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BGH, Urteil vom 14. Juli 2020 – II ZR 255/18

AktG § 122Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
AktG
AktG § 122
Abs. 3 Satz 1

Die aufgrund einer gerichtlichen Ermächtigung der Minderheitsaktionäre auf die Tagesordnung zu setzenden Gegenstände müssen bei einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft so rechtzeitig bekanntgemacht werden, dass die Aktionäre ausreichend Zeit haben, sich mit der ergänzten Tagesordnung zu befassen, darüber zu befinden, ob sie an der Hauptversammlung teilnehmen wollen, und die Teilnahmevoraussetzungen zu erfüllen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. Juni 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Berufung gegen das Schlussurteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I vom 14. Juli 2017 zurückgewiesen hat.

Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Schlussurteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I vom 14. Juli 2017 abgeändert.

Die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 29. Juli 2016 zu TOP 2 (Sonderprüfung betreffs Vorgänge in der Geschäftsführung) und zu TOP 3 (Sonderprüfung betreffs Verflechtung von K.AG und Ka.AG) werden für nichtig erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte und die Nebenintervenienten zu 1 bis 3 zu je 1/4. Die Kosten des Zwischenstreits haben die Klägerinnen zu je 1/3 zu tragen.

Tatbestand

Die Beklagte ist eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft, die über ein in 36.850 Stückaktien eingeteiltes Grundkapital von 1.916.200 € verfügt. Die Klägerinnen sind Aktionäre der Beklagten. Die Klägerin zu 2 hält als größte Aktionärin 16.999 Aktien. Die Nebenintervenienten zu 1 und 2 sind ebenfalls Aktionäre der Beklagten, wobei der Nebenintervenient zu 2 mit 11.946 Aktien zweitgrößter Aktionär der Beklagten ist. Der Nebenintervenient zu 3 ist Mitglied des Aufsichtsrats der Beklagten.

Am 7. Juni 2016 ging der Beklagten ein Einberufungsverlangen der Klägerin zu 2 zu, wonach ein Beschluss über die Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern gefasst werden sollte. Der Vorstand der Beklagten lud zur Hauptversammlung auf den 29. Juli 2016 ein. Die Einladung wurde im Bundesanzeiger am 23. Juni 2016 veröffentlicht.

Unter der Überschrift „Voraussetzungen für die Teilnahme an der Haupt-versammlung und die Ausübung des Stimmrechts“ findet sich folgender, mit der Satzung der Beklagten übereinstimmender Text:

Gemäß §1 5 der Satzung sind diejenigen Aktionäre zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung berechtigt, die spätestens am vierten Werktag vor dem Versammlungstag, d.h. spätestens am 25.07.2016, bei der Gesellschaft … oder bei der folgenden Stelle die Ausstellung einer Stimmkarte beantragt und ihre Aktien bis zur Beendigung der Hauptversammlung dort hinterlegt haben:

Die Hinterlegung ist auch dann ordnungsgemäß, wennAktien mit Zustimmung einer Hinterlegungsstelle für sie bei anderen Banken bis zur Beendigung der Hauptversammlung gesperrt gehalten werden.

Im Falle der Hinterlegung bei einem deutschen Notar oder bei einer Wertpapiersammelbank ist die von diesen auszustellende Bescheinigung spätestens am ersten Werktag nach Ablauf der Hinterlegungsfrist, d.h. spätestens am 26.07.2016, bei der Gesellschaft … einzureichen.“

Mit Schreiben vom 30. Juni 2016 an den Vorstand der Beklagten verlangte der Nebenintervenient zu 2 die Ergänzung der Tagesordnung um die Beschlussfassung über Sonderprüfungen. Tagesordnungspunkt 2 betraf die Geschäftsführung des Vorstands hinsichtlich fünf näher bezeichneter Vorgänge und Tagesordnungspunkt 3 betraf die Verflechtung der Klägerin zu 2 mit der Beklagten.

Der Nebenintervenient zu 2 beantragte am 13. Juli 2016 beim Amtsgericht die Ermächtigung zur Veröffentlichung der ergänzten Tagesordnung im Bundesanzeiger. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 21. Juli 2016 wurde der Nebenintervenient zu 2 ermächtigt, die Tagesordnung der außerordentlichen Hauptversammlung am 29. Juli 2016 um die Tagesordnungspunkte 2 und 3 zu ergänzen und bekannt zu machen. Am 21. Juli 2016 wurde der entsprechende Auftrag an den Bundesanzeiger übermittelt, in dem am 25. Juli 2016 die Ergänzung der Tagesordnung veröffentlicht wurde.

Die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3 wurden in der Hauptversammlung vom 29.Juli 2016 mit 3.959 Ja-Stimmen und 30 Nein-Stimmen gefasst.

