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OLG Hamm, Urteil vom 09.09.2019 – 8 U 7/17

GmbH § 47, BGB § 242Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
BGB
BGB § 242

1. Ein Beschluss, mit dem die Gesellschafterversammlung einer GmbH eine Vergütung ihres Geschäftsführers einführt oder erhöht, kann unter den Gesichtspunkten der Gleichbehandlung und der Treuepflicht auch gerichtlich überprüft werden.

Den Gesellschaftern steht allerdings ein weiter Ermessensspielraum zu.

2. Zur Prüfung der Frage, ob der Ermessensspielraum überschritten wurde, kann auf Studien über Geschäftsführergehälter in vergleichbaren Unternehmen (z.B. BBE-Studie) zurückgegriffen werden. Als Maßstab kann auch die Grenze herangezogen werden, die die finanzgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage entwickelt hat, ab wann eine Vergütung als verdeckte GewinnausschüttungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zu behandeln ist. Dabei ist der Ermessensspielraum der Gesellschafterversammlung im Regelfall nicht überschritten, wenn nach den Maßstäben der finanzgerichtlichen Rechtsprechung noch keine verdeckte GewinnausschüttungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gewinnausschüttung
verdeckte Gewinnausschüttung
vorliegt.

3. Zur Frage, welche Abzüge von der ermittelten Vergleichsvergütung vollschichtig tätiger Geschäftsführer vorgenommen werden müssen, um eine angemessene Bewertung der Vergütung eines nicht vollschichtig tätigen Geschäftsführers zu erreichen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das am 22.12.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Bielefeld teilweise abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten mit ihren wechselseitigen Berufungen wie schon in erster Instanz über die Anfechtung eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24.02.2014, durch den mit der Stimme des Gesellschafters Dr. I2 die Genehmigung der Geschäftsführeranstellungsverträge desselben und des weiteren Fremd-Geschäftsführers I3 beschlossen worden ist.

Die Beklagte ist die Komplementärin der B GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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mit Sitz in M. Bei dieser handelt es sich um eine Besitzgesellschaft, die über diverse Immobilien und Maschinen verfügt, die an Dritte vermietet sind, insbesondere die I GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, die Frühstückscerealien produziert und vertreibt. Geschäftsführer dieser Gesellschaft war Herr I3, der hierfür ein Jahresgehalt i.H.v. 150.000,00 EUR brutto erhielt. Zudem ist die Beklagte Alleingesellschafterin und „président“ der F2, einer in Frankreich ansässigen Kapitalgesellschaft, die ihrerseits eine 100 %-ige Tochtergesellschaft namens J hat (französischer Handelsregisterauszug Anl. B 1).

Der Kläger ist Gesellschafter der Beklagten mit einem nominellen Geschäftsanteil von 10.225,84 EUR (40 %); weiterer Gesellschafter ist der Bruder des Klägers, Herr Dr. I2, mit einem Gesellschaftsanteil von nominell 15.338,76 EUR (60 %). Gem. § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 12.01.1989 (Anl. B 3) ist Gegenstand der Beklagten die Übernahme der Geschäftsführung und Vertretung von Unternehmen, die sich mit der Verwaltung von Grundstücken, Gebäuden und maschinellen Anlagen jeglicher Art befassen. Ferner kann die Gesellschaft gemäß § 2 Abs. 2 Unternehmen mit gleichem oder ähnlichem Unternehmenszweck erwerben, errichten oder sich an solchen beteiligen. Sie ist gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 des Gesellschaftsvertrages zu allen Geschäften berechtigt, die den Gegenstand des Unternehmens zu fördern geeignet sind. § 7 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten regelt die Umstände und Voraussetzungen der Geschäftsführung näher: Nach § 7 Ziff. 5. bedürfen die Geschäftsführer zu allen Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Gewerbes der Gesellschaft hinausgehen, der Zustimmung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschafterversammlung
Zustimmung
Zustimmung der Gesellschafterversammlung
; nach § 7 Ziff. 6. ist bei Geschäftsvorfällen, die über den normalen Geschäftsverkehr hinausgehen, die vorherige gemeinsame Beschlussfassung einer Versammlung der Geschäftsführer und der Gesellschafter herbeizuführen, wobei der Beirat beratend mitwirken muss. § 7 Ziff. 8 enthält Regelungen zur Erhöhung von Geschäftsführervergütungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag Anl. B 3 verwiesen.

Geschäftsführer der Beklagten waren ehemals der Kläger und dessen Bruder Dr. I2; seit dem 06.07.1990 weiterhin Herr Dr. I2 und seit dem 08.11.2010 dessen Sohn I3. Vom Zeitpunkt der jeweiligen Bestellung zum GeschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Bestellung zum Geschäftsführer
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bis Februar 2014 wurden keine Geschäftsführeranstellungsverträge geschlossen; eine Vergütung für ihre Geschäftsführertätigkeit erhielten die Geschäftsführer nicht. Die B GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zahlt an die Beklagte zum Ausgleich für die Geschäftsführertätigkeit monatlich 8.500,00 EUR. Zudem zahlt auch die F2 monatlich 8.500,00 EUR an die Beklagte für ihre Tätigkeit.

Aufgrund einer Einladung zur außerordentlichen Gesellschafterversammlung durch den Gesellschafter Dr. I2 vom 14.02.2014 (Anl. K 2), die als einzigen TOP1 die Genehmigung der Geschäftsführer-Dienstleistungsverträge von I3 und Dr. I2 vorsah, wurde in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24.02.2014 mit den Stimmen des Dr. I2 unter TOP 1 – protokolliert von diesem selbst – die Genehmigung der Geschäftsführeranstellungsverträge für ihn und für I3 beschlossen (Anl. K 1). Der Beschluss erfolgte mit einfacher Stimmenmehrheit des Gesellschafters Dr. I2; der Kläger stimmte gegen die Genehmigung der Verträge. Die Verträge lagen seinerzeit in schriftlicher Form als Entwürfe vor, sollten ab dem 01.03.2014 gelten und sahen für jeden Geschäftsführer eine monatliche Vergütung von 5.500,00 EUR brutto vor (Anl. K 4 und K 5).

In dem vorliegenden Rechtsstreit, anhängig seit dem 21.03.2014 und rechtshängig seit dem 27.03.2014, wendet der Kläger sich gegen den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 24.02.2014. Er hat die Auffassung vertreten, der Beschluss sei nichtig, jedenfalls aber anfechtbar. Er sei schon nicht mit der erforderlichen Mehrheit zustande gekommen, weil Dr. I2 vom Stimmrecht ausgeschlossen gewesen sei. Außerdem sei der Beschluss in materieller Hinsicht zu beanstanden, weil weder Dr. I2 noch I3 in relevanter Weise als Geschäftsführer für die Beklagte tätig seien. Jedenfalls rechtfertigten die von ihnen ausgeübten Geschäftsführungstätigkeiten keine monatliche Vergütung in Höhe von jeweils 5.500,00 EUR brutto. Daher stelle die Zustimmung des Gesellschafters Dr. I2 zu den Genehmigungsbeschlüssen einen Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche TreuepflichtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
gesellschaftsrechtliche Treuepflicht
Treuepflicht
dar. Im Übrigen habe zwischen den Gesellschaftern eine stillschweigende Übereinkunft bestanden, dass die Geschäftsführung für die Beklagte unentgeltlich ausgeübt werde. Diese Haltung habe I2 selbst noch in seinem Schreiben an ihn – den Kläger – vom 27.11.2006 (Anlage K 10) bestätigt.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 24.02.2014 über die Genehmigung der Geschäftsführerdienstverträge zwischen der Gesellschaft und den Herren I3 und Dr. I2 (TOP 1 der Niederschrift der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 24.02.2014) nichtig ist;

2. hilfsweise, den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24.02.2014 über die Genehmigung der Geschäftsführerdienstverträge zwischen der Beklagten und den Herren I3 und Dr. I2 (TOP 1 der Niederschrift der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 24.02.2014) für nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Gesellschafterbeschluss vom 24.02.2014 sei weder in formeller noch in materieller Hinsicht zu beanstanden. Die erforderliche einfache Stimmenmehrheit für die Beschlüsse habe vorgelegen, weil Dr. I2 stimmberechtigt gewesen sei. Seine Zustimmung zu dem Genehmigungsbeschluss stelle weder eine Treuepflichtverletzung noch einen Verstoß gegen den gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Der Umfang der Tätigkeiten ihrer – der Beklagten – beiden Geschäftsführer rechtfertige jeweils eine monatliche Vergütung i.H.v. 5.500,00 EUR. Dies ergebe sich daraus, dass Dr. I2 jährlich an 38 bis 45 Arbeitstagen für die B GmbH & Co. KG und an weiteren 13 bis 20 Arbeitstagen für die F2 tätig sei, während I3 jährlich an 12 bis 19 Arbeitstagen für die B GmbH & Co. KG sowie an weiteren 47 bis 56 Arbeitstagen für die F2 tätig sei. Diesen Vortrag hat die Beklagte erstinstanzlich im Einzelnen vertieft. Die Tätigkeiten der Geschäftsführer für die F2 seien ihrer – der Beklagten – Geschäftsführung zuzurechnen, weil sie geschäftsführendes Organ der F2 sei.

Das Landgericht hat die Geschäftsführer der Beklagten zum Umfang ihrer jeweiligen Tätigkeit angehört (Protokoll vom 31.01.2015) und sodann zu der Behauptung des Klägers, dass die den Geschäftsführern Dr. I2 und I3 mit Geschäftsführerdienstverträgen gewährte monatliche Vergütung in Höhe von je 5.500,00 EUR brutto in Ansehung der von ihnen erbrachten Tätigkeiten unangemessen hoch sei, gemäß Beweisbeschlüssen vom 04.08.2015 und 24.02.2016 Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Betriebswirt X2 vom 30.05.2016. Der Sachverständige hat für den Geschäftsführer Dr. I2 eine monatliche angemessene Bruttovergütung für beide Tätigkeiten von 1.530,24 EUR und für I3 von monatlich 12.993,26 EUR ermittelt, wobei die monatlichen Vergütungen für die F2 nur berücksichtigt werden könnten, wenn dieses Unternehmen juristisch zutreffend der Gesamtvergütung zugerechnet werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 30.05.2016 verwiesen. Beide Parteien haben mit umfassenden Einwendungen zu dem Gutachten Stellung genommen, zu denen das Landgericht nicht mehr ergänzend Beweis erhoben hat.

