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LG Stuttgart, Urteil vom 23.01.2024 – 49 O 142/23

Entziehung Geschäftsführungsbefugnis

§ 6 Abs 2 PartGG, § 6 Abs 3 PartGG, § 7 PartGG, § 116 Abs 5 HGB

1. § 6 Abs. 2 PartGG schließt eine (vorübergehende) Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis für den Bereich der freiberuflichen Tätigkeiten nicht aus. Unter Berücksichtigung besonderen Schutzes der Geschäftsführung in beruflichen Angelegenheiten in Freiberuflergesellschaften kann im Einzelfall eine Entziehung der gesamten Geschäftsführung gerechtfertigt sein.

2. Eine Entziehung der gesamten Geschäftsführung ist insbesondere dann zulässig, wenn den übrigen Gesellschaftern eine Fortsetzung der Geschäftsführung im Namen der Partnerschaft im freiberuflichen Bereich nicht zumutbar ist.

3. Eine Entziehung der Geschäftsführung in der Partnerschaftsgesellschaft kann durch Beschluss erfolgen. Das in § 6 Abs. 3 PartGG i.V.m. § 116 Abs. 5 HGB vorgesehene Verfahren der Entziehung durch gerichtliche Entscheidung ist dispositiv, vorrangig gelten etwaige Regelungen des Gesellschaftsvertrags.

4. Bereits der Verdacht rechtwidrigen Handelns im Rahmen eines laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens kann einen wichtigen Grund darstellen, der die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis rechtfertigt.

5. Ein Gesellschafter, dem von dritter Seite rechtswidriges Handeln vorgeworfen wird, muss auf Grund seiner Treuepflicht seine Mitgesellschafter zutreffend und vollständig über solche Umstände informieren, die deren Vermögensinteressen tangieren. Er kann sich dabei weder auf die strafrechtliche Unschuldsvermutung noch auf den nemo-tenetur-Grundsatz berufen.

6. Erteilt ein Gesellschafter seinen Mit-Gesellschaftern entgegen seiner Treuepflicht bestimmte Auskünfte nicht, stellt dies gegebenenfalls einen wichtigen Grund für eine Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht dar.

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Der Verfügungskläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Verfügungskläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 300.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Verfügungskläger ist Gesellschafter der B. Partnerschaft mbB (im Folgenden: „B.“ oder „die Partnerschaft“). Die Verfügungsbeklagten sind die übrigen Gesellschafter der B. zum Stand 06.12.2023. Mit Beschluss vom 07.12.2023 ist Herr (…) T. G. zum 01.01.2024 als weiterer Gesellschafter aufgenommen worden. Dies ist bisher im Register nicht eingetragen. Im Partnerschaftsregister ist stattdessen als weiterer Gesellschafter der an diesem Verfahren nicht beteiligte N. B. eingetragen.Randnummer2

B. ist in vier Referaten organisiert: Das „Referat H.“ besteht aus Herrn (…) P. H., Herrn (…) O. B. und Herrn (…) J. F. Das „Referat R.“ besteht aus Herrn (…) J. B., Herrn (…) P. P. und dem Verfügungskläger. Das Referat S. besteht aus Herrn (…) T. S., Herrn (…) M. Z., Herrn (…) R. S. und – seit 01.01.2024 – Herrn (…) T. G. Das „Referat H.“ besteht aus Herrn (…) M. H. und Frau (…) S. R.Randnummer3

Die Gesellschafter halten ihre Gesellschaftsanteile an der B. treuhänderisch für das Referat, dem sie angehören (§ 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages von B. (Anl. K1, nachfolgend kurz „GVP“)). Untereinander bilden die Mitglieder eines Referats jeweils eine Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(§ 5 Abs. 1 GVP). Das R.-Referat ist auf der Grundlage des Interessengemeinschaftsvertrags vom 11.08.2020 (Anl. K8, kurz „IG-Vertrag“) organisiert, aus dem Herr N. B. inzwischen ausgeschieden und dem der Verfügungsbeklagte P. P. beigetreten ist. Innerhalb der R.-Innengesellschaft sind die Stimmrechte wie folgt verteilt: J. B. 71,33 %, P. P. 10,19 %, G. O., der Verfügungskläger, 18,48 %.Randnummer4

Gesellschafterbeschlüsse der Partnerschaft werden in Referatsversammlungen gefasst (§§ 8 und 9 GVP). Die Verteilung der Stimmrechte und des Gewinns auf die Referate basiert auf dem sogenannten Deckungsbeitrag, den die Referate jeweils erbringen (§§ 9 Abs. 4, 11 Abs. 5 GVP).Randnummer5

Nach § 7 Abs. 1 GVP sind grundsätzlich alle Gesellschafter einzeln zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt. Eine Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis ist gemäß § 7 Abs. 1 S. 3 GVP nur auf Grund eines Referatsbeschlusses zulässig, der nach dem Wortlaut des § 7 GVP gemäß § 9 Abs. 12 c) bb) GVP gefasst werden soll.Randnummer6

Gemäß § 9 Abs. 12 a) bb) [und nicht c) bb)] bedürfen Referatsbeschlüsse über „die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis gemäß vorstehendem § 7 Abs. 1, wobei dies nur bei Vorliegen eines wichtigen Grunds und nur unter Beachtung der Bestimmungen von § 6 PartGG möglich ist“, einer Mehrheit von 100 % der abgegebenen Stimmen. Bei einer solchen Beschlussfassung hat das betroffene Referat kein Stimmrecht (§ 9 Abs. 15 f) GVP). Eine Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis eines Gesellschafters stellt einen wichtigen Grund für die Ausschließung des Referats, dem dieser angehört, aus der Gesellschaft dar, vgl. § 9 Abs. 12 a) aa) GVP.Randnummer7

Ende 2018 wurde bekannt, dass der Verfügungskläger über ein Treuhandkonto der B., das zuvor nicht genutzt worden war, Zahlungen für einen Herrn O. S. bzw. eine O. S. & Partner Limited mit Sitz in Gibraltar abwickelte. Der Verfügungskläger erklärte hierzu, im Rahmen einer Treuhandvereinbarung für Herrn O. S. zu agieren. Man einigte sich darauf, diese Transaktionen zu beenden und schloss das Konto. Es wurde ein externes Gutachten über das Bestehen von Meldepflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) beauftragt. Auf der Grundlage der Informationen, die der Verfügungskläger und der Verfügungsbeklagte M. Z. als stellvertretender GwG-Beauftragter von B. zur Verfügung stellten, verneinte der hiermit beauftragte Rechtsanwalt T. im Rahmen einer Gesamtabwägung eine Meldepflicht, insbesondere vor dem Hintergrund, dass kein Ermittlungsverfahren gegen Herrn O. S. positiv bekannt sei (vgl. Anl. AG2).Randnummer8

Gegen den Verfügungskläger laufen seit 2019 strafrechtliche Ermittlungen (Az. 164 Js 122240/19, Staatsanwaltschaft Stuttgart). Im Raum steht eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Betrug und wegen Untreue und Beihilfe zur Untreue durch Mitwirkung an Zahlungen zu Gunsten der ebenfalls als Beschuldigten geführten O. S. und B. P., die über das Treuhandkonto der B. abgewickelt wurden. In diese Rahmen fand im Oktober 2020 eine Durchsuchung bei B. statt. Zugleich war auch die Durchsuchung der Wohnung des Verfügungsklägers angeordnet worden (vgl. den Durchsuchungsbeschluss, Anl. AG1). Der Verfügungskläger teilte den Verfügungsbeklagten mit, dass an den Ermittlungen „nichts dran“ sei.Randnummer9

Mit Gesellschafterbeschluss vom 01.12.2020 (Anl. K7) wurde die Gesellschafterstellung des Partners N. B. abweichend von den Regelungen des Partnerschaftsvertrags in § 15 Abs. 1 GVP, die ein Ausscheiden jedes Gesellschafters zum Ende des Geschäftsjahres, in dem er sein 65. Lebensjahr vollendet hat, vorsehen, bis zum 31.12.2022 verlängert.Randnummer10

Im Jahr 2022 fand im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eine Hausdurchsuchung in den Privaträumen des Verfügungsklägers statt, welche den Verfügungsbeklagten erst im Rahmen der polizeilichen Vernehmungen, die im Dezember 2023 stattfanden, bekannt wurde.Randnummer11

Im Sommer 2023 wurde weiter bekannt, dass ein Unternehmen, für das ausweislich des Webauftritts als dreiköpfiges Team neben einer dritten Person Herr O. S. und der Verfügungskläger jeweils als „Managing Member“ auftreten, unter der Firma P. Dienstleistungen im Bereich der Treuhandabwicklung in den USA anbietet (vgl. Anl. AG18 und AG18/1).Randnummer12

Im September 2023 sollte die Aufnahme des Gesellschafters T. G. in das Referat S. und dementsprechend auch in die B. beschlossen werden. Der Verfügungskläger verweigerte seine Mitwirkung, zunächst mit der Begründung, dass ihm Zahlungen aus einem Kapitalkonten- und Spitzenausgleich zustünden, die zuvor zu regeln seien (vgl. den als Anl. AG17 vorgelegten Mailverkehr).Randnummer13

Am 9. November 2023 kontaktierte die Kriminalpolizei Stuttgart die Herren N. B. und J. B., um sie im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zu vernehmen.Randnummer14

Daraufhin luden die Verfügungsbeklagten mit Einladungsschreiben vom 20.11.2023 (Anl. K4) für den 07.12.2023 zu einer Gesellschafterversammlung der Referate, einer Referatsversammlung und einer (Gesamt-) Gesellschafterversammlung der B. ein, um dort u.a. Auskunft zum Ermittlungsverfahren und zur P. vom Verfügungskläger zu verlangen und über eine Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht des Verfügungsklägers zu beschließen.Randnummer15

Mit Schreiben vom 29.11.2023 (Anl. K5) verlangten die Verfügungsbeklagten zusätzlich vom Verfügungskläger schriftliche Auskunft zu den in der Ladung genannten Themen im Vorfeld der Versammlung.Randnummer16

