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OLG München, Urteil vom 28.09.2022 – 7 U 3068/21

§ 726 Var. 2 BGB

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 20.04.2021, Az. 41 O 3994/17, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 bezeichnete Endurteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers aus einer Abwicklungsvereinbarung auf disquotale Verteilung des Erlöses aus der Veräußerung von Grundstücken.

Die Beklagten sind die Kinder und Erben des am 25.07.2013 verstorbenen R. Sch. . R. Sch. und der Kläger (im Folgenden als Altgesellschafter bezeichnet) erwarben 1989 in O. ein unbebautes Grundstück mit einer Größe von ca. 20.000 m². Die Altgesellschafter wurden Miteigentümer des Grundstücks je zur Hälfte.

Zum Zwecke der Bebauung des Grundstücks und zur Verwaltung der darauf zu errichtenden Gebäude gründeten die Altgesellschafter mit Vertrag vom 01.02.1991 die „EST A. Private Terrain- und Vermögensverwaltung GbR“ (im Folgenden als EST GbR bezeichnet), an der die Altgesellschafter je zur Hälfte beteiligt waren.

Bis 1991 wurden auf dem Grundstück insgesamt fünf Bürogebäude errichtet, von denen zum Jahresende 1992 drei an Dritte verkauft wurden. Die beiden weiteren Bürohäuser R. 14 und K. 5 (im Folgenden zusammenfassend als EST I bezeichnet) verblieben im hälftigen Miteigentum der Altgesellschafter und unter der Verwaltung der EST GbR. Diese beiden verbleibenden Grundstücke waren mit einer Grundschuld in Höhe von 9.203.253,86 € zu Gunsten der EST GbR belastet (vgl. Abschnitt I Ziffer 1 b des Kaufvertrags vom 16.01.2016 laut Anl. K 2) .

Ende 1993 erwarben die Altgesellschafter wiederum zu jeweils hälftigem Miteigentum ein weiteres Grundstück in O., auf dem in den Jahren 1997 und 1998 vier Bürogebäude (K. 11, 13, 15 und 17, im Folgenden zusammenfassend als EST II bezeichnet) errichtet wurden.

Sowohl die Grundstücke EST I als auch die Grundstücke EST II waren mit Grundpfandrechten zu Gunsten der D. Bank AG belastet, die der Sicherung von Darlehensrückzahlungsansprüchen der D. Bank AG gegen die EST GbR dienten. Die D. Bank AG wurde im Mai 2009 auf die C.Bank AG verschmolzen.

Am 21.03.1997 schlossen die Altgesellschafter eine notarielle Abwicklungsvereinbarung (URNr. …78/97 des Notars Dr. W. in M.) laut Anl. K 1. Diese lautete auszugsweise wie folgt:

„1. (…)

Die nachfolgenden Regelungen erfassen den Zeitraum nach Auflösung der BGB-Gesellschaft und sollen eine wirtschaftlich sinnvolle Abwicklung der Bruchteils-Eigentümergemeinschaft bewirken.

2. Die Gemeinschafter verpflichten sich, auf eine Dauer von eineinhalb Jahren ab Beendigung der BGB-Gesellschaft keinen Antrag auf Teilungsversteigerung gem. § 180 ZVG zu stellen. § 749 Abs. 2 BGB bleibt unberührt.

Jeder dieser Vereinbarung zuwiderhandelnde Gemeinschafter verpflichtet sich zur Zahlung einer angemessenen Vertragsstrafe:

3. Im durch Ziff. 2 geschaffenen Karenzzeitraum wird versucht, die vorhandenen Immobilien freihändig und einvernehmlich zu veräußern.

Ist eine solche Veräußerung nicht nach dem Ablauf von einem Jahr erzielt, kann jeder der Gemeinschafter die Anfertigung eines Wertgutachtens durch einen amtlich vereidigten Sachverständigen verlangen. Können sich die Gemeinschafter nicht auf einen bestimmten Gutachter einigen, wird dieser durch den Präsidenten der IHK M. bestimmt.

Der vom Gutachter ermittelte Wert ist einem freihändigen Verkauf zu Grunde zu legen. Die Gemeinschafter haben einem freihändigen Verkauf zu diesem Wert zuzustimmen. Für den Fall des Ausscheidens eines Gemeinschafters ist für die Durchführung des Verkaufs aufgrund des Gutachterergebnisses derjenige Gemeinschafter ermächtigt, der Gründungsgesellschafter der EST-BGB-Gesellschaft war. Ist ein solcher nicht mehr vorhanden, ist der älteste vorhandene Gemeinschafter ermächtigt.

Wird das Verfahren mit Erstellung eines Sachverständigengutachtens durchgeführt, verlängert sich der Karenzzeitraum aus Ziff. 2 um ein weiteres halbes Jahr.

4. Die Verteilung des Veräußerungserlöses erfolgt für die Grundstücke Flur-Nr. …51, …57/3 (“EST I“) entsprechend den Miteigentumsbruchteilen.

Für die Flur-Nummern …32/4, …32/5, …32/6, …32/7 und …38/8 (“EST II“) erhält A. E. abweichend von der Eigentumslage einen Erlösanteil von 60%, während R. Sch. 40% des Erlöses bekommt.

5. Die Vertragsteile verpflichten sich hiermit gegenseitig, die vorstehenden Vereinbarungen eventuellen Rechtsnachfolgern mit Weiterübertragungsverpflichtung aufzuerlegen.

(…)“

Am 19.01.2000 fassten die Altgesellschafter den die EST GbR betreffenden Gesellschaftsvertrag vom 01.02.1991 in der Fassung vom 05.02.1997 neu. Der Gesellschaftervertrag (Anl. B 1, im Folgenden mit GV abgekürzt) lautete nunmehr auszugsweise wie folgt:

„(…)

§ 2 Gesellschaftszweck

Zweck der Gesellschaft ist die Bewirtschaftung der seit 1992 im wirtschaftlichen Eigentum der Gesellschaft befindlichen gemeinschaftlich erworbenen Grundstücke in O., Gemarkung O. Sämtliche Erträge aus der Bewirtschaftung der Objekte stehen der Gesellschaft zu; dies gilt auch für eventuelle Veräußerungserlöse bei Grundstücksverkäufen.

Flur Nr. Adresse:

…51 K. 5,

…57/3 R. 14,

…32/4 K. 11,

…32/5 K. 13,

…32/6 K. 15,

…32/7 K. 17 und

…32/8 „K.streifen“

(…)

§ 7 Dauer der Gesellschaft

(…)

2. Jeder Gesellschafter kann die Gesellschaft schriftlich unter Einhaltung einer Frist von einem Jahr zum Ende eines Kalenderjahres kündigen. (…) Die Kündigung führt zur Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auflösung
Auflösung der Gesellschaft
Gesellschaft
.

(…)

§ 14 Ausschluss der Auseinandersetzung

1.) Für die Dauer der Gesellschaft sind die Rechte der Gesellschafter auf Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft gem. § 749 Abs. 1 BGB und auf die Durchführung der Teilungsversteigerung gem. § 180 ZVG ausgeschlossen. Dies gilt nicht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 749 Abs. 2 BGB.

2.) Jeder Gesellschafter verpflichtet sich, während der Dauer der Gesellschaft nicht über seinen Anteil der Bruchteilsgemeinschaft ges. [sic] § 747 S. 1 BGB zu verfügen.

3.) Betreibt ein Gesellschafter entgegen dieser Vereinbarung die Teilungsversteigerung oder verfügt er entgegen dieser Vereinbarung über seinen Bruchteil, so hat er an die anderen Gesellschafter eine Vertragsstrafe in Höhe von 1 Mio EURO zu zahlen.

§ 15 Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben

Stirbt ein Gesellschafter, wird die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt (…).

§ 16 Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auflösung
Auflösung der Gesellschaft
Gesellschaft

Die Auseinandersetzung der Gesellschaft findet nach den Vorschriften der § 731 ff. BGB statt. (…) Für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens wird der Wert der Grundstücke, die im Bruchteilseigentum der Gesellschafter stehen, nicht berücksichtigt.

§ 17 Auflösung der Gemeinschaft

1.) Bei Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auflösung
Auflösung der Gesellschaft
Gesellschaft
gilt der Ausschluss der Aufhebung der Gemeinschaft, das Verfügungsverbot und die Vereinbarung einer Vertragsstrafe gem. § 14 dieses Vertrages für die Dauer von zwölft Monaten fort.

2.) Einigen sich die Gesellschafter nicht über eine Fortsetzung der Bruchteilsgemeinschaft, sind die Gesellschafter verpflichtet, sich während der Jahresfrist aus Ziff. 1 zur Vermeidung einer etwaigen Teilungsversteigerung um eine einvernehmliche Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft zu bemühen.

Kommt eine solche einvernehmliche Auseinandersetzung innerhalb einer Frist von maximal 24 Monaten, gerechnet vom Zeitpunkt der Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auflösung
Auflösung der Gesellschaft
Gesellschaft
an, nicht zu Stande, wird die Gesellschaft unter Beibehaltung der Regelungen des Gesellschaftsvertrages mit Rückwirkung zum Auflösungszeitpunkt fortgesetzt, ohne dass es eines förmlichen Fortsetzungsbeschlusses bedarf. Nach einer dementsprechenden Fortsetzung kann die Gesellschaft frühestens nach Ablauf von weiteren 12 Monaten entsprechend den Regelungen von § 7 erneut gekündigt werden. § 17 ist auch im Falle einer erneuten Kündigung anzuwenden.

(…)

§ 18 Schriftform/Inkrafttreten

Nebenabreden zu diesem Vertrag bestehen nicht. Änderungen und/oder Ergänzungen bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für einen Verzicht auf das Schriftformerfordernis.

(…)“

Im Jahr 2004 veräußerte der Kläger seine Miteigentumsanteile an den Grundstücken EST I im Einvernehmen mit R. Sch. an die im Eigentum der Familie Eibl stehende Büro F. H. AG, die Drittwiderbeklagte, die in der Folge auch als Miteigentümerin der Grundstücke EST I in das Grundbuch eingetragen wurde.

Mit Vertrag vom 07.07.2008 verkaufte und übertrug der Kläger sodann wiederum mit am 12.07.2007 erteilter Zustimmung des R. Sch., die Teil einer Vereinbarung zwischen den Altgesellschaftern laut Anl. K 19 war, auch seinen 50-prozentigen Gesellschaftsanteil an der EST GbR an die Drittwiderbeklagte. Die Vereinbarung vom 12.07.2007 laut Anl. K 19 enthielt u.a. folgenden Passus:

„(…)

2. Zwischen den Gesellschaftern A.E. und R. Sch. besteht Einigkeit darüber, dass insbesondere die nachstehend aufgeführten Vertragsbeziehungen mit der Gesellschaft bzw. ihren derzeitigen Gesellschaftern auch nach dem Ausscheiden von A. E. aus der Gesellschaft unverändert fortbestehen:

– Abwicklungsvereinbarung (URNr. …78/97 Dr. W.) vom 21.03.1997 (…)“

Kurz vor seinem Tod am 25.07.2013 erteilte R. Sch. am 13.06.2013 eine Vollmacht laut Anl. B 2/6. Unter Gebrauch dieser Vollmacht schloss der Kläger im Namen des R. Sch. sodann am 14.06.2013 einen notariellen Einbringungsvertrag (URNr. …07/2013 des Notars Dr. Sch laut Anl. B 2/12) mit der EST GbR, mit dem die Miteigentumsanteile des R. Sch. an den Immobilien EST I und EST II unentgeltlich (Abschnitt IV. des Einbringungsvertrages) an die EST GbR überlassen wurden. Zur Auflassung kam es in der Folge nicht mehr.