Vielmehr hat das Landgericht mit erstinstanzlichem Urteil vom 22.12.2016 – unter Abweisung der mit dem Hauptantrag verfolgten Nichtigkeitsfeststellungsklage und der mit dem weitergehenden Hilfsantrag verfolgten Anfechtungsklage bzgl. des Geschäftsführers I3 – auf den Hilfsantrag des Klägers den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24.02.2014 über die Genehmigung des Geschäftsführerdienstvertrages zwischen der Beklagten und Dr. I2 (TOP 1 der Niederschrift der außerordentlichen Gesellschafterversammlung) hinsichtlich der Vergütungsregelungen §§ 5 und 6 für nichtig erklärt. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die mit dem Hauptantrag verfolgte Nichtigkeitsfeststellungsklage keinen Erfolg habe, weil der Gesellschafterbeschluss vom 24.02.2014 nicht nichtig sei. Die mit dem Hilfsantrag erhobene Anfechtungsklage sei teilweise begründet, weil die Genehmigung der Vergütungsregelungen des zwischen der Beklagten und dem Gesellschaftergeschäftsführer Dr. I2 geschlossenen Geschäftsführerdienstvertrages unwirksam sei, da der Beschluss gegen die gesellschaftsrechtliche TreuepflichtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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verstoße. Die weitergehende Anfechtungsklage sei unbegründet, denn die Genehmigung des Geschäftsführerdienstvertrages der Beklagten mit I3 sei wirksam. Nichtigkeitsgründe im Sinne des § 241 AktG analog habe der Kläger nicht schlüssig dargetan. Hinsichtlich der Anfechtungsklage sei die gem. § 246 Abs. 1 AktG analog maßgebliche Monatsfrist eingehalten, weil die Klage rechtzeitig am 21.03.2014 bei Gericht eingegangen sei. Der Gesellschafterbeschluss sei – soweit dieser die Vergütungsregelung der §§ 5 und 6 des zwischen der Beklagten und Dr. I2 geschlossenen Geschäftsführerdienstvertrages betreffe – unwirksam, weil er gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoße. Die von der Kammer nach den eigenen Angaben der Beklagten zugrunde zu legenden Tätigkeiten des Dr. I2 für die B GmbH & Co. KG und die Tochtergesellschaft F2 rechtfertigten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und den eigenen detaillierten Berechnungen des Gerichts lediglich eine Jahresvergütung von 37.209,90 EUR, nicht aber eine solche von 5.500,00 EUR monatlich bzw. 66.000,00 EUR jährlich. Die genehmigte Vergütung übersteige die durchschnittlich zu gewährende Vergütung für die von Dr. I2 zu leistende Geschäftsführertätigkeit um 77 %. Bei einer Überschreitung um mehr als 50 % verletze ein Beschluss die gesellschaftsrechtliche TreuepflichtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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. Der Gesellschafterbeschluss vom 24.02.2014 sei bezogen auf den Geschäftsführerdienstvertrag der Beklagten mit dem Geschäftsführer I3 hingegen nicht zu beanstanden. Eine entgegenstehende gesellschaftsvertragliche Regelung sei nicht getroffen worden. Der angefochtene Beschluss sei mit der Mehrheit der Stimmen des Gesellschafters Dr. I2 wirksam zustande gekommen, da dieser nicht an der Stimmrechtsausübung gehindert gewesen sei. Der angegriffene Beschluss genehmige auch nicht eine unklare Vertragsregelung mit rückwirkender Gehaltszahlung. Die nach der Beweisaufnahme aufgrund eigener Berechnungen des Gerichts angemessene Jahresvergütung von 45.131,03 EUR werde durch das vereinbarte Jahresgehalt von 66.000,00 EUR nur um noch hinnehmbare 46 % überschritten.

Gegen dieses Urteil richten sich die wechselseitigen Berufungen der Parteien:

Der Kläger macht zur Begründung seines mit der Berufung lediglich weiterverfolgten Hilfsantrags erster Instanz auf Nichtigerklärung der Genehmigung des Beschlusses über den Geschäftsführerdienstleistungsvertrag zwischen der Beklagten und I3 im Wesentlichen geltend, dass das Landgericht die Klage insoweit zu Unrecht abgewiesen habe. Entgegen der Auffassung des Landgerichts müssten bei der Bemessung der Geschäftsführervergütung des I3 dessen Tätigkeiten für die F2 außer Betracht bleiben, denn die Beteiligung der Beklagten an dieser Gesellschaft sei nicht von ihrem satzungsmäßigen Gesellschaftszweck gedeckt. Weiterhin sei das Landgericht in tatsächlicher Hinsicht zu Unrecht davon ausgegangen, dass I3 durchschnittlich an 51,5 Arbeitstagen jährlich für die F2 und 15,5 Arbeitstagen jährlich für die B GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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tätig sei. Insoweit habe das Landgericht fehlerhaft die Darstellung der Beklagten zum Tätigkeitsumfang des I3 zugrunde gelegt und sein – des Klägers – Vorbringen hierzu nicht hinreichend berücksichtigt.Randnummer17

Der Kläger beantragt,

1. das angefochtene Urteil aufzuheben und entsprechend dem Hilfsantrag den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24.02.2014 über die Genehmigung des Geschäftsführerdienstleistungsvertrages zwischen der Beklagten und I3 (TOP 1 der Niederschrift der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 24.02.2014) für nichtig zu erklären;

2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

1. unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage vollständig abzuweisen;

2. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens gegen die Berufungsangriffe des Klägers und macht zur Begründung ihrer eigenen Berufung im Wesentlichen geltend, dass das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die im schriftlichen Geschäftsführeranstellungsvertrag des Dr. I2 vorgesehene monatliche Vergütung von 5.500,00 EUR überhöht sei. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass der Kläger und Dr. I2 während ihrer gemeinsamen Geschäftsführertätigkeit für sie – die Beklagte – eine monatliche Tätigkeitsvergütung von 5.112,92 EUR (Kläger) und 7.669,38 EUR (Dr. I2) erhalten hätten. Vor diesem Hintergrund könne eine Tätigkeitsvergütung von jeweils 5.500,00 EUR nicht als überhöht angesehen werden. Außerdem habe der darlegungs- und beweisbelastete Kläger zu zahlreichen für die Höhe des Geschäftsführergehalts relevanten Gesichtspunkten keinen Sachvortrag erbracht, so dass das Landgericht über keine hinreichende Grundlage zur Einschätzung der angemessenen Vergütungshöhe verfügt habe. Schließlich habe das Landgericht zu Unrecht die vom Sachverständigen ermittelten Mittelwerte des Vergütungsspektrums als Maßstab herangezogen. Dieses Vorgehen des Landgerichts sei zum einen verfahrensfehlerhaft, weil der Sachverständige die Mittelwerte auf der Grundlage von Veröffentlichungen ermittelt habe und das Landgericht im angefochtenen Urteil selbst davon ausgegangen sei, dass eine Befragung von Unternehmen eine verlässlichere Grundlage darstellen würde. Zum anderen seien die vom Sachverständigen ermittelten Mittelwerte aus materiellen Gründen ein ungeeigneter Maßstab, weil sich die Vergütung eines Gesellschafter-Geschäftsführers bereits dann im Rahmen des den Gesellschaftern zustehenden Ermessens bewege, wenn die Vergütungshöhe von der am Markt vorhandenen Spannbreite gedeckt sei. Außerdem sei der Sachverständige bei der Ermittlung der durchschnittlichen Tagessätze fehlerhaft von 220 Arbeitstagen jährlich ausgegangen. Tatsächlich habe er lediglich 200 Arbeitstage zugrunde legen dürfen, so dass sich auf Grundlage seiner eigenen Berechnungen ein erhöhtes angemessenes Jahresgehalt des Dr. I2 von 40.931,20 EUR und eine Überschreitung dieser Summe von lediglich 61 % ergäben.

Der Senat hat die Parteien, insbesondere die Geschäftsführer der Beklagten, im ersten Verhandlungstermin vom 04.09.2017 persönlich angehört.

Sodann hat der Senat mit Beschluss vom selben Tage die ergänzende Beweisaufnahme durch Einholung eines weiteren schriftlichen Sachverständigengutachtens über die Höhe der angemessenen Vergütung der beiden Geschäftsführer der Beklagten zum Stichtag 24.02.2014 unter Beachtung der niedergelegten Vorgaben des Senats angeordnet und hiermit durch weiteren Beschluss vom 07.02.2018 den Sachverständigen Diplom-Ökonom X beauftragt. Während der laufenden Begutachtung hat die Beklagte ein Privatgutachten der X3 vom 05.06.2018 vorgelegt, das für die Tätigkeiten der Geschäftsführer der Beklagten unter Berücksichtigung eines Abschlags von 10 % für Arbeitszeiten unter 40 h/Woche Gesamtvergütungen zwischen 90.000,- und 135.000,- EUR für angemessen erachtet hat, bezüglich derer wegen der Tätigkeit zweier Geschäftsführer gegebenenfalls weitere marktübliche Abschläge von 10-15 % gemacht werden könnten.

Der Sachverständige Dipl.-Ök. X hat sein schriftliches Gutachten unter dem 07.08.2018 erstattet. Er hat Medianvergütungen für I3 von rund 40.000,- EUR und für Dr. I2 von rund 27.000,- EUR ermittelt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens verwiesen. Unter Vorlage eines Privatgutachtens des Dr. F vom 14.10.2018 (Anl. B 7) hat die Beklagte Einwendungen erhoben, zu denen der Sachverständige unter dem 07.03.2019 ergänzend schriftlich Stellung genommen und seine Ergebnisse geringfügig korrigiert hat.

Zu den weiteren Einwendungen der Beklagten gegen das Ergänzungsgutachten unter Heranziehung eines zweiten Privatgutachtens des Dr. F vom 15.05.2019 (Anl. B 11) hat der Sachverständige X in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 09.09.2019 Stellung genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 09.09.2019 und den Vermerk des Berichterstatters vom selben Tage verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, während die Berufung der Beklagten Erfolg hat.