Das Landgericht hat die hiergegen gerichteten Anfechtungsklagen durch Schlussurteil abgewiesen und durch Zwischenurteil die Nebeninterventionen der Nebenintervenienten zu 1 und 2 für zulässig erachtet.

Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

Die von der Hauptversammlung der Beklagten am 29. Juli 2016 zu Tagesordnungspunkt 2 (Sonderprüfung betreffs Vorgänge in der Geschäftsführung) und zu Tagesordnungspunkt 3 (Sonderprüfung betreffs Verflechtung von K.AG und Ka.AG) gefassten Beschlüsse sind gesetzwidrig zustande gekommen und daher für nichtig zu erklären (§ 243 Abs. 1 AktG).

I.

Das Berufungsgericht (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, AG 2018, 761) hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet:

Zu Recht habe das Landgericht einen Verstoß gegen die Einberufungsvorschriften der §1 24 Abs. 1 Satz 1, § 123 Abs. 4 AktG verneint, da es davon ausgegangen sei, dass die Bekanntmachung der aufgrund Ermächtigungsbeschluss ergänzten Tagesordnungspunkte im Bundesanzeiger rechtzeitig, nämlich am letzten möglichen Tag vor dem Ablauf der Frist zur Anmeldung erfolgt sei. Einem Aktionär sei zuzumuten, dass er die Veröffentlichungen im Bundesanzeiger zeitnah verfolge.

Wie das Erstgericht zutreffend festgestellt habe, seien nach § 124 Abs. 1 Satz 1 AktG Gegenstände, die auf die Tagesordnung gesetzt werden sollen, unverzüglich nach Zugang des Verlangens durch den Vorstand bekannt zu machen. Wie im Falle der Ermächtigung zur Bekanntmachung von Beschlussgegenständen der Tagesordnung durch das Gericht zu verfahren sei, sei nicht geregelt. Bei börsennotierten Gesellschaften werde aufgrund einer richtlinienkonformen Auslegung der Aktionärsrechterichtlinie davon auszugehen sein, dass die Bekanntmachung zeitlich vor dem Nachweisstichtag des § 123 Abs. 4 AktG erfolgen müsse. Die allein börsennotierte Unternehmen betreffende Bewertung könne nicht auf andere Gesellschaften übertragen werden. Das habe für den vorliegenden Fall zur Folge, dass die Veröffentlichung der Ergänzung der Tagesordnung, die auf einem Ermächtigungsbeschluss gründe, keine zeitliche Grenze in dem Zeitpunkt des Nachweisstichtags finde.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die von der Hauptversammlung der Beklagten am 29. Juli 2016 zu Tagesordnungspunkt 2 (Sonderprüfung betreffs Vorgänge in der Geschäftsführung) und zu Tagesordnungspunkt 3 (Sonderprüfung betreffs Verflechtung von K.AG und Ka.AG) gefassten Beschlüsse beruhen auf einer verspäteten und damit nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Tagesordnung, weshalb sie für nichtig zu erklären sind.

1.

Die aufgrund einer gerichtlichen Ermächtigung der Minderheitsaktionäre gemäß § 122 Abs. 3 Satz 1 AktG auf die Tagesordnung zu setzenden Gegenstände müssen bei einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft so rechtzeitig bekannt gemacht werden, dass die Aktionäre ausreichend Zeit haben, sich mit der ergänzten Tagesordnung zu befassen, darüber zu befinden, ob sie an der Hauptversammlung teilnehmen wollen, und die Teilnahmevoraussetzungen zu erfüllen.

a) Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 AktG ist die Hauptversammlung mindestens dreißig Tage vor dem Tage der Versammlung einzuberufen, wobei der Tag der Einberufung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht mitzurechnen ist. In der Einberufung ist nach § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG die Tagesordnung anzugeben. Sinn der Bekanntmachung der Tagesordnungspunkte einschließlich der Beschlussvorschläge mit der Einberufung ist eine sachgemäße Information der Aktionäre, aufgrund der sie nicht nur in die Lage versetzt werden sollen, sich mit den einzelnen Gegenständen der Tagesordnung zu befassen und aufgrund dieser Vorbereitung ihr Rede-, Frage- und Stimmrecht sinnvoll auszuüben, sondern auch, darüber zu befinden, sie überhauptan der Hauptversammlung – selbst oder vertreten durch Dritte – teilnehmen wollen (BGH, Urteil vom 25. November 2002 – II ZR 49/01, BGHZ 153, 32, 36).

b) Das Recht der Aktionäre auf sachgerechte Information muss genauso gewahrt werden, wenn die Gegenstände der Tagesordnung nicht in der Einberufung, sondern später nach einem Ergänzungsverlangen einer Minderheit bekanntgemacht werden.

