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OLG Frankfurt, Urteil vom 14. Oktober 2016 – 10 U 64/16

§ 823 Abs 2 BGB, § 32 Abs 1 S 1 KredWG, § 54 Abs 1 Nr 2 KredWG, § 54 Abs 2 KredWG, § 14 Abs 1 Nr 1 StGB, § 80 ZPO, § 84 ZPO, § 160a ZPO, § 43 Abs 1 GmbHG

1. Ist ein Geschäftsführer aufgrund interner Aufgabenverteilung nicht für den Abschluss von „Kaufverträgen“ zuständig, lässt dies seine Verantwortlichkeit hierfür dann nicht entfallen, wenn diese Tätigkeit Teil des Geschäftsmodells der Gesellschaft ist.

2. Der notwendige konkrete Bezug einer Blankovollmacht ergibt sich aus der Einreichung im betreffenden Verfahren.

3. Ein generelles Recht der Parteien auf Abhören der vorläufigen Tonträgeraufzeichnung ist in der ZPO nicht vorgesehen; es bedarf eines berechtigten Interesses.

Tenor

Die Zurücknahme der Berufung des Klägers und die Zurücknahme seiner Anschlussberufung gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23.03.2016 (Az.: 2-17 O 315/14) haben den Verlust des jeweils eingelegten Rechtsmittels zur Folge.

Die Berufung des Beklagten zu 2) gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23.03.2016 (Az.: 2-17 O 315/14) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind wie folgt aufzuerlegen:

Von den Gerichtskosten haben der Kläger 53 % und der Beklagte zu 2) 47 % zu tragen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) zu 100 % und von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) 12 % zu tragen. Der Beklagte zu 2) hat von den außergerichtlichen Kosten des Klägers 88 % zu tragen. Im Übrigen tragen der Kläger und der Beklagte zu 2) ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.580,32 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger hat von den Beklagten zu 1) und 2) wegen unerlaubter Handlung vor allem Schadensersatz in Höhe des von der A1 … GmbH (ehemals firmierend unter: A2 … GmbH; im Folgenden A GmbH) aus der ihr übertragenen Lebensversicherung vereinnahmten Rückkaufwertes von 6.580,32 EUR zzgl. Zinsen verlangt.

Der Beklagte zu 2) war in dem hier maßgeblichen Zeitraum Geschäftsführer der A GmbH, die über keine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (kurz: BaFin) nach dem KWG verfügte. Am 27.01.2010 verkaufte der Kläger seine Lebensversicherung bei der B-Gruppe an die A GmbH und trat alle seine Rechte sowie Ansprüche aus der Lebensversicherung an die GmbH ab. Ausgehend von dem damals angenommenen Rückkaufswert wurde ein um das Doppelte höherer Kaufpreis vereinbart, der als Gesamtsumme nach acht Jahren ausgezahlt werden sollte (Anlage K1, Bl.8 ff.). Mit „Nachtrag zum Kaufvertrag“ (Nr.10) vom 15.04.2010 teilte der Beklagte zu 2) dem Kläger mit, dass (nur) ein Rückkaufswert von 6.580,32 EUR hatte erzielt werden können, so dass der Preis auf 13.160,64 EUR angepasst wurde (Anlage K2, Bl.11). Seit dem 17.06.2010 ist der Beklagte zu 1) im Handelsregister als Geschäftsführer der A GmbH eingetragen.

Wegen des Verdachts betrügerischen Handelns wurden die Beklagten zu 1) und 2) im Februar 2013 festgenommen. Seitdem befinden sie sich in Untersuchungshaft. In dem gegen sie gerichteten Strafverfahren vor dem Landgericht Stadt1 mit Az.: 100 wird seit September 2015 verhandelt. Über das Vermögen der A GmbH hat das Amtsgericht Stadt1 (Az.: 200) mit Beschluss vom 14.04.2015 zunächst die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und mit Beschluss vom 27.08.2015 sodann das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagten zu 1) und 2) seien Initiatoren und Gründer verschiedener Unternehmen der sog. A-Gruppe, zu der auch die A GmbH gehöre. Das Geschäftsmodell dieser GmbH, Lebensversicherungen anzukaufen, sei ein in betrügerischer Absicht betriebenes Schneeballsystem gewesen. Im Übrigen handele es sich hierbei aufgrund der Stundung des Kaufpreises um ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft nach dem KWG, so dass ihre Geschäftsführer schadensersatzpflichtig seien. Hätte er (der Kläger) gewusst, dass die A GmbH unter Verstoß gegen das KWG handelte, hätte er das Geschäft nicht abgeschlossen.

