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OLG Dresden, Beschluss vom 04.03.2019 – 8 W 150/19

§ 16 GmbHG, § 40 GmbHG, § 68 GKG

Begehrt der von einem Einziehungsbeschluss betroffene Gesellschafter den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste zum Handelsregister einstweilen untersagt werden soll, bemisst sich der Streitwert nach einem Bruchteil des Verkehrswerts des betroffenen Geschäftsanteils.

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Klägers vom 22.10.2018 wird der Streitwertbeschluss des Landgerichts Leipzig vom 17.08.2018 – 04 HK O 1556/18 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Streitwert des einstweiligen Verfügungsverfahrens wird auf 50.000,00 Euro festgesetzt.

II. Die weitergehende Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 13.02.2019 gegen die Streitwertänderung des Landgerichts Leipzig im Teilabhilfebeschluss vom 25.01.2019 – 04 HK O 1556/18 – wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Kläger und Herr Kx. sind jeweils hälftig an den Geschäftsanteilen der beklagten Gesellschaft beteiligt. In einer Gesellschafterversammlung vom 21.06.2018 (Protokoll gemäß Anlagen AS 10 und AG 1 – TOP 7) stimmte der Gesellschafter Kx. für eine Einziehung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einziehung
Einziehung des Geschäftsanteils
Geschäftsanteils
des Kläger aus wichtigem Grund. Der Kläger stimmte dagegen. Ein Beschlussergebnis wurde durch den Versammlungsleiter nicht festgestellt. Vor diesem Hintergrund streiten die Parteien in einem vor dem Landgericht Leipzig geführten Hauptsacheverfahren über die Wirksamkeit der Beschlussfassung zur Geschäftsanteilseinziehung (vgl. Anlage AS 13). Mit dem vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren begehrte der Kläger angabegemäß mit dem Ziel, den Fortbestand seiner Gesellschafterrechte vorläufig zu schützen, den Erlass einer Untersagungsverfügung gegenüber der Beklagten, wonach ihr einstweilen verboten werden sollte, in Reaktion auf die Gesellschafterbeschlussfassung vom 21.06.2018 eine geänderte Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen, in welcher der Kläger nicht mehr als Gesellschafter geführt werde.

Mit Urteil vom 17.08.2018 hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt, weil es an einem Verfügungsgrund fehle. Zugleich hat es mit dem angegriffenen Beschluss vom 17.08.2018 den Streitwert des Eilverfahrens auf 150.000,00 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es komme bei der Wertbestimmung vorliegend auf den Verkehrswert des betroffenen Gesellschaftsanteils an. Der betreffende Wert der beiden (gleichen) Geschäftsanteile sei – wie im Parallelverfahren 04 HK O 2383/17 (8 W 602/18) – auf 300.000,00 Euro zu schätzen, sodass für den klägerischen Anteil 150.000,00 Euro anzusetzen seien.

Gegen diese Wertbestimmung richtet sich die Streitwertbeschwerde des Klägers vom 22.10.2018. Er macht geltend, eine Bezugnahme auf das Parallelverfahren 04 HK O 2383/17 (8 W 602/18) sei unzulässig, weil dort die Abberufung eines Geschäftsführers streitig gewesen sei. Aufgrund der unterschiedlichen Streitgegenstände und Rechtsschutzziele scheide ein solcher Rückgriff aus. Im vorliegenden Verfahren sei es allein darum gegangen, einstweilen zu verhindern, dass eine geänderte Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht werde das betreffende Interesse sei mit 8.000,00 Euro zu bewerten.

