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KG Berlin, Beschluss vom 14.10.2022 – 22 W 43/22

Gesellschafterliste

§ 16 Abs 1 S 2 GmbHG, § 40 Abs 1 GmbHG

Im Rahmen der beschränkten und im Grundsatz nur auf die formellen Aspekte ausgerichteten Prüfung bezüglich der Aufnahme einer Gesellschafterliste bei einem vollständigen Gesellschafterwechsel ist grundsätzlich an dem Erfordernis festzuhalten, dass der Unterzeichnende durch seine bestehende Eintragung im Register ausreichend als Geschäftsführer ausgewiesen ist.

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 16. Juni 2022 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1), eine GmbH, ist seit dem 11. April 1967 im Handelsregister Abteilung B des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Sie ist zugleich einzige persönlich haftende Gesellschafterin der in Abteilung A des Handelsregisters eingetragenen M Verwaltungs GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
(im Folgenden: KG). Die KG wiederum wird in der zuletzt in den Registerordner aufgenommenen Gesellschafterliste als Alleingesellschafterin der Beteiligten zu 1) ausgewiesen.Randnummer2

Im September 2020 reichte die Beteiligte zu 2) eine von ihr als Geschäftsführerin unterschriebene und sie als Alleingesellschafterin der Geschäftsanteile mit einem Gesamtnennbetrag von 4,5 Mio EUR ausweisende Gesellschafterliste vom 14. September 2020 ein. Die Beteiligte zu 2) war seit Anfang 2015 als Geschäftsführerin der Beteiligten zu 1) eingetragen, wobei sie nach der allgemeinen Vertretungsregelung zur Vertretung gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer befugt war. Seit Mai 2020 ist neben dem früheren Alleingesellschafter Dr. E M sein Sohn Prof. Dr. A M mit Alleinvertretungsbefugnis als Geschäftsführer eingetragen. Die Eintragung der Beteiligten zu 2) als Geschäftsführerin ist in Vollzug einer Anmeldung vom 16. Juni 2020, die auch zu diesem Zeitpunkt eingereicht worden ist, am 17. September 2021 gelöscht worden.Randnummer3

Der frühere Alleingesellschafter der Beteiligten zu 1), der neben der Beteiligten zu 2) auch einziger weiterer Kommanditist der KG war, ist am 9. September 2020 verstorben. Die Beteiligte zu 2) streitet mit der Beteiligten zu 1) und dem Sohn des früheren Alleingesellschafters darüber, ob sie nach wie vor Geschäftsführerin ist oder wieder bestellt wurde, ob die Übertragung der Geschäftsanteile an der Beteiligten zu 1) auf die KG wirksam war oder rückabgewickelt ist und ob das Vermögen der KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durch Ausscheiden des früheren Alleingesellschafters und der Beteiligten zu 1) auf sie übergegangen ist.Randnummer4

Auf die Einreichung der Liste teilte das Amtsgericht zunächst mit Schreiben vom 21. Januar 2021 mit, dass die eingereichte Gesellschafterliste vom 14. September 2020 aus formellrechtlichen Gründen zu beanstanden sei. Eine Aufnahme der Liste in den Registerordner setze die Eintragung des Übergangs des Vermögens auf die Beteiligte zu 2) im Register der KG voraus. Darüber hinaus sei sie nicht von einem Geschäftsführer unterschrieben. Die gegen diese als Zwischenverfügung angesehene Anordnung gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2) hatte Erfolg, soweit das Amtsgericht eine Eintragung des Vermögensübergangs im Register der KG zur Voraussetzung gemacht hat. Der Senat hat die Zwischenverfügung insoweit aufgehoben. Im Übrigen wurde die Beschwerde mit Beschluss vom 17. Mai 2022 zurückgewiesen.Randnummer5

Nachdem die Sache beim Amtsgericht wieder eingegangen ist, hat es den Antrag auf Aufnahme der Gesellschafterliste vom 14. September 2020 mit Beschluss vom 16. Juni 2022 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Beteiligte zu 2) mit einem am 14. Juli 2022 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 15. Juli 2022 zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdebefugnis nach § 59 Abs. 1 und 2 FamFG ergibt sich daraus, dass die Beteiligte zu 2) geltend macht, sie sei Geschäftsführerin und aus diesem Grund nach § 40 Abs. 1 GmbHG zur Einreichung der Gesellschafterliste vom 14. September 2020 verpflichtet (vgl. dazu schon Senat, Beschluss vom 17. Mai 2022, 22 W 22/22). Das Versterben des früheren Alleingesellschafters habe zu einer Änderung der Gesellschafterstruktur der Beteiligten zu 1) geführt. Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht innerhalb der Monatsfrist nach § 63 Abs. 1 FamFG eingegangen. Der Beschwerwert wird erreicht. Die wirtschaftliche Bedeutung der Aufnahme der die Beteiligte zu 2) als Gesellschafterin ausweisenden Gesellschafterliste übersteigt den in § 61 Abs. 1 FamFG genannten Betrag.Randnummer7

