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OLG München, Urteil vom 22.07.2010 – 23 U 4147/09

GmbH 50-50 Beteiligung

GmbHG § 38

Sind beide Geschäftsführer der GmbH untereinander derart zerstritten, dass eine sachgerechte Zusammenarbeit zum Vorteil der GmbH und ohne das Bestreben, dem anderen Geschäftsführer in irgendeiner Form zu Schaden, nicht mehr denkbar scheint, hat die Zerrüttung ein Ausmaß erreicht hat, das eine Abberufung aus wichtigem GrundBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Abberufung
Abberufung aus wichtigem Grund
ohne weiteres rechtfertigt.

Schließlich sieht der Senat hier auch die offensichtliche – zumal aus anderen Gerichtsverfahren hinlänglich bekannte – Zerrüttung des Verhältnisses zwischen Kläger und Nebenintervenientin als wichtigen Grund für eine Abberufung an. Dabei bedarf es keiner vertieften Auseinandersetzung mit der Frage, ob bei den hier gegebenen Verhältnissen die Grundsätze für die Abberufbarkeit eines Geschäftsführers in einer Zwei-Personen-GmbH in vollem Umfang anwendbar sind: Abgesehen davon, dass die in der Literatur hierzu vertretenen Auffassungen ohnehin uneinheitlich sind, ist der Senat der Ansicht, dass jedenfalls hier die Zerrüttung zwischen der Nebenintervenientin und dem Kläger ein Ausmaß erreicht hat, das eine Abberufung ohne weiteres rechtfertigt. Beide sind untereinander derart zerstritten, dass eine sachgerechte Zusammenarbeit zum Vorteil der GmbH und ohne das Bestreben, dem anderen Geschäftsführer in irgendeiner Form zu Schaden, nicht mehr denkbar scheint. Darauf, wessen Verursachungsanteil überwiegt, oder auf Verschuldensfragen kann es nicht ankommen (siehe dazu nochmals BGH, Beschluss vom 12.01.2009, WM 2009, 551, Tz 15).

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 01.07.2009 wird zurückgewiesen.

Der erstmals im Berufungsverfahren gestellte Antrag des Klägers, die Unwirksamkeit des Beschlusses der Gesellschafterversammlung beider Beklagter vom 23.09.2008 auch insoweit festzustellen, als dieser die Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers betrifft, wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und der Nebenintervention im Berufungsverfahren.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagten oder die Nebenintervenientin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf € 2 Mio. festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen seine Abberufung als Geschäftsführer der Beklagten zu 1), die persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 2) ist.

Die Beklagte zu 2) ist ein weltweit tätiges Unternehmen im Bereich der Tortechnik. Sowohl an der Beklagten zu 1) wie auch an der Beklagten zu 2) sind die Familienstämme des Klägers und der Nebenintervenientin (jeweils Vater und Sohn bzw. Tochter) zu je 50 % beteiligt, wobei Geschäftsführer der Beklagten zu 1) der Kläger und die Nebenintervenientin sind. Zu den Einzelheiten wird auf Seite 3 des Ersturteiles und die Konzernübersicht (Anlage K1) Bezug genommen. Die Satzung der Beklagten zu 1) ist vorgelegt als Anlage B2 (Anlageheft rot, = Anlagen der Nebenintervenientin), der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 2) findet sich als Anlage B1b (Anlagenheft rot mit Anlagen der Beklagten, ebenfalls mit Anlagen „B“ bezeichnet). Die Geschäftsordnung der Beklagten zu 1) vom 29.8.2007 liegt vor als Anl. K 2.

Zwischen den beiden Familienstämmen bestehen seit Jahren Streitigkeiten, die zu zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt haben.

Am 23.09.2008 fand eine Gesellschafterversammlung beider Beklagter statt, in der unter anderem über die Abberufung beider Geschäftsführer befunden wurde (vgl. näher LGU4 sowie Protokoll Anlage B7 – AnlH rot der NI’in).

Über den Antrag auf Abberufung des Klägers stimmte dieser nicht mit, weshalb diese beschlossen wurde, während die Nebenintervenientin bei dem Abberufungsantrag betreffend ihre Person mit abstimmte und damit einen Abberufungsbeschluss verhinderte (vgl. AnlH NI’in, B7, Nrn. 6 und 9).

