Genossenschaft Geschäftsanteile
AktG §§ 62, 264, 271, 272; GenG §§ 22, 90, 91; BGB §§ 134, 138, 195, 812
1. Die §§ 90, 91 GenG sind vergleichbar mit §§ 271, 272 AktG. Nach § 271 Abs. 1 und 2 AktG ist das nach Berichtigung der Verbindlichkeiten verbleibende Vermögen nach den Anteilen am Grundkapital zu verteilen. Der durch eine fehlerhafte Vermögensverteilung benachteiligte Aktionär hat dieselbe rechtliche Stellung wie andere Gläubiger, die wegen Verstoßes gegen §§ 271, 272 AktG leer ausgegangen sind, denn § 264 Abs. 1 AktG bezweckt den Schutz der Gesellschaftsgläubiger und der Aktionäre gleichermaßen (MünchKommAktG/Hüffer, 2. Aufl., § 264 Rn. 2). Die fehlerhafte Verteilung ist Verletzung des Gläubigerrechts des Aktionärs und löst daher dieselben Rechtsfolgen aus, wie die Verletzung der Rechte anderer Gläubiger (Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 271 Rn. 8). Die Aktiengesellschaft hat in diesen Fällen gegen den begünstigten Aktionär einen Rückgewähranspruch nach §§ 62 Abs. 1, 264 Abs. 3 AktG, der seit 15.12.2004 in 10 Jahren nach Empfang der Leistung verjährt; davor betrug die Verjährungsfrist 5 Jahre.
2. Verstöße gegen §§ 271, 272 AktG bewirken grundsätzlich keine Nichtigkeit der Verteilungsgeschäfte; ihre dingliche Rechtswirkung tritt trotz der Verbotsverletzung ein. Etwas streitig war bisher allerdings, ob neben dem gesellschaftsrechtlichen Anspruch nach § 62 Abs. 1 AktG ein Rückübertragungsanspruch nach § 812 BGB besteht und ob ein Verstoß überhaupt zur Nichtigkeit des Grundgeschäfts nach § 134 BGB führt. Die ganz überwiegende Meinung sieht in §§ 62 Abs. 1, 264 Abs. 3 AktG aber eine die Bereicherungsvorschriften verdrängende Sonderregelung (MünchKommAktG/Hüffer, 2. Aufl., § 272 Rd 29, 31; Henze in GroßKommAktG, 4. Aufl., § 62 Rn. 11, 40, 59 m. w. N.; a. A. K. Schmidt ZIP 1981, 1, 6). Dasselbe soll damit auch für die Verjährungsregelung in § 62 Abs. 3 im Verhältnis zu § 195 BGB gelten (Henze, a. a. O.). Eine Anspruchskonkurrenz sei nur denkbar, wenn das Grundgeschäft gegen § 138 BGB verstoße oder wenn z. B. zwischen dem Leistungsempfänger als Scheinaktionär und der Aktiengesellschaft keinerlei gesellschaftsrechtliche Beziehung besteht. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an.
3. Durch die gesellschaftsrechtlichen Spezialvorschriften werden alle an sich tatbestandlich gegebenen Bereicherungsansprüche verdrängt und zwar unabhängig davon, ob allein eine fehlerhafte Auszahlung oder darüber hinaus eine vorzeitige Auszahlung erfolgt ist.
4. Nach § 22 Abs. 4 GenG darf das Geschäftsguthaben des Genossen während der Dauer seiner Mitgliedschaft nicht ausgezahlt werden.
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Mühlhausen vom 05.04.2006 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und dem Antragsgegner seine außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
3. Der Beschwerdewert wird auf 5.433,01 € festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Bereicherungsansprüche im Zusammenhang mit der Liquidation einer LPG.
Mit Antrag vom 15.12.2004, eingegangen beim 29.12.2004 und dem Antragsgegner zugestellt am 19.01.2005, begehrt die Antragstellerin die am Rückzahlung einer vorzeitigen und, wie sie behauptet, überhöhten Vermögensverteilung. Die Antragstellerin, deren Mitglied der Antragsgegner ist, befindet sich seit Ende 1991 – ob aufgrund des Beschlusses der Mitgliederversammlung vom 09.12.1991 oder kraft Gesetzes mit Ablauf des 31.12.1991 (vgl. BGH NL-BzAR 2006, 68 ff; Senat NL-BzAR 2005, 298 ff) kann hier offen bleiben – in Liquidation. Nach ihrem am 03.04.1991 beschlossenen Teilungsplan sollte ihr Vermögen entgegen § LwAnpG 44 nach Rückzahlung der Inventarbeiträge ausschließlich am Maßstab der von den Mitgliedern geleisteten Arbeitsjahre verteilt werden; Ansprüche auf Bodennutzungsvergütung und Inventarverzinsung waren nicht vorgesehen. Der Antragsgegner hat allein Arbeitsjahre erbracht und weder Boden noch Inventar in die LPG eingebracht.
