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OLG Frankfurt, Urteil vom 16. Juli 2019 – 5 U 84/18

§ 241 AktG, § 246 Abs 1 AktG – Hinauskündigung I partnerschaftliche Mitarbeit

1. Ein Gesellschafter kann aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn er treupflichtwidrig seine Mitarbeit in einer personalistisch ausgerichteten, auf die Mitarbeit aller Gesellschafter angelegten GmbH vollständig eingestellt und seine Tätigkeit in einer anderen Gesellschaft fortgesetzt hat sowie treupflichtwidrig gewerbliche Schutzrechte auf seinen Namen statt für die Gesellschaft hat eintragen lassen und so das Vertrauensverhältnis zerstört hat.

2. Auf Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH ist § 246 Abs. 1 AktG weder direkt noch in der Weise analog anzuwenden, dass die dort normierte Monatsfrist strikt gilt. Vielmehr ist in jedem Einzelfall eine angemessene Frist zu bestimmen, die sich aber am „Leitbild“ des § 246 Abs. 1 AktG zu orientieren hat und die keinesfalls kürzer sein darf als die für das Aktienrecht geltende Monatsfrist. Auch wenn der Anfechtungskläger im GmbH-Recht nicht in jedem Fall an die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG gebunden ist, hat er doch die Anfechtungsklage mit aller ihm zumutbaren Beschleunigung zu erheben. Liegen keine besonderen Umstände vor, muss der Gesellschafter Mängel, die ihm bereits bei der Beschlussfassung erkennbar sind, innerhalb eines Monats durch Klageerhebung geltend machen.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 15. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 02.03.2018, Aktenzeichen 3-15 O 167-14, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die zweitinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits zu tragen, einschließlich der Kosten des Nebenintervenienten.

3. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder der Nebenintervenient vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 01.09.2014, nach denen er als Gesellschafter der Beklagten gekündigt wurde, die Geschäftsanteile an den Nebenintervenienten übertragen wurden und der Nebenintervenient ermächtigt wurde, sämtliche im Zusammenhang mit diesen Beschlüssen stehenden Maßnahmen durchzuführen und Handlungen vorzunehmen, nichtig sind bzw. hilfsweise, dass diese für nichtig erklärt werden.Randnummer2

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Es ist lediglich zu ergänzen, dass die Gründungsgesellschafter, unter ihnen der Kläger und der Nebenintervenient, in der Gründungsverhandlung der Beklagten vom 19.11.1992 erklärt haben, zur Gründung einer GmbH den Gesellschafts-Vertrag zu schließen und der Kläger als Prokurist der Beklagten von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit war.Randnummer3

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.Randnummer4

Die drei gefassten Beschlüsse seien wirksam. Eine Ausschlussklage sei aufgrund der Satzungsbestimmung, einem Gesellschafter aus wichtigem Grund kündigen zu können, nicht erforderlich. Diese Bestimmung berechtige die Gesellschafter – nicht den Geschäftsführer – zum Ausschluss, wobei der Kläger bei der Abstimmung vom Stimmrecht ausgeschlossen gewesen sei. Der Kläger habe sich schon in § 14 Abs. 3 S. 2 des Gesellschaftsvertrages zur Abtretung verpflichtet. Ein Verstoß gegen Kapitalerhaltungsvorschriften liege nicht vor; der Nebenintervenient schulde die Abfindung, nicht die Beklagte. Die Beschlussfassung sei nicht nach § 15 Abs. 3 GmbHG zu beurkunden gewesen.Randnummer5

Für die Ausschließung als ultima ratio liege ein wichtiger Grund vor. Es habe keine Einigung über eine Ausgliederung des Unternehmensbereichs „Pharma“ zwischen den Parteien gegeben. Der Kläger habe treuwidrig hinter dem Rücken der Beklagten agiert, wozu der Umbau von 26 Fahrzeugen anderer Markenhersteller als „Marke2“ auf Kosten der Beklagten bis Mai 2014 gehöre. Auch trotz späterer Bezahlung könne die Pflichtverletzung in die Interessenabwägung einbezogen werden. Der Versuch, Fahrzeuge auf das Betriebsgelände der A GmbH umzuleiten, belege das treuwidrige Vorgehen des Klägers. Auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main habe in Bezug auf die Schutzrechte einen Treuepflichtverstoß festgestellt. Der Kläger habe der Beklagten hinterrücks für das „Pharma“-Geschäft notwendige Betriebsgegenstände entnommen. Dies mache ihn als Gesellschafter der Beklagten unzumutbar. Das Gericht glaube dem Kläger nicht, dass der Nebenintervenient das Schreiben vom 20.06.2014 paraphiert habe, da es von der Diktion zum Vorgehen des Klägers passe. Dies könne angesichts der anderen Pflichtverletzungen jedoch dahinstehen. Das Ausschlussrecht sei weder verjährt noch verwirkt, insbesondere sei die Dauer der Gespräche über eine Änderung der Gesellschafterstruktur zu berücksichtigen und auch eine angemessene und nicht überschrittene Zeit, um zu überlegen, wie auf das Vorgehen des Klägers zu reagieren sei, ohne die internen Schwierigkeiten nach außen dringen zu lassen oder das „Pharma“-Geschäft zu gefährden.Randnummer6

Der Kläger rügt in seiner Berufung:Randnummer7

Das Landgericht habe unter Übergehung von Beweisangeboten angenommen, das Schreiben auf dem Briefpapier der Beklagten vom 20.06.2014 stamme vom Kläger, eine Zuordnung erscheine willkürlich. In dem Ermittlungsverfahren gegen den Nebenintervenienten habe dieser eingeräumt, dass ihm das Schreiben vom 20.06.2014 untergeschoben worden sein könnte. Das Schreiben sei nicht durch Anfechtung angegriffen worden. Es sei rechtsbeständig geworden. Das Landgericht habe verkannt, dass die Schreiben vom 20.06.2014 und 04.07.2014 unwiderrufliche Freigabeerklärungen gegenüber dem Kläger enthielten; diese Erklärungen seien nicht angefochten worden.Randnummer8

Dem Kläger werde mehrfacher Wechsel seines Vortrags angelastet, ohne zu benennen, was genau ihm als solcher Wechsel im Vorbringen angelastet werden soll; das Landgericht gehe nicht näher darauf ein, was es unter „fabulieren“ verstehe.Randnummer9

Der PKW Marke1 sei vor Eintritt eines Unfallschadens auf einen Zeitwert von 30.000 € bewertet worden, der Restwert nach Ausführung einer provisorischen Reparatur bei der Beklagten sei niemals fachmännisch begutachtet worden. Die Beklagte habe das Unfallfahrzeug zu einem Liebhaberpreis erworben, der den Zeitwert nach dem Unfallereignis erheblich überschritten habe; die Beklagte habe dann die Versicherungsleistungen voller Höhe realisiert, den Schaden aber nicht selbst in einer Fachwerkstatt beheben lassen.Randnummer10

Das Landgericht habe zu Unrecht die Durchführung einer Ausschlussklage für entbehrlich gehalten; ein Ausschluss eines Gesellschafters durch Gesellschafterbeschluss liege nach dem Gesellschaftsvertrag nicht in der Kompetenz der Gesellschafterversammlung, was sich aus einem Vergleich von § 14 des Gesellschaftsvertrages mit § 15 Abs. 3 GmbHG ergebe. § 14 des Gesellschaftsvertrages enthalte keine ausdrückliche und keine eindeutige Kompetenzzuweisung an die Gesellschafterversammlung, um eine zum Gestaltungsurteil führende Ausschlussklage überflüssig zu machen. § 14 des Gesellschaftsvertrages müsse möglichst so gelesen und verstanden werden, dass sich keine Brüche zu anderen Vorschriften des GmbH-Gesetzes ergäben. Die Genehmigung der Gesellschaft als parallele einseitige rechtsgestaltende Willenserklärung zu § 14 der Satzung lege § 15 Abs. 5 GmbHG in die Zuständigkeit des Geschäftsführers. Die identische Formulierung dazu heranzuziehen, vom gesetzlichen Leitbild einer Ausschließungsklage mit der erforderlichen Sicherheit abzuweichen und die Kompetenz stattdessen der Gesellschafterversammlung zuzuweisen, verbiete sich. Dies lasse sich erst recht nicht durch einen Rückgriff auf § 10 Buchst. g) des Gesellschaftsvertrages herbeiführen. Diese Vorschrift sei das Gegenstück zu § 8 Abs. 3 Buchst. e) des Gesellschaftsvertrages, schließe an diesen an und begründe eine Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung nur für den Bereich einer Zustimmung der Gesellschaftsversammlung zu Geschäftsführungsmaßnahmen, die über den allgemein üblichen Rahmen des Geschäftsbetriebs hinausgingen. Auf Selbstorganisationsakte wie die Herauskündigung eines Gesellschafters aus dem Kreis der Gesellschafter beziehe sich § 10 Buchstabe g des Gesellschaftsvertrages gerade nicht. Dies ergebe sich aus der einschränkenden Bezugnahme auf den Terminus „Geschäftsbetrieb“.Randnummer11