Ist das Verlangen nach § 122 Abs. 2 Satz 1 AktG, Gegenstände auf die Tagesordnung zu setzen und bekanntzumachen, der Gesellschaft, wie im vorliegenden Fall der Beklagten, erst nach der Einberufung der HauptversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einberufung
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Hauptversammlung
zugegangen, sind die von dem Ergänzungsverlangen erfassten Gegenstände nach § 124 Abs. 1 Satz 1 AktG unverzüglich nach Zugang des Verlangens bekannt zu machen. Das gilt auch dann, wenn die Tagesordnung einer Hauptversammlung, die auf ein Minderheitsverlangen hin einberufen wurde, ergänzt werden soll (Rieckers in Spindler/Stilz, AktG, 4. Aufl., § 122 Rn .35;KK-AktG/Noack/Zetzsche, 3. Aufl., § 122 Rn. 58).

Das Erfordernis einer unverzüglichen Bekanntmachung ist nicht nur als Handlungsanweisung an den Vorstand zu verstehen, für eine schnelle Bekanntmachung der Gegenstände zu sorgen, damit das Anliegen der Minderheit noch auf einer anstehenden Hauptversammlung behandelt werden kann. Der Vorstand trägt damit auch den berechtigten Informationsinteressen der anderen Aktionäre Rechnung. Denn der der Verpflichtung zur Bekanntmachung der Tagesordnungspunkte mit der Einberufung innewohnende Zweck einer sachgemäßen Information der Aktionäre (BGH, Urteil vom 25. November 2002 – II ZR 49/01, BGHZ153, 32, 36) kommt auch dem in § 124 Abs. 1 Satz 1 AktG geregelten Erfordernis der unverzüglichen Bekanntmachung die Tagesordnung ergänzender Gegenstände zusammen mit dem in § 122 Abs. 2 Satz 3 AktG angeordneten Mindestabstand des Ergänzungsverlangens zur Hauptversammlung von 24 Tagen zu. Damit sachgerecht über ergänzte Gegenstände beraten und gegebenenfalls abgestimmt werden kann, müssen die Aktionäre vor der Hauptversammlung ausreichend Zeit zur Vorbereitung haben. Gegebenenfalls wird zudem die Entscheidung zur Teilnahme an der Hauptversammlung durch die ergänzten Tagesordnungspunkte beeinflusst. Daher muss, wenn ergänzte Gegenstände zur Tagesordnung erst nach der Einberufung bekannt gemacht werden, vor der Hauptversammlung oder vor dem letzten Anmelde- und/oder Nachweistag ein angemessener Prüfungszeitraum für die Aktionäre verbleiben (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie [ARUG], BT-Drucks.16/11642, S. 30; Grigoleit/Herrler, AktG, 2. Aufl., § 124 Rn. 1; Hüffer/Koch, AktG, 14. Aufl., § 124 Rn. 1; Heidel/Müller, AktG, 5. Aufl., § 124 Rn. 2, 5; Hölters/Drinhausen, AktG, 3.Aufl., § 124 Rn. 2, 4; Rieckers in Spindler/Stilz, AktG, 4. Aufl., § 124 Rn. 1, 4; MünchKommAktG/Kubis, 4. Aufl., § 124 Rn. 1; Butzke in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 124 Rn. 12). Auch die dem Vorstand zuzubilligende Frist zur rechtlichen Überprüfung des Ergänzungsverlangens darf nicht dazu führen, dass die Ergänzung der Tagesordnung nicht mehr rechtzeitig bekannt gemacht werden kann (vgl. Grigoleit/Herrler, AktG, 2. Aufl., § 124 Rn. 2; Hüffer/Koch, AktG, 14. Aufl., § 124 Rn. 2; Hölters/Drinhausen, AktG, 3. Aufl., § 124 Rn. 2, 4; Ziemons in K.Schmidt/Lutter, 4. Aufl., § 122 Rn. 50; Rieckers in Spindler/Stilz, AktG, 4. Aufl., § 122 Rn. 46, § 124 Rn. 4; MünchKommAktG/Kubis, 4. Aufl., § 122 Rn. 38, § 124 Rn. 4;KK-AktG/Noack/Zetzsche, 3. Aufl., § 122 Rn. 75, § 124 Rn. 22; Butzke inGroßkomm. AktG, 5. Aufl., § 122 Rn. 66)

c) Das Recht der Aktionäre auf sachgerechte Information muss auch dann im Spannungsverhältnis mit dem Recht der Minderheit, die Möglichkeit zu erhalten, den Willen anderer Aktionäre in einer Hauptversammlung zu beeinflussen, gewahrt werden, wenn nicht der Vorstand, sondern die Minderheitsaktionäre die ergänzte Tagesordnung nach einer gerichtlichen Ermächtigung bekanntmachen.