Am 07.12.2023 fanden die angekündigten Versammlungen statt. Anwesend waren der Verfügungskläger sowie sämtliche Verfügungsbeklagten. Vor den Abstimmungen zog sich das R.-Referat jeweils zur Beratung in ein Nebenzimmer zurück und stimmte separat ab. Streitig ist, ob bzw. in welcher Form die übrigen Referate vor Abstimmung in der Gesamtversammlung eine referatsinterne Abstimmung durchführten. Sodann erfolgte in der großen Runde eine weitere Abstimmung, wobei jeweils ein Abstimmungsergebnis zur Referatsversammlung und ein Ergebnis zur vorsorglich geladenen Gesellschafterversammlung protokolliert wurde. Mit Beschluss zu TOP 5 wurde dem Verfügungskläger die Geschäftsführungsbefugnis für B. bis zum 31.12.2024, hilfsweise die Führung der „sonstigen Geschäfte“ im Sinne von § 6 Abs. 2 PartGG bis zum 31.12.2024 entzogen. Unter TOP 6 wurde dem Verfügungskläger die Vertretungsbefugnis bis zum 31.12.2024 für B. entzogen, hilfsweise beschlossen, dass dieser nur noch zusammen mit einem anderen einzelvertretungsberechtigten Gesellschafter für B. vertretungsbefugt sei. Wegen der Einzelheiten der Versammlung und der Beschlussfassungen wird auf das Protokoll der Versammlung (Anl. K6) Bezug genommen.Randnummer17

In der Vernehmung des J. B. am 19.12.2023 wurde diesem unter anderem mitgeteilt, dass es im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren und Herrn O. S. eine Vielzahl von Schreiben auf dem Briefpapier der B. gebe, die nach der Durchsuchung im Jahr 2020 verfasst worden und dem Verfügungskläger zuzuordnen seien. Unter anderem wurde J. B. ein auf Englisch verfasstes Schreiben aus dem Jahr 2021 gezeigt, das an zwei als Limited verfasste Gesellschaften gerichtet war und in etwa mit den Worten „On behalf of A. Limited and the Investment Group of O. S.“ begann. Die A. Limited ist eine englische Gesellschaft, an der unter anderen erneut Herr O. S. und der Verfügungskläger beteiligt sind. Dieses Schreiben ist nicht im Dokumentenmanagement-System der Partnerschaft auffindbar.Randnummer18

Der Verfügungskläger ist der Ansicht, die Beschlüsse seien bereits nicht wirksam zustande gekommen. Mangels ordnungsgemäßer Ladung zur Versammlung, der nicht zu entnehmen gewesen sei, worum es gehen solle und insbesondere auf welche wichtigen Gründe etwaige Beschlüsse zur Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis gestützt werden sollten. Durch die schriftliche Aufforderung vom 29.11.2023 (Anl. K5) an ihn, sich hierzu schriftlich näher zu erklären, werde deutlich, dass die Verfügungsbeklagten selbst ebenfalls hiervon ausgingen. Das Schreiben stelle eine unzulässige Ergänzung der Tagesordnung dar. Die gesellschaftsvertragswidrige Ladung zu einer Gesellschafterversammlung sei unzulässig gewesen. Zudem hätte der Gesellschafter N. B. ebenfalls zur Versammlung geladen werden müssen.Randnummer19

Er geht weiter davon aus, dass auch die Beschlussfassungen unwirksam gewesen seien. Zunächst seien die Beschlüsse bereits durch den Beschluss unter TOP 1b) durch den hierfür nicht zuständigen Versammlungsleiter gefasst und insgesamt vorweggenommen worden. Der Beschlussinhalt habe bereits vor den Versammlungen festgestanden, was man auch an der Mandatierung der Prozessbevollmächtigten bereits im November 2023 erkennen könne. Das gesellschaftsvertragliche Prozedere sei nicht eingehalten gewesen, insbesondere seien keine Referatssprecher benannt und keine ordnungsgemäßen Referatsversammlungen abgehalten worden. Angesichts von § 9 Abs. 15 f) GVP habe das R.-Referat nicht abstimmen dürfen. Auch der Verfügungsbeklagte J. B. habe nicht abstimmen dürfen, da ihm gemäß § 2 Abs. 8 IG-Vertrag ein Stimmverbot auferlegt sei. Daher könne es keine einstimmigen Beschlüsse gegeben haben, wie sie aber protokolliert wurden.Randnummer20

Der Verfügungsbeklagte geht weiter davon aus, dass es bereits keine Rechtsgrundlage für die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht gebe. Der Gesellschaftsvertrag sei insoweit unzulänglich und unklar. Auch verbiete § 6 Abs. 2 PartGG die hier vorgenommene vollständige Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis.Randnummer21

Es fehle auch an einem wichtigen Grund, der Voraussetzung für die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis ist. Das Ermittlungsverfahren sei lange bekannt gewesen. Er könne hierzu keine Auskünfte geben, die über das bereits Erklärte hinausgehen, da er selbst nicht wisse, worum es gehe. Laufende Ermittlungs- und Strafverfahren seien zudem in der B. kein Grund, einen Gesellschafter auszuschließen, schließlich sei ein solches auch gegen N. B. geführt worden, ohne dass dies Konsequenzen gehabt habe. Es drohe der B. kein Schaden aus einem Fortbestehen seiner Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis. Er habe auch keine Gesellschafterpflichten verletzt. Die Verfügungsbeklagten würden versuchen, ihn auf diese Weise willkürlich zu schädigen, dies dürfe nicht zugelassen werden.Randnummer22

Der Verfügungskläger beantragt, im Wege einer einstweiligen Verfügung,Randnummer23

1. den Verfügungsbeklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten im Falle der Uneinbringlichkeit des Ordnungsgeldes zu untersagen,Randnummer24

a) die in der Gesellschafter- bzw. Referatsversammlung der B. unter dem TOP 5, am 07.12.2023 gefasste temporäre Entziehung der Geschäftsführungsbefugnisse des Verfügungsklägers bis 31.12.2024,Randnummer25

b) die in der Gesellschafter- bzw. Referatsversammlung der B. unter dem TOP 5, am 07.12.2023 hilfsweise dem Verfügungskläger entzogene Führung der „sonstigen Geschäfte“ im Sinne von § 6 Abs. 2 PartGGRandnummer26

zu vollziehen;Randnummer27

2. den Verfügungsbeklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten im Falle der Uneinbringlichkeit des Ordnungsgeldes zu untersagen,Randnummer28

a) die in der Gesellschafter- bzw. Referatsversammlung der B. unter TOP 6, am 07.12.2023 gefasste temporäre Entziehung der Vertretungsberechtigungen des Verfügungsklägers bis 31.12.2024,Randnummer29

b) die in der Gesellschafter- bzw. Referatsversammlung der B. unter dem TOP 6, am 07.12.2023 hilfsweise gefasste gemeinschaftliche Vertretungsberichtigung des Verfügungsklägers zusammen mit einem einzelvertretungsberechtigten Gesellschafter der B.Randnummer30

zu vollziehen;Randnummer31

hilfsweise, für den Fall, dass dem Antrag zu Ziff. 1 nicht entsprochen wird:Randnummer32

3. den von den Verfügungsbeklagten in der Gesellschafter- bzw. Referatsversammlung der B. am 07.12.2023 unter TOP 5 gefasste Beschluss,Randnummer33

a) der dem Verfügungskläger die Geschäftsführungsbefugnis bis 31.12.2024,Randnummer34

b) hilfsweise dem Verfügungskläger die Führung der „sonstigen Geschäfte“ im Sinne von § 6 Abs. 2 PartGGRandnummer35

entzieht,Randnummer36

bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig auszusetzen;Randnummer37

hilfsweise, für den Fall, dass dem Antrag zu Ziff. 2 nicht entsprochen wird:Randnummer38

4. den von den Verfügungsbeklagten in der Gesellschafter- bzw. Referatsversammlung der B. unter TOP 6 am 07.12.2023 gefasste Beschluss,Randnummer39

a) der dem Verfügungskläger die Vertretungsberechtigungen bis 31.12.2024 entzieht,Randnummer40

b) eine gemeinschaftliche Vertretungsberechtigung des Verfügungsklägers zusammen mit einem einzelvertretungsberechtigten Gesellschafter der B. feststellt,Randnummer41

bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig auszusetzen.Randnummer42

Die Verfügungsbeklagten beantragen,Randnummer43

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.Randnummer44

Sie sind der Ansicht, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem Verfügungskläger ausgeschlossen sei, da man ihm nicht weiter vertrauen könne. Angesichts dessen, dass das Ermittlungsverfahren anders, als der Verfügungskläger immer suggeriert habe, nicht eingestellt, sondern im Gegenteil noch ausgeweitet worden sei und in Anbetracht der offensichtlich fortgesetzten Zusammenarbeit mit Herrn O. S. bestehe ein sehr hohes Risiko, dass der B. fortlaufend weitere Schäden entstünden, wenn der Verfügungskläger seine Tätigkeit für die B. mit eigener Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis fortsetze. In einer solchen Situation könne § 6 Abs. 2 PartGG einen Entzug der Geschäftsführungsbefugnis nicht ausschließen.Randnummer45

Hinzu komme das wettbewerbswidrige Verhalten des Verfügungsklägers durch seine Tätigkeit in der P. sowie das gesellschaftsvertrags- und pflichtwidrige Verhalten rund um die Aufnahme des (…) T. G. in die Gesellschaft. Auch dies seien Gründe, einen Verbleib des Verfügungsklägers in der Gesellschaft und kurzfristig eine weitere Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis nicht hinnehmen zu können.Randnummer46

