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OLG Hamm, Beschluss vom 17.03.2020 – I-27 W 18/20

GmbHG § 40

Tenor

Auf die Beschwerden der Beteiligten … vom 30.01.2020 und 31.01.2020 … wird der Beschluss des Amtsgerichts – Registergericht – Paderborn vom 30.01.2020, nicht abgeholfen mit Verfügung vom 03.02.2020 bzw. 06.02.2020, aufgehoben.

Gründe

I.

Die gemäß §§ 382 Abs. 3, 58 Abs. 1, 63 Abs. 1 FamFG zulässigen Beschwerden der Beteiligten zu 1.), 2,) und 5.) sind begründet und führen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Das Registergericht kann die Aufnahme der eingereichten Gesellschafterliste vom 08.01.2020 nicht aus den von ihm genannten Gründen ablehnen.

1.

Es entspricht, soweit ersichtlich, einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass dem Registergericht durch die Neufassung von § 40 GmbHG durch den Gesetzgeber keine inhaltliche Prüfungspflicht der von einem Berechtigten eingereichten neuen Gesellschafterliste auferlegt worden ist (OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Beschluss v. 17.01.2011, Az. 20 W 378/10, Rn. 32 m.w.N. auch zur Lit.; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Beschluss v. 08.09.2009, Az. 31 Wx 82/09; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Beschluss v. 22.11.2010, Az. 20 W 333/10, Rn, 30 m.w.N.; KG Berlin, Beschluss v. 13.09.2018, Az. 22 W 63/18, Rn. 12). Das Registergericht ist nämlich vom Gesetzgeber nur als verwahrende und eine die allgemeine Kenntnisnahme ermöglichende Stelle eingerichtet worden. Das Registergericht darf aber prüfen, ob die Gesellschafterliste den formalen Anforderungen des § 40 GmbHG entspricht und im Falle von Beanstandungen die Entgegennahme verweigern. Dieses formale Prüfungsrecht umfasst die Prüfung, ob Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung eingetreten sind und ob die geänderten Eintragungen in der eingereichten Gesellschafterliste von dem Notar, der an den Veränderungen mitgewirkt hat, stammen (KG Berlin, a.a.O.).

Derartige formelle Mängel stehen hier nicht in Rede.

2.

Ob dem Registergericht darüber hinaus ein begrenztes inhaltliches Prüfungsrecht zusteht, ist umstritten. Während einerseits argumentiert wird, das Registergericht habe keinerlei materielles Prüfungsrecht (vgl. Nachweise hierzu bei OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Beschluss v. 22.11.2010, Az. 20 W 333/10, Rn. 41), wird andererseits vertreten, dass das Registergericht die Aufnahme der Gesellschafterliste zum Registerordner ausnahmsweise auch dann verweigern kann, wenn es sichere Kenntnis von der inhaltlichen Unrichtigkeit der eingereichten Liste hat (vgl. Nachweise hierzu erneut bei OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 42), d.h. die enthaltenen Angaben offenkundig falsch sind oder auf einem offenkundigen lrrtum beruhen (Thüringer OLG, Beschluss v. 22.03.2010, Az. 6 W 110/10, Rn. 17; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, a.a.O.).

Welcher der beiden Auffassungen der Vorzug zu geben ist, kann hier dahinstehen. Denn selbst wenn dem Registergericht eine eingeschränkte materielle Prüfpflicht zugestanden würde, könnte von offenkundig falschen Angaben in der eingereichten Gesellschafterliste bzw. einer sicheren Kenntnis von der inhaltlichen Unrichtigkeit der eingereichten Liste vorliegend keine Rede sein:

Die eingereichte Liste trägt dem Umstand Rechnung, dass der Beteiligte zu 5.) die zuvor durch ihn gehaltenen Geschäftsanteile an der Beteiligten zu 3.) mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 30.11.2019 auf die Beteiligte zu 1.) übertragen hat. Der Wirksamkeit dieser Übertragung stehen die Regelungen in § 9 Ziff. 2 des Gesellschaftsvertrages der Beteiligten zu 3.) nicht offensichtlich entgegen. Nach dieser Regelung bedarf die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen oder Teilen von Geschäftsanteilen zwar der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter, die hier nicht vorliegt. Allerdings ist diese Zustimmung nur „im Übrigen“ erforderlich. Die Regelung findet damit – insofern sind sich auch die Beteiligten einig – nur dann Anwendung, wenn kein in § 9 Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrages geregelter Fall einschlägig ist.