Mit Schreiben vom 31.01.2002 hat die Antragstellerin den Antragsgegner unter Fristsetzung zum 28.02.2002 erfolglos zur Rückzahlung der erhaltenen Leistungen aufgefordert.
Die Antragstellerin behauptet, sie habe an ihre Mitglieder insgesamt ein Vermögen vom 7.023.395,70 DM wie folgt verteilt:
Rückzahlung der Inventarbeiträge | 391.992,86 DM |
Rückzahlung des Fondsausgleichs | 435.441,64 DM |
Zinsen auf Inventarbeitrag | 117.783,55 DM |
Erste Barrate | 1.494.137,92 DM |
Zweite Barrate | 1.475.868,51 DM |
Erste Auszahlung | 731.998,85 DM |
Zweite Auszahlung | 1.377.705,35 DM |
Sachleistungen im Wert von | 436.933,77 DM |
Kapitalrücklage im Wert von | 214.533,47 DM |
TMP-Anteile | 347.000,00 DM |
Gesamt: | 7.023.395,70 DM |
Der Antragsgegner habe zwischen 1990 und 1994 Zahlungen von 21.452,20 DM erhalten, während sein zu prognostizierender Anteil am Liquidationserlös lediglich 10.826,15 DM betrage. Seinen Geschäftsanteil an der T GmbH (im Folgenden: TMP GmbH) von 8.000 DM habe er mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages vom 20.12.1991 erhalten. Die 1. Auszahlung Sachanteile von 2.825,80 DM sei ihm im Dezember 1992 durch die TMP GmbH, die 2. Auszahlung Sachanteile von 5.680,38 DM am 28.06.1994 und die Kapitalrücklage durch die TMP GmbH am 17.12.1992 überwiesen worden. Sämtliche Leistungen seien nach der Auflösung der Antragstellerin erfolgt. Der Antragsgegner habe somit 10.626,05 DM bzw. 5.433,01 € zuviel erhalten. Die TMP GmbH habe lediglich eine vermeintliche Verbindlichkeit der Antragstellerin, jedoch keine eigene erfüllt. Sie habe 1991/1992 die liquiden Mittel der Antragstellerin tatsächlich verwaltet, diese aber – anders als Sachvermögen – nicht erworben.
Nach der Liquidationseröffnungsbilanz zum 09.12.1991 ergebe sich ein maßgebliches Eigenkapital von 11.544.000,00 DM. Die Vermögenspersonifizierung ergebe folgende Anteile:
Inventarbeiträge | 395.134,27 DM |
Fondsbeitrag | 474.448,95 DM |
Feldinventar | 216.062,50 DM |
Vermögen LPG Typ I | 127.447,99 DM |
Verzinsungsfonds und Inventarbeiträge | 944.351,07 DM |
Vergütung der Bodennutzung | 3.215.226,91 DM |
Arbeitsjahre | 6.243.505,79 DM |
Gesamt: | 11.543.393,94 DM |
Nach einem Beschluss der Mitgliederversammlung vom 28.11.2000 sollte das nach Befriedigung der Ansprüche nach § Abs. 44 Nr. 1 und 1 LwAnpG 2 verbleibende Vermögen zu 100% entsprechend der geleisteten Arbeitsjahre verteilt werden.
Auf der Basis des Jahresabschlusses vom 31.12.2003 prognostiziere die Antragstellerin eine Verteilungsmasse von 7.000.000,00 DM, während 7.024.000,00 DM bereits ausbezahlt seien. Mit einem Liquidationserlös sei nicht zu rechnen. Damit werde voraussichtlich eine Quote von 64,60% der zum 09.12.1991 festgestellten Nennbeträge der Genossenschaftsanteile an die Mitglieder zu verteilen sein.
Im Übrigen wäre die Antragstellerin auch berechtigt, alle auf der Grundlage des nichtigen Verteilungsbeschlusses vom 03.04.1991 geleisteten Zahlungen zurückzufordern, da die Liquidation noch nicht abgeschlossen sei.
