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OLG Hamm, Urteil vom 03.07.1991 – 8 U 11/91

GmbHG § 29, 46, 47; AktG § 246

1. Die Gesellschafter unterliegen bei der Entscheidung über die Gewinnverwendung der gesellschafterlichen Treuepflicht und müssen insbesondere Minderheitsinteressen berücksichtigen. Das Interesse der Gesellschaft an der Rücklagenbildung ist gegen ein berechtigtes Interesse der Gesellschafter an einer hohen Ausschüttung abzuwägen. wobei die gesamten wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse der betroffenen Gesellschaft zu berücksichtigen sind. Dabei sind auf seiten der Gesellschaft der Gesellschaftszweck und die dafür erforderlichen Mittel einschließlich einer angemessen Planung für die weitere Entwicklung, die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft, ihre Ausstattung mit Eigenkapital, die Höhe und Verfügbarkeit schon vorhandener Rücklagen, Kreditfähigkeit und Art der Ausschöpfung aufgenommener Kredite, sowie Höhe der Laufzeit von Verbindlichkeiten, die allgemeine Wirtschaftslage und Marktsituation und die Zukunftsprognose für den betroffenen Wirtschaftszweig. Eine Rücklagenbildung ist nur dann zulässig, wenn sie nach verständiger kaufmännischer Beurteilung erforderlich ist, wobei allerdings ein weiter unternehmerischer Spielraum einzuräumen ist.

2. Für die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen in einer GmbH gilt die Monatsfrist des § 246 I AktG weder unmittelbar noch entsprechend. Gleichwohl muss die Klage gegen einen Gesellschafterbeschluss einer GmbH aber innerhalb einer angemessenen Frist mit aller dem anfechtungsberechtigten Gesellschafter zumutbaren Beschleunigung erhoben werden. Dabei dient die Monatsfrist des § 246 I AktG, die dem Gesellschafter in jedem Fall zur Verfügung stehen muss, als Leitbild. Liegen keine besonderen Umstände vor und ist eine einvernehmliche Regelung nicht zu erwarten, muss der Gesellschafter Mängel innerhalb eines Monats durch Klageerhebung geltend machen. Dies gilt auch für kleinere Gesellschaften, in denen Gesellschafter durch verwandtschaftliche Beziehungen miteinander verbunden sind.

3. Für den Beginn der Anfechtungsfrist ist nicht auf den Zugang des Protokolls der betreffenden Gesellschafterversammlung, sondern auf die Kenntnis des Gesellschafters von der beanstandeten Beschlussfassung abzustellen.

Die Kl. und die Bekl. zu 2) und 3) sind Gesellschafter der Bekl. zu l), einem Unternehmen der Kunststoff verarbeitenden Industrie. Die Bekl. zu l) beschäftigt sich mit der Herstellung von technischen Teilen und Kunststoffverpackungen. Darüber hinaus betreibt sie einen eigenen Formenbau für Spritzgußwerkzeuge.

Zwischen den Gesellschaftergruppen R und U G – Bekl. zu 2) und 3) – auf der einen Seite, die über 149 Stimmen verfügen und den übrigen Gesellschaftern – den Kl. – auf der anderen Seite, die insgesamt nur über 148 Stimmen verfügen, gab es in der Vergangenheit häufig Auseinandersetzungen, die auch gerichtlich ausgetragen wurden. So kam es 1987 anläßlich der Änderung von § 12 der Satzung zu dem Rechtsstreit 10 O 93/87 LG Bielefeld – 8 U 318/87 OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, der am 7.12.1988 vor dem Senat durch Abschluß eines Vergleichs beigelegt worden ist. In diesem Vergleich heißt es:

„§ 12 der Satzung der Bekl. erhält folgenden Wortlaut: Der sich aus der Bilanz ergebende Reingewinn wird, sofern und soweit er nicht vertragsgemäß den Geschäftsführern oder einzelnen derselben gehört, unter die Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile verteilt. Die Auszahlung des Gewinns erfolgt zu 25 %, wogegen 75 % den Geschäftsanteilen der Gesellschafter zuwachsen soll, wenn dieses erforderlich ist. Hierüber entscheidet die Gesellschafterversammlung.“

Nachdem in den Jahren 1986, 1987 und 1988 jeweils 50 % des Gewinns entsprechend einem von den Gesellschaftern gefaßten Gewinnverwendungsbeschluß an die Gesellschafter ausgezahlt und jeweils 50 % in die Rücklage eingestellt worden waren, beschloß die Gesellschafterversammlung am 21.5.1990 mit 149 Stimmen der Bekl. zu 2) und 3) gegen 148 Stimmen der Kl. entsprechend dem in der Einladung zur Gesellschafterversammlung mitgeteilten Antrag des Bekl. zu 3), lediglich 35 % des Jahresgewinns 1989 auszuschütten und 65 % der Rücklage zuzuführen.