Nach § 9 Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrages hat ein Gesellschafter, der seinen Geschäftsanteil zu veräußern beabsichtigt, diesen zunächst den Mitgesellschaftern anzubieten; erst im Anschluss kann eine Veräußerung an gesellschaftsfremde Dritte erfolgen. Eine erstmalige Übertragung von GeschäftsanteilenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Übertragung
Übertragung von Geschäftsanteilen
durch den Beteiligten zu 5.) oder den Gesellschafter … ist nach § 9 Ziff. 1 (letzter Satz) allerdings unabhängig von dieser einschränkenden Andienungsverpflichtung erlaubt; gleiches gilt für eine Übertragung der Anteile auf Ehepartner der Gesellschafter.

Ob – wie die Beteiligte zu 3.) meint – § 9 Ziff. 2 des Gesellschaftsvertrages auf den Fall anwendbar ist, dass das in Ziff. 1 geregelte Vorerwerbsrecht nicht ausgeübt worden ist, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn allein die hier in Betracht kommende Möglichkeit, dass der Beteiligte zu 5.) seine Anteile auf der Grundlage von § 9 Ziff. 1 (letzter Satz) privilegiert an die Beteiligte zu 1.) übertragen durfte und damit zugleich ein Anwendungsfall der … Regelung in Ziff. 2 vorgehenden Ziff. 1 („im Übrigen“) vorliegen kann – den Angaben der Beteiligten zu 1.) zufolge war dies hier der Fall – , steht der Annahme, die eingereichte Gesellschafterliste sei offenkundig falsch, entgegen.

Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen kann hier auch ein – allenfalls in begrenztem Umfang anzunehmendes – materielles Prüfungsrecht des Registergerichts nicht zu einer Zurückweisung der eingereichten Gesellschafterliste führen.

II.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst. Die Wertfestsetzung folgt aus § 36 Abs. 3 GNotKG.

Hinweis: Wortlaut § 9 des Gesellschaftsvertrags der Gesellschaft:

Ziff. 1

,,1. Soweit ein Gesellschafter beabsichtigt seinen Geschäftsanteil ganz oder teilweise zu veräußern, ist er zunächst verpflichtet, den zu veräußernden Gescháftsanteil den Mitgesellschaftern … zum Kauf anzubieten, …. Der Ankaufspreis berechnet sich gem. § 11 dieses Vertrages. Der eine Veräußerung beabsichtigende Gesellschafter ist verpflichtet, seine Mitgesellschafter schriftlich von seiner Verkaufsabsicht zu unterrichten. Das Ankaufrecht entfällt, wenn nicht innerhalb von 3 Monaten nach Unterrichtung ebenfalls schriftlich dem anbietenden Gesellschafter die Absicht zum Erwerb mitgeteilt wird.

Soweit keiner der Mitgesellschafter einen Erwerb beabsichtigt, kann eine anderweitige Veräußerung erfolgen. Dieses Regelung gilt nicht für den Fall der erstmaligen Übertragung des Geschäftsanteits ganz oder teitweise durch die Gesellschafter X und A bzw. bei einer Übertragung auf Ehepartner.“

Ziff. 2

,,2. Die Veräußerung und Verpfändung von Gesellschaftsanteilen oder Teilen von Geschäftsanteilen bedarf im Übrigen der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter.“

Löffler I www.K1.de I www.gesellschaftsrechtskanzlei.com I Gesellschafterliste I einstweiliger Rechtsschutz I Erfurt I Thüringen I Sachsen I Sachsen-Anhalt I Hessen I Deutschland 2022

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