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FG Düsseldorf, Urteil vom 03. September 2019 – 6 K 3315/17 K,G

§ 5 Abs 1 Nr 9 S 2 KStG 2002, § 3 Nr 6 S 2 GewStG 2002, § 64 AO, §§ 64ff AO, § 14 AO, § 66 Nr 2 AEAO, § 40 Abs 2 FGO, KStG VZ 2012, KStG VZ 2013, GewStG VZ 2012, GewStG VZ 2013

1. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG und § 3 Nr. 6 Satz 2 GewStG i.V.m. §§ 64 bis 68 AO sind (auch) drittschützende Normen. Wird daher ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu Unrecht nicht besteuert, kann dies zu einer Verletzung von Rechten der Mitbewerber führen (vgl. BFH-Rechtsprechung; hier: erfolgreiche Konkurrentenklage).

2. Werden in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen jeweils Gewinne erwirtschaftet, die den konkreten Finanzierungsbedarf der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre der Körperschaft übersteigen, ist widerlegbar von einer zweckbetriebsschädlichen Absicht der Körperschaft auszugehen, den Zweckbetrieb des Erwerbs wegen auszuüben (Anschluss an die Auffassung der Finanzverwaltung; vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2017, 1603 sowie AEAO zu § 66 Nr. 2).

3. Wirkt eine GmbH, die gemeinnützig sein will, eng mit einer gewerblichen Tochtergesellschaft zusammen, um ein komplexes Leistungspaket anzubieten, „färbt“ die Gewerblichkeit der Tochtergesellschaft auf die Mutter „ab“; sie kann allein deshalb nicht gemeinnützig sein.

4. Revision eingelegt (Az. des BFH: XI R 29/19)

Tenor

Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 5.12.2017 wird der Beklagte verpflichtet, die gegenüber der Beigeladenen erlassenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 2012 und 2013 dahingehend zu ändern, dass der Geschäftsbetrieb X als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt wird.

Die Revision wird zugelassen.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Rechtsstreites.

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte aufgrund einer Konkurrentenklage verpflichtet ist, den von der Beigeladenen betriebenen Geschäftsbetrieb X nicht mehr als steuerbefreiten Zweckbetrieb im Sinne des § 65 Abgabenordnung (AO) zu behandeln, sondern den Gewinn aus dem Geschäftsbetrieb X bei der Körperschaftsteuerfestsetzung und der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für 2012 und 2013 zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist ein Dienstleistungsunternehmen und betreibt den Geschäftsbetrieb X.

Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen ist gemäß dem Gesellschaftsvertrag … . Wegen des weiteren Inhaltes der Satzungen wird auf die Vertragsakte des Beklagten Bezug genommen.

Das Stammkapital der Beigeladenen beträgt … €. Alleiniger Gesellschafter ist … . Geschäftsführer der Beigeladenen waren in den Streitjahren K und L.

Die Beigeladene erzielte 2009 einen Jahresüberschuss i.H. von ca. … €, 2010 einen Jahresüberschuss i.H.v. … € bei Umsatzerlösen i.H. von ca. … Euro und 2011 einen Jahresüberschuss i.H.v. … €  bei Umsatzerlösen i.H. von ca. … Euro.

Aus der Bilanz der Beigeladenen zum 31.12.2012 ergibt sich ein Eigenkapital i.H. von ca. … Euro. Aus der Gewinn- und Verlustrechnung für 2012 ergibt sich, dass die erklärten Umsatzerlöse i.H. von ca. … €  i.H. von rund … € auf den Geschäftsbetrieb X und i.H. von … € auf den Geschäftsbetrieb Y entfallen. Der Jahresüberschuss der Beigeladenen betrug … €. Sonstige betriebliche Erträge werden i.H. von ca. … € erklärt, die in Höhe von … € auf Spenden und in Höhe von … € auf Zuschüsse entfallen. Wegen der Einzelheiten der Zuschüsse wird auf die Gewinnermittlung Bezug genommen.

Aus der Bilanz der Beigeladenen zum 31.12.2013 ergibt sich ein Eigenkapital i.H. von ca. … Euro. Die Umsatzerlöse i.H. von ca. … € entfallen i.H. von ca. … € auf den Geschäftsbetrieb X und i.H. von ca. … € auf den Geschäftsbetrieb Y. Sonstige betriebliche Erträge vergleichbar zum Vorjahr erwirtschaftete die Beigeladene i.H. von insgesamt … Euro, wobei rund … Euro auf Zuschüsse und Spenden entfiel. Der Jahresüberschuss der Beigeladenen betrug … €.

Die Beigeladene ist alleinige Gesellschafterin der nicht gemeinnützigen A-GmbH. Gegenstand des Unternehmens der A-GmbH ist … die Erbringung von Dienstleistungen … sowie der Handel mit … . Die A-GmbH erzielte im Jahr 2012 bei Umsatzerlösen i.H. von ca. … Euro einen Jahresüberschuss von … € und im Jahre 2013 bei Umsatzerlösen i.H. von … Euro einen Jahresüberschuss i.H. von … €.