Der Kläger macht – gegen beide Beklagte – die Unwirksamkeit seiner Abberufung geltend. Bezüglich der Einzelheiten, insbesondere dem umfangreichen Sachvortrag zu den geltend gemachten Abberufungsgründen, wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Feststellungsinteresse liege bezüglich beider Beklagter vor; eine Verbindung des Verfahrens mit demjenigen über die Abberufung der Nebenintervenientin (2 HKO 3034/08 LG Landshut) sei nicht erforderlich (LGU 18). Es könne dahinstehen, ob auch eine ordentliche AbberufungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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ordentliche Abberufung
des Klägers beschlossen worden sei, weil jedenfalls ein wichtiger Grund für eine außerordentliche vorliege. Zu den Einzelheiten der vom Landgericht festgestellten Abberufungsgründe vgl. LGU 19 ff..

Mit seiner am 08.10.2009 begründeten Berufung (Bl. 266 ff. d. A.) verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag weiter und begehrt darüber hinaus erstmals die Feststellung, der Beschluss der Gesellschafterversammlungen sei auch insoweit unwirksam, als er die Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers umfasse (vgl. Bl. 266).

Auch im Berufungsverfahren beantragt der Kläger die Verbindung mit dem – noch beim Landgericht Landshut anhängigen – Verfahren betreffend die Abberufung der Nebenintervenientin: Nachdem es sich um eine personalistisch geprägte zweigliedrige GmbH handle, folge aus dem Präsentationsrecht der Familienstämme in der Satzung (B2, AnlH NI’in) ein unentziehbares Sonderrecht des Klägers auf Geschäftsführung.

Ein wichtiger Grund für die Abberufung liege nicht vor, insbesondere sei er berechtigt gewesen, einen Beratervertrag zwischen dem Vater der Nebenintervenientin (Herrn Gabriel R.) und der Beklagten zu 2) zu kündigen (der entsprechende Rechtsstreit ist beim Senat anhängig unter 23 U 4705/09). Soweit der Kläger bei einer Patentanmeldung in Japan seinen – nach der Geschäftsordnung der Beklagten zu 1), K2, hierzu nicht befugten – Vater als Erfinder bezeichnet habe, sei dies nur deshalb erfolgt, um Schaden von der Beklagten zu 2) abzuwenden. Eine tiefgreifende Zerrüttung zwischen den Geschäftsführern im Sinne der Rechtsprechung des BGH liege nicht vor (vgl. Beschluss vom 12.01.2009 – II ZR 27/08, WM 09, 551 und hierzu LGU 19 oben).

Der Kläger beantragt daher,

unter Aufhebung des Ersturteils festzustellen, der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1) und 2) vom 23.09.2008 (zu Top 9) betreffend die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) und die Kündigung seines Anstellungsvertrages sei unwirksam.

Die Beklagten und die Nebenintervenientin beantragen

die Zurückweisung der Berufung.

Abgesehen davon, dass die Beklagte zu 2) schon nicht passiv legitimiert sei, sei der Kläger jedenfalls ordentlich abberufen worden: Der Zusatz „hilfsweise ordentlich“ im Beschlussantrag gelte nicht nur für den letzten Satzteil, also die Kündigung des Anstellungsverhältnisses, sondern auch für die Abberufung als Organ. Aus einer ganzen Reihe von Gründen sei aber jedenfalls die außerordentliche Abberufung berechtigt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 12.05.2010, Bl. 312 ff., 319 ff. Bezug genommen.

Hingewiesen wird ferner auf das Protokoll der Sitzung vom 20.5.2010, Bl. 345/348, sowie auf die im Anschluss daran noch eingegangenen Schriftsätze der Parteien (ab Bl. 349 ff.).

Eine Beweisaufnahme war nicht veranlasst.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg: Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, wonach die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer zu Recht erfolgt ist.