aa) Wird dem Verlangen nach § 122 Abs. 2 AktG, dass Gegenstände auf die Tagesordnung gesetzt und bekanntgemacht werden, nicht entsprochen, kann das Gericht die Aktionäre, die das Verlangen gestellt haben, auf Antrag ermächtigen, den Gegenstand bekanntzumachen (§ 122 Abs. 3 Satz 1 AktG). Der Vorstand entspricht dem Ergänzungsverlangen nicht, wenn er es ausdrücklich zurückweist, oder – wie vorliegend – über eine ihm zuzubilligende Prüfungsfrist hinaus untätig bleibt (vgl. Grigoleit/Herrler, AktG, 2. Aufl., § 122 Rn. 15; Rieckers in Spindler/Stilz, AktG, 4. Aufl., § 122 Rn. 51; MünchKommAktG/Kubis, 4. Aufl., § 122 Rn. 46; KK-AktG/Noack/Zetzsche, 3. Aufl., § 122 Rn. 85; Butzke in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 122 Rn. 78ff.).

bb) Der Normzweck des § 122 AktG, einer Minderheit von Aktionären die Möglichkeit der Willensbeeinflussung der anderen Aktionäre in einer Hauptversammlung zu gewähren, steht im Spannungsverhältnis zu deren berechtigtem Interesse an einer sachgerechten Information. Die den Minderheitsaktionären eingeräumte Möglichkeit, bei Ablehnung oder bei Nichtbeachtung eines Ergänzungsverlangens durch den Vorstand das Gericht um die Ermächtigung zur Bekanntmachung nachzusuchen, darf nicht einseitig zu Lasten des berechtigten Informationsinteresses der anderen Aktionäre gehen. Die Beachtung des Rechts der Aktionäre auf sachgemäße Information macht es erforderlich, dass die auf die Tagesordnung zu setzenden Gegenstände bei einer gerichtlichen Ermächtigung zur Bekanntmachung nach § 122 Abs. 3 AktG so rechtzeitig bekannt gemacht werden, dass die sachgerechte Information der Aktionäre sichergestellt ist (Butzke in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 122 Rn. 101).

Denn während die Rechte der anderen Aktionäre gravierend, nur durch erneute Beschlussfassung heilbar, verletzt wären, wenn über einen, ihr Informationsinteresse missachtend verspätet bekanntgemachten Tagesordnungspunkt abgestimmt werden dürfte, können die Minderheitsaktionäre ihr Interesse weiter durchsetzen, müssen also in der Regel lediglich eine Verzögerung hinnehmen. Die Minderheitsaktionäre können ihr Anliegen entweder bei der nächsten anstehenden oder bei einer von ihnen mit Hilfe des Gerichts durchgesetzten Hauptversammlung zum Gegenstand der Tagesordnung machen.

(1) Die gerichtliche ErmächtigungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zur Bekanntmachung ergänzender Tagesordnungspunkte gilt für die folgende Hauptversammlung, wenn von ihr für die anstehende Hauptversammlung im Hinblick auf die Bekanntmachungsfrist kein Gebrauch mehr gemacht werden kann. Die Stellung eines erneuten Ergänzungsverlangens, das je nach Reaktion des Vorstands erneut gerichtlich durchgesetzt werden müsste, ist der Minderheit nicht zuzumuten (zutreffend KK-AktG/Noack/Zetzsche, 3. Aufl., § 122 Rn. 113; zweifelnd Butzke inGroßkomm. AktG, 5.Aufl., § 122 Rn. 101; aA Mertens, AG 1997, 481, 490). Insoweit gilt nichts anderes als bei der gerichtlichen Ermächtigung zur Einberufung einer Hauptversammlung. Die gerichtliche ErmächtigungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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ist grundsätzlich erst erschöpft, wenn die Hauptverhandlung gesetzes- und satzungsgemäß einberufen und durchgeführt worden ist. Das folgt aus dem Zweck der Ermächtigung. § 122 Abs. 1 bis 3 AktG gewährleistet Minderheitsaktionären, dass die Hauptversammlung zusammentritt und sich mit Angelegenheiten befasst, deren Behandlung diese Aktionäre wünschen. Das Verlangen ist erst erfüllt, wenn die Hauptversammlung sich mit den der beantragten Ermächtigung zugrundeliegenden Gegenständen befasst hat (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 – II ZB 17/11, ZIP 2012, 1313 Rn. 8; Urteil vom 30. Juni 2015 – II ZR 142/14, BGHZ 206, 143 Rn. 27; Urteil vom 10. Oktober 2017 – II ZR 375/15, BGHZ 216, 110 Rn. 68).