A. Zulässigkeit der Berufungen:

I.

Die Berufung des Klägers ist gem. § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO gegen das im ersten Rechtszug ergangene Endurteil des Landgerichts, das ihn mit mehr als 600,00 EUR beschwert, statthaft. Sie ist auch fristgerecht innerhalb der Monatsfrist des § 517 ZPO schriftlich beim Oberlandesgericht eingelegt worden (§ 519 Abs. 1 ZPO) und innerhalb der verlängerten Begründungsfrist des § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO vor dem Senat begründet worden.

Der Berufungsantrag des Klägers bedarf allerdings der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB. Wörtlich begehrt er, das (gesamte) angefochtene Urteil aufzuheben und entsprechend dem Hilfsantrag den Beschluss der Gesellschafterversammlung (lediglich) betreffend den Geschäftsführerdienstleistungsvertrag mit I3 für nichtig zu erklären. Erkennbar gemeint ist ausweislich des Inhalts der Berufungsbegründung jedoch die teilweise Abänderung des angefochtenen Urteils dahingehend, über die auf den Hilfsantrag bereits erfolgte teilweise Nichtigerklärung der Beschlussfassung über die Geschäftsführertätigkeitsvergütung des Dr. I2 hinausgehend den Beschluss auch betreffend die Genehmigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages des I3 für nichtig zu erklären.

II.

Die Berufung der Beklagten ist ebenfalls gem. § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO gegen das im ersten Rechtszug ergangene Endurteil des Landgerichts, das sie mit mehr als 600,- EUR beschwert, statthaft. Sie ist fristgerecht innerhalb der Monatsfrist des § 517 ZPO schriftlich beim Oberlandesgericht eingelegt worden (§ 519 Abs. 1 ZPO) und innerhalb der verlängerten Begründungsfrist des § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO vor dem Senat begründet worden.

Soweit der Kläger erstinstanzlich die fehlende Prozessvollmacht der Beklagtenbevollmächtigten gerügt und deren Vorlage verlangt hat, greift diese für das Berufungsverfahren grundsätzlich ohne notwendige Wiederholung fortwirkende Rüge (vgl. Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 88 Rn. 3) nicht durch, denn die Beklagte hat mittlerweile eine unterschriebene schriftliche Prozessvollmacht vom 07.07.2017 vorgelegt (Anlage zum Schriftsatz vom 12.07.2017).

Gegenstand der Berufung der Beklagten ist der Genehmigungsbeschluss in Bezug auf den Anstellungsvertrag des Dr. I2 nur insoweit, als die Vergütungsregelungen nach §§ 5 und 6 des Vertrages betroffen sind. Denn das Landgericht hat der Klage nur in diesem Umfang stattgegeben; gegen die Abweisung der Klage im Übrigen hat der Kläger, soweit der Genehmigungsbeschluss bezüglich des Anstellungsvertrages des Dr. I2 betroffen ist, keine Berufung eingelegt.

B. Begründetheit der Berufungen:

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, denn das Landgericht hat seine Klage bezogen auf die Beschlussfassung über die Genehmigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags der Beklagten mit I3 im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Berufung der Beklagten ist hingegen begründet, weil das Landgericht dem Antrag auf Nichtigerklärung der Beschlussfassung über die Genehmigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags mit Dr. I2 hinsichtlich der Vergütungsregelungen in den §§ 5 und 6 zu Unrecht stattgegeben hat.

I. Zulässigkeit des Antrags des Klägers:

Der auf Nichtigerklärung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 24.02.2014 gerichtete „Hilfsantrag“ ist in vollem Umfang zulässig.

1. Am Wortlaut der wechselseitigen Berufungsanträge gemessen ist der abgewiesene erstinstanzliche Hauptantrag des Klägers auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses bezüglich der Genehmigung der Verträge beider Geschäftsführer nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens. In rechtlicher Hinsicht haben die Parteien und das Landgericht die Anträge hingegen erstinstanzlich zu Unrecht als echten Hauptantrag auf Feststellung der Nichtigkeit und echten Hilfsantrag auf Nichtigerklärung wegen Anfechtung behandelt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Streitgegenstand von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage wegen des einheitlichen Rechtsschutzziels identisch ist (vgl. BGH, NJW 1997, S. 1510 ff.). Dies hat zur Folge, dass erstinstanzlich richtigerweise keine selbstständigen Haupt- und Hilfsanträge vorgelegen haben und der im Berufungsverfahren mit dem „Hilfsantrag“ ausschließlich geltend gemachte Anfechtungsantrag den Nichtigkeitsfeststellungsantrag in dieser Instanz mit einschließt.

2. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers ist gegeben und die Beklagte als Gesellschaft ist der richtige Klagegegner. Eine Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage muss nicht von einem individuellen Rechtsschutzbedürfnis des klagenden Gesellschafters getragen sein. Denn die Anfechtungsbefugnis eines jeden Gesellschafters gewährt die formalisierte Befugnis, die Rechtmäßigkeit eines Gesellschafterbeschlusses mittels Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage überprüfen zu lassen. Das Rechtsschutzbedürfnis kann nur dann ausnahmsweise fehlen, wenn keinerlei objektives Bedürfnis für eine Nichtigkeitserklärung des Beschlusses besteht, etwa weil der betreffende Beschluss überholt ist und keine Wirkung mehr entfalten kann. Eine solche Sachlage ist hier nicht gegeben (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, GmbHG, 22. Aufl. 2019, Anh. § 47 Rn. 160).

II. Begründetheit des Antrags:

Der Nichtigkeitsfeststellungs-/Anfechtungsantrag gegen den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 24.02.2014 ist bzgl. der Genehmigung der Vergütungsregelungen in beiden Geschäftsführeranstellungsverträgen unbegründet.

1. Anfechtungsfrist:

Soweit für den Antrag in der Form des Anfechtungsantrags die Einhaltung der Anfechtungsfrist Begründetheitsvoraussetzung ist, ist diese eingehalten. Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten enthält keine Regelung zu einer Anfechtungsfrist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss eine Klage auf Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses einer GmbH bei Fehlen einer entsprechenden Satzungsregelung mit aller dem klagenden Gesellschafter zumutbaren Beschleunigung erhoben werden, wobei die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG als Maßstab gilt (BGH, NZG 2005, S. 551 ff.). Wird diese Frist überschritten, kommt es darauf an, ob zwingende Umstände den Gesellschafter an einer früheren klageweisen Geltendmachung gehindert haben (BGH, a.a.O.). Vorliegend ist der Gesellschafterbeschluss am 24.02.2014 gefasst worden und die Klageschrift ist am 21.03.2014 – weniger als einen Monat später – anhängig geworden. Dass die Klagerhebung gemäß den  §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO durch Rechtshängigkeit erst am 27.03.2014 – nach Ablauf der Monatsfrist – erfolgt ist, ist gemäß § 167 ZPO unschädlich; die Zustellung ist innerhalb von einer Woche, also „demnächst“ im Sinne dieser Vorschrift erfolgt.

2. Teilbarkeit des Inhalts des angefochtenen Beschlusses:

Soweit die Parteien mit ihren wechselseitigen Berufungen jeweils einen Gegenstand des angefochtenen Beschlusses aufgreifen, nämlich der Kläger die Genehmigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags der Beklagten mit I3 und die Beklagte die Genehmigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags mit Dr. I2, weist der Gesellschafterbeschluss vom 24.02.2014 teilbare Inhalte auf. Für die Teilbarkeit des einheitlichen Beschlusses ist entscheidend, dass die etwaige Nichtigerklärung der Genehmigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrags nicht zur Gesamtnichtigkeit des Beschlusses führen würde. Eine Gesamtnichtigkeit ist nicht gegeben, wenn anzunehmen ist, dass der nicht nichtige Beschlussteil auch ohne den anderen gelten sollte (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, a.a.O., Anh § 47 Rn. 78). Hiervon ist vorliegend auszugehen. Da die beiden betroffenen Geschäftsführer nach dem insoweit im Kern unstreitigen Sachvortrag in unterschiedlichem Umfang für die Beklagte selbst bzw. für die KG und für die Tochtergesellschaften tätig waren, ist die Angemessenheit der Höhe ihrer in den Geschäftsführeranstellungsverträgen jeweils vorgesehenen Vergütungen individuell getrennt zu beurteilen. § 7 Ziff. 8 des Gesellschaftsvertrages zur Erhöhung von Geschäftsführervergütungen statuiert nicht, dass die Vergütungen der Geschäftsführer in absoluten Zahlen gleich hoch sein müssen, sondern dass Erhöhungen vorhandener Gehälter von Geschäftsführern im gleichen prozentualen Verhältnis erfolgen müssen. Es bestehen damit keine Anhaltspunkte dafür, dass Gesamtnichtigkeit bestehen sollte, wenn auch nur eine genehmigte Geschäftsführervergütung nichtig oder anfechtbar sein sollte.

3. Beide Beschlussteile betreffende Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe:

Beide Beschlussteile von vornherein unwirksam machende Nichtigkeits- oder Anfechtungsgründe liegen nicht vor.

a) Kein Stimmrechtsausschluss des I2:

Entgegen der Auffassung des Klägers mangelt es nicht an der erforderlichen Stimmenmehrheit für den Genehmigungsbeschluss sowohl des Vertrages der Beklagten mit dem Geschäftsführer Dr. I2 als auch des Vertrages mit dem Geschäftsführer I3 unter dem Gesichtspunkt, dass den Mehrheits-Gesellschafter I2 bezogen auf den eigenen Vertrag oder denjenigen mit seinem nahen Angehörigen I3 ein Stimmverbot getroffen hätte. Gemäß § 10 Ziff. 5 des Gesellschaftsvertrages bedürfen Gesellschafterbeschlüsse der einfachen Stimmenmehrheit. Diese ist vorliegend erreicht worden, weil Dr. I2, der für die Beschlussfassung gestimmt hat, angesichts seiner Beteiligung an der Beklagten von 60 % über die Stimmenmehrheit i. S. d. § 10 Ziff. 6 des Vertrages verfügt hat. Aus den Regelungen in § 7 Ziff. 5 u. 6 der Satzung folgt – unstreitig – nicht, dass die Regelung einer Geschäftsführervergütung von den Gesellschaftern nur einstimmig beschlossen werden kann.