1. Der Senat sieht sich an einer Sachentscheidung nicht deshalb gehindert, weil der die Abberufung der Nebenintervenientin betreffende Rechtsstreit noch beim Landgericht anhängig ist (3 HKO 3034/08 LG Landshut); selbst wenn man bei den hier gegebenen Beteiligungsverhältnissen die – in Rechtsprechung und Schrifttum ohnehin uneinheitlich behandelten – Grundsätze der sogenannten „Zwei-Mann-GmbH“ heranziehen wollte, besteht kein durchgreifender Grund, das entscheidungsreife Verfahren nicht abzuschließen: Abgesehen davon, dass eine zwingende gesetzliche Grundlage für eine Verfahrensverbindung nicht erkennbar ist, versteht der Senat den BGH, etwa im Beschluss vom 12.01.2009 – II ZR 27/08, WM 2009, 551, 552, so, dass ohne Weiteres jeder der beiden Geschäftsführer abberufen werden kann, ohne dass die zeitlich frühere Abberufung einen relevanten Einfluss auf die Beurteilung der späteren hätte (BGH, a.a.O., Tz 15; a.A. etwa Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, GmbHG, 19. Auflage, § 38 Rdnr.16,80 – gegen die dortige Argumentation in diesem Zusammenhang allerdings ausdrücklich BGH a.a.O., Tz 15 a.E.; vgl. ergänzend auch die auf Seite 3 der Berufungsbegründung vom 08.10.2009, = Bl. 268, genannten Fundstellen).

Anders als das Erstgericht sieht der Senat kein Feststellungsinteresse der Beklagten zu 2). Zwar ist der entsprechende Beschluss in einer gemeinsamen Gesellschafterversammlung gefasst worden. Der Tagesordnungspunkt betraf indes allein die Beklagte zu 1); ihr gegenüber wird die Frage der Wirksamkeit auch verbindlich geklärt.

Angesichts der bereits in erster Instanz thematisierten Unklarheit des entsprechenden Beschlussantrages und mit Rücksicht auf die erhebliche Bedeutung der Angelegenheit geht der Senat davon aus, dass in der fraglichen Gesellschafterversammlung lediglich über eine außerordentliche Abberufung als Geschäftsführer abgestimmt werden konnte; im Zweifel kann nicht unterstellt werden, dass sich der Zusatz „hilfsweise ordentlich“ auch auf die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer – und nicht lediglich auf den Anstellungsvertrag – bezieht (siehe Anlage B 6, unter 9., im AnlH der Beklagten und LGU 4,19 oben).

Auf die Frage, ob der Kläger bei der Beschlussfassung über seine eigene Abberufung mitstimmen durfte (§ 47 Abs. 4 GmbHG), kommt es nicht an, nachdem er sich ausdrücklich der Stimme enthielt.

2. Zu Recht ist das Landgericht vom Vorliegen wichtiger Gründe für die AbberufungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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des Klägers ausgegangen:

Dabei sieht der Senat hier im Wesentlichen drei Gesichtspunkte als für eine Abberufung ohne weiteres ausreichend an, weshalb es eines Eingehens auf die übrigen im Streit stehenden nicht bedarf:

Zum einen handelt es sich um den – auch vom Erstgericht als „besonders gewichtig“ erachteten – Vorwurf betreffend die Patentanmeldungen für das Brandschutztor/Japan (dazu unter a)), darüber hinaus die vom Kläger unter Verstoß gegen die Geschäftsordnung der Beklagten zu 1) veranlassten Zahlungen über die E. Tortechnik GmbH H. (unter b)) und schließlich hat der Senat unter den gegebenen Gesellschaftsverhältnissen auch keinerlei Zweifel am Vorliegen einer offensichtlichen Zerrüttung des Verhältnisses zwischen den beiden Geschäftsführern, wie sie hier ebenfalls einen wichtigen Grund darstellt (unter c)):

a) Mit dem Landgericht (LGU 23, unter 4.) ist das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit den Patentanmeldungen für Japan (bzw. den USA) als wichtiger Grund für dessen Abberufung anzusehen:

Zunächst wird auf die überzeugenden und vom Vorbringen des Klägers in der Berufung nicht entscheidend in Frage gestellten Gründe des Ersturteils Bezug genommen. Auch der Senat sieht einen – groben – Verstoß des Klägers gegen die Geschäftsordnung der GmbH (K2) und die Belange der Beklagten darin, dass der Kläger seinen Vater als „Erfinder“ angab, ohne die Nebenintervenientin bzw. deren Vater hierüber zu informieren: Dies ergibt sich zum einen bereits aus dem in sich widersprüchlichen Vortrag des Klägers, ferner aus einer ganzen Reihe von Anlagen, insbesondere K 25 – K 27, K 32, sowie B 10 b, B 10 c, B 11 a, B 11 b, B 53 (sämtliche im AnlH rot der NI’in).