Die Beklagte ist der klägerischen Streitwertbeschwerde mit Schriftsatz vom 19.11.2018 entgegengetreten. Sie meint, dem Kläger sei es nach eigenen Angaben darauf angekommen, den vorläufigen Fortbestand seiner Gesellschafterrechte zu sichern. Da Anlass des Eilverfahrens die Befürchtung des Klägers gewesen sei, die Gesellschafterliste würde im Rahmen der Ausschließung (Einziehung) zu seinem Nachteil geändert, sei der aktuelle Wert seines Geschäftsanteils, nicht hingegen der statuarisch ausgewiesene Nennbetrag maßgebend. Es sei mit dem Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 16.08.2018 (8 W 602/18) gerechtfertigt, den Wert der Geschäftsanteile auf jedenfalls 300.000,00 Euro zu bestimmen, zumal Gewinnrücklagen von mehr als 1,8 Mio. Euro bilanziert seien.

Auf die Beschwerde des Klägers hat das Landgericht mit dem Teilabhilfebeschluss vom 25.01.2019 seine Streitwertfestsetzung teilweise abgeändert und den Wert auf 75.000,00 Euro bestimmt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es mit Blick auf die zugrunde liegende streitige Zwangseinziehung daran festhalte, wonach auf den Verkehrswert der Geschäftsanteile (geschätzt 300.000,00 Euro) abzustellen sei. Es sei aber im Rahmen des Eilverfahrens auf den Wert des klägerischen Geschäftsanteils von 150.000,00 Euro ein (hälftiger) Abschlag vorzunehmen.

Gegen diese Streitwertabänderung im Rahmen des Abhilfeverfahrens hat die Prozessbevollmächtigte der beklagten Gesellschaft ihrerseits mit Schriftsatz vom 13.02.2019 eine Beschwerde eingelegt. Sie sieht eine Herabsetzung der ursprünglichen Wertfestsetzung nicht veranlasst und bezieht sich zur Begründung auf ihre schriftsätzlichen Erwägungen vom 19.11.2018.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Beschlüsse des Landgerichts sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die gegen die landgerichtliche Streitwertfestsetzung gerichtete Beschwerde des Klägers ist nach § 68 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Entsprechendes gilt für die nach § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG statthafte Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten. In der Sache erweist sich allerdings lediglich das Rechtsmittel des Klägers als teilweise begründet mit der Folge, dass der Streitwert des einstweiligen Verfügungsverfahrens auf 50.000,00 Euro zu bestimmen ist. Das Rechtsmittel der Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat hingegen keinen Erfolg.

1. Im Rahmen gesellschaftsrechtlicher Streitigkeiten ist deren Wert grundsätzlich nach dem Interesse der klagenden Partei zu bestimmen (vgl. MüKo ZPO/Wöstmann, 5. Aufl., § 3 Rn. 77 „Gesellschaft“). Es ist eine Gesamtschau aller in Betracht kommenden relevanten Bemessungsfaktoren geboten (Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 3 Rn. 15 „Gesellschaft“). Ausgehend hiervon hat sich das Landgericht in Bezug auf den vorliegenden Streitgegenstand im Ausgangspunkt zu Recht an dem Verkehrswert des auf den Kläger entfallenden Geschäftsanteils orientiert.

Der Kläger begehrte gestützt auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Möglichkeit, im Falle der (drohenden) Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste beim Handelsregister durch den Geschäftsführer eine vorläufige Untersagung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes anzustrengen (vgl. BGH, ZIP 2014, 216, 221; siehe auch Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 21. Aufl., § 16 Rn. 7; MüKo GmbHG/Heidinger, 3. Aufl., § 40 Rn. 181 und 185), den Erlass einer entsprechenden einstweiligen Untersagungsverfügung gegenüber der Gesellschaft. Sein Interesse war, wie in der Antragsschrift offengelegt, darauf gerichtet, seine Rechte als Gesellschafter vor dem Hintergrund der streitigen Beschlussfassung über die Einziehung seines Geschäftsanteils vorläufig zu sichern und den uneingeschränkten Fortbestand seiner gesellschaftsrechtlichen Befugnisse auch mit Blick auf den Legitimationstatbestand des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zu wahren. Angesichts dieses Rechtsschutzziels stehen Aspekte seiner Stellung als Gesellschafter in Streit. Dies rechtfertigt es, im Rahmen der Streitwertbestimmung zunächst auf den Wert seiner Beteiligung, mithin den Verkehrswert seines von der Einziehung und der etwaigen Gesellschafterlistenänderung betroffenen Geschäftsanteils abzustellen.