Die Beigeladene ist wegen Förderung des Wohlfahrtswesens im Sinne des § 52 Nr. 9 AO als gemeinnützig anerkannt. Sie erklärte in den Streitjahren Einkünfte aus zwei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, … und … . Bezüglich der von der Beigeladenen betriebenen X-Einrichtung und dem Geschäftsbetrieb Y vertritt die Beigeladene die Auffassung, dass insoweit Zweckbetriebe vorlägen.

Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2012 vom 19.12.2013 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer der Beigeladenen auf … € fest. Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2012 vom 15.05.2017, in dem Ergebnisse einer Betriebsprüfung berücksichtigt wurden, wurde die Körperschaftssteuer der Beigeladenen unter Berücksichtigung eines Gewinns von … € auf … € festgesetzt. In einer Anlage zum Bescheid heißt es: „Die Steuerpflicht erstreckt sich ausschließlich auf den von der Körperschaft unterhaltenen (einheitlichen) steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Im Übrigen ist die Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit, weil sie ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken i.S. der §§ 51 ff. AO dient. Die Körperschaft fördert folgende gemeinnützige Zwecke: Förderung des Wohlfahrtswesens.“

Durch Gewerbesteuermessbetragsbescheid vom 18.12.2013 setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag für 2012 auf … € fest. Durch gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2012 wurde der Gewerbesteuermessbetrag für 2012 auf … € festgesetzt.

Durch den Körperschaftsteuerbescheid für 2013 vom 14.04.2015 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer für die Beigeladene auf … € fest. Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2013 vom 15.05.2017, in dem die Ergebnisse einer Betriebsprüfung berücksichtigt wurden, wurde die Körperschaftsteuer der Beigeladenen unter Berücksichtigung eines Gewinns i.H. von … € auf … € festgesetzt. Die Anlage zum Bescheid enthält den gleichen Hinweis wie die Anlage zum Bescheid für 2012.

Durch Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2013 vom 15.04.2015 wurde der Gewerbesteuermessbetrag auf … € festgesetzt. Durch gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2013 wurde der Gewerbesteuermessbetrag auf … € festgesetzt.

Aus dem Bericht über die Betriebsprüfung bei der Beigeladenen für die Jahre 2011 bis 2013 vom 23.12.2016 ergibt sich u.a., dass die Beigeladene einen Geschäftsbetrieb X und einen zwischenzeitlich eingestellten Geschäftsbetrieb Y betrieb. Mit diesen beiden Betrieben sollte der Zweck der gemeinnützigen Gesellschaft „ … “ verwirklicht werden. …

Die Betriebsprüfung vertrat die Ansicht, dass die Beigeladene einen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO unterhalte. Während des Prüfungszeitraums sei die Beigeladene kein Integrationsprojekt i.S. des § 68 Nr. 3c AO. In der Beigeladenen seien nicht mindesten 40 % der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen i.S. des § 132 Abs. 1 des IX. Sozialgesetzbuches (SGB). Die Beigeladene sei als gemeinnützig anzusehen. Die Voraussetzungen des § 65 AO seien erfüllt. Der Geschäftsbetrieb X und Geschäftsbetrieb Y seien wirtschaftliche Geschäftsbetriebe i.S. des § 14 Satz 1 AO. Sie dienten „in ihrer Gesamtausrichtung mit den ihnen begründenden Tätigkeiten“ der Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke. … Der Satzungszweck könne nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden. Die Beigeladene sei zur Erreichung ihres Satzungszwecks darauf angewiesen, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Echtbetrieb) zu unterhalten, um ihre steuerbegünstigten Zwecke zu erreichen. … Die Beigeladene trete mit ihrem Geschäftsbetrieb X und mit dem Geschäftsbetrieb Y nicht über das unvermeidbare Maß hinaus „in Wettbewerb“. Um ihren steuerlich begünstigten Zweck erfüllen zu können, müsse die Beigeladene Leistungen am Markt anbieten, an Ausschreibungen teilnehmen, einen Internetauftritt unterhalten etc. Jedoch betreibe das Unternehmen keine intensiven Werbemaßnahmen. …

Mit Schreiben vom 13.12.2016 beantragte die Klägerin, dass die Körperschaftsteuerbescheide der Beigeladenen für 2012 bis 2014 und die Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes für die Jahre 2012 bis 2014 insoweit geändert werden, dass die Leistungen des Geschäftsbetriebs X als steuerpflichtig wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt werden. Soweit ein Änderungsantrag unzulässig ist, erhob die Klägerin Einspruch gegen die betreffenden, durch einen Änderungsantrag nicht mehr änderbaren Bescheide.

Der Beklagte lehnte die Änderungsanträge der Klägerin ab, worauf diese am 03.02.2017 Einsprüche einlegte.