Die im Schriftsatz der Nebenintervenientin vom 22.12.2008, Seite 12 ff., = Bl. 50 ff. d.A., zu diesem Komplex erhobenen Vorwürfe sind berechtigt. Maßgeblich ist, dass der Kläger anfangs nachdrücklich vortragen ließ, er habe von den Patentanmeldungen in Japan nichts gewusst, Kenntnis davon vielmehr erst zusammen mit der Nebenintervenientin und deren Vater erhalten (vgl. im Einzelnen die Schriftsätze vom 23.01.2009, S. 6 ff., 9, = Bl. 90 ff., 93, vom 10.02.2009, S. 3, = Bl. 138, und vom 10.03.2009, S. 6, = Bl. 161).

Auf die ausführliche Darstellung im Schriftsatz der Nebenintervenientin vom 23.06.2009, S. 3 ff., = Bl. 187 ff., behauptete der Kläger demgegenüber – von seiner ursprünglichen Darstellung deutlich abweichend – mit der Benennung seines Vaters habe er lediglich dafür gesorgt, dass die Beklagte zu 2) gewissermaßen „einen Fuß in der Tür“ behielt, mithin gewisse Patentrechte für die Beklagte zu 2) gesichert werden konnten. Dabei mag es sein, dass der Vater der Nebenintervenientin über die Entwicklung an sich des Tores in Japan informiert war (Schriftsatz 08.10.2009, S. 18, = Bl. 283) – das bedeutet indes nicht, dass er auch Kenntnis von den Anmeldungen für das Patent hatte. Von einer derartigen Kenntnis ist nach den Anlagen und dem Vorbringen der Beklagten, zumal angesichts der Widersprüche im Vortrag des Klägers, nicht auszugehen. In Übereinstimmung mit dem Landgericht sieht auch der Senat einen klaren und nicht gerechtfertigten Verstoß gegen die Geschäftsordnung. Der Kläger selbst hat sein Verhalten -zu Recht- als so schlimmen Verstoß gegen seine Geschäftsführerpflichten angesehen, dass er zunächst die anderen Beteiligten und das Gericht mit der Unwahrheit bedient hat. Dabei mag weiter sein, dass eine Erprobung des Brandschutztores B 20 in Japan zunächst einmal fehl schlug und es könnte sogar unterstellt werden, dass die Nebenintervenientin bzw. deren Vater die weitere Entwicklung nicht mit Nachdruck betrieb: Dies berechtigte den Kläger jedoch nicht dazu, ohne weitere Kontaktaufnahmen bzw. Mahnungen diesen gegenüber seinen hierfür definitiv nicht zuständigen Vater als Erfinder zu benennen. Selbst wenn die vom Kläger – erst merkwürdig spät – gebrachte Version mit der Notwendigkeit, „Rechte für die Beklagte zu 2) sichern“ zu müssen, zutreffend wäre, so ist immer noch nicht erklärlich, warum dann nicht die nach der Geschäftsordnung zuständigen Personen genannt wurden. Letztere wurden zur Überzeugung des Senates vielmehr erst Jahre später von den Anmeldungen in Kenntnis gesetzt. Ergänzend hierzu wird insbesondere auf Anl. B 53 (AnlH NI’in) verwiesen.

b) Der Senat folgt dem Landgericht auch dahin, dass die Vornahme einer Reihe von – eigentlich von der Beklagten zu 2) zu leistenden – Zahlungen über die E. Tortechnik GmbH H., deren alleiniger Geschäftsführer der Kläger ist, einen wichtigen Grund für die Abberufung des Klägers darstellt: Auch dieses Verhalten ist ein gravierender Verstoß gegen die gemeinsam beschlossene Geschäftsordnung (K 2, § 3 Nr. 5), der durch die entsprechenden Erklärungen des Klägers, wonach er zu den Zahlungen gewissermaßen im Wege der „Selbsthilfe“ gezwungen gewesen sei, nicht entkräftet wird.