Nachdem der Beklagte zu 1) im schriftlichen Vorverfahren seine Verteidigung nicht rechtzeitig angezeigt hatte, hat das Landgericht mit Teilversäumnisurteil, beglaubigt am 24.03.2015, dem Beklagten zu 1) zugestellt am 27.07.2015, diesen antragsgemäß verurteilt. Dagegen hat er mit Schriftsatz vom selben Tag Einspruch eingelegt.

Auf die Rüge der Beklagten zu 1) und 2) in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 27.01.2016 hat Rechtsanwalt C von der Kanzlei D & Kollegen eine von dem Kläger unterzeichnete Vollmacht für die „Rechtsanwälte… D & Kollegen“ im Original vorgelegt und die Betreffzeile mit „E ./. A“ ausgefüllt (Bl.213).

Der Kläger hat beantragt,

unter Aufrechterhaltung des Teilversäumnisurteils gegen den Beklagen zu 1)

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 6.580,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen – Zug um Zug gegen Abtretung seiner Rechte (des Klägers) aus dem Kaufvertrag mit der A GmbH (Nr.10) an die Beklagten als Gesamtgläubiger,

festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Annahme seiner Rechte aus dem Kaufvertrag mit der A GmbH in Verzug befinden,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihn von Verbindlichkeiten für außergerichtliche Kosten in Höhe von 759,22 EUR freizustellen.

Der Beklagte zu 1) hat beantragt,

das Teilversäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 2) hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 23.03.2016 hat das Landgericht den hilfsweise gestellten Antrag des Klägers auf Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des gegen die Beklagten zu 1) und 2) geführten Strafverfahrens zurückgewiesen und dies damit begründet, dass es nach § 149 ZPO zwar ein Ermessen habe, das aber in der Regel, wenn mit Verzögerungen um mehr als einem Jahr zu rechnen sei, dahingehend auszuüben sei, dass eine Aussetzung zu unterbleiben habe. Bei dem überaus umfangreichen Wirtschaftsstrafverfahren liege der Fall so. Im Übrigen sei der zu erwartende Erkenntnisgewinn nach dem Vorbringen der Parteien kaum abzuschätzen.

Mit Urteil vom selben Tag hat das Landgericht den Beklagten zu 2) verurteilt, an den Kläger 6.580,32 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2014 zu zahlen – Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus dem Kaufvertrag mit der A GmbH (Nr. 2850) an jenen. Insoweit hat es festgestellt, dass der Beklagte zu 2) mit der Annahme dieser Rechte in Verzug ist; das Teilversäumnisurteil hat es aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig; insbesondere sei die im Termin vorgelegte Vollmacht zum Nachweis der Bevollmächtigung geeignet. Der Kläger habe gegen den Beklagten zu 2) einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG. Die A GmbH habe ohne Erlaubnis ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft betrieben. Der Ankauf von Lebensversicherungen sei gewerbsmäßig erfolgt, da Formulare verwendet und die Verträge durchnummeriert worden seien. Dafür hafte der Beklagte zu 2) als damaliger Geschäftsführer. Er habe zumindest fahrlässig unerlaubt gehandelt, weil er sich über die für den Tätigkeitsbereich der von ihm vertretenen GmbH geltenden Rechtsvorschriften hätte informieren müssen. Insofern sei er seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Der Schaden des Klägers sei bereits mit dem Verlust seiner Rechte aus der Lebensversicherung eingetreten, so dass es ohne Belang sei, ob noch eine Rückzahlungsaussicht aus dem mit der GmbH abgeschlossenen Geschäft bestehe. Jedoch habe der Kläger gegen den Beklagten zu 2) keinen Anspruch auf Freistellung betreffend vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Gegen den Beklagten zu 1) bestehe ein Schadensersatzanspruch schon dem Grunde nach nicht, weil eine schadensursächliche Beteiligung seinerseits an dem Einlagengeschäft nicht festgestellt werden könne. Eine irgendwie geartete Mitwirkung an der Verursachung des vor seiner Bestellung zum GeschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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der A GmbH eingetretenen Schadens sei nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Die bloße Behauptung des Klägers, auch der Beklagte zu 1) sei an der A-Gruppe maßgeblich beteiligt gewesen, genüge nicht zur Bejahung seiner Haftung für das hiesige Geschäft. Es sei nicht Aufgabe des erkennenden Gerichts, sich aus der Strafakte das hierfür Erforderliche herauszusuchen.

