015 rechtswidrig war und sie – die Klägerin T. AG – in ihren Rechten verletzt hat, unbegründet.

Es fehlt, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, an der Zulässigkeit der Klage. Die allgemeine Feststellungsklage ist nicht zulässig. Es mangelt am erforderlichen Feststellungsinteresse.

Im Einzelnen gilt hierzu Folgendes:

(1) Maßnahmen des Versammlungsleiters, die wegen Verletzung inhaltlicher Vorgaben rechtswidrig sind, können grundsätzlich nicht selbständig rechtlich angegriffen werden. Eine Kontrolle findet in dem Fall, dass tatsächlich ein Beschluss der Gesellschaft ergangen ist, nur inzidenter statt, d. h. wenn der betroffene Aktionär Beschlüsse der Hauptversammlung wegen eines Fehlers bei der Versammlungsleitung mit der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage angreift, und für eine allgemeine Feststellungsklage besteht neben dieser nachträglichen Kontrolle mangels Rechtsschutzinteresse kein Raum (zu vgl. BGH, Urteil vom 11.11.1965 – II ZR 122/63, zitiert nach juris, dort Rdnr. 19; Drinhausen/Marsch – Barner, AG 2014, 757, 765). Die Rechtmäßigkeit von Geschäftsordnungsmaßnahmen ist im Rahmen der gefassten Sachbeschlüsse nachzuprüfen (BGH a. a. O.).

(2) Mit der Anfechtungsklage kann der Aktionär in dem Fall, dass der Versammlungsleiter einen tatsächlich gefassten, zustimmenden Beschluss nicht konstitutiv feststellt, eine sogenannte positive Feststellungsklage verbinden. Hat die Klage Erfolg, so wird die fehlende konstitutive Feststellung des tatsächlich gefassten zustimmenden Beschlusses durch die entsprechende gerichtliche Feststellung ersetzt (BGH, Urteil vom 13.03.1980 – II ZR 54/78, zitiert nach juris, dort Rdnr. 30 f.; BGH, Urteil vom 20.01.1986 – II ZR 73/85; Schatz, AG 2015, 696, 701).

Für den Fall, dass der Versammlungsleiter zu Unrecht die Ablehnung eines tatsächlich angenommenen Beschlussantrags festgestellt (und damit das Zustandekommen eines zustimmenden Beschlusses vereitelt) hat, wird ein unabweisbares Bedürfnis für die Zulassung der positiven Beschlussfeststellungsklage bejaht (vgl. BGH, Urteil vom 13.03. 1980, a. a. O. Rdnr. 29; Schatz a. a. O.).

(3) Nicht entschieden ist damit die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Handlungen des Versammlungsleiters angegriffen werden können, die nicht die Vereitelung eines in der Hauptversammlung gefassten Beschlusses durch unrichtige Beschlussfeststellung zum Gegenstand haben, sondern den Einwand betreffen, dass der Versammlungsleiter das Zustandekommen eines zustimmenden Beschlusses im Vorfeld dadurch vereitelt, dass er bereits die Abstimmung über den Beschlussantrag und damit die absehbare Annahme durch die Aktionäre verhindert.

Während teilweise eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der positiven Feststellungsklage befürwortet wird (vgl. J. in: J., Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2014, § 246 AktG, Rdnr. 12a), hat er Senat die Frage bereits entschieden und eine solche Ausdehnung abgelehnt (vgl. OLG L., Urteil vom 06.06.2012 – 18 U 240/11, zitiert nach juris, dort Rdnr. 70 f.; wie hier auch OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
, Urteil vom 08.10.2012 – 8 U 270/11, zitiert nach juris, dort Rdnr. 66; LG Dortmund, Urteil vom 15.09.2011 – 18 O 33/10, zitiert nach juris, dort Rdnr. 70; vgl. krit. auch Schatz, AG 2015, 696, 702; Grunewald, AG 2015, 689, 691).

Auf die vom Senat bereits entschiedene Frage kommt es aber im Streitfall nicht an. Denn das klägerische Begehren ist nicht darauf gerichtet, einen hypothetischen Beschluss festzustellen, sondern es erschöpft sich darin, dass festgestellt werden soll, dass der Versammlungsleiter der Beklagten Dr. U1 C in die Rechte der Klägerin als Aktionärin eingegriffen hat (Klageantrag zu Ziffer 1) bzw. dass festgestellt werden soll, dass die Nichtzulassung der Abstimmung über den Beschlussvorschlag zu Tagesordnungspunkt 9 durch den Versammlungsleiter Dr. U1 C in der ordentlichen Hauptversammlung vom 19.06.2015 rechtswidrig war und sie – die Klägerin T. AG – in ihren Rechten verletzt hat.

Dem auf – reine – Feststellung rechtswidrigen Verhaltens bzw. einer daraus resultierenden Schadensersatzpflicht gerichteten Begehren der Klägerin T. AG fehlt es aber an einem schützenswerten Feststellungsinteresse, denn mit Feststellung der falschen Ergebnisfeststellung allein ist ihr nicht geholfen (vgl. BGH, Urteil vom 13.03.1980, a. a. O., Rdnr. 29; vgl. auch Grunewald a. a. O., S. 691, wonach der Beschluss, einen Tagesordnungspunkt nicht zur Abstimmung zu bringen, „kaum sinnvoll angegriffen werden“ könne). Der Beschlussantrag bliebe trotz Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme des Versammlungsleiters erfolglos (zu vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 08.07.2015 – 20 U 2/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 145 a. E.; BGH WM 1964, 1188, 1191, juris Rn. 54), und dies lässt das Rechtsschutzbedürfnis der Klage entfallen.

(4) Soweit in der Literatur bei fehlerhaften Maßnahmen des Versammlungsleiters ausnahmsweise ein besonderes Feststellungsinteresse für den Fall bejaht wird, dass die fehlerhafte Maßnahme des Versammlungsleiters über die Beschlussfassung in der Hauptversammlung hinauswirkt (vgl. Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Aufl. 2011, D 90, Fn. 168; Kubis in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2013, § 119 AktG Rz. 177; Drinhausen/Marsch – Barner a. a. O.), und soweit vertreten wird, dass abseits der Beschlussanfechtung Maßnahmen des Versammlungsleiters unmittelbar angreifbar sein sollen, wenn sie über die reinen Ordnungs- und Leitungskompetenzen hinausgehen – dies soll beispielsweise gelten für Beleidigungen einzelner Aktionäre, die diese im ordentlichen Rechtsweg verfolgen könnten (Kubis a. a. O., Rdnr. 177 a. E.; Drinhausen/Marsch – Barner, a. a. O.) – kann auch unter den genannten Gesichtspunkten ein Feststellungsinteresse der Klägerin T. AG nicht begründet werden:

Da das seitens der Klägerin T. AG angegriffene Handeln des Versammlungsleiters der Beklagten Dr. U1 C gerade dessen Ordnungs- und Leistungskompetenzen betrifft und nicht über sie hinausgeht, ist insofern ein Feststellungsinteresse nicht zu bejahen. Die beanstandete Maßnahme wirkt über die Tätigkeit des Versammlungsleiters in der Hauptversammlung nicht hinaus. Ebenso wenig liegt ein ehrverletzender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht bzw. in den sozialen Geltungsanspruch (der Klägerin T. AG) vor, welcher dazu führen könnte, das erforderliche Feststellungsinteresse zu bejahen.

(5) Ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann auch nicht aus den Grundsätzen abgeleitet werden, die der Bundesgerichtshof für die Feststellung der Nichtigkeit von Beschlüssen des Vorstands oder Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft entwickelt hat.

(aa) Zwar kann der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zufolge unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, eine Klage nach § 256 Abs. 1 ZPO auch auf die Feststellung gerichtet sein, dass zwischen der beklagten Partei und einem Dritten ein Rechtsverhältnis nicht bestehe, wenn dies zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von der Bedeutung ist, der Kläger an einer alsbaldigen Klärung dieses Drittverhältnisses ein rechtliches Interesse hat und das Aktienrecht für die Austragung eines solchen Streits keine abschließende Regelung trifft (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2005 – II ZR 90/03, zitiert nach juris, dort Rdnr. 18).

Danach kann der in seinen Mitgliedschaftsrechten beeinträchtigte Aktionär pflichtwidriges, kompetenzüberschreitendes Organhandeln des Vorstands und des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft bei der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss (§§ 203, 204 AktG) zum Gegenstand einer gegen die Gesellschaft zu richtenden allgemeinen Feststellungsklage (§ 256 ZPO) machen, die – da das Handeln der Geschäftsleitung in Form von Beschlüssen nur entweder rechtmäßig und dann wirksam oder aber rechtswidrig und dann nichtig ist – verfahrenstechnisch auf Feststellung der Nichtigkeit des zugrunde liegenden Vorstandsbeschlusses zu richten ist.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber nicht gegeben. Die Feststellung der Nichtigkeit von Organbeschlüssen ist die Feststellung eines Drittrechtsverhältnisses zwischen den Organen und der Beklagten, an dessen alsbaldiger Klärung, weil es zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist, der klagende Aktionär ein rechtliches Interesse hat, ohne dass das Aktienrecht für die Austragung eines solchen Streits eine abschließende Regelung trifft.

Eine derartige Konstellation ist in der Regel auch dann gegeben, wenn im Rahmen der Ausübung des genehmigten Kapitals die Rechtswidrigkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses der Geschäftsleitung mit gleichzeitigem Bezugsrechtsausschluss und als Folge davon eine Verletzung individueller Mitgliedschaftsrechte, insbesondere des Mitverwaltungs- und des Vermögensrechts des einzelnen Aktionärs geltend gemacht wird (vgl. BGH, a. a. O., Rdnr. 18 und Rdnr. 19).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jedoch im zur Entscheidung stehenden Fall ein Feststellungsinteresse zu verneinen. Vorliegend geht es nicht um eine mit einem Bezugsrechtsausschluss verbundene Kapitalerhöhung, so dass nicht in unzulässiger Weise in die mitgliedschaftlichen Vermögens- und Herrschaftsrechte der Klägerin T. AG, insbesondere das ihr ohne einen rechtmäßigen Ausschluss zustehende Bezugsrecht sowie ihr Dividendenbezugsrecht eingegriffen wird, wie dies in dem vom BGH zu entscheidenden Sachverhalt der Fall war (BGH, a. a. O., Rdnr. 20). Weder haben Vorstand noch Aufsichtsrat unter Überschreitung des ihnen durch Gesetz und den Ermächtigungsbeschluss gesteckten Rahmens pflichtwidrig von genehmigtem Kapital Gebrauch gemacht, noch sich Kompetenzen angemaßt, die ihnen nicht zustehen.

Unabhängig davon, ob der Versammlungsleiter als „Organ“ anzusehen ist (bejahend: Schürnbrand, NZG 2012, 1211, 1212, Poelzig, AG 2015, 476, 478; a. A. Kubis in: Münchener Kommentar, AktG, 3. Aufl. 2013, § 119 Rdnr. 121: Ziemons in: K. Schmidt/Lutter, 3. Aufl. 2015, § 129 Rdnr. 62; Theusinger/Schilha, BB 2015, 131, 137) hat er keine Tätigkeit entfaltet, die von ihrem Umfang oder Inhalt her der Tätigkeit von Vorstand oder Aufsichtsrat vergleichbar ist. Die Aufgaben sowie die Sorgfalts- und Treuepflichten von Vorstand und Aufsichtsrat, welche die permanente Führung der Geschäfte und deren Überwachung betreffen, sind nicht mit den eng begrenzten Aufgaben des Versammlungsleiters vergleichbar (Theusinger/Schilha, BB 2015, 131, 137; von der Linden, NZG 2013, 208, 210).

Damit greift die Überlegung nicht, dass es Sache der Gesellschaft ist, durch ihre Organe Abhilfe zu schaffen oder den betroffenen Aktionären dadurch Genüge zu tun, dass eine erneute Verletzung der Mitgliedschaftsrechte unterbleibt oder bereits eingetretener Schaden kompensiert wird (zu vgl. BGH a. a. O., Rdnr. 19). Dies gilt umso mehr, als der Versammlungsleiter selbst verpflichtet ist, für eine ordnungsgemäße Abwicklung der Hauptversammlung und für eine sachgerechte Erledigung ihrer Tagesordnung in einer angemessenen Dauer zu sorgen (vgl. Theusinger/Schilha, BB 2015, 131, 139), ohne dass Aufgabe der Gesellschaft ist, auf sein Verhalten dergestalt Einfluss zu nehmen, dass er solche Maßnahme unterlässt, die – nach Auffassung einzelner Aktionäre – unzulässig sein sollen. Zur Überwachung des Versammlungsleiters ist der Vorstand der Gesellschaft nicht verpflichtet, auch dann nicht, wenn ein Aufsichtsratsmitglied die Aufgabe übernimmt (vgl. Poelzig, AG 2015, 476, 486).

(bb) Das erforderliche Feststellungsinteresse ist maßgeblich aus folgenden Gründen zu versagen: Die Verletzung individueller Mitgliedschaftsrechte der Klägerin T. AG als Folge des behaupteten pflichtwidrigen Handelns des Versammlungsleiters der Beklagten ist nicht selbst ein Rechtsverhältnis, bei dem es sich um aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandene Rechtsbeziehungen von Personen zu Personen oder von Personen zu Sachen handelt und das dann im Übrigen zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits bestehen würde und nicht zwischen der Aktiengesellschaft und deren Versammlungsleiter, sondern Vorfrage oder Element eines solchen Rechtsverhältnisses (vgl. OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Urteil vom 07.09.2010 – 5 U 187/09, zitiert nach juris, dort Rdnr. 59).

Eine Vorfrage oder ein Element kann aber nicht Gegenstand einer Feststellungsklage oder Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 1, 2 ZPO sein, welche auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses in vorgenanntem Sinne gerichtet sein müssen (vgl. BGH, Urteil vom 4.05.1984 – V ZR 27/83, NDR 1985, 37, zitiert nach juris, dort Rdnr. 21; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
a. a. O., Rdnr. 63).

2. Berufung der Beklagten

a) Die Berufung der Beklagten ist statthaft, insbesondere form- und fristgerecht erfolgt, §§ 511 f. ZPO.

b) Die Berufung der Beklagten ist aber unbegründet, soweit das Landgericht den Anträgen der Klägerin T. AG unter Ziffer II. stattgegeben hat. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

(1) Die Klage ist zulässig. Die positive Beschlussfeststellung der Klägerin T. AG, gerichtet auf Feststellung der Abwahl des Versammlungsleiters durch die Hauptversammlung in Kombination mit der Anfechtung des ablehnenden Bescheids, ist statthaft, da durch die Beseitigung des Ablehnungsbeschlusses mittels der Anfechtungsklage der Weg frei wird für die Feststellung dessen, was tatsächlich beschlossen worden ist. Durch die Beseitigung der Ablehnung ist die Möglichkeit gegeben, den wirkungslos abgelehnten Antrag zur Geltung zu bringen, sofern dann eine mehrheitliche Zustimmung vorliegt (OLG Stuttgart a. a. O., zitiert nach juris, dort Rdnr. 150).

(2) Sowohl die Anfechtungsklage als auch die positive Beschlussfeststellungsklage sind begründet, § 243 Abs. 1 AktG. Die Ablehnung des Antrags auf Abwahl des Versammlungsleiters durch die Hauptversammlung der Beklagten war treuwidrig, und es bestand eine Pflicht zur Abwahl des Versammlungsleiters.

Die Abberufung eines satzungsmäßig bestimmten Versammlungsleiters ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig, insbesondere wenn es der Hauptversammlung auf Grund schwerwiegender Verfahrensverstöße oder aus ähnlichen, ebenso gewichtigen Gründen nicht zumutbar gewesen wäre, an der Person des Versammlungsleiters festzuhalten (vgl. OLG Stuttgart, a. a. O., Rdnr. 160; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Urteil vom 02.10.2012 – 5 U 10/12, zitiert nach juris, dort Rdnr. 61; OLG BremenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Bremen
– Urteil vom 13.11.2009, AG 2010, 256, zitiert nach juris, dort Rdnr. 32; OLG I., Urteil vom 12.01.2001 – 11 U 162/00, AG 2001, 359, zitiert nach juris, dort Rdnr. 89; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Urteil vom 02.10.2012 – 5 U 10/12; zitiert nach juris, dort Rdnr. 61, 68; a. A. Krieger, AG 2006, 355, 363).

Die Abstimmung über einen Abwahlantrag setzt zumindest voraus, dass ein wichtiger Grund in diesem Sinne schlüssig vorgetragen ist (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 08.07.2015 – 20 U 2/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 160; OLG Stuttgart – Beschluss vom 02.12.2014 – 20 AktG 1/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 105; OLG BremenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Bremen
, a. a. O., AG 2010, 256, zitiert nach juris, dort Rdnr. 33 f; OLG I., a. a. O., AG 2001, 359, zitiert nach juris, dort Rdnr. 89; Wicke in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., Anh. § 119 Rdnr. 4), und dies ist vorliegend der Fall.

Zwar ist aus der Zulässigkeit der Abwahl allein nicht zu schließen, dass die Hauptversammlung den Versammlungsleiter abwählen muss, und grundsätzlich steht es im Ermessen der Hauptversammlung, auch bei einem wichtigen Grund weiterhin an der Person des Versammlungsleiters festzuhalten (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 08.07.2015 – 20 U 2/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 160 u. Rdnr. 17). Aus der Treuepflicht der Aktionärsmehrheit gegenüber der Minderheit können sich aber Schranken ergeben, die zu einer Abwahlpflicht führen (vgl. OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Urteil vom 18.03.2008 – 5 U 171/06, NZG 2008, 429, zitiert nach juris, dort Rdnr. 29; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Urteil vom 28.10.2008 – 17 U 176/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 131), und dies ist der Fall, wenn offenbare und schwere Leitungsfehler vorliegen.