2. Die Beschwerde hat aber keinen Erfolg.Randnummer8

Der Senat hat bereits in dem Beschluss vom 17. Mai 2022 ausgeführt, dass die eingereichte Liste vom 14. September 2020 zu beanstanden ist, weil sie nicht von einem eingetragenen Geschäftsführer unterzeichnet ist. Die von der Beteiligten zu 2) gegen diese Auffassung erhobenen Bedenken greifen nicht durch.Randnummer9

a) Soweit die Beteiligte zu 2) aus der Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG schließt, dass ein Gesellschafter schon vor der Aufnahme der ihn als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste einen neuen Geschäftsführer bestellen können muss, der auch die Liste nach § 40 Abs. 1 GmbHG unterschreibt, ändert dies nichts. Die Auffassung der Beteiligten setzt voraus, dass der als Gesellschafter Handelnde tatsächlich auch Gesellschafter ist. Dies für eine Anwendung im Rahmen des § 40 Abs. 1 GmbHG zu unterstellen, führt – wie der Senat bereits in dem Beschluss vom 17. Mai 2022 ausgeführt hat – zu der Verpflichtung des Registergerichts, Gesellschafterlisten auf Zuruf aufzunehmen. Dem steht schon die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG entgegen, die etwa auch zu Lasten eines Erben dann angewandt wird, wenn der einzige eingetragene Gesellschafter verstorben ist (vgl. Noack/Servatius/Haas/Servatius, GmbHG, 23. Aufl., § 16 Rn. 19; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 20. Aufl., Rn. 43; MüKoGmbHG/Heidinger, 4. Aufl., § 16 Rn. 145; Michalski/Ebbing, GmbHG, 3. Aufl., § 16 Rn. 96; Scholz/Seibt, GmbHG, 13. Aufl., § 16 Rn. 41; Henssler/Strohn/Verse, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl.; § 16 GmbHG Rn. 19; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., § 16 Rn. 6; BeckOK GmbHG/Wilhelmi, Stand: 1. März 2022, § 16 Rn. 28). Es birgt zudem eine erhebliche Gefahr des Missbrauches in sich und wird den Zwecken des Handelsregisters nicht gerecht (vgl. dazuMüKo-HGB/Krafka, 5. Aufl., § 8 Rn. 10; BeckOK-HGB/Müther, Stand: 01.08.2022, § 8 Rn. 4; Röhricht/Graf von Westphalen/Ries, HGB, 5. Aufl., § 8 Rn. 4).Randnummer10

Das Handelsregister dient der Offenbarung von Tatsachen und Rechtsverhältnissen der Kaufleute und Handelsgesellschaften, die für den Rechtsverkehr von wesentlicher Bedeutung sind. Dem Registergericht kommt insoweit eine Kontrollfunktion hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der einzutragenden Tatsachen zu (BGH, Urteil vom 24. Juni 1982 – III ZR 19/81 -, BGHZ 84, 285-292 Rn. 11; Beschluss vom 21. Juni 2011 – II ZB 15/10 -, juris Rn. 10; Ebenroth/Boujong/Schaub, HGB, 4. Aufl., § 8 Rn. 47; MüKo-HGB/Krafka, 5. Aufl., § 8 Rn. 10 Oetker/Preuß, HGB, 7. Aufl., § 8 Rn. 5; BeckOK-HGB/Müther, Stand: 01.08.2022, § 8 Rn. 4). Insoweit sieht es der Senat als erforderlich an, im Rahmen der beschränkten und im Grundsatz nur auf die formellen Aspekte gerichteten Prüfung bezüglich der Aufnahme einer Gesellschafterliste grundsätzlich an dem Erfordernis festzuhalten, dass der Unterzeichnende durch seine bestehende Eintragung im Register ausreichend als Geschäftsführer ausgewiesen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Juni 2018 – 22 W 15/18 -, juris Rn. 5).Randnummer11