Soweit seine Klage gegen den Beklagten zu 1) abgewiesen worden ist, hat der Kläger gegen das Urteil Berufung eingelegt und beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 23.03.2016 das am 24.03.2015 beglaubigte Teilversäumnisurteil aufrechtzuerhalten – mit der Maßgabe, dass die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen sind.

Der Beklagte zu 1) hat das angefochtene Urteil verteidigt und beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Auf die betreffende Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30.09.2016 die Berufung zurückgenommen.

Soweit der Beklagte zu 2) verurteilt worden ist, hat er gegen das Urteil Berufung eingelegt und vorgetragen, dass die Klage weder zulässig noch begründet sei. Aus der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vorgelegten Vollmacht sei nicht ersichtlich, dass der Kläger die Kanzlei D & Kollegen für das hiesige Verfahren bevollmächtigt habe. Darüber hinaus sei das Urteil eine Überraschungsentscheidung. Das Landgericht habe gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen. Denn er (der Beklagte zu 2)) habe mit Schriftsatz vom 07.12.2015 auf seine im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren eingereichten Schriftsätze verwiesen. Weil der Kläger hierzu keine Stellung genommen habe, sei das dortige Vorbringen als zugestanden anzusehen: es habe eine interne Aufgabenverteilung innerhalb der A GmbH gegeben, so dass er (der Beklagte zu 2)) nicht verantwortlich sei, und die von ihm unterzeichnete Patronatserklärung vom 04.06.2012 (Anlage B3, Bl. 175) sei werthaltig, so dass der Kläger noch mit einer Kaufpreiszahlung rechnen könne. Sofern der Kläger die Werthaltigkeit erstmals in der mündlichen Verhandlung bestritten habe, habe er (der Beklagte zu 2)) dies zudem als verspätet gerügt. Auch habe das Landgericht ihm das rechtliche Gehör versagt. Aufgrund des Hinweises, „dass der Vortrag bezüglich der Handlungsbeiträge der Beklagten sowie des Geschäftsbetriebs der Ankäuferfirma derzeit nicht ausreichend substantiiert sein dürfte“ (Bl.216), habe er annehmen dürfen, dass die Klage auch gegen ihn als unbegründet abgewiesen werde, andernfalls ihm Gelegenheit gegeben werde, Stellung zu dem nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 17.02.2016 zu nehmen. Infolge dieses Verfahrensverstoßes habe das Landgericht fehlerhaft angenommen, er habe fahrlässig gehandelt. Wäre ihm aber rechtliches Gehör gewährt worden, wäre er seiner sekundären Darlegungs- und Beweislast nachkommen. Dann hätte er unter Beweisantritt (Zeugen Dres. F und G, Bl. 340 f.) erklärt, dass er „vor Aufnahme des Geschäftsmodells umfassenden Rechtsrat eingeholt“ habe und ihm mitgeteilt worden sei, es handele sich um „kein KWG-Geschäft“. Im Übrigen habe das Landgericht fehlerhaft angenommen, dass es für die Schadensberechnung unerheblich sei, ob der Kläger noch mit einer Zahlung rechnen könne. Vielmehr sei diesem schon deshalb kein Schaden entstanden, weil er in dem maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags einen werthaltigen Gegenanspruch erworben gehabt habe.