Mit Schreiben vom 14.02.2017 wurde die Beigeladene gemäß § 160 Abs. 3 AO zu beiden Einspruchsverfahren hinzugezogen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 05.12.2017 wurden die Einsprüche bezüglich der Körperschaftsteuer 2012 und 2013 und der Gewerbesteuermessbeträge 2012 und 2013 als unbegründet zurückgewiesen.

In der Einspruchsentscheidung wird u.a. ausgeführt, dass die Beigeladene sich zur Wahrnehmung der Geschäftstätigkeit des Geschäftsbetriebs X teilweise ihrer Tochtergesellschaften, der steuerpflichtigen A-GmbH … bedient habe. Die steuerpflichtige A-GmbH erziele keine Umsätze aus … (Dienstleistungen, die die Beigeladenen anbietet). Vielmehr liege ihre Tätigkeit in … .

Die Beigeladene unterhalte einen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO. Unstreitig sei, dass die Beigeladene kein Integrationsprojekt i.S. des § 68 Nr. 3c AO sei. Es seien nicht mindestens 40 % der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen i.S. des § 132 Abs. 1 SGB IX. Die Beigeladene sei als gemeinnützig anzuerkennen, weil sie einen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO unterhalte. Die Voraussetzungen des § 65 Nr. 1 AO seien erfüllt. …

… . Bei dem Geschäftsbetrieb X handele es sich um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S. des § 14 Satz 1 AO. Er diene in seiner Gesamtrichtung mit den ihn begründenden Tätigkeiten der Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke.

Auch die Voraussetzung des § 65 Nr. 2 AO sei erfüllt. … Die Beigeladene sei damit zur Verwirklichung ihrer satzungsmäßigen Zwecke geradezu darauf angewiesen, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu unterhalten, um derart – im Echtbetrieb – ihre steuerbegünstigten Zwecke zu erreichen. Die Gesamtzahl der Mitarbeiter auf Teilnahmeplätzen habe im Jahr 2008 bei …, 2009 bei …, 2010 bei …, 2011 bei …, 2012 bei … und 2013 bei … Personen gelegen. Der überwiegende Teil der Mitarbeiter habe erfolgreich in den ersten Arbeitsmarkt eingegliedert werden können.

Auch die Voraussetzung des § 65 Nr. 3 AO sei gegeben. Die Beigeladene trete mit anderen … betrieben (Geschäftsbetrieben wie Geschäftsbetrieb X) nicht über das unvermeidbare Maß hinaus in den Wettbewerb. Der Wettbewerb mit anderen – steuerpflichtigen – Betrieben, vorliegend mit der Klägerin, die vergleichbare Leistungen ausführe oder möglicherweise hätte ausführen wollen, sei für die Beigeladene unvermeidbar, wenn sie ihren steuerbegünstigten Zweck erfüllen wolle. Die Beigeladene müsse vorliegend die Leistungen am Markt anbieten und entsprechende Aufträge übernehmen, um ihren Mitarbeitern eine sinnvolle Arbeitstherapie anbieten zu können. Ohne die Ausführung der am Markt erhaltenen Aufträge könne es der Beigeladene nicht gelingen, ihre Mitarbeiter auf ein reguläres Arbeitsleben vorzubereiten und schließlich zu (re)integrieren. Die Leistungen an die Auftraggeber seien Ergebnis und Folge der durch die Beigeladene durchgeführten … Maßnahmen und somit notwendige Folge der Erfüllung des von der Beigeladenen verfolgten gemeinnützigen Zwecks.

Die Klägerin hat am 21.12.2015 Klage erhoben.

Durch Beschluss vom 16.07.2018 wurde die Beigeladene gemäß § 60 Abs. 3 FGO zum Klageverfahren notwendig beigeladen.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin u.a. vor:

Sie sei ein … Unternehmen, welches sich auf das Angebot Geschäftstätigkeit X spezialisiert habe. Das Unternehmen erbringe seine Leistungen an Kunden in einem Umkreis von … Kilometern. Die Beigeladene habe in den Jahren 2012 und 2013 gemeinsam mit der A-GmbH Leistungen „Geschäftstätigkeit X“ angeboten, wobei die Beigeladene die „Leistungskomponente A“ übernommen und A-GmbH die übrigen Leistungskomponenten … .

Die Beigeladene weise in den Streitjahren eine höhere Nettoumsatzrendite (Jahresgewinn/Umsatz) als die Klägerin aus. Die Nettoumsatzrendite der Beigeladenen betrage 2012  …, während die Umsatznettorendite der Kläger … % betrage und im Jahr 2013 betrage die Nettoumsatzrendite der Beigeladenen … und der Klägerin … %. Es sei daher damit zu rechnen, dass die Klägerin in dem von der Beigeladene selbst zutreffend festgestellten Verdrängungswettbewerb unterliegen werde. Vor diesem Hintergrund sei die steuerliche Begünstigung der Beigeladenen für die Klägerin als mittelfristig existenzgefährdend anzusehen. Das werde auch durch die Erfahrung der Klägerin in Vergabeverfahren bestätigt, in denen sie Kunden an die Beigeladene verliere.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie einen Anspruch auf Änderung der gegenüber der Beigeladenen ergangenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2012 und 2013, soweit diese auf einer unzutreffenden ertragsteuerlichen Beurteilung der von der Beigeladenen erbrachten Geschäftstätigkeit X beruhten, habe und sie durch diese Bescheide in ihrem Recht auf Teilhabe an einem steuerlich nicht zu ihrem Nachteil verfälschten Wettbewerb verletzt werde.