Die Kl. haben diesen Beschluß mit der am 17.7.1990 gegen die Bekl. zu 1) bis 3) gerichteten Klage angefochten. Sie haben die Klageerhebung für rechtzeitig gehalten und gemeint, das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 21.5.1990 sei den Gesellschaftern weniger als einen Monat vor Klageerhebung zugegangen. Die erforderliche Abstimmung der klagenden Gesellschafter untereinander sei in kürzerer Zeit wegen der Urlaubszeit nicht möglich gewesen. Die Kl. haben die Auffassung vertreten, der Ergebnisverwendungsbeschluß für 1989 sei rechtsmißbräuchlich gefaßt. Es sei nach der Finanzlage der Gesellschaft nicht erforderlich, die Dividende auf 35 % des Gewinns zu beschränken. Diese Art der Gewinnverteilung werde der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft nicht gerecht, denn bereits die vorhandenen freien Rücklagen seien ungewöhnlich hoch und hätten schon vor der Feststellung des Jahresüberschusses für 1989 zusammen mit dem Stammkapital 50 % der Bilanzsumme betragen. Eine höhere Gewinnausschüttung an die Gesellschafter läge im Hinblick auf die mögliche Steuerersparnis nicht nur im Interesse der Bekl. zu 1), sondern auch im Interesse der Gesellschafter. Bei einer sinnvollen wirtschaftlichen Handhabung hatte der Gewinn zumindest an die Gesellschafter ausgeschüttet und dann teilweise von den Gesellschaftern der Gesellschaft als Darlehen zu günstigem Zinssatz zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Anhäufung des Kapitals übersteige bei weitem den Investitionsbedarf der Gesellschaft.

Das LG hat die Klage abgewiesen und gemeint, die – rechtzeitig erhobene – Klage sei unbegründet. Auch unter dem Gesichtspunkt des Minderheitenschutzes gebe es keinen Anhalt für die Annahme, die Gesellschafterentscheidung v. 21.5.1990 sei willkürlich getroffen. Die Berufung hatte im Ergebnis keinen Erfolg.

… Soweit die Kläger den in der Gesellschafterversammlung v. 21.5.1990 gefaßten Ergebnisverwendungsbeschluß anfechten, steht dieser gegen die Stimmen der Kl. gefaßte Beschluß zwar nicht mit dem materiellen Recht in Einklang, gleichwohl hat die Klage aber keinen Erfolg, denn die Kl. haben den Beschluß nicht rechtzeitig angefochten.

