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FG Dessau-Roßlau, Urteil vom 15.03.2012 – 3 K 83/10

GmbHG § 35; AO § 122

1. Dass Gesellschafter als solche nicht i. S. d. § 35 GmbHG befugt sind, die GmbH zu vertreten, ergibt sich im Umkehrschluss aus § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG (LG Bonn Beschluss vom 26. Mai 2009 30 T 426/09, NJW-RR 2009, 1342).

2. Aus diesem Grunde ist die GmbH in Ermangelung eines gesetzlichen Vertreters nicht prozessfähig (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2010 II ZR 115/09, NJW-RR 2011, 1159).

3. § 35 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 GmbHG sieht die Abgabe von Willenserklärungen gegenüber der und die Zustellung von Schriftstücken an die durch ihre Gesellschafter vertretene in Ermangelung eines Geschäftsführers oder Liquidators führungslose GmbH vor. Wie § 35 Abs. 2 Satz 2 GmbH zeigt, sind die Gesellschafter dabei einzelvertretungsbefugt (Kleindiek in Lutter/Hummelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, § 35, Rz 45; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 35 Rz 105 a und b). Die namentliche Benennung der gesetzlichen Vertreter ist entbehrlich, solange Zustellungen oder Abgabe schriftlicher Willenserklärungen an die Anschrift der Gesellschaft erfolgen (2.8.1.2 AEAO zu § 122).

4. Die getroffenen Regelungen hingegen treffen gerade aufgrund der wirksamen Bekanntgabe die GmbH als sog. Inhaltsadressatin.

5. Wird das Amt des Geschäftsführers rechtsmissbräuchlich niedergelegt, ist die Amtsniederlegung unwirksam mit der Folge, dass die angefochtenen Bescheide nicht an den Gesellschafter mit Wirkung für und gegen die GmbH hätten wirksam bekanntgegeben werden können. Die Amtsniederlegung durch den Geschäftsführer bedarf angesichts der gebotenen Klarheit der Verhältnisse nicht eines wichtigen Grunds (Uwe H. Schneider in Scholz, GmbH, 10. Aufl. 2007, § 38, RZ 87, mit weiteren Nachweisen). Dies gilt auch im Falle eines einzigen Geschäftsführers (Uwe H. Schneider in Scholz, GmbH, 10. Aufl. 2007, § 38, RZ 87, mit weiteren Nachweisen) und sogar für den Gesellschaftergeschäftsführer (Uwe H. Schneider in Scholz, GmbH, 10. Aufl. 2007, § 38, RZ 87, mit weiteren Nachweisen). Es gilt mithin – a majore ad minus – auch für den Alleingeschäftsführer der zugleich Geschäftsführer einer Gesellschafterin ist. Die Amtsniederlegung kann ohne Rücksicht auf Kündigungsfristen aus dem Anstellungsvertrag erfolgen (Uwe H. Schneider in Scholz, GmbH, 10. Aufl. 2007, § 38, RZ 87, mit weiteren Nachweisen).

6. Voraussetzung eines Rechtsmissbrauchs wäre, dass überwiegende Interessen anderer zurückgestellt werden (OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Düsseldorf
, Beschluss vom 17. Dezember 2010 I-25 Wx 56/10, GWR 2011, 233)

Schlagworte: Amtsniederlegung, Ersatzzustellung, Geschäftsführer, Gesellschafter, gesetzliche Vertretung, Prozessvertreter, Rechtsmissbrauch, Steuerrecht, Vertretungsbefugnis