b) Ob insoweit Ausnahmen in Betracht kommen, muss im vorliegenden Fall nicht abschlie-ßend entschieden werden. Denn eine Ausnahme wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ohne eingehende Prüfung ausreichend sicher anzunehmen wäre, dass die als Geschäftsführer agierende Person tatsächlich Geschäftsführer ist. Dies ist hier entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2) nicht der Fall. Schon der Vortrag der Beteiligten zu 2), der aufzeigen soll, dass keine berechtigten Zweifel an ihrer Gesellschafterstellung bestehen, obwohl sie entgegen § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nicht als Gesellschafterin gilt, macht deutlich, dass es einer eingehenden Prüfung bedürfte, um festzustellen, ob Zweifel angebracht sind oder nicht. Die Beteiligte zu 2) nimmt insoweit auf sechs Zivilprozessverfahren und zwei staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren Bezug, die – soweit nach dem Vortrag ersichtlich – für die Frage ihrer Gesellschafterstellung allenfalls mittelbar Bedeutung haben. Die notwendige Prüfung dieses Vortrags ist im Rahmen des Verfahrens auf Aufnahme einer Gesellschafterliste in den Registerordner nicht vorgesehen. Die Prüfung ist vielmehr auf die formalen Voraussetzungen beschränkt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2011 – II ZB 17/10 -, BGHZ 191, 84-95 Rdn. 10; Senat, Beschluss vom 12. Juni 2018 – 22 W 15/18 -, juris Rn. 5; OLG München, Beschluss vom 08. September 2009 – 31 Wx 82/09 -, juris Rdn. 5; OLG Bamberg, Beschluss vom 02. Februar 2010 – 6 W 40/09 -, juris Rdn. 12; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 22. März 2010 – 6 W 110/10 -, juris Rdn. 12).Randnummer12

Die Beteiligte zu 2) wird durch die Auffassung des Senats auch nicht rechtlos gestellt. Der Senat hält an seinem Hinweis fest, dass die Beteiligte zu 2) – unter Umständen auch einstweiligen – Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 – II ZR 21/12 -, juris Rn. 39). Dass der eingetragene Geschäftsführer Maßnahmen ergriffen hat, wie etwa die Anmeldung ihrer Abberufung, von denen sie erst nach Vollzug Kenntnis erlangt hat, steht dem nicht entgegen. Gleiches gilt bezüglich der in Bezug auf die Gesellschaft erfolgten Firmenänderung, gerade wenn diese, wie die Beteiligte zu 2) meint, der Erschleichung bestimmter Berufungszuständigkeiten in den laufenden Zivilprozessen dient.Randnummer13

c) Dass die zum Zeitpunkt der Erstellung der Gesellschafterliste im September 2020 noch vorliegende Eintragung der Beteiligten zu 2) als Geschäftsführerin nicht ausreicht, folgt aus der Tatsache, dass sie nicht zur alleinigen Vertretung der Beteiligten zu 1) befugt war und der weitere Geschäftsführer nicht mitgewirkt hat (vgl. dazu Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 5. Juli 2011 – 6 W 82/11 -, juris Rn. 12; Altmeppen, GmbhG, 10. Aufl., § 40 Rn. 32; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 20. Aufl., § 40 Rn. 47; MüKo-GmbHG/Heidinger, 3. Aufl., § 40 Rn. 176; Noack/Servatius/Haas/Servatius, GmbHG, 23. Aufl., § 40 Rn. 35). Im Übrigen war ihre Abberufung bereits gerichtsbekannt beschlossen und angemeldet worden, die Eintragung des Ausscheidens aber noch nicht erfolgt.Randnummer14

3. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, die Verpflichtung zur Tragung der Gerichtskosten ergibt sich aus dem Gesetz. Die Anordnung einer außergerichtlichen Kostenerstattung scheidet nach Auffassung des Senats aus. Die Beteiligte zu 1) hat sich zwar in diesem Verfahren beteiligt. Das Verfahren ist aber nicht kontradiktorisch angelegt und besondere Gründe, die eine Verpflichtung der Beteiligten zu 2) zur Kostenerstattung rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde scheidet aus, weil es an den Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG fehlt. Die Frage der Reichweite des § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG stellt sich im vorliegenden Fall nicht, weil nicht feststeht, dass die Beteiligte zu 2) (Allein-)Gesellschafterin der Beteiligten zu 1) ist.

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