Der Rückzahlungsanspruch sei nicht verjährt. Da der Verteilungsbeschluss nach § 134BGB nichtig sei und die Zahlungen damit ohne Rechtsgrund geleistet worden seien, richte sich die Verjährung nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften. Die Kondiktionsvorschriften würden nur insoweit verdrängt, als sich der Rückgewähranspruch allein aus einem Verstoß gegen die Grundsätze der Kapitalerhaltung ergebe.
Im Wege der Teilklage stützt die Antragstellerin ihren Anspruch auf die einzelnen Zahlungen in folgender Reihenfolge:
1. 1. Barrate
2. 2. Barrate
3. 1. Auszahlung Sachanteile
4. 2. Auszahlung Sachanteile
5. Anteil für Kapitalrücklage
6. Anteil für TMP
7. Abfindungen
8. Sachleistungen
Die Antragstellerin hat beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin 5.433,01 €
nebst 4% Zinsen seit dem 01.03.2002 zu zahlen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsgegner hat die Einrede der Verjährung erhoben. Es gelte nicht die Verjährungsfrist für bereicherungsrechtliche Ansprüche, sondern diejenigen Fristen für Ansprüche aus dem Körperschaftsrecht. Der Anspruch wegen vorzeitiger oder unrichtig berechneter Vermögensverteilung sei damit nach §§ Abs. 31 GmbHG 5, Abs. 62 3AktG verjährt.
Der Antrag sei aber schon unschlüssig, weil die Antragstellerin nicht zwischen Auszahlungen vor und nach dem Liquidationsbeschluss vom 09.12.1991 differenziert habe. Für die werbende LPG enthalte das LwAnpG keine Rechtsgrundlage für einen Rückforderungsanspruch. Auch § Abs. 22 4GenG enthalte keine Rückzahlungssperre für ungebundenes Vermögen der Genossenschaft. Dass die Zahlungen vor dem Liquidationsbeschluss aus gebundenem Vermögen erfolgt wären, habe die Antragstellerin nicht dargelegt. Die LPG habe vielmehr über ausreichend ungebundenes Vermögen verfügt. Im Übrigen enthalte weder das LPGG noch das LwAnpG Vorschriften über die Kapitalerhaltung, so dass das gesamte Vermögen der LPG ungebunden gewesen sei. Die Fünf-Jahresfrist des § Abs. 22 4GenG sei auch bereits 1996 abgelaufen. Die Zahlungen habe nicht die Antragstellerin, sondern die TMP GmbH geleistet, die die Antragstellerin in Höhe des übernommenen Vermögens von 6 Mio. DM von Ansprüchen ihrer Mitglieder freigestellt habe. Wenn überhaupt, so komme nur eine Rückabwicklung im Dreiecksverhältnis in Betracht, da die TMP GmbH nicht auf Anweisung geleistet habe.
Aber auch Bereicherungsansprüche wären bereits mit Ablauf des 31.12.2004 verjährt, da die Verjährungsfrist vor diesem Zeitpunkt nicht gehemmt worden sei. Dem vorliegenden Antrag sei anfangs nicht zu entnehmen gewesen, welche konkrete Zahlung oder Leistung eigentlich zurückgefordert werde.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin habe der Empfänger die unter Verstoß gegen § Abs. 90 1GenG erbrachte Leistung auch nur zu erstatten, soweit die Leistung zur Befriedigung der Verbindlichkeiten der Genossenschaft benötigt wird. Dem Antrag sei hingegen nicht zu entnehmen, über welches Vermögen die Antragstellerin verfügt und welche Verbindlichkeiten und Liquidationskosten dem gegenüberstehen. Die Aufstellung der behaupteten Ansprüche nach § Abs. 44 LwAnpG 1 und das behauptete Eigenkapital zum 31.12.2003 hat der Antragsgegner bestritten.
Die Antragstellerin habe auch in Kenntnis der Nichtschuld geleistet, nachdem Rechtsanwältin Po. in der Versammlung vom 03.04.1991 darauf hingewiesen habe, dass die Voraussetzungen des § LwAnpG 44 nicht erfüllt seien.
Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag am 05.04.2006 zurückgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der geltend gemachte Rückforderungsanspruch stelle allein einen gesellschaftsrechtlichen Rückforderungsanspruch dar, neben dem Bereicherungsrecht nicht anwendbar sei. Einen gesellschaftsrechtlichen Rückforderungsanspruch habe die Antragstellerin nicht geltend gemacht; für die Prüfung eines solchen Anspruchs sei das Landwirtschaftsgericht auch nicht zuständig. Im Übrigen wird auf die Gründe des Beschlusses vom 05.04.2006 verwiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Sie meint unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag, die analoge Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschrift des § GmbHG 31 sei nur in den Fällen der vorzeitigen Vermögensverteilung nach § 90GenG, nicht aber in den Fällen der fehlerhaften Vermögensverteilung unter Benachteiligung einzelner Gesellschaftergruppen gerechtfertigt. Vorliegend sei Bereicherungsrecht anzuwenden.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des 05.04.2006 abzuändern und den Antragsgegner zu verurteilen, an die Antragstellerin 5.433,01 € nebst 4% vom Zinsen seit dem 01.03.2002 zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag.
II.
Die sofortige Beschwerde ist nach §§ Abs. 65 LwAnpG 2, Abs. 22 LwVG 1 zulässig, aber unbegründet.
1) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sind die Landwirtschaftsgerichte nach §§ Abs. 42, 1 Abs. 65 LwAnpG 1 auch für die Prüfung eines körperschaftsrechtlichen Anspruchs einer LPG i.L. gegen ein Mitglied auf Rückzahlung einer vorzeitigen oder überhöhten Leistung in der Abwicklungsphase zuständig.
Der Antrag ist auch schlüssig. Ob die Antragstellerin nämlich nachvollziehbar dargelegt hat, dass der Antragsgegner bereits mehr erhalten hat, als ihm tatsächlich zusteht, ist erst dann erheblich, wenn der Antragstellerin kein unbedingter Anspruch auf Rückzahlung aller vorzeitig und aufgrund eines nichtigen Verteilungsplans erbrachten Leistungen zusteht.
Die Antragstellerin ist unabhängig davon, ob es sich um einen körperschaftsrechtlichen Anspruch oder um einen Bereicherungsanspruch handelt, auch aktivlegitimiert. Ausweislich des zwischen den Gesellschaftern der TMP GmbH – unter anderem dem Antragsgegner – und der LPG i. L. geschlossenen notariellen Vertrages vom 20.12.1991 sollten die Vermögenswerte, die zum Betrieb der TMP GmbH notwendig sind, auf diese übertragen werden, wobei die GmbH die LPG in Höhe der übertragenen Werte von den Ansprüchen ihrer Mitglieder freistellt und deren Erfüllung übernimmt. Die TMP GmbH hat weder das gesamte Vermögen noch Verbindlichkeiten der LPG übernommen. Unstreitig kam zwischen der TMP GmbH und der Antragstellerin 1993 hinsichtlich der liquiden Mittel der Antragstellerin ein Darlehensvertrag zustande und die von der TMP GmbH an die Mitglieder der Antragstellerin ausgezahlten Beträge wurden als Rückführung des Darlehenssaldos bewertet. Mit Schreiben vom 01.12.1992 hat die Antragstellerin den Antragsgegner um Mitteilung seiner Kontoverbindung gebeten, damit ihm weitere Beträge ausbezahlt werden können. Soweit der Antragsgegner somit Zahlungen von der TMP GmbH erhalten hat, konnte er diese nur als Leistung der Antragstellerin verstehen. Die TMP GmbH, die den Mitgliedern der Antragstellerin gegenüber nicht zur Leistung verpflichtet war, hat lediglich auf Anweisung der Antragstellerin die Erfüllung deren vermeintlicher Verbindlichkeiten übernommen. Nur ihr gegenüber war sie zur Auszahlung verpflichtet. Damit ist allein die Antragstellerin mögliche Bereicherungsgläubigerin.
2) Die geltend gemachte Forderung ist jedoch verjährt, da es sich, wie das Amtsgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat, allein um einen körperschaftsrechtlichen Anspruch handelt.
Die Verjährungsfrist für Bereicherungsansprüche betrug vor dem 01.01.2002 30 Jahre und beträgt seitdem 3 Jahre. Da die 30-Jahresfrist am 01.01.2002 noch nicht abgelaufen war, ist die 3-Jahresfrist ab dem 01.01.2002 an zu rechnen (Art. § 229 Abs. 6 EGBGB 4). Sie war damit bei Erhebung der „Klage“ noch nicht abgelaufen. Mit Einreichen des Antrags am 29.12.2004 wurde der Fristlauf vielmehr nach § Abs. 204 Nr. 1 1BGB gehemmt, da der Antrag auch demnächst zugestellt wurde (§ ZPO 167).