Der diesbezügliche Sachverhalt ist in wesentlichen Punkten unstreitig: Zunächst wird auf die Feststellungen im Ersturteil Bezug genommen, vgl. Seite 11, unter 8., sowie Seite 22 f., ferner auf die Anlagen B 37 – 45 (AnlH NI’in). Der Argumentation des Klägers, er sei letztlich zur Begleichung der Rechnungen auf diesem Umweg gezwungen gewesen bzw. gar von der Nebenintervenientin hierzu „genötigt“ worden (Berufungsbegründung Seite 15 ff., = Blatt 280 ff.), vermag der Senat ebenso wenig zu folgen wie das Landgericht. Zunächst stützt etwa die Anlage B NI 8 (AnlH gelb !) den Vortrag der Nebenintervenientin, wonach diese teilweise schon von der Eingehung der entsprechenden Verpflichtungen durch den Kläger keinerlei Kenntnis hatte; überdies hätte der Kläger im Fall, dass die Nebenintervenientin tatsächlich sachwidrig nicht an der Begleichung von an die Beklagte zu 2) gestellten Rechnungen mitgewirkt hätte, um gerichtlichen Rechtsschutz, beispielsweise im Wege einstweiliger Verfügung, nachsuchen müssen; für die vom Kläger demgegenüber vorgenommene „Selbsthilfe“ war demnach kein Raum.

Dabei wird das Verhalten des Klägers auch nicht etwa dadurch entschuldigt, dass der E. Tortechnik GmbH H. infolge der Zahlungen Erstattungsansprüche gegen die Beklagte zu 2) zustehen (womit sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung verteidigt hat): Maßgeblich ist insoweit nicht allein eine bilanzielle Sichtweise, vielmehr gerade das die Geschäftsordnung missachtende Verhalten des Klägers.

Ergänzend wird insoweit Bezug genommen auf die als Anlage BNI 3 (AnlH gelb) vorgelegte Entscheidung des OLG CelleBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Celle
vom 07.10.2009, 9 U 58/09, der der Senat in vollem Umfang beitritt.

Dabei spielt es keine Rolle, dass einzelne Zahlungen der genannten Art bzw. die Kenntnis der Nebenintervenientin hiervon erst nach BeschlussfassungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Beschlussfassung
nach Beschlussfassung
vom 23.09.2008 erfolgten: Die diesbezüglich von der Rechtsprechung für ein „Nachschieben von Gründen“ aufgestellten Voraussetzungen liegen vor (z. B. Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, a.a.O., § 38 Rn. 18 m.w.N.). Es handelt sich insoweit um die Beurteilung eines einheitlichen Lebenssachverhalts, der nicht verschiedene Aspekte eröffnet (Goette DStR 1994, 1746/1748).

c) Schließlich sieht der Senat hier auch die offensichtliche – zumal aus anderen Gerichtsverfahren hinlänglich bekannte – Zerrüttung des Verhältnisses zwischen Kläger und Nebenintervenientin als wichtigen Grund für eine Abberufung an. Dabei bedarf es keiner vertieften Auseinandersetzung mit der Frage, ob bei den hier gegebenen Verhältnissen die Grundsätze für die Abberufbarkeit eines Geschäftsführers in einer Zwei-Personen-GmbH in vollem Umfang anwendbar sind: Abgesehen davon, dass die in der Literatur hierzu vertretenen Auffassungen ohnehin uneinheitlich sind, ist der Senat der Ansicht, dass jedenfalls hier die Zerrüttung zwischen der Nebenintervenientin und dem Kläger ein Ausmaß erreicht hat, das eine Abberufung ohne weiteres rechtfertigt. Beide sind untereinander derart zerstritten, dass eine sachgerechte Zusammenarbeit zum Vorteil der GmbH und ohne das Bestreben, dem anderen Geschäftsführer in irgendeiner Form zu Schaden, nicht mehr denkbar scheint. Darauf, wessen Verursachungsanteil überwiegt, oder auf Verschuldensfragen kann es nicht ankommen (siehe dazu nochmals BGH, Beschluss vom 12.01.2009, WM 2009, 551, Tz 15).

