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OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 29.12.2020, – 5 U 231/19

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Verwaltungsorgane müssen Aktionärsfragen nur im erforderlichen Umfang beantworten. Dies richtet sich nach dem konkreten Tagesordnungspunkt. Werden Fragen nicht ordnungsgemäß, unzutreffend oder unzureichend beantwortet, führt dies nur dann zur Anfechtbarkeit, wenn die Antworten für die Willensbildung der Aktionäre erforderlich waren. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat unter Anwendung dieser Grundsätze mit heute verkündetem Urteil die erstinstanzlich erfolgreiche Klage von Aktionären gegen Entlastungsbeschlüsse von Vorstandsmitgliedern und dem Aufsichtsratsvorsitzenden einer Großbank abgewiesen.

Die Kläger sind Aktionäre der beklagten deutschen Großbank. Sie wenden sich gegen Beschlüsse der Hauptversammlung im Mai 2019. Im Rahmen der Generaldebatte waren in der Hauptversammlung Fragen u.a. zu den Themenkomplexen Postbank-Prozesse, Cum-Ex und unterlassene Rückstellung, Geldwäscheprävention sowie angeblicher Einlagenrückgewähr an einen GroßAktionär gestellt worden. Die Verwaltungsorgane der Beklagten hatten Antworten gegeben. Nachfolgend wurde den Vorstandsmitgliedern und dem Aufsichtsratsvorsitzenden von den Aktionären Entlastung für das Geschäftsjahr 2018 erteilt.

Die Kläger begehren die Nichtigerklärung der Entlastungsbeschlüsse gegenüber vier Vorstandsmitgliedern und dem Aufsichtsratsvorsitzenden. Sie behaupten, durch die nicht, nicht vollständig oder unzutreffend bzw. verschleiernd erteilten Auskünfte sei

einem Durchschnittsaktionär ein wesentliches Element für seine Willensbildung bei der Entlastung vorenthalten worden. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben.

Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG Erfolg. Die Entlastungsbeschlüsse seien nicht anfechtbar, begründet das OLG die Abänderung. Es liege weder ein Verstoß wegen unrichtiger, unvollständiger oder verweigerter Erteilung von Informationen vor noch habe die Mehrheit der für die Entlastung stimmenden Aktionäre gegen ihre gesellschaftlichen Treuepflichten verstoßen.

Grundsätzlich sei zwar jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben. Dieses Auskunftsrecht werde jedoch durch das Kriterium der Erforderlichkeit und das Auskunftsverweigerungsrecht des Vorstandes begrenzt. Erforderlich sei eine Auskunft, wenn sie ein für die Urteilsfindung des Aktionärs wesentliches Element bilde. Der Verstoß gegen die Auskunftspflicht im Zusammenhang mit einer Entlastung sei nur relevant, wenn er die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit der Verwaltung der Gesellschaft betreffe. „Angesichts der Vielzahl von durch die Geschäftsführung vorgenommenen bzw. vom Aufsichtsrat zu überwachenden (Geschäfts-) Maßnahmen könnten solche Informationen von hinreichender Relevanz für Beurteilung der TOP Entlastung sein, die sich auf die Einhaltung der Gesetze und der Satzungsbestimmung beziehen oder sich auf die Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit oder in nennenswertem Umfang auf die Finanz-und Ertragslage der Gesellschaft auswirken“, betont das OLG.

Anhand dieses Maßstabes lasse sich hier kein relevanter Verstoß gegen die Auskunftspflicht feststellen. Dass eine erteilte Auskunft unrichtig sei, müsse der Aktionär darlegen. Daran fehle es vorliegend in vielen Fällen. Soweit teilweise Fragen nicht ordnungsgemäß beantwortet worden seien, beträfe dies den Bereich der nicht mehr erforderlichen Auskünfte. Die Wirksamkeit der Entlastungsbeschlüsse werde damit nicht berührt.

Die Mehrheit der Aktionäre habe durch ihr Abstimmungsverhalten auch nicht gegen die gesellschaftliche Treuepflicht verstoßen. Es sei nicht feststellbar, dass für die Aktionäre pflichtwidriges Verhalten der Organe der Gesellschaft bei der Entlastung erkennbar gewesen sei.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision vor dem Bundesgerichtshof begehrt werden

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