Die Beigeladene erbringe ihre Leistungen entgegen der Beurteilung des Beklagten nicht im Rahmen eines Zweckbetriebs i.S.d. § 65 AO. Die Beigeladene und die A-GmbH seien in den Streitjahren als sogenannte Bietergemeinschaft aufgetreten, die arbeitsteilig ein gemeinsames Leistungspaket „…“ angeboten hätten. Für den Kunden komme es nicht darauf an, welches von beiden Unternehmen die einzelnen Teilleistungen erbringe. Er kaufe sich die Leistungen „…“ bei beiden Unternehmen gemeinsam ein. Solche Bietergemeinschaften seien als Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zu qualifizieren. Die Leistungen der … seien nicht im Rahmen eines Zweckbetriebs der Beigeladenen erbracht worden. Vielmehr erbringe die Beigeladene diese Leistungen in der mit der steuerpflichtigen A-GmbH bestehenden GbR.

Entgegen den in der Einspruchsentscheidung des Beklagten dargelegten Ausführungen seien die Zweckbetriebsvoraussetzungen des § 65 AO bei der Beigeladenen nicht erfüllt.

Die Geschäftstätigkeit müsse nach § 65 Nr. 1 AO in ihrer Gesamtheit ausschließlich durch den steuerbegünstigten Zweck der Beigeladene bestimmt sein. Zweck der Beigeladenen sei laut Gesellschaftsvertrag … . Unternehmensgegenstand sei … Die Angebote richteten sich insbesondere an … . Der von der Beigeladenen betriebene Geschäftsbetrieb X sei jedoch nicht ausschließlich durch diese gemeinnützigen Zwecke bestimmt, sondern gehe in seiner Gesamtrichtung deutlich darüber hinaus. Er sei – wie die Ausführungen der Beigeladenen in ihren Jahresabschlüssen sowie die erzielten Gewinne – deutlich zeigten, auf die Steigerung der Erträge und eine möglichst hohe Effizienz ausgelegt. … Die Ausrichtung des Geschäftsbetriebs X auf eine höhere Effizienz und die Beendigung des defizitären Bereichs Geschäftsbetrieb Y belegten, dass die tatsächliche Geschäftsführung der Gesellschaft im Ganzen auf eine Maximierung von Gewinn/Rendite gerichtet gewesen sei. Die Personalaufwandsquote der Beigeladenen sei auffallend niedrig. Die Beigeladene zahle in den Streitjahren lediglich ein Drittel ihres Umsatzes für Löhne und Nebenkosten. Diese Quote sei bei anderen Unternehmen der Branche, wie auch bei der Klägerin, höher. So habe die Personalaufwandsquote der Klägerin in den Streitjahren durchschnittlich bei knapp … % gelegen.

Die Beigeladene trete zu nicht begünstigten X-Geschäftsbetrieben in einem Umfang in Wettbewerb, der über das bei Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbare Maß deutlich hinausgehe. Die von der Beigeladenen erzielten Gewinne zeigten, dass sie ihre satzungsmäßigen Zwecke auch ohne die für einen Zweckbetrieb geltenden steuerlichen Vorteile erfüllen könnte. Die sich aus der steuerlichen Anerkennung eines Zweckbetriebs ergebende Beeinträchtigung des Wettbewerbs sei daher vermeidbar. Unabhängig davon seien die Voraussetzungen des § 65 Nr. 3 AO für die Zweckbetriebseigenschaft einer wirtschaftlichen Betätigung einer Beschäftigungsgesellschaft nur erfüllt, soweit als Ausfluss der beruflichen Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen Waren hergestellt und veräußert oder Dienstleistungen gegenüber Dritten gegen Entgelt erbracht würden. Dagegen werde ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet, wenn die Herstellung und Veräußerung von Waren oder die entgeltlichen Dienstleistungen den Umfang überschritten, der zur Erfüllung der beruflichen Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen notwendig sei. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb einer Beschäftigungsgesellschaft begründe nur dann einen Zweckbetrieb, wenn die gegenüber den Auftraggebern erbrachten Leistungen das ausschließliche Ergebnis der Arbeitstherapie und damit notwendigen Folge der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks seien (BFH-Urteil vom 26.04.1995, BStBl II 1995, 767). Der Schutz eines unverfälschten Wettbewerbs gebiete auch, dass die am Markt im Wettbewerb zu steuerpflichtigen Anbietern auftretende Körperschaft zu einem zurückhaltenden Auftreten verpflichtet sei (FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.02.2002  II 374/98, EFG 2002, 739). Folge der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung sei nicht nur, dass der in Frage stehende Geschäftsbetrieb dem Grunde nach ein notwendiges Mittel sein müsse, den ideellen Zweck der Körperschaft zu erreichen. Vielmehr müsse sich der Geschäftsbetrieb nach der Rechtsprechung des BFH auch in seinem Umfang, das heiße in quantitativer Hinsicht auf eine Marktteilnahme beschränken, die zu Erreichung ihrer satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke erforderlich sei (BFH-Urteil vom 13.06.2012 I R 71/11). Die Beigeladene überschreite mit ihrem Geschäftsbetrieb X die zur Erfüllung der von ihr durchgeführten beruflichen Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen für die Anerkennung eines Zweckbetriebs zu beachtenden Grenzen.