Am 26.01.2016 veräußerten der Kläger und die Drittwiderbeklagte ihre jeweiligen Miteigentumsanteile an den Grundstücken EST I (Drittwiderbeklagte) und II (Kläger) zu einem Kaufpreis von 8,5 Mio Euro an die R./K. Büroimmobilien & Co KG (im Folgenden als R./K. KG bezeichnet, vgl. Abschnitt II § 1 des Kaufvertrags laut Anl. K 2), deren Komplementär der Kläger bis 08.07.2016 war (vgl. die Bekanntmachung im Handelsregister laut Anl. B 2/16). In Höhe von 7.505.000 € sollte der Kaufpreis durch eine Übernahme von bei der C.Bank als Rechtsnachfolgerin der D. Bank bestehenden Verbindlichkeiten der EST GbR durch die R./K. KG erbracht werden (vgl. Abschnitt III § 1 Ziffern 2 und 3 des Kaufvertrags laut Anl. K 2). Der Restkaufpreis von 995.000 € sollte in Höhe von 195.350,47 € an die Drittwiderbeklagte und in Höhe von 799.649,53 € an den Kläger bezahlt werden (vgl. Abschnitt III § 1 Zifffer 4.2 des Kaufvertrags laut Anl. K 2).

Der Kaufvertrag laut Anl. K 2 lautete auszugsweise.

„(…)

VI.

(…)

§ 3 Übernahme von Belastungen

Die Grundschuld ohne Brief in Höhe von 9.203.253,86 € EUR für A. E. (…) und R. Sch. (…) als Gesellschafter bürgerlichen Rechts ist zu löschen (…)

VIII.

Hinweise

Die Vertragsteile wurden vom Notar insbesondere auf folgendes hingewiesen:

(…)

– dass zur Löschung der zugunsten der EST GbR eingetragenen Grundschuld eine Löschungsbewilligung in grundbuchtauglicher Form, erteilt durch das Vertretungsorgan der EST GbR in vertretungsberechtigter Anzahl samt öffentlich-beglaubigtem Vertretungsnachweis erforderlich ist. Gleichwohl wünschen die Beteiligten, dass das Vorliegen der grundbuchtauglichen Löschungsbewilligung Kaufpreisfälligkeitsvoraussetzung für den Restkaufpreis sein soll.

(…)“

Am 07.03.2016 kündigte die C.Bank den Darlehensvertrag mit der EST GbR. Die Darlehensrückzahlungsforderung der C.Bank gegen die EST GbR belief sich am 30.06.2016 auf 15.087.993,09 € (vgl. Abschnitt III § 1 Ziffer 3.1 Abs. 2 des Kaufvertrags laut Anl. K 3).

Am 10.06.2016 veräußerten die Beklagten ihre Miteigentumsanteile an den Grundstücken EST I und II zum Kaufpreis von 9,005 Mio. Euro an die R./K. KG (vgl. den Kaufvertrag laut Anl. K 3). In Höhe von 7.505.000 € sollte der Kaufpreis durch eine Übernahme von bei der C.Bank bestehenden Verbindlichkeiten der EST GbR durch die R./K. KG erbracht werden (vgl. Abschnitt III § 1 Ziffern 2 und 3 des Kaufvertrags laut Anl. K 3). Der Restkaufpreis von 1,5 Mio € sollte in Höhe von jeweils 500.000 € an die Beklagten zu 1) bis 3) bezahlt werden (vgl. Abschnitt III § 1 Ziffer 4.1 des Kaufvertrags laut Anl. K 3).

In der Kaufvertragsurkunde bewilligten und beantragten die Drittwiderbeklagte, der Kläger sowie die Beklagten soweit erforderlich auch als Gesellschafter der EST GbR die Löschung der zu Gunsten der EST GbR bestehenden Grundschuld an den Grundstücken EST I (vgl. Abschnitt I Ziffer 5 des Kaufvertrags vom 10.06.2016 laut Anl. K 3).

Der Kläger beansprucht aus dem Gesamtbruttoverkaufserlös von 17.505.000,00 € für die Grundstücke EST I und II einen Anteil von 1.659.560,82 €. Von dem Bruttoveräußerungserlös der Grundstücke EST I (entsprechend der vom Finanzamt M. angesetzten Erbschaftssteuerwerte für die einzelnen Grundstücke 19,62% des Gesamtbruttoverkaufserlöses) stünden ihm 50%, von dem Bruttoveräußerungserlös der Grundstücke EST II (80,38 ‰ des Gesamtbruttoverkaufserlöses) aufgrund der in der Abwicklungsvereinbarung vorgesehenen disquotalen Erlösverteilung 60% zu. Von dem sich demnach ergebenden Erlösanteil des Klägers in Höhe von insgesamt 10.159.560,82 € (5.226.326,49 € aus dem Verkauf von deren Bruchteilsanteile durch die Beklagten und 4.933.234,33 € aus dem Verkauf der Bruchteilsanteile des Klägers durch ihn) seien die Darlehensverbindlichkeiten von 15.010.000,00 € zur Hälfte und damit in Höhe von 7.505.000,00 € sowie der vom Kläger aus dem Verkauf seiner Miteigentumsanteile bereits erlangte Kaufpreis von 995.000 € zu subtrahieren, woraus die Klageforderung von 1.659.560,82 € folge (zu diesem vom Kläger behaupteten Rechenweg vgl. S. 11 – 17 der Klageschrift).

Der Kläger trägt zur Begründung dieses Anspruchs auf disquotale Erlösverteilung vor, dass die EST GbR durch einen Liquidationsbeschluss vom 20./23.07.2013 laut Anl. B 2/5 aufgelöst worden sei. Der Liquidationsbeschluss habe auszugsweise wie folgt gelautet:

„(…)

1. Die Gesellschaft wird liquidiert.

(…)

3. Herr A. E. wird beauftragt und ermächtigt, den gesamten Grundbesitz der Gesellschaft insgesamt, oder falls dies nicht möglich ist, über Einzelverkäufe bestmöglichst zu verwerten.

4. Die Verwertung des Grundbesitzes soll unter der Maßgabe erfolgen, dass für die Gesellschafterseite R. Sch.nach der Veräußerung, d.h. nach Berücksichtigung der Quoten aus der Abwicklungsvereinbarung vom 21.03.1997, in keinem Fall irgendwelche Kreditverpflichtungen mehr gegenüber der C.Bank AG bestehen.

5. Herr A. E. verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass bis zum 31. Dezember 2014, längstens jedoch bis zur erfolgten Veräußerung des gesamten Grundbesitzes der EST-Grundstücke, keine Grundstücke der B.F. Holding AG oder ihrer Tochtergesellschaften auf den Markt gebracht werden.

6. Eine Veräußerung zu einem niedrigeren Wert als dem, der sich entsprechend Ziffer 4 ergibt, ist in der Zeit bis zum 31. Dezember 2014 nur dann zulässig, wenn hierzu Herr R. Sch. oder im Falle seines Ablebens Frau D. Sch. und Herr WP/StB H. B. die ausdrückliche Zustimmung erteilen. Das Gleiche gilt, wenn Herr A. E. oder eine ihm zuzurechnende Gesellschaft einzelne oder alle Grundstücke übernehmen will.

(…)“.

Ziffern 2 und 3 der Abwicklungsvereinbarung seien durch den Liquidationsbeschluss vom 20./23.07.2013 aufgehoben worden. Dieser sei auch wirksam zustande gekommen. Auf die von R. Sch. dem Kläger erteilte Vollmacht komme es nicht an, da R. Sch. selbst an der Gesellschafterversammlung teilgenommen habe. Auf die Einhaltung von Form- und Fristvorschriften hätten die Gesellschafter verzichtet. § 10 GV diene dem Schutz des jeweils anderen Gesellschafters, sodass dieser jederzeit auf die an eine Bevollmächtigung gestellten Anforderungen verzichten könne, was streitgegenständlich geschehen sei.

Jedenfalls sei der Liquiditätsbeschluss vom 20./23.07.2013 in eine Kündigungserklärung der Drittwiderbeklagten umzudeuten (vgl. Schriftsatz der Klägervertreter vom 15.01.2018, S. 9, Bl. 145 d.A.).

Unabhängig von dem Liquidationsbeschluss vom 20./23.07.2013 sei die Gesellschaft jedoch spätestens nach den Verkäufen der Immobilien am 10.06.2016 gemäß § 726 BGB aufgelöst worden, da nach dem Verkauf der Immobilien der satzungsmäßige Zweck der EST GbR nicht mehr erreicht werden könne.

Im Übrigen sei die Auflösung der EST GbR auch keine Anspruchsvoraussetzung, da Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung nach dem Willen der Altgesellschafter für jeden Fall der Veräußerung gelten sollte, insbesondere sei der sich aus Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung ergebende Anspruch unabhängig davon, ob zuvor das Prozedere laut Ziffern 2 und 3 der Abwicklungsvereinbarung eingehalten worden sei.

Bei dem Verkauf des Bruchteilseigentums durch den Kläger und die Drittwiderbeklagte an die R./K. KG habe es sich um eine Gesamtveräußerung gehandelt, da der Verkauf davon abhängig gewesen sei, dass auch die Beklagten ihr Bruchteilseigentum veräußern (Schriftsatz der Klägervertreterin vom 14.04.2020, S. 5, Bl. 379 d.A.).

Die gesellschaftsrechtliche Durchsetzungssperre greife nicht, da der Kläger seit 2008 nicht mehr Gesellschafter der EST GbR sei. Im Übrigen wäre bei Annahme einer Durchsetzungssperre der klägerische Leistungsantrag in einen Feststellungsantrag umzudeuten, dass die Position in die Schlussrechnung einzustellen sei.

Der Kläger sei aktivlegitimiert, da es sich bei dem Erlösauskehranspruch um einen höchstpersönlichen an seine Person geknüpften Provisionsanspruch handle, der nach der Abwicklungsvereinbarung und der Zustimmungserklärung vom 12.07.2007 laut Anl. K 19 ihm unverändert zustehen solle. Hilfsweise habe die Drittwiderbeklagte ihm am 12.01.2018 eine Einziehungsermächtigung erteilt (vgl. Anl. K 21).

Der Kläger und Widerbeklagte beantragten,

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner einen Betrag in Höhe von EUR 1.659.560,82 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.02.2017 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragten,

Klageabweisung.

Die Beklagte zu 2) und 3) beantragten widerklagend:

Der Kläger wird verurteilt, an die EST GbR, K. 11, … O., einen Betrag von 142.975,00 € nebst Zinsen heraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.12.2013 zu bezahlen.

Der Kläger wird verurteilt, an die EST GbR, K. 11, … O., EUR 646.282,02 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagten zu 1) und 3) beantragten widerklagend:

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Beklagten zu 3) als Gesamtgläubiger EUR 1.000.000,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz hieraus seit 26.01.2016 zu bezahlen.

Hilfsweise:

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Beklagten als Gesamtgläubiger EUR 1.000.000,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz hieraus seit 26.01.2016 zu bezahlen.

Hilfs-hilfsweise:

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Beklagten zu 1) EUR 330.000,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz hieraus seit 26.01.2016, an die Beklagte zu 2) EUR 330.000,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit 26.01.2016 und an den Beklagten zu 3) EUR 340.000,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz hieraus seit 26.01.2016 zu bezahlen.

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte beantragten,

Abweisung der (Dritt) Widerklage.

Die Beklagten erwiderten, dass der Kläger schon deshalb einen Anspruch aus der Abwicklungsvereinbarung nicht geltend machen könne, da die EST GbR in Ermangelung eines wirksamen Auflösungsbeschlusses nicht aufgelöst sei. An den vom Kläger behaupteten Liquidationsbeschluss vom 20./23.07.2013 laut Anl. B 2/5 habe R. Sch. nicht mitgewirkt. Der Kläger habe insoweit auch nicht in Vertretung von R. Sch. gehandelt, zumal sich die Vollmacht vom 13.06.2013 laut Anl. B 2/6 nicht auf die Fassung eines Liquidationsbeschlusses erstreckt habe. Der Beschluss sei aber unbeschadet dessen allein schon deshalb unwirksam, da die Drittwiderbeklagte bei Beschlussfassung nicht wirksam vertreten gewesen sei. Denn der Kläger sei kein geeigneter Vertreter iSd. § 10 Ziffer 3 GV.

Selbst bei Unterstellung der Wirksamkeit des Liquidationsbeschlusses vom 20./23.07.2013 wäre die EST GbR nicht aufgelöst, da in Ermangelung einer einvernehmlichen Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft sich die EST GbR gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 GV fortgesetzt hätte. Es gebe auch keinen konkludenten Liquidationsbeschluss, da es zu keinem Zeitpunkt eine einvernehmliche Entscheidung aller Mitgesellschafter gegeben habe, sämtliche Immobilien zu veräußern.

Sollte man mit dem Kläger von einer Auflösung der EST GbR nach § 726 BGB infolge des Verkaufs der Grundstücke ausgehen, so würde dies an der Nichtanwendbarkeit der Abwicklungsvereinbarung nichts ändern, da zum Zeitpunkt des letzten Verkaufs die EST GbR noch nicht kraft Gesetzes aufgelöst gewesen sei. Der letzte Verkauf sei nämlich Voraussetzung für die Anwendung des § 726 BGB und damit für die Auflösung.

Der Kläger sei auch nicht aktivlegitimiert, da nach Ziffer 5 der Abwicklungsvereinbarung die dort getroffenen Vereinbarungen der Altgesellschafter etwaigen Rechtsnachfolgern aufzuerlegen seien. Mit der Übertragung der Gesellschaftsanteile an der EST GbR auf die Drittwiderbeklagte seien sämtliche Rechte und Pflichten aus der Abwicklungsvereinbarung auf die Drittwiderbeklagte übergegangen.

Im Übrigen habe der Kläger etwaige Ansprüche aus der Abwicklungsvereinbarung verwirkt, da er sich nicht an die Regelungen der Abwicklungsvereinbarung zum Verkauf der Miteigentumsanteile gehalten habe, da er vor dem isolierten Verkauf seines Miteigentumsanteils und des Miteigentumsanteils der R./K. KG keinen freihändigen gemeinsamen Verkauf versucht habe.

Schließlich seien etwaige Ansprüche aus der Abwicklungsvereinbarung derzeit nicht fällig, da einer Geltendmachung der Ansprüche die Grundsätze der Durchsetzungssperre entgegenstünden. Dies bedeute, dass bei einer unterstellten Auflösung der EST GbR die wechselseitigen Ansprüche in eine Schlussabrechnung eingestellt werden müssten.

Jedenfalls müsse bei der Höhe eines etwaigen Anspruchs des Klägers berücksichtigt werden, dass nicht der in den Kaufverträgen vereinbarte Kaufpreis für die Miteigentumsanteile verteilt werden solle, sondern der „Veräußerungserlös“. Da in den Kaufverträgen vereinbart worden sei, dass der Kaufpreisanspruch teilweise durch die Übernahme bestehender Bankverbindlichkeiten der Verkäufer durch die Erwerberin R./K. KG erfüllt worden sei, bestehe der „Veräußerungserlös“ nur aus den an die Verkäufer geflossenen Zahlungen in Höhe von 1,5 Mio € bzw. 995.000 €.

Schließlich erhob die Beklagte zu 2) mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 07.03.2018 (dort S. 2, Bl. 186 d.A.) die Einrede der Verjährung.

Für den Fall, dass das Landgericht der Klage ganz oder teilweise stattgebe, haben die Beklagten gegen die Klageforderung die Aufrechnung mit folgenden Forderungen erklärt:

Die Beklagten zu 1) und 3) haben mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23.10.2017 (Beklagte zu 3), S. 2, Bl. 90 d.A.) und 03.11.2017 (Beklagter zu 1), Bl. 106 d.A.) mit einem ihnen gegen den Kläger behauptetermaßen zustehenden Schadensersatzanspruch in Höhe der Klageforderung aufgerechnet, da der Kläger verpflichtet gewesen sei, etwaige Ansprüche aus der Abwicklungsvereinbarung auf die Drittwiderbeklagte zu übertragen, was er aber pflichtwidrig unterlassen habe.

Die Beklagte zu 2) hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 08.05.2017 (S. 16 und 17, Bl. 52 und 53 d.A.) mit einem ihr behauptetermaßen zustehenden Schadensersatzanspruch in Höhe von 500.000 € wegen des unterwertigen Verkaufs der Grundstücksanteile sowie mit einem Vertragsstrafenanspruch in Höhe von 1,0 Mio € nach § 14 Ziffer 3 GV aufgerechnet.

Die Beklagte zu 3) hat darüber hinaus mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 23.10.2017 (dort S. 8, Bl. 96 d.A.) mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 646.282,02 € aufgerechnet, der ihr zustehe, da sich der Kläger unter Verletzung seiner Vermögensbetreuungspflicht eine Provision in vorbezeichneter Höhe von der EST GbR habe ausbezahlen lassen.

Mit Endurteil vom 20.04.2021, Az. 41 O 3994/17, wies das Landgericht München I die Klage sowie die Widerklagen und die Drittwiderklage ab.

Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Landgericht in seinem Urteil aus, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine disquotale Verteilung des Verkaufserlöses habe, da bei der vorliegend erfolgten getrennten Veräußerung der Miteigentumsanteile an den Grundstücken die Abwicklungsvereinbarung vom 21.03.1997 laut Anl. K 1 eine solche Erlösverteilung nicht vorsehe.

Sowohl der Wortlaut der Abwicklungsvereinbarung als auch der mit ihr verfolgte Zweck sprächen dafür, dass die Altgesellschafter nur den Fall des gemeinsamen Verkaufs der streitgegenständlichen Immobilien regeln wollten. Dies ergebe sich vor allem aus Ziffer 3 der Vereinbarung, derzufolge „die vorhandenen Immobilien“ (nicht Miteigentumsanteile an den vorhandenen Immobilien) „einvernehmlich“ verkauft werden sollten, da bei einem einheitlichen gemeinsamen Verkauf der Immobilien der Lebenserfahrung nach ein höherer Preis erzielt werden könne als bei der getrennten Veräußerung von Miteigentumsanteilen. Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung, in der die disquotale Erlösbeteiligung des Klägers stipuliert sei, knüpfe an Ziffer 3 an. Dies folge schon aus der Verwendung des Wortes „Erlös“ im Singular. Darüber hinaus existiere ein Verkaufserlös, der disquotal verteilt werden könne, auch nur bei einem gemeinsamen Verkauf. Auch würde die Auslegung der Abwicklungsvereinbarung entsprechend der klägerischen Vorstellung dazu führen, dass etwa bei einem Verkauf nur der Bruchteilsanteile des Klägers der andere Gesellschafter mit 40% am Kaufpreis zu beteiligen wäre, ohne dass der Kläger den anderen Gesellschafter zum Verkauf von dessen Bruchteilsanteilen zwingen könnte. Ein dahingehender Wille der Altgesellschafter bei Abschluss der Abwicklungsvereinbarung sei – auch nach den Angaben des Zeugen B. – auszuschließen. Auch aus §§ 14 und 17 des Gesellschaftsvertrages vom 19.01.2000 ergebe sich der Willen der Altgesellschafter, keinem von ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, über seinen Bruchteilsanteil isoliert zu verfügen. Das Gericht habe sich durch die Vernehmung des Zeugen B. auch nicht die Überzeugung verschaffen können, dass es der übereinstimmende Willen der Altgesellschafter gewesen sei, die disquotale Verteilung des Kaufpreises bei jedem Verkaufsfall zum Tragen kommen zu lassen.

Da der Verkauf der Bruchteilsanteile durch den Kläger und die Beklagten kein einvernehmlicher iSd. Abwicklungsvereinbarung gewesen sei, könne sich der Kläger auf Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung nicht berufen. Der Verkauf habe nämlich nicht auf einem übereinstimmenden Beschluss der Gemeinschafter beruht. Auch wenn die Beklagten das Veräußerungsgeschäft des Klägers und der Drittwiderbeklagten mit der R./K. KG de facto nachträglich zu Fall hätten bringen können, würde dies keine Einvernehmlichkeit begründen (LGU S. 15 f.). Denn mit einem einvernehmlichen Verkauf hätten die Gemeinschafter ihre Verhandlungsposition gegenüber einem Erwerber verbessern wollen. Die gesonderte Veräußerung der Miteigentumsanteile des Klägers und der Drittwiderbeklagten hätte es der R./K. KG ermöglicht, den Miteigentumsanteil der Beklagten im Wege der Zwangsvollstreckung zu erwerben, ohne dass die Beklagten dies durch einen freihändigen Verkauf der Grundstücke als Ganzes hätten verhindern können. Die Beklagten wären daher zum Verkauf an die R./K. KG gezwungen gewesen, was allerdings keinem einvernehmlichen Verkauf entspreche (LGU S. 17).

Es sei schließlich auch keine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend vorzunehmen, dass Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung auch bei isolierten Verkäufen der Bruchteilsanteile anzuwenden sei. Dies stelle nämlich eine unzulässige Erweiterung des Vertragsgegenstandes dar und widerspräche auch dem hypothetischen Willen der Altgesellschafter. Es sei nämlich nicht anzunehmen, dass der Altgesellschafter Sch. einen nicht gewollten isolierten Verkauf der Bruchteilsanteile auch noch durch eine Mehrbeteiligung des Klägers hätte belohnen wollen.

Da demnach der Klageanspruch nicht bestehe, sei über die Hilfsaufrechnungen nicht mehr zu entscheiden gewesen.

Die Widerklagen sowie die Drittwiderklage wies das Landgericht ab.

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung sein erstinstanzliches Klageziel unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags vollumfänglich weiter.

Der Kläger beantragt daher:

Das Urteil des Landgerichts München vom 20.04.2021 (Aktenzeichen 41 O 3994/17) wird aufgehoben, soweit die Klage des Klägers abgewiesen wurde.

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 1.659.560,82 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.02.2017 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen, und:

Den Beklagten zu 1), 2) und 3) bleibt die Beschränkung ihrer jeweiligen Haftung bezüglich der Hauptsache, den Nebenforderungen und der Kosten des Rechtsstreits auf den Nachlass des am 25.07.2013 verstorbenen R. Sch.gem. § 780 ZPO vorbehalten.

Der Kläger beantragt,

diesen Antrag zurückzuweisen.

Die Beklagten nehmen die Abweisung der Widerklagen sowie der Drittwiderklage hin und verteidigen das landgerichtliche Urteil. Die Aktivlegitimation des Klägers wird nicht mehr bestritten (vgl. Berufungserwiderung S. 28, Bl. 687 d.A.)

Die Beklagten erheben die Dürftigkeitseinrede. Der Nachlass sei so geringfügig, dass er weder für die Kosten der Nachlassverwaltung noch für die Nachlassinsolvenz ausreiche.

Der Senat hat am 28.09.2022 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2022, die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet, da das Landgericht zutreffend einen Anspruch des Klägers auf disquotale Verteilung des Verkaufserlöses aus Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung verneint hat.

Ob – wie von den Parteien eingehend erörtert und nunmehr auch von den Beklagten eingeräumt (vgl. Berufungserwiderung S. 28, Bl. 687 d.A.) – der Kläger hinsichtlich des geltend gemachten Zahlungsanspruchs aus Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung vom 21.03.1997 laut Anl. K 1, aktivlegitimiert ist, kann dahinstehen, da weder der Anwendungsbereich der Abwicklungsvereinbarung, eröffnet ist (I.) noch die Anspruchsvoraussetzungen der Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung erfüllt sind (II.).

I.

Die Anwendung der Abwicklungsvereinbarung scheitert schon daran, dass die EST GbR zum Zeitpunkt des Verkaufs des Bruchteilseigentums der Beklagten an die R./K. KG am 10.06.2016 noch nicht aufgelöst war und es auch später nicht wurde. Eine Auflösung der EST GbR ist aber nach Ziffer 1 Abs. 3 der Abwicklungsvereinbarung Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Abwicklungsvereinbarung. Ob der Zeuge B. dazu eine andere Meinung vertritt (vgl. insoweit die Vernehmung des Zeugen B. durch das Landgericht, in der der Zeuge äußerte: „Dass die Ziff. 4 der Abwicklungsvereinbarung aus dem Jahr 1997 nur für den Fall gelten sollte, dass die Liquidation der Gesellschaft beschlossen worden ist, das sehe ich nicht so“, S. 5 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 05.02.2021, Bl. 523 d.A.) ist ohne Bedeutung, da es im Rahmen der Auslegung der Abwicklungsvereinbarung nicht auf den Willen des Zeugen B1., der nicht Partei der Vereinbarung ist, ankommt und der Wortlaut von Ziffer 1 Abs. 3 der Abwicklungsvereinbarung eindeutig ist.

1. Auf das Zustandekommen bzw. die Wirksamkeit des „Gesellschafterbeschlusses“ vom 20./23.07.2013 laut Anl. B2/5, mit dem nach klägerischem Vortrag, die Liquidation der EST GbR erfolgt sein soll, kommt es für die Frage der Anwendbarkeit der Abwicklungsvereinbarung nicht an.

a. Denn selbst wenn – was zwischen den Parteien streitig ist – der Beschluss vom 20./23.07.2013 von den Altgesellschaftern wirksam gefasst worden sein sollte, so hätte dies nicht dazu geführt, dass zum Zeitpunkt des Verkaufs ihres Bruchteilseigentums durch die Beklagten am 10.06.2016 oder danach die EST GbR aufgelöst gewesen wäre. Vielmehr hätte ein (unterstellt) am 20./23.07.2013 gefasster Liquidationsbeschluss der Altgesellschafter nur das Prozedere nach § 17 Ziffer 2 GV in Gang gesetzt. Danach wäre die nach dem (unterstellten) Gesellschafterbeschluss vom 20./23.07.2013 seit dem 23.07.2013 in Liquidation befindliche EST GbR in Ermangelung einer einvernehmlichen Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft der Altgesellschafter an den Grundstücken EST II nach dem Ablauf von zwei Jahren nach dem (unterstellten) Auflösungszeitpunkt mit Ablauf des 23.07.2015 (nach § 17 Ziffer 2 Abs. 2 S. 1 GV „mit Rückwirkung zum Auflösungszeitpunkt“) fortgesetzt worden. Nach § 17 Ziffer 2 Abs. 2 S. 1 GV hätte sich daher auch durch einen (unterstellt) am 20./23.07.2013 gefassten Liquidationsbeschluss in Ermangelung einer einvernehmlichen Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft der Altgesellschafter am Bestand der EST GbR nichts geändert und kann deshalb eine Anwendbarkeit der Abwicklungsvereinbarung, die die alleinige Anspruchsgrundlage für den streitgegenständlichen Zahlungsanspruch des Klägers bildet, nicht auf eine durch den Beschluss vom 20./23.07.2013 herbeigeführte Auflösung der EST GbR gestützt werden.

b. Daran ändert auch nichts, wenn man mit dem Kläger den (unterstellten) Beschluss vom 20./23.07.2013 in eine Kündigung des Gesellschaftsvertrages durch die Drittwiderbeklagte nach § 7 Ziffer 2 S. 1 GV umdeuten wollte. Denn auch eine solche Kündigung, die gemäß § 7 Ziffer 2 S. 3 GV zur Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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führen würde, wäre – wie ein Liquidationsbeschluss – nach § 17 Ziffern 1 und 2 GV zu behandeln gewesen.

2. Eine Auflösung der EST GbR erfolgte auch nicht gemäß § 726 Var. 2 BGB mit der Veräußerung des Bruchteilseigentums der Beklagten an den Grundstücken EST I und EST II durch die Beklagten an die R./K. KG am 10.06.2016, nachdem der Kläger sein Bruchteilseigentum an den Grundstücken EST I und die Drittwiderbeklagte ihr Bruchteilseigentum an den Grundstücken EST II bereits am 26.01.2016 an die R./K. KG veräußert hatte. Zwar waren nunmehr alle Grundstücke, deren Bewirtschaftung nach § 2 S. 1 GV Zweck der EST GbR war, veräußert. Jedoch beschränkte sich der Gesellschaftszweck der EST GbR nicht auf die Bewirtschaftung der in § 2 GV bezeichneten Grundstücke EST I und EST II. Vielmehr standen der EST GbR neben den Erträgen aus der Bewirtschaftung der Grundstücke auch eventuelle Veräußerungserlöse bei Grundstücksverkäufen zu (§ 2 S. 2 2. Hs. GV). Die Vereinnahmung und Verwaltung der Verkaufserlöse aus den Bruchteilseigentumsverkäufen sowohl des Klägers und der Drittwiderbeklagten als auch der Beklagten gehörten damit noch zum Gesellschaftszweck der EST GbR, zumal sich nach § 2 S. 1 GV die Grundstücke im wirtschaftlichen Eigentum der EST GbR befinden sollen. Die Vereinnahmung der Verkaufserlöse, die von der R./K. KG als Erwerberin an den Kläger und die Drittwiderbeklagte sowie die Beklagten entrichtet wurden, ist auch nicht unmöglich iSd. § 275 BGB, da sie vom Kläger und der Drittwiderbeklagten sowie den Beklagten verlangt werden können, sodass ein Fall des § 726 Var. 2 BGB nicht vorliegt.

Eine konkludente Änderung des Gesellschaftsvertrages der EST GbR in § 2 S. 2 2. Hs dadurch, dass alle Gesellschafter der EST GbR die Erlöse aus den Verkäufen ihrer Bruchteilsanteile entgegen § 2 S. 2 2. Hs GV selbst vereinnahmt haben, dahingehend, dass die Vereinnahmung der Erlöse aus den Verkäufen der Bruchteilsanteile nicht mehr Gesellschaftszweck sein soll, ist – unabhängig davon, ob eine solche konkludente Änderung anzunehmen ist – jedenfalls schon aufgrund der doppelten Schriftformklausel des § 18 Abs. 1 GV nicht möglich.

3. In der Vereinbarung sowohl des Klägers als auch der Beklagten mit der RA/KE KG als Erwerberin der Bruchteilsanteile in den mit der R./K. KG geschlossenen Kaufverträgen laut Anl. K 2 und K 3, dass der Verkaufserlös entgegen § 2 S. 2 2. Hs. GV nicht an die EST GbR, sondern an die Gemeinschafter zu zahlen sei, ist auch kein konkludenter Liquidationsbeschluss der Gesellschafter der EST GbR zu sehen. Denn aus dem Abschluss von Verträgen der Gesellschafter mit einer Dritten kann nicht auf einen übereinstimmenden Liquidationswillen der Gesellschafter geschlossen werden, zumal die Abschlüsse der Verträge mit der R./K.KG mehr als vier Monate auseinanderlagen.

II.

Letztendlich kommt es aber auf die Frage der Auflösung der EST GbR entscheidungserheblich gar nicht an, da, selbst wenn – wie der Kläger annimmt – von einer bereits erfolgten Auflösung der EST GbR auszugehen wäre, die in Ziffer 4 vorgesehene disquotale Verteilung des Erlöses aus dem Verkauf der Grundstücke – wie das Landgericht aufgrund seiner zutreffenden Auslegung der Abwicklungsvereinbarung festgestellt hat – nur zum Tragen kommen soll, wenn die in Ziffer 1 der Abwicklungsvereinbarung bezeichneten Grundstücke von den Gemeinschaftern einvernehmlich als Ganzes verkauft werden, nicht aber, wenn nur die Bruchteilsanteile an den Grundstücken veräußert werden (vgl. unten 1 – 6). Da im streitgegenständlichen Fall jedoch nur ein Bruchteilsanteilsverkauf erfolgte (vgl. unten 7), nicht aber ein einvernehmlicher Verkauf als Ganzes, besteht kein Anspruch des Klägers auf eine disquotale Verteilung des Veräußerungserlöses nach Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung.

1. Der Senat geht dabei – ebenso wie das Landgericht – davon aus, dass die Abwicklungsvereinbarung vom 21.03.1997 laut Anl. K 1 durch den zu einem späteren Zeitpunkt geschlossenen Gesellschaftsvertrag vom 19.01.2000 laut Anl. B 1 nicht aufgehoben wurde, sondern weitergalt. Der vom Kläger behaupteten Novation (Berufungsbegründung S. 30 ff., Bl. 638 ff. d.A.) bedarf es daher insoweit nicht.

Da der Kläger Anspruchssteller ist, obliegt es ihm, die Tatsachen, die für die Begründung seines Anspruchs erforderlich sind, darzulegen und zu beweisen. Für die Auslegung der Abwicklungsvereinbarung sowie der übrigen auslegungsrelevanten Regelungen gibt es entgegen der Rechtsansicht der Berufung (Berufungsbegründung S. 18 f., Bl. 626 f. d.A.) weder eine Behauptungs- noch eine Beweislast besteht. Darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen sind vielmehr nur die für die Auslegung relevanten Tatsachen (vgl. Ellenberger in Grüneberg, BGB, 81. Auflage, München 2022, Rdnr. 29 zu § 133 BGB mit Nachweisen aus der BGH-Rechtsprechung).

a. Der Wortlaut von Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung, von dem bei der Auslegung auszugehen ist, enthält keine ausdrückliche Verknüpfung der Verteilung des Veräußerungserlöses an die Art der Veräußerung (einvernehmlicher Verkauf als Ganzes oder aber Verkauf nur der Bruchteilsanteile). Denn in Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung wird die Höhe des den Vertragspartnern zustehenden Anteils am Veräußerungserlös nur von der Zugehörigkeit der veräußerten Grundstücke zu EST I (dann gemäß Ziffer 4 Abs. 1 der Abwicklungsvereinbarung Teilung des Veräußerungserlöses zur Hälfte) bzw. EST II (dann gemäß Ziffer 4 Abs. 2 der Abwicklungsvereinbarung disquotale Erlösverteilung) abhängig gemacht.

Anders als das Landgericht (LGU S. 14 zweiter Absatz) sieht der Senat in der Verwendung des Begriffes „Erlös“ in Ziffer 4 Abs. 1 und Abs. 2 der Abwicklungsvereinbarung im Singular kein aussagekräftiges Indiz für die Notwendigkeit einer einvernehmlichen Veräußerung als Ganzes. Denn die daraus vom Landgericht gezogene, durchaus mögliche Schlussfolgerung, dass die Parteien der Abwicklungsvereinbarung davon ausgegangen seien, dass es nur einen Veräußerungsvorgang mit einem einzigen sich daraus ergebenden Erlös geben sollte und nicht – wie bei einem gesonderten Verkauf der jeweiligen Bruchteilsanteile – mindestens zwei Erlöse, ist im Hinblick auf die Aussage des Zeugen B. und die Vorgehensweise der Altgesellschafter bei der Veräußerung von Grundstücken aus dem Komplex EST I nicht zwingend. Den Altgesellschaftern sei nämlich nach der glaubhaften Aussage des Zeugen B. bei Abschluss der Abwicklungsvereinbarung klar gewesen, dass ein gleichzeitiger Verkauf aller Grundstücke des Komplexes EST II nicht sichergestellt sei und dass deshalb – wie zuvor im Rahmen der Veräußerung von Grundstücken aus dem Komplex EST I – möglicherweise einzelne Grundstücke gesondert verkauft werden müssten (vgl. S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 05.02.2021, Bl. 521 d.A.).

b. Für die Notwendigkeit eines einvernehmlichen Verkaufs als Ganzes spricht jedoch die systematische Stellung der Erlösverteilungsregelung laut Ziffer 4 im Gefüge der Abwicklungsvereinbarung.

aa. In den vorgehenden Ziffern 2 und 3 der Abwicklungsvereinbarung ist nämlich geregelt, dass im Falle der Auflösung der EST GbR auf eine Dauer von eineinhalb Jahren kein Antrag auf Teilungsversteigerung gemäß § 180 ZVG gestellt werden dürfe und während dieser Zeit versucht werde, die Grundstücke „freihändig und einvernehmlich zu veräußern“ (Ziffer 3 Abs. 1 der Abwicklungsvereinbarung). Sollte nach einem Jahr ein freihändiger einvernehmlicher Verkauf nicht zustande gekommen sein, so solle ein Wertgutachten erstellt werden, dessen Ergebnis einem freihändigen Verkauf zu Grunde zu legen sei (Ziffer 3 Abs. 2 und 3 der Abwicklungsvereinbarung). Da unmittelbar auf die Regelungen betreffend die beim Verkauf der Immobilien einzuhaltende Vorgehensweise die Erlösverteilungsregelung folgt, kann daraus geschlossen werden, dass diese auch nur für den einvernehmlichen freihändigen Verkauf als Ganzes entsprechend Ziffern 2 und 3 gelten solle.

bb. Dass die Erlösverteilungsregelung als eigene Ziffer (die Ziffer 4) in die Abwicklungsvereinbarung aufgenommen wurde und nicht als Unterabschnitt der Ziffer 3 führt entgegen der Ansicht der Berufung (vgl. Berufungsbegründung S. 25, Bl. 633 d.A.) bei der systematischen Auslegung der Abwicklungsvereinbarung zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Aufnahme der Erlösverteilungsregelung in Ziffer 4 ändert an dem inhaltlichen Zusammenhang mit den vorangestellten Ziffern 2 und 3 nichts. Zwar wäre eine Aufnahme der Erlösverteilungsregelung in die Ziffer 3 ohne weiteres ebenso möglich gewesen, um die Verknüpfung der beiden Regelungen zu verdeutlichen, jedoch lässt sich aus der Aufnahme der Erlösverteilungsregelung in eine gesonderte Ziffer nicht entnehmen, dass eine solche Verknüpfung gerade nicht erfolgen sollte.

cc. Mit ihrer gegen eine solche systematische Auslegung erhobenen Rüge (vgl. Berufungsbegründung S. 19, Bl. 627 d.A.), dass dabei der Umstand außer Acht gelassen werde, dass Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung ursprünglich als Ergänzung des Gesellschaftsvertrages vom 01.02.1991 gedacht gewesen sei, nur aus beurkundungstechnischen Gründen in die Abwicklungsvereinbarung aufgenommen worden und deshalb inhaltlich isoliert von den Ziffern 2 und 3 der Abwicklungsvereinbarung zu sehen sei, was der Zeuge B. in seiner Vernehmung durch das Landgericht auch so bekundet habe, hat die Berufung keinen Erfolg.

(1) Zum einen bleibt dabei unberücksichtigt, dass die Willenserklärungen der Altgesellschafter nun einmal so beurkundet wurden wie es sich aus der Abwicklungsvereinbarung ergibt und deshalb der systematische Kontext dieser Erklärungen zu berücksichtigen ist.

(2) Zum anderen lässt sich auch mit der Aussage des Zeugen B. eine Außerachtlassung der systematischen Stellung der Ziffer 4 im Gefüge der Abwicklungsvereinbarung nicht begründen. Zwar bekundete der Zeuge B1. vor dem Landgericht, dass die Erlösverteilungsregelung „bewusst als Ziffer 4 in den Vertrag aufgenommen (werden sollte) und nicht etwa als Ziff. 3. d), weil dies unabhängig von den Regelungen in Ziff. 3 der Abwicklungsvereinbarung gelten sollte“ und dass „(d) ie Ziffer 4 (…) für jeden Fall sicherstellen (sollte), dass bei der Verwertung der Grundstücke im Verhältnis 60:40 verteilt (werde)“ (vgl. S. 4 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 05.02.2021, Bl. 522 d.A.). Jedoch bekundete der Zeuge B. gleichzeitig, dass die Gesellschafter der EST GbR „an einen Verkauf von Miteigentumsanteilen nur eines Gesellschafters nicht gedacht (hätten), bzw. dass dies nicht besprochen“ worden sei (vgl. S. 4 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 05.02.2021, Bl. 522 d.A.), dass „die Altgesellschafter nicht über den Fall gesprochen (hätten), dass nur ein Gesellschafter seine Anteile veräußer(e)“ (vgl. S. 5 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 05.02.2021, Bl. 523 d.A.) und dass „die Altgesellschafter nicht darüber gesprochen hätten, wie Erlöse zu verteilen seien, wenn nur Grundstücksbruchteile verkauft (würden) von einem Gesellschafter“ (vgl. S. 7 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 05.02.2021, Bl. 525 d.A.). Damit ist die Aussage des Zeugen B. aber bereits in sich widersprüchlich, da nicht erkennbar ist, wie nach dem Willen der Gesellschafter Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung für jeden Fall des Verkaufs gelten solle, wenn doch die Gesellschafter bezüglich des gesonderten Verkaufs der Bruchteilsanteile durch einen von ihnen oder durch beide gar keinen Willen manifestiert haben. Dass die Altgesellschafter nur einen einvernehmlichen Verkauf als Ganzes im Auge hatten, ist umso naheliegender, als nach der Aussage des Zeugen B. es auch „de facto praktisch ausgeschlossen (gewesen sei), dass ein Gesellschafter allein verkauft, da einen die Bank nicht aus der Finanzierung gelassen hätte“ (vgl. S. 4 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 05.02.2021, Bl. 522 d.A.). Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung mag daher vielleicht nach dem Willen des Zeugen B. für alle Veräußerungsfälle gelten. Darauf kommt es aber nicht an, da entscheidend allein der Wille der Vertragspartner und damit der Altgesellschafter ist, diese sich aber nach der Aussage des Zeugen B. gar keinen Willen dahingehend gebildet hatten, dass die Erlösverteilungsregelung der Ziffer 4 auch für den gesonderten Verkauf von Bruchteilanteilen gelten sollte.

Auch aus den Anlagen K 40 – 44, deren Nichtberücksichtigung im Rahmen der landgerichtlichen Auslegung die Berufung bemängelt (vgl. Berufungsbegründung, S. 22 f. Bl. 630 f. d.A.) lässt sich nicht entnehmen, dass die Erlösverteilungsregelung für jeden Verkauf, gleich ob einvernehmlich als Ganzes oder nicht, gelten solle. Diese Unterlagen belegen nämlich nur die (nach Einschätzung des Landgerichts und auch des Senats ohnehin nicht in Zweifel stehende) inhaltliche Richtigkeit der Aussage des Zeugen B., wonach die nunmehrige Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung nach der ursprünglichen Intention des Zeugen B. als Ergänzung (wohl von § 7) des damaligen Gesellschaftsvertrags der EST GbR in den damaligen Gesellschaftsvertrag hätte aufgenommen werden sollen. Für eine damit intendierte Erstreckung der Erlösverteilungsklausel auf alle Verkaufskonstellationen lässt sich aus diesen Unterlagen jedoch nichts entnehmen, da zum einen in den Unterlagen laut Anl. K 40 – 44 dazu nichts ausgesagt ist und zum anderen es nach der Aussage des Zeugen – wie oben dargelegt – hierzu gerade keinen Willen der Altgesellschafter gegeben hat.

Auch wenn man der Auslegung von Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung den Umstand zu Grunde legt, dass die Erlösverteilungsklausel zunächst in den damaligen Gesellschaftsvertrag der EST GbR (d.h. demjenigen vom 01.02.1991) hätte integriert werden sollen, so wäre die Klausel jedenfalls im Kontext des Gesellschaftsvertrags der EST GbR auszulegen. Insoweit liegt zwar nur der Gesellschaftsvertrag des EST GbR vom 19.01.2000 (Anl. B 1) vor, der jedoch entgegen der Ansicht der Berufung (vgl. Berufungsbegründung S. 23, Bl. 631 d.A.) durchaus als ein bei der Auslegung relevanter Umstand berücksichtigen werden kann, auch wenn er zeitlich nach der Abwicklungsvereinbarung vom 21.03.1997 geschlossen wurde. Denn der Gesellschaftsvertrag vom 19.01.2000 lässt Rückschlüsse auf das Verhalten und die Willensrichtung der Parteien bei Abschluss der Abwicklungsvereinbarung zu (zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Berücksichtigung nachträglichen Verhaltens bei der Auslegung von Verträgen vgl. Ellenberger in Grüneberg, BGB, 81. Auflage, München 2022, Rdnr. 6 b zu § 133 BGB m.w.N. aus der Rechtsprechung des BGH). Dem Gesellschaftsvertrag vom 19.01.2000 liegt nämlich – wie sich der Regelung des § 17 Ziffern 1 und 2 GV entnehmen lässt – die tragende Vorstellung der Altgesellschafter zu Grunde, dass ausschließlich eine einvernehmliche Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft zu erfolgen habe. Denn ohne eine solche einvernehmliche Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft wäre selbst nach einer Auflösung der EST GbR diese fortzusetzen gewesen. Die einvernehmliche Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft soll daher – außer in den Fällen einer Kündigung der EST GbR aus wichtigem Grund (§ 17 Ziffer 3 GV) – nach § 17 Ziffer 2 Abs. 2 S. 1 GV Voraussetzung für eine Auflösung der EST GbR sein. Die in § 17 Ziffern 1 und 2 GV stipulierte Regelung, die ohne einvernehmliche Auflösung der Bruchteilsgemeinschaft trotz Kündigung durch einen der Gesellschafter der EST GbR (falls nicht aus wichtigem Grund) oder trotz eines Liquidationsbeschlusses der Gesellschafter zu einer endlosen Fortsetzung der EST GbR führt, verdeutlicht den unbedingten Willen der Altgesellschafter ausschließlich eine einvernehmliche Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft zuzulassen. Dass der Wille der Altgesellschafter bei Abschluss der zeitlich früheren (21.03.1997) Abwicklungsvereinbarung davon ein abweichender gewesen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Auch in der Berufung, die sich ausdrücklich auf den ursprünglichen Gesellschaftsvertrag als relevanten Auslegungsumstand beruft und die Heranziehung des aktuellen Gesellschaftsvertrages zum Zwecke der Auslegung der Abwicklungsvereinbarung durch das Landgericht rügt (vgl. Berufungsbegründung S. 23, Bl. 631 d.A.), wird klägerseits nicht vorgetragen, dass der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag vom 01.02.1991 bezüglich der Auflösung der EST GbR und der Bruchteilsgemeinschaft eine von der grundlegenden Konzeption des § 17 Ziffern 1 und 2 GV abweichende Regelung enthalten hätte, obwohl dem Kläger als Partei auch des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages vom 01.02.1991 dessen Inhalt bekannt ist und er deshalb ohne weiteres hierzu hätte vortragen können.

Auch die Tatsache, dass in Ziffern 2 und 3 der Abwicklungsvereinbarung ein Zeitgerüst für die Abwicklung eines einvernehmlichen Verkaufs der Grundstücke EST II als Ganzes vorgesehen ist (Verpflichtung zur Unterlassung der Stellung eines Antrags auf Teilungsversteigerung während eineinhalb Jahren nach „Beendigung“ der EST GbR, Recht eines jeden Gesellschafters auf Anfertigung eines Wertgutachtens nach Ablauf eines Jahres nach der Beendigung der EST GbR und Verlängerung des Karenzzeitraums im Falle einer Gutachtenserholung um sechs auf dann 24 Monate) führt – anders als die Berufung meint (vgl. Berufungsbegründung S. 24, Bl. 632 d.A.) – nicht zur Annahme, dass nach Ablauf des „Karenzzeitraums“ ein gesonderter Verkauf der Bruchteilsanteile zulässig sein soll. Dem steht nämlich die Regelung des § 17 Ziffer 2 GV entgegen, der stipuliert, dass, wenn eine einvernehmliche Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft binnen „einer Frist von maximal 24 Monaten“, die offensichtlich an die Maximalfrist der Ziffer 3 Abs. 4 der Abwicklungsvereinbarung anknüpft, nach Auflösung der EST GbR, nicht erfolgt sein sollte, die EST GbR auch ohne einen Fortsetzungsbeschluss fortgesetzt werden soll. Daraus ist zu entnehmen, dass bei einem Scheitern der einvernehmlichen Verkaufsbemühungen eben gerade kein gesonderter Verkauf der Bruchteilsanteile zulässig sein sollte, sondern vielmehr die Grundstücke bei den Altgesellschaftern der EST GbR verbleiben und weiter durch die fortzusetzenden EST GbR bewirtschaftet werden sollten. Aufgrund dessen ist es auch folgerichtig, dass in Ziffer 3 der Abwicklungsvereinbarung nur von einem Versuch, die Immobilien freihändig zu verkaufen, die Rede ist und spricht dies entgegen der Ansicht der Berufung (vgl. Berufungsbegründung S. 26, Bl. 634 d.A.) ebenfalls nicht gegen die vom Landgericht vorgenommene Auslegung.

c. Die Auslegung, dass nur bei einer einvernehmlichen Veräußerung der Grundstücke aus dem Komplex EST II als Ganzes die disquotale Erlösverteilung laut Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung zum Tragen komme, ist auch interessengerecht und widerspricht entgegen der Ansicht der Berufung (Berufungsbegründung S. 12 ff., Bl. 620 ff. d.A.) nicht dem Sinn und Zweck der Abwicklungsvereinbarung.

aa. Wie schon das Landgericht (LGU S. 15 dritter Absatz) geht auch der Senat davon aus, dass – wie der Kläger behauptet – die disquotale Erlösverteilung im Verhältnis 60:40 zum Vorteil des Klägers den jedenfalls nach Einschätzung der Altgesellschafter größeren Beitrag des Klägers zur Wertschöpfung der EST GbR abgelten sollte. Dies ergibt sich zum einen aus den diesbezüglichen Aussagen der Zeugen B. (vgl. S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 05.02.2021, Bl. 521 d.A.) und Busch (vgl. S. 5 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 25.09.2020, Bl. 454 d.A.). Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, welchen anderen Zweck die disquotale Erlösverteilung haben sollte, wenn man nicht von einer Schenkung des Altgesellschafters R. Sch. zu Gunsten des Klägers ausgehen sollte, die auch die Beklagten nicht behaupten und wofür es auch keine Anhaltspunkte gibt.

bb. Dies führt jedoch nicht dazu, dass nach der Abwicklungsvereinbarung ein Anspruch des Klägers auf disquotale Erlösverteilung in jedem Fall der Veräußerung bestehen solle und die vom Landgericht vorgenommene andere Auslegung der Abwicklungsvereinbarung als nicht interessengerecht anzusehen wäre. Denn geboten ist nicht eine Auslegung, die nur dem Interesse einer Partei entspricht, sondern vielmehr eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung (vgl. Ellenberger in Grüneberg, BGB, 81. Auflage, München 2022, Rdnr. 18 zu § 133 BGB m.w.N. aus der BGH-Rechtsprechung). Die Abwicklungsvereinbarung schützt aber nach ihrem Sinn und Zweck nicht nur das Interesse des Klägers an der angemessenen Vergütung seines erhöhten Beitrags an der Wertschöpfung der EST GbR, sondern in gleichem Maße das Interesse des R. Sch. (und nunmehr seiner Erben) an einer einvernehmlichen Veräußerung der Grundstücke des Komplexes EST II. Durch die in der Abwicklungsvereinbarung vorgesehene Notwendigkeit der Einvernehmlichkeit sollte nämlich zum einen das Mitentscheidungsrecht beider Altgesellschafter (und damit auch des R. Sch.) garantiert werden und zum anderen ein (wie sich insbesondere aus der Regelung in Ziffer 3 der Abwicklungsvereinbarung zur Wertbestimmung ergibt) marktangemessener Veräußerungserlös sichergestellt werden. Dass die Notwendigkeit einer einvernehmlichen Veräußerung der Grundstücke als Ganzes (wenn möglicherweise auch nicht notwendigerweise aller Grundstücke gleichzeitig) für beide Altgesellschafter von sehr hoher Bedeutung war, zeigen sowohl die Regelung des § 17 Ziffern 1 und 2 GV, der für den Fall des Scheiterns eines einvernehmlichen Grundstücksverkaufs trotz eines etwaigen Liquidationsbeschlusses eine Fortsetzung der EST GbR vorsieht, als auch die in Ziffer 2 Abs. 2 der Abwicklungsvereinbarung enthaltene Regelung über die Zahlung einer Vertragsstrafe für den Fall, dass einer der Gesellschafter binnen 18 Monaten nach Beendigung der Gesellschaft einen Antrag auf Teilungsversteigerung stellen sollte. Sinn und Zwecke der Abwicklungsvereinbarung war also, auch wenn der Kläger dies nunmehr nicht mehr wahrhaben will, keineswegs ausschließlich die Sicherung seines disquotalen Erlösverteilungsanspruchs, sondern mindestens in gleichem Umfang die Garantie einer einvernehmlichen Veräußerung der Grundstücke als Ganzes.

Da somit eine entgegen der Abwicklungsvereinbarung und § 17 GV erfolgte nicht einvernehmliche Veräußerung der Grundstücke einem eminenten Interesse des R. Sch. und seiner Erben zuwiderläuft, gebietet eine interessengerechte Auslegung der Abwicklungsvereinbarung nicht in jedem Fall eine Garantie der disquotalen Erlösverteilung zu Gunsten des Klägers, sondern kann aufgrund der Interessenlage der anderen Gesellschafter auch dazu führen, dass ein Anspruch des Klägers auf disquotale Erlösverteilung nicht besteht. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob – wie von den Parteien eingehend ventiliert – der Anspruch des Klägers auf disquotale Erlösverteilung in einer synallagmatischen Beziehung zur Verpflichtung der Altgesellschafter zur Durchführung eines einvernehmlichen Grundstücksverkaufs steht.

cc. In Anbetracht des eindeutigen Auslegungsergebnisses kommt es auch nicht mehr darauf an, ob – worauf das Landgericht zur Stützung seiner Auslegung ergänzend abstellt (LGU S. 14 vorletzter Absatz) und was die Berufung rügt (vgl. Berufungsbegründung S. 27 ff., Bl. 635 ff. d.A.) – eine disquotale Erlösverteilung im Falle eines gesonderten Verkaufs von Miteigentumsanteilen durch einen der Gesellschafter in der Person des nicht verkaufenden anderen Gesellschafters zu einem unbilligen Ergebnis führen würde.

dd. Die Aussage des Zeugen Bu. vor dem Landgericht, deren Nichteinbeziehung in die Auslegung die Berufung rügt (vgl. Berufungsbegründung S. 29 und 31, Bl. 637 und 639 d.A.), vermag an der vom Senat vorgenommenen Auslegung nichts ändern. Denn auch aus der Aussage des Zeugen Bu. ergibt sich nicht, dass die Altgesellschafter bei Abschluss der Abwicklungsvereinbarung eine disquotale Erlösverteilung auch bei der nicht einvernehmlichen Veräußerung eines Miteigentumsanteils beabsichtigten. In seiner Vernehmung vor dem Landgericht vom 25.09.2020 hat der Zeuge Bu. nämlich angegeben, dass er nichts davon wisse, „dass die Altgesellschafter mal darüber gesprochen (hätten), was passieren soll(e), wenn nur einer der Altgesellschafter seine Miteigentumsanteile verkauft“ (vgl. S. 6 siebter Absatz des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 25.09.2020, Bl. 455 d.A.). Der Zeuge Busch erwähnte dann im Zusammenhang mit Beispielsrechnungen der Altgesellschafter zwar den Fall, „dass aus einer Immobilie der EST II Teileigentum verkauft (werden solle), etwa eine eigenständige Büroeinheit“ (vgl. S. 6 vorletzter Absatz des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 25.09.2020, Bl. 455 d.A.). Dabei hätte es sich aber gerade nicht um den Verkauf des Miteigentumsanteils eines der Altgesellschafter, sondern um den einvernehmlichen Verkauf erst noch zu bildenden Teileigentums gehandelt. Auch aus der von der Berufung in Bezug genommenen Passage der Vernehmung des Zeugen Bu. vom 25.09.2020 (S. 6 zweiter Absatz des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 25.09.2020, Bl. 455 d.A., vgl. Berufungsbegründung S. 31, Bl. 639 d.A.) lässt sich nichts anderes herleiten. Denn auch dort ging es nicht um einen nicht einvernehmlichen Verkauf eines Miteigentumsanteils eines der Gemeinschafter. Vielmehr erfolgte die Übertragung der Miteigentumsanteile des Klägers an die Drittwiderbeklagte, bei denen es sich auch um diejenigen an den Grundstücken des Komplexes EST I handelte, für die die disquotale Erlösverteilung gar nicht gilt, im Einvernehmen zwischen den Altgesellschaftern, sodass daraus für die hier streitgegenständliche Frage der Anwendbarkeit der disquotalen Erlösverteilung auf einen nicht einvernehmlichen Verkauf eines Miteigentumsanteils nichts abgeleitet werden kann. Anderenfalls wäre die Aussage des Zeugen Bu. auch in sich widersprüchlich und schon deshalb nicht beweiskräftig, da er gleichzeitig – wie oben dargelegt – ausführte, dass die Altgesellschafter seines Wissens nach über den gesonderten Verkauf von Miteigentumsanteilen durch einen von ihnen nicht gesprochen hätten.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der früheren Vernehmung des Zeugen Bu. vor dem Landgericht am 10.12.2018, die inhaltlich von seiner späteren Aussage vom 25.09.2020 nicht abweicht (vgl. S. 4 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 10.12.2018, Bl. 296. d.A.). In seiner erneuten Vernehmung vor dem Landgericht am 05.02.2021 hat sich der Zeuge Bu. zu einem gesonderten Verkauf der Miteigentumsanteile durch einen der Altgesellschafter nicht geäußert (vgl. S. 7 ff. des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 05.02.2021, Bl. 525 ff. d.A.).

2. Ob – wie der Kläger behauptet (vgl. Schriftsatz der Klägvertreterin vom 14.09.2017, S. 7, Bl. 74 d.A.) – die Abwicklungsvereinbarung durch den Liquidationsbeschluss vom 20./23.07.2013 laut Anl. B 2/5 (dessen Zustandekommen durch die Beklagten bestritten wird) dahingehend abgeändert wurde, dass das Veräußerungsprozedere laut Ziffern 2 und 3 der Abwicklungsvereinbarung nicht mehr durchzuführen sei, sondern der Kläger zum Verkauf der Grundstücke ermächtigt worden sei, kann dahinstehen. Denn selbst wenn Ziffern 2 und 3 der Abwicklungsvereinbarung durch den (unterstellten) Liquidationsbeschluss vom 20./23.07.2013 aufgehoben und durch die Verkaufsregelungen in Ziffern 4 bis 6 des Liquidationsbeschlusses ersetzt worden sein sollten, so ergäbe sich hieraus keine Befugnis des Klägers zum Verkauf nur seiner Miteigentumsanteile an den Grundstücken des Komplexes EST II. Denn die Verkaufsermächtigung in Ziffer 3 des Liquidationsbeschlusses bezieht sich ausdrücklich nur auf die Verwertung des „gesamten Grundbesitz(es)“ oder, wenn eine solche nicht möglich sein sollte, auf „Einzelverkäufe“ von Grundstücken. In Ziffer 6 S. 2 des Liquidationsbeschlusses ist deshalb ebenfalls nur von der Übernahme „einzelne(r) oder alle(r) Grundstücke“ die Rede. Nur wenn der Kläger die Grundstücke selbst übernommen hätte, hätte er notwendigerweise lediglich Bruchteilsanteile, nämlich die des R. Sch. bzw. dessen Erben, erwerben müssen. Ein solcher Fall liegt streitgegenständlich jedoch gerade nicht vor. Auch der (unterstellte) Liquidationsbeschluss stellt daher – wie die Abwicklungsvereinbarung in Ziffern 2 und 3 – ausschließlich auf den Verkauf aller oder einzelner Grundstücke ab und erfasst daher gerade nicht den Verkauf von Bruchteilsanteilen durch einen der Gemeinschafter (sofern nicht der Kläger die Grundstücke selbst erwirbt).

Dass an einen gesonderten Verkauf von Miteigentumsanteilen auch bei (unterstellter) Fassung des Liquidationsbeschlusses von Seiten der Altgesellschafter nicht gedacht war, ergibt sich auch aus der Aussage des Zeugen Bu. Dieser bekundete nämlich, dass der Plan der Altgesellschafter gewesen sei, „die Immobilien ganz oder teilweise zu verkaufen, dies jedoch nur zu marktgerechten Konditionen. Es sollte kein Notverkauf werden“ (S. 9 neunter Absatz des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 25.09.2020, Bl. 458 d.A.). „Eine Rechnung, die beinhaltete, dass nur einer der Gesellschafter seine Miteigentumsanteile verkauft“, sei nicht durchgeführt worden. Dies sei wegen der Darlehensverbindlichkeiten auch gar nicht möglich gewesen (S. 10 letzter Absatz des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 25.09.2020, Bl. 459 d.A.).

Sollten also die Regelungen in Ziffern 2 und 3 der Abwicklungsvereinbarung tatsächlich durch den Liquidationsbeschluss ersetzt worden sein, so wären in die Stelle der Ziffern 2 und 3 der Abwicklungsvereinbarung die Ziffern 3 bis 6 des Liquidationsbeschlusses getreten und wäre die Erlösverteilungsklausel in Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung nunmehr im systematischen Zusammenhang mit Ziffer 3 und 6 des Liquidationsbeschlusses auszulegen. Dies würde aber aufgrund des Abstellens auch des Liquidationsbeschlusses auf den Verkauf einzelner oder aller Grundstücke aus dem Komplex EST II und der fehlenden Ermächtigung zum Verkauf von Bruchteilsanteilen an Dritte durch einen der Gemeinschafter, zu keinem anderen Ergebnis führen, als dass eine disquotale Erlösverteilung einen einvernehmlichen Verkauf der Grundstücke als jeweils Ganzes voraussetzt.

3. Eine Novation der Abwicklungsvereinbarung dergestalt, dass nunmehr eine disquotale Erlösverteilung auch bei einem nicht einvernehmlichen Verkauf von Miteigentumsanteilen durch einen der Gemeinschafter erfolgen sollte, durch eine Absprache der Altgesellschafter anlässlich des Verkaufs der Miteigentumsanteile des Klägers an den Grundstücken des Komplexes EST I im Jahr 2007 konnte der insoweit beweisbelastete Kläger nicht nachweisen. Die Aussagen des Zeugen Bu. belegen – wie oben dargestellt – eine solche Abrede nicht. Vielmehr führt der Zeuge ausdrücklich aus, dass er von Gesprächen der Altgesellschafter über einen nicht einvernehmlichen Verkauf von Miteigentumsanteilen nichts wisse (vgl. S. 6 siebter Absatz des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 25.09.2020, Bl. 455 d.A.).

4. Die von der Berufung beantragten erneuten Vernehmungen der Zeugen B. und Bu. waren nicht durchzuführen. Die Zeugen wurden bereits durch das Landgericht umfänglich (teilweise mehrfach) vernommen.

Nach alledem kommt nach der Abwicklungsvereinbarung eine disquotale Verteilung von Verkaufserlösen aus dem Komplex EST II nur bei einem einvernehmlichen Verkauf der Grundstücke als Ganzes zum Tragen.

5. Einen davon abweichenden tatsächlichen Willen hat der insoweit beweisbelastete Kläger nicht nachgewiesen. Denn sowohl der Zeuge B. als auch der Zeuge Bu. haben übereinstimmend bekundet, dass der Fall einer nicht einvernehmlichen Veräußerung von Miteigentumsanteilen durch einen der Gemeinschafter zwischen den Gemeinschaftern weder bedacht noch besprochen wurde (zum Zeugen B. vgl. S. 4 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 05.02.2021, Bl. 522 d.A. zum Zeugen Bu. vgl. S. 6 siebter Absatz des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 25.09.2020, Bl. 455 d.A.). Auch aus den vorgelegten Unterlagen (auch nicht den Anlagen K 40 – 44) sowie anderen tatsächlichen Umständen lässt sich ein solcher abweichender tatsächlicher Wille der Altgesellschafter nicht ableiten.

6. Zu Recht ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend, dass nach der Abwicklungsvereinbarung eine disquotale Erlösverteilung auch bei einem Verkauf von Bruchteilsanteilen erfolgen sollte, in Ermangelung einer planwidrigen Unvollständigkeit ausscheidet (LGU S. 17). Eine solche wäre nämlich nur gegeben, wenn die Abwicklungsvereinbarung eine Bestimmung vermissen ließe, die erforderlich ist, um den ihr zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen. Ohne die Vervollständigung des Vertrages müsste also eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen sein (zu den Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung vgl. Ellenberger in Grüneberg, BGB, 81. Auflage, München 2022, Rdnr. 3 zu § 157 BGB m. Nachweisen aus der BGH-Rechtsprechung).

Zwar haben laut den Aussagen der Zeugen B. und Bu. vor dem Landgericht die Altgesellschafter ihres Wissens nach nicht an die Möglichkeit getrennter Verkäufe ihrer Bruchteilsanteile gedacht. Eine planwidrige Regelungslücke liegt jedoch entgegen der Ansicht der Berufung (vgl. Berufungsbegründung S. 42 ff., Bl. 651 ff. d.A.) dennoch nicht vor, da eine Erstreckung der Erlösverteilungsklausel auch auf Fälle des nicht einvernehmlichen Verkaufs von Miteigentumsanteilen nicht erforderlich ist, um den der Abwicklungsvereinbarung zu Grunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen. Dieser ging nämlich – wie oben unter 1 c dargelegt – dahin, dass ein gesonderter Verkauf von Miteigentumsanteilen den Gemeinschaftern sowohl während des Bestehens der EST GbR (§ 14 Ziffer 3 GV) als auch im Abwicklungsstadium (Ziffer 2 der Abwicklungsvereinbarung) grundsätzlich untersagt sein sollte und unter Umständen auch mit einer Vertragsstrafe sanktioniert werden sollte. Auch der Liquidationsbeschluss vom 20./23.07.2013 laut Anl. B 2/5 – unterstellt er ist wirksam zustande gekommen – ermächtigte den Kläger nicht zum gesonderten Verkauf von Miteigentumsanteilen. Soll den Gemeinschaftern aber nach den der Abwicklungsvereinbarung zu Grunde liegenden Vorstellungen der Altgesellschafter der nicht einvernehmliche Verkauf ihrer Bruchteilsanteile untersagt sein, so ist eine Regelung zur Erlösverteilung in diesem Fall nicht erforderlich und stellt deshalb auch keine planwidrige Unvollständigkeit dar. Die in der Abwicklungsvereinbarung von den Altgesellschaftern getroffene Regelung führt – wie ebenfalls oben unter 1 c dargelegt – auch zu einem beidseitig interessengerechten Ergebnis, da dadurch sowohl das Interesse des Klägers an einer Entgeltung seines höheren Anteils an der Wertschöpfung der EST GbR als auch gleichzeitig das Interesse des R. Sch. an der Wahrung seines Mitentscheidungsrechts und der Erzielung eines marktangemessenen Erlöses entsprochen wird.

7. Die Veräußerung der Miteigentumsanteile an den Grundstücken des Komplexes EST II durch den Kläger mit Kaufvertrag vom 26.01.2016 laut Anl. K 2 einerseits und die Beklagten mit Kaufvertrag vom 10.06.2016 laut Anl. K 3 andererseits stellt keinen einvernehmlichen Verkauf der Grundstücke als Ganzes dar wie ihn die Abwicklungsvereinbarung für einen Anspruch des Klägers auf eine disquotale Erlösverteilung fordert.

a. aa. Sinn und Zweck des Ausschlusses des gesonderten Verkaufs von Miteigentumsanteilen durch einen der Gemeinschafter und die Notwendigkeit des einvernehmlichen Verkaufs der Grundstücke als jeweils Ganzes sei es in ihrer Gesamtheit sei es als Einzelgrundstücke war es nämlich, einen gegenüber dem Verkauf lediglich eines gesonderten Bruchteilsanteils höheren Verkaufserlös für das jeweilige zum Verkauf stehende Grundstück zu erzielen. Dies ergibt sich insbesondere aus dem in Ziffer 2 und 3 der Abwicklungsvereinbarung vorgesehenen Prozedere für den Verkauf, bei dem, sollte der als erste Wahl vorgesehene Versuch eines freihändigen einvernehmlichen Verkaufs durch die Gemeinschafter scheitern (Ziffer 3 Abs. 1 der Abwicklungsvereinbarung), als zweite Stufe nur der freihändige Verkauf zu einem durch einen Gutachter bestimmten Preis blieb. Sollte auch dies scheitern wäre nach § 17 Ziffer 2 Abs. 2 GV die EST GbR fortzusetzen. Den Altgesellschaftern kam es also ganz entscheidend auf ein konzertiertes Handeln an, um gemeinsam den bestmöglichen Preis zu erzielen. Zwangsmittel, um den einen Gemeinschafter zum Verkauf eines Grundstücks zu einem zwar vom anderen Gemeinschafter als vertretbar von ihm jedoch als nicht angemessen angesehenen Preis zu bewegen, waren nach diesen vertraglichen Vorgaben also ausgeschlossen. Vielmehr sollte Konsequenz eines Dissenses zwischen den Gemeinschaftern nur die Fortsetzung der EST GbR und der Gemeinschaft sein.

bb. Auch bei Unterstellung eines wirksamen Zustandekommens des Liquidationsbeschlusses vom 20./23.07.2013 laut Anl. B 2/5 ändert sich daran nichts. Denn auch in dem (unterstellten) Liquidationsbeschluss wird der Kläger lediglich ermächtigt, „den gesamten Grundbesitz der Gesellschaft insgesamt, oder falls dies nicht möglich ist, über Einzelverkäufe bestmöglichst zu verwerten“. Entsprechend hat sich auch der Zeuge Bu. in seiner Vernehmung vor dem Landgericht vom 05.02.2021 geäußert (vgl. S. 9 erster und zweiter Absatz des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2021, Bl. 527 d.A.). Dies entspricht dem mit der Abwicklungsvereinbarung verfolgten Ziel, durch einen Verkauf der Grundstücke einen gegenüber dem Verkauf lediglich eines Miteigentumsanteils höheren Verkaufspreis zu realisieren. Warum der Kläger, der doch nach seinem eigenen Vortrag aufgrund der im Liquidationsbeschluss enthaltenen Ermächtigung zum Verkauf aller Grundstücke berechtigt gewesen sein, dann in der Folge doch nur seinen eigenen Miteigentumsanteil an den Grundstücken des Komplexes EST II, nicht aber die Grundstücke als Ganzes verkauft hat, erschließt sich vor diesem Hintergrund nicht.

b. Mit der vertraglichen Zielvorstellung eines einvernehmlichen Verkaufs der Grundstücke als Ganzes zum Zwecke der Erzielung eines möglichst hohen Preises lässt sich der Verkauf der Miteigentumsanteile an die R./K. KG, wie er tatsächlich durchgeführt wurde, nicht in Übereinstimmung bringen. Weder handelt es sich dabei um „eine wirtschaftlich sinnvolle Abwicklung der Bruchteils-Eigentümergemeinschaft“ iSd. Ziffer 1 Abs. 3 der Abwicklungsvereinbarung noch um eine „bestmögliche“ Verwertung iSd. Ziffer 3 des (unterstellten) Liquidationsbeschlusses vom 20./23.07.2013.