Dr. I2 war auch nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen. Ein solcher Ausschluss könnte sich nur aus § 47 Abs. 4 GmbHG ergeben. Diese Norm hindert den Gesellschafter einer GmbH indes nicht daran, an Beschlussfassungen über die Konditionen seines eigenen Geschäftsführeranstellungsvertrags einschließlich der Höhe der Bezüge mitzuwirken und an den diesbezüglichen Abstimmungen teilzunehmen (BGH, WM 1969, S. 176 ff.; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
a. M., GmbHR 2005, S. 447 ff.; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, a.a.O., § 47 Rn. 86). Erst recht ist der Gesellschafter stimmberechtigt, wenn es um die Konditionen des Geschäftsführeranstellungsvertrages eines nahen Angehörigen geht. § 47 Abs. 4 GmbHG ist auf Rechtsgeschäfte mit diesen nicht anwendbar (Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, a.a.O.).

b) Kein Verstoß gegen frühere Vereinbarung der Unentgeltlichkeit:

Eine Vereinbarung der Gesellschafter über eine unabänderliche Unentgeltlichkeit der Geschäftsführertätigkeit ist nicht anzunehmen. Eine solche trägt der Kläger schon nicht konkret vor, sondern beruft sich auf eine stillschweigende Übereinkunft. Einer solchen steht allerdings bereits die Regelung in § 7 Ziff. 8 des Gesellschaftsvertrages entgegen, wonach die Erhöhung der Vergütung des einen Gesellschafter-Geschäftsführers automatisch eine entsprechende Erhöhung der Vergütung des anderen Gesellschafter-Geschäftsführers nach sich zieht. Diese Regelung ergibt im Falle der Annahme einer durchgehenden ausschließlichen Unentgeltlichkeit der Geschäftsführertätigkeiten keinen Sinn. Auch aus dem Schreiben des Dr. I2 an den Kläger vom 27.11.2006 (Anlage K 10) ergibt sich nichts anderes. Der Inhalt des Schreibens lässt keinen Rückschluss auf eine verbindliche Vereinbarung der Gesellschafter über die Unentgeltlichkeit zu. Eine etwaige Vereinbarung wäre jedenfalls verknüpft mit der seinerzeitigen Geschäftsführertätigkeit des I2 und des Klägers selbst, die in den Zeiten der gemeinsamen Stellung als jeweilige Gesellschafter-Geschäftsführer einen größeren Spielraum in der gemeinsamen Gestaltung ihrer Vergütung hatten und diese mit den Beschlüssen zu jeweiligen Gewinnentnahmen als Entgelt auch ausnutzten (s. u.). Eine etwaige stillschweigende Vereinbarung, keine ausdrücklich aus Geschäftsführergehälter bezeichnete Vergütungen zu beschließen, dürfte nicht als Vereinbarung quasi zulasten Dritter dahingehend ausgelegt werden, dass auch zukünftige Fremd-Geschäftsführer wie etwa I3 trotz der Regelung in § 7 Ziff. 8 des Gesellschaftsvertrages für die Komplementär-GmbH die Geschäfte stets nur unentgeltlich führen durften und dürfen. Durfte demnach einem neuen (Fremd-)Geschäftsführer grundsätzlich ein Gehalt zugebilligt werden, kann nach der genannten Gleichbehandlungsregelung der Satzung für den anderen Geschäftsführer nichts anderes gelten.

c) Angemessenheit wegen früherer Tätigkeitsvergütungen:

Soweit die Beklagte die Angemessenheit der beschlossenen und genehmigten Geschäftsführervergütungen von jeweils 5.500,00 EUR brutto pro Monat demgegenüber gerade damit begründet, dass der Kläger und der Geschäftsführer Dr. I2 in der Vergangenheit jeweils eine „Tätigkeitsvergütung“ von der B GmbH und Co. KG i.H.v. 5.112,92 EUR bzw. 7.669,38 EUR monatlich erhalten hätten, kann auch dem nicht gefolgt werden. Denn bei den vorgenannten Zahlungen handelte es sich – wie in der abschließenden Anhörung der Parteien bzw. ihrer Vertreter vor dem Senat vom 09.09.2019 noch einmal deutlich geworden ist – nicht um Geschäftsführervergütungen. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Zahlungen nach dem Ausscheiden des Klägers aus der Geschäftsführung der Beklagten fortgesetzt worden sind, obwohl der Kläger keinerlei Geschäftsführungsaufgaben mehr wahrgenommen hat. Bei den vorgenannten Zahlungen hat es sich tatsächlich um Vorabentnahmen der Gesellschafter gehandelt. Hierfür spricht auch, dass sich die Höhe der Zahlungen an den Beteiligungsquoten der Gesellschafter orientiert hat, was – gerade in Ansehung des § 7 Abs. 8 der Satzung – unverständlich wäre, wenn es sich um Gehaltszahlungen gehandelt hätte.

Auch kann sich die Beklagte für die Angemessenheit der genehmigten Vergütungen der Geschäftsführer nicht mit Erfolg auf den Umstand berufen, dass der frühere „président“ der F2 P eine monatliche Vergütung von 30.000,00 EUR erhalten hat. Dies lässt keinen Rückschluss auf die Angemessenheit der hier in Rede stehenden Geschäftsführergehälter zu, denn es ist unklar, wie der Aufgabenbereich des seinerzeitigen „président“ gewesen ist, der gleichzeitig als „directeur général“ fungiert hat. Die letztgenannte Aufgabe hat zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 24.02.2014 Herr Dr. U mit einer Vergütung von 96.000,00 EUR brutto pro Jahr innegehabt (vgl. Anlage B 1).

4. Keine Treuwidrigkeit der Stimmabgabe des I2:

Für beide Beschlussinhalte vermag der Kläger den Senat am Maßstab der gem. den §§ 529 ff. ZPO zugrunde zu legenden Tatsachenfeststellungen gemessen nicht i.S.d. § 286 ZPO davon zu überzeugen, dass die erforderliche einfache Stimmenmehrheit im Ergebnis deshalb nicht erreicht worden ist, weil die Stimmabgabe des Dr. I2 bezogen auf die Genehmigung des einen oder des anderen Geschäftsführeranstellungsvertrages treuwidrig (§ 242 BGB) gewesen ist. Soweit die Beklagte allerdings schon im Ausgangspunkt meint, jede Vergütung innerhalb des am Markt für den jeweiligen Unternehmensbereich vorhandenen Spektrums sei als angemessen anzusehen, kann dem nicht gefolgt werden. Denn hierbei bliebe außer Acht, dass es sich um Unternehmen gänzlich unterschiedlicher Größe und Geschäftsführer unterschiedlicher Qualifikation handeln kann, die individuell zu betrachten sind.

a) Der diesbezügliche rechtliche Maßstab ist für beide Beschlussinhalte gleich zu beurteilen. Nach allgemeiner Auffassung sind treuwidrig abgegebene Stimmen nichtig und deshalb bei der Feststellung des BeschlussergebnissesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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außer Acht zu lassen (vgl. BGH, WM 1993, Seite 1595 ff.; NJW 1991, Seite 846 ff.; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, a.a.O., Anh § 47 Rn. 105). Werden nichtige Stimmen gleichwohl mitgezählt und kommt deshalb ein bestimmtes Beschlussergebnis zu Stande, so ist der betreffende Beschluss anfechtbar (BGH, a.a.O.). Beschlüsse, mit denen Geschäftsführervergütungen eingeführt oder erhöht werden, sind unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zu überprüfen (BGH, ZIP 2008, Seite 1818 ff.; NJW 1990, Seite 2625 ff. = BGHZ 111, S. 224). Danach ist es unzulässig, einem Geschäftsführer einen durch keine entsprechende Gegenleistung gedeckten Vermögensvorteil zuzuwenden, wenn anderen Gesellschaftern kein entsprechender Vorteil eingeräumt wird (BGH, a.a.O.). Bei der Bemessung der Vergütung steht den Gesellschaftern allerdings ein recht weiter Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen eine Vergütung nicht als unangemessen angesehen werden kann (BGH, NJW 1990, S. 2625 f.). Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für die Vergütung eines einem Gesellschafter nahestehenden Fremdgeschäftsführers (BGH, ZIP 2008, S. 1818 ff.). Die Angemessenheit der Geschäftsführervergütung richtet sich nicht allein nach den vom Geschäftsführer zu erbringenden und schon erbrachten Leistungen (BGH, NJW 1990, S. 2625 f.). Vielmehr ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände erforderlich, zu denen insbesondere Art, Größe und Leistungsfähigkeit des Unternehmens, Alter, Ausbildung, Berufserfahrung und Fähigkeiten des Geschäftsführers sowie Umfang und Bedeutung seiner Tätigkeit gehören (BGH, NJW 1990, S. 2625 f.). Dabei kann sich der Tatrichter – ggf. sachverständig unterstützt – als Hilfe für die Beurteilung ähnlich wie im Fall der Ermittlung des angemessenen Unternehmerlohns (BGH, Urteil vom 06.02.2008, XII ZR 45/06, juris) – auch geeigneter Studien wie etwa der jährlichen Veröffentlichungen der BBE media GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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aus Neuwied zu GmbH-Geschäftsführer-Vergütungen bedienen (vgl. Knief, DB 2010, S. 289, 293, Beispiel Tabelle 1). Angesichts dessen folgt der Senat im Ansatz nicht der im letzten Senatstermin geäußerten Auffassung der Beklagten, dass die Angemessenheit der Geschäftsführergehälter wegen der geringen Datenbasis u. a. der BBE-Studien (vgl. zusammenfassende Einschätzung des Gutachters X unter Rn. 75 des Ergänzungsgutachtens) in tatsächlicher Hinsicht durch eine Beweisaufnahme schon nicht habe geklärt werden können.