Die Beigeladene betreibe eine Geschäftstätigkeit, bei der ein Großteil des Umsatzes durch die technischen Einrichtungen, wie z. B. die in der Regel weitgehend automatisierten „Maschinen“ generiert werde. Dies zeige auch die Personalaufwandquote von lediglich einem Drittel der Umsätze. Der Geschäftsbetrieb X generiere damit einen sehr hohen Umsatz, der nur zu einem kleinen Teil von der zu fördernden Personengruppe erwirtschaftet werde. Die wirtschaftliche Betätigung der Beigeladenen sei stark durch die Absicht der Erzielung möglichst hoher Gewinne geprägt. Die strategische Planung der Geschäftsführung sei nicht auf den Ausbau von Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen und die Schaffung weiterer Beschäftigungsmöglichkeiten für den zu qualifizierenden Personenkreis gerichtet, sondern habe allein die Erzielung höherer Gewinne im Auge. Die von der Beigeladenen erhobenen Entgelte orientierten sich nicht am Prinzip der Kostendeckung, sondern der Gewinnerzielung. Auch der Gesamtumfang des Geschäftsbetriebs X mit … Beschäftigten im Jahr 2012 und … Personen in 2013 stehe der Anerkennung als Zweckbetrieb entgegen.

Entgegen der Annahme des Beklagten sei die Vereinnahmung von Zuschüssen Teil des von der Beigeladenen verfolgten Geschäftsmodells. Die Zuschüsse seien daher bei der Ermittlung des Ergebnisses des Geschäftsbetriebs X wie auch andere Betriebseinnahmen zu berücksichtigen. Die Beigeladene erziele dauerhaft Überschüsse im Geschäftsbetrieb X. Nach eigenem Vortrag der Beigeladenen überstiegen die erhaltenen Personalkostenzuschüsse bereits erheblich die von ihr behaupteten Mehrkosten für die Sozialarbeiter.

Soweit der Beklagte die Behauptung der Beigeladenen wiedergebe, die Leistungen der Beigeladenen wären auch einzeln erhältlich gewesen, werde dies ausdrücklich bestritten.

Die Klägerin beantragt,

1.) unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 5.12.2017 den Beklagten zu verurteilen, die gegenüber der Beigeladenen erlassenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 2012 und 2013 dahingehend zu ändern, dass der Geschäftsbetrieb X als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt wird,

2.) hilfsweise, die Revision zuzulassen,

3.) die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Zur Begründung seines Antrags beruft sich der Beklagte auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor: Die Beigeladene erziele aus dem Zweckbetrieb „Geschäftsbetrieb X“ in den Jahren 2011 bis 2014 keine Gewinne. Sie erziele insoweit auch keine „Nettoumsatzrendite“, höchstens eine negative Nettoumsatzrendite, sofern man die Spenden und Zuschüsse außen vorlasse. Denn in dem Gewinn der Beigeladenen für 2012 i.H. von … € seien Zuschüsse und Spenden i.H. von … € enthalten, so dass ohne Zuschüsse und Spenden ein Verlust i.H. von … € erzielt worden wäre. Für 2013 betrage der Gewinn … €, in dem Zuschüsse und Spenden i.H. von … € enthalten seien, so dass der Verlust ohne Zuschüsse und Spenden … € betrage. Wegen der Einzelheiten der Zuschüsse und Spenden wird auf Blatt … der FG-Akte Bezug genommen.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Antrags beruft sie sich darauf, dass sie einen Zweckbetrieb i. S. des § 65 AO unterhalte und mit anderen Geschäftsbetrieben derselben Art nicht über das zur Erreichung ihrer satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbares Maß hinaus in Wettbewerb trete.

… Das Vorbringen der Klägerin, dass sie am Markt immer gemeinsam mit der A-GmbH auftrete und die Leistung … immer gemeinsam anbiete, werde bestritten. … Ihre jeweilige Leistungserbringung rechneten die Beigeladene und die A-GmbH jeweils getrennt voneinander ihren jeweiligen Kunden gegenüber ab.