Die Beschlüsse seien insgesamt ordnungsgemäß gefasst worden. Die Tagesordnung sei ausreichend detailliert gewesen. Auch sei N. B. bereits zu Ende 2022 ausgeschieden, so dass er nicht mehr habe geladen werden müssen. Eine Gesellschafterversammlung habe man deshalb neben der Referatsversammlung einberufen, da man Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit der gesellschaftsvertraglichen Regelungen zu den Referaten habe. Es scheine problematisch, dass abweichende Stimmen, die innerhalb der Referate abgegeben werden, auf Ebene der Partnerschaft unter den Tisch fielen. Auch der Wegfall der Stimmrechte der übrigen Gesellschafter eines Referats, in dem ein Gesellschafter sich vertragswidrig verhalte, begegne rechtlichen Bedenken. Jedenfalls aber seien alle Gesellschafter bei der Versammlung anwesend gewesen und hätten auch abgestimmt, so dass gegebenenfalls von einer konkludenten Änderung des Gesellschaftsvertrags auszugehen sei.Randnummer47

Die einstweilige Verfügung ist den Verfügungsbeklagten am 28.12.2023 zugestellt worden.Randnummer48

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom xx.xx.2024 (Bl. 87 ff. der Akten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Ein Verfügungsanspruch zu Gunsten des Verfügungsklägers auf Untersagung der Vollziehung der am 07.12.2023 getroffenen Beschlüsse zur vorläufigen Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis gegen die Verfügungsbeklagten besteht nicht.Randnummer50

I. ZulässigkeitRandnummer51

Gemäß §§ 943, 802 ZPO ist das Gericht der Hauptsache für die Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Verfügung ausschließlich zuständig. Das Landgericht Stuttgart ist gem. §§ 22, 1 ZPO, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG in der Hauptsache örtlich und sachlich und somit auch im einstweiligen Rechtsschutz zuständig.Randnummer52

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935, 940 ZPO mit dem Ziel, den Vollzug der Beschlüsse zum Entzug der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Verfügungsklägers auszusetzen, ist auch grundsätzlich statthaft (vgl. Drescher, in MüKo ZPO, 6. Aufl. 2020, § 935 Rn. 57).Randnummer53

II. BegründetheitRandnummer54

Die zeitlich befristete Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis war rechtmäßig. Es besteht daher kein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 1004 ff. BGB entsprechend oder aus § 241 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. der gesellschafterlichen Treuepflicht, den Verfügungsbeklagten zu untersagen, die in der Versammlung vom 07.12.2023 gefassten Beschlüsse zur Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zu vollziehen.Randnummer55

Die Beschlüsse wurden formwirksam gefasst (s. hierzu unten 1.). Die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht des Verfügungsbeklagten war auch sowohl rechtlich zulässig (s. hierzu unten 2.) als auch von dem gemäß § 9 Abs. 12 a) bb) GVP und dem PartGG geforderten wichtigen Grund getragen (s. hierzu unten 3.).Randnummer56

Dabei waren bereits die hauptsächlich getroffenen Beschlüsse über eine zeitlich bis zum 31.12.2024 befristete Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Verfügungsklägers wirksam, so dass es auf die jeweils hilfsweise beschlossenen, weniger einschneidenden Maßnahmen bereits nicht ankommt. Die Beschlüsse waren auch nicht, wie der Verfügungskläger hilfsweise beantragt, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig auszusetzen (s. hierzu unten 4.).Randnummer57

1. Formwirksamkeit der BeschlüsseRandnummer58

Die Beschlüsse der Partnerschaft wurden formwirksam gefasst.Randnummer59

a) TagesordnungRandnummer60

Die geplanten Beschlussfassungen waren zunächst in der Ladung vom 20.11.2023 (Anl. K4) mit Hilfe der enthaltenen Tagesordnung ordnungsgemäß und bestimmt genug angekündigt worden. Eine Beschlussunfähigkeit der Versammlung(en) auf Grund dessen, dass in der Einladung bzw. Tagesordnung keine ausreichenden Informationen und insbesondere kein wichtiger Grund mitgeteilt und daher auch die in § 8 Abs. 2 GVP vorgesehene Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen nicht eingehalten worden sei, besteht nicht.Randnummer61

Welche Anforderungen an die ordnungsgemäße Ladung der Gesellschaftsversammlung einer Partnerschaftsgesellschaft (bzw. einer oHG, auf deren Rechtsregime § 6 Abs. 3 PartGG a.F. bis zum 31.12.2023 in diesem Punkt verwies) zu stellen sind, ist gesetzlich nicht geregelt. Sinn und Zweck einer Ladung ist es, dem einzelnen Gesellschafter die Teilnahme an der Versammlung und deren ordnungsgemäße Vorbereitung zu ermöglichen (BGH, Urt. v. 11.03.2014, II ZR 24/13, NZG 2014, 621 Rz. 13). Nach einhelliger Auffassung gilt deshalb, dass der Ladung zur Gesellschafterversammlung eine Tagesordnung beizufügen ist (vgl. zur oHG Enzinger, in Müko HGB, 5. Aufl. 2022, § 119 [a.F.] Rn. 49). Diese ist in Abhängigkeit von den vorgesehenen Beschlussgegenständen angemessen detailliert zu fassen. Daher ist bei komplizierten, weitreichenden Änderungen wie etwa Änderungen des Gesellschaftsvertrags möglicherweise bereits der wesentliche Beschlussinhalt zu skizzieren (Enzinger, ebd.).Randnummer62

Aus dem Gesamtzusammenhang der geplanten Versammlung, wie er sich bereits aus der Ladung vom 20.11.2023 (Anl K4) ergibt, erschließt sich, dass nach der vorgesehenen Erörterung diverser Aspekte zum strafrechtlichen Ermittlungsverfahren unter TOP 3a) und zur P. LLC unter TOP 3b) und der nachfolgend unter TOP 4 vorgesehenen Besprechung der hierzu erteilten Auskünfte anschließend unter TOP 5 und 6 jeweils über die dauerhafte oder temporäre Entziehung oder Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht des Verfügungsklägers entschieden werden sollte. Es ergibt sich damit im streitgegenständlichen Fall insbesondere klar aus der Tagesordnung, auf welche Sachverhalte gegebenenfalls eine Beschlussfassung zur Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis gestützt werden sollte. Jedem Gesellschafter war durch die Tagesordnung hinreichend deutlich vor Augen geführt worden, worüber diskutiert und gegebenenfalls Beschluss gefasst werden sollte. Der in diesem Zusammenhang klägerseits zitierte Beschluss des BGH vom 15.01.1996 (Az. II ZR 22/95, Kurzwiedergabe in DStR 1996, 879, und juris), aus dem sich anderes ergeben soll, dürfte nicht übertragbar sein: Insoweit lässt sich den Veröffentlichungen des Beschlusses bereits kein vergleichbarer Sachverhalt entnehmen.Randnummer63

Es war in dieser Situation nicht erforderlich, noch weitere Details zu den konkret geplanten Beschlüssen mitzuteilen oder die in Betracht kommenden wichtigen Gründe noch detaillierter zu benennen.Randnummer64

Dass in der Ladung zu TOP 5 nur die Beschlussfassung über die (vorläufige) Entziehung oder Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis angekündigt war und die am 07.12.2023 hilfsweise beschlossene Entziehung lediglich der „Führung der sonstigen Geschäfte“ im Sinne von § 6 Abs. 2 PartGG nicht ausdrücklich angekündigt worden war, ist selbst dann unschädlich, wenn sie nicht, was offen bleiben kann, als Maßnahme der „Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis“ implizit angekündigt war. Die hilfsweise Entziehung der Geschäftsführung betreffend sonstige Geschäfte stellt jedenfalls ein Minus zur angekündigten (und in der Hauptsache beschlossenen) Beschlussfassung dar. Es ist auch nicht ersichtlich, dass zur Vorbereitung auf die Beschlussfassung über die hilfsweise Entziehung nur der „Führung der sonstigen Geschäfte“ andere oder weitere Aspekte vorzubereiten gewesen wären.Randnummer65

Soweit der Verfügungskläger davon ausgeht, dass durch die nach der Ladung erfolgte Aufforderung zur schriftlichen Stellungnahme im Vorfeld der Versammlung die Tagesordnung unzulässig und unter Verletzung der geltenden Ladungsfrist verspätet ergänzt worden sei, ist dem nicht zu folgen: Die Einladung nebst Tagesordnung war aus sich heraus vollständig und ausreichend, s. oben. Sie hielt die in § 8 Abs. 2 GVP vorgesehene Ladungsfrist von 14 Tagen ein, die auch insgesamt angemessen erscheint. Eine Ergänzung der Tagesordnung ist in der schriftlichen Aufforderung zur Auskunftserteilung bereits nicht zu sehen. Selbst wenn man dies anders sähe, wäre sie jedenfalls weder notwendig noch schädlich gewesen, da bereits die als solche mitgeteilte Tagesordnung als Grundlage für die gefassten Beschlüsse ausreichte.Randnummer66

Ob der Kläger den Verstoß gegen die Ladungsfrist in der Versammlung hätte rügen müssen, kann daher offenbleiben; ebenso wenig kommt es auf die schriftsätzlich aufgeworfenen Fragen der Kausalität und möglicher Rechtsfolgen eines Einberufungsfehlers an.Randnummer67

b) Ladung zur GesellschafterversammlungRandnummer68

Dass zugleich abweichend von den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags zu einer Gesellschafterversammlung eingeladen wurde, war ebenfalls jedenfalls im Ergebnis unschädlich.Randnummer69

Zwar begegnet es Bedenken, zugleich zu der nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Referatsversammlung und zu einer daneben nicht vorgesehenen Gesellschafterversammlung einzuladen. Es wäre nicht auszuschließen, dass die beiden Versammlungen im selben Beschlusspunkt zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Eine solche Situation kann nicht hingenommen werden. Richtig kann nur entweder die Einberufung der Referatsversammlung gemäß den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags sein oder, falls die Strukturierung der Gesellschaft in Referate gemäß dem Gesellschaftsvertrag insbesondere angesichts der erhobenen Bedenken (Wegfall der Stimmen etwaiger Minderheiten in den Referaten, Wegfall des Stimmrechts ganzer Referate) gesetzlich unzulässig wäre, die Einberufung ausschließlich der Gesellschafterversammlung.Randnummer70