Anders als das Landgericht und die Prozessbevollmächtigten der Beklagten meinen, ist es jedoch nicht angezeigt, den vollständigen Umfang des Geschäftsanteilswerts anzusetzen. Denn dies ließe unberücksichtigt, dass mit der Einreichung einer geänderten, den ggfls. eingezogenen Geschäftsanteil nicht mehr erfassenden Gesellschafterliste beim Handelsregister keine die Gesellschafterstellung betreffende Umgestaltung der materiellen Rechtslage einhergeht (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 21. Aufl., § 16 Rn. 2 und 9). Ob der Kläger seines Gesellschaftsanteils tatsächlich verlustig ist, richtet sich allein nach der Wirksamkeit der Einziehungsentscheidung gemäß § 34 Abs. 1 und 2 GmbHG. Die Einreichung einer geänderten, für den Kläger nachteilhaften Gesellschafterliste hätte grundsätzlich nur zur Konsequenz, dass die sich aus § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG ergebenden Legitimationswirkungen im Verhältnis zur Gesellschaft entfallen und sich unter Umständen rechtsscheinrechtliche Folgen ergeben können. Diese begrenzten Folgewirkungen sind bei der Bewertung sachgerecht zu erfassen. Streitigkeiten über den Inhalt und die Änderung der Gesellschafterliste sind daher lediglich mit einem anteiligen Bruchteil des in Rede stehenden Verkehrswerts des Geschäftsanteils zu bewerten (Schneider/Herget, Streitwert Kommentar, 14. Aufl., Rn. 2695a). Der Senat erachtet es vorliegend unter Würdigung der Einzelfallumstände für angemessen, ein Drittel des Geschäftsanteilswerts als wertbestimmend anzusehen (vgl. OLG BrandenburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Brandenburg
, Beschluss vom 06.11.2012 – 7 U 125/12 – juris).R

2. Für den im landgerichtlichen Teilabhilfebeschluss vom 25.01.2019 vorgenommenen Abschlag für das Eilverfahren (vgl. allg. Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 3 Rn. 16 „einstweilige Verfügung“) sieht der Senat hingegen keine Veranlassung. Da das vom Kläger im Wege der einstweiligen Verfügung verfolgte Begehren im Ergebnis auf dieselben Wirkungen zielt, wie die Geltendmachung eines (späteren) Widerspruchs gegen eine bereits nachteilhaft geänderte Gesellschafterliste, ist es nicht angezeigt, lediglich einen reduzierten Wert zu berücksichtigen (vgl. Schneider/Herget, Streitwert Kommentar, 14. Aufl., Rn. 2695a; siehe auch OLG BrandenburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Brandenburg
, Beschluss vom 06.11.2012 – 7 U 125/12 – juris).

3. Gemessen an diesen Maßstäben ist der Streitwert des einstweiligen Verfügungsverfahrens auf 50.000,00 Euro zu bestimmen. Das Landgericht hat den Verkehrswert des Geschäftsanteils des Klägers auf 150.000,00 Euro (300.000,00 Euro für die Geschäftsanteile beider Gesellschafter) geschätzt. Zur Begründung der Tragfähigkeit dieser Schätzung wird auf die Ausführungen im Beschluss des Senats vom 16.08.2018 (8 W 602/18) Bezug genommen, die sich das Landgericht im angegriffenen Beschluss fehlerfrei zu Eigen gemacht hat. Von den Parteien sind hiergegen auch keine grundlegenden Einwände vorgebracht worden. Der Bruchteil von einem Drittel des Verkehrswerts beläuft sich auf den im Tenor ausgewiesenen Wert.

III.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 Satz 2 GKG).

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