Die Klägerin und die Beigeladene begegneten sich sehr häufig in Vergabeverfahren oder im Wettbewerb bei potenziellen Kunden. In weitaus mehr Fällen als den von der Klägerin vorgetragenen, habe die Klägerin gegenüber der Beigeladenen obsiegt.

Die Beigeladene gehe davon aus, dass die schlechteren Kennziffern, wie beispielsweise die Nettoumsatzrendite, in entscheidender Weise darauf beruhten, dass die Klägerin regelmäßig weitaus höhere Vergütungen für die Geschäftsführung leiste als die Beigeladene. Außerdem seien die in 2013 angefallenen Personalkosten der Beigeladenen im Verhältnis zum Umsatz höher (… %) als die der Klägerin … %). In 2012 hätten diese bei … % (Beigeladene) und … % (Klägerin) gelegen. Unter Berücksichtigung der jeweils beschäftigten Mitarbeiter ergebe sich für die Beigeladene ein Umsatz je Mitarbeiter i.H. von … € in 2012 und … € in 2013. Bei der Klägerin betrage dieser Umsatz in den Streitjahren dagegen … € in 2012 und … € in 2013. Daraus ergebe sich, dass die Klägerin im Unterschied zur Beigeladenen ihre Mitarbeiter sehr viel effizienter einzusetzen verstehe. Dies läge nicht zuletzt daran, dass die Beigeladene in den Streitjahren  … Sozialarbeiter beschäftigt habe, die sich darum kümmerten, dass die behinderten Arbeitnehmer in die Arbeitsabläufe integriert werden konnten. Die jährlichen Aufwendungen für diese Sozialarbeiter und deren Arbeitsplätze beliefen sich auf rund … € für 2013 und … € für 2014.

Aufgrund der Aufforderung des Gerichts, darzulegen, in welcher Höhe in den Streitjahren die Zuschüsse ohne Spenden auf den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „X“ entfielen, teilte die Beigeladene mit, dass in 2012 auf den Geschäftsbetrieb „X“ Personalkostenzuschüsse i.H. von … € und 2013 i.H. von … € entfielen.

Die Beigeladene weist darauf hin, dass das Verhältnis zwischen ihr und der A-GmbH dadurch geprägt sei, dass die Arbeitsleistungen „Teildienstleistung A“ auf der einen Seite und „Teildienstleistung B“ auf der anderen Seite streng voneinander getrennt seien. …

Ferner überreicht die Beigeladene auf Anforderung 5 Beispiele für die jeweils getrennte Rechnungsstellung der Beigeladenen und der A-GmbH gegenüber jeweils denselben Kunden sowie die mit diesen Kunden abgeschlossenen Verträge, auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Bestimmt – wie im Streitfall – das Gesetz nichts anderes, ist gemäß § 40 Abs. 2 FGO eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, er sei durch den angefochtenen Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des begehrten Verwaltungsaktes oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt.

Wird ein Steuerpflichtiger rechtswidrig nicht oder zu niedrig besteuert, werden dadurch in der Regel Rechte eines an dem betreffenden Steuerschuldverhältnis nicht beteiligten Dritten nicht verletzt. Anders ist es nach der Rechtsprechung des BFH aber, wenn die Nichtbesteuerung oder zu niedrige Besteuerung gegen eine Norm verstößt, die nicht ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere im öffentlichen Interesse an der gesetzmäßigen Steuererhebung und Sicherung des Steueraufkommens, erlassen wurde, sondern – zumindest auch – dem Schutz der Interessen einzelner an dem betreffenden Steuerschuldverhältnis nicht beteiligter Dritter zu dienen bestimmt ist. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG und § 3 Nr. 6 Satz 2 GewStG i.V.m. §§ 64 bis 68 AO sind nach der Rechtsprechung des BFH (auch) drittschützende Normen. Wird daher ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu Unrecht nicht besteuert, kann dies zu einer Verletzung von Rechten der Mitbewerber führen (BFH-Beschluss vom 18.9.2007 I R 30/06, BStBl II 2009, 126).

Die Klägerin hat substantiiert geltend gemacht, dass die Nichtbesteuerung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „X“ der Beigeladenen ihr Recht beeinträchtige, an einem steuerrechtlich nicht zu ihrem Nachteil verfälschten Wettbewerb teilzunehmen.

Die Klage ist auch begründet.

Der Beklagte ist verpflichtet, die gegenüber der Beigeladenen erlassenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 2012 und 2013 dahingehend zu ändern, dass der Geschäftsbetrieb X als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt wird. Denn die Klägerin unterhielt durch das Betreiben des Geschäftsbetriebs X einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Die erheblichen Zweifel daran, dass sie das Gewerbe nicht der Gewinne wegen ausübt, hat sie nicht widerlegt.

1. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind u.a. Körperschaften von der Körperschaftsteuer befreit, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Beigeladene, dadurch dass sie … angeboten hat, in den Streitjahren Zwecke verfolgte, die zu Recht als gemeinnützig anerkannt wurden. Bezüglich des Geschäftsbetrieb X unterhielt die Beigeladene aber einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist gemäß § 14 AO eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Der Betrieb einer X-Einrichtung ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.