Welche Versammlung konkret einzuberufen und zur Willensbildung der B. berufen war, kann aber hier offen bleiben:Randnummer71

Auch wenn eine der beiden (neben den Versammlungen der Einzelreferate) einberufenen Versammlungen unzulässig gewesen sein muss, ergibt sich hieraus nicht die Nichtigkeit der in der jeweils anderen Versammlung getroffenen Beschlüsse. Insbesondere bestand kein kausaler Einfluss zwischen den Beschlüssen der Versammlungen, in denen die vollzählig als Gesellschafter und Referatsgesellschafter versammelten Anwesenden mit Ausnahme des Verfügungsklägers bei sämtlichen Beschlüsse gleichgerichtet abgestimmt haben. Unabhängig davon, ob die Verfügungsbeklagten in der Versammlung ihre Stimme innerhalb der Referatsversammlung, als Referatssprecher ihres Referats oder als Gesellschafter der Partnerschaft abgegeben haben: In jedem Fall wären die Beschlüsse genauso wirksam beschlossen worden, wie sie festgestellt wurden. Insoweit kommt der Grundsatz zur Anwendung, dass ein formaler Mangel bei einer Personengesellschaft dann nicht zur Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen führt, wenn ausgeschlossen werden kann, dass sein Zustandekommen durch den Fehler beeinflusst wurde (für den Fall des Ladungsmangels: BGH, Urt. v. 11.03.2014, II ZR 24/13, NZG 2014, 621 f.; allgemein siehe z.B. Schäfer, in: Ulmer/Schäfer, GbR und PartG, 8. Aufl., § 709 a.F. Rn. 111).Randnummer72

Auf die Frage, ob angesichts dessen, dass sämtliche Gesellschafter bei der Versammlung anwesend waren und jeweils abgestimmt haben, von einer konkludenten Änderung des Gesellschaftsvertrags auszugehen ist, kommt es demnach schon nicht an.Randnummer73

c) Ladung des N. B.Randnummer74

N. B. war am Tag der Versammlung bereits aus der Gesellschaft ausgeschieden. Aus der Tatsache, dass er nicht ebenfalls zur Versammlung geladen worden war, ergibt sich daher ebenfalls kein Beschlussmangel.Randnummer75

Zwar war N. B. unstreitig am Tag der Versammlung noch als Gesellschafter im Partnerschaftsregister eingetragen. Ausweislich der Beschlussfassung der B. vom 01.12.2020 (Anl. K7) war er jedoch mit Ablauf des Geschäftsjahres 2022, also mit Ablauf des 31.12.2022, aus der Partnerschaft ausgeschieden. Sein Ausscheiden war entsprechend dem geregelt worden, was zuvor bereits für die Alt-Gesellschafter St. und H. in § 15 Abs. 1 GVP vorgesehen gewesen war. Ein Umsetzungsbeschluss hierzu war weder nach dem Beschluss vom 01.12.2020 noch nach dem Gesellschaftsvertrag erforderlich.Randnummer76

Die Eintragung der Gesellschafter im Partnerschaftsregister ist nur deklaratorischer Natur (vgl. Schäfer in Müko BGB, 9. Auflage 2023, PartGG § 5 Rn. 12). Dass N. B. dort noch als Gesellschafter eingetragen war, ist demnach nicht erheblich.Randnummer77

d) Vorwegnahme der BeschlüsseRandnummer78

Die Beschlussfassungen sind auch nicht bereits vor der Versammlung erfolgt oder unzulässig vorweggenommen worden.Randnummer79

Soweit der Verfügungskläger meint, aus dem Beschluss unter TOP 1b): „Sämtliche Beschlussfassungen gelten, sofern nichts anderes bestimmt wird, als Beschlüsse der einzelnen Referate (wobei das Referat R. seine Beschlüsse in einer gesonderten Vereinbarung trifft), als Referatsbeschlüsse (wobei hier nur die jeweiligen Stimmen der jeweiligen Referatsvertreter berücksichtigt werden) sowie vorsorglich als Beschlüsse der Gesellschafter (Gesellschafterversammlung)“ ableiten zu können, dass die Klarstellung, dass Beschlüsse im Zweifel als Beschlüsse jeweils jeder der drei einberufenen Versammlungen gelten sollen, die eigentlichen Beschlüsse vorwegnehme, ist dem nicht zu folgen. Inhaltliche Beschlüsse sind hierdurch nicht gefasst worden, schon gar nicht allein durch den Versammlungsleiter.Randnummer80

Auch dass die Verfügungsbeklagten bereits am 13.11.2023 die jetzigen Prozessbevollmächtigten mit ihrer Vertretung beauftragten, führt nicht dazu, dass die Beschlussfassungen der Versammlungen vorweggenommen und keine „echten“ Beschlüsse mehr gefasst worden wären. Innerhalb der Versammlungen war es dem Verfügungskläger am 07.12.2023 möglich, im gesellschaftsvertraglich vorgegebenen Rahmen Stellung zu beziehen, und sich zu bemühen, die Vorwürfe gegen ihn auszuräumen. Dass ihm dies nicht gelungen ist und daraufhin die Beschlüsse wie protokolliert gefasst wurden, ändert hieran nichts.Randnummer81

e) Abstimmungen der Versammlungen der einzelnen ReferateRandnummer82

Angesichts der vollzähligen Anwesenheit aller Gesellschafter kommt es nicht darauf an, ob die Aussprache zu den Tagesordnungspunkten, was umstritten ist, ausschließlich innerhalb der Gesamt-Versammlung oder zuvor auch innerhalb der einzelnen Referate stattfand. Soweit die Referate mit Ausnahme des R.-Referats zu einer etwaigen referatsinternen Aussprache den Raum nicht verließen, oder gegebenenfalls, wie der Verfügungskläger behauptet, gar nicht ausdrücklich referatsintern berieten und abstimmten, war dies offensichtlich von keinem der Referate und von keinem Gesellschafter mit Ausnahme des Verfügungsklägers für erforderlich befunden worden. Aus dem Protokoll ergibt sich, dass sich jedenfalls diverse Partner aller Referate an der Aussprache in der gesamten Versammlung beteiligt haben.Randnummer83

Soweit der Verfügungskläger aus der Nachfrage an ihn, ob bereits vor Abhalten der R.-Versammlung zu Beschlussantrag TOP 3a das Ergebnis der Abstimmung des R.-Referats verkündet werden könne (Anl. K6, S. 10 mittig), schließt, dass das Beschlussergebnis bereits vor Abhalten der R.-Versammlung festgestanden habe, ist auch dies unbeachtlich: Die Referatsversammlung R. hat in der Folge ordnungsgemäß stattgefunden. In dieser hatte der Verfügungskläger die Möglichkeit, seinen Einfluss geltend zu machen und seine Referatskollegen umzustimmen, auch wenn ihm dies im Ergebnis nicht gelungen ist.Randnummer84

f) Beschlussfassung in der B.Randnummer85

Auch die Beschlussfassung innerhalb der B. erfolgte im Ergebnis ordnungsgemäß. Dabei kann offen bleiben, ob die Willensbildung der B. im Rahmen der Referatsversammlung oder im Wege der Gesellschafterversammlung stattgefunden hat:Randnummer86

(1) Variante 1: Abstimmung der Referatsversammlung nach ReferatenRandnummer87

Entweder hatte die Willensbildung gemäß den Vorgaben des GVP im Rahmen einer Referatsversammlung zu erfolgen, wie dies der Gesellschaftsvertrag vorsieht, s. oben. Die gegen eine ordnungsgemäße Beschlussfassung der Referatsversammlung vorgebrachten Rügen haben keinen Erfolg: Es ist unstreitig, dass in der B. dauerhafte Referatssprecher benannt sind. Danach war die R.-Stimme durch den Verfügungsbeklagten J. B. abzugeben. Es musste daher keine ausdrückliche Benennung für die konkrete Versammlung erfolgen. Aus dem Protokoll ist zwar nicht ersichtlich, wer genau letztlich für welches Referat abgestimmt hat. Dies ist jedoch unschädlich: Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass nicht (jedenfalls auch) der Verfügungsbeklagte J. B. für das R.-Referat abgestimmt hat. Klar ist auch, dass bei allen Beschlüssen, sowohl innerhalb des R.-Referats als auch in der Referatsversammlung, die einzig abweichende Stimme die des Verfügungsklägers war. Dieser war aber, soweit er überhaupt ein Stimmrecht hatte, in der Abstimmung des Referats überstimmt worden, so dass die Stimme des R.-Referats jedenfalls richtig abgegeben wurde. Dass der Verfügungskläger entgegen der vorgesehenen Stimmbindung in der Referatsversammlung der B. das R.-Stimmrecht ausgeübt und dabei gegen die anderen Referate gestimmt hätte, ist nicht vorgetragen.Randnummer88

Dass das R.-Referat entgegen § 9 Abs. 15 f) GVP trotz des darin angeordneten Stimmrechtsausschlusses an der Abstimmung der Referate in der Referatsversammlung teilgenommen hat, bleibt ebenfalls ohne Konsequenzen. Eine Nichtigkeit der Beschlüsse ergibt sich auch hieraus nicht. Bei keiner der Abstimmungen kam es für das Beschlussergebnis auf die Stimme des R.-Referats an. Damit kann offenbleiben, ob der gesellschaftsvertragliche Stimmrechtsausschluss des Referats bereits unzulässig und daher unbeachtlich war, weil dieser die Stimmrechte der im betroffenen Referat nicht betroffenen Partner unzulässig beschneidet.Randnummer89