Ansprüche nach § Abs. 31 GmbHG 1 verjähren seit 15.12.2004 nach 10 Jahren, davor betrug die Frist 5 Jahre. Da die 5-Jahresfrist bei Rechtshängigkeit bereits abgelaufen war, hatte die Gesetzesänderung keinen Einfluss mehr auf das Ende der Verjährungsfrist (Art. § 229 Abs. 6 3 i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB). Auch die Verjährungsfrist des § Abs. 62 3AktG betrug zunächst 5 und beträgt nunmehr 10 Jahre nach Empfang der Leistung.
a) Nach § Abs. 42 LwAnpG 1 erfolgt die Vermögensaufteilung im Falle der Auflösung und Abwicklung der LPG unter Beachtung des § LwAnpG 44; im Übrigen gelten insbesondere §§ bis 82 93GenG entsprechend; abweichend von der in § Abs. 90 1GenG festgesetzten Jahresfrist gilt für die Erfüllung des Abfindungsanspruchs nach § Abs. 44 LwAnpG 1 gegenüber Mitgliedern, die Wiedereinrichter sind, eine Frist von 3 Monaten und gegenüber anderen Mitgliedern eine Frist von 6 Monaten. Nach § Abs. 90 1GenG darf eine Verteilung des Vermögens unter die Mitglieder nicht vor Tilgung oder Deckung der Schulden und nicht vor Ablauf eines Jahres seit dem Tag vollzogen werden, an welchem die Aufforderung der Gläubiger in den hierzu bestimmten Blättern erfolgt ist. Unstreitig sind noch nicht alle Gläubiger befriedigt; unstreitig ist die Vermögensverteilung vorzeitig erfolgt. § 91GenG regelt, in welchem Verhältnis das Vermögen an die Mitglieder zu verteilen ist. Nach § Abs. 42 LwAnpG 1 gilt für die LPG § LwAnpG 44 als Verteilungsmaßstab. Unstreitig wurden entgegen § LwAnpG 44 die Land- und Inventareinbringer benachteiligt.
Das GenG enthält demgegenüber – ebenso wie das LwAnpG – keine Regelung, wie bei vorzeitiger oder fehlerhafter Verteilung zu verfahren ist.
Der II. Zivilsenat des 17.05.1999 ( hat am BGHZ 141, 372) entschieden, dass bei einer entgegen § Abs. 90 1GenG erfolgten vorzeitigen Vermögensverteilung die empfangenen Leistungen zu erstatten sind, soweit diese zur Befriedigung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft benötigt werden. Da im konkreten Fall die Beitreibung von Ansprüchen gegen andere Gesellschafter ungewiss war, konnte sich der Beklagte nicht darauf berufen, nur die auf ihn entfallende Quote zurückzahlen zu müssen. Unter ausdrücklicher Abkehr von einer Entscheidung des Reichsgerichts und der verbreiteten Literaturmeinung soll es sich bei dem Rückzahlungsanspruch nicht um einen bereicherungsrechtlichen, sondern um einen körperschaftsrechtlichen Anspruch entsprechend § GmbHG 31 (wie bei § Abs. 73 GmbHG 1) handeln, da die unter Verstoß gegen § 90GenG vorgenommene Auszahlung mit einer nach § Abs. 22 4GenG verbotenen Auszahlung des Geschäftsguthabens vergleichbar sei, bei welcher der Rückzahlungsanspruch ebenfalls unmittelbar aus dem körperschaftlichen Verhältnis und nicht aus Bereicherungsrecht abzuleiten sei. Damit war dem damaligen Beklagten die Entreicherungseinrede abgeschnitten. Nach Auffassung des BGH soll das Verteilungsverfahren gerade sicherstellen, dass die Gläubigerbefriedigung Vorrang vor Verteilungsansprüchen der Mitglieder hat.
Damit ist der II. Zivilsenat des BGH bewusst von einer Entscheidung des IX. Zivilsenats vom 02.07.1996 (VIZ 1996, 654) abgewichen. Der IX. Zivilsenat hatte in einem obiter dictum bei einer unzulässigen Vorwegverteilung von Genossenschaftsvermögen in Ermangelung einer den §§ GmbHG 31, 62AktG entsprechenden Regelung einen Rückzahlungsanspruch nach § 812BGB angenommen („dürfte sein“).