1. Der in der Gesellschafterversammlung v. 21.5.1990 mehrheitlich gefaßte Ergebnisverwendungsbeschluß, der eine Ausschüttung von 35 % des Jahresergebnisses für 1989 und gegen die Stimmen der Minderheitsgesellschafter eine Thesaurierung von 65 % des Gewinns vorsieht, berücksichtigt nicht die zu wahrenden interessen der Kl. als Minderheitsgesellschafter. Zwar schreibt § 12 der Satzung der Bekl. zu 1) in der Fassung des Vergleichs v. 7.12.1988 nur eine Ausschüttung von 25 % des Gewinns zwingend vor – entgegen 50 % in der alten Satzung – und sieht vor, daß 75 % den Geschäftsanteilen zuwachsen „wenn dieses erforderlich ist“. Wenn die Satzung demnach eine Rücklagenbildung von 75 % zuläßt, bedeutet dies aber nicht zugleich, daß eine solche Ergebnisverwendung auch vorgeschrieben ist. Vielmehr bleibt die Entscheidung über die Gewinnverwendung von 75 % der Gesellschafterversammlung überlassen. Eine zwingende Regelung enthält die Satzung nur hinsichtlich der Verwendung von 25 % des Gewinns. Im übrigen läßt die Satzung Raum für eine Entscheidung der Gesellschafter. Dabei gibt der Zusatz „wenn dieses erforderlich ist“ einen Anhalt dafür, unter welchen Voraussetzungen die Rücklagenbildung zulässig ist. Bei der Entscheidung über die Gewinnverwendung sind die Gesellschafter nämlich nicht frei, sondern unterliegen der gesellschafterlichen Treuepflicht und haben insbesondere Minderheitsinteressen zu berücksichtigen (vgl. dazu u.a.: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 29, Rn. 35). So ist das Interesse der Gesellschaft an der Rücklagenbildung gegen ein berechtigtes Interesse der Gesellschafter – oder einzelner von ihnen – an einer hohen Ausschüttung gegeneinander abzuwägen, wobei die gesamten wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse der betroffenen Gesellschaft zu berücksichtigen sind. Dabei sind einerseits auf seiten der Gesellschaft der Gesellschaftszweck und die dafür erforderlichen Mittel einschließlich einer angemessen Planung für die weitere Entwicklung, die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft, ihre Ausstattung mit Eigenkapital, die Höhe und Verfügbarkeit schon vorhandener Rücklagen, Kreditfähigkeit und Art der Ausschöpfung aufgenommener Kredite, sowie Höhe der Laufzeit von Verbindlichkeiten, die allgemeine Wirtschaftslage und Marktsituation und die Zukunftsprognose für den betroffenen Wirtschaftszweig, sowie andererseits die wirtschaftliche Situation der Gesellschafter und ihr Interesse auf Gewinnausschüttung gegeneinander abzuwägen (vgl.: Baumbach/Hueck:, a.a.O., Rn. 32 ff). Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist eine Rücklagenbildung nur dann zulässig, wenn sie nach verständiger kaufmännischer Beurteilung erforderlich ist, wobei allerdings ein weiter unternehmerischer Ermessensspielraum einzuräumen ist. So können beispielsweise Reserven großzügiger bedient werden, wenn trotzdem eine hohe Gewinnverteilung möglich ist. Eine kaufmännisch nicht mehr gerechtfertigte Reserveplanung ist dagegen nur mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich und ein gleichwohl mehrheitlich gefaßter Ergebnisverwendungsbeschluß wegen Verstoßes gegen die Treuepflicht anfechtbar.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die Rücklagenbildung von 65 % des Gewinns für das Jahr 1989 gegen die Stimmen der Kl. beanstandenswürdig; denn die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft erfordert die Zuführung eines so hohen Gewinnanteils in die Reserve nicht. Die Gesellschaft hatte 1989 ein außergewöhnlich gutes Jahresergebnis; denn sie hat mit dem erzielten Jahresüberschuß nach Steuern von 561.477,65 DM einen etwa doppelt so hohen Gewinn wie im Geschäftsjahr 1988 erzielt. Bereits vor Einstellung des anteiligen Gewinns aus dem Geschäftsjahr 1989 in die Rücklage betrugen die Gewinnrücklagen ausweislich der Bilanz für 1989 1.623.375,75 DM, während das Stammkapital der Gesellschaft nur 300.000 DM ausmacht. Der Bilanz ist darüber hinaus zu entnehmen, daß die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die nur eine Laufzeit von bis zu einem Jahr haben, nur 428.764,57 DM ausmachen. Das bedeutet, daß die Gesellschaft zur Finanzierung von Investitionen bislang nicht auf Kreditaufnahme angewiesen war. Diese Kriterien machen deutlich, daß eine Rücklagenbildung von 65 % betriebswirtschaftlich nicht erforderlich ist, zumal die Geschäftsführung der Bekl. zu 1) einleuchtende Gründe für diese unternehmerische Entscheidung nicht genannt hat. Angesichts der guten Finanzausstattung der Gesellschaft erfordert weder die Wiedervereinigung Deutschlands, noch der zu erwartende europäische Binnenmarkt zur Meidung von zukünftigen Risiken eine derart hohe Rücklagenbildung. Schließlich hat die Bekl. zu 1) auch nicht vorgetragen, daß zur Deckung eines hohen Investitionsbedarfs… außergewöhnlich hohe Kosten anfallen, die die vorgeschlagene Rücklagenbildung rechtfertigen. Eine nachvollziehbare Begründung für die Erforderlichkeit der Rücklagenbildung von 65 %, die die Rücklagen in der Vergangenheit von 50 % des Gewinns sowohl prozentual als auch nach den absoluten Zahlen deutlich übersteigt, hat die Bekl. zu 1) auch in der Berufungsinstanz nicht gegeben. Gesichtspunkte, die bei vernünftiger kaufmännischer Planung die Einstellung von 65 % in die Rücklage als erforderlich erscheinen lassen, sind auch sonst nicht ersichtlich. Demgegenüber haben die Kl. als Gesellschafter ein berechtigtes Interesse, an dem guten Jahresergebnis für 1989 durch eine entsprechend hohe Ausschüttung beteiligt zu werden. Der Beschluß zur Ergebnisverwendung für 1989 ist daher aus dem Gesichtspunkt der Verletzung des Minderheitenschutzes zu beanstanden.