Vorliegend ergeben sich derartige offenbare und schwere Leitungsfehler des Versammlungsleiters der Hauptversammlung der Beklagten Dr. C unter zwei Gesichtspunkten:

aa) Der Beschlussvorschlag, der seitens des Versammlungsleiters Dr. C nicht zur Abstimmung gestellt wurde, richtet sich auf die Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
nach § 147 AktG gegen die gegenwärtigen und die seit dem Jahr 2012 ausgeschiedenen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten, zudem gegen die Mehrheitsaktionärin (die Streithelferin der Beklagten) sowie gegen die gegenwärtigen und seit dem Jahr 2012 ausgeschiedenen ehemaligen Vorstandsmitglieder, mithin (auch) gegen den Versammlungsleiter selbst, der Aufsichtsratsvorsitzender der Beklagten sowie Vorstandvorsitzender der Streithelferin der Beklagten ist. Es ist daher zu besorgen, dass der Versammlungsleiter – der unter Beachtung seiner Neutralitätspflicht, des Verhältnismäßigkeits- und Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Gebots des Minderheitenschutzes den ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung gewährleisten soll (vgl. OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Urteil vom 20.10.2010 – 23 U 121/08, zitiert nach juris, dort Rdnr. 110) – dem Anliegen der Klägerin T. AG als Minderheitsaktionärin nicht in der gebührenden Weise gerecht werden kann (vgl. OLG L., Beschluss vom 16.06.2015 – 18 Wx 1/15, zitiert nach juris, dort Rdnr. 11; zustimmend: Schatz, EWiR 2015, 2015, 599; vgl. OLG I., Beschluss vom 16.12.2011 – 11 W 89/11, zitiert nach juris, dort Rdnr. 19, 20; OLG Report Nord 26/2012 Anm. 4; Werner, Anm. zu AG Frankfurt WM IV 1988, 304 in WuB II A § 122 AktG 2.88; Wilsing/Linden, ZIP 2009, 641 f.).

Dieser Umstand ist nicht nur im Verfahren betreffend ein Ergänzungsverlangen nach § 122 AktG von Bedeutung, sondern rechtfertigt, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, die Annahme eines „wichtigen Grundes“ für die Abberufung des VersammlungsleitersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Abberufung
Abberufung des Versammlungsleiters
. Darauf, ob der Versammlungsleiter Veranlassung für das Entstehen des wichtigen Grundes, der seine Abberufung rechtfertigt, gegeben hat, kommt es nicht an, da es geboten ist, zum Zwecke des Schutzes der Minderheitsaktionärin eine objektive Betrachtungsweise zugrunde zu legen.

bb) Der Umstand, dass der Versammlungsleiter der Beklagten Dr. C den Beschlussvorschlag der Klägerin T. AG zur Tagesordnungspunkt 9 nicht zur Abstimmung stellte (Bl. 111R f. AH I – 18 U 21/16 – OLG L.), rechtfertigt ebenfalls die Annahme eines „wichtigen Grundes“ und eines offenbaren und schweren Leitungsfehlers. Denn er hat die Beschlussvorlage „Anträge zum TOP 9:“Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ersatzansprüchen
Geltendmachung von Ersatzansprüchen
nach § 147 AktG und Bestellung eines Besonderen Vertreters, bekanntgemacht im Bundesanzeiger am 26.5.2015″ (Bl. 138R AH I Anlagen zur Klageschrift vom 17.07.15 – 18 U 21/15 – OLG L.)“ rechtswidrig nicht zu Abstimmung gestellt.

Ob und unter welchen Voraussetzungen der Versammlungsleiter befugt ist, eine Beschlussvorlage zur Abstimmung zu stellen oder nicht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

Mit der überwiegenden Ansicht setzt die Befugnis des Versammlungsleiters, einen Sachantrag von der Abstimmung auszuschließen, weil der im Falle seiner Annahme zustande kommende Beschluss rechtswidrig wäre, jedenfalls voraus, dass die Rechtswidrigkeit des erstrebten Beschlusses „evident“ bzw. „offenkundig“ ist (vgl. OLG L., Urteil vom 26.08.2004 – 18 U 48/04, zitiert nach juris, dort Rdnr. 174; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Urteil vom 24.06.2009 – 23 U 90/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 78; Schatz, AG 2015, 696 ff. [697]; Wicke NZG 2007, 772; Martens, WM 1981, 1010, 1015; Mülbert in: Großkomm/AktG, 4. Aufl. 1999, Vor §§ 118 – 147 AktG Rdnr. 114; Zöllner in: L.Komm/AktG, 1. Aufl., § 119 Rdnr. 58; offengelassen von OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Urteil vom 02.10.2012 – 5 U 10/12, zitiert nach juris, dort Rdnr. 62 a. E.; a. A. Oelrichs, GmbHR 1995, 863, 868 für den Fall treuwidrig abgegebener Stimmen).

Danach darf der Versammlungsleiter rechtlich unzulässige Anträge dann nicht zur Abstimmung stellen, wenn der etwa gefasste Beschluss schwere Mängel aufweist und wenn die Mangelhaftigkeit eines entsprechenden Beschlusses evident ist (vgl. OLG L., Urteil vom 26.08.2004 – 18 U 48/04, zitiert nach juris, dort Rdnr. 174).

Soweit vereinzelt vertreten wird, dass bei gravierenden Beschlussmängeln ein Zurückweisungsrecht des Versammlungsleiters nicht davon abhängig ist, dass der Mangel des erstrebten Beschlusses auch „evident“ ist (vgl. Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, S. 147 Rdnr. 43), und soweit teilweise vertreten wird, dass der Versammlungsleiter einen seiner Ansicht nach rechtswidrigen Beschlussantrag auch dann von der Abstimmung ausschließen darf, wenn der Mangel weder gravierend noch evident ist (vgl. Kubis in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2013, § 119 Rz. 151), vermag dem der Senat nicht zu folgen, da dies zu einer unangemessenen Ausdehnung der Befugnisse des Versammlungsleiters führen würde.

Vorliegend war der mit der Beschlussvorlage erstrebte Beschluss nicht „evident“ und „offenkundig“ rechtwidrig: „Evident“ ist die Mangelhaftigkeit des angestrebten Beschlusses, wenn sie in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eindeutig und zweifelsfrei ist und eine abweichende Beurteilung nicht ernstlich vertretbar erscheint (vgl. Schatz a. a. O., S. 698; Zöllner in L.Komm/AktG, 1. Auflage, § 119 AktG Rdnr. 58 i. V. m. § 130 AktG Rz. 15). Das ist der Fall, wenn die Rechtswidrigkeit des mit dem Beschlussvorschlag erstrebten Beschlusses aus einer bereits höchstrichterlich geklärten Rechtsfrage folgt. Dies ist bei der vorliegend zur Entscheidung anstehenden Rechtsfrage nicht der Fall: Weder handelt es sich vorliegend ausschließlich um die Beurteilung einer Rechtsfrage, noch ist es unstreitig, welcher Maßstab an ein Vorbringen nach § 147 AktG anzulegen ist.

Hinsichtlich des im Rahmen der Regelung des § 147 Abs. 1 AktG anzulegenden Prüfungsmaßstabes wird auf vorstehende Ausführungen Bezug genommen, wonach es ausreicht, dass umrissen wird, worin die Pflichtverletzung und der Tatbeitrag bestehen (zu vgl. BGH, Urteil vom 20.01.1986 – II ZR 73/85, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14 zu § 147 GmbHG unter Hinweis auf § 147 AktG; vgl. OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Karlsruhe
, Beschluss vom 16.06.2014 – 11 Wx 49/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 49 und Rdnr. 54). Die Sachverhalte, die den Anspruch begründen, müssen hinreichend genau in dem Sinne bestimmt sein, dass im Falle einer späteren Klageerhebung durch den besonderen Vertreter festgestellt werden kann, ob der Gegenstand der Klage mit den von der Hauptversammlung gemeinten Ansprüchen übereinstimmt (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Urteil vom 28.11.2007 – 7 U 4498/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 40; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Urteil vom 27.08.2008 – 7 U 5678/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 499; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
DB 2004, 177f.; OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Karlsruhe
, Beschluss vom 16.06.2014 – 11 Wx 49/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 49; KG Berlin, Beschluss vom 25.08.2011 – 25 W 63/11, zitiert nach juris, dort Rdnr. 24 f.; LG Stuttgart, Urteil vom 27.10.2009 – 32 O 5/09 KfH, zitiert nach juris, dort Rdnr. 38; Holzborn/Jänig in: Bürgers/Körber, Aktiengesetz, 4. Aufl. 2017, § 147 lit. b; vgl. Westermann, AG 2009, 237, 244). Vorgetragen werden muss danach, welche Transaktionen die Annahme einer Pflichtwidrigkeit rechtfertigen sollen und welcher Art der Schaden sein soll (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Urteil vom 27.08.2008 – 7 U 5678/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 52).

Seitens des Versammlungsleiters war vorliegend bei der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses, der mit der Beschlussvorlage erwirkt werden soll, nicht über eine abstrakte Rechtsfrage, sondern vielmehr über die Frage zu befinden, ob aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts zum TOP 9 (Bl. 138R AH I – 18 U 21/16 – OLG L.), ein Beschluss des Inhalts, Ersatzansprüche nach § 147 AktG geltend zu machen, rechtmäßig oder evident mangelhaft war. Die Beantwortung der Rechtsfrage hing damit vorliegend (unter Heranziehung des zutreffenden rechtlichen Maßstabes) auch und gerade von der Würdigung tatsächlicher Umstände ab. Da der mitgeteilte Lebenssachverhalt rechtlich eingeordnet werden muss, mithin eine Subsumtion anzustellen ist (die ihrerseits in rechtlicher Hinsicht schwierig ist, was der Sachverhalt, der der Entscheidung des OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Urteil vom 27.08.2008 – 7 U 5678/08, zitiert nach juris, dort Rdnr. 50 f., veranschaulicht: teilweise Bestimmtheit/teilweise Unbestimmtheit mitgeteilter Lebenssachverhalte/Anträge), kann bereits aus diesem Grund nicht von einer evidenten Mangelhaftigkeit des nachgesuchten Beschlusses (mit dem Inhalt Blatt 138R AH I – 18 U 21/16 – OLG L.) ausgegangen werden.

Soweit der Versammlungsleiter ausgeführt hat, die vermeintlichen Pflichtverletzungen seien nicht ansatzweise konkretisiert (Bl. 111f. AH I – 18 U 21/16 – OLG L.), trifft dies insoweit nicht zu, als die Handlungen, die zum Schadensersatz verpflichten sollen, in einen Zeitrahmen eingeordnet sind, auch die maßgeblichen geschäftlichen Vorfälle genannt und nach den an ihnen beteiligten Personen dargestellt sind. In der Beschlussvorlage heißt es insofern:

„( … ) Im Jahr 2012 brachte die U. SE verschiedene Konzerngesellschaften und -beteiligungen im Wege von Sacheinlagen in die E2J1E2 ein, während die U. AG auf Veranlassung der U. SE der E2J1E2 Barmittel i.H.v. 276,2 Mio. Euro zur Verfügung stellen musste. Die U. AG hatte die dafür erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung, sondern musste diese über F1verkäufe und Darlehensaufnahme bei der U. SE aufbringen. Die maßgebliche Ursache der o. g. Wertminderungen war, dass die durch die U. SE eingebrachten Beteiligungen zu Lasten der U. AG bereits zum Zeitpunkt der Einbringung überbewertet waren. Die Einbringungswerte wurden nicht sachgerecht ermitteln, sondern überhöht zugunsten der U. SE und zum Nachteil der U. AG festgelegt.

Das Verhalten der vorbezeichneten Verwaltungsmitglieder der Gesellschaft im Zusammenhang mit dem vorstehenden Sachverhalt verletzte ihre Pflichten gegenüber der Gesellschaft. Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft hätten die für die Gesellschaft nachteiligen Geschäfte nicht oder jedenfalls nicht zu den akzeptierten Konditionen vorgenommen. Diese Pflichtverletzungen realisierten sich u.a. in den Wertminderungen zum 31.12.2014. Insbesondere sind die Ansprüche geltend zu machen, die sich daraus ergeben, dass die U. SE seit dem Jahr 2012 Beteiligungen von vornherein überbewertet in die E2J1E2 eingebracht hat.

( … )“

Damit sind die vorgeblichen Tatbeiträge und Pflichtverletzungen hinreichend konkret umrissen.

Wenn der Versammlungsleiter der Hauptversammlung der Beklagten Dr. C ausweislich des Protokolls der Hauptversammlung weiter ausführte (Bl. 112 AH I – 18 U 21/16 – OLG L.), dass eine Wertminderung, die sich mehr als zwei Jahre später zeige, keine Substantiierung einer früheren Wertminderung darstelle und soweit er weiter jede Substantiierung für den Eintritt eines Schadens verneint, ist dieses Argument nicht tragfähig. Denn dass eine Wertminderung vorliegt, stellt er nicht in Abrede, und die Frage, wie genau ein Schaden zu bemessen ist, ist hiervon gesondert zu betrachten, wobei an die Darlegung des Schadens und der Schadenshöhe keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind und die Frage, ob später vom besonderen Vertreter geltend gemachte Ansprüche begründet sind, von der Frage zu unterscheiden ist, ob die entsprechenden Umstände konkret dargetan sind.

Hinsichtlich der Ansicht des Versammlungsleiters, der Antrag sei unzulässig, weil zu exakt demselben Sachverhalt die Bestellung eines Sonderprüfers beantragt worden sei, ist festzuhalten, dass dies ebensowenig für die evidente Mangelhaftigkeit der Beschlussvorlage spricht, denn dem Gesetz lässt sich die vom Versammlungsleiter befürwortete strikte Abgrenzung zwischen den Befugnissen eines Sonderprüfers einerseits, eines besonderen Vertreters andererseits weder entnehmen, noch liegt sie mit Rücksicht auf den Einfluss des Mehrheitsgesellschafters auf Sonderprüfungen nahe (vgl. OLG L., Urteil vom 04.12.2015 – 18 U 149/15, zitiert nach juris, dort Rdnr. 40) und gegen einen strikten Vorrang der Sonderprüfung spricht, dass die Bestellung eines besonderen Vertreters bei einem derart engen Verständnis im Ergebnis weitestgehend bedeutungslos bliebe (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, 28.11.2007 – 7 U 4498/07, BB 2008, 242 m. BB-Komm. Drinhausen; vgl. auch Linnerz, Anm. zu OLG L., Urteil vom 04.12.2015, BB 2016, 337, 338).

Soweit der Versammlungsleiter (Bl. 112R AH I – 18 U 21/16 – OLG L.) darauf abstellt, dass der Antrag auch deshalb unzulässig sei, weil er redundant sei, denn er beziehe sich auf behauptete Pflichtverletzungen, die bereits als Grundlage für die Anträge zu Tagesordnungspunkt 7 gedient hätten, rechtfertigt dies ebenfalls nicht die Annahme einer evidenten Rechtswidrigkeit der Beschlussvorlage. Denn der Beschlussentwurf zu TOP 9 enthält den Vorwurf der Pflichtverletzung des Inhalts, dass die Beklagte zu F1verkäufen und zur Darlehensaufnahme bei ihrer Streithelferin (zu nachteiligen Konditionen) veranlasst worden sei, worauf TOP 7 Ziffer I lit. e) im Einzelnen nicht eingeht, vielmehr auf den Umstand Bezug nimmt, dass die Beklagte Barmittel habe leisten müssen, wohingegen die Streithelferin der Beklagten lediglich Sacheinlagen geleistet habe (Bl. 138R AH I – 18 U 21/16 – OLG L. einerseits, Bl. 136R AH I – 18 U 21/16 – OLG L. andererseits).

Auch ist insofern zu berücksichtigen, dass der Beschlussvorschlag zu TOP 9 den Passus enthält, dass die Beschlussfassung sich mit der Maßgabe verstehe, dass nur solche Ersatzansprüche geltend zu machen seien, die nicht bereits nach einem anderen Beschluss der Hauptversammlung der Gesellschaft nach § 147 Abs. 1 AktG geltend zu machen seien (Bl. 138R AH I – 18 U 21/16 – OLG L. unten), so dass bei Überschneidungen der zugrunde liegenden Sachverhalten ein unnötiges Tätigwerden des besonderen Vertreters auszuschließen ist. Auch insoweit kann daher von einer evidenten Mangelhaftigkeit des erstrebten Beschlusses nicht ausgegangen werden.

Hinzu kommt, dass der Versammlungsleiter der Beklagten ausweislich des Protokolls der Hauptversammlung auf Vorhalt des für die Klägerin T. AG auftretenden Rechtsanwalts H2 – W1 des Inhalts, es könne nicht zu Tagesordnungspunkt 9 anders verfahren werden als zu Tagesordnungspunkt 7, bekundete, er hätte kein Problem damit gehabt, wenn die T. AG rechtzeitig den Antrag gestellt hätte, Herrn Dr. F3 X auch zum Versammlungsleiter für Tagesordnungspunkt 9 zu bestellen dies habe sie indes nicht getan und deshalb sei nunmehr er verpflichtet, über die Zulässigkeit des Antrags zu entscheiden (Bl. 113 AH I – 18 U 21/16 – OLG L. oben). Dies zeigt, dass ihm die Kontroverse um die Frage der inhaltlichen Bestimmtheit der Beschlussvorlage (auch) zu TOP 9 (ebenso wie zur Beschlussvorlage zu TOP 7) bekannt war, insbesondere, dass der gerichtlich (zu TOP 7) bestellte Versammlungsleiter zur Frage der Anforderungen an den Grad der Bestimmtheit einer Beschlussvorlage nach § 147 AktG die gegenteilige Auffassung vertrat.

Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Versammlungsleiter der Beklagten davon ausging, dass die Rechtslage geklärt und die Beschlussvorlage zu TOP 9 „evident rechtswidrig“ war, was umso mehr gilt, als die Beklagte selbst dem Ergänzungsverlangen hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 8 und 9 durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger stattgegeben hatte.

Soweit in der Literatur vertreten wird, dass allein aus dem Umstand, dass der Vorstand einem Ergänzungsverlangen stattgegeben habe, nicht geschlossen werden könne, dass er eine Rechtmäßigkeitsprüfung vorgenommen habe, so dass sich in der Regel nicht ableiten lasse, dass der erstrebte Hauptversammlungsbeschluss nicht an einem evidenten Mangel leiden könne (vgl. Schatz, AG 2015, 696, 700), vermag dem der Senat nicht zu folgen: Beschließt der Vorstand der Gesellschaft, das Ergänzungsverlangen zuzulassen, darf der Versammlungsleiter jedenfalls im Grundsatz und abgesehen von eklatanten Fällen des Rechtsmissbrauchs durch den antragstellenden Aktionär (wofür vorliegend keine Anhaltspunkte gegeben sind) gerade nicht davon ausgehen, dass eine evidente Rechtswidrigkeit der Beschlussvorlage gleichwohl gegeben ist.