Auch dass die Beschlüsse innerhalb des R.-Referats als einstimmig gefasst protokolliert wurden, spielt keine Rolle: Es ist jeweils zugleich protokolliert, dass die R.-Versammlung davon ausging, dass dem Verfügungskläger kein Stimmrecht zustand, sowie für den Fall, dass dies nicht richtig sei, dieser gegen die Beschlüsse stimme. Anders als der Verfügungskläger wohl meint, kommt es insoweit unter keinem Gesichtspunkt darauf an, dass das jeweilige Stimmrecht nach Deckungsbeitragsquoten zu berechnen war. Damit ist das Stimmverhalten in der R.-Versammlung jedenfalls richtig wiedergegeben.Randnummer90

(2) Variante 2: Abstimmung der GesellschafterversammlungRandnummer91

Wenn man demgegenüber annehmen wollte, dass allein eine Abstimmung der Gesellschafter der B. zulässig war, weil die Regelungen des GVP zur Referatsstruktur unwirksam sind, so waren alle Gesellschafter der B. unmittelbar stimmberechtigt – mit Ausnahme des Verfügungsklägers in Bezug auf die Beschlussgegenstände, die ihn selbst betrafen. Alle Gesellschafter haben jeweils ihr Stimmrecht ausgeübt, das zugehörige Beschlussergebnis ist auch richtig protokolliert worden.Randnummer92

(3) Unschädlichkeit der Abstimmung auch der jeweils anderen VersammlungRandnummer93

Die jeweils zugleich abgehaltene andere Versammlung nebst jeweiliger Beschlussfassung hatte jedenfalls keine Auswirkungen auf das Beschlussergebnis und war daher unschädlich, s. oben.Randnummer94

g) Stimmrecht des Verfügungsbeklagten J. B.Randnummer95

Zuletzt dringt der Verfügungskläger auch nicht damit durch, dass der Verfügungsbeklagte J. B. wegen § 2 Abs. 8 IG-Vertrag (Anl. K8) nicht gegen ihn hätte stimmen dürfen. Die dort vorgesehene Stimmbindung scheidet dann aus, wenn sich der von der Abstimmung betroffene Gesellschafter pflichtwidrig verhalten, insbesondere gegen den IG-Vertrag oder den GVP verstoßen hat, vgl. § 2 Abs. 8 S. 1 IG-Vertrag am Ende. Dies ist hier der Fall: Der Verfügungskläger hat gegen seine Treupflicht verstoßen und verstößt auch weiterhin hiergegen, indem er seine Mitgesellschafter nicht wie geschuldet informiert, s. hierzu ausführlich unten.Randnummer96

Zudem hätte gemäß § 8 Abs. 2 IG-Vertrag nicht nur der Verfügungsbeklagte J. B., sondern auch der weitere Verfügungsbeklagte P. nicht gegen den Verfügungskläger stimmen dürfen. Damit hätte die Abstimmung des R.-Referats über die Stimmabgabe in der B. entweder eine Enthaltung oder eine Gegenstimme ergeben müssen, jedenfalls aber keine Zustimmung sein dürfen. Auf die Stimme des R.-Referats in der Referatsversammlung der B. kam es jedoch, soweit das Referat überhaupt stimmberechtigt war, s. oben, bereits nicht an, s. ebenfalls oben.Randnummer97

2. Zulässigkeit der Entziehung der Geschäftsführungs- und VertretungsbefugnisRandnummer98

a) Zulässigkeit der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis, Beschluss zu TOP 5Randnummer99

(1) RechtsgrundlageRandnummer100

Die Beschlussfassung über die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis erfolgte auf der Grundlage von § 9 Abs. 12 a) bb) GVP. Der fehlerhafte Verweis in § 7 Abs. 1 S. 3 auf § 9 Abs. 12 c) bb) anstatt auf § 9 Abs. 12 a) bb) GVP ist irrelevant. Es ist eindeutig, dass gesellschaftsvertraglich die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis ermöglicht werden sollte. Die Zuordnung der vorgesehenen Beschlussfassung über die Entziehung innerhalb des § 9 Abs. 12 GVP und damit die Festlegung der erforderlichen Mehrheit erfolgte zudem eindeutig dahingehend, dass die Beschlussfassung mit einer Mehrheit von 100 % der abgegebenen Stimmen zu erfolgen hatte.Randnummer101

(2) Wirksamkeit der Rechtsgrundlage, § 134 BGB i.V.m. § 6 Abs. 2 PartGGRandnummer102

§ 6 Abs. 2 PartGG steht der beschlossenen (vorübergehenden) Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis des Verfügungsklägers nicht entgegen. Die Regelung in § 6 Abs. 2 PartGG führt nicht dazu, dass die gesellschaftsvertragliche Regelung in §§ 7 Abs. 1 S. 3, 9 Abs. 12 a) bb) GVP gemäß § 134 BGB nichtig ist.Randnummer103

Zwar ist streitig, ob § 6 Abs. 2 PartGG die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis insgesamt, also über die Entziehung nur der „sonstigen Geschäfte“ hinaus, überhaupt zulässt. Diese gesetzliche Grenze gilt zugleich gemäß § 9 Abs. 12 a) bb) GVP ausdrücklich auch als gesellschaftsvertragliche Begrenzung zulässiger Beschlussfassungen in der Gesellschaft.Randnummer104

Bei § 6 Abs. 2 PartGG handelt es sich um eine Sonderregelung für die Geschäftsführung in Partnerschaftsgesellschaften, wonach einzelne Partner jedenfalls im Gesellschaftsvertrag nur von der Führung „sonstiger Geschäfte“, aber nicht von der Geschäftsführung betreffend sogenannte „berufliche Leistungen“, also Tätigkeiten zur Ausübung des freien Berufes, ausgeschlossen werden können (vgl. auch Schäfer, in: MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, PartGG § 6 Rn. 4, 11).Randnummer105

Ob, wie, und unter welchen Voraussetzungen einem Partner die Geschäftsführungsbefugnis dennoch nachträglich auch vollständig entzogen werden kann, ist gesetzlich nicht eindeutig geregelt und bisher nicht (höchst-) richterlich entschieden.Randnummer106

Dass eine nachträgliche Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nicht vollständig ausgeschlossen sein kann, zeigt der ausdrückliche Verweis in § 6 Abs. 3 PartGG auf § 116 Abs. 5 HGB n.F./ § 117 HGB a.F. Danach ist für eine Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis eine gerichtliche Entscheidung auf Antrag der übrigen Gesellschafter vorgesehen. Schon dies könnte eine (außerhalb des Gesellschaftsvertrags begründete) Entziehung der vollen Geschäftsführungsbefugnis ermöglichen (so Seibert/Kilian, PartGG, 1. Aufl. 2012, § 6 Rn. 6).Randnummer107

Der Verweis in § 6 Abs. 3 PartGG ist auch nicht alleine auf die Entziehung der sonstigen Geschäfte im Sinne des § 6 Abs. 2 PartGG zu beziehen, so dass nur insoweit nach dem dispositiven Recht eine gerichtliche Entscheidung möglich ist. Dies ist zwar umstritten (vgl. zum Streitstand Schäfer, in MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, PartGG § 6 Rn. 17 ff. m.w.N.). Für eine Bezugnahme allein auf die sonstigen Geschäfte im Sinne des § 6 Abs. 2 PartGG bestehen jedoch keine Anhaltspunkte im Wortlaut der Vorschrift. Aus der Gesetzesbegründung (Gesetzesentwurf v. 11.11.1993, BT-Drs. 12/6152, S. 15) ergibt sich, dass der Verweis nicht nur in Bezug auf sonstige Geschäfte, sondern in engen Grenzen auch für Geschäfte der freiberuflichen Tätigkeit gelten sollte: „Besondere Umstände können es im Einzelfall dennoch rechtfertigen, einem Partner die Geschäftsführungsbefugnis auch im Hinblick auf seine Berufsausübung zu entziehen, insbesondere, wenn anders ein drohender Schaden von der Partnerschaft nicht abzuwenden ist. Für diese Ausnahmefälle bleibt es daher bei der Möglichkeit, entsprechend § 117 HGB auf Antrag aller übrigen Gesellschafter die Befugnis zur Geschäftsführung durch gerichtliche Entscheidung zu entziehen; ein dauerhafter Ausschluss von der berufsausübenden Geschäftsführungstätigkeit wird aber nur im Wege der Ausschließung des Partners möglich sein“ (Gesetzesbegründung, ebd.). Auch Hirtz (in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, § 6 PartGG Rn. 10) geht nicht von einem kategorischen Ausschluss des Entzugs der Geschäftsführungsbefugnis für die berufsbezogenen Geschäfte durch § 6 Abs. 2 PartGG aus, wenn er die Bedenken betont, denen ein dauerhafter Entzug, der also nicht unmöglich sein kann, begegnet.Randnummer108

Jedenfalls Regelungen zur Geschäftsverteilung, wohl aber auch zur Einrichtung einer Mitgeschäftsführung sind nach den Stimmen der Literatur zulässig (vgl. insb. Schäfer, in MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, PartGG § 6 Rn. 18, 21; Hirtz, in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, § 6 PartGG Rn. 9). Ein berechtigtes Interesse hierzu wird insbesondere dann angenommen, wenn die Partnerschaft die Bearbeitung bestimmter Mandate aus gewichtigem Grund verhindern will (vgl. insb. Salger, in MünchHdbGesR, Bd. 1, 5. Aufl. 2019, § 41 Rn. 19, und Meilicke, in Meilicke u.a., PartGG, 3. Aufl. 2015, § 6 Rn. 45 und ff.) oder wenn anders ein drohender Schaden von der Partnerschaft nicht abgewendet werden kann (Schöne, in beckOGK BGB, 68. Ed., Stand 01.11.2023, § 6 PartGG Rn. 10).Randnummer109

Eine absolute Unantastbarkeit der freiberuflichen Geschäftsführung ist auch nach Auffassung der Kammer nicht vertretbar. Entscheidend muss sein, ob die für die Entziehung der Geschäftsführung vorgebrachten wichtigen Gründe unter besonderer Berücksichtigung des in § 6 Abs. 2 PartGG zum Ausdruck kommenden besonderen Schutzes der Geschäftsführung in beruflichen Angelegenheiten in Freiberuflergesellschaften im Einzelfall eine Entziehung rechtfertigen (s. hierzu konkret unten unter 3.).Randnummer110