Die Ablehnung des Formzwangs durch das Landgericht sei mit der herrschenden Meinung kaum in Einklang zu bringen. Die Beschlussfassung habe der notariellen Beurkundung bedurft und zwar sowohl der Ausschluss des Klägers als auch die Verpflichtung des Mitgesellschafters G zum Erwerb des Anteils des Klägers.Randnummer12

Das Landgericht habe angebliche Pflichtverstöße des Klägers unter grundlegender Verkennung der Auswirkungen der Geschäftschancenlehre beurteilt; die Beklagte habe sich durch die Kooperations- und Exklusivitätsverträge mit B und der C Gruppe in eine doppelte Selbstbeschränkung gegeben (Marke2 Fahrzeuge und von B vermittelte Kunden); außerhalb dieses Bereichs seien beide Gesellschafter frei gewesen, selbst gewerblich tätig zu werden, ohne dadurch die geschäftlichen Aktivitäten der Beklagten zu stören.Randnummer13

Das Landgericht habe verkannt, dass der Kläger Kosten in fünfstelliger Höhe für die Eintragung der Schutzrechte aufgebracht habe und die Beklagte diese Schutzrechte letztlich nur Zug-um-Zug gegen Erstattung der Eintragungskosten zugesprochen bekommen habe. Die Beklagte könne daher bis ins Jahr 2017 nicht als materiell Berechtigte hinsichtlich sämtlicher betroffener Schutzrechte angesehen werden; dies sei die Beklagte erst mit der Zug-um-Zug-Leistung im Jahre 2017 geworden. Die Ausführungen der Beklagten zu einer möglichen Lizenzerteilung ohne Verstoß gegen den Vertrag mit B erschienen daher nicht schlüssig. Bis zur Erstattung der Eintragungskosten durch die Beklagte an den Kläger sei die Beklagte nicht in der Position gewesen, Lizenzen zu erteilen. Die Beklagte habe nicht erwarten können, mit den Schutzrechten Geld zu verdienen, bevor die Entstehungskosten vollständig ausgeglichen worden seien. Die Beklagte habe auch keinen interessierten Lizenznehmer namhaft gemacht.Randnummer14

Das Landgericht habe bei seiner Verhältnismäßigkeitsabwägung verkannt, dass der Kläger frei gewesen sei, sich außerhalb des durch den B-Vertrag markierten Geschäftsfeldes der Beklagten im Bereich Pharmatransporte zu engagieren; die Mitarbeiter D und E seien frei gewesen, ihr jeweiliges Mitarbeiterverhältnis zur Beklagten zu beenden; der Nebenintervenient habe den Aufhebungsvertrag mit dem Mitarbeiter F geschlossen.Randnummer15

Der Nebenintervenient lüge: Im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils heiße es, dass das Schreiben vom 04.07.2014 authentisch sei, während der Geschäftsführer der Beklagten in der Einladung zur Gesellschafterversammlung angegeben habe: „Mit Schreiben vom 4. Juli 2014 haben Sie erneut ein Schreiben mit meiner Unterschrift erstellt, welches tatsächlich nie von mir unterzeichnet wurde.“Randnummer16

Gegenüber dem landgerichtlichen Urteil sei richtigzustellen, dass die Urheberschaft des Klägers für die Unterzeichnung der Freigabeerklärung Anlage B13 im Arbeitsgerichtsverfahren nicht unstreitig gewesen sei.Randnummer17

Ein Treuepflichtverstoß des Klägers scheide aus, weil die Beklagte die vom Kläger genutzten Geschäftschancen (andere Fabrikate als Marke2 und andere Kunden als B) nicht habe selbst wahrnehmen können und dies dem Kläger durch das Dokument Anlage B 13 bestätigt habe. Diese Freigabe sei nicht widerrufbar.Randnummer18

Bei dem Geschäft bezüglich der 26 Fahrzeuge anderer Hersteller als Marke2 handele es sich nicht um eine Geschäftschance, die die Beklagte habe wahrnehmen können und dürfen. Durch die Selbstbindung der Beklagten sei es dem Kläger auch nicht verboten gewesen, im Dezember 2013 eine Gesellschaft zu gründen, deren Geschäftsfeld der Ausbau von Pharmatransportern anderer Fabrikate als „Marke2“ für andere Abnehmer als B sein sollte. Hierfür habe es weder einer Genehmigung, Zustimmung oder Sondervereinbarung mit der Beklagten oder dem Streitverkündeten bedurft. Ab Februar 2014 habe der Nebenintervenient Kenntnis gehabt; die Zuordnung der Schutzrechte sei im Rahmen der Zug-um-Zug-Verurteilung korrigiert worden. Die A GmbH stelle keine Konkurrenzgesellschaft zur Klägerin dar. Insoweit seien keine zusätzlich rechtfertigen Gesichtspunkte ersichtlich, die eine Herauskündigung des Klägers als angemessen erscheinen lassen könnten.Randnummer19

Die Bemühungen, die Geschäftsanteile zu verkaufen, seien letztlich alle gescheitert, der Nebenintervenient habe dies zum Anlass genommen, lieber in der Beklagten zu verbleiben und deren sicheres Geschäftsfeld weiter zu bedienen.Randnummer20

Die Beklagte habe die Mitarbeiter D und E selbst per 31.05.2014 bei der Sozialversicherung abgemeldet.Randnummer21

Das Schreiben vom 04.07.2014 enthalte eine gesonderte, zusätzliche und unwiderrufliche Freigabeerklärung.Randnummer22

Bei den beiden Betriebsversammlungen Mitte Mai 2014 und am 17. Juni 2014 habe der Nebenintervenient erklärt, die A GmbH werde das komplette „Pharma“-Geschäft übernehmen und die Beklagte werde sich auf die ursprünglichen Tätigkeitsbereiche konzentrieren.Randnummer23

Der Kläger beantragt,Randnummer24

das Urteil der 15. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. April 2018 abzuändern und die Nichtigkeit folgender Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 1. September 2014 festzustellen:Randnummer25

1. „Die Gesellschaft kündigt den Gesellschafter H aus wichtigem Grund gemäß § 14 des Gesellschaftsvertrages.“ (Top 1),Randnummer26

2. „Die Geschäftsanteile des Gesellschafters H im Nennbetrag von 25.000,00 DM werden an den weiteren Gesellschafter G übertragen.“ (Top 2),Randnummer27

3. „Der Geschäftsführer G wird ermächtigt, sämtliche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Gesellschafters H sowie der Übertragung des Anteils an den Gesellschafter G durchzuführen und Handlungen vorzunehmen, insbesondere entsprechende Mitteilungen zu machen und Erklärungen abzugeben.“ (Top 3)Randnummer28

Hilfsweise beantragt der Kläger, die genannten Beschlüsse für nichtig zu erklären.Randnummer29

Die Beklagte und der Nebenintervenient beantragen,Randnummer30

die Berufung zurückzuweisen.Randnummer31

Die Beklagte und der Nebenintervenient verteidigen das landgerichtliche Urteil.Randnummer32

Der Nebenintervenient hat die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Frankfurt am Main in dem Ermittlungsverfahren gegen den Nebenintervenienten zur Akte gereicht.Randnummer33

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Die auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 01.09.2014 gefassten Beschlüsse sind nicht nichtig oder für nichtig zu erklären.Randnummer35

1. Die Klage ist zulässig. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2019 seinen Haupt- und Hilfsantrag wie oben wiedergegeben präzisiert hat, genügen die einzelnen Anträge diesen Anforderungen.Randnummer36