aa. Mit dem Kaufvertrag vom 26.01.2016 laut Anl. K 2 konnte mangels Einbeziehung der Beklagten kein Grundstücksverkauf als Ganzes erfolgen, vielmehr wurden ohne Zustimmung der Beklagten nur die Bruchteilsanteile des Klägers an den Grundstücken aus dem Komplex EST II veräußert, sodass schon das ursprünglich zwischen den Altgesellschaftern vorgesehene gemeinsame Vorgehen betreffend der Grundstücke als Ganzes zur Verbesserung der Verhandlungsposition bei der Aushandlung des Preises nicht erfolgen konnte. Dass die Veräußerung der Grundstücke als Ganzes aber zu einem gegenüber der lediglich gesonderten Veräußerung von Miteigentumsanteilen auch tatsächlich höheren Verkaufserlös geführt hätte, zeigt sich an dem von den Parteien bereits mit der V. Bräu GmbH & Co KG als Käuferin unstreitig ausgehandelten Preis von 19 Mio € für die Grundstücke EST I und II (vgl. Schriftsatz des Beklagtenvertreters zu 2) vom 08.05.2017, S. 13, Bl. 49 d.A. und Schriftsatz der Klägervertreterin vom 14.09.2017, S. 18, Bl. 85 d.A.), der deutlich über dem durch den gesonderten Verkauf der Miteigentumsanteile an die R./K. KG schlussendlich erzielten Gesamterlös von 17.505.000 € lag. Dass und aus welchen Gründen der Verkauf der Grundstücke an die V. Bräu GmbH & Co KG dann in der Folge nicht zustande kam und insbesondere ob der Kläger und/oder die Beklagten dieses Scheitern zu vertreten hatten (was zwischen den Parteien streitig ist), obwohl für Anfang Dezember 2015 bereits ein Notartermin vereinbart worden war, ist unerheblich. Denn – wie bereits oben unter a aa dargelegt – sahen die Altgesellschafter kein Mittel vor, um einen aus welchen Gründen auch immer nicht konsentierenden Gesellschafter zur Zustimmung zu zwingen. Nach der Vorstellung der Altgesellschafter hätten die Gemeinschafter nunmehr entweder einen anderen Käufer suchen oder sich aber intern über die Aufteilung des Veräußerungserlöses einigen müssen. Ein gesonderter Verkauf nur des Bruchteilsanteils eines Gemeinschafters war weiterhin nicht zulässig.

bb. Der letztendlich zustande gekommene Verkauf aller Miteigentumsanteile an den Grundstücken wird auch nicht dadurch zu einem sowohl nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen als auch nach denen der Abwicklungsvereinbarung notwendigen einvernehmlichen Verkauf der Grundstücke als Ganzes, dass alle Gemeinschafter sukzessive ihre Miteigentumsanteile an dieselbe Erwerberin, die R./K. KG veräußerten. So hatten die Beklagten aufgrund des gesonderten Verkaufs seiner Miteigentumsanteile durch den Kläger zum einen keine Möglichkeit mehr, auf den vom Kläger verlangten Kaufpreis Einfluss zu nehmen. Dies führte dazu, dass der Kläger im Januar 2016 seinen Miteigentumsanteil zu einem um 505.000 € niedrigeren Preis, nämlich für 8,5 Mio €, verkaufte als die Beklagten, die einen Preis von 9.005.000,00 € erzielten (was nicht verwundert, da der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages nicht nur als Veräußerer seines Miteigentumsanteile auftrat, sondern gleichzeitig als Komplementär der Erwerberin, deren interessen er somit gleichzeitig zu wahren hatte). Zum anderen war die Beklagte durch den früheren Verkauf der klägerischen Bruchteilsanteile in der Zwangslage, wirtschaftlich sinnvoll ihre Bruchteilsanteile nur an die R./K. KG, die bereits die klägerischen Bruchteilsanteile gekauft hatte, verkaufen zu können.

cc. Die vom Kläger behauptete, von den Beklagten in Abrede gestellte Möglichkeit der Beklagten, den bereits erfolgten Verkauf der klägerischen Bruchteilsanteile dadurch zu Fall zu bringen, dass sie selbst ihre Bruchteilsanteile nicht an die R./K. KG veräußern, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn nach den Regelungen in dem vom Kläger und der Drittwiderbeklagten mit der R./K. KG geschlossenen Kaufvertrag laut Anl. K 2 hätte der Nichtabschluss eines Kaufvertrags mit der R./K. KG über die Bruchteilsanteile der Beklagten durch die Beklagten nicht notwendigerweise zu einer Rückgängigmachung des Verkaufs der klägerischen Bruchteilsanteile geführt und zwar weder im Hinblick auf die auf den Grundstücken EST I lastende Grundschuld zu Gunsten der EST GbR noch im Hinblick auf die auf den Grundstücken EST II lastende Grundschuld zu Gunsten der C.Bank AG.

(1) Hinsichtlich der Grundschuld zu Gunsten der EST GbR ist in Abschnitt VI § 3 Abs. 1 des Kaufvertrags laut Anl. K 2 stipuliert, dass diese Grundschuld zu löschen ist. Die Löschung ist nach Abschnitt III § 1 Nr. 4.1 b und Abschnitt VIII 2. Spiegelstrich des Kaufvertrags laut Anl. K 2 Fälligkeitsvoraussetzung für die Zahlung des Restkaufpreises in Höhe von 995.000,00 €, nicht aber für die Schuldübernahme durch die R./K. KG. Die Bewilligung der Eintragung der R./K. KG als Miteigentümerin durch den (insoweit von den Verkäufern bevollmächtigten) Notar darf erst nach Bezahlung des „Kaufpreises“ erfolgen (Abschnitt II § 2 Abs. 3 S. 1 des Kaufvertrags laut Anl. K 2). Daraus ergibt sich jedoch entgegen der Ansicht der Klägerseite noch kein Automatismus dergestalt, dass der Verkauf der Bruchteilsanteile des Klägers an die R./K. KG notwendigerweise gescheitert wäre, wenn die Beklagte ihre Bruchteilsanteile nicht auch an die R./K. KG veräußert hätten. Denn in einem solchen Fall wäre es Sache der R./K. KG gewesen zu entscheiden, wie diese im Hinblick auf den zwischen ihr einerseits und dem Kläger und der Drittwiderbeklagten andererseits geschlossenen Kaufvertrag andererseits weiter verfahren will. Der Verkauf der Grundstücke war daher nicht – wie dies nach der Abwicklungsvereinbarung und auch dem (unterstellten) Liquidationsbeschluss vom 20./23.07.2013 vorausgesetzt wird – allein vom übereinstimmenden Willen des Klägers und der Beklagten abhängig, sondern auch von der Entscheidung der R./K. KG.

Wie die R./K. KG tatsächlich reagiert hätte, wenn die Beklagten ihre Bruchteilsanteile zu einem späteren Zeitpunkt nicht auch an sie verkauft hätten, spielt für die Frage, ob ein nach der Abwicklungsvereinbarung und dem (unterstellten) Liquidationsbeschluss „einvernehmlicher Verkauf der Grundstücke als jeweils Ganzes“ vorlag, keine Rolle. Ausschlaggebend dafür, die disquotale Erlösverteilung nicht zur Anwendung zu bringen, ist allein, dass das Schicksal des Kaufvertrages laut Anl. K 2 nicht allein von den Parteien, sondern zumindest auch von der Entscheidung eines Dritten abhing.

Aus diesem Grund kommt es auch nicht – wie von den Parteien ventiliert – darauf an, ob zur Löschung der Grundschuld zu Gunsten der EST GbR die Mitwirkung der Beklagten erforderlich ist oder ob der Kläger als (auch nach seinem Ausscheiden als Gesellschafter) gemäß § 8 Abs. 4 GV alleiniger Geschäftsführer der EST GbR die Löschung der Grundschuld auch ohne die Beklagten hätte bewirken können.

Ebenso wenig ist deshalb entscheidungserheblich, dass die Beklagten laut Abschnitt I Nr. 5 des von ihnen mit der R./K. KG geschlossenen Kaufvertrags laut Anl. K 3 an der Löschung der Grundschuld zu Gunsten der EST GbR mitwirkten. Denn auch dies ändert nichts daran, dass der Verkauf der Grundstücke, wie er tatsächlich erfolgte, kein einvernehmlicher war.

(2) Hinsichtlich der Grundschuld zu Gunsten der C.Bank AG gilt nichts anderes. Zwar ist die Genehmigung der Schuldübernahme durch die C.Bank AG gemäß Abschnitt III § 1 Nr. 4.1 d des Kaufvertrags laut Anl. K 2 Fälligkeitsvoraussetzung für die Restkaufpreisforderung des Klägers und darf gemäß Abschnitt II § 2 Abs. 3 S. 1 des Kaufvertrags laut Anl. K 2 der insoweit von den Verkäufern bevollmächtigte Notar die Eintragung der RA/KE KG als Miteigentümerin nur bewilligen, wenn die Verkäufer die Bezahlung des Kaufpreises schriftlich bestätigt haben. Jedoch folgt auch insoweit aus den oben unter (1) dargelegten Gründen hieraus kein Automatismus dergestalt, dass der Verkauf der Bruchteilsanteile des Klägers an die R./K. KG gescheitert wäre, wenn die Beklagte ihre Bruchteilsanteile nicht auch an die R./K. KG veräußert hätten. Vielmehr hängt auch hier das Schicksal des zwischen dem Kläger und der Drittwiderbeklagten einerseits und der R./K. KG andererseits geschlossenen Kaufvertrags vom Willen der R./K. KG ab, wie weiter verfahren werden solle.

c. Ein etwaig bestehende Zwangslage der Parteien aufgrund einer Kündigung des Darlehensvertrages durch die C.Bank AG spielt bei der Beurteilung, ob ein einvernehmlicher Verkauf i.S.d. der Abwicklungsvereinbarung bzw. des (unterstellten) Liquidationsbeschlusses vom 20./23.07.2013 vorliegt, keine Rolle. Da weder in der Abwicklungsvereinbarung noch in dem (unterstellten) Liquidationsbeschluss eine Ausnahme vom Erfordernis einer einvernehmlichen Veräußerung der Grundstücke (jeweils) als Ganzem für diesen Fall vorgesehen ist.

d. Ob es sich bei den beiden Kaufverträgen laut Anl. K 2 und 3 um einen einheitlichen Vertrag handelt und/oder ob diese beiden Kaufverträge dergestalt in einem rechtlichen Zusammenhang stehen, dass sie durch den Willen der Beteiligten derart miteinander verbunden sind, dass die Gültigkeit des einen Rechtsgeschäfts vom Bestand des anderen abhängen soll (vgl. Berufungsbegründung S. 34 ff., Bl. 642 ff. d.A.), kann dahinstehen. Denn entscheidungserheblich ist nicht ob, eine solche Vertragsgestaltung vorliegt, sondern ob die Veräußerung der Miteigentumsanteile in ihrer tatsächlich durchgeführten Form eine nach der Abwicklungsvereinbarung erforderliche einvernehmliche Veräußerung der Grundstücke als Ganzes ist. Dies ist aber eine alleine Frage der Auslegung der Abwicklungsvereinbarung bzw. des (unterstellten) Liquidationbeschlusses vom 20./23.07.2013.

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen, da ihm ein Anspruch auf disquotale Erlösverteilung nicht zusteht, weil die insoweit sowohl von Ziffer 4 der Abwicklungsvereinbarung als auch von dem (unterstellten) Liquidationsbeschluss vom 20./23.07.2013 vorausgesetzte einvernehmliche Veräußerung der Grundstücke als Ganzes nicht erfolgt ist.

Da ein Zahlungsanspruch des Klägers nicht besteht, war über die Hilfsaufrechnungen der Beklagten nicht mehr zu entscheiden.

Der von den Beklagten beantragten Anordnung eines Vorbehalts nach § 780 ZPO bedarf es nicht, da ein solcher nur in Betracht kommt, wenn eine titulierte Nachlassverbindlichkeit besteht. Da die Klage jedoch abzuweisen ist, ist dies nicht der Fall.

C.

I. Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger unterlag zur Gänze.

II. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

III. Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund nicht besteht. Der Senat weicht weder von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts noch von einer Entscheidung des BGH ab (auch nicht vom Urteil des BGH vom 24.11.1983 – VII ZR 34/83). Denn entgegen der Ansicht der Berufung kommt es nicht darauf an, ob es sich bei den Kaufverträgen laut Anl. K 2 und K 3 um „ein einheitliches Geschäft“ iSd. BGH-Rechtsprechung handelt (BGH, aaO, Rdnr. 23). Vielmehr hatte der Senat durch Auslegung der Abwicklungsvereinbarung und des (unterstellten) Liquidationsbeschlusses festzustellen, welche Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf eine disquotale Erlösverteilung nach der Abwicklungsvereinbarung und dem (unterstellten) Liquidationsbeschluss bestehen und ob diese durch den Abschluss der Kaufverträge laut Anl. K 2 und K 3 vorliegend erfüllt wurden.

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Schlagworte: Auflösung der Gesellschaft, disquotale Gewinnausschüttung, Liquidation