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BGH, Urteil vom 10. Juni 1996 – II ZR 98/95

§ 6 KO, § 117 KO, § 55 GmbHG

1. Die Anerkennung von Voreinzahlungen auf künftige EinlagepflichtenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einlagepflichten
Voreinzahlungen auf künftige Einlagepflichten
als Bareinzahlungen kommt nur im Falle der Sanierung einer Gesellschaft in Betracht (so auch BGH, 1994-11-07, II ZR 248/93, ZIP 1995, 28).

2. Hat ein Gesellschafter der Gemeinschuldnerin (GmbH) eine Einlageforderung aufgrund eines Kapitalerhöhungsbeschlusses schon vor der entsprechenden Beschlußfassung erbracht, so kann der Konkursverwalter aber jedenfalls dann nicht von dem Gesellschafter eine nochmalige Erbringung der Einlage verlangen, wenn der Einlagebetrag in dem Zeitraum zwischen dem Antrag auf Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister und ihrer Durchführung wertmäßig – noch – zur freien Verfügung des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin gestanden hat.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 23. März 1995 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Osnabrück vom 7. Oktober 1994 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger, Konkursverwalter über das Vermögen der T. GmbH, nimmt den Beklagten auf Einzahlung eines Einlagebetrages von 172.500,– DM in Anspruch. Damit hat es folgende Bewandtnis: Randnummer2

Der Beklagte, seine Ehefrau und ein Herr D. waren Gesellschafter der Gemeinschuldnerin. Sie beschlossen am 12. Februar 1992, das Stammkapital der Gesellschaft zu erhöhen. Von dem Erhöhungskapital übernahmen der Beklagte und seine Ehefrau je 127.500,– DM und Herr D. 45.000,– DM. Herr D. trat seinen Geschäftsanteil am 1. Juli 1993 an den Beklagten ab. Die Kapitalerhöhung wurde nach Anmeldung am 8. April 1992 am 16. April 1992 in das Handelsregister eingetragen. Randnummer3

Am 4. Februar 1992 zahlte die Sch. GmbH einen Scheck über 300.000,– DM mit dem Vermerk: „Kapitalerhöhung: K.H. Sch. 85 % = 255.000,– DM, W. D. 15 % = 45.000,– DM“ auf ein von der Gemeinschuldnerin bei der N. Bank AG in E. geführtes Konto ein, das einen Negativsaldo von 66.743,26 DM und nach Verbuchung des Schecks ein Guthaben von 233.256,74 DM aufwies. Von diesem Konto, auf dem der Gemeinschuldnerin ein bis zum 31. März 1992 befristeter Überziehungskredit eingeräumt war, zog die Gemeinschuldnerin per Scheck einen Betrag von 250.000,– DM ab, der am 10. Februar 1992 ihrem bei der D. Bank O. geführten Konto Nr. gutgeschrieben wurde, dessen Debetsaldo sich dadurch von 402.310,70 DM auf 152.310,70 DM verringerte. Diese Bank hatte der Gemeinschuldnerin zusammen mit drei anderen Gesellschaften einen unbefristeten Rahmenkredit von 5 Mio. DM gewährt, über den eine Gesellschaft, mehrere von ihnen oder alle verfügen konnten, der für die Gemeinschuldnerin über das genannte Konto abgewickelt wurde und der am 12. Februar 1992 mit 3.773.780,– DM und am 16. April 1992 mit 3.467.892,– DM ausgeschöpft war. Randnummer4

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision strebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils an.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der Entscheidung des Landgerichts. Randnummer6

I. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die von der Sch. GmbH getätigte Einzahlung als Voreinzahlung auf die Einlageforderung aus der am 12. Februar 1992 beschlossenen Kapitalerhöhung angesehen werden kann, mit der Begründung verneint, die Gesellschaft habe sich nicht in einer krisenhaften Situation befunden. Das steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats, nach der die Anerkennung von Voreinzahlungen auf künftige EinlagepflichtenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einlagepflichten
Voreinzahlungen auf künftige Einlagepflichten
als Bareinzahlungen nur im Falle der Sanierung einer Gesellschaft in Betracht kommt (BGHZ 118, 83, 86 ff. sowie Urt. v. 7. November 1994 – II ZR 248/93, ZIP 1995, 28). Randnummer7