Der Beklagte zu 2) beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 23.03.2016 die Klage abzuweisen.

Der Kläger verteidigt insoweit das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung des Beklagten zu 2) zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 06.09.2016, dem Beklagten zu 2) am 12.09.2016 per Fax zugegangen und am 13.09.2016 zugestellt, hat der Kläger im Wege der Anschlussberufung beantragt,

den Beklagten zu 2) neben dem Beklagten zu 1) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn (den Kläger) weitere 759,22 EUR für außergerichtliche Kosten nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte zu 2) hat insoweit das angefochtene Urteil verteidigt und beantragt,

die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Auf die betreffende Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger mit dem genannten Schriftsatz vom 30.09.2016 auch die Anschlussberufung zurückgenommen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Wirkung, dass die Zurücknahme der Berufung des Klägers sowie die Zurücknahme seiner Anschlussberufung den Verlust des jeweils eingelegten Rechtsmittels zur Folge haben, ist nach § 516 Abs. 3 ZPO im Rahmen dieser Entscheidung auszusprechen.

Die Berufung des Beklagten zu 2) ist zwar zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist zulässig, vor allem ordnungsgemäß erhoben. Auf die Rüge der Beklagten hat der Kläger die den „Rechtsanwälten D & Kollegen“ und damit auch Rechtsanwalt C erteilte Vollmacht zur Akte gereicht (§§ 80, 84 ZPO). Das Formerfordernis der Schriftlichkeit gemäß § 80 S.1 ZPO ist kein Wirksamkeitserfordernis der Vollmacht selbst, sondern nur eine Ordnungsvorschrift zum Nachweis der Bevollmächtigung im Prozess (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 80, Rn. 5). Die Vollmachtsurkunde muss erkennen lassen, wer bevollmächtigt hat, wer bevollmächtigt ist und wozu bevollmächtigt worden ist. Vorliegend hat der Kläger die Unterschrift blanko geleistet. Der notwendige konkrete Bezug dieser Vollmacht ergibt sich bereits aus dem Umstand der Einreichung im hiesigen Verfahren. Zudem ist der bevollmächtigte Rechtsanwalt entsprechend §§ 164 ff BGB ermächtigt gewesen, die Betreffzeile in der ihm erteilten Blankovollmacht zu ergänzen. Ebenso ist es unschädlich, dass das Datum der Vollmachterteilung nicht angegeben ist (vgl. Münchener Kommentar zur ZPO/Toussaint, 5. Aufl., § 80, Rn.15). Infolge dessen ist es ohne Belang, dass der Kläger im Hinblick auf die von dem Beklagten zu 2) dennoch aufrechterhaltene Rüge „höchst vorsorglich“ mit nachgelassenem Schriftsatz vom 17.02.2016 noch eine auf den 12.02.2016 datierte Vollmacht „in Sachen E ./. H, I“ als Anlage K9 (Bl. 235) zur Akte gereicht hat.

Die gegen den Beklagten zu 2) gerichtete Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 6.580,32 EUR gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 32 Abs. 1 S. 1, 54 Abs .1 Nr. 2, Abs. 2 KWG i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB sowie ein Zinsanspruch aus §§ 291, 288 Abs .1 S. 2 BGB zu.

