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FG Hessen, Urteil vom 18.10.2012 – 8 K 1694/09

GewStG § 2, KStG § 14

1. Ist eine Kapitalgesellschaft in ein anderes inländisches gewerbliches Unternehmen in der Weise eingegliedert, dass die Voraussetzungen des § 14 Nr. 1 bis 3 des KStG erfüllt sind, so gilt sie als Betriebsstätte des anderen Unternehmens.

2. Der BGH hat seine Rechtsprechung, wonach der Erwerb der Anteile an einer Vorratsgesellschaft einer Neugründung gleichzusetzen ist, ausdrücklich damit begründet, dass „die mit der wirtschaftlichen Neugründung verbundenen Probleme eines wirksamen Gläubigerschutzes sowohl im Anschluss an eine Vorratsgründung als auch im Zusammenhang mit der „Wiederbelebung“ eines leeren Mantels durch Ausstattung mit einem (neuen) Unternehmen bestehen: In beiden Fällen besteht die Gefahr einer Umgehung der Gründungsvorschriften mit der Folge, dass die gesetzliche und gesellschaftsvertragliche Kapitalausstattung bei Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht gewährleistet ist“ (BGH-Beschluss vom 07.07.2003 II ZB 4/02, BGHZ 155, 318). Allein aus Gründen des Gläubigerschutzes wurden daher die der Gewährleistung der Kapitalausstattung dienenden handelsrechtlichen Gründungsvorschriften des GmbHG einschließlich der registergerichtlichen Kontrolle analog auf den Erwerb von Anteilen an einer Vorratsgesellschaft angewendet (BGH-Beschluss vom 09.12.2002 II ZB 12/02, BGHZ 153, 158).

3. Diese den wirksamen Gläubigerschutz gewährende zivilgerichtliche Rechtsentwicklung seitens des BGH berücksichtigt nicht die spezifisch steuerrechtliche Zielsetzung und kann daher ihre Anwendung auf steuerrechtliche Vorschriften grundsätzlich nicht rechtfertigen (so im Ergebnis auch Dötsch in Dötsch/ Jost/ Pung/ Witt, Die Körperschaftsteuer, § 14 Tz. 150a; Frotscher, in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG 8/2011, Rz. 274; Müller in Mössner/ Seeger, Körperschaftsteuer, 55. Erg.Lfg. 2012, Rn. 273). Steuerrechtlich ist im Streitfall zu beurteilen, welchem Steuersubjekt der Gewerbeertrag zuzurechnen ist.

4. Außerdem soll der Zweck des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG mit dem Erfordernis der ununterbrochenen Beteiligung von Beginn des Wirtschaftsjahres an sicherstellen, dass nur solche Gewinne an den Organträger abgeführt werden, die während der Zeit erwirtschaftet wurden, in welcher er Einfluss auf die Organgesellschaften nehmen kann. Auch wenn im Fall einer Vorratsgesellschaft in der Regel bis zum Erwerb der Anteile durch eine andere Gesellschaft keine eigentliche Geschäftstätigkeit stattfindet, sondern nur Kapitalerträge aus der Anlage des eingezahlten Gesellschaftskapitals erzielt werden, ist doch offensichtlich, dass ein – wenn auch nur geringer – Teil des Gewerbeertrages nicht dem Organträger zugerechnet werden kann.

5. Dieser Beurteilung des erkennenden Senats entspricht es, dass der BFH in seinem Beschluss vom 12.10.2010 (I B 82/10, BFH/NV 2011, 69) nicht auf die in der Vorinstanz (Finanzgericht München, Beschluss vom 18.05.2010 6 V 2905/09, EFG 2010, 1818) erörterte Frage eingegangen ist, ob die Anwendung der vorgenannten BGH-Rechtsprechung zu Vorratsgesellschaften den Tatbestand des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG ausschließen könne (vgl. auch Löffler/Hansen, Anm., DStR 2011, 558, 559 unter 4.2). Daraus wird auch nach Auffassung des erkennenden Senats zu Recht gefolgert, dass der BFH offensichtlich eine Übertragung der Rechtsprechung des BGH zu Vorratsgesellschaften auf das Steuerrecht ablehnt (so Lange/Schenkelberg, BB-Rechtsprechungsreport KSt 2011, BB 2012, 1638).

Schlagworte: finanzielle Eingliederung, Mantelgesellschaft, Mantelverwendung und Vorratsgründung, Organgesellschaft, Organschaft, Organträger, Steuerrecht, Vorratsgesellschaften, Vorratsgründung, wirtschaftliche Neugründung