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OLG Brandenburg, Beschluss vom 23.02.2022 – 7 W 21/22

§ 40 Abs 1 Nr 1 GmbHG, § 887 ZPO, § 888 ZPO, § 894 ZPO

1. Das Einreichen einer Liste der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschafter
Liste der Gesellschafter
(§ 40 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG) ist keine Willenserklärung; die Liste gilt nicht mit der Rechtskraft des Urteils als eingereicht, das zum Einreichen der Liste verpflichtet.

2. Das Einreichen der Liste steht den anderen höchstpersönlichen Versicherungen des Geschäftsführers gegenüber dem Registergericht gleich, mit denen er über rechtliche oder tatsächliche Umstände, die in der Vergangenheit eingetreten oder nicht eingetreten sind, zu berichten hat und die ebenfalls als unvertretbare Handlungen zu vollstrecken sind.

Tenor

Die Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 3. Januar 2022 wird zurückgewiesen.

Der Gläubiger trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.Randnummer2

Der titulierte Anspruch, die Schuldnerin solle eine Gesellschafterliste bei dem Registergericht einreichen, ist nach § 888 I ZPO zu vollstrecken. Die von dem Gläubiger beantragte Ermächtigung, die Liste einzureichen (§ 887 I ZPO), kann ihm nicht erteilt werden.Randnummer3

Das Einreichen einer Liste der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschafter
Liste der Gesellschafter
(§ 40 I 1 GmbHG) ist keine Willenserklärung; die Liste gilt nicht mit der Rechtskraft des Urteils als eingereicht (§ 894, 1 ZPO). Die Selbstexekution ist vorgesehen, um den Entschluss des Schuldners zu ersetzen. § 894 ZPO fingiert die Willensbildung und die Entäußerung der darauf beruhenden Erklärung.Randnummer4

Die Liste der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschafter
Liste der Gesellschafter
zusammenzustellen und einzureichen, hängt indes nicht von dem Entschluss ab, eine Rechtsfolge bewirken oder nicht oder anders bewirken zu wollen. In der Liste wird nicht ein Rechtsfolgewillen verkörpert, sondern sie enthält einen formalisierten Bericht über eine erfolgte Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder ihrer Beteiligung (§ 40 I 1 GmbHG). Die Liste ist weder Willenserklärung noch geschäftsähnliche Handlung, sondern Wissenserklärung.Randnummer5

Diese Wissenserklärung ist eine unvertretbare Handlung, die mit den Zwangsmitteln nach § 888 I ZPO zu vollstrecken ist. Sie kann nicht durch einen anderen als die nach § 40 I 1, II 1 GmbHG Verpflichteten abgegeben werden. Der Geschäftsführer hat höchstpersönlich (MüKo-GmbHG-Heidinger, 3. Aufl. 2018, § 16 Rdnr. 45, § 40 Rdnr. 176) zu erklären, welche Veränderungen sich nach seiner Kenntnis im Gesellschafter- und Beteiligungsbestand ergeben haben. Das Einreichen der Liste steht den anderen höchstpersönlichen Versicherungen des Geschäftsführers gegenüber dem Registergericht gleich (§§ 8 II 1, III 1, 39 III, 57 II, 57 i I 2, 58 I Nr. 4, 67 III GmbHG), mit denen er über rechtliche oder tatsächliche Umstände, die in der Vergangenheit eingetreten oder nicht eingetreten sind, zu berichten hat und die ebenfalls als unvertretbare Handlungen zu vollstrecken sind (vgl. Noack/Servatius/Haas-Beurskens, GmbHG, 23. Aufl. 2022, § 78 Rdnr. 16 f.; MüKo-GmbHG-Herrler, § 78 Rdnr. 41; BeckOK-GmbHG-Jaeger, Stand: Aug. 2021, § 78 Rdnr. 10).Randnummer6

Ob die Vollstreckung durch Zwangsgeld und Zwangshaft (§ 888 I ZPO), wie der Gläubiger meint, von vornherein untauglich sein könnte, weil der Geschäftsführer der Schuldnerin sich bereits bei vorangegangenen Vollstreckungen gegenüber diesen Zwangsmitteln als unempfindlich erwiesen habe, bleibt ohne Bedeutung. Die Methoden der Zwangsvollstreckung werden nicht anhand dieser Erwartung voneinander unterschieden, sondern allein anhand des Differenzierungsmerkmals der vertretbaren oder unvertretbaren Handlung.Randnummer7

Da der Vollstreckungsantrag sich aus den dargelegten Gründen als unbegründet erweist, braucht der Senat die von dem Gläubiger zuletzt aufgeworfene Frage nicht zu erörtern, ob die Vollstreckbarkeit des Titels auch in Frage gestellt sein könnte, weil er in der Entscheidungsformel einen Geschäftsführer der Schuldnerin namentlich benennt, der inzwischen aber abberufen sein könnte.Randnummer8

Eine Umdeutung des Vollstreckungsantrages kommt nicht in Betracht, weil der Gläubiger ausdrücklich und nur nach § 887 ZPO vorgegangen wissen möchte und die Vollstreckung nach § 888 ZPO für unzureichend hält.Randnummer9

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 891 S. 3, 97 I ZPO. Einer Wertfestsetzung bedarf es nicht, weil die Gerichtsgebühren nicht nach einem Wert bemessen werden (§ 67 II GKG).Randnummer10

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 574 II, III ZPO), besteht nicht.

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