Angesichts des Ausnahmecharakters der Treuwidrigkeit einer Stimmabgabe bei dem Beschluss über die Vergütung eines GmbH-Geschäftsführers und des dargelegten Ermessens der Gesellschafter ist der Senat jedoch der Auffassung, dass der Spielraum für die angemessene bzw. noch nicht treuwidrige Vergütung jedenfalls nicht enger gezogen werden darf als derjenige, den die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für die Fragestellung entwickelt hat, bis zu welcher Grenze ein Geschäftsführergehalt steuerrechtlich von den Finanzbehörden zu akzeptieren ist und ab wann es als verdeckte GewinnausschüttungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zu behandeln ist (BFH, Urteil vom 28.06.1989, IR 89/85; Urteil vom 02.02.1994, IR 18/93; Urteil vom 10.07.2002, IR 37/01, jeweils juris). Für einen großzügigen Maßstab spricht insoweit die o. g. übereinstimmende sachverständige Beurteilung des Gerichtssachverständigen Dipl.-Ök. X und des als Beistand der Beklagten angehörten Privatgutachters Dr. F, dass die BBE-Studien wegen des zufälligen Rücklaufs der freiwilligen Antworten der angefragten Unternehmer und Steuerberater sowie der deshalb in einzelnen Beurteilungskategorien zahlenmäßig nicht umfassenden Daten nicht als hinreichend empirisch gesicherte Datenbasis für eine genaue Ermittlung angemessener Geschäftsführergehälter ausreichen. Nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist für die steuerrechtliche Prüfung von dem Quartil oberhalb des Medianeinkommens auszugehen und auf dieses noch ein Sicherheitszuschlag von 20 % vorzunehmen (BFH, a.a.O.). Auf die Frage, ob für die gesellschaftsrechtliche Beurteilung der Angemessenheit eines Geschäftsführergehalts und der Grenze zur Treuwidrigkeit ein noch großzügigerer Maßstab als dieser steuerrechtliche anzuwenden ist, wird es aus den nachstehend bei den wechselseitigen Berufung umfassend erörterten tatsächlichen Gründen letztlich nicht entscheidungserheblich ankommen.

Die Darlegungs- und Beweislast für die Unangemessenheit der beschlossenen Vergütung eines Geschäftsführers trägt grundsätzlich der Anfechtungskläger (BGH, ZIP 2008, S. 1818 ff.). Damit trifft ihn auch die Darlegungs- und Beweislast für die für die Vergütungshöhe tatsächlich relevanten Kriterien. Lediglich insoweit, als dem Anfechtungsberechtigten ein Sachvortrag aus seiner eigenen Sphäre nicht möglich ist, trifft die Gesellschaft eine sekundäre Darlegungslast. Dies betrifft u. a. die Kriterien des Ausmaßes und Umfangs der Geschäftsführungstätigkeiten sowie hierbei insbesondere die interne Arbeitsverteilung zwischen den Geschäftsführern.

b) Keine treuwidrige Stimmabgabe bzgl. I3 (Berufung des Klägers)

An dem dargelegten Maßstab gemessen ist das Landgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Stimmabgabe durch Dr. I2 hinsichtlich der Genehmigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags des I3 nicht treuwidrig erfolgt ist.

aa) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat hält sich die Stimmabgabe des Gesellschafters Dr. I2 bezogen auf die Genehmigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags mit einer Vergütung für I3 von monatlich 5.500,00 EUR im zulässigen Rahmen und ist nicht wegen etwaiger deutlicher Überhöhung der Vergütung als treuwidrig anzusehen.

(1) Im Ausgangspunkt ist entgegen der Auffassung des Klägers an dem obigen Maßstab gemessen zwar von einer sekundären Darlegungslast der Beklagten, nicht aber von der angenommenen vollen Beweislastumkehr auszugehen. Diese ergibt sich auch nicht daraus, dass die Geschäftsführer der Beklagten nach dem Vortrag des Klägers ihrer Berichtspflicht aus § 7 Ziff. 7 des Gesellschaftsvertrags nicht hinreichend nachgekommen sein sollen. Es ist schon nicht erkennbar, dass der Kläger eine entsprechende Unterrichtung verlangt hat. Zudem würde eine Verletzung dieser Pflicht auch nicht zur Beweislastumkehr führen, sondern allenfalls eine gesteigerte Darlegungslast der Beklagten zur Folge haben. Da die Beklagte aber hinsichtlich Art und Umfang der Geschäftsführungstätigkeiten ohnehin schon eine sekundäre Darlegungslast trifft, der sie in beiden Instanzen umfassend nachgekommen ist, greift der Einwand des Klägers nicht durch.

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers sind bzgl. des Geschäftsführers I3 dessen Tätigkeiten sowohl für die Beklagte bzw. die B KG als auch für die Tochtergesellschaft F2 und deren Tochter J zugrunde zu legen. Hinsichtlich des Unternehmens der Beklagten ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Beklagte selbst nicht operativ tätig ist. Sie ist Komplementärin der B GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, so dass die Tätigkeiten des I3 für diese Gesellschaft bei der Bemessung seiner Vergütung zu berücksichtigen sind. Gleiches gilt für die Tätigkeit des I3 für die F2 und deren Tochtergesellschaft J. Aus dem französischen Handelsregisterauszug (Anlage B 1) ergibt sich nämlich, dass die Beklagte als „président“ für die F2 und damit als deren geschäftsführendes Organ fungierte. Der Kläger hat erstinstanzlich selbst ausgeführt, dass die Beklagte in ihrer Funktion als „président“ durch I3 als „représenté par“ vertreten worden sei. Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob die Beteiligung der Beklagten an der F2 vom satzungsmäßigen Gesellschaftszweck der Beklagten gedeckt ist. Denn für die Frage, ob die Tätigkeiten des I3 für die F2 und die J der Geschäftsführung der Beklagten zuzurechnen sind, kommt es allein darauf an, dass die Beklagte mit dem Willen ihrer Gesellschafter die Beteiligung an der F2 erworben hat, was der Fall ist. Folglich ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Tätigkeiten des I3 für die F2 der Geschäftsführung der Beklagten zuzurechnen sind. Gleiches gilt auch für die J, weil auch etwaige Tätigkeiten für diese ausschließlich darauf beruhen, dass die Beklagte (mittelbare) Alleingesellschafterin dieser Gesellschaft ist.

Der Genehmigungsbeschluss vom 24.02.2014 verstößt auch nicht insoweit gegen die Satzung der Beklagten, als der Anstellungsvertrag des I3 lediglich allgemein dessen Tätigkeit für die Beklagte betrifft, ohne diese näher zu definieren. Im Übrigen weist die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung zu Recht darauf hin, dass eine etwaige Anfechtbarkeit des Genehmigungsbeschlusses wegen der Satzungswidrigkeit (vgl. Scholz-Schmidt, GmbHG, 12. Aufl. 2018, III. Band, § 45 Rn. 114) entfallen wäre, weil der Kläger diesen Einwand nicht innerhalb der Anfechtungsfrist geltend gemacht hat.

Dass im September 2015 offenbar die U GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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bei der F2 die Funktion des „président“ übernommen hat (vgl. Anlage K 18), ist für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich, weil es für die Frage der Treuwidrigkeit auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 24.02.2014 ankommt. Im Übrigen sind Tätigkeiten des I3 für die F2 ungeachtet dessen weiterhin der Geschäftsführung der Beklagten zuzurechnen, weil diese nach wie vor Alleingesellschafterin der F2 ist.

(3) Die Beklagte hat schon erstinstanzlich sowohl schriftsätzlich aus als durch die ergänzende Anhörung ihrer Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 31.01.2015 ihrer sekundären Darlegungslast zum Tätigkeitsumfang des I3 genügt. Insoweit kann zugunsten des aus den obigen Gründen für die eine Treuwidrigkeit der beschlossenen Geschäftsführergehälter darlegungs- und beweisbelasteten Klägers nicht festgestellt werden, dass der Tätigkeitsumfang des I3 geringer war als von der Beklagten angegeben. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil zu Recht darauf abgestellt, dass es insoweit an einem Beweisantritt des Klägers fehlt.

(4) Die aus dem zugrunde zu legenden Tatsachenvortrag der Beklagten zu seinem Tätigkeitsumfang vom Landgericht unter Auswertung des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens des Dipl.-Betr.wirt X2 vom 30.05.2016 abgeleiteten tatsächlichen Feststellungen zu dem angemessenen Geschäftsführergehalt des I3 zum Zeitpunkt der Beschlussfassung binden den Senat indes gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht. Die landgerichtlichen Tatsachenfeststellungen wären für den Senat nur bindend, wenn keine Zweifel an deren Richtigkeit und Vollständigkeit bestünden. Bei erkennbaren Unklarheiten und Unzulänglichkeiten eines Gutachtens ist das Gericht gehalten, von Amts wegen auf eine Ergänzung des Gutachtens oder dessen Erläuterung durch den Sachverständigen hinzuwirken; dies gilt auch für das Berufungsgericht (vgl. Greger, in: Zöller, a.a.O., § 411 Rn. 5). So liegt der Fall hier, denn konkrete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Beweiserhebung des Landgerichts haben eine erneute Feststellung durch die umfassende ergänzende gutachterliche Beweisaufnahme vor dem Senat geboten. Das erstinstanzliche Gutachten des Sachverständigen X2 erweist sich für die Beurteilung der maßgeblichen Beweisfragen als unbrauchbar. Die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen sind oberflächlich und teils unrichtig; das Ergebnis, dass das als angemessen erachtete monatliche Bruttogehalt für I3 für die B GmbH und die F2 mit 12.993,26 EUR rund 8,5 mal höher liegen solle als dasjenige des Dr. I2 von monatlich 1.530,24 EUR, wird nicht ansatzweise nachvollziehbar begründet. Soweit der Sachverständige X2 in seinem Gutachten im Wege der Schätzung von sieben Arbeitstagen ausgegangen ist, ist diese Schätzung nicht geeignet, das vom Kläger nicht mit den erforderlichen Beweisantritten bestrittene Beklagtenvorbringen zu widerlegen. In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass der Sachverständige die Beteiligung des I3 an anhängigen Rechtsstreitigkeiten und an den Finanzierungsverhandlungen mit den Banken unberücksichtigt gelassen hat. Insgesamt bietet die Schätzung des Sachverständigen daher keine verlässliche Grundlage für die Bemessung des Zeitaufwandes des I3 für die Gesellschaften. Anlass, der Beklagten gemäß § 142 ZPO die Vorlage einzelner Lieferungsverträge mit Kunden aufzugeben, bestand nicht, zumal der beweispflichtige Kläger ein Einsichtsrecht nach § 51 a GmbHG hat, welches sich auch auf Tochtergesellschaften der Beklagten erstreckt (Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, a.a.O., § 51 a Rn. 8). Insgesamt kann daher nicht festgestellt werden, dass der von der Beklagten veranschlagte Aufwand an Arbeitstagen jährlich überhöht ist, zumal in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen ist, dass die Tätigkeit des I3 für die F2 mit einer erheblichen Reisetätigkeit verbunden gewesen ist, und zwar unabhängig davon, ob die Tätigkeit im Einzelfall am Sitz des Unternehmens im Südwesten Frankreichs, wohin I3 nach dem unwiderlegten Vorbringen der Beklagten alle zwei Monate für einige Tage reiste, oder an anderen Orten ausgeübt wurde.

Vor dem Hintergrund der aus den vorstehenden Gründen unzulänglichen Tatsachenfeststellung durch das Landgericht hat der Senat zunächst auf der Grundlage des schriftsätzlichen Vortrags die Geschäftsführer I3 und Dr. I2 zum Umfang und Inhalt ihrer Geschäftsführertätigkeiten zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 04.09.2017 gem. den §§ 141, 278 ZPO ergänzend angehört. Da der Kläger auch im Berufungsverfahren keinen am Maßstab der §§ 529-531 ZPO zulässigen Beweis dafür angetreten hat, dass die tatsächlichen Angaben der Beklagten und ihrer Geschäftsführer unrichtig seien, legt der Senat die von der Beklagten dargelegten Tatsachen zugrunde. Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz vorgetragen hat, die F2 befinde sich mittlerweile in Insolvenz, hat dies für die Frage, ob durch den Gesellschafterbeschluss vom 24.02.2014 eine angemessene Geschäftsführervergütung für I3 festgesetzt wurde, keine Bedeutung.

Soweit der Kläger erstinstanzlich geltend gemacht hat, die F2 gewähre eine gesonderte Vergütung von 96.000,00 EUR jährlich, lässt sich den späteren Ausführungen der Parteien entnehmen, dass es sich hierbei um Zahlungen an Herrn Dr. U als Generaldirektor gehandelt hat (vgl. S. 14 der Berufungserwiderung der Beklagten). Dass die F2 Vergütungszahlungen an die Geschäftsführer der Beklagten vornimmt, hat die Beklagte ausdrücklich bestritten, ohne dass der Kläger konkret etwas anderes behauptet und unter Beweis gestellt hat. Folglich ist der Senat davon ausgegangen, dass die Geschäftsführer der Beklagten von der F2 keine ggf. bei der Angemessenheit der vorliegend in Streit stehenden Tätigkeitsvergütung zu berücksichtigende weitere Zahlungen erhalten hat.

(5) Auch hinsichtlich der tatsächlichen Grundlagen für die Vergütungshöhe (welchen Tagessatz bzw. welche üblichen Vergütungstaxen durften für die beiden Gesellschaften als angemessen zugrunde gelegt werden) war die ergänzende Beweisaufnahme vor dem Senat erforderlich. Das Landgericht hat die vom Sachverständigen X2 ermittelten Tagessätze zugrunde gelegt. Die diesbezüglichen Feststellungen begründen wiederum erhebliche Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der landgerichtlichen Tatsachenfeststellungen (§ 529 Abs. 1 ZPO). Der Sachverständige X2 hat zur Ermittlung der angemessenen Vergütungshöhe bzgl. der in Rede stehenden Gesellschaften eine Veröffentlichung der OFD Karlsruhe sowie diverse Presseartikel herangezogen. Dieses Vorgehen ist zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden, zumal die in den vorgenannten Übersichten enthaltenen Zahlen auf sog. Primärrecherchen durch Nachfrage bei einzelnen Unternehmen beruht haben dürften. Diese Primärrecherche musste der Sachverständige nicht notwendigerweise selbst vornehmen (vgl. Zulässigkeit der Heranziehung von BBE-Studien, s. o.). Der Sachverständige hat sodann jedoch die Mittelwerte der Jahresvergütungen ermittelt und ausgehend hiervon durchschnittliche Tagessätze errechnet. Dieses Vorgehen erscheint bedenklich, weil der Sachverständige damit im Ergebnis für die Ermittlung der angemessenen Vergütungshöhe nur die Tätigkeitsbereiche der Unternehmen und den Tätigkeitsumfang des I3 berücksichtigt hat. Nach den Vorgaben des BGH (s.o.) sind hingegen auch Kriterien wie Größe und Leistungsfähigkeit des Unternehmens sowie Qualifikation des Geschäftsführers zu berücksichtigen. Dass diese Kriterien vorliegend jeweils als durchschnittlich zu bemessen sind, so dass es gerechtfertigt erscheint, die Mittelwerte der Vergütungsspektren als Maßstab heranzuziehen, kann – wie die Beweisaufnahme durch den Gutachter X vor dem Senat bestätigt hat – gerade nicht ohne weiteres angenommen werden.

Im Ansatz nicht zu beanstanden ist allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten, dass der Sachverständige X2 bei der Ermittlung im Ergebnis 220 Arbeitstage jährlich zugrunde gelegt hat. Zwar ist seine Herleitung (5 Tage x 4 Wochen x 11 Monate) nicht überzeugend. Jedoch belief sich die Anzahl der Arbeitstage in NRW in den vergangenen Jahren auf 249 (2017), 252 (2016), 253 (2015) und 251 (2014). Berücksichtigt man zusätzlich 30 Urlaubstage jährlich, wie es die Beklagte selbst für angemessen hält, erscheint es als angemessen, jährlich 220 Arbeitstage zugrunde zu legen.

(6) Die aus den vorgenannten Gründen geboten gewesene ergänzende Beweisaufnahme vor dem Senat durch die schriftliche und mündliche Begutachtung durch den Sachverständigen Dipl.-Ök. X hat zur Überzeugung des Senats i. S. d. § 286 ZPO zu dem Ergebnis geführt, dass bzgl. I3 die beschlossene monatliche Vergütung von 5.500,00 EUR das angemessene Maß nicht überschreitet. Insoweit hat der Sachverständige die vom Senat im Beweisbeschluss vom 04.09.2017 vorgegeben tatsächlichen Grundlagen, die der Senat ihm nach den obigen Weichenstellungen bzgl. der Unternehmen und der beiden Geschäftsführer vorgegeben hatte und wegen deren Einzelheiten auf den Inhalt des Beweisbeschlusses verwiesen wird, sorgfältig beachtet und die gestellten Beweisfragen bzgl. I3 im Ergebnis überzeugend beantwortet. Insbesondere hat der Sachverständige das von der Beklagten vorgelegte erste Privatgutachten von X3, mit dem die Beklagte Geschäftsführerjahresbruttogehälter zwischen 90.000,- EUR und 135.000,- EUR begründen möchte, auf den S. 24-27 seines Ausgangsgutachtens vom 07.08.2018 überzeugend widerlegt. Weder hat der Privatgutachter X3 eine branchenspezifische Einordnung vorgenommen, noch hat er die unstreitig nur recht wenigen Arbeitstage der beiden Geschäftsführer für die Beklagte und das Tochterunternehmen F2 mit einem bloß 10-%-igen Abschlag vom Jahresbruttoeinkommen angemessen berücksichtigt. Hinsichtlich des beschlossenen Geschäftsführergehalts des I3 ergibt sich nach schriftlicher und mündlicher Begutachtung des Sachverständigen X unter Berücksichtigung der Einwendungen der Parteien – auf Beklagtenseite substantiiert durch die Vorlage der Privatgutachten und mündlichen Angaben ihres Beistandes Dr. F – folgendes Ergebnis, ohne dass es insoweit schon auf die streitige Frage der richtigen Bewertungsweise für die Bemessung der nicht vollschichtigen Tätigkeiten für die Gesellschaften ankommt:

(a) Im Ergebnis hat der Sachverständige X in seinem Ausgangsgutachten und seinem auf die Einwendungen der Parteien hin erstatteten Ergänzungsgutachten ausgehend von 220 Jahresarbeitstagen und den vom Senat vorgegebenen gemittelten Angaben zu den Jahresarbeitstagen für die Beklagte selbst und für die KG sowie für die F2 bzw. J folgende Gehälter für I3 ermittelt:

Medianeinkommen:   Ausgangsgutachten: Ergänzungsgutachten
51,5 Arbeitstage F2:   35.037,- EUR   34.558,- EUR
15,5 Arbeitstage Beklagte:   4.946,- EUR     5.062,- EUR
Summe:     39.983,- EUR   39.620,- EUR

Bei 10 % Abweichung nach oben:
51,5 Arbeitstage F2:   38.540,- EUR   38.014,- EUR
15,5 Arbeitstage Beklagte:   5.440,- EUR     5.568,- EUR
Summe:     43.980,- EUR   43.582,- EUR

(b) Ausgehend hiervon kommt man – ungeachtet der Einwendungen der Parteien – zu folgenden Zwischenergebnissen:Randnummer81

Unter Berücksichtigung der nach den obigen rechtlichen Vorgaben deutlich zu gering bemessenen Spannbreite einer Mittelwertabweichung von 10 % läge bei Zugrundelegung einer vom Landgericht angenommenen Toleranzabweichung von bis zu 50 % für die gesellschaftsrechtliche Treuwidrigkeit das bzgl. I3 im Ausgangsgutachten prognostizierte Jahresgehalt von 43.980,- EUR praktisch exakt an der Grenze einer noch bzw. im Hinblick auf die Treuwidrigkeit der Stimmabgabe nicht mehr akzeptablen Überschreitung, denn das durch den angefochtenen Beschluss genehmigte Jahresbruttoeinkommen liegt bei 66.000,00 EUR. Bei einer für den tatsächlichen Aufwand angemessenen Vergütung von 44.000,00 EUR oder mehr würde die genehmigte Vergütung keine Überschreitung um mehr als 50 % darstellen. Das im Ergänzungsgutachten mit 10 % Mittelabweichung ermittelte Einkommen von 43.582,- EUR wiche um rund 51 % von der vereinbarten Vergütung von 66.000,- EUR ab. Der Sachverständige X hat in seinem Ergänzungsgutachten (dort S. 2) betont, dass die Angemessenheitsbandbreiten, die er mit +/- 10 % taxiert hat, letztlich im Ermessen liegen. Geht man weder von der Angemessenheitsspannbreite von +/- 10 % gem. dem Gutachten X noch von +/- 30 % entsprechend dem Privatgutachten Dr. F aus, sondern legt zumindest die von der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entwickelte Toleranzgrenze von 20 % Sicherheitszuschlag auf das oberste Quartil zugrunde, wird die Treuwidrigkeitsgrenze zum genehmigten Einkommen von 66.000,00 EUR eindeutig nicht verletzt:

Nach den übereinstimmenden mündlichen Angaben des Sachverständigen X und des Privatgutachters Dr. F im Senatstermin vom 09.09.2019 liegt in der BBE-Studie 2014 die statistische Abweichung des obersten Quartils von den ermittelten Medianeinkommen bei zwischen rund 25 % und 35 %, im Durchschnitt bei 30 % (für Fremdgeschäftsführer im Bereich Handwerk bei 35 %, für solche im Bereich sonstige Industrie bei 27 %). Schlägt man auf das unter teilweiser Berücksichtigung von in diesen Punkten nachvollziehbar begründeten Parteieinwendungen im Ergänzungsgutachten ermittelte Medianeinkommen des I3 von 43.582,- EUR den Durchschnittswert zum obersten Quartil von 30 % auf, ergibt sich ein Einkommen von 56.656,60 EUR. Unter Hinzurechnung des vom Bundesfinanzhof steuerrechtlich gebilligten Sicherheitszuschlages von 20 % ergibt sich ein Jahreseinkommen von 67.987,92 EUR, welches durch das gebilligte Einkommen von 66.000,00 EUR geringfügig unterschreiten wird.

Folgende Kontrollüberlegung unterstützt dieses Ergebnis:

Der Sachverständige X hat in seinem Ergänzungsgutachten (dort S. 2) betont, dass weitere Bandbreite für die Bemessung der Geschäftsführereinkommen auch die vom Gericht vorgegebenen jeweiligen Arbeitstage seien. Geht man entsprechend der Tabelle am Ende des Ausgangsgutachtens bei I3 statt von dem Mittelwert von 51,5 Arbeitstagen von durch den beweisbelasteten Kläger nicht widerlegten 56 Arbeitstagen sowie bei der F2 von nicht widerlegten 19 statt 15,5 Arbeitstagen bei der Beklagten aus, würde sich der Medianwert des angemessenen Jahreseinkommens schon ohne den 10 %-Zuschlag auf 38.098,00 EUR + 6.063,00 EUR = 44.161,00 EUR erhöhen und läge damit unterhalb der vom Landgericht angenommenen gesellschaftsrechtlichen Treuwidrigkeitsgrenze von 50 %. Gleiches gilt im Ergebnis, wenn man mit dem Ergänzungsgutachten bei 56 und 19 Arbeitstagen von den auf die Einwendungen hin geringfügig korrigierten Medianwerten von 37.578,- EUR und 6.205,- EUR ausgeht. Diese lägen mit insgesamt 43.783,- EUR zwar geringfügig unter einer etwaigen Treuwidrigkeitsgrenze von 44.000,- EUR. Einschließlich des sehr maßvollen 10 %-Zuschlags läge das ebenfalls noch – ohne weiteren Toleranzzuschlag – als angemessen anzusehende Einkommen bei 48.161,- EUR und wiche nur um rund 37 % von dem genehmigten Einkommen von 66.000,- EUR ab.

(7) Auf die weitergehenden Einwendungen (näher dazu s. u. bei der Berufung der Beklagten betreffend die Genehmigung der Vergütungsvereinbarung bzgl. Dr. I2) kommt es nach den vorstehenden Weichenstellungen und dem dargelegten Ergebnis für die fehlende Treuwidrigkeit der Stimmabgabe des I2 bezogen auf das genehmigte Geschäftsführerjahresbruttogehalt des I3 nicht mehr entscheidungserheblich an.

bb) Sonstige Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe sind nicht ersichtlich:

(1) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Vergütung des I3 nicht rückwirkend erhöht worden, weil der Anstellungsvertrag erst ab dem 01.03.2014 gelten sollte. Im Übrigen wäre eine rückwirkende Erhöhung auch nicht grundsätzlich unzulässig, sondern würde ggf. nur eine abweichende Beweislastverteilung bzgl. der Höhe der angemessenen Vergütung rechtfertigen.

(2) Ein eigenständiger Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgrund ergibt sich auch nicht daraus, dass der Geschäftsführeranstellungsvertrag wegen der unangemessen hohen Geschäftsführervergütung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Denn wenn der Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Genehmigung des Anstellungsvertrages nicht wegen Treuwidrigkeit anfechtbar wäre, läge eine wirksame Zustimmung der Gesellschafterversammlung zum Anstellungsvertrag in Kenntnis aller maßgeblichen Umstände vor, so dass die durch ein krasses Missverhältnis möglicherweise begründete Vermutung für eine verwerfliche Gesinnung des I3 als begünstigtem Vertragsteil (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 78. Aufl., § 138 Rn. 34 a ff.) widerlegt und somit keine Nichtigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB gegeben wäre. Im Übrigen wäre der Genehmigungsbeschluss im Falle eines krassen Missverhältnisses ohnehin wegen Treuwidrigkeit anfechtbar, so dass es auf § 138 Abs. 1 BGB nicht ankäme.

e) Keine treuwidrige Stimmabgabe bzgl. I2 (Berufung der Beklagten):

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, weil sich entgegen der landgerichtlichen Beurteilung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat die Stimmabgabe des I2 auch bzgl. der Genehmigung seines eigenen Geschäftsführergehalts nicht als treuwidrig erweist.

Ein Anfechtungsgrund kann sich wiederum nur daraus ergeben, dass die Stimmabgabe durch Dr. I2 wegen Treuwidrigkeit nichtig ist, weil die monatliche Vergütung von 5.500,00 EUR unangemessen hoch ist. Sonstige Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe kommen nicht in Betracht, wobei insoweit auf die Ausführungen zur Berufung des Klägers Bezug genommen wird. An dem obigen Maßstab gemessen vermag der Senat im Ergebnis auch bzgl. des Gehalts des Geschäftsführers Dr. I2 nicht mit der notwendigen Überzeugung i.S.d. § 286 ZPO die von dem Kläger zu beweisenden tatsächlichen Voraussetzungen einer treuwidrigen Stimmabgabe festzustellen.

aa) Auch insoweit sind aus obigen Gründen die schriftsätzlichen und mündlichen tatsächlichen Angaben der Beklagten in beiden Instanzen zugrunde zu legen, wie sie sich in den Vorgaben an den Sachverständigen X im Beweisbeschluss vom 04.09.2017 widerspiegeln.

bb) Hinsichtlich des erstinstanzlichen Gutachtens des Sachverständigen X2 ergeben sich die gleichen Probleme in der Tatsachenfeststellung wie bzgl. der Vergütung des I3. Zur Überprüfung hat der Senat daher auch bzgl. der Angemessenheit des genehmigten Gehalts des Geschäftsführers Dr. I2 mit den oben genannten rechtlichen und im Beweisbeschluss genannten tatsächlichen Vorgaben ergänzend Beweis erhoben.

(1) Das Ausgangsgutachten X hat folgende Ergebnisse bzgl. des angemessenen Geschäftsführergehalts des Dr. I2 erbracht:R

Medianeinkommen:
16,5 Arbeitstage F2:       12.473,- EUR
41,5 Arbeitstage Beklagte:     14.713,- EUR
Summe:         27.186,- EUR

Randnummer96

Bei 10 % Abweichung nach oben:
16,5 Arbeitstage F2:       13.720,- EUR
41,5 Arbeitstage Beklagte:     16.184,- EUR
Summe:         29.904,- EUR

Randnummer97

Die Überhöhung durch das genehmigte Jahresbruttoeinkommen von 66.000,- EUR läge bei rund 142 % bzw. rund 120 %. Die Stimmabgabe zur Genehmigung dieses Geschäftsführergehalts für sich selbst durch den Gesellschafter Dr. I2 könnte bei Zugrundelegung der dargelegten Einkommen treuwidrig gewesen sein.

(2) Zu den Einwendungen beider Parteien – auf Seiten der Beklagten wiederum unter Substantiierung durch die Privatgutachten Dr. F – hat der Sachverständige X in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme umfassend Stellung genommen und ist bzgl. des angemessenen Gehalts des Dr. I2 zu folgenden geringfügig abweichenden Ergebnissen gelangt, die ebenfalls eine ganz erhebliche Überschreitung der oben dargelegten Toleranzgrenzen zur Folge hätten:

Medianeinkommen:
16,5 Arbeitstage F2:       13.050,- EUR
41,5 Arbeitstage Beklagte:     15.974,- EUR
Summe:         29.024,- EUR

Bei 10 % Abweichung nach oben:
16,5 Arbeitstage F2:       14.355,- EUR
41,5 Arbeitstage Beklagte:     17.572,- EUR
Summe:         31.927,- EUR

Weiterhin wäre das genehmigte Jahresbruttoeinkommen von 66.000,00 EUR auch in Bezug auf diese Gesamtgehälter um 127 % bzw. 107 % erhöht. Auch unter Anlegung der Bandbreite des Medians mit dem Aufschlag von rund 30 % im obersten Quartil und dem Sicherheitszuschlag von 20 % könnte eventuell weiterhin eine Überschreitung der Grenze zur treuwidrigen Stimmabgabe anzunehmen sein.

(3) Einwendungen:

Unter Berücksichtigung der Einwendungen der Parteien ist jedoch – insbesondere nach dem Ergebnis der ergänzenden mündlichen Anhörung des Sachverständigen X und des Privatgutachters Dr. F im Senatstermin – von einem deutlich höheren angemessenen Geschäftsführergehalt des Dr. I2 zum Zeitpunkt der Beschlussfassung auszugehen, das nicht treuwidrig von dem genehmigten Gehalt von 66.000,00 EUR abweicht.

(a) X3:

Das schon während der laufenden Erstbegutachtung durch den Sachverständigen X von der Beklagten zu den Akten gereichte Privatgutachten X3, welches zu deutlich höheren angemessenen Gehältern gelangt, hat der Gerichtsgutachter X allerdings – wie oben dargelegt – bereits auf den S. 24 ff. seines Ausgangsgutachtens nachvollziehbar entkräftet.