Der Kläger ist rechtsschutzbedürftig. Er ist Gesellschafter und von den gefassten Beschlüssen betroffen.Randnummer37

2. Die Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Beschlüsse sind weder nichtig noch für nichtig zu erklären.Randnummer38

a) Die gegen den auf der Gesellschafterversammlung vom 01.09.2014 unter Top 1 gefassten Beschluss „Die Gesellschaft kündigt den Gesellschafter H aus wichtigem Grund gemäß § 14 des Gesellschaftsvertrages.“ gerichtete Nichtigkeitsklage ist unbegründet. Es fehlt an einem Nichtigkeitsgrund.Randnummer39

aa) Auf einer Gesellschafterversammlung gefasste Beschlüsse sind nichtig, soweit ein Nichtigkeitsgrund vorliegt. In Ermangelung von über die Regelungen der § 57j S. 2 GmbHG (Verteilung neuer Geschäftsanteile), § 57n Abs. 2 S. 4 GmbHG (Gewinnbeteiligung neuer Geschäftsanteile), § 58a Abs. 4 S. 2 GmbHG (Vereinfachte Kapitalherabsetzung), § 58e Abs. 3 S. 1 GmbHG (Beschluss Kapitalherabsetzung), § 58f Abs. 2 S. 1 GmbHG (Kapitalherabsetzung mit Stammkapitalerhöhung) hinausgehenden Vorschriften, finden die Regelungen des Aktiengesetzes entsprechende Anwendung, insbesondere § 241 Abs. 1 S. 1 AktG.Randnummer40

bb) Im vorliegenden Fall liegt in Bezug auf den Beschluss zu Top 1 kein Nichtigkeitsgrund vor. Der Kläger hält in Bezug auf die Beschlussfassungen am 01.09.2014 eine Beurkundung nach § 15 GmbHG für erforderlich. Der Top 1 betrifft allerdings nur den Ausschluss des Klägers aus der Gesellschaft, so dass keine Beurkundungspflicht besteht (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 26. Juni 1979 – 5 U 219/78 – juris; Hierl/Huber, Rechtsformen und Rechtsformwahl: Recht, Steuern, Beratung, 1. Auflage Kapitel D, Rn. 66). Andere Nichtigkeitsgründe sind nicht ersichtlich.Randnummer41

b) Die gegen den auf der Gesellschafterversammlung vom 01.09.2014 unter Top 1 gefassten Beschluss „Die Gesellschaft kündigt den Gesellschafter H aus wichtigem Grund gemäß § 14 des Gesellschaftsvertrages.“ gerichtete Anfechtungsklage ist unbegründet.Randnummer42

aa) Die Anfechtungsklage ist innerhalb der Anfechtungsfrist erhoben worden.Randnummer43

aaa) Auf Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH ist § 246 Abs. 1 AktG weder direkt noch in der Weise analog anzuwenden, dass die dort normierte Monatsfrist strikt gilt (vgl. BGHZ 101, 113, 117 = NJW 1987, 2514; BGHZ 104, 66, 71 = NJW 1988, 1844; BGHZ 111, 224, 225 = NJW 1990, 2625; BGHZ 116, 359, 375 = NJW 1992, 892; BGH, NJW 1993, 129)). Vielmehr ist in jedem Einzelfall eine angemessene Frist zu bestimmen, die sich aber am „Leitbild“ des § 246 Abs. 1 AktG zu orientieren hat und die keinesfalls kürzer sein darf als die für das Aktienrecht geltende Monatsfrist (vgl. BGHZ 101, 113, 117 = NJW 1987, 2514; BGHZ 104, 66 = NJW 1988, 1844; BGHZ 111, 224, 226 = NJW 1990, 2625; BGHZ 116, 359, 375 = NJW 1992, 892; BGH, NJW 1993, 129; NJW 1995, 1218 f.; OLG Düsseldorf, GmbHR 1999, 543, 548). Auch wenn der Anfechtungskläger im GmbH-Recht nicht in jedem Fall an die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG gebunden ist, hat er doch die Anfechtungsklage mit aller ihm zumutbaren Beschleunigung zu erheben (vgl. BGHZ 101, 113, 117 = NJW 1987, 2514; BGHZ 111, 224, 226 = NJW 1990, 2625; BGH, NJW 1993, 129, 130; OLG Düsseldorf, GmbHR 1999, 543, 548). Liegen keine besonderen Umstände vor, muss der Gesellschafter Mängel, die ihm bereits bei der Beschlussfassung erkennbar sind, innerhalb eines Monats durch Klageerhebung geltend machen (vgl. BGHZ 101, 113, 117 = NJW 1987, 2514; BGHZ 111, 224, 226 = NJW 1990, 2625; BGH, NJW-RR 1989, 347; NJW 1995, 1218 f.; OLG Düsseldorf, GmbHR 1999, 543, 548; OLG Stuttgart, GmbHR 2000, 385).Randnummer44

Im vorliegenden Fall war der Kläger bei der Beschlussfassung auf der Gesellschafterversammlung am 01.09.2014 anwesend und er nahm die Beschlüsse zur Kenntnis; mangels abweichender Bestimmung in der Satzung ist hierdurch der Lauf der Anfechtungsfrist in Gang gesetzt worden. § 246 Abs. 1 AktG stellt auf die Klageerhebung ab. Dementsprechend ist auch im GmbH-Recht für die Fristwahrung Rechtshängigkeit erforderlich, bloße Anhängigkeit nicht ausreichend (vgl. Schmidt in Scholz, GmbHG, 12. Auflage, § 45 Rn. 145 m.w.N.). Die Klage wurde am 28.10.14 zugestellt, mithin nach Ablauf eines Monats nach dem 01.09.2014. Innerhalb der Monatsfrist war lediglich die Klage eingereicht worden, am 01.10.2014.Randnummer45

bbb) Nach § 167 ZPO gilt die durch Zustellung zu wahrende Frist aber schon mit Einreichung der Klage beim Gericht als eingehalten, wenn die Klageschrift – gemessen vom Tage des Ablaufs der Frist (vgl. BGH, NJW 1986, 1347) – „demnächst“ zugestellt wird. Ob eine Zustellung demnächstBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Zustellung
Zustellung demnächst
erfolgt ist, beurteilt sich nach dem Sinn und Zweck des § 167 ZPO. Diese Regelung ist nicht rein zeitlich zu verstehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll sie die Partei vor Nachteilen durch Verzögerungen bei der von Amts wegen zu bewirkenden Zustellung schützen, die innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs liegen und von der Partei nicht beeinflusst werden können (vgl. BGH, NJW 1986, 1347; NJW 1993, 2811 f.; VersR 1992, 433; NJW 2000, 2282; NJW-RR 2003, 599, 600; OLG Karlsruhe, GmbHR 2003, 1482, 1483). Daher gibt es auch keine zeitliche Grenze, nach deren Überschreitung eine Zustellung nicht mehr als „demnächst“ anzusehen wäre; das gilt selbst im Hinblick auf mehrmonatige Verspätungen (vgl. BGHZ 145, 358, 362 f. = NJW 2001, 887; BGH, NJW-RR 2003, 599, 600).Randnummer46

Der Partei sind nur Verzögerungen zuzurechnen, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter (§ 85 Abs. 2 ZPO) bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können. Eine Zustellung „demnächst“ nach Einreichung einer Klage bedeutet daher eine Zustellung innerhalb einer den Umständen nach angemessenen, selbst langen Frist, wenn die Partei oder ihr Bevollmächtigter unter Berücksichtigung der Gesamtsituation alles Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan haben (vgl. BGH, NJW 1993, 2811, 2812). Das ist dann nicht der Fall, wenn die Partei, der die Fristwahrung obliegt, durch nachlässiges Verhalten zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen hat. Verzögerungen von weniger als zwei Wochen sind hierbei grundsätzlich geringfügig und für die Partei unschädlich (BGH, NJW 1993, 2811, 2812; 2000, 2282). Dabei hat die bis zum Eingang der Zahlungsaufforderung verstrichene Zeit außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH, NJW 1993, 2811; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2002 1025, 1027).Randnummer47