2. Ein Zweckbetrieb im Sinne der §§ 65 bis 68 AO, bei dessen Vorliegen die Steuerermäßigung trotz eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erhalten bleibt (§ 64 Abs. 1 AO), liegt im Streitfall – entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen – nicht vor.

2.1 Bei dem Betrieb der Beigeladenen handelt es sich nicht um einen Betrieb der Wohlfahrtspflege i.S. des § 66 AO und damit nicht um einen gesetzlich besonders geregelten Zweckbetrieb. Nach dieser Vorschrift ist eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege ein Zweckbetrieb, wenn sie in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen dient. Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen (§ 66 Abs. 2 Satz 1 AO). Zu den in § 53 AO genannten Personen gehören Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Nach § 66 Abs. 3 Satz 1 AO dient eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen, wenn diesen mindestens zwei Drittel ihrer Leistungen zugutekommen. Im Streitfall liegen keine Feststellungen dazu vor, ob die Leistungen der Beigeladenen mindestens zu 2/3 den in § 53 Nr.2 AO genannten Personen zugutekommen (BFH-Urteil vom 26.4.1995 I R 35/93, BStBl II 1995, 767).

Die Beteiligten gehen auch übereinstimmend zu Recht davon aus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 68 Nr. 3 AO nicht erfüllt sind.

2.2 Bei dem Betrieb der Beigeladenen handelt es sich auch nicht um einen Zweckbetrieb im Sinne des § 65 AO.

2.2.1 Auch wenn im Streitfall die Anforderungen der spezielleren Regelungen des § 66 AO und § 68 Nr. 3 AO nicht vorliegen, schließt dies nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht aus, dass die Beigeladene mit ihrem Geschäftsbetrieb X einen Zweckbetrieb nach den allgemeinen Merkmalen des § 65 AO unterhalten könnte (BFH-Urteil vom 21.9.2016 V R 50/15, BStBl II 2017, 1173).

Der Zweckbetrieb nach § 65 AO setzt voraus, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt werden (vgl. BFH-Urteile vom 9.4.1987 V R 150/78, BStBl II 1987, 659; vom 23.7.2009 V R 93/07, BStBl II 2015, 735). Die Feststellungslast für die Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass sie die Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt sind, trägt die Körperschaft, die eine Steuerbefreiung wegen Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke begehrt (BFH-Beschluss vom 28.10.2004 I B 95/04, BFH/NV 2005, 160; BFH-Urteil vom 23.2.2017 V R 51/15, BFH/NV 2017, 882).

2.2.2 Eine Tätigkeit dient nach der Rechtsprechung des BFH in ihrer Gesamtrichtung nur dann den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken, wenn durch die Förderung der in der Satzung der Körperschaft dienenden Zwecke zwar Einnahmen erzielt werden, sich das erhobene Entgelt aber an dem Prinzip der Kostendeckung orientiert. Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BFH nicht erfüllt, wenn ein Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege im Wesentlichen um des Erwerbs Willen anstatt zum Wohle der Allgemeinheit tätig wird (BFH-Urteil vom 21.9.2016 V R 50/15, BStBl II 2017, 1173).

Der Senat hat erhebliche Zweifel, die von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung nicht ausgeräumt werden konnten, daran, dass der Geschäftsbetrieb X in den Streitjahren überwiegend den von der Beigeladenen unstreitig verfolgten gemeinnützigen Zwecken diente, denn gewichtige Indizien sprechen dafür, dass der Geschäftsbetrieb X auch und zwar in erheblichem Umfang und damit im Wesentlichen der Gewinnerzielung diente.

Die Finanzverwaltung ist zu Recht der Auffassung, dass, wenn in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen jeweils Gewinne erwirtschaftet werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf der Körperschaft übersteigen, widerlegbar von einer zweckbetriebsschädlichen Absicht der Körperschaft auszugehen sei, den Zweckbetrieb des Erwerbs wegen auszuüben. Der konkrete Finanzierungsbedarf umfasst die Erträge, die für den Betrieb und die Fortführung der Einrichtung(en) der Wohlfahrtspflege notwendig sind und beinhaltet auch die zulässige Rücklagenbildung (BMF-Schreiben vom 6.12.2017 IV C 4-S 0185/14/10002:001, BStBl I 2017, 1603; AEAO zu § 66 Nr. 2). Wenn in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen jeweils Gewinne erwirtschaftet werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf der Körperschaft erheblich übersteigen, und die Körperschaft keine Maßnahmen unternimmt, sich nachhaltig am Prinzip der Kostendeckung zu orientieren, ist dies nach Auffassung des Senates ein gewichtiges Indiz dafür, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der Gewinnerzielung dient.