Bereits in einer Entscheidung vom 23.06.1997 (BGHZ 136, 125) hatte der II. Zivilsenat in Übereinstimmung mit der ganz herrschenden Meinung im jüngeren Schrifttum ausgeführt, § GmbHG 31 stelle eine gesellschaftsrechtliche Spezialnorm dar, neben der für die Heranziehung des § 134BGB und damit die Annahme eines konkurrierenden Anspruchs nach § 812BGB kein Raum sei.
Nach § Abs. 22 4GenG darf das Geschäftsguthaben des Genossen während der Dauer seiner Mitgliedschaft nicht ausgezahlt werden. Wird dagegen verstoßen, so soll der Genossenschaft ein gesellschaftsrechtlicher Rückzahlungsanspruch und kein Bereicherungsanspruch zustehen (Müller, GenG, 2. Aufl. § 22 Rn. 40; Beuthien, GenG, 14. Aufl., § 22 Rn. 9 b). Hat sich die Genossenschaft zu einer gegen § Abs. 22 4GenG verstoßenden Leistung verpflichtet, so ist das dieser zugrundeliegende Rechtsgeschäft nicht nach § 134BGB nichtig. Denn verboten sei nicht die Eingehung der Verpflichtung zur Leistung, sondern die Erbringung in einem Augenblick, in dem nach der Vermögenslage der Genossenschaft die Leistungserbringung einem unzulässigen Eingriff in das zur Erhaltung des Geschäftsguthabens erforderliche Vermögen darstellt (Müller, a. a. O. Rn. 40).
Ebenso wie bei einer Verletzung des § 90GenG soll nach einer Auffassung auch der Rückzahlungsanspruch wegen Verletzung des Verteilungsmaßstabs nach § 91GenG ein rein körperschaftlicher Anspruch und kein Bereicherungsanspruch sein (Müller, a. a. O., § 91 Rn. 16). Nach anderer Auffassung (Beuthien, a. a. O., § 91 Rn. 7) soll bei fehlerhafter Verteilung ein Bereicherungsanspruch bestehen (ebenso Lang/Weidmüller/Cario, GenG, 35. Aufl. § 91 Rn. 9, allerdings unter Bezugnahme auf Müller, der dieser Auffassung gerade widerspricht).
b) Die §§ , 90 91GenG sind vergleichbar mit §§ , 271 272AktG. Nach § Abs. 271 und 1 2AktG ist das nach Berichtigung der Verbindlichkeiten verbleibende Vermögen nach den Anteilen am Grundkapital zu verteilen. Der durch eine fehlerhafte Vermögensverteilung benachteiligte Aktionär hat dieselbe rechtliche Stellung wie andere Gläubiger, die wegen Verstoßes gegen §§ , 271 272AktG leer ausgegangen sind, denn § Abs. 264 1AktG bezweckt den Schutz der Gesellschaftsgläubiger und der Aktionäre gleichermaßen (MünchKommAktG/Hüffer, 2. Aufl., § 264 Rn. 2). Die fehlerhafte Verteilung ist Verletzung des Gläubigerrechts des Aktionärs und löst daher dieselben Rechtsfolgen aus, wie die Verletzung der Rechte anderer Gläubiger (Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 271 Rn. 8). Die Aktiengesellschaft hat in diesen Fällen gegen den begünstigten Aktionär einen Rückgewähranspruch nach §§ Abs. 62, 1 Abs. 264 3AktG, der seit 15.12.2004 in 10 Jahren nach Empfang der Leistung verjährt; davor betrug die Verjährungsfrist 5 Jahre.
Verstöße gegen §§ , 271 272AktG bewirken grundsätzlich keine Nichtigkeit der Verteilungsgeschäfte; ihre dingliche Rechtswirkung tritt trotz der Verbotsverletzung ein. Etwas streitig war bisher allerdings, ob neben dem gesellschaftsrechtlichen Anspruch nach § Abs. 62 1AktG ein Rückübertragungsanspruch nach § 812BGB besteht und ob ein Verstoß überhaupt zur Nichtigkeit des Grundgeschäfts nach § 134BGB führt. Die ganz überwiegende Meinung sieht in §§ Abs. 62, 1 Abs. 264 3AktG aber eine die Bereicherungsvorschriften verdrängende Sonderregelung (MünchKommAktG/Hüffer, 2. Aufl., § 272 Rd 29, 31; Henze in GroßKommAktG, 4. Aufl., § 62 Rn. 11, 40, 59 m. w. N.; a. A. K. Schmidt ZIP 1981, , 1 6). Dasselbe soll damit auch für die Verjährungsregelung in § 62 Abs. 3 im Verhältnis zu § 195BGB gelten (Henze, a. a. O.). Eine Anspruchskonkurrenz sei nur denkbar, wenn das Grundgeschäft gegen § 138BGB verstoße oder wenn z. B. zwischen dem Leistungsempfänger als Scheinaktionär und der Aktiengesellschaft keinerlei gesellschaftsrechtliche Beziehung besteht. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an.