Der Vorstand ist derjenige, der verbindlich für die Aktiengesellschaft entscheidet. Ihm stehen die Ressourcen zur Überprüfbarkeit der Rechtmäßigkeit des Einberufungsverlangens zur Verfügung, er und nicht der Versammlungsleiter ist autorisiert, für die Aktiengesellschaft zu handeln, und seine Aufgabe ist es, die Tagesordnung abzuarbeiten und nicht die, Entscheidungen des Vorstands zu überprüfen (vgl. Grunewald, AG 2015, 689, 694).

Der Antrag, den Versammlungsleiter abzusetzen, war nicht offenbar missbräuchlich, nämlich nicht unsachlich, willkürlich oder schikanös (vgl. hierzu Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen, Urteil vom 13.11.2009 – 2 U 57/09, zitiert nach juris, dort Rdnr. 34), so dass der Versammlungsleiter unter diesem Gesichtspunkt nicht befugt und u. U. auch gehalten war, die Abstimmung zurückzuweisen.

Damit war die Nichtannahme der Vorlage zur Abstimmung seitens des Versammlungsleiters der Beklagten – gestützt auf eine evidente Mangelhaftigkeit des Beschlusses – rechtswidrig.

C. Kosten und Nebenentscheidungen

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91, 97, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Auf die Klägerin U. SE entfallen die Kosten der Streithelferin zu 3) der Beklagten und die Kosten der Streithelferin zu 4) der Beklagten. Der Klägerin T. AG ist der besondere Vertreter als Nebenintervenient beigetreten, der Beklagten sind vier Aktionäre bzw. Aktionärinnen beigetreten. Ein Aktionär, der sich an einem von anderen Aktionären gegen die beklagte Gesellschaft geführten Anfechtungsrechtsstreit auf Seiten der Kläger als Nebenintervenient beteiligt, ist im Hinblick auf die sich aus § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG ergebende Rechtskrafterstreckung und Gestaltungswirkung eines stattgebenden Anfechtungsurteils als streitgenössischer Nebenintervenient i. S. v. §§ 66, 69 ZPO anzusehen.

Auf die streitgenössische Nebenintervention sind ausschließlich die Bestimmungen der §§ 101 Abs. 2, § 100 ZPO anzuwenden, die den streitgenössischen Nebenintervenienten kostenrechtlich uneingeschränkt einem Streitgenossen der Hauptpartei gleichstellen (vgl. BGH, Beschluss vom 28.04.2015 – II ZB 19/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 21; BGH, Beschluss vom 3. Juni 1985 – II ZR 248/84, JZ 1985, 853, 854; Beschluss vom 18. Juni 2007 – II ZB 23/06, ZIP 2007, 1337 Rn. 7; Beschluss vom 15. Juni 2009 – II ZB 8/08, ZIP 2009, 1538 Rdnr. 12; Beschluss vom 14. Juni 2010 – II ZB 15/09, ZIP 2010, 1771 Rn. 9; Beschluss vom 15. September 2014 – II ZB 22/13, ZIP 2014, 1995 Rn. 6; LG E., Beschluss vom 18.10.2013 – 35 O 61/12, zitiert nach juris, dort Rdnr. 4 f.).

Unterliegt danach die Klägerseite, haften die Klägerin U. SE und die auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenientin gemäß § 100 Abs. 1 ZPO nach Kopfteilen für die durch die Nebenintervention auf Beklagtenseite verursachten Kosten.

D. Der Senat lässt nach § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zu, da die Voraussetzungen der Vorschrift gegeben sind.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

a) Verfahren 91 O 30/15 LG L. (= 18 U 19/16 OLG L., führendes Verfahren):

550.000,- EUR

b) Verfahren 91 O 31/15 LG L. (= früheres Verfahren 18 U 21/16 OLG L., jetzt verbunden mit 18 U 19/16 OLG L.)

Antrag zu Ziffer I: 550.000,- EUR

Antrag zu Ziffer II: 5.000,- EUR

Antrag zu Ziffer III: 50.000,- EUR

Der Berufungsantrag zu Ziffer I entspricht dem Antrag zu Ziffer I erster Instanz. Der Berufungsantrag zu Ziffer II entspricht dem Antrag zu Ziffer II 3. erster Instanz. Der Berufungsantrag zu Ziffer III entspricht dem Antrag zu Ziffer II 1. und Ziffer II 2. erster Instanz. Der Antrag im Verfahren – 91 O 30/15 – LG L. ist mit dem Antrag zu Ziffer I im Verfahren – 91 O 31/15 – LG L. im Hinblick auf die Beteiligen und den Inhalt der Beschlüsse nicht wertidentisch.

Summe gesamt: 1.155.000,- EUR

Löffler I www.K1.de I www.gesellschaftsrechtskanzlei.com I Gesellschaftsrecht I Gesellschafterversammlung I Minderheitsschutz I Treuepflicht I Erfurt I Thüringen I Sachsen I Sachsen-Anhalt I Hessen I Deutschland 2022

Schlagworte: Abberufung des Versammlungsleiters, Abwahl Versammlungsleiter, AktG § 147, besonderer Vertreter, Dritte als Nebenintervenienten, Ersatzansprüche, Geltendmachungsbeschluss, Gesellschafter als Nebenintervenient auf Seiten der Gesellschaft, Gesellschafter als Nebenintervenient auf Seiten des Gesellschafters, Minderheitsschutz, Nebenintervention, Positive Beschlussfeststellungsklage

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OLG Köln, Urteil vom 12. Januar 2017 – 7 U 12/16 

Donnerstag, 12. Januar 2017

§ 195 BGB, § 199 BGB, § 203 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 43 Abs 4 GmbHG, § 64 Abs 1 GmbHG, § 92 InsO, § 531 Abs 2 ZPO

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 23.09.2015 – 1 O 206/14 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für den Gläubigern der Insolvenzschuldnerin entstandenen Schaden wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur Insolvenzverschleppung sowie der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung.

Die Insolvenzschuldnerin, die V GmbH (im Folgenden: V-GmbH), wurde am 20.07.2005 zum Zweck der Errichtung und des Betriebs eines Konferenzzentrums mit Hotel auf dem Gelände des ehemaligen Plenarsaals in C gegründet. Geschäftsführer war Dr. L, der über die Gemeinschuldnerin einen wesentlichen Teil des Kapitals in das Projekt einbringen sollte.

Grundlage des Projektes war der zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin geschlossene notarielle Vertrag vom 08.03.2006, UR-Nr. xxx, des Notars I in G. (Anlage K5), der u.a. vorsah, dass die Gemeinschuldnerin über ein Stammkapital in Höhe von 10 Millionen hinaus bei Beginn der Bauarbeiten den Nachweis für eine Sicherheit in Höhe von weiteren 30 Millionen EUR Eigenkapital zu erbringen hatte.

Weitere Grundlagen der Finanzierung waren Landeszuschüsse in Höhe von 35,79 Millionen EUR und ein Langzeitkredit der Sparkasse L11 in Höhe von 74,3 Millionen EUR. Für diesen Kredit übernahm die Beklagte gegenüber der Sparkasse L1 mit der „Nebenabrede“ vom 19.03.2007 (Anlage K10) eine bürgschaftsgleiche Sicherheit. Weil die Gemeinschuldnerin das weitere Eigenkapital in Höhe von 30 Millionen EUR nicht rechtzeitig erbringen konnte, wurde dieses ebenfalls durch die Sparkasse L1 mit einer maximalen Laufzeit bis zum 30.09.2009 vorfinanziert.

Als Generalunternehmerin wurde mit Vertrag vom 06.06.2006 (Anlage K6) die T GmbH beauftragt.

Nachdem die Bauarbeiten fortgeschritten waren, zeichnete sich wegen Baukostensteigerungen und Finanzierungkosten spätestens zu Beginn des Jahres 2009 eine Finanzierungslücke ab. Zudem war nicht absehbar, dass das vorfinanzierte Eigenkapital der Gemeinschuldnerin zeitnah, spätestens zum Termin für die Ablösung des Kredits am 30.09.2009, eingezahlt werden würde.

Im Hinblick auf die bis dahin ausgebliebene weitere Eigenkapitalerbringung erfolgte die Valutierung des Kredits seitens der Sparkasse L1 bereits seit Februar 2008 nur noch mit schriftlichem Einverständnis und in Abstimmung mit der Beklagten (Anlagen K 38, K 39). Die Gemeinschuldnerin bemühte sich um einen neuen Investor zur Deckung der Finanzierungslücke, konnte jedoch keine Geldzahlungen erreichen, die eine fortlaufende auskömmliche Finanzierung des Projekts gewährleisteten. Daher trafen die Beklagte und die Sparkasse L1 am 20.07.2009 eine Zusatzvereinbarung zur Nebenabrede, in der die von der Beklagten gewährte Sicherheit auf ein Kreditvolumen von insgesamt 104,3 Millionen EUR erhöht wurde (Anlage K 13). Sodann wurde zwischen der Sparkasse L1 und der Gemeinschuldnerin am 22.07.2009 ein Kreditvertrag über weitere 30 Millionen EUR geschlossen (Anlage K 32).

Im August 2009 leitete die Staatsanwaltschaft C wegen des Verdachts des Betrugs zum Nachteil der Beklagten und der Untreue zum Nachteil der Gemeinschuldnerin ein Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen der Gemeinschuldnerin, insbesondere Dr. L, ein (430 Js 958/09 StA C). Die Ermittlungen wurden bei der Staatsanwaltschaft C sowie beim Landeskriminalamt NRW geführt.

Nach Abmahnung und Kündigungsandrohung kündigten die Sparkasse am 25.09.2009 die Kreditvereinbarungen und am 28.09.2009 die Beklagte den Projektvertrag jeweils außerordentlich.

Am 29.09.2009 stellte die Gemeinschuldnerin Insolvenzantrag. Der Kläger wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt (96 IN 160/09 AG C) und erstattete am 05.01.2010 ein Gutachten über die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Gemeinschuldnerin zum Stichtag 04.01.2009 (Anlage K88). Am 07.01.2010 wurde über das Vermögen der T GmbH ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (36 IN 4206/09 AG D).

Im April 2010 wurde das Sonderheft 29, in dem sich die Schriftstücke befinden, auf die der Kläger seine Klageschrift in wesentlichen Punkten stützt, Bestandteil der Ermittlungsakte.

Das Ermittlungsverfahren gegen Dr. L wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft C vom 15.04.2011 gemäß § 154 Abs. 1 StPO vorläufig eingestellt; am 30.09.2011 begann das Strafverfahren gegen ihn u.a. wegen des Vorwurfs des Betrugs zum Nachteil der Beklagten. Mit Urteil vom 10.05.2013 wurde er wegen Betrugs in zwei Fällen und falscher Versicherung an Eides statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt (27 KLs 03/11 LG C).

Am 15.01.2013 trat der Kläger erstmals an den damaligen Oberbürgermeister der Beklagten O heran und teilte diesem mit, dass sich bei der Aufarbeitung der Akten der Insolvenzschuldnerin Anhaltspunkte für Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte ergäben, die er als Insolvenzverwalter verfolgen müsse. Bei einem daraufhin für den 31.01.2013 vereinbarten Treffen lehnte die Beklagte die Anerkennung von Ansprüchen ab und forderte den Kläger zur schriftlichen Erläuterung auf. Diese erfolgte mit Übersendung eines Exzerpts am 12.02.2013 (Anlage BK3, Bl. 941 d.A.). Hierzu nahm der anwaltliche Vertreter der Beklagten mit Schriftsatz vom 27.03.2013 Stellung, lehnte sämtliche Ansprüche ab und forderte den Kläger auf, bis zum 25.04.2013 schriftlich zu bestätigen, dass ein Anspruch der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagte nicht bestehe. Andernfalls werde er dieser empfehlen, negative FeststellungsklageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zu erheben (Anlage K61). Am 10.04. und 23.04.2013 korrespondierten der Kläger und Oberbürgermeister O per sms (Anlagen K97, K 98). Sodann erfolgte am 29.04.2013 eine umfassende Stellungnahme des Klägers, die damit endete, dass für den 13.05.2013 ein Termin für die Rückmeldung seitens der Beklagten notiert sei (Anlage K99). An diesem Tag schrieb der Vertreter der Beklagten an den Klägervertreter per Fax: „Zwecks beidseitiger abschließender Beurteilung … schlagen wir vor, die beiderseitig gesetzten Fristen einvernehmlich auf den 20.06.2013 zu verlängern. Mit der Bitte um Gegenbestätigung verbleibe ich … “ (Anlage K62).

Hierauf antwortete der Kläger zunächst nicht. Am 02.07.2013 forderte er die Beklagten dann zur Rückmeldung bis zum 08.07.2013 auf (Anlage K 63). Eine Reaktion seitens der Beklagten erfolgte nicht mehr.

Mit Datum vom 25.06.2015 bestätigte der Kläger die Abtretung der Neugläubigeransprüche der T GmbH durch seine Person in der Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T GmbH an sich als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin (Anlage K 100, Bl. 729 d.A.).

Die Klage ist am 02.06.2014 eingegangen.

Das Landgericht C hat sie mit Urteil vom 23.09.2015 ( 1 O 206/14) in vollem Umfang abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass der Kläger die Ansprüche sämtlicher Alt- und Neugläubiger geltend gemacht habe und hat die Klage für unzulässig erachtet, soweit es sich um Ansprüche von Neugläubigern handele, die nicht abgetreten worden seien. Insoweit fehle es an der Aktivlegitimation.

Im Übrigen sei die Klage unbegründet, weil die geltend gemachten Ansprüche verjährt seien. Die Verjährungsfrist richte sich sowohl bezüglich der Altgläubigeransprüche als auch bezüglich der aus abgetretenem Recht der T GmbH geltend gemachten Neugläubigeransprüche nach § 195 BGB. Der Lauf der Verjährungsfrist sei mit Ablauf des Jahres 2010 in Gang gesetzt worden. Dabei hat das Landgericht zu Grunde gelegt, dass der Kläger 2010 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt habe oder hätte erlangen müssen. Denn einerseits sei er der seitens der Beklagten behaupteten Kenntnis durch Einsichtnahme in die Ermittlungsakte 2010 nur pauschal entgegengetreten, andererseits habe er die Kenntniserlangung 2010 auch implizit unstreitig gestellt, indem er den Beginn der Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2010 als „unstreitige Tatsache“ bezeichnet habe.

Durch Verhandlungen sei der Lauf der Verjährung nicht gehemmt worden, denn solche hätten nicht stattgefunden. Die Beklagte habe die erstmals am 31.01. geltend gemachten und mit Datum vom 12.02.2013 erläuterten Ansprüche mit dem Schreiben vom 27.03.2013 vielmehr entschieden zurückgewiesen. Jedenfalls habe die Hemmung maximal vom 31.01. bis zum 20.06.2013 angedauert, so dass bei Eingang der Klage bereits Verjährung eingetreten gewesen sei. Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger nämlich keinen Fortgang etwaiger Verhandlungen mehr erwarten können. Erst recht gelte dies für die Ansprüche aus abgetretenem Recht, bezüglich derer der Kläger schon keine Verhandlung behauptet habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (Bl. 760 ff. d.A.).

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter. Er wirft der Beklagten vor, ihre Projektverantwortlichen hätten, um über die eigentlich schon im Februar 2008 bestehende Zahlungsunfähigkeit der V GmbH hinweg zu täuschen und die Antragstellung bis September 2009 zu verzögern, dem Kreditgeber, der Sparkasse L1, vorgegeben, dass Valutierungen trotz Störung des Kreditverhältnisses und offensichtlicher Krise des Kreditnehmers erfolgen sollten, dies obwohl sie gewusst hätten, dass es für die bereits bestehenden Baukostensteigerungen keine Finanzierung gab und auch nicht geben würde, mithin festgestanden hätte, dass jedenfalls die Gläubiger der baukostensteigernden Lieferungen und Leistungen ausfallen würden. Es sei ihnen nämlich darauf angekommen, eine Zahlungsunfähigkeit der V GmbH unabhängig von deren Eigenkapitalerbringung zu verhindern, weil als Folge dessen gesehen worden sei, dass das Projekt einschließlich der Kosten an die Beklagte zurückfallen würde (Bl. 58 der Berufungsbegründung vom 22.12.2015, Bl. 925 f. d.A.).

Gegen das angefochtene Urteil wendet er ein, das Landgericht habe den Klageantrag zu weit ausgelegt. Er habe von vornherein nur – entsprechend seiner aus § 92 InsO folgenden Prozessführungsbefugnis – die Altgläubiger vertreten und daneben aus abgetretenem Recht nur die Neugläubigerforderungen der T GmbH geltend machen wollen.

Insbesondere habe das Landgericht fehlerhaft Verjährung bejaht. Hierzu hat der Kläger in der Berufungsbegründung vorgetragen, es sei ihm auf Grund der Fülle der auszuwertenden Unterlagen Mitte 2010 nicht möglich gewesen, aus der Ermittlungsakte Anhaltspunkte für die Teilnahme der Beklagten an einer Insolvenzverschleppung zu gewinnen; diese hätten sich erst im Lauf der Beweisaufnahme im Strafverfahren gegen Dr. L (30.09.2011 – 10.05.2013) verdichtet. Mit Schriftsatz vom 18.10.2016 (Bl. 1021 ff. d.A.) hat er sodann behauptet, er habe „frühstens 2011“ Einsicht in den Sonderband 29 nehmen können. Dies ergebe sich daraus, dass dieser Band erst 2011 vom Landeskriminalamt an die Staatsanwaltschaft übergeben worden sei und die Sachbearbeiterin in seinem Hause sich erst 2012 damit befasst habe. Auch der Verteidigung des Dr. L sei 2010 noch nicht Einsicht in Band 29 gewährt worden. Den taggenauen Zeitpunkt der Gewährung der Akteneinsicht könne er nicht rekonstruieren. Zudem habe er wesentliche Erkenntnisse erst auf Grund der Aussagen von Zeugen im Strafverfahren gegen Dr. L erhalten.

Schließlich sei es ihm unzumutbar gewesen, Klage zu erheben, bevor der Vorwurf wegen der Haupttat, nämlich der Insolvenzverschleppung durch Dr. L, weitgehend ausermittelt war.