Die Beigeladene hat in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen vor den Streitjahren und in den Streitjahren jeweils Gewinne erwirtschaftet, die ihren konkreten Finanzierungsbedarf weit überstiegen, wie sich aus den Jahresüberschüssen und vor allem auch aus den Eigenkapitalbeständen der Streitjahre ergibt. So erzielte sie bereits im Jahr 2009 einen Jahresüberschuss von ca. … €, 2010 einen Jahresüberschuss i.H.v. … € und 2011 einen Jahresüberschuss i.H.v. … €. Das Eigenkapital betrug zum 31.12.2010 ca. … € und zum 31.12.2011 ca. … €. Im Streitjahr 2012 erzielte die Beigeladene bei Umsatzerlösen „Geschäftsbetrieb X“ von ca. … € einen Jahresüberschuss in Höhe von ca. … €. Das Eigenkapital betrug zum 31.12.2012 ca. … €. Im Streitjahr 2013 erzielte sie bei Umsatzerlösen „Geschäftsbetrieb X“ von ca. … € einen Jahresüberschuss in Höhe von ca. … €. Das Eigenkapital betrug zum 31.12.2013 ca. … €.

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die Beigeladene Jahresüberschüsse in dieser Größenordnung zur Finanzierung ihrer eigenen gemeinnützigen Tätigkeit benötigte. Zwar hat der Geschäftsführer der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung behauptet, dass die hohen Jahresüberschüsse der Beigeladenen notwendig seien, das Geschäftsmodell der Beigeladenen durchzuführen, da auf die Finanzierung durch die öffentliche Hand kein Verlass sei und ein Geschäftsbetrieb X, wie … von der Beigeladenen betriebene, nur mit einem hohen finanziellen Aufwand zu betreiben sei und deshalb die hohen Jahresüberschüsse Voraussetzung seien, um die Maßnahme-Arbeitsplätze auf Dauer zu erhalten. Neben der absoluten Höhe der Jahresüberschüsse und der Gewinnrücklagen spricht aber gegen die Annahme, dass die hohen Jahresüberschüsse erforderlich waren, um den konkreten Finanzierungsbedarf der Beigeladenen bezüglich ihrer gemeinnützigen Tätigkeit abzudecken, auch, dass die Beigeladene über erhebliche finanzielle Mittel verfügte, die sie für die gewerbliche Tätigkeit ihrer Tochtergesellschaft einsetzen konnte.

Soweit der Beklagte der Auffassung ist, dass die Beigeladene aus dem Zweckbetrieb „X“ in den Jahren 2011 bis 2014 keine Gewinne erzielte, weil in dem Gewinn der Beigeladenen für 2012 i.H. von … € Zuschüsse und Spenden i.H. von … € enthalten seien, so dass ohne Zuschüsse und Spenden ein Verlust i.H. von … € erzielt worden wäre, und für 2013 der Gewinn … € betrage, in dem Zuschüsse und Spenden i.H. von … € enthalten seien, so dass der Verlust ohne Zuschüsse und Spenden … € betrage, übersieht er, dass die Zuschüsse Betriebseinnahmen sind. Im Übrigen hat die Beigeladene mitgeteilt, dass in 2012 auf den Geschäftsbetrieb X Personalkostenzuschüsse i.H. von … € und 2013 i.H. von … € entfielen.

2.2.3 Folgende Indizien begründen nach Auffassung des Senates weitere Zweifel daran, dass der Geschäftsbetrieb X überwiegend durch die gemeinnützigen Zwecke der Beigeladenen bestimmt wurde:

Wie die Ausführungen der Beigeladenen in den Lageberichten zu ihren Jahresabschlüssen zeigen, ist der Geschäftsbetrieb X auf weiteres Umsatzwachstum, die Steigerung der Erträge und eine möglichst hohe Effizienz ausgelegt. … Ein weiteres Indiz ist, dass die Beigeladene und die gewerbliche A-GmbH gemeinsam am Markt auftreten, um den Kunden, wie es in den Lageberichten heißt, … Pakete anzubieten, aber nur die Beigeladene erhebliche Jahresüberschüsse erzielt, … .

Zudem führt das enge Zusammenwirken einer GmbH, die gemeinnützig sein will, mit einer gewerblichen Tochtergesellschaft, um ein komplexes Leistungspaket anzubieten, nach Auffassung des Senates bereits dazu, dass die Gewerblichkeit der Tochtergesellschaft auf die Mutter „abfärbt“ und diese allein deshalb nicht gemeinnützig sein kann. Entgegen der Ansicht der Klägerin erbringt die Beigeladene ihre Leistungen nicht in einer mit A-GmbH bestehenden GbR. Aus den von der Beigeladenen eingereichten Verträgen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene und die A-GmbH in den Streitjahren nicht als rechtlich eigenständige Vertragspartner der Kunden auftraten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und 3 FGO.

Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, da die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert.

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Schlagworte: gemeinnützige Gesellschaft, gemeinnütziger Verein, Mittelvervendungsgebot, Selbstlosigkeit, Verfolgung ideeller oder gemeinnütziger Zwecke