c) Demgegenüber wird zum Recht der GmbH überwiegend die Auffassung vertreten, eine fehlerhafte Verteilung, die gegen § GmbHG 72 verstößt, führe allein zu einem Bereicherungsanspruch nach § 812BGB (vgl. Scholz/Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 72 Rn. 17; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 72 Rn. 12; Roth/Altmeppen GmbHG, 5. Aufl., § 72 Rn. 11). Der begünstigte Gesellschafter sei verpflichtet, der Gesellschaft den Differenzbetrag nach Bereicherungsrecht sowie aufgrund der ihm obliegenden Treuepflicht zurückzuerstatten. Nur soweit außerdem ein Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot in der Liquidation nach § GmbHG 73 vorliege, soll ein Anspruch analog § Abs. 31 GmbHG 1 bestehen, wobei freilich offen bleibt, ob dieser Anspruch neben einem Bereicherungsanspruch bestehen soll oder diesen verdrängt (vg. Schulze-Osterloh/Noak in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., § 72 Rn. , 20 21; Hachenburg/Hohner, GmbHG, 8. Aufl., § 72 Rn. 23). Zum Teil wird jedoch auch bei einer entgegen § GmbHG 73 verfrühten Auszahlung ein Bereicherungsanspruch angenommen, der neben einen Anspruch nach § GmbHG 31 analog (bzw. bei Verstoß auch gegen § GmbHG 30 nach § GmbHG 31 direkt) bestehen soll (vgl. MünchHdbGesR III/Weitbrecht, § 64 Rn. 49). Neben dem Anspruch aus § GmbHG 31 könne auch ein Bereicherungsanspruch bestehen, wenn der Rückzahlungsbeschluss an Mängeln leide, die ihren Grund nicht im Kapitalerhaltungsgebot haben (Scholz-Westermann, GmbHG, 9. Aufl. § 31 Rn. 4). Auch Karsten Schmidt (Gesellschaftsrecht, § 37 III 2d) vertritt zum GmbH-Recht die Auffassung, dass § GmbHG 31 allein Verstöße gegen die Kapitalerhaltungspflicht betreffen, nicht hingegen Rückforderungen aufgrund eines unwirksamen Gesellschafterbeschlusses (vgl. auch Überblick bei Michalski-Nerlich, GmbHG, § 73 Rn. 55).
d) Aus Sicht des Senates werden alle an sich tatbestandlich gegebenen Bereicherungsansprüche bei Verstoß gegen Auszahlungssperren in der Liquidation, sei es dass die Auszahlung gegen den Gläubigerschutz, sei es dass die Auszahlung gegen den Gesellschafterschutz bzw. das Gleichbehandlungsgebot verstößt, durch die gesellschaftsrechtlichen Spezialvorschriften verdrängt und zwar unabhängig davon, ob allein eine fehlerhafte Auszahlung oder darüber hinaus – wie hier – eine vorzeitige Auszahlung erfolgt ist. Damit bestand vorliegend allein ein gesellschaftsrechtlicher Rückgewähranspruch entsprechend §§ Abs. 62 1AktG, Abs. 31 GmbHG 1, der bei gerichtlicher Geltendmachung bereits verjährt war.