Vorliegend erfolgte die Zustellung „demnächst“. Die Klage wurde am 01.10.2014 bei Gericht eingereicht. Die Vorschussanforderung für die Gerichtskosten datiert vom 02.10.2014 und wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers an diesem Tage mit EGVP übermittelt. Allerdings hätte sie nach § 25 Abs. 2 S. 1 Kostenverfügung dem Kostenschuldner übermittelt werden müssen. Die damit einhergehende – der Partei nicht zuzurechnende – Verzögerung ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs im Allgemeinen mit drei Werktagen zu veranschlagen unter Ausklammerung des Eingangstages und von Wochenendtagen (BGH NJW 2015, 2666). Danach bleibt der Zeitraum vom 01. bis 02.10.2014 wegen der gerichtsinternen Abläufe außer Betracht; wegen des Feiertags am Freitag, dem 03.10.2014, dem Wochenende 04./05.10.2014 und den drei anschließenden Werktagen der Zeitraum bis 08.10.2014. Die Zahlung des Vorschusses erfolgte am 22.10.2014, mithin innerhalb von vierzehn Tagen ab 08.10.2014. Wegen gerichtsinterner Abläufe und der Postlaufzeit erfolgte die Zustellung dann am 28.10.2014.Randnummer48

bb) Es liegt kein Anfechtungsgrund wegen eines Einberufungsmangels vor. Bei der Gesellschafterversammlung am 01.09.2014 waren alle Gesellschafter der Beklagten anwesend. Bei einer Vollversammlung nach § 51 Abs. 3 GmbHG kommt es auf etwaige Verstöße gegen Einberufungsvorschriften nicht an, da alle Gesellschafter anwesend waren und keine Rüge erhoben wurde. Abstimmungsmängel sind nicht ersichtlich.Randnummer49

cc) Es liegt kein Anfechtungsgrund wegen der gegenüber dem Kläger ausgesprochenen „Kündigung“ vor.Randnummer50

aaa) Das zwangsweise Ausscheiden eines GesellschaftersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ausscheiden
Ausscheiden eines Gesellschafters
kann aufgrund eines Ausschließungsbeschlusses mit Satzungsregel erfolgen. Darüber hinaus kann das zwangsweise Ausscheiden aufgrund einer von der Rechtsprechung entwickelten Ausschlussklage, durch Zwangseinziehung aufgrund einer Satzungsregel (vgl. Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, 3. Auflage, 2013, § 13 Rn. 193) und nach § 34 Abs. 2 GmbHG erfolgen.Randnummer51

bbb) Im vorliegenden Fall beinhaltet der Beschluss zu Top 1 der Gesellschafterversammlung vom 01.09.2014 einen Ausschluss aufgrund eines Ausschließungsbeschlusses mit Satzungsregel.Randnummer52

Nach § 14 Abs. 1 S. 1 und 3 des Gesellschaftsvertrages kann die Gesellschaft einen Gesellschafter aus wichtigem Grund kündigen und er scheidet mit dem Tage der Kündigung als Gesellschafter aus. Eine solche Satzungsregel, die eine Ausschließung eines Gesellschafters beinhaltet, wird auch Hinauskündigungsklausel genannt (vgl. Eser: Zur Ausschließbarkeit eines GmbH-Gesellschafters, DStR 1991, 747, 750; Henssler/Michel: Austritt und Ausschluss aus der freiberuflichen Sozietät, NZG 2012, 401). Die im Gesellschaftsvertrag enthaltene Wortwahl „Kündigung“ ist an das Personengesellschaftsrecht angelehnt, stellt jedoch einen Ausschluss durch Beschluss dar.Randnummer53

Mit der am 01.09.2014 beschlossenen Kündigung hat die Gesellschafterversammlung einen rechtsgestaltenden Beschluss gefasst, der an die Stelle eines Ausschlussurteils tritt (vgl. Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, 3. Auflage, 2013, § 13 Rn. 205).Randnummer54

Dieser Beschluss konnte gefasst werden, ohne dass eine Abfindungszahlung beschlossen werden musste (vgl. Wolff in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 7, 5. Auflage 2016, § 38 Rn. 125).Randnummer55

dd) Es liegt kein Anfechtungsgrund wegen der Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung vor.Randnummer56

Die Kündigung durch die Gesellschaft nach § 14 Abs. 1 S. 1 des Gesellschaftsvertrages oder genauer der Ausschluss des GesellschaftersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ausschluss
Ausschluss des Gesellschafters
war nicht von einem Geschäftsführer, sondern von der Gesellschafterversammlung zu beschließen (vgl. Eser: Zur Ausschließbarkeit eines GmbH-, DStR 1991, 747, 750; Eickhoff, Die Praxis der Gesellschafterversammlung, 4. Auflage, Rn. 30). Die Gesellschafterversammlung ist das zur Willensbildung allein befugte Organ, das in der Gestaltung der Gesellschaftsverhältnisse unabhängig ist. Die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung folgt auch daraus, dass die Kündigung auch für die Geschäftsführungsbefugnis gilt, mit der die Abberufung als Geschäftsführer gemeint ist und die nach § 46 Nr. 5 GmbHG der Bestimmung der Gesellschafter unterliegt.Randnummer57

Zwar ist denkbar, die Kündigungskompetenz auf einen Dritten, wie z.B. einen Geschäftsführer zu übertragen. Eine solche Befugnis zur Kündigung durch einen Geschäftsführer ist der Satzung der Beklagten jedoch nicht zu entnehmen und gehört auch nicht zum normalen Geschäftsbetrieb. Auch ist die Ausschlusskompetenz nicht mit einer Genehmigung der Gesellschaft nach § 15 Abs. 5 GmbHG zu einer Anteilsabtretung vergleichbar, die eine weitere Voraussetzung für eine Anteilsübertragung darstellt. Diese ist in § 7 S. 2 des Gesellschaftsvertrages geregelt.Randnummer58

ee) Für den Beschluss, den Kläger auszuschließen, lag ein wichtiger Grund vor.Randnummer59

aaa) Ein Gesellschafter kann aus der GmbH ausgeschlossen werden, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt. Ein solcher wichtiger Grund ist gegeben, wenn Umstände in der Person oder im Verhalten des Gesellschafters unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich macht oder erheblich gefährdet oder wenn sonst die Person des Gesellschafters oder sein Verhalten sein Verbleiben in der Gesellschaft untragbar erscheinen lassen und den übrigen Gesellschaftern daher der weitere Verbleib des Mitglieds in der Gesellschaft nicht zuzumuten ist (RGZ 169, 330, 333 f; BGHZ 9, 157, 163 f = NJW 1953, 780, 781; 16, 317, 332 f = NJW 1955, 667; 32, 17, 31 = NJW 1960, 866, 868; 80, 346, 349 f = NJW 1981, 2302, 2303; BGH NJW 1977, 2316; GmbHR 1987, 302, 303; OLG Düsseldorf GmbHR 1999, 543, 546; OLG Frankfurt GmbHR 1993, 659; OLG Hamm GmbHR 1993, 660, 662). Die für einen wichtigen Grund in Frage kommenden Umstände können an Eigenschaften, an persönliche Verhältnisse oder an das Verhalten des Gesellschafters anknüpfen, ohne dass diese Bereiche stets scharf voneinander abgegrenzt werden können oder müssen (Sosnitza in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbH-Gesetz, 3. Auflage 2017, Anhang § 34 Rn. 10). Dabei ist eine Gesamtschau aller Umstände vorzunehmen. Auch Umstände in der Person der übrigen Gesellschafter sind darauf zu prüfen, ob sie zu einer anderen Wertung führen und die Ausschließung gerechtfertigt erscheinen lassen. Die ohnehin strengen Anforderungen, die an den Ausschluss eines Gesellschafters gestellt werden, verschärfen sich bei der zweigliedrigen GmbH. Die von den Gesellschaftern eingegangene Verbindung beruht darauf, dass beide einen vereinbarten Beitrag zum Betrieb der Gesellschaft erbringen. Die jeweiligen Beiträge können nicht, wie üblicherweise bei einer Mehrpersonen-Gesellschaft, substituiert oder von anderen Gesellschaftern erbracht werden. Das im Ausgangspunkt erhöhte Vertrauen in den anderen Gesellschafter muss im Falle eines zu prüfenden Ausschlusses eines Gesellschafters daher zwangsläufig zu einem schärferen Maßstab führen, um den Ausschluss zu rechtfertigen.Randnummer60

bbb) Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten enthält keine näheren Präzisierungen oder Erweiterungen, wann ein wichtiger Grund vorliegt, so dass die allgemeinen Grundsätze Anwendung finden. Bei Anwendung dieser Grundsätze stellt das Verhalten des Klägers einen wichtigen Grund für seinen Ausschluss dar, wobei für die vorzunehmende Gesamtschau im vorliegenden Fall schon das Verhalten des Klägers in den nachstehenden Fällen den Verbleib in der Beklagten unzumutbar macht und die weiteren von der Beklagten angeführten und Anlass gebenden Gründe dahinstehen können.Randnummer61

ccc) Der wichtige Grund für den Ausschluss besteht darin, dass der Kläger treupflichtwidrig seine Mitarbeit in einer personalistisch ausgerichteten, auf die Mitarbeit aller Gesellschafter angelegten GmbH fast vollständig eingestellt und seine Tätigkeit stattdessen in der A GmbH fortgesetzt hat sowie treupflichtwidrig gewerbliche Schutzrechte auf seinen Namen statt für die Beklagte hat eintragen lassen und so das Vertrauensverhältnis zum Nebenintervenienten zerstört hat.Randnummer62

(1) In einer personalistisch ausgerichteten, auf die Mitarbeit aller Gesellschafter angelegten GmbH kann – auch ohne Regelung in der Satzung – ein wichtiger Grund für den Ausschluss eines Gesellschafters ohne weiteres darin bestehen, dass dieser nicht mehr mitarbeitet. Das Ende der Mitarbeit ist ein sachlicher Grund, den Gesellschafter am künftigen Erfolg des Unternehmens nicht mehr zu beteiligen. Zwar kann dies nicht ausnahmslos gelten. Beendet die Gesellschaft das Arbeitsverhältnis ohne sachlichen Grund willkürlich, wäre der Ausschluss – falls keine anderen Gründe vorliegen – sachlich nicht gerechtfertigt, sondern ebenfalls willkürlich und deshalb nichtig.Randnummer63

Die Gesellschaft war zumindest seit 1994 personalistisch ausgestaltet. Die personalistische Ausgestaltung bestand darin, dass beide Gesellschafter, der eine als Geschäftsführer, der andere als Angestellter mit von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Prokura, in der GmbH mitarbeiteten und der Kläger eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden je Wochen schuldete (§ 2 Abs. 1 S. 1 Anstellungsvertrag), was einer Vollzeittätigkeit entspricht. Die Kompetenzverteilung als Geschäftsführer (Nebenintervenient) bzw. Prokurist (Kläger) wurde gewählt, um bei Rechtsstreitigkeiten den Prokuristen als Zeugen benennen zu können. Faktisch war der Kläger einem Geschäftsführer gleichgestellt. Der Kläger selbst hat in einem Schreiben seines damaligen Bevollmächtigten vom 19.09.2014 an die Bevollmächtigten des Nebenintervenienten seine „Mitarbeit“ als unternehmerische Tätigkeit bezeichnet, er sei mitarbeitender Gesellschafter, es bestehe kein Abhängigkeitsverhältnis oder Weisungsverhältnis, Kläger und Nebenintervenient treten in gleicher Weise ins Obligo für die Beklagte. Dem entspricht, dass der Kläger sich vor Beendigung seiner Mitarbeit wie ein Geschäftsführer gerierte und als „Kopf“ der Gesellschaft auftrat. Nach den Gründen der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (…/16) wurde der Kläger exakt so entlohnt wie der Geschäftsführer der Beklagten. Auch die Regelungen über die Direktversicherungen waren inhaltsgleich.Randnummer64

Diese Sachlage, gleiche Mitarbeit und aufgrund der Beteiligung an der Beklagten hälftige Erfolgsbeteiligung von Nebenintervenient und Kläger, hat der Kläger aus eigenem Antrieb geändert. Nach seinem letzten Vorbringen vor dem Landgericht ist er selbst initiativ tätig geworden, um sich aus dem Geschäftsbetrieb der Beklagten zu lösen und von der neuen organisatorischen Plattform der A GmbH aus auf das Umrüstgeschäft mit temperaturgeführten Transporten zu fokussieren. Der Kläger hat am 20.06.2014 sein Büro geräumt und sich auf seine Tätigkeit bei der A GmbH konzentriert. Damit räumt er selbst ein, dass er die Mitarbeit nahezu vollständig eingestellt hat und im Wesentlichen nur noch für die A GmbH tätig war. Dies entspricht auch den Feststellungen des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main, in dem die Kündigungsschutzklage des Klägers gegen die Beklagte durch das Arbeitsgericht abgewiesen wurde, die von einer beharrlichen Arbeitsverweigerung des Klägers sprechen. Die beharrliche Arbeitsverweigerung stellt zugleich einen sachlichen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar.Randnummer65

Selbst wenn man den Vortrag des Klägers als wahr unterstellt, dass die Beklagte den Kläger von wettbewerblichen Beschränkungen freistellen wollte, dies mit dem Schreiben vom 20.06.2014 geschah und dieses Schreiben vom Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnet wurde, ändert dies nichts daran, dass es die eigene Entscheidung des Klägers war, nicht mehr bei der Beklagten mitzuarbeiten und damit die personalistische Struktur der Beklagten aufzulösen. In dem Schreiben vom 20.06.2014 werden die Geschäftspartner der Beklagten nur über Änderungen hinsichtlich der ausgeübten Tätigkeiten informiert. Das Schreiben verhält sich nicht zu Auswirkungen auf das Innenverhältnis der Beklagten, insbesondere nicht zu der Gesellschafterstruktur. Wäre eine solche Information beabsichtigt gewesen und hätte ein Konsens der Gesellschafter darüber bestanden, wäre es durchaus möglich gewesen, auch dies den Geschäftspartnern mitzuteilen. Dies ist allerdings nicht geschehen. Aus dem Schweigen des Schreibens zur Frage der Gesellschafterstruktur lässt sich daher nicht ableiten, dass der Kläger nicht mit einem Ausschluss rechnen musste oder ihm ein Dispens erteilt wurde, wobei nicht ansatzweise erkennbar ist, dass ein solcher im Gesellschaftsinteresse gelegen haben sollte und für eventuelle Nachteile der Gesellschaft zusätzlich Ausgleich geleistet werden sollte (vgl. Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Auflage 2017, § 35 Rn. 43). Dies gilt entsprechend für das Schreiben vom 04.07.2014.Randnummer66

Auch der Umstand, dass die A GmbH als Subunternehmerin für die Beklagte tätig war, ändert an der Einstellung der Mitarbeit des Klägers für die Beklagte nichts. Vielmehr wurde durch die getroffenen Vereinbarungen eine Situation geschaffen, nach der die Beklagte auf diesem Geschäftsfeld zunächst keine eigenen Gewinne mehr erzielen konnte, dann eine Spanne von 10%. Aus Sicht der Beklagten fehlte damit die Mitarbeit des Klägers in ihrem Betrieb, der Kläger wäre an einem verbleibenden Gewinn der Beklagten gleichwohl noch zur Hälfte zu beteiligen und Gewinne aus dem Bereich der temperaturgeführten Transporte fielen ganz oder überwiegend bei der A GmbH an.Randnummer67

Im Übrigen war es der Kläger, der darauf hingewirkt hat, dass die Beklagte auf die A GmbH zurückgreifen musste, um die Verpflichtungen gegenüber B zu erfüllen. Zum einen hatte er selbst den Vertrag als Vertreter der Beklagten mit B geschlossen und so eine Hersteller- und Händlerabhängigkeit der Beklagten herbeigeführt und damit verhindert, dass sie weitere Hersteller bedienen kann. Zum anderen hat er durch die Einstellung von ehemals bei der Beklagten tätigen Angestellten bei der A GmbH zum 01.06.2014 für die Beklagte eine Situation geschaffen, die die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber B erheblich erschwerte.Randnummer68

Die Beklagte hat sich bei der Einladung zur Gesellschafterversammlung unter Nr. 1 und vor der Beschlussfassung unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen § 21 des Gesellschaftsvertrages, der die Verpflichtung enthält, kein dem Gesellschaftszweck entsprechendes oder vergleichbares Geschäftsunternehmen zu betreiben oder sich hieran zu beteiligen, auch auf die Einstellung der Mitarbeit durch Verlassen der Gesellschaft und auf die Aufnahme der Tätigkeit für die A UG / GmbH berufen.Randnummer69

(2) Der Kläger hat gewerbliche Schutzrechte entgegen einem Entwurf, der die Beklagte als Inhaberin vorsah, auf seinen Namen eintragen lassen. Es handelte sich um die folgenden Schutzrechte: Gebrauchsmuster …(Fahrzeug für temperaturgeführte Transporte), Gebrauchsmuster … (Radkastenverkleidung mit Ventilationssystem), Gebrauchsmuster … (klimatisierter Laderaumboden), Gebrauchsmuster … (ventilierender Laderaumboden), Gebrauchsmuster … (Transportfahrzeug mit kontrollierter Laderaumtemperatur), Gebrauchsmuster … und die Europäischen Patente EP … und EP …. Der Kläger hat diese Schutzrechte nicht freiwillig übertragen, sondern musste erst durch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (…/16) verurteilt werden, diese an die Beklagte zu übertragen. Er hat damit ein Verhalten gezeigt, dass jegliches Vertrauensverhältnis zum Nebenintervenienten zerstört hat. Die Eintragung auf seinen Namen erfolgte treuwidrig. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt erklärt, was die Änderung gegenüber dem Entwurf vom 24.05.2013 veranlasst hat, nachdem er offensichtlich zunächst die Beklagte als Inhaberin angesehen hat. Der Kläger kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass ihm Anmeldegebühren noch nicht erstattet worden seien. Das Zurückbehaltungsrecht wegen der Anmeldegebühren und weiterer Kosten hat er nach den Gründen der Berufungsentscheidung erst im Laufe des Berufungsverfahrens geltend gemacht, es ändert an der Treuwidrigkeit seines Verhaltens allerdings nichts, sondern belegt vielmehr, dass er eine nicht gerechtfertigte Rechtsposition so lange wie möglich behalten wollte. Auch dieses Verhalten zerstört Vertrauen.Randnummer70

Die Beklagte hat sich bei der Einladung zur Gesellschafterversammlung unter Nr. 2 und vor der Beschlussfassung ausdrücklich darauf berufen, dass der Kläger zumindest vier Gebrauchsmuster zu Unrecht auf sich hat eingetragen lassen. Tatsächlich waren es noch mehr Gebrauchsmuster und zwei Patente.Randnummer71

(3) Bei einer Gesamtschau des Verhaltens des Klägers in diesen beiden Fällen ist jeder für sich schon ausreichend, das Vertrauensverhältnis zu zerstören, nichts anderes gilt bei einer Gesamtbetrachtung dieser beiden Fälle. Damit kommt es auf die weiteren von der Beklagten angeführten Gründe nicht mehr an. Sie würden die Gesamtschau nur bestärken, insbesondere möglicherweise gefälschte Unterschriften in den Schreiben vom 20.06.2014 und 04.07.2014 oder Unterschieben der Schreiben zur Unterschrift durch den Nebenintervenienten; die Mitnahme von Plänen und Material; die Löschung von Daten der Beklagten; die Gründungsumstände der A UG / GmbH; der Versuch der Umleitung von Kundenfahrzeugen; die Weitergabe von Betriebsgeheimnissen; das Abwerben von Mitarbeitern; die Mitnahme „roter“ KfZ-Kennzeichen; die Nichtweitergabe von Informationsanforderungen von Banken.Randnummer72

Der Nebenintervenient hat weder zur Einstellung der Mitarbeit durch den Kläger noch zur Eintragung der Schutzrechte auf den Kläger Anlass gegeben oder sich in irgendeiner Art treuwidrig verhalten.Randnummer73

(4) Der Ausschluss eines Gesellschafters aus einer GmbH kommt nur in Betracht, wenn keine mildere, zur Behebung der Störung gleichermaßen geeignete Maßnahme vorhanden ist (vgl. RGZ 164, 262; 169, 334; BGHZ 16, 322).Randnummer74

Im vorliegenden Fall konnte die Störung des Gesellschaftsverhältnisses nicht auf eine andere, den betreffenden Gesellschafter weniger beeinträchtigende Weise beseitigt werden, ein milderes Mittel stand nicht zur Verfügung. Ein Entzug von Sonderrechten kam mangels bestehender Sonderrechte nicht in Betracht. Der Übertragung der Ausübung von Mitverwaltungsrechten auf einen Vertreter oder die Übertragung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Geschäftsanteils
Übertragung
Übertragung des Geschäftsanteils
auf einen Treuhänder steht entgegen, dass es auch dann weiterhin an der Mitarbeit in der personalistisch organisierten Beklagten fehlte. Der Entzug der Mitgliedschaft stellt sich vor diesem Hintergrund nicht als „Abstrafen“, wie der Kläger meint, dar. Auch wenn die Gesellschaft seit mehr als vier Jahren ohne die Tätigkeit der Klägers existiert, steht dies doch der Fortsetzung der Mitgliedschaft des Klägers entgegen, insbesondere, weil er sonst ohne eigenes Zutun am Erfolg der Gesellschaft zur Hälfte partizipierte. Gegenüber einer möglichen Auflösung der Beklagten ist der beschlossene Austritt grundsätzlich das mildere Mittel.Randnummer75

ff) Es ist nicht ersichtlich, dass mit dem Ausschluss gegen Kapitalaufbringungs- oder Kapitalerhaltungsvorschriften verstoßen wurde (vgl. BGH GmbHR 2011, 761 Rn 19). Das Stammkapital war vollständig einbezahlt. Entgegen der Ansicht des Klägers weist die Ausscheidensbilanz zum 31.08.2014 keinen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag aus. Die Beklagte hat an der Stelle, auf die der Kläger verweist, lediglich eine Alternativberechnung angestellt.Randnummer76

gg) Der Ausschluss unterliegt wie die Einziehung der Verjährung und der Verwirkung nach § 242 BGB. Eine Verjährung liegt ersichtlich nicht vor. Hinsichtlich einer Verwirkung ist maßgeblich, ob das Zeit- und das Umstandsmoment für den Ausschluss des GesellschaftersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ausschluss
Ausschluss des Gesellschafters
vorgelegen haben: Durfte der betroffene Gesellschafter mit Rücksicht auf die seit Kenntniserlangung vom Ausschlussgrund verstrichene Zeit und die übrigen Umstände darauf vertrauen, dass kein Ausschluss erfolgen würde und hat er dieses Vertrauen bestätigt?Randnummer77

Bei Anwendung dieser Voraussetzungen ist der Ausschluss nicht verwirkt. Soweit der Kläger eine Kenntnis des Nebenintervenienten von der Gründung der A GmbH im Februar 2014 darlegt, hatte er zu diesem Zeitpunkt seine Mitarbeit in der personalistisch strukturierten Beklagten noch nicht eingestellt. Die Einstellung der Tätigkeit geschah erst zum 20.06.2014 mit Räumung des Büros bei der Beklagten und dauert fort. Innerhalb von zweieinhalb Monaten wurde dann die Gesellschafterversammlung einberufen und der Ausschluss beschlossen. Diese Zeitspanne genügt nicht für die Annahme einer Verwirkung, vor allem weil der Kläger und der Nebenintervenient sich noch in Verhandlungen über eine gütliche Einigung befanden und erst nach dem Scheitern der Verhandlungen über weitere Schritte zu entscheiden war. Bei einer einvernehmlichen Lösung hätte es dieses Verfahrens und weiterer Rechtsstreitigkeiten nicht bedurft. Es kann insofern nicht zu Lasten des Nebenintervenienten gehen, dass er auf das aktive Vorgehen des Klägers Verhandlungsbereitschaft zeigte und erst nach dem Scheitern einer gütlichen Einigung andere Wege beschritt. Dies gilt entsprechend wegen der Eintragung der Schutzrechte auf den Namen des Klägers statt der Beklagten.Randnummer78

hh) Es liegen keine Feststellungsmängel vor. Das Abstimmungsergebnis des Beschlusses zu Top 1 wurde zutreffend festgestellt. Der Kläger war bei der Beschlussfassung auf der Gesellschafterversammlung bei dem Tagesordnungspunkt 1 vom Stimmrecht ausgeschlossen. Der Kläger hatte lediglich ein Teilnahme- und Anhörungsrecht, von dem er ausweislich des Protokolls auch Gebrauch gemacht hat.Randnummer79

aaa) Nach § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG hat ein Gesellschafter kein Stimmrecht bei einer Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber ihm selbst betrifft. Kein Stimmrecht besteht auch, wenn in der Person des Gesellschafters ein wichtiger Grund vorliegt (vgl. BGHZ 86, 177, 178; BGH NJW 1987, 1890, 1891; bereits RGZ 124, 372, 380; 138, 98, 103 ff; OLG Düsseldorf GmbHR 1989, 468, 469). Dies gilt beispielsweise in folgenden Fällen: Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers, Kündigung seines Dienstvertrages, Einziehung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einziehung
Einziehung des Geschäftsanteils
Geschäftsanteils
eines Gesellschafters oder seines Ausschlusses aus der Gesellschaft. Ein solcher ausdrücklicher Stimmrechtsausschluss kann in der Satzung geregelt werden. Aber auch ohne eine explizite Regelung gilt der Grundsatz, dass der Gesellschafter bei einer Abstimmung, die inhaltlich auf einem wichtigen Grund in seiner Person beruht, nicht abstimmen darf (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2003 – II ZR 173/02 – juris Rn. 7; Römermann, in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbH-Gesetz, 3. Auflage 2017, § 47 Rn. 267 m.w.N.).Randnummer80

bbb) Vorliegend betrifft der erste gefasste Beschluss eine Kündigung und den damit einhergehenden Ausschluss aus der Gesellschaft aus wichtigem Grund.Randnummer81

Der Kläger war bei dem Tagesordnungspunkt vom Stimmrecht ausgeschlossen, auch wenn es an einer satzungsmäßigen Regelung fehlt.Randnummer82

c) Die gegen den auf der Gesellschafterversammlung vom 01.09.2014 unter Top 2 gefassten Beschluss „Die Geschäftsanteile des Gesellschafters H im Nennbetrag von DM 25.000,00 werden an den weiteren Gesellschafter G übertragen.“ gerichtete Nichtigkeitsklage ist unbegründet. Der gefasste Beschluss ist nicht wegen Formmangels nichtig, da keine notarielle Beurkundung nach § 15 Abs. 3, 4 GmbHG erforderlich war.Randnummer83

aa) Der Beschluss bedurfte nicht der Form des § 15 Abs. 4 GmbHG. Danach bedarf der notariellen Form eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Wird die Abtretungsverpflichtung in die Satzung aufgenommen, so wird die notarielle Form durch die Form des Gesellschaftsvertrages (§§ 2 Abs. 1 S. 1, 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG) gewahrt. Der Beschluss, an wen schließlich der Geschäftsanteil abgetreten werden muss, bedarf in diesem Fall nicht der notariellen Beurkundung.Randnummer84

Im vorliegenden Fall haben die Gründungsgesellschafter, zu denen der Kläger und der Nebenintervenient gehören, in der Verhandlung vom 19.11.1992, nicht nur erklärt, zur Gründung einer GmbH den folgenden Gesellschafts-Vertrag zu schließen, sondern auch, dass nach § 14 Abs. 3 S. 2 des Gesellschaftsvertrages die verbleibenden Gesellschafter gemeinsam über den Anteil entscheiden. Die Vorschrift enthält keine ausdrückliche Willenserklärung in Bezug auf eine Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteils oder mehrerer Geschäftsanteile. Die Verpflichtung ergibt sich jedoch aus dem Sinn und Zweck der Regelung. Mit der Formulierung der gemeinsamen Entscheidung der verbleibenden Gesellschafter über den Anteil sollen Entscheidungsmöglichkeiten geschaffen werden, was mit dem Geschäftsanteil geschehen soll, ohne dass diese im Einzelnen genannt werden, so dass hiernach eine Abtretung, eine Einziehung oder ggf. eine Kaduzierung möglich sind. Dass mehrere Entscheidungsmöglichkeiten bestehen sollten, wird auch an der Regelung des § 15 des Gesellschaftsvertrages deutlich, der sich explizit mit der Einziehung befasst. Da die Gründungsgesellschafter bereits in der Satzung eine Abtretungsverpflichtung (mit-)erklärt haben und die Satzung in notarieller Form errichtet wurde, war lediglich noch zu bestimmen, an wen abzutreten war. Dies ist mit dem Beschluss zu Top 2 geschehen.Randnummer85

bb) Der Beschluss zu Top 2 bedurfte nicht der Form des § 15 Abs. 3 GmbHG. Danach bedarf die Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter eines in notarieller Form geschlossenen Vertrages. Abtretung des Geschäftsanteils ist jede Veräußerung unter Lebenden.Randnummer86

Mit dem Beschluss zu Top 2 werden keine Geschäftsanteile abgetreten. Es kann daher auch für das vorliegende Verfahren dahinstehen, ob die Geschäftsanteile für eine Abtretung hinreichend genau bezeichnet worden sind oder nicht. Bei Gründung waren zunächst vier Geschäftsanteile von 12.500 DM übernommen worden, zwei von diesen Geschäftsanteilen sind geteilt und übertragen worden und es ist zumindest nicht vorgetragen, ob, soweit der Kläger betroffen ist, sie zu einem Geschäftsanteil zusammengelegt wurden oder verschiedene Geschäftsanteile existieren.Randnummer87

Im Fall der Zwangsabtretung verfügen die verbleibenden Gesellschafter oder der Geschäftsführer auf Grund einer Verfügungsermächtigung (§ 185 BGB) oder einer Vollmacht über den Geschäftsanteil. Bei dieser Verfügung muss die Form des § 15 Abs. 3 GmbHG gewahrt werden, notwendig ist also eine notarielle Beurkundung im Sinne von §§ 6 ff. BeurkG. Sofern das Angebot im Sinne von § 145 BGB – je nach Satzungsgestaltung – in einem Gesellschafterbeschluss oder einer Bestimmung durch den Geschäftsführer enthalten ist, bedarf dieser oder diese ebenso der Beurkundung wie die Annahme durch den Gesellschafter oder den Dritten als Abtretungsempfänger. Regelt die Satzung bereits aufschiebend bedingt den dinglichen Übergang des Geschäftsanteils des Betroffenen auf den oder die Erwerbsberechtigten, ist die Form des § 15 Abs. 3 GmbHG gewahrt. Bei Eintritt der Bedingung geht der Anteil formlos auf den in der Satzung Bestimmten über (vgl. Leuering/Rubner: Ausschluss eines GmbH-Gesellschafters mittels Zwangsabtretung, NJW-Spezial 2014, 335). Falls eine Abtretung des Geschäftsanteils an einen Erwerber in der Gesellschafterversammlung vorgenommen wird, so bedarf der Beschluss wie bei jeder Geschäftsanteilsübertragung gem. § 15 Abs. 3 GmbHG der notariellen Beurkundung (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 16. Oktober 2003 – 12 U 63/03 – juris 12 (das allerdings eine Einziehung für nicht formbedürftig hält); Römermann: Ausschließung von GmbH-Gesellschaftern und Einziehung von Anteilen: Ein Minenfeld, NZG 2010, 96; in der Tendenz auch Schwab: Kündigung, Ausschluss und Einziehung in der GmbH DStR 2012, 707).Randnummer88

Im vorliegenden Fall enthält die Satzung der Beklagten keine Verfügungsermächtigung über Geschäftsanteile. Der unter Top 2 gefasste Beschluss kann sich daher nicht auf eine solche Ermächtigung stützen.Randnummer89

Der Beschluss enthält jedoch keine Willenserklärungen, die auf eine Abtretung von Geschäftsanteilen gerichtet sind, vielmehr wird mit dem Beschluss zum Ausdruck gebracht, was mit den Geschäftsanteilen des Klägers geschehen soll. Der Kläger selbst hat keine Willenserklärung, seine Geschäftsanteile an den Nebenintervenienten abzutreten, abgegeben; er war bei der Beschlussfassung ausgeschlossen und wird derzeit in dem Verfahren … vor dem Landgericht Frankfurt am Main auf gerade Abgabe dieser Willenserklärung in Anspruch genommen.Randnummer90

Der Nebenintervenient oder die Gesellschaft haben ebenfalls keine auf die Abtretung von Geschäftsanteilen gerichteten Willenserklärungen abgegeben. Zwar könnte der Wortlaut des Beschlusses dafür sprechen, der nicht z.B. „… sollen übertragen werden …“ sondern „… werden übertragen …“ lautet. Die Umstände, unter denen der Beschluss getroffen wurde, belegen jedoch, dass eine solche Willenserklärung nicht abgegeben worden ist. Der Beschluss steht im Zusammenhang mit der Regelung des § 14 Abs. 3 S. 2 des Gesellschaftsvertrages und dem nachfolgenden Beschluss zu Top 3, mit dem der Nebenintervenient u.a. ermächtigt wird, sämtliche Maßnahmen durchzuführen und Handlungen vorzunehmen, die im Zusammenhang mit der Übertragung des Anteils an den Gesellschafter G stehen. Zum einen musste nach § 14 Abs. 3 S. 2 des Gesellschaftervertrages entschieden werden, was mit der Beteiligung des Klägers geschehen sollte. Diese Entscheidung stand aus. Zum anderen hätte der unter Top 3 gefasste Beschluss enger – nämlich beschränkt auf den Kläger – gefasst werden können, was angesichts der anwaltlichen Beratung nicht fernliegend gewesen wäre. Im Übrigen hätte dann auch in der Gesellschafterversammlung eine nach § 7 S. 2 des Gesellschaftsvertrages erforderliche Zustimmung der Gesellschaft in eine Anteilsveräußerung schon erklärt werden können, wie es bei der Anteilsübertragung am 12.12.1994 der Fall war. Für diese Auslegung, dass keine Willenserklärung, die auf die Abtretung eines Geschäftsanteils gerichtet war, vorliegt, spricht im Übrigen auch, dass, wenn ein Dritter als Übernehmer genannt worden wäre, dieser mangels Anwesenheit in der Gesellschafterversammlung keine Erklärung hätte abgeben können, jedoch ein Beschluss über die Art der Verwendung und die Person des Übernehmenden erforderlich gewesen wäre.Randnummer91

d) Die gegen den auf der Gesellschafterversammlung vom 01.09.2014 unter Top 2 gefassten Beschluss „Die Geschäftsanteile des Gesellschafters H im Nennbetrag von DM 25.000,00 werden an den weiteren Gesellschafter G übertragen.“ gerichtete Anfechtungsklage ist unbegründet.Randnummer92

Es liegt kein Anfechtungsgrund vor. Der Beschluss ist insbesondere hinreichend bestimmt. Nach dem unter Top 2 gefassten Beschluss werden die Geschäftsanteile des Gesellschafters H im Nennbetrag von DM 25.000,00 an den weiteren Gesellschafter G übertragen. Der Kläger war bei der Beschlussfassung am 01.09.2014 Gesellschafter der Beklagten. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger einen Geschäftsanteil über 25.000 DM oder mehrere Geschäftsanteile über diesen Gesamtbetrag hielt.Randnummer93

Wenn der Kläger einen Geschäftsanteil über 25.000 DM hielt, wovon er selbst ausgeht, wurden seine Geschäftsanteile zusammengelegt. Eine Zusammenlegung wird durch einfachen Gesellschafterbeschluss vollzogen, der mit den Stimmen der betroffenen Gesellschafter gefasst werden muss. Einer Satzungsermächtigung oder -änderung bedarf es nicht. Die notarielle Abtretungserklärung kann einen konkludenten Zusammenlegungsbeschluss enthalten, falls genügend Anhaltspunkte für einen entsprechenden Rechtsfolgewillen vorhanden sind (vgl. Jasper/Rust, DB 2000, 1549-1553). Zwar wurde im Jahr 1994 bei dem Erwerb des von I gehaltenen Geschäftsanteils weder ausdrücklich beschlossen, dass dieser seinen Geschäftsanteil teilt, noch, dass der Kläger diesen geteilten Geschäftsanteil mit den schon von ihm gehaltenen Geschäftsanteilen zusammenlegt, jedoch könnten er auf dieser Gesellschafterversammlung zumindest konkludent die Zusammenlegung seiner Geschäftsanteile nach § 46 Nr. 4 GmbH beschlossen haben, indem er in der Gesellschafterliste nur noch einen Stammanteil über je 25.000 [DM] aufgeführt hat. Eine Zusammenlegung war auch möglich. Zu diesem Zeitpunkt war das Kapital der Beklagten voll eingezahlt, von einer Belastung mit Rechten Dritter ist nichts bekannt.Randnummer94

Wenn der Kläger allerdings weiter drei Geschäftsanteile hielt, ist der unter Top 2 gefasste Beschluss dahingehend auszulegen, dass er sich auf die drei Geschäftsanteile bezieht.Randnummer95

Hinsichtlich der Verjährung und Verwirkung gelten die oben gemachten Ausführungen entsprechend.Randnummer96

e) Der unter Top 3 gefasste Beschluss, der eine Ermächtigung an den Geschäftsführer enthält, bestimmte Maßnahmen und Handlungen im Zusammenhang mit Top 1 und 2 durchzuführen, ist nicht nichtig oder für nichtig zu erklären.Randnummer97

aa) Nichtigkeitsgründe sind nicht ersichtlich. Eine Beurkundungspflicht aus § 15 Abs. 3 und 4 GmbHG besteht nicht.Randnummer98

bb) Der Beschluss dient der Umsetzung der Top 1 und 2 Anfechtungsgründe sind nicht ersichtlich. Ebenso wenig liegen eine Verjährung oder eine Verwirkung vor.Randnummer99

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache besitzt keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Ebenso wenig erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

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Schlagworte: Abfindungsbeschränkung bei Mitarbeiter- und Managementmodell, AktG § 241, Analoge Anwendung der §§ 241 ff AktG, analoge Anwendung der §§ 241 ff. AktG, Analoge Anwendung von §§ 241, Analoge Anwendung von §§ 241 242 und 249 AktG, Anfechtungsklage, Ausschließen, Ausschließung, Ausschließung durch Beschluss, Ausschließung durch Gestaltungsurteil, Ausschließung in BGB-Gesellschaft, Ausschließungsklage, Ausschluss, Ausschluss BGB-Gesellschafter, Ausschluss der Ausschließung in der Satzung, Ausschluss des Gesellschafters, Ausschluss des Mehrheitsgesellschafters, Ausschluss Gesellschafter, Ausschluss GmbH-Gesellschafter, Ausschluss Kommanditist, Ausschluss Komplementär, Ausschluss OHG-Gesellschafter, Ausschluss- oder Einziehungsbeschluss, Ausschlussbeschluss aufgrund Satzungsgrundlage, Ausschlussgrund, Ausschlussklage, Ausschlussklauseln in Satzung, Beendigung einer für Beteiligung maßgebenden Zusammenarbeit, Beschlussanfechtungsklage, Beschlussmängel, Beschlussmängelklage, Beschlussmängelrecht, Beschlussmängelstreit, Beschlussmängelstreitigkeiten, Beschlussnichtigkeitsklage, Einziehung, Einziehung bei satzungswidriger Veräußerung des Geschäftsanteils, Einziehung des Geschäftsanteils, Einziehung scheitert, Einziehung trotz Unterkapitalisierung, Einziehung von Geschäftsanteilen, Einziehung von Geschäftsanteilen/ Aufstockung, Einziehungsbeschluss, Einziehungsbeschluss nur zum Schein, Einziehungserklärung, Folgen bei Beschlussmängeln, Gesellschafterausschluss und Abfindung, Gesellschafterbeschluss, Gesellschafterstreit, Gesellschafterstreit GmbH, Gesellschafterstreit vor Gericht, Gesellschafterstreitigkeiten, Gesellschafterstreitigkeiten sicher vermeiden oder schnell gewinnen, Hinauskündigungsklausel, Lösung von Gesellschafterstreit, Manager- und Mitarbeitermodelle, Mitarbeitermodell, Nichtigkeit von Beschlüssen nach § 241 AktG analog, Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen nach § 241 AktG analog und nach GmbHG, Nichtigkeits- und Anfechtungsklage, Nichtigkeitsklage, Niederlegung der Mitarbeit, Sittenwidrige Beschlüsse nach § 241 Nr. 4 AktG analog, Treuhandähnliches Verhältnis, Unvereinbarkeit mit dem Wesen der GmbH (§ 241 Nr. 3 Alt. 1 AktG analog), Zwangseinziehung des Geschäftsanteils