2. Die Kl. haben die Anfechtungsklage jedoch nicht rechtzeitig erhoben. Für die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen in einer GmbH gilt zwar die Vorschrift des § 246 I AktG, wonach innerhalb von einem Monat die Anfechtungsklage gegen einen Beschluß der Hauptversammlung erhoben werden muß, weder unmittelbar noch entsprechend. Gleichwohl muß die Klage gegen einen Gesellschafterbeschluß einer GmbH aber innerhalb einer mit Kenntnis der Beschlußfassung beginnenden angemessenen Frist, die an die Besonderheiten des Einzelfalles anzupassen ist, mit aller dem anfechtungsberechtigten Gesellschafter zumutbaren Beschleunigung erhoben werden. Dabei dient die Monatsfrist des § 246 I AktG, die dem Gesellschafter in jedem Fall zur Verfügung stehen muß, als Leitbild. Liegen keine besonderen Umstände vor und ist eine einvernehmliche Regelung nicht zu erwarten, muß der Gesellschafter Mängel, die ihm bereits bei der Beschlußfassung erkennbar waren, innerhalb eines Monats durch Klageerhebung geltend machen. Dies gilt auch für kleinere Gesellschaften, in denen Gesellschafter – wie hier – durch verwandtschaftliche Beziehungen miteinander verbunden sind. Auf die Einhaltung der sich an die Monatsfrist des § 246 Nr. 1 AktG anlehnenden Frist kann im Einzelfall nur dann verzichtet werden, wenn dem Gesellschafter die Klageerhebung noch nicht zuzumuten ist, weil er noch nicht ausreichend Zeit hatte, schwierige tatsächliche oder rechtliche Fragen zu klären oder klären zu lassen, auf die es für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Klage ankommt (vgl. dazu: BGH GmbHR 1990, 344; Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 13. Aufl., Anhang § 47 Rn. 56).

Vorliegend haben die Kl. die Beschlußfassung vom 21.5.1990 nicht mit der ihnen zuzumutenden Beschleunigung innerhalb angemessener Frist angefochten, sondern die Klage erst einen Monat und 26 Tage – also knapp zwei Monate – nach Beschlußfassung und somit mit einer deutlichen Überschreitung der als Leitbild dienenden Monatsfrist eingereicht. Als Begründung für diese Verzögerung haben sie dazu in dem auf die Klageerwiderung folgenden Schriftsatz angeführt, das Protokoll der Hauptversammlung sei ihnen erst in einem Zeitraum von weniger als einem Monat vor Klageerhebung zugegangen. Außerdem sei eine Abstimmung der Gesellschafter untereinander in kürzerer Frist wegen der Urlaubszeit nicht möglich gewesen. Schließlich weisen die Kl. in der Berufungsbegründung darauf hin, zur Schaffung einer Entscheidungsgrundlage und Beurteilung des Prozeßrisikos sei eine eingehende juristische und wirtschaftliche Beurteilung der Situation erforderlich gewesen. Diese Gründe rechtfertigen jedoch die verzögerte Klageerhebung nicht.

Soweit sich die Kl. darauf berufen, das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 21.5.1990 sei ihnen nicht unmittelbar, sondern weniger als einen Monat vor Klageerhebung zugeleitet worden, ist dieser Umstand unerheblich; denn es kommt nicht auf den Zugang des Protokolls der betreffenden Gesellschafterversammlung, sondern auf die Kenntnis des Gesellschafters von der beanstandeten Beschlußfassung an (so: Lutter/Hommelhoff, a.a.O.). Eine von diesem Gesichtspunkt abweichende Regelung sieht auch die Satzung der Bekl. zu 1) nicht vor. Den klagenden Gesellschaftern bzw. ihren Vertretern, deren Kenntnis sie sich gem. § 166 BGB zurechnen lassen müssen, war der beanstandete Beschluß seit der Gesellschafterversammlung vom 21.5.1990, an der sie teilgenommen haben bzw. vertreten waren, bekannt. Die die Ergebnisverwendung betreffende Beschlußfassung als solche war für sie auch nicht überraschend, denn aus der Einladung zur Gesellschafterversammlung war bereits ersichtlich, daß der Bekl. zu 3) beantragt hatte, nur 35 % des Gewinns auszuzahlen und 65 % in die Rücklage einzustellen. Die Kl. konnten sich auf diesen Vorschlag des Mehrheitsgesellschafters einstellen und haben schließlich auch noch vor der Gesellschafterversammlung Gegenanträge eingebracht, die zur Abstimmung gestellt worden sind. Dies macht das Protokoll der Gesellschafterversammlung deutlich. Die Kl. kannten auch die steuerliche Auswirkung einer Gewinnausschüttung von 35 % und der Rücklagenbildung von 65 % aufgrund der Prognose des Steuerberaters Sch v. 30.4.1990. Zur wirtschaftlichen Beurteilung hatte zudem der Gesellschafter OG – der Kl. zu 4) – in der Begründung seines Antrags zur Ergebnisverwendung ausführlich Stellung genommen. Die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft war den Kl. schließlich auch aus dem Jahresbericht der Geschäftsführung v. 10.5.1990 bekannt. Zur Beurteilung und Überprüfung der Rechtslage benötigten sie ebenfalls keine über einen Monat hinausgehende Zeitspanne, da ihr erstinstanzlicher Prozeßbevollmächtigter – RA JW, Ehemann der Kl. zu 6) – die Kl. zu 5) und 6) in der Gesellschafterversammlung v. 21.5.1990 vertreten hat und mit der Problematik vertraut war. Eine gütliche Beilegung des Gesellschafterstreits über die Ergebnisverwendung war nicht zu erwarten und ist von den Kl. auch nicht versucht worden, denn Vergleichsverhandlungen mit dem Mehrheitsgesellschafter – dem Bekl. zu 3) – waren von vornherein aussichtslos und sind auch nicht geführt worden.

Soweit sich die Kl. darauf berufen, sie hätten sich vor der Klageerhebung darüber abstimmen müssen, welche Anträge gestellt werden sollten, rechtfertigt dieser Umstand schließlich auch nicht die Verzögerung der Klageerhebung; denn jeder anfechtungsberechtigte Gesellschafter war für sich allein dazu berechtigt, den am 21.5.1990 gefaßten Beschluß anzufechten, ohne daß es dazu einer Abstimmung mit den übrigen Gesellschaftern bedurfte. Schließlich ist aber auch selbst bei Berücksichtigung der Urlaubszeit nicht ersichtlich, warum die Kl. längere Zeit als einen Monat dazu benötigt haben, sich über ihre Vorgehensweise klar zu werden; denn eine Absprache mit einem nicht ortsanwesenden Gesellschafter hätte auch telefonisch getroffen werden können.

Da die Kl. zwischen der beanstandeten Beschlußfassung und der Klageerhebung eine unangemessen lange Zeit haben verstreichen lassen, ist der an sich mangelhafte Gesellschafterbeschluß nach Ablauf der Anfechtungsfrist nicht mehr anfechtbar. Dies hat zur Folge, daß die Klage mit dem Klageantrag zu Ziff. 1) unbegründet ist. …

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Schlagworte: Anfechtungsfrist, Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Aufgabenkreis der Gesellschafter, Einstellung in Rücklagen, Ergebnisverwendung, Ergebnisverwendungsbeschluss, Gewinnrücklage, Minderheitsschutz, Rücklagen, Thesaurierung, Treuepflicht