(3) Einschränkende Voraussetzungen für die Entziehung der GeschäftsführungsbefugnisRandnummer111

Um dem Regelungszweck des § 6 Abs. 2 PartGG und dem Charakter der PartGG als Zusammenschluss von Freiberuflern möglichst gerecht zu werden, wird teilweise vertreten, dass eine Entziehung lediglich im Vorfeld und zur Vorbereitung eines Ausschlusses zugelassen werden dürfe (so insb. Hirtz, in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, § 6 PartGG Rn. 10). So soll ein dauerhaftes Auseinanderfallen von freiberuflicher Tätigkeit und umfassender Geschäftsführungsbefugnis vermieden werden. Aus demselben Grund ist möglicherweise auch grundsätzlich eine zeitliche Befristung einer Entziehung der vollen Geschäftsführungsbefugnis geboten (vgl. Schäfer, in MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, PartGG § 6 Rn. 23 m. V.a. die Gesetzesbegründung). Anderseits soll ein Gesellschafter, der aus Alters- oder Krankheitsgründen zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung nicht mehr in der Lage ist, nicht zum Ausscheiden gezwungen, sondern stattdessen auch eine dauerhafte Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis möglich sein (so im Ergebnis Schäfer, in MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, PartGG § 6 Rn. 24).Randnummer112

Ob die Vorbereitung eines Ausschlusses oder eine Befristung der Entziehung notwendige Voraussetzung dafür sind, dass auch mit Blick auf den in § 6 Abs. 2 PartGG zum Ausdruck kommenden Charakter der PartGG als Zusammenschluss von Freiberuflern eine Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis zulässig ist, wenn ein entsprechend gewichtiger Grund hierfür vorliegt, braucht in diesem Fall nicht entschieden werden:Randnummer113

Hier wurde zwar bisher kein Ausschluss beschlossen. Das Ausscheiden des Verfügungsklägers bis zum Ablauf der befristeten Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis ist jedoch erklärtes Ziel der Verfügungsbeklagten. Auch im vorliegenden Fall geht es also um die Rechtsgestaltung zwischen den Parteien im Vorfeld zu einem Ausschluss. Es gibt jedenfalls in dieser Konstellation keinen Grund, die übrigen Gesellschafter ausschließlich auf den möglicherweise schwerer, insb. langwieriger, durchzusetzenden Ausschluss aus der Gesellschaft zu verweisen, und sie bis zu dessen Wirksamkeit einer Fortsetzung der Geschäftsführung im Namen der Partnerschaft im freiberuflichen Bereich auszusetzen.Randnummer114

Die durch Beschluss vom 07.12.2023 vorgenommene Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis des Verfügungsklägers wurde auch auf den 31.12.2024 zeitlich befristet. Zwar begegnet zum einen diese sich über etwas mehr als ein Jahr erstreckende und damit einen signifikanten Zeitraum umfassende Entziehung Bedenken dahingehend, ob es sich tatsächlich noch um eine vorläufige Maßnahme handelt. Zum anderen ist es erklärtes Ziel der Verfügungsbeklagten, den Verfügungskläger vor Ablauf der Befristung aus der Partnerschaft auszuschließen, wenn kein anderweitiges Ausscheiden mit ihm vereinbart werden kann. Die Geschäftsführungsbefugnis soll also gerade nicht wiederaufleben.Randnummer115

Welcher Zeitraum noch als vorübergehend anzusehen ist und ab wann eine dauerhafte Entziehung anzunehmen ist, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls, insbesondere in Ansehung des wichtigen Grundes für die Entziehung, zu bewerten (Schöne, in BeckOK BGB, 68. Ed., 01.11.2023, PartGG § 6 Rn. 10). Aus Sicht der Verfügungsbeklagten war bereits vor der Beschlussfassung angesichts des unkooperativen Verhaltens des Verfügungsklägers damit zu rechnen, dass dieser sich gegen die Beschlüsse wehren würde. Auch sieht der Gesellschaftsvertrag der B. in § 9 Abs. 12 a) aa) und bb) GVP für die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und einen sich anschließenden Ausschluss des betroffenen Referats ein mehrstufiges Prozedere vor, das notwendigerweise einiges an Zeit, insbesondere zwei mit Ladungsfrist einzuberufende Referatsversammlungen, benötigt. Eine abschließende gerichtliche Klärung kann, selbst bei vorläufiger Klärung im Wege einstweiligen Rechtsschutzes, unter Einbeziehung der Instanzen langwierig sein und viele Monate dauern. Würde eine absolut betrachtet nur „kurze“ Befristung im Bereich nur weniger Monate für zwingend gehalten, um eine Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis zu gestatten, müssten möglicherweise regelmäßig Folgebeschlüsse (unter Beteiligung des betroffenen missliebigen Gesellschafters) gefasst werden, die Aufwand und zusätzliche rechtliche Risiken und Angriffsflächen schaffen würden. Dies muss mit dem Interesse des betroffenen Gesellschafters auf freie Ausübung seines Berufs abgewogen werden. Der von den Verfügungsbeklagten gewählte Zeithorizont von etwas über 12 Monaten für die vorläufige Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis des Verfügungsklägers ist vor diesem Hintergrund im Ergebnis noch vertretbar.Randnummer116

(4) Erfordernis einer gerichtlichen EntscheidungRandnummer117

Eine gerichtliche Entscheidung, wie sie § 116 HGB n.F. (bzw. § 117 HGB a.F.) zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis vorsieht, war nicht erforderlich. Die genannte Vorschrift ist gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 PartGG dispositives Recht, vorrangig gelten die Regelungen des Gesellschaftsvertrags. Dieser sieht in §§ 7 Abs. 1 S. 3, 9 Abs. 12 a) bb) GVP ein Verfahren für die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis vor, welches keinen Raum für eine über die Beschlussfassung der Referatsversammlung hinausgehende gerichtliche Entscheidung lässt. Vor diesem Hintergrund ist auch der in § 9 Abs. 12 a) bb) GVP enthaltene Verweis auf § 6 PartGG nicht so zu verstehen, dass zusätzlich entsprechend dem dispositiven Recht eine gerichtliche Entscheidung erforderlich sein soll. Im Gegenteil enthält § 9 Abs. 12 a) bb) GVP eine abschließende Regelung zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis durch Beschluss.Randnummer118

b) Zulässigkeit der Entziehung der Vertretungsmacht, Beschluss zu TOP 6Randnummer119

Die Entziehung der Vertretungsbefugnis richtet sich nach §§ 7 Abs. 1 S. 3, 9 Abs. 12 a) bb) GVP. Gesetzlich ist sie in § 7 Abs. 3 PartGG i.V.m. § 124 Abs. 5 HGB n.F. geregelt. Diese Gesetzesregelungen sind dispositiv (§ 124 Abs. 5 a.E. HGB n.F.) und damit einer Regelung im Gesellschaftsvertrag zugänglich (vgl. auch Roth, in Hopt, HGB, 42. Aufl. 2023, § 127 [a.F.] Rn. 11, 12). § 7 PartGG sieht dabei jedenfalls dem Wortlaut nach keine dem § 6 Abs. 2 PartGG vergleichbare Beschränkung für die Entziehung der Vertretungsmacht vor. Diese könnte daher in weiteren Grenzen zulässig sein als die der Geschäftsführungsbefugnis, was umstritten ist (s. zum Streitstand Schäfer, in: MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, PartGG § 7 Rn. 15 m.w.N.).Randnummer120

Eine Entscheidung hierzu ist im konkreten Fall nicht erforderlich. Selbst wenn, was angesichts des Gesetzeswortlauts zweifelhaft erscheint, für die Entziehung der Vertretungsbefugnis dieselben Maßstäbe gelten würden wie für die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis, ergäbe sich nichts Abweichendes: Für die Beschlussfassung über die Entziehung der Vertretungsbefugnis gilt dasselbe wie zu der betreffend die Geschäftsführungsbefugnis.Randnummer121

3. Vorliegen eines wichtigen GrundesRandnummer122

Es liegt auch ein wichtiger Grund zur Rechtfertigung der getroffenen Beschlüsse vor. Ein Anspruch des Verfügungsklägers gegen die Verfügungsbeklagten auf Unterlassung des Vollzugs der Beschlüsse entsprechend §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB oder § 241 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. der gesellschafterlichen Treuepflicht besteht daher nicht.Randnummer123

Es kommt dabei nicht darauf an, ob, wie die Verfügungsbeklagten meinen, ihre Vorwürfe als unstreitig zu behandeln seien, weil kein substantiierter Vortrag des Verfügungsklägers erfolge. Insoweit genügen bereits die im Raum stehenden Verdachtsmomente und die sich daraus ergebende Gefährdung der interessen der Verfügungsbeklagten und der B.Randnummer124

Es ist auch keine strafrechtliche Verurteilung des Verfügungsklägers erforderlich, um hierauf eine Entziehung der Geschäftsführungs- oder Vertretungsbefugnis zu stützen. Es gilt für den Verfügungskläger weder die Unschuldsvermutung, noch kann er sich auf den nemo-tenetur-Grundsatz berufen. Seine Treuepflicht gebietet es ihm, in seiner Gesellschafterstellung auf die Rechte, Rechtsgüter und interessen der Mitgesellschafter Rücksicht zu nehmen.Randnummer125