(2) Unabhängig davon könnten die Minderheitsaktionäre ihr Verlangen, dass Gegenstände auf die Tagesordnung gesetzt und bekanntgemacht werden, weit im Vorfeld der nächsten erreichbaren Hauptversammlung vor deren Einberufung erneut stellen (Butzke in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 122 Rn.5 7; KK-AktG/Noack/Zetzsche, 3. Aufl., § 122 Rn. 64 mwN). Der Vorstand muss nach erneutem Ergänzungsverlangen vor der Einberufung die Gegenstände mit der Einberufung bekanntmachen (§ 124 Abs. 1 Satz 1 AktG). Unterlässt der Vorstand das, kommt das einer Ablehnung gleich und die Minderheitsaktionäre können unmittelbar nach der Einberufung bei Gericht um die Ermächtigung zur Bekanntmachung nachsuchen. In diesem Fall können die Minderheitsaktionäre die Gegenstände nach der gerichtlichen Ermächtigung so rechtzeitig bekanntmachen, dass das Informationsinteresse der anderen Aktionäre gewahrt wird.

(3) Letztlich müssen die Minderheitsaktionäre nicht bis zur nächsten, vom Vorstand aus eigenem Antrieb einberufenen Hauptversammlung zuwarten. Sie können selbst aktiv werden und nach § 122 Abs. 1 AktG verlangen, dass der Vorstand eine Hauptversammlung einberuft, damit diese sich mit den der beantragten Ermächtigung zugrundeliegenden Gegenständen befasst. Hierbei ist zwar zu beachten, dass das Einberufungsverlangen an dem vorgeschriebenen Quorum scheitert, wenn die Anteile der Minderheit zusammen den anteiligen Betrag von 500.000 € erreichen, nicht aber den zwanzigsten Teil des Grundkapitals. Diese Einschränkung betrifft indes größere Gesellschaften und daher in der Regel nicht die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen, nicht börsennotierten Aktiengesellschaften. Auch bei der Beklagten liegt die Schwelle von 5% des Grundkapitals unterhalb der Betragsschwelle von 500.000 €, so dass eine Minderheit, die die Ergänzung der Tagesordnung verlangen kann, in der Lage ist, die Einberufung einer Hauptversammlung durchzusetzen. Kommt der Vorstand dem Verlangen nicht nach, kann sich die Minderheit nach § 122 Abs. 3 AktG zur Einberufung einer Hauptversammlung und der Bekanntmachung von Tagesordnungspunkten ermächtigen lassen. Die von den Minderheitsaktionären nach gerichtlicher Ermächtigung gemäß § 122 Abs. 3 AktG einberufene Hauptversammlung kann der Vorstand dann nicht mehr absagen, weshalb die Minderheitsaktionäre auch gegen einen obstruierenden Vorstand durchsetzen können, dass sich die Hauptversammlung mit Angelegenheiten befasst, deren Behandlung sie wünschen. Die mit der Verweisung der Aktionäre auf das Verfahren der gerichtlichen Ermächtigung nach § 122 Abs.3 AktG gegebenenfalls verbundene Verzögerung ist nach der Wertung des Gesetzgebers grundsätzlich hinzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2015 – II ZR 142/14, BGHZ 206, 143 Rn. 27).

(4) Soweit sich das Anliegen der Minderheit auf Gegenstände der Tagesordnung der aktuellen Hauptversammlung bezieht, bedürfen Anträge hierzu nach § 124 Abs. 4 Satz 2 AktG ohnehin keiner Bekanntmachung.

d) Die Bekanntmachung durch den Nebenintervenienten zu 2 am letzten Tag, an dem eine Anmeldung zur Hauptversammlung der Beklagten möglich war, war verspätet und verletzte daher das Recht der Aktionäre auf sachgerechte Information. Die Tagesordnung ergänzende Gegenstände sind durch hierzu gerichtlich ermächtigte Minderheitsaktionäre in angemessener Frist vor der Hauptversammlung oder, sofern die Satzung eine Anmelde- und/oder Nachweisfrist bestimmt, vor dem letzten Anmelde- und/oder Nachweistag bekanntzumachen.

aa) Nach § 123 Abs. 2 Satz 1 AktG kann die Satzung die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechtsdavon abhängig machen, dass die Aktionäre sich vor der Versammlung anmelden. Die Beklagte hat von den in § 123 Abs. 2 und 3 AktG eingeräumten Möglichkeiten Gebrauch gemacht und in § 15 ihrer Satzung geregelt, dass diejenigen Aktionäre zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung berechtigt sind, die spätestens am vierten Werktag vor dem Versammlungstag die Ausstellung einer Stimmkarte beantragt haben. Weiter bestimmt § 15 der Satzung der Beklagten, dass dieAktionäre sich spätestens an demselben Tag unter anderem durch Hinterlegung bei der Gesellschaft oder durch Vorlage einer Hinterlegungsbescheinigung einen Tag danach, legitimieren müssen.

bb) Die Bekanntmachung der Tagesordnungspunkte 2 und 3 am 25. Juli 2016, dem letzten Tag, an dem eine Anmeldung und Legitimation für die Hauptversammlung der Beklagten vom 29. Juli 2016 möglich war, verletzte das Recht der Aktionäre auf sachgerechte Information.