Der von der A GmbH betriebene Ankauf von Lebensversicherungsverträgen, wie dies auch vorliegend im Januar 2010 erfolgt ist, stellt ein Einlagengeschäft gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG dar und bedurfte deshalb gemäß § 32 Abs. 1 S. 1 KWG der schriftlichen Erlaubnis der BaFin. Mangels einer solchen Erlaubnis hat die GmbH objektiv den Straftatbestand des § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG verwirklicht. Der Ankauf von Lebensversicherungsverträgen mit dem Ziel, diese zu kündigen und die Gelder zu vereinnahmen, jedoch den „Kaufpreis“ und damit die Gegenleistung erst nach acht Jahren zu erbringen, stellt eine „Annahme fremder Gelder als Einlagen“ im Sinn der 1. Alternative des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG dar. Dem steht nicht entgegen, dass sich die A GmbH lediglich das Bezugsrecht auf die Versicherungsleistung hatte übertragen lassen. Es ist zwar zutreffend, dass es sich um Bar- oder Buchgeld handeln muss. Unter Buchgeld kann aber auch die Umwandlung einer Geldforderung in ein Darlehen fallen. Nachdem der Kläger seine Leistung durch Abtretung erbracht hatte, wäre gemäß § 271 Abs. 1 BGB die Gegenleistung sofort fällig gewesen. Dieses dispositive Recht hat er durch die mit der A GmbH getroffene Vereinbarung, dass die Gegenleistung erst nach acht Jahren zu erbringen ist, abbedungen. Der Kaufpreis ist also gemäß Abs. 2 BGB gestundet worden. Bei der im Rahmen des KWG zu berücksichtigenden bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung stellt sich jedoch dieses „Stehenlassen“ des ihm an sich zustehenden Entgelts als Darlehensgewährung dar (s. BGH, Urteil vom 19.03.2013, Az.: VI ZR 56/12, unter II.1.c) bb), vor allem (1) (b); vgl. Boos/FischerSchulte-Mattler/Schäfer, KWG, 4. Aufl., § 1, Rn. 36 und 42). Insoweit ist es irrelevant, wie die Rückzahlung der Gelder sichergestellt werden sollte, ob etwa durch die Investition der eingezogenen Rückkaufssumme in Immobilien oder durch die Zahlung eines Patrons. Da der Senat die Annahme von Geldern in der Umwandlung des dem Kläger zustehenden Kaufpreisanspruches in eine Darlehensgewährung sieht, ist bereits damit auch das Tatbestandsmerkmal „fremd“ erfüllt. Infolge dessen ist es ohne Belang, dass die A GmbH bei der Kündigung des Lebensversicherungsvertrages und der Einziehung der Rückkaufsumme formal aus eigenem Recht handelte (vgl. zu allem Urteil des Senats vom 15.07.2016, Az.: …1/15; Urteil des 4. Zivilsenats des Gerichts vom 02.03.2016, Az.: …4/15). Auf diesem Hintergrund ist auch die 2. Alternative des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG „Annahme anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums“ erfüllt, da sie kein bestimmtes Volumen der eingenommenen Gelder voraussetzt, sondern lediglich, dass der Gläubiger der breiten Masse der Privatanleger zugehörig ist (s. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, aaO, Rn. 42), was auf den Kläger zutrifft.

Die A GmbH als Kaufmann betrieb das Einlagengeschäft, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, gewerbsmäßig im Sinn des § 32 Abs. 1 S. 1 KWG. Dass es sich bei dem Ankauf von Lebensversicherungsverträgen um eine erkennbar planmäßige, auf Dauer angelegte und wirtschaftliche Tätigkeit am Markt handelte (vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, aaO, § 32, Rn. 7), gesteht der Beklagte zu 2) selbst zu, indem er von einem „Geschäftsmodell“ spricht. Dass die A GmbH diese Geschäftstätigkeit tatsächlich ausübte und nicht nur dieses eine Geschäft mit dem Kläger abschloss, folgt aus der von dem Beklagten zu 2) unterzeichneten Patronatserklärung, wonach die GmbH aus dieser Tätigkeit „Verbindlichkeiten bei diversen Verkäufern“ hat.

Der Beklagte zu 2) haftet persönlich über § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB i.V.m. § 54 KWG für den hiesigen Verstoß der A GmbH gegen das Schutzgesetz des § 32 Abs.1 S.1 KWG im Sinn des § 823 Abs. 2 BGB, weil er als ihr damaliger Geschäftsführer auch für das mit dem Kläger abgeschlossene Geschäft verantwortlich ist. Zwar kann als wahr unterstellt werden, dass der damals als weiterer Geschäftsführer im Handelsregister eingetragene J den „Kaufvertrag“ im Januar 2010 unterschrieben hatte und der Beklagte zu 2), wie er im Rahmen der gegen die PKH-versagende Beschwerdeentscheidung des Senats (Az.: …3/15) erhobenen Gegenvorstellung behauptet hat, nach einer internen Aufgabenverteilung für den Immobilienhandel zuständig gewesen sei. Dies entbindet den Beklagten zu 2) aber nicht von seiner Verantwortlichkeit gemäß § 14 StGB, weil vorliegend das haftungsbegründende Handeln seinerseits bereits darin liegt, dass das Geschäftsmodell der A GmbH auch den Ankauf von Lebensversicherungsverträgen beinhaltete (vgl. Schönke/Schröder/Perron, StGB, 29. Aufl., § 14, Rn. 18 f.). So hat er selbst erklärt, er habe „vor Aufnahme des Geschäftsmodells [insoweit] umfassenden Rechtsrat eingeholt“. Demnach erfolgten sämtliche entsprechenden Geschäftsabschlüsse mit seinem Wissen und Wollen, worauf der Kläger mit Schriftsatz vom 10.09.2015 abgestellt hat. Dafür spricht auch, dass der Beklagte zu 2) den betreffenden „Nachtrag zum Kaufvertrag“, mit dem der „neue Kaufpreis“ festgesetzt wurde, unterschrieb. Zudem sei angemerkt, dass aus den Verfahren mit Az.: …1/15 und …2/ 15 sowohl gerichtsbekannt als auch dem Beklagten zu 2) bekannt ist, dass er ungeachtet einer internen Aufgabenverteilung im Februar 2010 vier „Kaufverträge“ mit anderen Privatanlegern unterschrieben hatte.

Der Beklagte zu 2) handelte im Rahmen dieser Geschäftstätigkeit der A GmbH schuldhaft, zumindest gemäß § 276 Abs. 2 BGB fahrlässig, da er als Geschäftsführer vor der Aufnahme der Geschäftstätigkeit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hatte, sich über etwaige Erlaubniserfordernisse zu unterrichten, wie es der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG entsprochen hätte. Zwar mag das angefochtene Urteil des Landgerichts wegen seines zuvor gegebenen Hinweises betreffend eine etwaig nicht ausreichende Substantiierung des Klagevorbringens für den Beklagten zu 2) subjektiv überraschend gewesen sein. Tatsächlich hatte ihm bereits seit der Zustellung der Klageschrift die sekundäre Darlegungs- und Beweislast dazu oblegen (vgl. Zöller/Greger, aaO, § 138, Rn. 8b). Es kann aber dahinstehen, ob sein neues Verteidigungsvorbringen, er habe „vor Aufnahme des Geschäftsmodells umfassenden Rechtsrat eingeholt“ und ihm sei mitgeteilt worden, es handele sich um „kein KWG-Geschäft“ – unter Benennung der Dres. F und G von der Kanzlei K Rechtsanwälte in Stadt2 als Zeugen, nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist. Denn es handelt sich mangels greifbarer Anhaltspunkte für das Vorliegen dieses behaupteten Sachverhaltes um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantritt, dem nicht nachzugehen ist. Angemerkt sei, dass aus dem Verfahren mit Az.: …1/15 sowohl gerichtsbekannt als auch dem Beklagten zu 2) bekannt ist, dass jene Kanzlei mit Schreiben vom 20.05.2009 der BaFin Vertragsmuster, welche Ratenzahlungen vorsahen und damit schon deshalb von dem hier abgeschlossenen Geschäft abwichen, übermittelte. Die BaFin antwortete am 22.06.2009 unter dem Betreff „Mögliches Betreiben erlaubnispflichtiger Geschäfte durch … L… M… , …“. Daraufhin sensibilisierte die Kanzlei mit Schreiben vom 29.06.2009 ein anderes A-Unternehmen, dessen Vorstand der Beklagte zu 1) ist, dass jede Veränderung der Vertragsgestaltung ein Erlaubniserfordernis begründen könne, so dass dringend stets vorab Rücksprache zu halten sei. Der Beklagte zu 2) kann demzufolge auch nicht einwenden, er sei unverschuldet einem Rechtsirrtum erlegen.

Der Beklagte zu 2) hat gemäß § 249 Abs. 1 BGB den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Da der Schutzzweck der Erlaubnispflicht gemäß § 32 KWG darin besteht, ungeeignete Personen oder unzulänglich fundierte Unternehmen von dem Kreditgewerbe fernzuhalten, um Störungen der Volkswirtschaft zu vermeiden, die aus einer unvorsichtigen Liquiditätspolitik solcher Personen und Unternehmen resultieren (s. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, aaO, § 32, Rn. 4 f), hat die A GmbH den Schutzzweck schon dadurch verletzt, dass sie sich ohne eine Prüfung ihrer Eignung seitens der BaFin im Kreditgewerbe betätigte. Ob der Kläger darum wusste, ist ohne Belang. Hätte aber die A GmbH von dem nicht erlaubten Geschäft abgesehen, wäre der Kläger Inhaber der übertragenen Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag mit einem Rückkaufswert von mindestens 6.580,32 EUR geblieben. Der Verstoß gegen das Schutzgesetz war daher für den Verlust seiner Ansprüche schadensursächlich. Insoweit ist es auch irrelevant, dass die Gegenleistung aus dem nicht erlaubten, aber wirksamen Geschäft erst im Jahr 2018 fällig wird. Weil die Rückabtretung der Rechte und Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag, nachdem die Rückkaufssumme eingezogen worden ist, nicht mehr möglich ist, hat der Beklagte zu 2) den Kläger gemäß § 251 Abs. 1 BGB in Geld in der geltend gemachten Höhe zu entschädigen (s. zu allem Urteil des Senats vom 15.07.2016, aaO; Urteil des 4. Zivilsenats, aaO). Auf die streitigen Ausführungen der Parteien zur Werthaltigkeit der Gegenleistung kommt es daher nicht an.

Der Antrag des Beklagten zu 2) vom 22.09.2016, die vorläufige Tonträgeraufzeichnung betreffend die mündliche Verhandlung vom 13.09.2016 am 13.10.2016 abhören zu dürfen, wird zurückgewiesen. Ein solches Recht der Parteien ist in der ZPO nicht vorgesehen. Sofern in der Kommentarliteratur (s. u.a. Stöber, in: Zöller, aaO, § 160a, Rn. 10) dies wohl uneingeschränkt vertreten wird, kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr bedarf es eines berechtigten Interesses, zu welchem der Beklagte zu 2) aber auch auf die Verfügung vom 30.09.2016 nichts vorgetragen hat. Das in § 299 Abs.1 ZPO ausdrücklich normierte Akteneinsichtsrecht kann zur Begründung eines angeblich generell bestehenden Abhörrechts nicht herangezogen werden. Dort ist ein berechtigtes Interesse regelmäßig anzunehmen, weil die Partei den gesamten Akteninhalt nicht kennen kann und sie nur durch das Einsehen der Prozessakten ersehen kann, wie sich die Sach- und Rechtslage zu der gegebenen Zeit darstellt. Dem vergleichbar ist ein berechtigtes Interesse am Abhören der vorläufigen Tonträgeraufzeichnung allenfalls dann gegeben, wenn die eigene Wahrnehmung der Partei von dem Sitzungsverlauf nicht ausreicht, um die Richtigkeit des Protokolls im Hinblick auf § 164 ZPO prüfen zu können. Dass der Fall hier so liegt, ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die bis zum Verkündungszeitpunkt vorgelegten Schriftsätze begründen eine Pflicht zur Anordnung der Wiedereröffnung der Verhandlung gemäß § 156 Abs. 2 ZPO nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 516 Abs. 3 S. 1, 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO. Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 47 Abs. 2 S. 1 GKG.

Die Revision ist nicht gemäß § 543 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

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