Konkret muss ein Gesellschafter seine Mitgesellschafter insbesondere über Vorgänge, die deren Vermögensinteressen tangieren, zutreffend und vollständig informieren (vgl. insb. BGH, Urt. v. 09.09.2002, II ZR 198/00, NJW-RR 2003, 169, 170 m.w.N.; Geibel, in beckOGK BGB, § 706 [a.F.] Rn. 86). Gleiches ergibt sich aus § 717 Abs. 2 BGB n.F. für die GbR und damit über § 1 Abs. 4 PartGG für die Partnerschaftsgesellschaft bzw. aus dem jedenfalls auf das Verhältnis der geschäftsführenden Gesellschafter einer oHG zur Gesellschaft und den Gesellschaftern anwendbaren Auftragsrecht (§ 105 Abs. 3 HGB i.V.m. § 666 BGB). Auch im Auftragsrecht gilt, dass der Beauftragte sich bei der Auskunftserteilung nicht auf ein Geheimhaltungsinteresse zu seinen Gunsten und insbesondere nicht auf den nemo-tenetur-Grundsatz berufen kann (F. Schäfer, in Müko BGB, 9. Aufl. 2023, § 666 Rn. 47; vgl. auch zu § 259 BGB: Krüger, in MüKo BGB, 9. Aufl. 2022, § 259 Rn. 36).Randnummer126

a) Fehlende Auskunftsbereitschaft des VerfügungsklägersRandnummer127

In der fehlenden Auskunftsbereitschaft des Verfügungsklägers betreffend das gegen ihn seit 2019 geführte und bis heute nicht abgeschlossene Ermittlungsverfahren liegt ein hinreichend wichtiger Grund im Sinne der §§ 7 Abs. 1 S. 3, 9 Abs. 12 a) bb) GVP, der die beschlossene Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Verfügungsklägers rechtfertigt. Angesichts des Verhaltens des Verfügungsklägers in Bezug auf das gegen ihn und Herrn O. S. laufende Ermittlungsverfahren, insbesondere die bis zur Gesellschafterversammlung am 07.12.2023 und bis heute nicht erfolgte Auskunft zu den verschiedenen hierzu erfragten Aspekten, ist eine fortbestehende Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Verfügungsklägers den Verfügungsbeklagten nicht zumutbar.Randnummer128

Der Verfügungskläger verweigert jegliche Auskünfte zum Stand des Strafverfahrens, obwohl er unstreitig Einsicht in Teile der Akte erhalten hat. Auch in Bezug auf die konkrete Zusammenarbeit mit Herrn O. S., insbesondere die konkrete Ausgestaltung der Treuhandabrede vor dem Hintergrund der im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erhobenen Vorwürfe und die auch nach der Durchsuchung von 2020 fortgesetzte Tätigkeit für Herrn O. S. im Namen der B., erteilt der Verfügungskläger keine Auskünfte, obgleich sich diese auf Wissen aus seinem eigenen Wahrnehmungsbereich beziehen. Nicht nur hat der Verfügungskläger – soweit aktenkundig ist – zu keinem Zeitpunkt von sich aus zu dem Ermittlungsverfahren und insbesondere zu dessen Fortsetzung, in deren Rahmen es insbesondere 2022 zu einer Durchsuchung seiner Wohnung gekommen ist, die jedenfalls nicht ohne weitere Informationen der zuvor erfolgten Durchsuchung von 2020 zuzuordnen war, an die Mitgesellschafter berichtet, obgleich er nach den oben skizzierten, auch für ihn geltenden konkreten Pflichten aus der gesellschafterlichen Treuepflicht hierzu verpflichtet war. Auch auf ausdrückliche Aufforderungen vor, in und nach der Gesellschafterversammlung vom 07.12.2023 hat der Verfügungskläger in der Sache zu den Vorwürfen nicht ansatzweise Stellung bezogen. Dabei ist es dem Verfügungskläger verwehrt, sich auf den nemo-tenetur-Grundsatz zu berufen. Im Gegenteil ist er aus seiner Treuepflicht heraus zur Interessenwahrung, insbesondere durch aktive und vollständige Informationserteilung gegenüber seinen Mitgesellschaftern, verpflichtet, s. oben.Randnummer129

Dass dieses Verhalten das für eine Zusammenarbeit im Rahmen einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die in besonderem Maße auf ihren integren Ruf angewiesen ist, notwendige Vertrauen zerstört, ist für die Kammer umfassend nachvollziehbar. Ein solches Verhalten ist grundsätzlich geeignet, Beschlüsse über die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht auch in einer Partnerschaft von Freiberuflern zu tragen.Randnummer130

Weiter wurde im Rahmen der polizeilichen Vernehmung des Verfügungsbeklagten J. B. Ende 2023 deutlich, dass der Verfügungskläger auch nach der Durchsuchung 2020 und der bereits zuvor angeblich erfolgten „Beendigung der Treuhand“ mitsamt Schließung des Treuhandkontos weiterhin auf Briefpapier der Partnerschaft und damit im Namen dieser und zugleich des Beschuldigten O. S. aufgetreten ist. Der Verfügungskläger arbeitet auch sonst offensichtlich weiterhin mit Herrn O. S. zusammen: Aus der im Sommer 2023 bekannt gewordenen Webseite der P. ist eine fortgesetzte gemeinsame Tätigkeit ersichtlich. Die zur P. in der Gesellschafterversammlung vom 07.12.2023 erteilten Auskünfte überzeugten die Verfügungsbeklagten ersichtlich nicht. Dass die P. lediglich eine Vorratsgesellschaft sei, was damit begründet wird, dass diese bisher keine Geschäfte abgewickelt habe, erscheint auch der Kammer angesichts des Auftritts im Internet fragwürdig. Jedenfalls aber wirken der Verfügungskläger und Herr O. S. in dieser Gesellschaft bis heute zusammen. Eine weitere aktuell fortbestehende Verbindung des Verfügungsklägers mit Herrn O. S. besteht in Bezug auf die britische A. Limited, an welcher unbestritten sowohl der Verfügungskläger als auch Herr O. S. beteiligt sind. Das vom Verfügungsbeklagten J. B. konkret beschriebene Schreiben auf Geschäftspapier der B., dass ihm im Rahmen der polizeilichen Vernehmung vorgelegt worden war, erklärte der Verfügungskläger zuletzt im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2024 damit, dass er hier im Auftrag des Herrn O. S. einen Due-Diligence-Auftrag erledigen sollte (vgl. das Protokoll der mündl. Verhandlung, Bl. 87, 90 d. Akten). Er habe zudem nicht gesagt, keine Geschäfte mehr mit Herrn O. S. zu tätigen (ebd.). Dass diese Korrespondenz nicht im Dokumentenmanagement-System der B. auffindbar ist, rechtfertigt den Verdacht, dass hier rechtlich zweifelhafte Geschäftstätigkeiten möglicherweise gezielt vor den Verfügungsbeklagten versteckt werden sollen. Dass auch diese Umstände im Ergebnis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit der Parteien die Grundlage entziehen, ist nachvollziehbar und rechtfertigt ebenfalls nach Auffassung der Kammer die Beschlüsse zur vorläufigen Entziehung der Geschäftsführung und Vertretung für die B.Randnummer131

b) Fehlendes Schutzbedürfnis der VerfügungsbeklagtenRandnummer132

Dem steht auch nicht eine fehlende Schutzwürdigkeit oder -bedürftigkeit der Verfügungsbeklagten entgegen. Zwar war das Ermittlungsverfahren spätestens seit der Durchsuchung der Geschäftsräume der B. im Oktober 2020 allen Gesellschaftern der B. bekannt. Auch ergab sich bereits aus dem Durchsuchungsbeschluss, dass gravierende Vorwürfe gegen den Verfügungskläger im Raum standen, zu denen dieser offenbar damals nicht substantiiert Stellung nehmen musste. Dass der Verfügungskläger insoweit „abgewiegelt“ und die anderen im Glauben gelassen habe, da „sei schon nichts dran“, wurde damals von den anderen Gesellschaftern offenbar hingenommen.Randnummer133

Dies wiegt umso schwerer, als bereits 2018/2019 zweifelhafte Treuhandgeschäfte des Verfügungsklägers bekannt geworden waren. In dem daraufhin in Auftrag gegebenen Gutachten zur Meldepflicht nach GwG heißt es im Rahmen der Abwägung, nach der eine Meldepflicht nicht anzunehmen gewesen sein soll, dass insbesondere entscheidend sei, dass keine Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftspartner O. S. bekannt seien. Die Tatsache, dass sich aus dem nur etwa ein Jahr später bekannt gewordenen Durchsuchungsbeschluss insoweit ausdrücklich anderes ergab, und dennoch die Angelegenheit von den Gesellschaftern nicht wiederaufgenommen wurde, ist ein Indiz dafür, dass diese Umstände die übrigen Gesellschafter schlicht nicht interessierten. Vor diesem Hintergrund könnte zweifelhaft sein, warum ausgerechnet die Ankündigung polizeilicher Vernehmungen Ende 2023 den Ausschlag dafür geben sollte, dem Verfügungskläger die Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht zu entziehen.Randnummer134

Auf der anderen Seite muss berücksichtigt werden, dass mit dem Anruf der Polizei im November 2023 allen Mitgesellschaftern deutlich gemacht wurde, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Verfügungskläger weiterhin läuft, und zudem, dass, wie sich im Rahmen der Vernehmungen der Herren Bauer ergab, weiterhin zusätzlicher Sachverhalt ermittelt wird. Spätestens jetzt mussten die Verfügungsbeklagten zur Kenntnis nehmen, dass ein gravierendes Risiko für Ruf und Finanzlage der Partnerschaft besteht. Zusätzlich häuften sich zu diesem Zeitpunkt die Hinweise auf eine fortbestehende Zusammenarbeit des Verfügungsklägers mit Herrn O. S., s. oben.Randnummer135

Dass auch gegen N. B. zuvor bereits einmal strafrechtliche Ermittlungen liefen und dieser daraufhin nicht ausgeschlossen wurde, ergibt keine Rechtsposition zu Gunsten des Verfügungsklägers.Randnummer136

c) GesamtabwägungRandnummer137

Nach Überprüfung der für und gegen eine Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht des Verfügungsklägers sprechenden Argumente im Rahmen einer Gesamtabwägung war nach Auffassung der Kammer ein wichtiger Grund zur Entziehung der genannten Rechte gegeben.Randnummer138