Das Landgericht ist von einer – unstreitig bestehenden – Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen Kläger und Nebenintervenientin ausgegangen (LGU 12, unter 9), hat seine Entscheidung auf diesen Gesichtspunkt jedoch nicht gestützt (LGU 19 oben). Abgesehen davon, dass sich der Kläger mit seinem Tatbestandsberichtigungsantrag vom 24.08.2009 (Blatt 294/297) gegen die eben zitierte Feststellung des Landgerichts nicht gewandt hat, bestehen für den Senat keinerlei Zweifel am Vorliegen einer Zerrüttung im genannten Sinne. Nur beispielhaft sei verwiesen etwa auf die Anlagen B 45, 46 (AnlH NI’in), ferner B NI 4, 6, 7 (AnlH gelb). Bereits der aus den Akten ersichtliche – und die zahlreichen Rechtsstreitigkeiten zwischen den beiden Gesellschafterstämmen zwanglos erklärende – Umgangston zeigt deutlich, dass das Zerwürfnis, insbesondere zwischen Nebenintervenientin und Kläger, ein kaum mehr heilbares Ausmaß erreicht hat. Soweit der Kläger dies – offensichtlich angesichts des nach Klageerhebung ergangenen Beschlusses des BGH vom Januar 2009 – in seiner Berufungsbegründung nunmehr anders darstellen möchte (Schriftsatz 08.10.2009, Seite 19 ff., = Blatt 284 ff.), vermag der Senat dem nicht zu folgen und geht daher von einer Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses aus, wie sie der Kläger auf Seite 13 der Klageschrift ausdrücklich vortragen ließ (Blatt 13, unter 7.). Nach Auffassung des Senates hat der Kläger durch sein – hier aus mehreren Gründen sogar schuldhaftes – Verhalten zu dem Zerwürfnis beigetragen, wobei eine Feststellung, der Verursachungsanteil des Klägers habe denjenigen der Nebenintervenientin übertroffen, nicht erforderlich ist. Demzufolge ist damit keine Entscheidung darüber verbunden, ob und ggf. in welchem Ausmaß auch die Nebenintervenientin zu dem Zerwürfnis beigetragen hat (BGH, a.a.O., Tz. 15).

3. Auf die mögliche Bedeutung eines „Geschäftsführungssonderrechts“ des Klägers kommt es schon deshalb nicht an, weil diesem ein solches Recht nicht zusteht: § 6 der Satzung der Beklagten zu 1) (B2, AnlH NI’in) sieht lediglich ein Präsentationsrecht der beiden Gesellschafterstämme vor, das mit Wegfall bzw. Abberufung des jeweils bestellten Geschäftsführers erst entsteht (vgl. § 6 Nr. 3). Ein Sondergeschäftsführungsrecht gerade für den Kläger ist damit nicht verbunden, weshalb er auch nicht namentlich in der Satzung genannt ist.

4. Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 23.09.2008 auch insoweit angreift, als dieser die Kündigung des Anstellungsvertrages betrifft (Blatt 266), ist der entsprechende Antrag zwar gemäß § 533 Nr. 1 ZPO (Sachdienlichkeit) zulässig, scheitert sachlich jedoch an der Versäumung der Anfechtungsfrist in § 9 Nr. 4 der GmbH-Satzung. Der Auffassung des Klägers, wonach der auf die Beendigung des Organverhältnisses gerichtete Klageantrag den Antrag bezüglich des Dienstvertrages „enthalte“ (Blatt 352, unter III. 1.) vermag der Senat nicht zu folgen; dies auch dann nicht, wenn der Dienstvertrag des Klägers (K 3) in Ziffer XIII. 2 eine Koppelung des Anstellungsverhältnisses an die Mitgesellschafterstellung des Klägers vorsieht.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91,101 ZPO, der Ausspruch über die Vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich; die Berechtigung der Abberufung des Klägers betrifft einen Einzelfall, weshalb die Zulassung der Revision nicht veranlasst war.

Der Streitwert wurde gemäß §§ 47, 48, 63 GKG, 3, 9 ZPO festgesetzt, wobei die Entscheidungen des BGH vom 02.03.2009 – II ZR 59/08, MDR 2009, 815 sowie vom 09.06.2005 – III ZR 21/04, NJW-RR 2006, 213 berücksichtigt wurden sowie ferner, dass der Kläger in II. Instanz auch die Kündigung des Anstellungsvertrages zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht hat. Angesichts der Größe des Unternehmens und der Bedeutung der Sache für den Kläger erschien der aus dem Tenor ersichtliche Betrag angemessen.

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