(b) Weitere Einwendungen:

Gegenüber den inhaltlichen Weichenstellungen im Ausgangsgutachten und im Ergänzungsgutachten X zum Teil durchgreifend sind jedoch die Einwendungen, die die Beklagte unter Bezugnahme auf die Privatgutachten Dr. F vom 14.10.2018 (Anl. B 7) und vom 15.05.2019 (Anl. B 11) erhoben hat. Der Privatgutachter Dr. F gelangt in seiner Stellungnahme vom 14.10.2018 auf S. 11 ausgehend von 16,5 Arbeitstagen des I2 für F2 und 41,5 Arbeitstagen für die Beklagte/KG zu gegenüber dem Gerichtsgutachten X erheblich höheren Medianeinkommen von 51.759,00 EUR und 28.774,00 EUR. Die Summe von 80.533,00 EUR liegt deutlich über dem genehmigten Gehalt von 66.000,00 EUR.

(aa) Medianbandbreite:

Soweit die Beklagte die vom Sachverständigen X nur mit 10 % Abweichung bemessene Medianbandbreite angreift, hat der Senat bereits oben seinen gerichtlichen Ermessensspielraum (vgl. BGHZ 111, S. 224, 227) dahingehend ausgeübt, dass die Grenze zur gesellschaftsrechtlich treuwidrigen Stimmabgabe bzgl. eines Geschäftsführergehalts jedenfalls nicht strenger gezogen werden darf als nach den darlegten Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Dies allein würde allerdings – wie dargelegt – ausgehend von den Ergebnissen der beiden Gutachten X möglicherweise nicht der Treuwidrigkeit entgegenstehen.

bb) Abschläge für Mehrfachgeschäftsführung/unterdurchschnittlicher Zeitaufwand:

Der Sachverständige X ist jedoch nach dem Ergebnis der ergänzenden mündlichen Anhörung im Senatstermin vom 09.09.2019 zudem – auch bzgl. I3, für den es aus obigen Gründen indes nicht darauf ankam – bei der rechnerischen Berücksichtigung der nur anteiligen, jeweils nicht vollschichtigen Geschäftsführung für die verschiedenen Gesellschaften des Unternehmens, deren Geschäftsführung der Beklagten oblag, zu deutlich zu großen Abzügen von den Mediangehältern vollschichtig für eine Gesellschaft tätiger Geschäftsführer gelangt. Aufgrund eines im Senatstermin offen gelegten Fehlverständnisses des Beweisbeschlusses vom 04.09.2017 ist der Sachverständige X davon ausgegangen, dass die Vorgabe des Senats zu den zugrunde zu legenden Arbeitstagen ihn zu der quotenanteiligen Dreisatzberechnung im Verhältnis zu 220 Jahresarbeitstagen gezwungen habe. Am Maßstab des § 404 a Abs. 3 ZPO hat der Senat dem Sachverständigen jedoch lediglich zentrale tatsächliche Grundlagen für die Beantwortung der Beweisfragen vorgegeben. Die Auswahl der betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethode für die rechnerische Berücksichtigung der jeweils nicht vollschichtigen Tätigkeit für zwei Teilgesellschaften obliegt hingegen im eigenen fachlichen Ermessen dem Sachverständigen selbst. Dieses hat er aber nicht eigenständig ausgeübt, sondern hat gemeint, aufgrund vermeintlicher Vorgaben des Senats wie erfolgt rechnen zu müssen. Entscheidend ist, wie sich am Markt die Tatsache der Teilzeittätigkeit eines Geschäftsführers im Verhältnis zu vollschichtigen Mediangehältern auswirkt.

Der Privatgutachter Dr. F macht insoweit nach dem Ergebnis der ergänzenden Anhörung vor dem Senat zu Recht geltend, dass die Vergütungsabschläge für die zeitlich eingeschränkte Geschäftsführung unangemessen hoch seien. Der Gerichtsgutachter habe sich zu Unrecht ausschließlich an den tatsächlichen Arbeitstagen orientiert, die jeder Geschäftsführer für die einzelne Gesellschaft aufbringen müsse, und diese in direkte Beziehung zu den im Marktvergleich ermittelten Jahresgesamtvergütungen gesetzt. Diese Hypothese der ausschließlich ratierlichen Vergütung nach geleisteten Arbeitstagen führe zu deutlich zu geringen, vom Gutachter X zu Unrecht als angemessen erachteten Gehältern.

Bereits aus den in diesem Punkt in den betriebswirtschaftlichen Darstellungen dem Grunde nach übereinstimmenden schriftlichen Gutachten des Sachverständigen X und des Privatgutachters Dr. F ergibt sich, dass eine angemessene Bewertung mehrerer teilschichtiger Geschäftsführertätigkeiten für Teilgesellschaften oder einer nicht vollschichtigen Geschäftsführertätigkeit für eine Gesellschaft mit mehreren Aufgabenfeldern am Markt nicht aufgrund eines Quotenanteils der aufgewandten Arbeitstage zu den durchschnittlichen Jahresarbeitstagen, sondern aufgrund eines weniger weitreichenden prozentualen Abschlags vom Mediangehalt eines vollschichtig für eine Gesellschaft tätigen Geschäftsführers vorzunehmen ist. In der Praxis ist es oft zu beobachten, dass – etwa im KonzernGeschäftsführer der Muttergesellschaft auch Geschäftsführer von Töchtern sind, ohne dass dies zusätzlich vergütet wird. Der Gesellschafter-Geschäftsführer I2 – und der Fremdgeschäftsführer I3 – sind im Beschlusszeitraum als Geschäftsführer der Beklagten zwar für verschiedene Teilgesellschaften, jedoch innerhalb eines Firmenverbundes tätig gewesen. Insoweit entspricht es nicht der Praxis, die jeweiligen Vergütungen der Tätigkeiten in den einzelnen Teilbereichen quotenanteilig nach den dort jeweils geleisteten konkreten Arbeitstagen aufzuteilen. Nach den Vorgaben des Beweisbeschlusses des Senats haben die beiden Geschäftsführer ihre Arbeitsleistungen jeweils auf die Unternehmen des Verbundes aufgeteilt. Diese tatsächlichen Umstände und die Gepflogenheiten am Markt sprechen für einen angemessenen prozentualen Abzug für die teilschichtige Geschäftsführung für die Teilgesellschaften, der aber nicht der quotenanteiligen Dreisatzberechnung nach konkreten Arbeitstagen entspricht.

Der Gerichtsgutachter X selbst hat unter Rn. 102 seines Ausgangsgutachtens dargelegt, dass zwar ein geringer Abschlag von 10 % wie in dem ihm damals zur Beurteilung zugeleiteten Privatgutachten X3 im Abgleich mit der BBE-Studie nicht nachvollziehbar sei. Vielmehr sei in Bezug auf eine als Maßstab anzusetzende vollschichtige Wochenarbeitszeit von 40 bis 50 Stunden und eine Wochenarbeitszeit für die hier maßgebliche Geschäftsführung von unter 30 Stunden nach der BBE-Studie 2014 ein relativer Abschlag von der Medianvergütung von 40 % (Rückgang von 83 % auf 51 % bezogen auf 83 %) vorzunehmen. Angesichts der Übereinstimmung mit den Vorgaben der BBE-Studie und der betriebswirtschaftlich dem Grunde nach gleichgerichteten Beurteilung durch den Privatgutachter Dr. F hält der Senat diesen Ansatz für überzeugend.

Im Hinblick auf die – wenn auch nicht auf hinreichend gesicherter empirischer Datenbasis beruhende – Einschätzung der BBE-Studie 2014 folgt der Senat der Höhe nach nicht dem Privatgutachten Dr. F, wonach zum einen wegen der Kernfunktionen der Geschäftsführertätigkeit gegenüber den Routinearbeiten eine höhere Wertigkeit mit einem Zuschlag von 20 % zuzuerkennen sei und für den zeitunabhängigen Komplex der Geschäftsführung ein Anteil von etwa 10-20 % der jeweils angemessenen Gesamtvergütung anzusetzen sei. Den sich daraus ergebenden Gesamtsaldo des Abzugs hält der Senat angesichts der seinerzeit im Durchschnitt deutlich weniger als 50 % der Jahres- bzw. Wochenarbeitszeit ausmachenden Tätigkeiten für die Beklagte für zu gering.

Bringt man von den sich aus den BBE-Studien ergebenden in Betracht kommenden Mediangehältern – unabhängig von den weiteren Einwendungen, ob auf die Studie 2014 oder 2015 abzustellen ist, welchem Sektor der BBE-Studien die Geschäftsfelder der Beklagten und der Tochtergesellschaften richtigerweise zuzuordnen sind und welche Umsatz- sowie persönlichen Merkmale jeweils zugrunde zu legen sind – bzgl. I2 40 % in Abzug, statt für ihn nur eine Quote  von rund 26 % (58 von 220 Arbeitstagen) zu berücksichtigen, führt dies zu einer guten Verdoppelung der o. g., vom Sachverständigen X quotal ermittelten anteiligen Mediangehälter. Im Ergebnis liegt das angemessene Gehalt aus der Gesamtgeschäftsführung damit schon ungeachtet der sonstigen Einwendungen der Beklagten ungefähr in der Größenordnung des genehmigten Gehalts von 66.000,00 EUR brutto jährlich. Da sich schon aufgrund dieser Erwägungen eine unangemessen hohe Vergütung für I2 nicht feststellen lässt, kommt es nicht mehr darauf an, ob die weiteren Einwendungen der Beklagten gegen die Ergebnisse des Sachverständigen X eine darüber hinausgehende Erhöhung rechtfertigen.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es bestand kein Anlass, die Revision zuzulassen. Zulassungsgründe i. S. d. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen nicht vor. Es besteht keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne einer klärungsbedürftigen Frage, die das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Weiterhin erfordern auch weder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Eine Divergenz zu anderer obergerichtlicher Rechtsprechung ist nicht ersichtlich.

Löffler I www.K1.de I www.gesellschaftsrechtskanzlei.com I Gesellschaftsrecht I Geschäftsführergehalt I Erfurt I Thüringen I Sachsen I Sachsen-Anhalt I Hessen I Deutschland 2022

Schlagworte: Ermessensspielraum, Geschäftsführergehalt