Eine differenzierte Betrachtungsweise bei der Aktiengesellschaft und der GmbH ist schon schwer nachvollziehbar, mag sie auch in der personalistischen Struktur der GmbH begründet sein. Der Senat geht davon aus, dass auch die Literaturmeinungen zum GmbH-Recht mit der Entscheidung des 17.05.1999 ( vom BGHZ 141, 372) weitgehend überholt sind. Der Senat sieht aber insbesondere keinen nachvollziehbaren Grund dafür, dass der durch eine fehlerhafte Auszahlung begünstigte Gesellschafter seinen Mitgesellschaftern gegenüber den Entreicherungseinwand soll geltend machen können, während ihm dieser gegenüber außenstehenden Gläubigern der Gesellschaft verwehrt ist, zumal eine überhöhte Auszahlung in vielen Fällen nicht nur zur Benachteiligung der Mitgesellschafter, sondern gleichzeitig zur Gläubigerbenachteiligung führen wird. Sowohl die Mitgesellschafter als auch die sonstigen Gläubiger konnten rechtzeitig auf eine Rückforderung drängen und – falls ihre Ansprüche tatsächlich nicht mehr befriedigt werden können – den Liquidator in Anspruch nehmen. Die den Gesellschaftern obliegende Treuepflicht gebietet daher, den Rückforderungsanspruch zur gleichmäßigen gesetzlichen oder statuarischen Befriedigung der Ansprüche der Gesellschafter demjenigen zur Befriedigung anderer Gläubiger gleichzustellen und allein einen – im Ergebnis strengeren – gesellschaftsrechtlichen Rückforderungsanspruch anzunehmen. Hinzu kommt vorliegend, dass die Liquidation einer kapitalistisch strukturierten LPG der Liquidation einer Aktiengesellschaft näher steht, als der Liquidation einer personalistisch strukturierten GmbH, bei der – anders als bei der LPG i. L. – die fehlerhafte Verteilung des Restvermögens auch ohne Bestellung eines Liquidators oder Nachtragsliquidators unter den Gesellschaftern möglich ist.
Dies führt dazu, dass der Rückforderungsanspruch sowohl im Interesse der übergangenen Drittgläubiger als auch im Interesse der übergangenen Gesellschafter grundsätzlich der (nunmehr) längeren Verjährungsfrist von 10 Jahren unterliegt, wenngleich vorliegend aufgrund der früher abweichend geregelten Verjährungsfristen gerade dieser Anspruch verjährt ist.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners kommt es auch auf den Rechtscharakter des Rückforderungsanspruchs an, da der Antrag nicht zunächst so unbestimmt war, dass er den Lauf der Verjährungsfrist eines Bereicherungsanspruchs nicht gehemmt hätte. Die Antragstellerin hat im Wege der verdeckten Teilklage einen Teil des behaupteten einheitlichen Bereicherungsanspruchs geltend gemacht. Zwar wurden verschiedene Einzelleistungen erbracht, es bestehen aber nicht verschiedene isoliert prüfbare Rückzahlungsansprüche, nachdem nach dem Vortrag der Antragstellerin alle Zahlungen nach Auflösung der LPG erfolgt sind.
2) Zwar bestreitet der Antragsgegner, dass der streitige Betrag zur Befriedigung anderer Gläubiger oder Mitglieder erforderlich ist, der Antrag ist aber nicht allein deswegen schon abweisungsreif. Auszahlungen entgegen § Abs. 90 1GenG sind grundsätzlich nur dann zu erstatten, soweit sie zur Befriedigung anderer Gläubiger erforderlich sind (BGHZ 141, 372). Der Antragsgegner weist zutreffend darauf hin, dass der bisherige Vortrag der Antragstellerin zur Erforderlichkeit der Rückerstattung allein auf unsicheren und auch für den Senat nicht nachvollziehbaren Prognosen beruht. Hierzu hätte es aber einer weiteren Aufklärung durch den Senat bedurft.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ , 44 LwVG 45. Der Beschwerdewert wurde in Höhe des bezifferten Zahlungsantrags festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss hat der Senat nach § Abs. 24 LwVG 1 die Rechtsbeschwerde zugelassen, da die Frage, welchen Rechtscharakter der Rückforderungsanspruch bei fehlerhafter Auszahlung von Vermögen einer LPG i. L. hat, grundsätzliche Bedeutung hat. Die vorliegende Konstellation, dass ein gesellschaftsrechtlicher Anspruch bereits verjährt ist, ein Bereicherungsanspruch hingegen noch geltend gemacht werden könnte, mag zwar einen Einzelfall darstellen. Der Frage kommt aber im Hinblick auf die Möglichkeit, die Entreicherungseinrede geltend zu machen, grundsätzliche Bedeutung zu.
Löffler I www.K1.de I www.gesellschaftsrechtskanzlei.com I Gesellschaftsrecht I GmbH-Recht I Gesellschafterstreit I Erfurt I Thüringen I Sachsen I Sachsen-Anhalt I Hessen I Deutschland 2022
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