Das Verhalten des Verfügungsklägers ist, unabhängig davon, ob sich die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe als wahr erweisen oder nicht, geeignet, den Ruf der Partnerschaft in erheblichem Maß zu schädigen. Das Geschäft der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung erfordert ein erhebliches Maß an Vertrauen zwischen dem beauftragten Berater und den Mandanten. Schon die nur mögliche Verwirklichung vermögensrechtlicher Straftatbestände, insbesondere der Untreue, können potentielle oder bestehende Mandanten von einer Mandatierung der B. abschrecken. Es sind in diesem Falle erhebliche Umsatzeinbußen zu erwarten. Auch die Wiederherstellung etwa verlorengehenden Vertrauens würde der Partnerschaft und auch den einzelnen Gesellschaftern erhebliche Marketing- und Wiedergutmachungsmaßnahmen abverlangen und sich über einen unabsehbar langen Zeitraum erstrecken, was ebenfalls mit Vermögenseinbußen verbunden ist.Randnummer139

Sowohl das Haftungsrisiko der Gesellschaft, insbesondere vor dem Hintergrund, dass bis zuletzt deren Geschäftspapier für Mandate eines gemeinsam mit dem Verfügungskläger der Strafverfolgung ausgesetzten Mandanten eingesetzt wurde, als auch das Risiko für den Ruf der Gesellschaft erscheinen insgesamt erheblich. Das Verhalten des Verfügungsklägers ist aus Sicht der Mitgesellschafter, insbesondere unter Berücksichtigung der bestehenden Treuepflichten unter den Gesellschaftern, insgesamt untragbar. Der Verfügungskläger kooperiert nicht mit den Verfügungsbeklagten, denen es mangels auch nur rudimentärer Auskünfte nicht einmal möglich ist, deren nach außen bestehende Haftungsrisiken wenigstens der Höhe nach abzuschätzen. Die offensichtlich fortgesetzte Zusammenarbeit mit Herrn O. S. und die fehlende Einsicht des Verfügungsklägers dahingehend, dass sowohl sein Auskunftsverhalten als auch seine weiter bestehende Zusammenarbeit mit Herrn O. S. unter anderem im Rahmen mehrerer ausländischer Gesellschaften für die Verfügungsbeklagten problematisch sein können, muss von diesen nicht weiter hingenommen werden. Auch vor dem Hintergrund des besonderen Schutzes der freien Berufsausübung der Partner einer PartGG, in denen vor allem dem Berufsrecht unterworfene und ansonsten frei agierende Freiberufler zusammengeschlossen sind, ist eine Entziehung vorliegend möglich und eine angemessene Reaktion auf das Verhalten des Verfügungsklägers. Dem Verfügungskläger in dieser Situation weiterhin Geschäftsführungsbefugnis im Namen der B. und Vertretungsmacht für diese zuzugestehen, ist den Verfügungsbeklagten nicht zumutbar.Randnummer140

Dies gilt nach Auffassung der Kammer auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Ausschluss der Geschäftsführungsbefugnis eines Gesellschafters gemäß § 9 Abs. 12 a) aa) GVP einen Beschluss über die Ausschließung des betreffenden Referats aus der Gesellschaft ermöglicht. Dies rechtfertigt es, bereits bei der Prüfung der Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis den für den Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft geltenden Maßstab anzulegen. Diesem Maßstab, nach dem der Ausschluss eines Gesellschafters ultima ratio bleiben muss für den Fall, dass eine weitere Zusammenarbeit den Gesellschaftern unzumutbar ist, ist nach Einschätzung der Kammer im Rahmen der Beschlussfassungen der B. ebenfalls Genüge getan. Auch ein Beschluss über einen Ausschluss des Verfügungsklägers aus der Gesellschaft wäre am 07.12.2023 in der gegebenen Situation gerechtfertigt gewesen, soweit nicht – was vorliegend nicht entschieden werden braucht – wegen § 9 Abs. 12 a) aa) GVP vorrangig eine Pflicht zur Einhaltung des gesellschaftsvertraglich geregelten und bisher nicht durchgeführten Vorgehens, nämlich der Ausschließung des gesamten Referats, besteht.Randnummer141

Die interessen des Verfügungsklägers an seiner ungestörten Berufsausübung mitsamt eigener, nicht abgeleiteter Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis muss trotz des besonderen Schutzes der Berufsfreiheit durch das Grundgesetz und trotz der darin liegenden erheblichen Beeinträchtigung seiner freien Berufsausübung insgesamt hinter den interessen der Verfügungsbeklagten zurückstehen. Es war die Pflicht des Verfügungsklägers, schon den bösen Schein, er könne als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in strafbare Vermögensdelikte verwickelt sein, zu vermeiden, und zweifelhafte Geschäfte zu meiden, vgl. auch § 57 Abs. 2 StBerG i.V.m. § 6 Abs. 1 PartGG. Jedenfalls hätte er die interne Aufarbeitung innerhalb der B. fördern müssen, insbesondere indem er die Verfügungsbeklagten über den Verlauf des Ermittlungsverfahrens hätte unterrichten und jedenfalls auf die an ihn gestellten Auskunftsverlangen hin die Umstände des Verfahrens näher hätte darlegen müssen. Die mit der Entziehung der Geschäftsführung und Vertretungsmacht auch mit Blick auf laufende Gerichtsverfahren und Prüfungsaufträge möglicherweise verbundenen Schwierigkeiten dürften im Wesentlichen mithilfe rechtsgeschäftlicher Vollmachten (auch zu – geschäftsführungsbezogenen – Entscheidungen in der Sache) zu lösen sein, ebenso wie die vom Verfügungskläger aufgebrachte Frage des Weisungsrechts gegenüber den Angestellten der Partnerschaft.Randnummer142

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Verfügungsbeklagten dem Verfügungskläger eine Fortsetzung seiner Tätigkeit zu den Bedingungen angeboten haben, wie sie auch für einen angestellten Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer gelten. Dass es dem Verfügungskläger bei Entziehung der eigenen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis nicht möglich sein soll, überhaupt Einkommen zu generieren, ist deshalb bereits nicht richtig. Dass es ihm in einer solchen Konstellation nicht möglich sein sollte, seine Schulden aus der angeblich seit seinem Beitritt im Jahr 2007 nicht abgelösten Finanzierung des Erwerbs seiner Gesellschafterstellung zu bedienen, ist bestritten und im Übrigen nicht nachvollziehbar. Andere schutzwürdige interessen des Verfügungsklägers sind nicht dargelegt.Randnummer143

Darüber hinaus steht es dem Verfügungskläger frei, die Partnerschaft zu verlassen und selbständig aufzutreten. In diesem Fall stünden ihm Abfindungsansprüche wegen seiner Beteiligung an der B. zu.Randnummer144

d) Weitere VorwürfeRandnummer145

Nach alledem kann offen bleiben, ob die Tätigkeit des Verfügungsklägers im Rahmen der P. einen gemäß § 20 Abs. 1 GVP verbotenen Wettbewerb zur B. darstellt, was angesichts der Beschränkung des gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbots auf den „sachlichen und räumlichen Tätigkeitsbereich“ zweifelhaft sein kann.Randnummer146

Auch die Frage, ob das Verhalten des Verfügungsklägers in Bezug auf die Aufnahme des neuen Gesellschafters T. G., konkret seine Weigerung, dessen Aufnahme in das Partnerschaftsregister trotz des diesbezüglich am 07.12.2023 getroffenen und nicht gerichtlich angegriffenen Beschlusses der B. zuzustimmen, für sich genommen oder jedenfalls in Kombination mit anderen von den Verfügungsbeklagten geltend gemachten Gründen für Beschlüsse über die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis genügen kann, muss ebenfalls nicht beantwortet werden.Randnummer147

e) Vorwurf der WillkürRandnummer148

Der Vorwurf willkürlichen Verhaltens der Verfügungsbeklagten wird auf keine über die bereits erörterten Aspekte hinausgehenden Umstände gestützt. Eine Nichtigkeit der Beschlüsse wegen willkürlichen Verhaltens ergibt sich damit nicht.Randnummer149

4. Vorläufige Aussetzung der Beschlüsse (Hilfsanträge Ziff. 3 und 4)Randnummer150

Die Beschlüsse der B. zur vorläufigen Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht des Verfügungsklägers waren auch nicht, wie der Verfügungskläger hilfsweise mit den Anträgen Ziff. 3 und 4 beantragt, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.Randnummer151

Angesichts der mit einer weiteren Tätigkeit des Verfügungsklägers für die B. verbundenen erheblichen Risiken (s. oben) kommt eine Suspendierung der Beschlüsse bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache nicht in Betracht. Der Verfügungskläger hat es in der Hand, für eine Übergangszeit mit den Verfügungsbeklagten eine Verfahrensweise betreffend laufende Mandate auszuhandeln, die ihm ein nach außen (gegenüber den Mandanten) weitgehend frei wirkendes Handeln ermöglicht.Randnummer152

III. Prozessuale NebenentscheidungenRandnummer153

Die Nebenentscheidungen betreffend die Kosten des Verfahrens und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 6, 711 ZPO.Randnummer154

Bezüglich der Streitwertbemessung wird auf den im Verfahren 49 O 4/24 am 10.01.2024 ergangenen Streitwertbeschluss und die dort erfolgte Festsetzung des Streitwerts für die zeitlich befristete Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht auf den halben Verkehrswert der Beteiligung des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers Bezug genommen. Der Verkehrswert der hier streitgegenständlichen Beteiligung beträgt hier wie dort mindestens 100 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes der letzten Jahre, welcher auf 1,8 bis 1,9 Mio. € beziffert wurde. Da hier lediglich im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes zu entscheiden war und etwaige Hauptsache-Entscheidungen voraussichtlich werden folgen müssen, war der Streitwert hier auf (lediglich) ein Drittel des dort festgesetzten Betrags von 900.000 € festzusetzen.

Schlagworte: Eingriff in Ressort, Geschäftsführerposition, Geschäftsführertätigkeit, Organkonflikte, Unterlassungsanspruch, Verhinderung Geschäftsführungsmaßnahmen