(1) Zutreffend hat es das Berufungsgericht allerdings abgelehnt, den in § 123 Abs. 4 Satz 2 AktG geregelten Nachweisstichtag bei einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft als Grenze für die Bekanntmachung nach gerichtlicher Ermächtigung festzulegen. Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften (Abl.L184 S.17; im Folgenden: Aktionärsrechterichtlinie) bestimmt, dass die Bekanntmachung „vor dem geltenden Nachweisstichtag im Sinne des Artikels 7 Absatz 2 erfolgt“. Um dieser Vorgabe der Aktionärsrechterichtlinie zu genügen, muss bei börsennotierten Inhaberaktien, für die § 123 Abs. 4 Satz 2 AktG den Nachweisstichtag auf den Beginn des 21.Tages vor der Hauptversammlung legt, die geänderte Tagesordnung spätestens am 22. Tag vor der Hauptversammlung bekannt gemacht werden. Das deutsche Recht trägt dem durch § 122 Abs. 2 Satz 3 AktG Rechnung, wonach Anträge auf Ergänzung der Tagesordnung bei börsennotierten Gesellschaften mindestens 30 Tage vor der Hauptversammlung zugehen müssen. So bleibt auch bei Inhaberaktien ein Zeitrahmen, der die Einhaltung der Vorgaben der Aktionärsrechterichtlinie erlaubt (Grigoleit/Herrler, AktG, 2. Aufl., § 124 Rn. 2; Hüffer/Koch, AktG, 14. Aufl., § 124 Rn.2; Rieckers in Spindler/Stilz, AktG, 4. Aufl., § 122 Rn. 44, § 124 Rn. 4; KK-AktG/Noack/Zetzsche, 3. Aufl., § 124 Rn. 23; Butzke in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 124 Rn. 12f.). Bei nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften taugt der Nachweisstichtag als zeitliche Grenze der Bekanntmachung durch den Vorstand nach einem Minderheitenverlangen nicht, da das Ergänzungsverlangen nach § 122 Abs. 2 Satz 3 AktG erst 24 Tage vor der Hauptversammlung eingehen muss und eine Veröffentlichung der ergänzten Tagesordnung nach sachgerechter Prüfung durch den Vorstand vor dem Nachweisstichtag nicht möglich ist (OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, ZIP 2017, 1714, 1715; von der Linden, EWiR 2017, 653f.; Rieckers, DB2017, 2786, 2791; Hüffer/Koch, AktG, 14. Aufl., § 123 Rn. 2; Rieckers in Spindler/Stilz, AktG, 4. Aufl., § 122 Rn. 44, § 124 Rn. 4). Diese Erwägung gilt erst recht für die Bekanntmachung aufgrund einer gerichtlichen Ermächtigung, die zeitlich später erteilt wird.

(2) Ergänzende Gegenstände zur Tagesordnung sind durch hierzu gerichtlich ermächtigte Minderheitsaktionäre bei einer nicht börsennotierten Gesellschaft so zeitig vor der Hauptversammlung oder, sofern die Satzung eine Anmelde- und/oder Nachweisfrist bestimmt, vor dem letzten Anmelde- und/oder Nachweistag bekanntzumachen, dass die Aktionäre ausreichend Zeit haben, sich mit der ergänzten Tagesordnung zu befassen, darüber zu befinden, ob sie an der Hauptversammlung teilnehmen wollen, und die Teilnahmevoraussetzungen zu erfüllen.