Was die aus abgetretenem Recht geltend gemachten Ansprüche der T GmbH anbetreffe, ergebe sich aus dem Kopf des unter dem 12.02.2013 übersandten Memorandums (Anlage BK 3, Bl. 942 d.A.), dass auch diese Gegenstand der Verhandlungen zwischen den Parteien Anfang 2013 gewesen seien.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts C vom 23.09.2015, Az. 1 O 206/14, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der V GmbH den Schaden zu ersetzen, der den Insolvenzgläubigern der V GmbH, und zwar sämtlichen Altgläubigern sowie der T GmbH auch als Neugläubigerin nach dem 30.01.2009 wegen ausgefallener Forderungen gegen die V GmbH entstanden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie rügt den weiteren Vortrag bezüglich der Kenntnisnahme der im Sonderheft 29 enthaltenen Dokumente als verspätet und bestreitet diesen. Sie behauptet, dass der Kläger parallel beim Landeskriminalamt und bei der Staatsanwaltschaft C Akteneinsicht genommen habe. Spätestens am 09.06.2010 sei ihm umfassende Akteneinsicht, auch in das Sonderheft 29, gewährt worden. Weil sich ein erster Auswertungsvermerk nebst Inhaltsverzeichnis der darin enthaltenen Dokumente seit April 2010 bei der Hauptakte befunden habe, stelle es sich zudem als grob fahrlässige Unkenntnis dar, wenn er – unterbliebene Akteneinsicht in das Sonderheft 29 bis zu diesem Zeitpunkt unterstellt – eine solche daraufhin nicht umgehend genommen habe.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

II.

 

Die prozessual bedenkenfreie Berufung ist unbegründet.

Die Klage ist zulässig, unterliegt aber in der Sache der Abweisung.

Weil der Kläger nunmehr ausdrücklich ausschließlich Altgläubigeransprüche in eigener Prozessführungsbefugnis geltend macht und Neugläubigeransprüche aus abgetretenem Recht, bestehen hinsichtlich der Prozessführungsbefugnis keine Bedenken: Bezüglich der Altgläubigeransprüche folgt diese aus § 92 InsO, bezüglich der abgetretenen Ansprüche aus der behaupteten materiellen Berechtigung. Die Einwendungen des Klägers gegen die teilweise Abweisung der Klage durch das Landgericht als unzulässig sind allein hinsichtlich der Höhe des Streitwerts in erster Instanz und der sich daraus ergebenden Kostenlast des Klägers von Relevanz. Hinsichtlich des Feststellungsinteresses wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

In der Sache kann dahin stehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche überhaupt vorliegen. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hat der Senat Zweifel, dass die für die Beklagte tätigen Mitarbeiter bezüglich einer etwaigen Insolvenzverschleppung durch Dr. L mit dem für eine Inanspruchnahme der Beklagten erforderlichen sogenannten doppelten Gehilfenvorsatz handelten. Immerhin trägt der Kläger in der Berufungsbegründung (Bl. 59 der Berufungsbegründung, Bl. 926 d.A.) selbst vor, dass es „den Projektverantwortlichen der Beklagten ausweislich der vorliegenden Unterlagen darauf“ angekommen sei, „eine Zahlungsunfähigkeit der V GmbH, unabhängig von deren Eigenkapitalerbringung zu verhindern“, damit das „Projekt einschließlich der Kosten“ nicht an die Beklagte zurückfalle. Dies lässt sich zunächst mit einer – notwendigerweise – vorsätzlichen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung ebenso schwerlich in Einklang bringen wie mit einer sittenwidrigen Schädigung.

Dem war indes nicht weiter nachzugehen, weil das Landgericht die Klage im Ergebnis zutreffend mit der Begründung abgewiesen hat, die geltend gemachten etwaigen Ansprüche seien jedenfalls verjährt:

Sämtliche in Betracht kommenden Schadensersatzansprüche unterliegen der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist. Diese begann Ende des Jahres 2010 und war maximal 126 Tage, nämlich vom 15.01.2013 bis zum 20.05.20013, gemäß § 203 BGB durch Verhandlungen gehemmt und damit bei Eingang der Klage am 02.06.2016 bereits abgelaufen.

1. Regelverjährung gemäß § 195 BGB

Die Verjährungsfrist richtet sich sowohl für die Altgläubigeransprüche als auch für die Neugläubigeransprüche nach § 195 BGB. Eine analoge Anwendung des § 43 Abs. 4 GmbHG auf Neugläubigeransprüche kommt mangels planwidriger Regelungslücke und wegen des unterschiedlichen Zwecks der Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. einerseits und § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. andererseits nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 15.03.2011, – II ZR 204/09-, NJW 2011, 2427, 2428), wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat.

Bezüglich der geltend gemachten Altgläubigeransprüche gilt nichts anderes, auch wenn sich der Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB ergibt und sich der Schutzgesetzverstoß in der Verletzung des § 64 Abs. 1 GmbHG erschöpft. Eine Anspruchskonkurrenz mit auf dieselbe Rechtsfolge gerichteten gesellschaftsrechtlichen Ansprüchen, für die § 43 Abs. 4 GmbHG (unmittelbar) gilt und die daher für eine analoge Anwendung sprechen könnte, ist nicht gegeben, wenn die Inanspruchgenommene – wie hier – eine außenstehende Dritte ist, gegen die Ansprüche nach gesellschaftsrechtlichen Vorschriften von vornherein ausscheiden.

2. Beginn der Verjährungsfrist

Die dreijährige Verjährungsfrist begann am 01.01.2011.

Das Landgericht ist auf Grund einer zutreffenden Wertung des Sachvortrags zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger bereits im Jahr 2010 die nach § 199 BGB maßgebliche Kenntnis von den Tatsachen, auf die er die Klage nunmehr stützt, erlangt hat bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können – nämlich auf Grund der in diesem Jahr erfolgten Einsichtnahme in den Sonderband 29 des Ermittlungsverfahrens 430 Js 958/09 StA C – und er die Kenntniserlangung im Jahr 2010 im Übrigen unstreitig gestellt hat. Der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren gibt keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung:

a. Anspruchsbegründende Tatsachen

Dass die für die Klagebegründung maßgeblichen Tatsachen im Sonderheft 29 enthalten sind, ergibt sich ohne weiteres aus dem klägerischen Vorbringen. Der Kläger führt im Schriftsatz vom 18.10.2016 selbst aus, dass die im Sonderheft 29 enthaltenen Dokumente das Kernstück seines Vortrags ausmachten und diese ihm die rechtliche Beurteilung erlaubt hätten, die der Klageschrift zu Grunde liegt (Bl. 1033 d.A.). Er hat weder in erster noch in zweiter Instanz – auch nicht nach entsprechendem Hinweis der Beklagten – konkret dargelegt, welche weitergehenden Erkenntnisse er nach Einsichtnahme in das Sonderheft 29 erlangt habe, die ihn dann erst in die Lage versetzt hätten, die Klage abzufassen.

Die Zeugen V1, W und E, deren Aussagen nach dem neuen Vortrag in der Berufungsbegründung für die Klageerhebung maßgeblich gewesen sein sollen, hat der Kläger in der Klageschrift an keiner Stelle benannt. Die Namen W und E sind nur aus Emails und internen Papieren der Sparkasse L1 zu ersehen. Diese sind aber wiederum Bestandteil des Sonderheftes 29 (K42, K 39, K 49). Der Zeuge V1 findet lediglich in Bezug auf die Beklagte zu 4) und deren etwaige Kenntnis von Baukostensteigerungen in der Replik Erwähnung (Bl. 500 d.A.). Dieser Vortrag gibt daher nichts dafür her, dass der Kläger für die Klageerhebung notwendige Tatsachen erst in der Zeit nach Einsichtnahme in das Sonderheft 29 erlangt hat. Gleiches gilt in Bezug auf die weiteren im Schriftsatz vom 18.10.2016 genannten Zeugenaussagen (Bl. 1073 ff. d.A.).

Dass das Sonderheft 29 seit April 2010 Bestandteil der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft C war, hat der Kläger selbst bereits in der Klageschrift (Bl. 74 d.A.) unwidersprochen vorgetragen.

b. Zeitpunkt der Akteneinsicht

Dass der Kläger bereits im Laufe des Jahres 2010 Akteneinsicht in das Sonderheft 29 des Ermittlungsverfahrens genommen hat und nehmen konnte, ergab sich ohne weiteres aus seinem erstinstanzlichen Vorbringen:

Nach dem eher vagen Vortrag zu etwaigen Erkenntnissen auf Grund des Strafverfahrens, dem Einwand der Beklagtenseite, dem Kläger habe das Sonderheft 29 im Jahre 2010 schon so frühzeitig vorgelegen, dass er es im gleichen Jahr habe durchlesen können, und der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der Kläger im nachgelassenen Schriftsatz vom 29.06.2015 nicht einmal mehr auf seine anfänglichen Ausführungen zu einer (späteren) Kenntnis Bezug genommen, sondern den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist am 01.01.2011 als „unstreitige Tatsache“ bezeichnet (Bl. 672 d.A.) und sich sodann ausschließlich mit der Frage der Hemmung der VerjährungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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befasst. Damit hat er die Einsichtnahme des Sonderbandes 29 im Jahr 2010 nicht nur nicht hinreichend bestritten, sondern bei verständiger Würdigung vielmehr sämtliche Tatsachen, aus denen sich der Verjährungsbeginn zum 01.01.2011 ergibt, nämlich insbesondere die Kenntniserlangung der anspruchsbegründenden Tatsachen im Jahr 2010, unstreitig gestellt, wie auch das Landgericht zutreffend angenommen hat.

Der weitergehende Vortrag zum Zeitpunkt der Einsichtnahme in das Sonderheft 29 mit den Schriftsätzen vom 18.10. und 24.11.2016 weicht hiervon maßgeblich ab, ist wenig plausibel und im übrigen streitig und unterliegt daher dem Novenausschluss gemäß § 531 Abs. 2 ZPO.

Der Kläger hat sich noch in der Berufungsbegründung darauf berufen, dass es ihm auf Grund der Fülle der Unterlagen Mitte 2010 nicht möglich gewesen sei, aus dem Sonderheft 29 Anhaltspunkte für die Teilnahme der Beklagten an einer Insolvenzverschleppung zu entnehmen. Dass er – was im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens unstreitig geworden ist, s.o. , – im Jahre 2010 Einsicht in das Sonderheft 29 genommen hat, hat er nicht in Abrede gestellt. Erstmals im folgenden Schriftsatz hat er sodann behauptet, er habe „frühstens im Laufe des Jahres 2011 Einsicht“ erhalten (Bl. 1031 d.A.). Das ergebe sich u.a. aus dem Umstand, dass – so seine nunmehrige Behauptung – das Sonderheft 29 erst am 11.04.2011 seitens des Landeskriminalamtes an die Staatsanwaltschaft C übergeben worden sei, es der Staatsanwaltschaft C im April 2010 noch gar nicht vorgelegen habe und folglich zu dieser Zeit auch dem Kläger noch nicht zur Einsicht habe überlassen werden können (Bl. 1031, 1033 d. A.).

Angesichts der erstinstanzlichen Feststellungen fehlt es seinem Vortrag insoweit schon an ausreichender Substanz: Er räumt nämlich selbst ein, dass er trotz intensiver Bemühungen nicht rekonstruieren könne, wann er nach April 2011 Einsicht erhalten habe. Ein entsprechender Akteneinsichtsantrag sei weder aus der Ermittlungsakte noch aus der eigenen Dokumentation zu ersehen (Bl. 1036 d.A.). Damit lässt der Kläger offen, wann die Einsicht erfolgt sein soll. Die Schlussfolgerungen, die er insofern zieht, überzeugen nicht: Wann die sachbearbeitende Prozessbevollmächtigte den Sonderband 29 eingesehen hat, ist ebenso wenig maßgeblich wie die Frage, wann der Band in Papierform Bestandteil der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte geworden ist. Wie sich etwa aus den Anlagen BK 6 und BK 4 ergibt, ist auch dem Verteidiger des Dr. L am 22.04.2010 von der Staatsanwaltschaft C per CD-ROM Akteneinsicht u.a. in die Sonderhefte 10-15 und 18-22 gewährt worden, obgleich auch diese erst am 11.04.2011 in Papierform an die Staatsanwaltschaft übergeben worden sind. Die weitergehende Einsichtgewährung ist mit Hinweis auf § 147 Abs. 2 StPO verweigert worden und nicht mit der Begründung, dass weitere Aktenbestandteile (etwa der Sonderband 29) nicht vorlägen. Noch im Jahr 2010, nämlich am 04.11., ist dem Verteidiger im Übrigen sodann Akteneinsicht auch in das Sonderheft 29 in elektronischer Form gewährt worden (Anlage B 49).

Weder der von Seiten des Klägers vorgelegte Screenshot der Dokumenten-Verzeichnisse auf einer DVD, noch der kanzleiinterne Emailverkehr bezüglich der Speicherung von Dateien aus der Ermittlungsakte lässt zwingend darauf schließen, dass Einsicht in den Sonderband 29 im Jahr 2010 nicht gewährt worden ist. Dass die kanzleiinterne Dokumentation ebenso wie die Ermittlungsakte insoweit keine verlässlichen Aussagen zulässt, ergibt sich schon daraus, dass der Kläger auf ihrer Grundlage selbst nicht nachhalten kann, wann die Einsicht – nach seiner Darstellung – schließlich tatsächlich gewährt worden ist.

Hinzu kommt, dass nicht nachzuvollziehen ist, dass der Kläger , – wenn die Einsicht in den Sonderband 29, die von entscheidender Bedeutung für die Anspruchsbegründung ist, trotz seiner Bemühungen tatsächlich erst so spät gewährt worden sein sollte, dies nicht von Anfang an, spätestens aber in der Berufungsbegründung so vorgetragen hat, obgleich diese Frage bereits in erster Instanz im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand. Eine Erklärung hierfür bietet er nicht.

Das erstmalige, in seinen tatsächlichen Schlussfolgerungen zudem unschlüssige Bestreiten der Akteneinsicht im Jahr 2010 unterliegt dem Novenausschluss gemäß § 531 Abs. 2 ZPO. Denn ist schon zweifelhaft, ob nunmehr überhaupt ein erhebliches Bestreiten erfolgt ist, so ergibt sich daraus erst recht nicht, dass sich der von den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils abweichende neue Klägervortrag als unstreitig darstellt und damit in zweiter Instanz zu berücksichtigen ist. Ein anderer Zulassungsgrund im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Die Vernehmung der Zeugin H war in diesem Zusammenhang daher nicht geboten.

c. Kenntnis/grob fahrlässige Unkenntnis

Der Einwand des Klägers, er habe sich auf Grund der Fülle seiner Aufgaben, 2010 nicht einlesen können, lässt sich nicht damit vereinbaren, dass er den Beginn der Verjährungsfrist und damit auch die hierfür maßgebliche Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen in erster Instanz unstreitig gestellt hat, s.o. Er kann im Übrigen so pauschal nicht verfangen. Wie viel Zeit (mehr) er bei pflichtgemäßer Durcharbeitung gebraucht hat bzw. hätte und insbesondere wann er diese dann tatsächlich erledigt hatte, trägt der Kläger konkret nicht vor. Auch insofern ist nicht maßgeblich, wann die sachbearbeitende Prozessbevollmächtigte sich mit den Unterlagen befasst hat. Der Auswertungsvermerk in der Ermittlungsakte datiert vom 23.04.2010; der Kläger war bereits seit 1.Oktober 2009 als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und hatte zum 05.01.2010 das Gutachten bzgl. der Insolvenzreife erstellt. Dies alles spricht dafür, dass er bei sachgerechter Organisation die Unterlagen hätte durcharbeiten (lassen) können. Denn es gehört gerade zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters, Ansprüche der gegenständlichen Art zeitnah zu prüfen und in unverjährter Zeit geltend zu machen und dies durch die Regelung entsprechender Abläufe sicherstellen.

d. Zumutbarkeit der Klageerhebung

Auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Klageerhebung ergibt sich kein späterer Beginn der Verjährungsfrist. Einer der Fälle, in denen die Zumutbarkeit als übergreifende Voraussetzung des Verjährungsbeginns zu verneinen ist, – dann, wenn ausnahmsweise Rechtsunkenntnis beachtlich ist oder solange eine aussichtsreiche Möglichkeit besteht, durch Verhandlungen eine anderweitige Kompensation zu erlangen,- liegt nicht vor. Der fehlende Abschluss eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens hindert den Eintritt der Kenntnis für sich genommen nicht; maßgeblich ist allein, ob der Gläubiger den Anspruch auf der Grundlage der ihm bekannten Tatsachen einklagen kann (OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Urteil vom 01.07.2015 – 22 U 35/14 -, BeckRS 2015, 12948 Rdn. 20 f.). Im Einzelfall kann dies die Kenntnis wesentlicher Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft voraussetzen (OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Nürnberg
, Urteil vom 30.01.2007, – 1 U 2691/05 -, NJW 2008, 1453, 1455.). Hier war die Kenntnis der Inhalte des Sonderbandes 29 maßgeblich, denn auf deren Grundlage, also dem Wissensstand aus dem Jahr 2010, hat der Kläger die Klage gefertigt. Das Verfahrens gegen Dr. L ist zunächst vorläufig eingestellt worden und hat gerade keine weitergehenden Erkenntnisse erbracht.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich das Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Insolvenzverschleppung gegen Dr. L richtete und nicht gegen die Beklagte. Diese musste nicht damit rechnen, dass nach der Einstellung des Verfahrens gegen Dr. L Klage nunmehr gegen sie Klage wegen des Vorwurfs der Teilnahme an einer Insolvenzverschleppung erhoben werden würde, was gegebenenfalls eine andere Bewertung gebieten könnte (BGH, Urteil vom 24.02.1994, – III ZR 76/92 -, NJW 1994, 3162, 3164.).

Das von Klägerseite zitierte Urteil des BAG vom 23.06.1981 , – 6 Sa 47/78 – (abrufbar auf JURIS), betrifft tarifvertragliche Verfallfristen für Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers und ist auf einen Insolvenzverwalter, dessen Aufgabe gerade die Aufarbeitung der Insolvenz ist, nicht zu übertragen.

Im Übrigen sieht die ZPO für den Fall, dass bezüglich eines im Zivilverfahren entscheidenden Umstands ein Strafverfahren anhängig ist, die Aussetzung gemäß § 149 ZPO vor, um sich die dabei ergebenden Erkenntnisse nutzbar zu machen.