II. Die Revision rügt jedoch zu Recht, daß das Berufungsgericht eine Prüfung der Frage unterlassen hat, ob der Beklagte nicht deswegen seine Einlageverpflichtung erfüllt hat, weil der Einlagebetrag in dem Zeitraum zwischen dem Antrag auf Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister und ihrer Durchführung (8. April bis 16. April 1992) noch zur freien Verfügung des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin gestanden hat (BGHZ 51, 157, 159; SenUrt. v. 7. November 1966 – II ZR 136/64, LM GmbHG, § 57 Nr. 1). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle erfüllt. Randnummer8

1. Allerdings ist mit dem Einzahlungsbetrag in Höhe von 66.743,26 DM ein Debetsaldo der Gemeinschuldnerin auf einem bei der N. Bank in E. geführten Konto beseitigt worden. Sodann ist dieses Konto, das anschließend ein Guthaben von 233.256,74 DM aufwies, mit 250.000,– DM belastet und der entsprechende Betrag auf ein bei der D. Bank in O. geführtes Konto der Gemeinschuldnerin eingezahlt worden, dessen Debetsaldo von 402.310,70 DM um den Einzahlungsbetrag auf 152.310,70 DM verringert worden ist. Danach stand der Einzahlungsbetrag der Gemeinschuldnerin in dem zugrunde gelegten Zeitpunkt nicht mehr unversehrt zur Verfügung. Randnummer9

2. Als entscheidend ist aber nicht der Umstand anzusehen, daß der Einzahlungsbetrag der Gemeinschuldnerin noch unversehrt als Bargeld oder auf einem Bankkonto zur Verfügung stand, sondern die Tatsache, daß der Gesellschaft ein dem Betrag von 50.000,– DM entsprechender, im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung zur Eintragung in das HandelsregisterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Eintragung
Eintragung in das Handelsregister
Handelsregister
noch vorhandener Wert zugeflossen ist (vgl. BGHZ 119, 177, 187 f.) und ihr im übrigen eine dem Betrag von 250.000,– DM entsprechende Liquiditätsmasse zur Verfügung stand, die der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin für die Gesellschaft in Anspruch nehmen konnte. Nach der Rechtsprechung des Senates ist letzteres dann anzunehmen, wenn mit dem Einlagebetrag ein Debetsaldo zurückgeführt wird, der die Linie eines der Gesellschaft eingeräumten Rahmenkredites nicht überschreitet (vgl. SenUrt. v. 24. September 1990 – II ZR 203/89, ZIP 1990, 1400, 1401; SenUrt. v. 3. Dezember 1990 – II ZR 215/89, ZIP 1991, 445; ferner Priester, DB 1987, 1473, 1474; K. Schmidt, AG 1986, 106, 110). Randnummer10

a) Soweit die Gemeinschuldnerin mit dem Einlagebetrag den Negativsaldo, den ihr bei der N. Bank geführtes Konto auswies, um 50.000,– DM zurückgeführt hat, ist ihr ein dem Tilgungsbetrag entsprechender Wert zugeflossen. Der Einlagebetrag hat daher im Zeitpunkt des Eintragungsantrages in dieser Höhe wertmäßig zur freien Verfügung der Geschäftsführung gestanden (vgl. BGHZ 119, 177, 187 f.). Randnummer11

b) Auf dem Kreditkonto, das die nachmalige Gemeinschuldnerin bei der D. Bank in O. unterhielt, stand ihr noch Liquiditätsmasse zur Verfügung. Der Gemeinschuldnerin war von dieser Bank durch Vereinbarung vom 20./23. September 1991 das Recht eingeräumt worden, allein oder gemeinsam mit bis zu drei anderen Gesellschaften einen Kreditrahmen bis zu 5 Mio. DM auszuschöpfen. Am Tage der Beschlußfassung über die Kapitalerhöhung (12. Februar 1992) war der Kreditrahmen in Höhe von 1.226.220,– DM und am Tage der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister in Höhe von 1.332.108,– DM nicht in Anspruch genommen worden. Da die Gemeinschuldnerin rechtlich und tatsächlich in der Lage war, den Kreditrahmen in dieser Höhe auszuschöpfen, standen ihr auch nach Rückführung des Kreditkontos, das sie bei der D. Bank in O. unterhielt, auf jeden Fall noch Mittel in Höhe des Einzahlungsbetrags von 250.000,– DM zur freien Verfügung. Randnummer12

III. Der Beklagte hat demnach den vom Kläger geltend gemachten Einlagebetrag „zur freien Verfügung der Geschäftsführung“ geleistet. Da das Landgericht somit die Klage zu Recht abgewiesen hat, war sein Urteil unter Aufhebung des Berufungsurteils wiederherzustellen.

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