Zur Bestimmung eines das Recht der Aktionäre auf sachgerechte Information wahrenden Zeitraums für die Bekanntmachung von Gegenständen nach einer gerichtlichen Ermächtigung im Sinne des § 122 Abs. 3 AktG wird als Ausgangspunkt die in der Fristenregelung für das Ergänzungsverlangen zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers für die Bekanntmachung durch den Vorstand bei börsennotierten Aktiengesellschaften herangezogen. Da das Verlangen 30 Tage vor der Versammlung zu stellen ist (§ 122 Abs. 2 Satz 3 AktG) stehen bei Beachtung des Nachweisstichtags in § 123 Abs. 4 Satz 2 AktG neun Tage für die nachträgliche Bekanntmachung zur Verfügung (vgl. KK-AktG/Noack/Zetzsche, 3. Aufl., § 124 Rn. 23). Aus dem Umstand, dass neun Tage für Prüfung und Bekanntmachung in jedem Fall genügen müssen, wird gefolgert, dass die Ergänzung der Tagesordnung durch den Vorstand bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften spätestens fünfzehn Tage vor der Hauptversammlung bekannt gemacht werden muss (Butzke in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 124 Rn. 13, 14).Ob dieser Ansicht auch für die Bekanntmachung durch die Minderheit zu folgen ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Die nach der Bekanntmachung der ergänzten Tagesordnung der Hauptversammlung der Beklagten verbleibende Zeitspanne war jedenfalls nicht mehr angemessen. Die Tagesordnung der Hauptversammlung der Beklagten war um zwei Tagesordnungspunkte ergänzt worden. Beide betrafen die Veranlassung von Sonderprüfungen. Sie waren einmal in verschiedene Vorwürfe gegen die Geschäftsführung des Vorstands der Beklagten und zum anderen in die Überprüfung der Rechts-und Geschäftsbeziehungen der Beklagten mit der Klägerin zu 2 und dieser nahestehender im einzelnen bezeichneter Personen und Unternehmen gegliedert. Die nach der Bekanntmachung im Verlauf des letzten Tages, an dem eine Anmeldung möglich war, verbleibende Zeitspanne war zu kurz, um den Aktionären die Befassung mit der ergänzten Tagesordnung und die Entscheidung über eine Teilnahme zu ermöglichen, noch eine Stimmkarte zu beantragen sowie den Hinterlegungsanforderungen nachzukommen.

2.

Die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 29. Juli 2016 zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3 sind wegen der verspäteten Bekanntmachung für nichtig zu erklären.

a) Die nicht ordnungsgemäße Bekanntmachung der Tagesordnung führt als Gesetzesverstoß regelmäßig auf eine Anfechtungsklage hin zur Nichtigerklärung der die entsprechenden Tagesordnungspunkte betreffenden Beschlüs-se. Nach der Rechtsprechung des Senats ist für die Nichtigerklärung bei einem Gesetzes- oder Satzungsverstoß nach § 243 Abs. 1 AktG die Relevanz des Verfahrensverstoßes für das Mitgliedschafts- bzw. Mitwirkungsrecht eines objektiv urteilenden Aktionärs maßgebend, im Sinne eines dem Beschluss anhaftenden Legitimationsdefizits, das bei einer wertenden, am Schutzzweck der verletzten Norm orientierten Betrachtung die Rechtsfolge der Anfechtbarkeit gemäß § 243 Abs. 1 AktG rechtfertigt (BGH, Urteil vom 12. November 2001 – II ZR 225/99, BGHZ 149, 158, 164f.; Urteil vom 25. November 2002 – II ZR 49/01, BGHZ 153, 32, 36f.; Urteil vom 20. September 2004 – II ZR 288/02, BGHZ160, 253, 255f.; Urteil vom 18. Oktober 2004 – II ZR 250/02, BGHZ 160, 385, 391f.; Urteil vom 10. Oktober 2017 -II ZR 375/15, BGHZ 216, 110 Rn. 74). Die Anfechtbarkeit ist danach nur dann ausgeschlossen, wenn dem Verfahrensverstoß die für eine sachgerechte Meinungsbildung eines objektiv urteilenden Aktionärs erforderliche Relevanz fehlt.

b) Die Relevanz ist bei Bekanntmachungsmängeln i.S.v. § 124 Abs. 4 Satz 1 AktG regelmäßig zu bejahen.

Nach dieser Vorschrift dürfen über Gegenstände der Tagesordnung, die nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden sind, keine Beschlüsse gefasst werden. Der Regelung liegt die gesetzliche Wertung zugrunde, dass Bekanntmachungsmängel für das Teilhaberecht des Aktionärs grundsätzlich von Bedeutung sind (BGH, Urteil vom 12. November 2001 – II ZR 225/99, BGHZ 149, 158, 164f.; Urteil vom 20. September 2004 – II ZR 288/02, BGHZ 160, 253, 255f.; Urteil vom 10. Oktober 2017 – II ZR 375/15, BGHZ 216, 110 Rn. 75). Das gilt insbesondere für die rechtzeitige Bekanntmachung ergänzender Tagesordnungspunkte, durch die den Aktionären ausreichend Zeit eingeräumt werden soll, sich mit der ergänzten Tagesordnung zu befassen und aufgrund dieser Vorbereitung ihr Rede-, Frage- und Stimmrecht sinnvoll auszuüben, und insbesondere darüber zu befinden, ob sie an der Hauptversammlung teilnehmen wollen. Gerade die Entscheidung über die Teilnahme kann durch die Fehlerhaftigkeit der Bekanntmachung insbesondere im Hinblick auf das in § 124 Abs. 4 Satz 1 AktG ausgesprochene gesetzliche Verbot, über fehlerhaft bekannt gemachte Gegenstände der Tagesordnung Beschluss zu fassen, beeinflusst werden. Das Verbot des § 124 Abs. 4 Satz 1 AktG bezweckt gerade auch den Schutz der nicht in der Hauptversammlung erschienenen Aktionäre (BGH, Urteil vom 25. November 2002 – II ZR 49/01, BGHZ 153, 32, 36f.).