3. Hemmung der VerjährungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Hemmung
Hemmung der Verjährung
Verjährung

Die Verjährung hemmende Verhandlungen schwebten vom 15.01.2013 an bis maximal zum 20.05.2013 (126 Tage).

a. Beginn der Verhandlungen

Dass es am 15.01.2013 zu einem Treffen der Parteien kam, in dem der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin gegenüber der Beklagten erklärte, aus den Akten ergäben sich Anhaltspunkte für Schadensersatzansprüche gegen diese, denen er nachgehen müsse, ist als neuer, aber unstreitiger Vortrag in der Berufungsbegründung zu berücksichtigen. Dass es sich bei diesen Ansprüchen nur um solche im Zusammenhang mit der Insolvenz und der vorangegangenen geschäftlichen Beziehung der Parteien handeln konnte, lag auf der Hand. Damit war die Grundlage etwaiger Ansprüche jedenfalls im Ansatzpunkt klar. Einer weitergehenden Konkretisierung oder Bezifferung der Ansprüche bedurfte es im Hinblick auf den zum Schutz des Gläubigers weit zu verstehenden Verhandlungsbegriff nicht.

Über diese Ansprüche ist auch verhandelt worden. Denn die Beklagte, vertreten durch Oberbürgermeister O, hat am 15.01.2016 Ansprüche nicht von vornherein zurückgewiesen oder zum Ausdruck gebracht, dass sie sich auf eine Erörterung nicht einlassen werde, sondern es ist vielmehr gemeinsam ein Besprechungstermin für den 31.01.2013 vereinbart worden. Dies genügt.

Ob auch die angeblichen Ansprüche des Klägers in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T GmbH Gegenstand der Verhandlungen waren, kann dahin stehen, weil auch diese – mangels Andauern der Verhandlungen über den 20.05.2013 hinaus – jedenfalls verjährt sind. Ergänzend wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

b. Ende der Verhandlungen

Es spricht vieles dafür, dass die sich anschließenden Verhandlungen bereits mit dem Übersenden des Schreibens der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 27.03.2013 (Anlage K 61) gescheitert sind. Deutlicher als mit der Aufforderung, „uns gegenüber bis zum 25.04.2013 eingehend schriftlich zu bestätigen , dass der von Ihnen geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Bundesstadt C nicht besteht“ , verbunden mit der Ankündigung: „Nach fruchtlosem Fristablauf werden wir unserer Mandantin empfehlen, negative FeststellungsklageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellungsklage
negative Feststellungsklage
gegen die Insolvenzmasse zu erheben“, kann ein geltend gemachter Anspruch kaum zurückgewiesen werden. Dass für die Abgabe der geforderten Erklärung eine Frist gesetzt worden ist, bedeutet nicht, dass im Hinblick auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch noch Verhandlungsspielraum bestand. Einer inhaltlichen Rückäußerung wurde – im Hinblick auf die deutliche Ablehnung eines Anspruchs konsequent – gerade nicht entgegengesehen.

Jedenfalls sind die Verhandlungen aber in dem Zeitpunkt gescheitert, als der Kläger nicht zeitnah auf das Fax der Beklagten vom 13.05.2013 (Anlage K 62) reagiert hatte, in dem diese (in Reaktion auf das Schreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 29.04.2013, Anlage K 99, Bl. 577 d.A.) eine beiderseitige Verlängerung der Fristen vorschlug und um „kurze schriftliche Bestätigung“ bat.

Weil hier ausdrücklich um eine Gegenbestätigung gebeten worden war, war eine solche – und nicht nur eine konkludente oder stillschweigende Verlängerung – von dem gegnerischen Rechtsanwalt zu erwarten, – wenn nicht bereits am selben Tag per Fax, dann zumindest an einem der folgenden Tage (die Frist vom 25.04. hatte der Kläger auch nicht eingehalten, sondern um vier Tage überschritten), also spätestens am 20.05.2013. Die Beklagte durfte davon ausgehen, dass der Kläger sich bis zu diesem Zeitpunkt zwecks Verlängerung bzw. Neueinräumung einer Frist melden würde, wenn er an einem weiteren Austausch interessiert war.

Mit der fehlenden Rückäußerung waren die Verhandlungen durch Nichtbetreiben seitens des Klägers eingeschlafen und damit gescheitert: Am 13.05.2013 war die von Beklagtenseite gesetzte Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung längst abgelaufen und auch die vom Kläger gesetzte Stellungnahmefrist endete. Ohne die vorgeschlagene Fristverlängerung war der von beiden Seiten innerhalb von Fristen vorgesehene Meinungsaustausch beendet. Es war nun Sache des Klägers, den Austausch am Laufen zu halten. Er war am Zug und konnte ohne weiteres dafür sorgen, dass die verjährungshemmende Wirkung fortbestand. Dies war auch deshalb nach Treu und Glauben von ihm zu erwarten, weil es der Beklagten nicht zuzumuten war, (ggfs. kostenträchtigen) Aufwand für eine weitere Befassung mit der Sache zu betreiben, ohne zu wissen, ob auf Seiten des Klägers noch Interesse an einer Erörterung bestand. Tatsächlich – und ihm Hinblick auf das Schreiben vom 13.05.20013 konsequent – ist dann auch keine weitere Stellungnahme von Beklagtenseite mehr erfolgt.

Weiterer Erklärungen bedurfte es nicht. Anders als in den Fällen, in denen eine Verweigerung der Fortführung von Verhandlungen seitens des Ersatzverpflichteten in Frage steht, der den Geschädigten durch sein unklares Verhalten ggfs. „hinhält“, besteht für den Ersatzberechtigten kein Schutzbedürfnis, wenn es an ihm ist, die Verhandlungen weiter zu fördern. Dann tritt vielmehr wiederum das Schutzbedürfnis des Schuldners in den Vordergrund, dem das Verjährungsrecht im Wesentlichen dient (s. BGH, Urteil vom 07.12.1962, BeckRS 1962, 31183925).

Schlagworte: GmbHG § 64 Satz 1, Haftung im Zusammenhang mit der Insolvenz, Haftung wegen Insolvenzverschleppung gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO, Zahlungen nach Insolvenzreife § 64 Satz 1 GmbHG

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OLG Köln, Urteil vom 15.12.2016 – 15 U 141/15

Donnerstag, 15. Dezember 2016

BGB § 705 ff

Urteilstenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 29.07.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn (9 O 407/14) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an dem Miteigentumsanteil des Beklagten von 53,8947/10000 an dem im Grundbuch von B eingetragenen Grundstück: Flur B2, Hof- und Gebäudefläche, S Straße 10/12 verbunden mit dem Sondereigentum an dem Apartment im dritten Obergeschoss nebst einem Abstellraum im Dachboden, Nr. 115 des Aufteilungsplanes in der Auseinandersetzungsbilanz in Ansatz zu bringen ist.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:

Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Kläger zu 80% und der Beklagte zu 20%.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand 

I. Der Kläger nimmt den Beklagten, seinen Bruder, auf Übereignung einer Eigentumswohnung an die „Vermögensverwaltung der Familie C GbR“, hilfsweise auf Übereignung an sich selbst als Rechtsnachfolger der Gesellschaft, in Anspruch; weiter hilfsweise begehrt er die Feststellung, dass der Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an der Eigentumswohnung in der Auseinandersetzungsbilanz der Gesellschaft in Ansatz zu bringen ist. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Gesellschaftsvertrag vom 16.05.1989 (Anlage zur notariellen Urkunde UR-Nr. 1308/1989 – B – des Notars C2 in C3) gründeten die Eltern der Parteien, X und M C, mit dem Kläger und dem Beklagten die „Vermögensverwaltung der Familie C GbR“ (im Folgenden: GbR). Zweck der Gesellschaft war nach Ziffer 3 des für die Dauer von 20 Jahren geschlossenen Vertrages die gemeinsame Verwaltung und gemeinsame Nutzung des Familienvermögens. Gemäß Ziffer 5 des Vertrages bestanden die einzubringenden Einlagen des Vaters in mehreren Grundstücken in C4 (Vstraße 16, 18, 20 und S2straße 191), die Einlagen der übrigen Familienmitglieder in deren Anteilen an der bereits existierenden „C Verwaltungsgesellschaft mbH“ sowie des Beklagten darüber hinaus in dessen – hier streitgegenständlichen – Eigentumswohnung in der S-straße in B (im Folgenden: ETW). Außerdem enthielt Ziffer 8 des Vertrages Regelungen zur „Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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“, u.a. eine Fortsetzungsklausel für den Fall des Todes oder der Kündigung eines Gesellschafters, sowie in Ziffern 9 und 10 Regelungen zur Abwicklung des Ausscheidens eines Gesellschafters und zur Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens.

Der Gesellschaftsvertrag wurde als Anlage zu einer ebenfalls am 16.05.1989 erstellten notariellen Urkunde Nr. 1308/1989 – B – des Notars C2 in C3 genommen (Anl. K 1 = GA 5 ff.), in der der vom Vater der Parteien einzubringende Grundbesitz durch Angabe der Grundbucheintragungen präzisiert wurde, alle Vertragsbeteiligten die Notariatsangestellten bevollmächtigten, alle zum Vollzug der Urkunde erforderlichen und nützlichen Erklärungen, insbesondere auch die Auflassung zu den vereinbarten Einbringungen abzugeben, und die gesamtschuldnerische Haftung für die auf den Grundstücken des Vaters lastenden Grundpfandrechtsbeiträge mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung übernahmen. Desweiteren bestimmten sie, dass der dingliche Vollzug der Urkunde erst vom Notar veranlasst werden sollte, wenn Gesellschafter, die mindestens 50 % des Gesellschaftsvermögens halten, ihn entsprechend schriftlich anwiesen.

Wegen der Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages sowie der notariellen Urkunde wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung (Anl. K1 = GA 5 ff.) Bezug genommen.

Nach dem Tod der Eltern X und M C (Letztere verstorben im Jahr 2000) vereinbarten die Parteien am 15.05.2009 in einem „Nachtrag zur Urkunde 1308/1989 – B -“ die Verlängerung des Gesellschaftsvertrages um zehn Jahre bis zum 31.05.2019 (Anl. K2 = GA 15). Eine Umschreibung der im Gesellschaftsvertrag genannten Immobilien des Vaters und der ETW des Beklagten auf die GbR ist bis heute nicht erfolgt. Im Nachgang des Erbfalls hinsichtlich der Eltern wurden die Parteien jeweils hälftig als Miteigentümer der elterlichen Immobilien eingetragen; die streitgegenständliche ETW in B steht (weiterhin) im Sondereigentum (bzw. hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums der dortigen WEG im Miteigentum) des Beklagten. Dieser führt die von ihm vereinnahmten Mieten für die ETW an die GbR ab; inwieweit das Objekt auch im Übrigen von ihm allein oder aber von der GbR verwaltet wird, ist streitig. Im Rahmen der gemeinsamen Verwaltung der übrigen von den Eltern geerbten Immobilien kam es zu zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien, die unter anderem zu mehreren, teilweise noch anhängigen Gerichtsverfahren führten (1 O 157/13; 6 S 142/14; 7 O 330/14; 7 O 189/15 (vormals 1 O 121/15); sämtlich LG Bonn). Im hiesigen Verfahren hat der Kläger den Beklagten mit Klage vom 22.10.2014 auf Übertragung der Ber ETW an die GbR in Anspruch genommen. Er hat die Auffassung vertreten, ein entsprechender Übertragungsanspruch ergebe sich aus den Verträgen vom 16.05.1989 und hat hierzu behauptet, dies sei jedenfalls von allen Vertragsschließenden so gewollt gewesen, zudem habe der Beklagte einer solchen Übertragung dem Grunde nach bereits mehrfach zugestimmt. Die vom Beklagten im Verfahren 7 O 330/14 LG Bonn erklärte Kündigung der GbR – so die weitere Meinung des Klägers – sei bereits mangels außerordentlichen Kündigungsgrundes unwirksam, darüber hinaus stehe ihr aber auch die gesellschaftsvertragliche Fortsetzungsklausel entgegen. Diese habe zur Folge, dass der Beklagte selbst bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes lediglich seine Stellung als Gesellschafter gekündigt habe und ihm – dem Kläger – das Vermögen der GbR angewachsen sei, so dass er auch in diesem Fall den Einbringungsanspruch der GbR nunmehr als Einzelperson geltend machen könne.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 29.07.2015 (9 O 407/14, GA 105 ff.) abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der GbR stehe weder aus dem Gesellschaftsvertrag noch aus anderem Rechtsgrund der geltend gemachte Übereignungsanspruch zu. Bei gebotener Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und der persönlichen Anhörung der Parteien gemäß § 141 ZPO sei es nicht auszuschließen, sondern sogar weitaus wahrscheinlicher, dass die Vertragsparteien im Jahr 1989 lediglich eine Einbringung der Nutzung/Früchteziehung hinsichtlich der im Gesellschaftsvertrag genannten Immobilien, nicht aber darüber hinaus auch deren Übertragung zu Eigentum auf die GbR gewollt hätten, zumal dies angesichts der damals noch nicht bestehenden Rechtsprechung zur Teilrechts- und Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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auch nicht möglich gewesen sei. Auch aus den vom Kläger angeführten Schreiben des Beklagten, insbesondere dessen Schriftsatz vom 07.08.2013 in dem Verfahren 1 O 157/13 LG Bonn, ergebe sich weder ein abstraktes noch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis des Beklagten. Mangels Übereignungsanspruchs könne daher offen bleiben, ob ein solcher Anspruch in Anbetracht des verstrichenen Zeitraums nicht verwirkt wäre und ob die vom Beklagten erklärte außerordentliche Kündigung der GbR bzw. seiner Gesellschafterstellung wirksam sei. Wegen der Einzelheiten der landgerichtlichen Begründung sowie des zu Grunde liegenden Sachverhalts wird auf die angefochtene Entscheidung (GA 105 ff.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Der Kläger hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Er wendet sich unter Ergänzung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens gegen die landgerichtliche Auslegung des GesellschaftsvertragesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auslegung
Auslegung des Gesellschaftsvertrages
und vertritt weiterhin die Auffassung, der – seiner Meinung nach bestehende – vertragliche Übereignungsanspruch der GbR sei weder verwirkt, noch stehe ihm die vom Beklagten erklärte außerordentliche Kündigung entgegen, so dass er weiterhin die Übereignung der ETW an die GbR verlangen könne. Nachdem der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2016 darauf hingewiesen hat, dass die Kündigung der GbR durch den Beklagten wirksam sei und eine Übereignung an die GbR danach möglicherweise nicht mehr in Betracht kommen könnte, hat der Kläger ergänzend hilfsweise einen Antrag auf Übereignung der ETW an sich selbst gestellt. Hierzu behauptet er, die Übereignung der ETW werde für die Abwicklung der GbR benötigt, da der Abfindungsanspruch des Beklagten andernfalls nicht finanziert werden könne. Desweiteren ist er der Auffassung, auch die gesellschaftsrechtliche Durchsetzungssperre stehe diesem Übereignungsanspruch nicht entgegen, weil sie nicht für Sachleistungen gelte, bei denen per se keine Gefahr eines Hin- und Herzahlens bestehe, und er zudem beabsichtige, die Geschäfte der GbR (Verwaltung der Objekte) alleine weiter zu betreiben. Vorsorglich beantragt er weiter hilfsweise die Feststellung, dass der Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an der ETW in der Auseinandersetzungsbilanz der GbR in Ansatz zu bringen ist.

Der Kläger beantragt zuletzt,

das Urteil des Landgerichts Bonn vom 29.07.2015 – 9 O 407/14 – aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen,

1. seinen Miteigentumsanteil von 53,8947/10.000 an den im Grundbuch von B eingetragenen Grundstück: Flur B2, Hof – und Gebäudefläche, S Straße 10/12 verbunden mit dem Sondereigentum an dem Appartement im dritten Obergeschoss nebst einem Abstellraum im Dachboden Nr. 115 des Aufteilungsplanes an die „Vermögensverwaltung der Familie C GbR“ aufzulassen und die Eintragung ins Grundbuch zu bewilligen;

hilfsweise dazu,

den Beklagten zu verurteilen, seinen Miteigentumsanteil von 53,8947/10000-stel an dem im Grundbuch von B eingetragenen Grundstück: Flur B2, Hof- und Gebäudefläche, S Straße 10/12 verbunden mit dem Sondereigentum an dem Appartement im dritten Obergeschoss nebst einem Abstellraum im Dachboden Nr. 115 des Aufteilungsplanes an Herrn S3 C als Rechtsnachfolger der „Vermögensverwaltung der Familie C GbR“ aufzulassen und die Eintragung ins Grundbuch zu bewilligen, dies Zug um Zug gegen Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz der „Vermögensverwaltung der Familie C GbR“ zum Stichtag 31.12.2014;

sowie weiter hilfsweise,

festzustellen, dass der Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an dem Miteigentumsanteil des Beklagten von 53,8947/10000 an dem im Grundbuch von B eingetragenen Grundstück: Flur B2, Hof- und Gebäudefläche, S Straße 10/12 verbunden mit dem Sondereigentum an dem Apartment im dritten Obergeschoss nebst einem Abstellraum im Dachboden, Nr. 115 des Aufteilungsplanes in der Auseinandersetzungsbilanz in Ansatz zu bringen ist.

2. außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 861,57 EUR an den Kläger zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und die im Berufungsverfahren gestellten Hilfsanträge abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, er habe die GbR wegen der massiven Behinderung der Zusammenarbeit durch den Kläger wirksam aus wichtigem Grund gekündigt, so dass eine Übertragung der ETW auf die GbR nicht mehr möglich sei. Außerdem habe das Landgericht einen – unterstellten – Übertragungsanspruch auf die GbR zu Recht als verwirkt angesehen, da eine solche Übertragung über Jahre hinweg nicht beantragt und dadurch bei ihm ein schutzwürdiges Vertrauen auf den derzeitigen Zustand geschaffen worden sei. Außerdem stehe ihm die Einrede des treuwidrigen Verhaltens bzw. ein Zurückbehaltungsrecht gegen den Kläger zu, da dieser trotz Fristsetzung zum 15.09.2015 bislang keine Auseinandersetzungsbilanz vorgelegt habe und zudem – so die Behauptung des Beklagten – seinen Vermieterpflichten gegenüber den Mietern der übrigen Objekte nicht nachkomme. Vielmehr habe er gegenüber Dritten sogar geäußert, er wolle die Objekte „niederwirtschaften“, um ihm – dem Beklagten – nach der Auseinandersetzung nur einen geringen Betrag zahlen zu müssen. Der neue Vortrag des Klägers in der Berufungsinstanz zur Begründung eines Übereignungsanspruchs der GbR sei verspätet und daher präkludiert. Auch der in der Berufungsverhandlung gestellte erste Hilfsantrag sei unzulässig, da er eine Klageänderung darstelle, der er nicht zustimme und die auch nicht sachdienlich sei, da sie zu keiner endgültigen Beendigung der Auseinandersetzung der Parteien führe. Dies ergebe sich nicht nur aus dem bereits im Antrag enthaltenen Zug um Zug – Erfordernis einer Auseinandersetzungsbilanz, sondern auch aus den übrigen Streitigkeiten der Parteien, denen im Falle einer Übereignung der ETW an die GbR/den Kläger ein weiteres – bislang verschontes – Streitobjekt hinzugefügt werde. In der Sache stehe dem Übereignungsanspruch des Klägers zudem die gesellschaftsrechtliche Durchsetzungssperre entgegen, da der Wert der streitgegenständlichen ETW nur einen Bruchteil dessen betrage, was der Kläger an ihn nach einer Auseinandersetzung als Abfindung zahlen müsse; die ETW sei für die Auseinandersetzung demnach nicht notwendig und es würde bei einer eventuellen Rückübertragung an ihn im Rahmen der Auseinandersetzung lediglich zu einer unnötigen „Hin- und Her-Übertragung“ kommen. Schließlich könne der Kläger die Übereignung der ETW – wenn überhaupt – nicht nur Zug um Zug gegen Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz, sondern auch gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Werts der streitgegenständlichen ETW verlangen. Auch der zweite Hilfsantrag des Klägers sei bereits wegen Verspätung unzulässig, darüber hinaus aber auch in der Sache nicht begründet, da der GbR – wie oben dargelegt – kein Übereignungsanspruch zugestanden habe und der Beklagte zudem selbst überhaupt nicht gewillt sei, eine Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen.

Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Anlagen verwiesen.

Die Akten 1 O 157/13, 7 O 330/14, 7 O 189/15 und 6 S 142/14 – jeweils LG Bonn – waren zu Informationszwecken beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Urteilsgründe

II. Die gemäß §§ 511 ff. ZPO statthafte und zulässig eingelegte Berufung des Klägers hat in der Sache nur mit dem zweiten Hilfsantrag Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

A. Den Hauptantrag des Klägers, mit dem er den Beklagten im Wege der actio pro socio auf Übereignung der streitgegenständlichen ETW an die GbR in Anspruch nimmt, hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Zwar stand der GbR – anders als vom Landgericht angenommen – aufgrund des Gesellschaftsvertrages vom 16.05.1989 ein entsprechender Übereignungsanspruch gegen den Beklagten zu (dazu unter 1. und 2.). Der Kläger kann diesen Anspruch aber nicht mehr im Wege der actio pro socio geltend machen, weil der Beklagte die GbR wirksam zum 31.12.2014 gekündigt hat und die GbR – entgegen der Ansicht des Klägers – auch nicht als „Ein-Mann-Liquidationsgesellschaft“ fortbesteht (dazu unter 3.).

1. Der Auffassung des Landgerichts, aus dem Gesellschaftsvertrag der GbR vom 16.05.1989 ergebe sich lediglich eine Verpflichtung der Gesellschafter zur Einbringung der Nutzung/Früchteziehung der genannten Grundstücke (einschließlich der streitgegenständlichen ETW), vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr ist dem Vertrag bei gebotener Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB eine Verpflichtung der Gesellschafter zur Übereignung der genannten Objekte zu entnehmen; auch eine nur „wertmäßige“ rein interne Einbringung durch Einstellung des wirtschaftlichen Grundstückswerts in die Bilanz ohne Außenwirkung (vgl. dazu RGZ 109, 380) war danach nicht gewollt.

a. Für eine Pflicht zur dinglichen Übereignung sämtlicher Objekte sprechen der Wortlaut des Gesellschaftsvertrages und der damit verbundenen notariellen Urkunde vom 16.05.1989 (UR-Nr. 1308/1989). Laut „Vorbemerkung“ des Gesellschaftsvertrages beabsichtigten die Vertragsschließenden, ihre nicht in Geld bestehenden Vermögenswerte in eine Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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„einzubringen und gemeinschaftlich zu verwalten und zu nutzen“. Die Einbringung der Grundstücke wurde demnach nicht nur „zur“ gemeinschaftlichen Verwaltung und Nutzung, sondern als eigene Beitragsleistung angesehen. Zudem ging man ausweislich Ziffer 9 des Vertrages, der zufolge bei der Berechnung des Abfindungsanspruchs eines ausscheidenden Gesellschafters „Grundstücke … mit dem Dreifachen eines Einheitswertes,…“ anzusetzen waren, offenbar davon aus, dass die GbR auch über Grundstücke verfügen und somit nicht nur eine reine Verwaltungs- und Nutznießungs-GbR sein sollte.

Dem entspricht, dass in der notariellen Urkunde vom 16.05.1989 die ausdrückliche Bevollmächtigung der Notariatssekretäre erteilt wurde, „alle zum Vollzug der Urkunde erforderlichen und nützlichen Erklärungen abzugeben, insbesondere auch zu den vereinbarten Einbringungen die Auflassung zu erklären“, sowie im Weiteren wiederholt Erklärungen zum „dinglichen Vollzug“ dieser Urkunde enthalten sind und abschließend die „Eintragung einer Auflassungsvormerkung“ nach Belehrung nicht gewünscht wurde. Sämtliche dieser Regelungen und/oder Erklärungen wären nicht erforderlich, wenn keine dingliche Übereignung der einzubringenden Objekte gewollt gewesen war. Nach der persönlichen Anhörung der Parteien in der mündlichen Verhandlung am 10.03.2016 ist desweiteren davon auszugehen, dass sich die Regelungen in der notariellen Urkunde vom 16.05.1989 nicht nur auf die Grundstücke des Vaters bezogen, die dort nochmals mit genauer Flurbezeichnung aufgeführt wurden, sondern auch auf die – nicht mit aufgelistete – streitgegenständliche ETW des Beklagten. Die Parteien haben in ihrer Anhörung übereinstimmend angegeben, ihnen sei nicht erinnerlich, dass bei der Abfassung der Urkunde eine Differenzierung zwischen den Objekten – in welcher Hinsicht auch immer – beabsichtigt gewesen sei; vielmehr habe gerade die Einbeziehung der ETW vor dem Hintergrund erfolgen sollen, dass sie nicht vom Beklagten, sondern von ihrem Vater finanziert worden war und dieser Umstand nunmehr wegen seiner Erkrankung geregelt werden sollte.

b. Für eine Übereignungspflicht sprechen darüber hinaus eigene Erklärungen des Beklagten im Laufe der Auseinandersetzung der Parteien sowie die von ihnen vorgelegten Unterlagen. Zwar stellt es nach Auffassung des Senats kein maßgebliches Indiz dar, dass der Beklagte am 20.12.2012 auf die Einrede der Verjährung „bezogen auf die Verpflichtung meinerseits, der C GbR das in meinem Eigentum befindliche Einzimmerappartement … zu übertragen“ (Anl. (K 6 = GA 147), verzichtet hat. Eine solche Erklärung kann vielmehr auch und gerade dann abgegeben werden, wenn die betreffende Verpflichtung als solche zwischen den Beteiligten noch streitig ist und der Einredeverzicht lediglich dazu dienen soll, evtl. andernfalls bestehenden zeitlichen Druck bei der Klärung der Rechtslage zu vermeiden. Das erscheint auch hier plausibel, da die Notare es erst wenige Tage vor dieser Erklärung mit Schreiben vom 17.12.2012 (Anl. K 4 = GA 18 f.) abgelehnt hatten, auf den einseitigen Antrag des Klägers – ohne Befragung der „weiteren Vollmachtgeber“ – von der 1989 erteilten Auflassungsbevollmächtigung Gebrauch zu machen. Indes ergibt sich aus dem Schriftsatz des Beklagten vom 07.08.2013 im Verfahren 1 O 157/13 LG Bonn (K5 = GA 99 ff., 103; Beiakte Seite 60), dass er selbst offenbar von seiner Verpflichtung zur Eigentumsübertragung ausgegangen ist. Zwar stellt er darin zunächst klar, dass „aus dem GbR Vertrag heraus“ keine Pflicht für ihn bestehe, sein Appartement in die GbR einzubringen. Bereits im folgenden Satz räumt er aber ein, dass der Beklagte (d.h. der hiesige Kläger) „dies fordern kann“. In den weiteren Absätzen erklärt er sogar, dass er sich „nie hiergegen gesträubt“ habe und er deswegen, „wenn der Beklagte (d.h. der hiesige Kläger) dies nur fordert“, das Appartement einbringen werde. Die darin zum Ausdruck kommende Auffassung des Beklagten, er sei nicht „aus dem GbR Vertrag heraus“, sondern (erst/nur) auf entsprechende Forderung des Klägers zur Einbringung der ETW verpflichtet, steht mit der Konstruktion des Gesellschaftsvertrages vom 16.05.1989 in Einklang, der zufolge der dingliche Vollzug der Vertragsvereinbarungen davon abhängig war, dass „Gesellschafter, die mindestens 50 Prozent des Gesellschaftsvermögens halten, den Notar entsprechend schriftlich anweisen“. Eine solche Anweisung war hier nun erstmals durch den Kläger erfolgt, der nach dem Tod der Mutter 50% des Gesellschaftsvermögens innehatte und die Notare entsprechend angewiesen hatte. Der Ansicht des Landgerichts, die Erklärung des Beklagten im Schriftsatz vom 07.08.2013 sei nur im Rahmen der dort von ihm angebotenen Gesamtlösung erfolgt, vermag der Senat nicht zu folgen. Diese Gesamtlösung wurde ausdrücklich mit der einleitenden Formulierung angeboten, dass der (hiesige) Beklagte dem (hiesigen) Kläger „aber auch“ ein Kaufangebot über seinen Anteil machen oder „sich auch vorstellen“ könne, das Appartement in B zu „erhalten“ und der (hiesige) Kläger im Gegenzug das Zweifamilienhaus in der Vstraße 16. Es handelte sich demnach ersichtlich (nur) um Alternativen („aber auch“) im Sinne einer einvernehmlichen Gesamtlösung an Stelle der vorangehenden Erklärung, bei entsprechender Aufforderung des Klägers das Appartement in die GbR einzubringen.

Gegen die Annahme einer bloßen Verpflichtung zur Einbringung der Nutzung/Früchteziehung spricht auch die Anmerkung in dem Entwurf zur Erbschaftssteuererklärung nach dem Tod der Mutter der Parteien (Anl. K 7 = GA 148), auch wenn dieser Entwurf vom Steuerberater letztlich nicht in dieser Form umgesetzt/abgegeben worden sein sollte. Dass der Kläger diesen Entwurf erstmals im Berufungsverfahren vorgelegt hat, ist unschädlich, da der Beklagte zwar Verspätung gerügt, nicht aber bestritten hat, dass ein entsprechender Entwurf erstellt wurde. Es handelt sich daher um unstreitiges und damit nicht nach §§ 529, 530 ZPO präkludiertes Vorbringen. In diesem Entwurf ist ausdrücklich angegeben, dass u.a. das Ber Appartement „am 16.05.1989 notariell beurkundet in eine Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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überführt“ worden sei und „die Eigentumsverhältnisse … aus Kostengründen nicht im Grundbuch nachgetragen“ worden seien.

Dem steht nicht entgegen, dass – wie der Beklagte geltend macht – die ETW in dem nach dem Tode der Mutter ergangenen Erbschaftssteuerbescheid vom 15.04.2002 (GA 172 ff.) nicht in die Erbmasse der Mutter einbezogen wurde, weil sie im Grundbuch allein auf seinen – des Beklagten – Namen eingetragen war. Das ergibt sich schlichtweg daraus, dass das Finanzamt sich mit dieser Bescheidung an der durch das Grundbuch dokumentierten Eigentumslage orientiert hat. Für eine Übertragungsverpflichtung lässt sich ferner auch das Schreiben des Beklagten an die Stadt C4 vom 09.11.1992 anführen (Anl. K 8 = GA 149); in dem er selbst die „Fa. C GbR“ als Eigentümer des Objekts S2straße 191 angegeben hat. Abschließend ist zudem anzumerken, dass der Beklagte sich im hiesigen Verfahren zunächst nur damit verteidigt hat, dass er die GbR wirksam gekündigt habe und dem Übereignungsanspruch des Klägers darüber hinaus der Einwand der Verwirkung entgegenstehe. Den Einwand, dass nach dem Gesellschaftsvertrag nur eine gemeinsame Nutzung und Verwaltung und keine Übereignung der Objekte gewollt gewesen sei, hat er hingegen erstmals nach einem entsprechenden Hinweis des Landgerichts in der mündlichen Verhandlung erhoben.

c. Die vom Landgericht gegen eine Übereignungspflicht angeführten rechtlichen Gesichtspunkte greifen nicht durch. Die Zweifelsregel des § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB ist nicht einschlägig, sondern regelt nur die Rückgabe von zur Nutzung überlassenen Gegenständen an den ausscheidenden Gesellschafter. Einschlägig wäre vielmehr die für Grundstücke geltende Auslegungsregel des § 706 Abs. 2 Satz 2 BGB. Danach ist im Zweifel von einer Eigentumseinbringung auszugehen, wenn die Einbringung nach einer Schätzung erfolgt, die nicht bloß für die Gewinnverteilung bestimmt ist. Das ist hier zwar nicht der Fall, bedeutet aber nicht, dass deshalb im Umkehrschluss im Zweifel von einer bloßen Nutzungseinräumung auszugehen wäre (vgl. Timme, in: Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast, 2. Aufl. 2009 § 706 Rdn. 5; Palandt/Sprau, BGB 75. Aufl. 2016 § 706 Rdn. 4), sondern vielmehr überhaupt keine Vermutung gilt, sondern eine Feststellung nach allgemeinen Grundsätzen zu treffen ist. Der weiter vom Landgericht angeführte Umstand, dass im Jahr 1989 noch keine Teilrechtsfähigkeit der GbR anerkannt war, steht bzw. stand der Vereinbarung einer Übereignungspflicht ebenfalls nicht zwingend entgegen. Auch nach damaliger Rechtslage war die Begründung gesamthänderischen Eigentums sämtlicher Gesellschafter möglich, bei der im Grundbuch die einzelnen Gesellschafter als Rechtsträger eingetragen wurden, versehen mit einem Hinweis auf ihre gesamthänderische Verbundenheit („als Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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“, vgl. BayObLG NJW 2003, 70, juris Tz. 8).

d. Für die Annahme des Landgerichts spricht zwar, dass auch nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR bis heute keine Eigentumsübertragung der einzubringenden Objekte auf die GbR im Grundbuch erfolgt ist. Das allein reicht aber nach Auffassung des Senats nicht aus, um entgegen den oben aufgezeigten zahlreichen Indizien lediglich von einer Verpflichtung zur Einbringung der Nutzungen/Früchte auszugehen, zumal sich der unterlassene Vollzug der Übereignung gerade auch mit den im Steuererklärungsentwurf genannten Kostengründen erklären lässt.

2. Diesem Übereignungsanspruch der GbR standen auch keine formalen Gesichtspunkte oder der vom Beklagten erhobene Verwirkungs- bzw. Treuwidrigkeitseinwand entgegen. Das Formerfordernis des § 311b Abs. 1 BGB wurde bei der Vereinbarung der Verpflichtung durch die Bezugnahme in der notariellen Urkunde gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 BeurkG gewahrt. Da der Kläger nach dem Tod der Mutter 50% der Gesellschaftsanteile der GbR hält, war er auch nach den vertraglichen Vorgaben berechtigt, ein wirksames Übereignungsverlangen bzw. eine diesbezügliche Vollzugsanweisung an den Notar auszusprechen. Der vom Beklagten geltend gemachte Verwirkungseinwand greift nicht. Zwar mag das für eine Verwirkung gemäß § 242 BGB durch längere Nichtgeltendmachung (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB 75. Aufl. 2016 § 242 Rdn. 87 ff.) erforderliche Zeitmoment erfüllt sein, da jedenfalls seit dem Tod der Mutter im Jahr 2000 – soweit ersichtlich – über zehn Jahre bis zur erstmaligen ausdrücklichen Geltendmachung des Anspruchs durch den Kläger vergangen sind. Unabhängig davon ist aber jedenfalls das ebenfalls erforderliche Umstandsmoment nicht erfüllt, da der Beklagte ausweislich der o.g. eigenen Erklärung im Verfahren 1 O 157/13 LG Bonn durchaus damit rechnete bzw. ihm sogar bewusst war, dass (auch) sein Appartement nach dem Gesellschaftsvertrag bei entsprechendem Verlangen einer ausreichenden Gesellschaftermehrheit dinglich in die GbR einzubringen war. Abgesehen von dem o.g. Zeitmoment hat der Beklagte auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass er auf eine Nichtgeltendmachung des Anspruchs hätte vertrauen dürfen. Dass der Kläger gegen den Erbschaftssteuerbescheid nach dem Tod der Mutter kein Rechtsmittel eingelegt hat, reicht hierfür allein nicht aus. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte sich aufgrund eines (unterstellt) geschaffenen Vertrauenstatbestands – wie für den Verwirkungstatbestand erforderlich (vgl. dazu Palandt/Grüneberg, BGB 75. Aufl. 2016 § 242 Rdn. 95) – so eingerichtet hätte, dass die verspätete Geltendmachung des Anspruchs für ihn einen unzumutbaren Nachteil darstellen würde. Der Treuwidrigkeitseinwand greift auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass dem Beklagten für die Realisierung des GbR-Anspruchs ein einfacherer WEG durch die schlichte Vollzugsanweisung an den Notar zur Verfügung stünde. Denn ausweislich des vom Kläger vorgelegten Schreibens vom 17.12.2012 (Anl. K 4 = GA 18 f.) hat der Notar bereits einen entsprechenden Vollzug ohne Zustimmung des Beklagten abgelehnt, so dass der Kläger (auch) gegen den Notar rechtliche Schritte zur Durchsetzung des Vollzugs hätte unternehmen müssen, die jedenfalls keinen einfacheren WEG zur Erreichung seines Ziels darstellen. Schließlich standen auch die vom Beklagten angeführten erheblichen Streitigkeiten der Parteien bei der Verwaltung der (übrigen) gemeinsamen Objekte dem Übereignungsverlangen an die GbR nicht gemäß § 242 BGB entgegen. Der Beklagte macht insoweit geltend, es sei ihm nicht zumutbar, angesichts der erheblichen Differenzen der Parteien betreffend die Verwaltung der im hälftigen Miteigentum stehenden elterlichen Immobilien Vstraße und S2straße und der daraus – seiner Behauptung nach – resultierenden Unmöglichkeit einer wirtschaftlichen Nutzung dieser Objekte nunmehr auch noch seine ETW in die GbR einzubringen und damit die „Nutzungsblockade“ auch auf diese Wohnung zu erstrecken und seine Ber WEG in die Auseinandersetzung mit dem Kläger hineinzuziehen. Hieraus folgt indes keine Treuwidrigkeit oder Unzumutbarkeit des Verlangens für den Beklagten, da ihm in Form der außerordentlichen Kündigung gemäß § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB oder Ausschließung des Klägers gemäß § 737 BGB ausreichende und zumutbare Möglichkeiten zur Verfügung standen, die gesellschaftsrechtliche Bindung zwischen ihnen (auch) bezüglich der einzubringenden ETW zu lösen.

3. Der Kläger kann diesen Anspruch auf Übereignung der ETW an die GbR aber deshalb nicht mehr geltend machen, weil der Beklagte die Gesellschaft wirksam außerordentlich gemäß § 723 Abs. 1 BGB zum 31.12.2014 gekündigt hat.

a. Der Beklagte hat im Rechtsstreit der Parteien 7 O 330/14 LG Bonn mit Schriftsatz vom 12.10.2014 (dort Bl. 32 GA) die außerordentliche Kündigung der Gesellschaft zum 31.12.2014 erklärt. Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 31.07.2016 erstmals geltend gemacht hat, seine fristlose Kündigung sei unter dem Blickwinkel der gesetzlichen Bestimmung des § 737 Satz 2 und 3 BGB als Ausschließung des Klägers zu verstehen, mit der Folge, dass dessen Gesellschaftsanteil ihm – dem Beklagten – angewachsen sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dem steht – wie in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2016 erörtert – nicht nur die ausdrücklich Formulierung der Kündigungserklärung entgegen, sondern auch, dass der Beklagte selbst noch im hiesigen Rechtsstreit wiederholt davon gesprochen hat, dass er die Gesellschaft gekündigt habe und sie nunmehr auseinanderzusetzen sei (Schriftsatz vom 01.01.2015, GA 29 f., Schriftsatz vom 01.12.2015, GA 174). Eine Begründung dafür, dass dies nunmehr plötzlich anders zu verstehen sein sollte, wird von ihm nicht vorgetragen.

b. Diese außerordentliche Kündigung erachtet der Senat für wirksam. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung einer Gesellschaft gemäß § 723 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass dem Kündigenden nach Lage des Falles eine Fortsetzung der Gesellschaft bis zum Vertragsende oder zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin nicht zugemutet werden kann, weil das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern grundlegend gestört oder ein gedeihliches Zusammenwirken aus sonstigen, namentlich auch wirtschaftlichen Gründen, nicht mehr möglich ist. Dabei muss das auf dem wichtigen Grund beruhende Individualinteresse des Kündigenden an der sofortigen Beendigung seiner Mitgliedschaft in der Gesellschaft höher zu bewerten sein als das Interesse seiner Mitgesellschafter an der unveränderten Fortsetzung der Gesellschaft. Bei der hierfür vorzunehmenden Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls sind vor allem das Verhalten der übrigen Gesellschafter, Zweck, Struktur und Dauer der GbR, Alternativen nach dem Gesellschaftsvertrag, Intensität der Zusammenarbeit, Ursache des Kündigungsgrundes, Verhalten des kündigenden Gesellschafters, Zeitverbleib bis zur ordentlichen Beendigung und die wirtschaftlichen Auswirkungen zu berücksichtigen. Die in § 723 Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Regelbeispiele sind insoweit nicht abschließend (vgl. Nachw. zur std. Rspr. bei Palandt/Sprau, BGB 75. Aufl. 2016 § 723 Rdn. 4).

Danach ist hier von einem außerordentlichen Kündigungsgrund für den Beklagten in Form der Unzumutbarkeit der Gesellschaftsfortsetzung auszugehen:

Da die GbR nur zwei Gesellschafter hat, die beide Geschäftsführer sind, ist das Erreichen des Gesellschaftszwecks – die Verwaltung des Immobilienbesitzes – nicht ohne einvernehmliche Zusammenarbeit der Parteien möglich. Insbesondere um die ordnungsgemäße Vermietung der Immobilien (wie etwa Abrechnung der Nebenkosten, Reparaturen und Neuvermietungen) sicherzustellen, ist eine intensive Zusammenarbeit notwendig. Das Verhältnis zwischen den Parteien ist jedoch seit Jahren zerrüttet, wie sich an ihren zahlreichen, teilweise sogar gerichtlichen Auseinandersetzungen bezüglich der gemeinsamen Immobilienverwaltung zeigt. Die gesamte Entwicklung während der letzten Jahre verdeutlicht, dass eine einvernehmliche Zusammenarbeit zwischen ihnen – gerade auch wegen des destruktiven Verhaltens des Klägers – nicht mehr möglich ist und damit der Zweck der Gesellschaft, das gemeinsame Vermögen zu verwalten, nicht mehr erfüllt werden kann.

Unstreitig bestehen zwischen den Parteien erhebliche Differenzen betreffend die Vermietung fast aller gemeinsamen Objekte (sowie eines weiteren, im gemeinsamen Eigentum stehenden Objekts Lstraße 55, GA 66): Hinsichtlich der Vermietung der Wohnung im 1. OG der Vstr. 16 verhindert der Kläger nach Behauptung des Beklagten bereits seit mehreren Jahren trotz entsprechender Angebote eine Vermietung; demgegenüber behauptet der Kläger, es seien keine Interessenten vorhanden gewesen und zudem beabsichtige er, die Wohnung demnächst selbst für sich zu nutzen. Bei dem Objekt Vstr. 18 hat der Kläger ohne Zustimmung des Beklagten eine Kamera auf den Eingang des dortigen Mieters C5 gerichtet und trotz Aufforderung des Beklagten nicht entfernt. Außerdem hat er sich geweigert, vom Beklagten gewünschte Reparaturmaßnahmen an dem Objekt durchzuführen, weswegen der Mieter die Miete erheblich gemindert hat und letztlich ausgezogen ist. Das Objekt steht bis heute leer, da der Kläger mehrere vom eingeschalteten Makler vorgeschlagene Mieter abgelehnt hat, worauf der Beklagte in dem Verfahren 1 O 121/15 LG Bonn Klage auf Zustimmung des Klägers zum Abschluss eines Mietvertrages erhoben hat. Auch über eine Vermietung der Gewerbeeinheit an ein Tanzstudio konnten die Parteien sich nicht einigen, und zwar nach Behauptung des Klägers, weil der von Beklagtenseite vorgeschlagene Mietinteressent nicht hinreichend solvent gewesen sei. Von einem „Mieter“ C6 hat der Kläger zunächst nur eine Nutzungsentschädigung verlangt und den vom Beklagten gewünschten Abschluss eines Mietvertrages mit der Begründung verweigert, der Beklagte habe ursprünglich die Vermietung einer Teilfläche an Herrn C6 abgelehnt, so dass er – der Kläger – diesem nur eine vorübergehende Nutzungsmöglichkeit habe einräumen können. Nach dem Auszug Herrn C6s habe er – der Kläger – mehrere Mietinteressenten gehabt, die jedoch der Beklagte nicht akzeptiert habe. Desweiteren weigerte sich der Kläger, dem Beklagten eine Vollmacht für eine Klage gegen eine Mieterin X2 zu erteilen, die über ein Jahr mit der Mietzahlung im Rückstand war. Schließlich konnten sich die Parteien auch nicht über die Erstellung einer Nebenkostenabrechnung für das Objekt S2straße einigen sowie über die Auswahl eines Steuerberaters für die GbR, wobei der Kläger hinsichtlich des Steuerberaters seine Position mehrfach änderte und seine Zustimmung letztendlich davon abhängig machte, dass der Beklagte auf sein Vermieterpfandrecht hinsichtlich des Mieters C5 verzichte.

Darüber hinaus hat der Kläger durch sein weiteres Verhalten das Vertrauensverhältnis zum Beklagten erheblich beeinträchtigt. So hat er gegen den Mieter C5 nach dessen Auszug ohne Zustimmung des Beklagten, der eine gütliche Einigung anstrebte, einen Rechtsstreit über zwei Instanzen geführt und die Kosten dafür – ohne Rücksprache mit dem Beklagten – dem Girokonto der GbR entnommen. Außerdem hat er die Nutzungsentschädigung von dem Mieter C6 in bar angenommen, ohne den Beklagten davon zu unterrichten, und sie erst auf das Girokonto der GbR eingezahlt, nachdem der Beklagte davon erfahren hatte. Ebenso hat er den Erlös aus einer Versteigerung aufgrund des Vermieterpfandrechts an Gegenständen der O Küchen zunächst ohne Wissen des Beklagten in bar an sich genommen, jedoch bei der Steuererklärung als Gewinn der GbR deklariert und erst nach Aufforderung des Beklagten auf das GbR – Girokonto eingezahlt.

Eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung des Klägers liegt zudem darin, dass er versucht, die Befugnisse des Beklagten als hälftiger gleichberechtigter Mitgesellschafter auf mehreren Wegen zu beschränken und ihn zunehmend von der Ebene der Entscheidungsfindung auszuschließen. Das zeigt sich nicht nur daran, dass er dem Beklagten seit dem Jahr 2011 trotz mehrfacher und konkreter Aufforderung unter anderem für die Nebenkostenabrechnungen benötigte Unterlagen nicht vorgelegt, mehrere vom Beklagten erstellte Nebenkostenabrechnungen entgegen der Absprache nicht an die Mieter versandt hat (offenbar weil er der Ansicht ist, dass darin eine falsche Anschrift für den Sitz der GbR angesehen gegeben ist; s. Anl. B 19) und per Einschreiben vom Beklagten an ihn versandte Unterlagen ungeöffnet zurückgeschickt hat. Außerdem hat er Beschlüsse von Eigentümerversammlungen, an denen auf Seiten des Beklagten zuletzt dessen Sohn teilgenommen hat, betreffend Maßnahmen für eine künftige konstruktivere Zusammenarbeit nicht umgesetzt, wie z.B. den Beschluss vom 19.07.2014, wobei es über diese Sitzung offenbar sogar zwei unterschiedliche Protokolle gibt (GA 66). Darüber hinaus hat er dem Beklagten bis heute keine Schlüssel zu dem Haus Vstraße 16, den Kellerräumen Vstraße 18 und dem Ladenlokal in S2straße 191 gegeben, obwohl diese Objekte zum Gesellschaftsvermögen gehören und die Wohnung in der Vstraße 16 seiner Ansicht nach sogar der Sitz der GbR sein soll. Letzteres ist zudem ein maßgeblicher Streitpunkt, da der Kläger versucht, als Sitz seine Wohnung in der Vstraße 16 in C4 durchzusetzen, wohingegen der Beklagte auf den – offenbar bisherigen – Sitz in der Tstraße 5a in X3 besteht.

In besonderem Maße vertrauensschädigend gemäß § 723 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BGB war bzw. ist schließlich das Rundschreiben des Klägers vom 19.12.2014 an die Mieter der GbR (Anl. B 20), mit dem er versucht hat, diese in seine Auseinandersetzung mit dem Beklagten einzubeziehen und gegen den Beklagten einzunehmen. In diesem Schreiben hat er die Mieter aufgefordert, dem Sitz der GbR in der Vstraße 16 zuzustimmen, und hat dies damit begründet, dass „Gesellschafter“ der GbR (sprich: der Beklagte) immer wieder versuchten, die Entscheidungsebene aus der GbR heraus (sprich: auf sich selbst) zu verlagern und die Mietparteien damit genötigt seien, sich mit Interna der GbR auseinanderzusetzen anstatt – worauf sie ein Anrecht hätten – auftretende Probleme von der GbR insgesamt beantwortet zu erhalten. Dies könnten die Mieter damit vermeiden, dass sie „weiter den mietvertraglich vereinbarten Sitz der GbR“ in der Vstraße 16 als Sitz der GbR anerkennen würden, an den sie sich mit allen Belangen im Mietverhältnis rechtssicher wenden könnten. Nach diesem Schreiben sollte der jeweilige Mieter dem dortigen Sitz sogar automatisch zugestimmt haben, wenn er keine gegenteilige Erklärung abgab. Neuen Mietparteien im Haus S2straße 191 hat der Kläger darüber hinaus mitgeteilt, dass er ihren Mietverträgen nur unter der Bedingung zustimme, dass sie zusätzlich das obige Schreiben unterzeichnen; bei dem Mieter Wieland hat er einer WC-Erneuerung nur im Gegenzug zur Bestätigung dieses Schreibens zugestimmt (Anl. B 21). Der Beklagte hat von diesen Schreiben erst nachträglich durch Mitteilungen von Mietern erfahren. Mit diesen Schreiben hat der Kläger seine gesellschafterliche Treuepflicht in besonderem Maße verletzt, da er damit nicht nur auf eine „Entmachtung“ des Beklagten im Verhältnis zu den Mietern abgezielt, sondern zugleich auch dessen Ansehen bei ihnen herabgesetzt und zusätzlich noch versucht hat, die Mieter in seinem eigenen Interesse unter Druck zu setzen. Dass dem Beklagten ein gleichermaßen treuwidriges Verhalten mit der Folge zur Last fällt, dass er sich nicht auf das Verhalten des Klägers als Kündigungsgrund berufen könnte, hat der diesbezüglich darlegungsbelastete Kläger nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Zu berücksichtigen ist desweiteren, dass die GbR nach dem Gesellschaftsvertrag am 31.05.2019 ordentlich beendet ist, so dass der Kläger sich damit ohnehin nicht mehr auf eine besonders langfristige Zusammenarbeit einrichten konnte und durfte. Umgekehrt ist dem Beklagten hingegen eine Fortsetzung der GbR bis zu diesem Termin in Anbetracht der erheblichen Auseinandersetzungen der Parteien und insbesondere der – nicht unberechtigten – Befürchtung des Beklagten, dass die Objekte durch diese fortgesetzten Streitereien „heruntergewirtschaftet“ werden könnten, nicht mehr zumutbar. Anders als der Kläger schließlich meint, stehen dem Beklagten auch keine „milderen Mittel“ zur Verfügung. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass die Parteien die Funktion der GbR dadurch sicherstellen könnten, dass sie bei Uneinigkeit jeweils den Klageweg beschreiten, ist dies keine hinreichende Lösung. Denn der Zweck der GbR ist auf eine wirtschaftliche Verwaltung der Immobilien gerichtet. Sollte bei jeder der zahlreich auftretenden Unstimmigkeiten der Klageweg beschritten werden, dessen Kosten letztendlich immer der GbR zur Last fielen, wäre eine wirtschaftliche Führung der GbR unmöglich. Zudem wäre die GbR auch auf Grund der langen Verfahrensdauern gegenüber den Mietern im Ergebnis nicht handlungsfähig.

c. Die außerordentliche Kündigung der GbR hat zur Folge, dass der Kläger keine Übereignung der ETW an die Gesellschaft mehr verlangen kann.

aa. Grundsätzlich kann ein Gesellschafter als Ausfluss seiner Mitgliedschaft allein in Prozessstandschaft für die GbR im Wege der actio pro socio Sozialansprüche der GbR zur Leistung an die GbR geltend machen (vgl. Palandt/Sprau, BGB 75. Aufl. 2016 § 714 Rdn. 9). Sozialansprüche sind auch die Ansprüche der GbR auf Leistung der Beiträge gemäß §§ 705 bis 707 BGB (vgl. Palandt/Sprau a.a.O. § 705 Rdn. 29), wozu im vorliegenden Fall auch die vom Beklagten „einzubringende“ ETW gehört (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O. § 706 Rdn. 1; BGH, Urt. v. 26.11.1979 – II ZR 87/79, NJW 1980, 1744). Im Falle einer (wirksamen) Kündigung durch einen Gesellschafter tritt allerdings grundsätzlich die Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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ein, deren Vermögen auseinanderzusetzen ist und die bis zum Abschluss dieser Auseinandersetzung (nur noch) als Liquidationsgesellschaft fortbesteht, sofern keine anderweitige vertragliche Regelung gemäß § 736 BGB existiert (vgl. Palandt/Sprau a.a.O. § 723 Rdn. 1, vor § 723 Rdn. 2).

bb. Entgegen der Ansicht des Klägers liegt hier eine solche anderweitige vertragliche Regelung über die Fortsetzung der Gesellschaft gemäß § 736 BGB nicht vor; sie ergibt sich insbesondere nicht aus der von ihm hierzu angeführten Fortsetzungsklausel in Ziffer 8 des Gesellschaftsvertrages. Zwar ist davon auszugehen, dass diese Klausel gerade auch für den hier vorliegenden Fall der außerordentlichen Kündigung gelten sollte, da sie keine Differenzierung hinsichtlich der Art der Kündigung enthält und die auf bestimmte Zeit geschlossene Gesellschaft von vorneherein gemäß § 723 Abs. 1 BGB nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündbar war/ist. Eine solche Fortsetzungsklausel ist jedoch im Fall einer – wie hier – ursprünglich mehrgliedrigen GbR, die auf eine Zwei-Mann-GbR geschrumpft ist, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und nach allgemeiner Meinung bei Kündigung eines Gesellschafters als Übernahmevereinbarung auszulegen, d.h. als Vereinbarung, dass der letzte Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen als Gesamtrechtsnachfolger übernimmt (vgl. Palandt/Sprau, BGB 75. Aufl. 2016 § 736 Rdn. 4). Soweit der Kläger dagegen die Auffassung vertritt, die Gesellschaft bestehe trotz dieser Anwachsung quasi als „Ein-Mann-Liquidationsgesellschaft“ fort, hat ihn bereits das Landgericht auf die Fehlerhaftigkeit dieser Ansicht hingewiesen. Eine „Ein-Mann-GbR“ gibt es – jedenfalls nach herrschender Meinung und Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – nicht.

Ob in der vorliegenden Konstellation – wie von der Literatur teilweise vertreten – im Zweifel von einem automatischen Übergang bei Eintritt des auslösenden Ereignisses auszugehen ist, oder aber (nur) von einem Übernahmerecht des verbleibenden Gesellschafters, das von diesem noch ausgeübt werden muss (vgl. zum Streitstand Palandt/Sprau a.a.O. § 736 Rdn. 4), bedarf hier keiner Entscheidung, da der Kläger ein solches Übernahmerecht zumindest konkludent ausgeübt hat. Das ergibt sich aus seinem Vorbringen im Schriftsatz vom 08.06.2015 (GA 50), dem zufolge die GbR durch ihn als Einzelperson fortgeführt werde und er somit alle Rechte der Gesellschaft übernehme, jedenfalls aber aus seinem Hilfsantrag auf Übereignung der ETW an sich selbst als Rechtsnachfolger der GbR.

Danach kann der Kläger den Übereignungsanspruch nicht mehr im Wege der actio pro socio für die GbR, sondern (lediglich) als deren Gesamtrechtsnachfolger im eigenen Namen geltend machen.

B. Der dem entsprechende erste Hilfsantrag des Klägers aus der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2016, gerichtet auf Übereignung der streitgegenständlichen ETW an ihn persönlich Zug um Zug gegen Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz ist zwar zulässig, in der Sache aber ebenfalls nicht begründet.

1. Die Einwände des Beklagten gegen die Zulässigkeit dieses Hilfsantrags greifen nicht durch. Es handelt sich um eine gemäß § 533, § 263 ZPO zulässige Klageänderung. Die hilfsweise begehrte Übereignung der ETW an den Kläger persönlich ist bei objektiver Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit sachdienlich gemäß § 533 Nr. 1 ZPO, da damit jedenfalls hinsichtlich dieses Objekts eine endgültige Beilegung des Streits der Parteien gefördert wird, und kann auf die Tatsachen gestützt werden, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO).

2. In der Sache ist der Hilfsantrag allerdings nicht begründet.

a. Zwar stand der GbR – wie oben ausgeführt – aus dem Gesellschaftsvertrag vom 16.05.1989 gegen den Beklagten ein Anspruch auf Übereignung der ETW zu, der infolge der wirksamen außerordentlichen Kündigung der Gesellschaft durch den Beklagten mit Wirkung zum 31.12.2014 im Wege der Anwachsung auf den Kläger persönlich als Rechtsnachfolger der GbR übergegangen ist; einer Einzelaktübertragung (Abtretung) bedarf es insoweit nicht.

b. Dem Übereignungsanspruch des Klägers steht aber entgegen, dass sich dieser auf nicht erfüllte Beitragsleistung des Beklagten richtet und nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht davon auszugehen ist, dass die Erfüllung des Anspruchs für die Durchführung der Abwicklung der GbR benötigt wird. Ansprüche auf rückständige Beiträge können im Fall der Beendigung der Gesellschaft wegen deren Beschränkung auf den Abwicklungszweck nur noch insoweit eingefordert werden, als sie für die Abwicklung der Gesellschaft noch benötigt werden; ansonsten ist sind sie (lediglich) in der Schlussabrechnung zu berücksichtigen (vgl. Erman/Westermann, BGB 14. Aufl. 2014 § 730 Rdn. 6; MünchKommBGB/Schäfer, 6. Aufl. 2013 § 730 Rdn. 30; Palandt/Sprau, BGB 75. Aufl. 2016 § 730 Rdn. 8; Hadding/Kießling, in: Soergel, BGB 13. Aufl. 2011 § 730 Rdn. 8).

Hier ist nach dem zugrunde zu legenden Sachvortrag davon auszugehen, dass die streitgegenständliche ETW für die Abwicklung der GbR nicht benötigt wird. Insoweit obliegt zwar nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich der Senat – wie er in seinem Hinweisbeschluss vom 12.05.2016 ausgeführt hat- anschließt, dem in Anspruch genommenen Beitragsschuldner, d.h. hier dem Beklagten, die Beweislast dafür, dass der geforderte rückständige Beitrag nicht für die Abwicklung benötigt wird (vgl. BGH, Urt. v. 03.07.1978 – II ZR 54/77, WM 1978, 898 f.; Urt. v. 05.11.1979 – II ZR 145/78, NJW 1980, 1523 ff.; ferner BGH, Urt. v. 12.07.1999 – II ZR 4/98, NJW 1999, 3557 f.; ebenso OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Urt. v. 11.06.1999 – 17 U 194/99, NZG 1999, 989, 990; Heidel/Hanke, in: Nomos, BGB-Kommentar 2. Aufl. 2012 § 730 Rdn. 28; Palandt/Sprau, BGB 75. Aufl. 2016 § 730 Rdn. 8; kritisch Hadding/Kießling, a.a.O.; MünchKommBGB/Schäfer, a.a.O. Rdn. 31; Erman/Westermann, a.a.O.; Timme, in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl. 2009 § 730 BGB Rdn. 2). Da der Beitragsschuldner zu diesem Nachweis aber in der Regel nur dann in der Lage ist, wenn der Abwickler die insoweit bedeutsamen Verhältnisse der Gesellschaft näher dargelegt hat, trifft diesen, d.h. hier den Kläger, insoweit zunächst eine Darlegungslast, soweit ihm dies möglich und nur er wegen seiner Stellung hierzu in der Lage ist (vgl. BGH a.a.O.). Dieser Darlegungslast hat der Kläger hier nach Auffassung des Senats – wie in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2016 dargelegt – nicht genügt; vielmehr ist nach den vorliegenden Angaben davon auszugehen, dass die ETW für die Abwicklung der GbR, d.h. die Auseinandersetzung der beiden Gesellschafter nicht benötigt wird. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 03.04.2016 geltend gemacht, dass die Übereignung der streitgegenständlichen ETW in Anbetracht der im Übrigen in Rede stehenden Ausgleichswerte und Vermögensverhältnisse der GbR für die Abwicklung nicht erforderlich sei. Sein Abfindungsanspruch belaufe sich nach seiner (vom Senat in der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2016 aus dem Parallelverfahren 7 O 330/14 LG Bonn, dort Schriftsatz vom 15.04.2015, GA 443, herangezogenen) groben Schätzung auf ca. 700.000,00 EUR. Der Wert des streitgegenständlichen Apartments betrage dagegen nur ca. 36.000,00 EUR mithin nur 1/40tel des Gesamtwerts des Immobilienvermögens der GbR (ca. 1,4 Millionen EUR). Dieses Vorbringen ist berücksichtigungsfähig gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 ZPO, da der Beklagte sowohl in Anbetracht der vom Landgericht vertretenen Auffassung zur Auslegung des GesellschaftsvertragesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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als auch im Hinblick darauf, dass der Kläger erst im Berufungsverfahren hilfsweise die Übereignung der GbR an sich persönlich beantragt hat, zuvor keinen Anlass zu entsprechendem näheren Vorbringen sehen musste.

Diesem Vorbringen ist der Kläger – gemäß der ihm nach obigen Ausführungen obliegenden – Darlegungslast nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten. Er hat hierzu mit Schriftsatz vom 11.06.2016 lediglich vorgetragen, seiner Auffassung nach liege das Auseinandersetzungsguthaben des Beklagten nur bei rund 430.000 EUR, auch diesen Betrag könne er aber nicht aufbringen. Der im Bruchteilseigentum der Parteien stehende übrige Grundbesitz sei mit Grundschulden belastet, die allerdings nach seinen eigenen Angaben (bis auf die Grundschulden auf der Vstraße 20 in Höhe von insgesamt 47.518,80 EUR) nicht mehr valutieren. Das ehemalige Gesellschaftsskonto weise – so weitere Angaben des Klägers – zum 04.07.2016 ein Guthaben von 41.200,00 EUR auf, wovon noch ein Guthaben der nicht zur GbR gehörenden Bruchteilsgemeinschaft L von 7.000,00 EUR und eine Mietkaution von 1.200,00 EUR abzuziehen seien. Auch dann verbleibt aber immer noch ein Guthaben von 34.000,00 EUR. Schließlich hat der Kläger angegeben, selbst monatlich 3.000,00 EUR dem Gesellschaftsskonto zu entnehmen – auf welcher Rechtsgrundlage, ist seinem Vortrag nicht zu entnehmen. Dieser Vortrag ist nicht nur zu pauschal, unsubstantiiert und zudem in keiner Weise belegt, sondern lässt auch nicht erkennen, dass die streitgegenständliche ETW mit einem Wert von (nur) 36.000,00 EUR – auch wenn sie unbelastet sein mag – in Anbetracht der übrigen vorhandenen Vermögenswerte der GbR für die Abwicklung benötigt würde.

Anderes ergibt sich auch nicht aus dem weiteren Vorbringen des Klägers, die Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung des Abfindungsanspruchs sei aufgrund des Bruchteilseigentums an dem übrigen Grundbesitz nicht möglich, da die Banken eine entsprechende Belastung des Grundbesitzes zur Absicherung ihres Darlehensrückzahlungsanspruchs nicht vornehmen könnten. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Belastung von Bruchteilseigentum, wenn es in dem Anteil eines Miteigentümers besteht, gemäß §§ 1008, 1114, 1192 Abs. 1 BGB grundsätzlich zulässig ist (vgl. Palandt/Bassenge, BGB 75. Aufl. 2016 § 1008 Rdn. 2; § 1114 Rdn. 1; Rohe, in: Bamberger/Roth, BGB 3. Aufl. 2012 § 1114 Rdn. 3; MünchKommBGB/Eickmann, 6. Aufl. 2013 § 1114 Rdn. 1). Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, geschweige denn belegt, dass eine Bank wegen des Bruchteilseigentums eine Kreditanfrage von ihm abgelehnt hätte.

Da sich die Unbegründetheit des Übereignungsanspruchs des Klägers damit bereits aus der Beschränkung der Ansprüche auf den Abwicklungszweck ergibt, kann die Frage, ob nicht auch die gesellschaftsrechtliche Durchsetzungssperre (vgl. dazu BGH, Urt. v. 15.05.2000 – II ZR 6/99, NJW 2000, 2586; Urt. v. 17.05.2011 – II ZR 285/09, NJW 2011, 2355; Palandt/Sprau a.a.O. § 730 Rdn. 6) diesem Anspruch entgegenstehen würde, offen bleiben. Insoweit ist lediglich anzumerken, dass der Kläger zwar zutreffend darauf hinweist, dass von der Durchsetzungssperre zahlreiche Ausnahmen zugelassen werden, vor allem dann, wenn – wie bei der vorliegend in Rede stehenden Sachleistung – die Gefahr von Hin- und Herzahlungen während des Auseinandersetzungsverfahrens, der durch die genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begegnet werden soll, nicht besteht. Auch die Gefahr einer „Hin- und Herübertragung“ der ETW – wie vom Beklagten geltend gemacht – bestünde nicht, da dem Beklagten seinerseits weder aus dem Gesellschaftsvertrag noch nach §§ 738, 733 BGB ein Anspruch auf Rückübereignung der ETW/der von ihm geleisteten Einlagen in Natur zusteht, sondern nur auf Zahlung eines entsprechenden Abfindungsanspruchs/Auseinandersetzungsguthabens. Zutreffend ist auch, dass in der Literatur teilweise vertreten wird, dass eine Ausnahme von der Durchsetzungssperre immer schon dann gerechtfertigt sei, wenn der geltend gemachte Anspruch nicht auf Zahlung gerichtet ist (so Hadding/Kießling, in: Soergel, BGB 13. Aufl. 2011 § 730 Rdn. 9 f., § 738 Rdn. 24; Schöne, in: Bamberger/Roth, BGB 3. Aufl. 2012 § 730 Rdn. 30). Ob dies derart generell für Sachleistungen angenommen werden kann, erscheint dem Senat jedoch zweifelhaft. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage zuletzt ausdrücklich offen gelassen und sich darauf zurückgezogen, dass die Durchsetzungssperre „jedenfalls“ aus Sinn und Zweck des (im dortigen Fall in Rede stehenden) Anspruchs auf Naturalrestitution und des Umstands nicht eingreife, dass sich die (dortige) Gesellschaft nicht in Liquidation befand und ihre Geschäft weiter betrieb. Da der Anspruch auf Naturalrestitution – so der Bundesgerichtshof – im dortigen Fall darin bestehe, dass der Gesellschaft das Eigentum an einem Grundstück verschafft werde und sie die aus diesem Eigentum resultierenden Geschäftschancen nutzen könne, und dieser Zweck der Naturalrestitution vereitelt würde, wenn man die Forderung der Gesellschaft auf einen unselbstständigen Rechnungsposten in der Auseinandersetzungsbilanz reduziere, greife die Durchsetzungssperre in diesem Fall nicht ein (Urt. v. 04.12.2012 – II ZR 159/10, NJW-RR 2013, 363 Rdn. 42 ff.). Diese Überlegungen sind indes auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, in dem die GbR gerade nicht weiter betrieben, sondern abgewickelt werden soll. Dass der Kläger beabsichtigt, die Verwaltung der Objekte alleine fortzuführen, stellt keine Fortsetzung der Gesellschaft als solcher dar, sondern seine persönliche Nutzung der ihm aus der Auseinandersetzung ggfls. erwachsenden Vermögenswerte. Es ist aber nicht Sinn und Zweck einer vom Gesellschafter geschuldeten (rückständigen) Beitragsleistung – unabhängig davon, ob es sich um eine Geld- oder eine Sachleistung handelt – einem Gesellschafter nach Beendigung und Auseinandersetzung der Gesellschaft einen solchen persönlichen Nutzungsvorteil zu erhalten. Vielmehr ist auch hier der oben genannte Gedanke der Beschränkung rückständiger Beitragsforderungen auf den Abwicklungszweck zu berücksichtigen, der – wie oben ausgeführt – im vorliegenden Fall bereits unabhängig von der Frage der Durchsetzungssperre der Geltendmachung des Übereignungsanspruchs entgegensteht.

C. Der weiter hilfsweise gestellte Antrag des Klägers, mit dem er die Feststellung begehrt, dass der Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an der streitgegenständlichen GbR in die Auseinandersetzungsbilanz der GbR einzustellen ist, ist dagegen zulässig und begründet.

1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er entgegen der Ansicht des Beklagten nicht verspätet. Dabei kann offen bleiben, ob es sich bei diesem weiteren Hilfsantrag überhaupt – wie der Beklagte meint – um eine Klageänderung handelt. Dies ist fraglich, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in einem wegen Fehlens der abschließenden Auseinandersetzungsrechnung verfrühten und deswegen derzeit unbegründeten Leistungsbegehren in der Regel ein Feststellungsantrag auf Einstellung eines Anspruchs als unselbstständigen Posten in die Auseinandersetzungsbilanz ohne weiteres bereits enthalten ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.1994 – II ZR 231/93, NJW 1995, 188, juris Tz. 8). Jedenfalls ist der Antrag aber auch dann, wenn man darin eine Klageänderung sieht, zulässig gemäß § 533 ZPO, da er sachdienlich ist und auf Tatsachen gestützt werden kann, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung nach § 529 ZPO zugrundezulegen hat. Es liegt auch keine vorwerfbare verspätete Antragstellung vor, da der Kläger vor dem Hinweisbeschluss des Senats vom 12.05.2016 hierzu noch keine unbedingte Notwendigkeit sehen musste und durch den Antrag keine Verzögerung des Rechtsstreits eintritt.

2. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Wie oben ausgeführt, stand der zu liquidierenden Gesellschaft ein entsprechender Übereignungsanspruch gegen den Beklagten zu, so dass dieser Anspruch auch in die Auseinandersetzungsbilanz als noch nicht erbrachte Einlage des Beklagten einzustellen ist. Dagegen kann der Beklagte sich nicht darauf berufen, dass der Kläger selbst überhaupt keine Auseinandersetzungsbilanz erstellen wolle. Dass der Kläger sich auch künftig möglicherweise zur Erstellung einer solchen Bilanz nicht bereit erklären mag, ändert nichts daran, dass der Übereignungsanspruch als solcher in diese Bilanz einzustellen ist. Zudem ist es dem Beklagten unbenommen, den Kläger gegebenenfalls auf Erstellung einer entsprechenden Bilanz im Klagewege in Anspruch zu nehmen.

D. Der weitere Antrag des Klägers auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten von 861,57 EUR für die vorgerichtliche Geltendmachung des Übereignungsanspruchs ist wiederum nicht begründet. Zwar war der Kläger im Zeitpunkt der erstmaligen anwaltlichen Aufforderung des Beklagten zur Übereignung der ETW an die GbR mit Schreiben vom 15.08.2014 (Anl. K 3 = GA 16 f.) noch berechtigt, diesen Anspruch im Wege der actio pro socio für die Gesellschaft geltend zu machen, da der Beklagte die GbR erst danach mit Schriftsatz vom 12.10.2014 wirksam außerordentlich gekündigt hat. Der dem Kläger hieraus erwachsende Aufwendungsersatzanspruch gegen die GbR gemäß §§ 713, 670 BGB (vgl. Palandt/Sprau, BGB 75. Aufl. 2016 § 714 Rdn. 9 aE, § 713 Rdn. 10) bzw. der der GbR infolgedessen zustehende Ersatzanspruch gegen den Kläger unterliegt jedoch nach der wirksamen Kündigung der GbR als im Gesellschaftsverhältnis wurzelnder Zahlungsanspruch der gesellschaftsrechtlichen Durchsetzungssperre und kann daher nicht mehr selbständig geltend gemacht werden.

Schlagworte: actio pro socio, Besonderheiten in der Zwei-Personen-Gesellschaft, Durchsetzungssperre, Einzelfälle zur Gesellschafterklage, Fortsetzungs- oder Übernahmeklausel, Fortsetzungsklausel, Gesellschafterzerwürfnis, Herausgabeanspruch der GmbH, Treuepflicht, Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Geschäftsführerverhältnisses, Unzumutbarkeit Fortsetzung des Geschäftsführerverhältnisses wegen Vertrauensverlusts, Verletzung der Treuepflicht, Verwirkung, Zerrüttung der Gesellschafter rechtfertigt den Ausschluss nur eines Gesellschafters nicht – es bleibt nur die Auflösungsklage, Zerwürfnis, Zerwürfnis Gesellschafter, Zerwürfnis von Gesellschaftern, Zulässigkeit der Gesellschafterklage, Zwei-Personen-Gesellschaft

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