Angesichts der Bedeutung, die der rechtzeitigen Information über ergänzte Gegenstände der Tagesordnung für die Aktionäre zukommt, ist der Gesetzesverstoß, der in der verspäteten Bekanntmachung am letzten möglichen Tag der Anmeldung zur Hauptversammlung liegt, zudem auch nicht etwa so marginal, dass ihm ausnahmsweise die erforderliche Relevanz für eine sachgerechte Meinungsbildung der Aktionäre abzusprechen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2002 – II ZR 49/01, BGHZ 153, 32, 37).

c) Die Klägerinnen sind nicht ausnahmsweise daran gehindert, den Bekanntmachungsmangel geltend zu machen.

aa) Es handelt sich vorliegend nicht um einen atypischen Sonderfall, in dem es den Klägerinnen verwehrt wäre, sich auf den Bekanntmachungsmangel zu stützen. Der Senat hat dies in einem Fall angenommen, in dem der Be-kanntmachungsfehler für das Teilnahme- und Abstimmungsverhalten des klagenden Vorstandsmitglieds keine Bedeutung hatte, weil ihm die nicht bekanntgemachte Information ohnehin bekannt sein konnte und musste (vgl. dazu BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – II ZR 375/15, BGHZ 216, 110 Rn. 76f.). Das kann hier für die von dem Informationsmangel betroffenen Aktionäre nicht angenommen werden. Diese hatten keine ausreichende Zeit, sich eine Meinung darüber zu bilden, ob sie an der Hauptversammlung und der Beschlussfassung über die ergänzten Tagesordnungspunkte teilnehmen wollen und einen eventuellen Teilnahmewillen umzusetzen.

bb) Die Anfechtung der Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3 durch die Klägerinnen ist nicht rechtsmissbräuchlich. Für die Annahme eines zum Verlust der Anfechtungsbefugnis führenden Rechtsmissbrauchs sind keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen.

Der Einwand eines individuellen Rechtsmissbrauchs durch Erhebung der Anfechtungsklage ist zwar grundsätzlich möglich. Die allgemeine Kontrollfunktion derAnfechtungsklage berührt den individuellen Charakter des Anfechtungsrechts des Aktionärs nicht. Ihm verbleibt in jedem Stadium des Verfahrens die Verfügungsbefugnis über sein Anfechtungsrecht. Wegen der im allgemeinen Interesse liegenden Kontrollfunktion des Anfechtungsrechts kommen Beschränkungen der gesetzlichen Anfechtungsbefugnis aufgrund eines individuellen Rechtsmissbrauchs aber allenfalls ausnahmsweise bei einzelnen klar abgrenzbaren Fallgestaltungen in Betracht (BGH, Urteil vom 30. Juni 2015 – II ZR 142/14, BGHZ 206, 143 Rn. 49).

Ob die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgestellte Behauptung, die Nichtbekanntmachung des Ergänzungsverlangens durch den Vorstand der Beklagten und demzufolge die verspätete Bekanntmachung aufgrund der gerichtlichen Ermächtigung habe ihre Ursache in einem kollusiven Zusammenwirken der Klägerinnen mit dem Vorstand der Beklagten, den Rechtsmissbrauch der Anfechtung begründen könnte, bedarf keiner Entscheidung. Die Rüge scheitert bereits daran, dass die Revisionserwiderungen keinen, einen solchen Sachverhalt ausfüllenden Tatsachenvortrag aufgezeigthaben.

III.

Das Berufungsurteil ist daher im aus dem Urteilsausspruch ersichtlichen Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

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Schlagworte: AktG § 122, AktG § 124, Anfechtungsgründe, Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Behinderung bei Recht der Teilhabe an der Willensbildung, Bekanntmachung, Erweiterung der Tagesordnung, Grundsätzlich Anfechtbarkeit bei relevanten Gesetzes- oder Satzungsverstoßes, Kausalitäts- und Relevanzerwägungen nicht erforderlich, Minderheitenschutz, Relevanz der Stimme, Relevanz des Anfechtungsgrundes, Relevanz des Rechtsverstoßes, Relevanz des Verfahrensmangels, Relevanzlehre, Teilhabe an der Willensbildung, Teilnahmerecht des betroffenen Gesellschafters, Teilnahmerecht in Gesellschafterversammlungen, Verstoß gegen das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht